Interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz
Interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz
Interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Multinational Interoperability Council<br />
NATO-EU-OSZE-VN<br />
<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> besitzt einen<br />
hohen Stellenwert bei Auslandseinsätzen.<br />
Foto: HHK / Archiv<br />
incredibly rich and diverse culture.<br />
Through developing an innate awareness<br />
of this unique society, of its<br />
tribal dynamics, customs and ethos,<br />
our soldiers are far better equipped<br />
to play their part fully in the delivery<br />
of security, stability and prosperity to<br />
southern Afghanistan.”<br />
Quelle: UK Verteidigungsministerium,<br />
http://www.mod.uk/DefenceInternet/<br />
DefenceNews/DefencePolicyAnd-<br />
Business/HeadOfTheArmyMeetsHelmandsReligiousLeaders.htm<br />
<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>interkulturelle</strong> <strong>Kompetenz</strong><br />
Das Multinational Interoperability Council (MIC)<br />
ist mit Fragen der Interoperabilität im Rahmen<br />
von Koalitionseinsätzen befasst<br />
Guide to Best Practices<br />
Streitkräfte nehmen im Rahmen von Koalitionsoperationen<br />
an hochkomplexen Einsätzen mit<br />
einer Vielzahl von beteiligten Akteuren teil. Die<br />
Einsätze finden in einem komplexen Umfeld<br />
statt, in dem einander gegenüberstehende Kräfte<br />
sowie die Bevölkerung so vermischt sind, dass es<br />
schwierig ist, die verschiedenen Parteien zu unterscheiden.<br />
Hinzu kommt, dass Koalitionen an sich<br />
schon eine Herausforderung an Kooperation,<br />
Interoperabilität <strong>und</strong> Koordination darstellen.<br />
Die Erfahrungen aus den Einsätzen unter anderem<br />
im Kosovo, in Afghanistan oder aus anderen humanitären Hilfeseinsätzen haben<br />
gezeigt, dass <strong>interkulturelle</strong>s <strong>Bewusstsein</strong> einen hohen Stellenwert bei derartigen<br />
Einsätzen besitzt. Zugleich benötigt der Aufbau <strong>interkulturelle</strong>r <strong>Kompetenz</strong> eine<br />
lange Vorbereitung.<br />
Am 25. März 2011 traf General Sir<br />
David Richards, Generalstabschef des<br />
Vereinigten Königreiches, im Rahmen<br />
des ersten Treffens dieser Art in<br />
Großbritannien im Hauptgebäude des<br />
Verteidigungsministeriums in London<br />
mit den religiösen Führern aus Afghanistan<br />
zusammen. General Richards<br />
sprach über die verschiedenen kulturellen<br />
Initiativen im gesamten<br />
Verteidigungsbereich, die eine Verbesserung<br />
des Verständnisses der<br />
HHK 2/2012<br />
afghanischen Kultur <strong>und</strong> des afghanischen<br />
Volkes bewirken sollen. Er sagte:<br />
„We know that cultural awareness<br />
has been a weakness in the past. But<br />
there have been a number of initiatives<br />
set up in recent years to ensure<br />
that the military serving on the<br />
front line can have the best possible<br />
pre-deployment preparation and be<br />
equipped with the appropriate knowledge,<br />
<strong>und</strong>erstanding and appreciation<br />
of the region, its people, and its<br />
Das Multinational Interoperability<br />
Council (MIC) ist mit Fragen der Interoperabilität<br />
im Rahmen von Koalitionseinsätzen<br />
der sieben beteiligten Staaten:<br />
USA, GBR, FRA, ITA, CAN, AUS <strong>und</strong> DEU<br />
(Text im Orginal aus MIC Charta: “The MIC<br />
provides an operator led joint, multinational<br />
forum focused on identifying<br />
and addressing information sharing,<br />
operational, and Lead Nation interoperability<br />
issues across the contemporary<br />
operating environment to enable more<br />
effective coalition operations.”) befasst<br />
<strong>und</strong> hatte die Arbeitsgruppe CD&E des<br />
MIC beauftragt, sich der Thematik „<strong>Interkulturelles</strong><br />
<strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>Kompetenz</strong>“<br />
anzunehmen. Im vorliegenden Artikel<br />
werden das Arbeitsergebnisse über Best<br />
Practices beim Umgang mit Interkulturalität<br />
dargestellt. Dazu werden (in<br />
gekürzter Form) die Vorstellungen,<br />
Konzepte <strong>und</strong> Führungsgr<strong>und</strong>sätze der<br />
einzelnen Staaten bezüglich kultureller<br />
Aspekte in Vorbereitung, Planung <strong>und</strong><br />
Durchführung militärischer Einsätze<br />
aufgezeigt, die Synergien bezüglich<br />
optimaler Vorgehensweisen erörtert<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen zum Aufbau eines<br />
gemeinsamen Verständnisses ausgesprochen.<br />
Die Langversion des Guide<br />
to Best Practices kann auf der Informationsplattform<br />
des MIC unter https://<br />
community.apan.org/mic/m/mic_documents/99203.aspx<br />
eingesehen werden.<br />
<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>interkulturelle</strong> <strong>Kompetenz</strong><br />
Bei der Arbeit mit oder in anderen Kulturen<br />
muss man sich zunächst des eigenen<br />
Selbstbildes bewusst sein. Nur wenn man<br />
die eigene Kultur versteht, ist man auch<br />
in der Lage, erfolgreich mit Menschen<br />
aus anderen Kulturen zu interagieren.<br />
Um innerhalb von Koalitionen ein gemeinsames<br />
Verständnis von <strong>interkulturelle</strong>m<br />
<strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>Kompetenz</strong> zu<br />
schaffen, ist es daher notwendig, die<br />
jeweilige Herangehensweise der verschiedenen<br />
Staaten an ein Konzept zur<br />
13
NATO-EU-OSZE-VN<br />
Multinational Interoperability Council<br />
<strong>interkulturelle</strong>n <strong>Kompetenz</strong> zu analysieren.<br />
Die im Rahmen der Themenbearbeitung<br />
analysierten Definitionen von<br />
kulturellem <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> kultureller<br />
<strong>Kompetenz</strong> werden in an dieser Stelle in<br />
den Kontext von Blooms Hierarchie pädagogischer<br />
Aktivitäten gestellt. (Siehe<br />
hierzu u.a. Martin, Mercedes & Vaughn,<br />
Billy, Magazin „Strategic Diversity &<br />
Inclusion Management“, S. 31-3, 2007,<br />
DTUI Publications Division, San Francisco;<br />
Healey, Edward J. Jr., Major des US<br />
Marine Corps, “Cultural Competency<br />
Training in the United States Marine<br />
Corps: A Prescription for Success in the<br />
Long War”, Abschlussarbeit für den<br />
Master of Military Arts and Science am<br />
US Army Command and General Staff<br />
College, 2008; UK Joint Doctrine Note<br />
1/09, “The Significance of Culture to the<br />
Military”, Assistant Chief of the Defence<br />
Staff/Development, Concepts and<br />
Doctrine, Januar 2009)<br />
Dabei umfasst der Begriff <strong>Interkulturelles</strong><br />
<strong>Bewusstsein</strong> deren erste drei<br />
Stufen –Wissen, Verstehen <strong>und</strong> Anwenden–.<br />
Auf der höheren kognitiven<br />
Ebene der Analyse, Evaluation <strong>und</strong><br />
Synthese werden kulturelle Aspekte als<br />
Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong> verstanden.<br />
<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> (Cross-<br />
Cultural Awareness – CCA) ist somit die<br />
Anerkennung, dass nicht alle Menschen<br />
denselben kulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />
haben, was das Wissen um die Unterschiede<br />
zwischen einem selbst <strong>und</strong><br />
Menschen aus anderen Ländern <strong>und</strong>/<br />
oder mit anderem Hintergr<strong>und</strong> mit einschließt.<br />
So befähigt <strong>interkulturelle</strong>s <strong>Bewusstsein</strong>,<br />
sich aufgr<strong>und</strong> dieser Kenntnis<br />
<strong>und</strong> dieses Verständnisses angemessen zu<br />
verhalten. <strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong><br />
bedeutet also die Fähigkeit, gr<strong>und</strong>legende<br />
kulturelle Konzepte zu erkennen<br />
<strong>und</strong> zu beschreiben, <strong>und</strong> bildet so die<br />
Gr<strong>und</strong>lage des <strong>interkulturelle</strong>n Lernprozesses.<br />
Die gr<strong>und</strong>legenden Konzepte<br />
müssen verstanden <strong>und</strong> angewandt<br />
werden, damit ihre Relevanz für Einsätze<br />
ermittelt werden kann.<br />
Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong> (Cross-Cultural<br />
Competence – CCC) bezeichnet die<br />
Fähigkeit, kulturelle Informationen zu<br />
nutzen <strong>und</strong> zu wissen, wie diese Informationen<br />
über verschiedene Operationslinien<br />
hinweg aufeinander abgestimmt<br />
<strong>und</strong> in konkreten Plänen umgesetzt<br />
werden können. Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong><br />
steht somit an der Spitze des<br />
<strong>interkulturelle</strong>n Lernprozesses. (Siehe<br />
hierzu auch: Taxonomy of Educational<br />
Objectives: The Classification of Educational<br />
Goals; S. 201–207; B. S. Bloom<br />
(Hrsg.) Susan Fauer Company, Inc. 1956)<br />
<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>interkulturelle</strong><br />
<strong>Kompetenz</strong> (im Folgenden<br />
als „Cross-Cultural Awareness & Competence<br />
– CCAC“ bezeichnet) ist somit<br />
ein Werkzeug, das dem zivilen <strong>und</strong><br />
militärischen Führer <strong>und</strong> ihren Stäben<br />
hilft, Kultur als Schlüsselelement innerhalb<br />
des Entscheidungsprozesses zu erkennen<br />
<strong>und</strong> den Erfolg von Einsätzen<br />
zu erhöhen, indem kulturelle Aspekte<br />
eines Einsatzes bewusst in die Planung<br />
<strong>und</strong> Durchführung einbezogen werden.<br />
CCAC ist in vier entscheidenden Bereichen<br />
anzuwenden <strong>und</strong> zu berücksichtigen: In<br />
der allgemeinen Ausbildung bzw. der<br />
Erziehung, in der praktischen Ausbildung,<br />
in der militärischen Planung <strong>und</strong><br />
in der Durchführung von Einsätzen.<br />
Die Integration von CCAC in Erziehung<br />
<strong>und</strong> Ausbildung<br />
Kulturelle Erziehung ist Voraussetzung<br />
für die <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung, für<br />
<strong>interkulturelle</strong>s Verständnis <strong>und</strong> <strong>Bewusstsein</strong>.<br />
Während über einen längeren Zeitraum<br />
hinweg erarbeitete Erfahrung von<br />
hoher Bedeutung ist, bildet kulturelle<br />
Erziehung <strong>und</strong> <strong>Bewusstsein</strong> die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für jeden zivilen <strong>und</strong> militärischen<br />
Akteur <strong>und</strong> jeden Experten.<br />
– Interkulturelle Erziehung<br />
Interkulturelle Erziehung sollte von der<br />
Gr<strong>und</strong>ausbildung bis zu streitkräftegemeinsamen<br />
Generalstabslehrgängen auf<br />
allen Ebenen Teil der militärischen <strong>und</strong><br />
zivilen Ausbildung sein. Jede Soldatin,<br />
jeder Soldat <strong>und</strong> jeder mögliche Akteur<br />
im multinationalen Umfeld oder Einsatz<br />
muss zunächst die eigene Kultur<br />
verstehen <strong>und</strong> dazu angeleitet werden,<br />
sich mit ihr auseinanderzusetzen.<br />
Vorbereitungen dieser Art helfen dabei,<br />
erfolgreich mit Menschen aus anderen<br />
Kulturen zu interagieren <strong>und</strong> dabei die<br />
eigenen Werte zu bewahren. Gr<strong>und</strong>sätze,<br />
Merkmale <strong>und</strong> Triebkräfte, die<br />
alle Kulturen bestimmen, sollten in<br />
einem allgemeinen Ansatz behandelt<br />
werden.<br />
– Interkulturelle Ausbildung<br />
Interkulturelle Ausbildung muss auf<br />
den Einsatz zugeschnitten sein. In Verbindung<br />
mit <strong>interkulturelle</strong>r Erziehung<br />
ist sie ein wichtiges Element „[…] for<br />
creating the knowledge with whom,<br />
amongst whom and against whom<br />
we operate.“ (Siehe hierzu: UK Joint<br />
Doctrine Note 1/09, “The Significance<br />
of of Culture to the Military”, Assistant<br />
Chief of the Defence Staff/Development,<br />
Concepts and Doctrine, S. 5-1,<br />
Januar 2009)<br />
Kulturelle Ausbildung besteht nicht<br />
allein aus der Sprachausbildung <strong>und</strong><br />
sollte nicht ausschließlich in Ausbildungsstätten,<br />
Schulen <strong>und</strong> Akademien<br />
stattfinden. Sie muss in die Ausbildung<br />
der Einheiten oder der Stäbe eingebettet<br />
sein <strong>und</strong> regelmäßig unter Heranziehung<br />
von Kulturexperten <strong>und</strong> anderer<br />
Fachleute stattfinden. Sie bezieht sich<br />
auf ein spezifisches Einsatzgebiet <strong>und</strong><br />
wird im günstigsten Fall in die einsatzvorbereitende<br />
Ausbildung eingeb<strong>und</strong>en.<br />
(Siehe hierzu: Ein detaillierter Vergleich<br />
der MIC-Staaten hinsichtlich <strong>interkulturelle</strong>r<br />
Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung ist über<br />
https://community.apan.org/mic/m/mic_<br />
documents/99203.aspx einzusehen.)<br />
Die Integration von CCAC <strong>und</strong><br />
militärischer Planung <strong>und</strong> Einsätzen<br />
Planungsphase<br />
Zivile <strong>und</strong> militärische Vorgesetzte <strong>und</strong><br />
ihre Stäbe müssen die Entwicklung<br />
CCAC-bezogener Fähigkeiten fördern.<br />
Oftmals beschränkt sich die kulturelle<br />
Fachkenntnis eines Stabes nur auf die<br />
persönliche Erfahrung einzelner Mitglieder.<br />
Widerum müssen bestimmte<br />
Stabsmitglieder oder Spezialisten (z.B.<br />
im Nachrichtenwesen, bei CIMIC, in<br />
der Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> bei Informationsoperationen)<br />
mit kulturellen<br />
Informationen bedachter umgehen als<br />
andere, da ihre Aufgaben eng mit<br />
kulturellen Faktoren verknüpft sind oder<br />
davon abhängen. Den Stäben müssen<br />
Experten zugeordnet werden, wie zum<br />
Beispiel Human Terrain Teams (HTS),<br />
spezialisierte Kulturberater oder andere<br />
relevante Experten (insbesondere<br />
nicht-militärische Fachleute), die sich<br />
aktiv an jedem Schritt des militärischen<br />
Planungsprozesses beteiligen. Dabei hat<br />
es sich bewährt, Fachleute einzusetzen,<br />
die regelmäßig in die Ausbildung des<br />
Stabes eingeb<strong>und</strong>en sind, da so der<br />
14<br />
HHK 2/2012
Multinational Interoperability Council<br />
NATO-EU-OSZE-VN<br />
richtige Ansatz gef<strong>und</strong>en werden kann,<br />
um für den gesamten Stab kulturelles<br />
Fachwissen aufzubauen.<br />
Kulturelle Aspekte sind während des<br />
gesamten Planungsprozesses zu berücksichtigen.<br />
Unter Bezug auf die MNE 6<br />
„Guidelines to Operationalization of<br />
Culture into Military Operations” sollte<br />
CCAC wie folgt in die militärische<br />
Planung einbezogen werden:<br />
– Die kulturelle Dimension ist als<br />
Planungsfaktor in alle Planungsvorgänge<br />
<strong>und</strong> in die ständigen Dienstanweisungen<br />
(einschließlich Kontrolllisten,<br />
Dokumentvorlagen <strong>und</strong> ähnlicher<br />
Dokumente) zu integrieren.<br />
– CCAC ist in der Ausbildung des Stabes<br />
<strong>und</strong> bei entsprechenden Übungen zu<br />
berücksichtigen <strong>und</strong> zu üben.<br />
– Kulturexperten <strong>und</strong> andere Ressourcen<br />
kulturellen Fachwissens müssen identifiziert<br />
<strong>und</strong> konsequent in den Planungsprozess<br />
einbezogen werden.<br />
– Kulturelle Aspekte sind von allen<br />
Planern in allen Planungsbereichen zu<br />
berücksichtigen, nicht nur von den<br />
Kulturexperten.<br />
– Alle relevanten Akteure im Verantwortungsbereich<br />
/ Operationsraum<br />
müssen identifiziert <strong>und</strong> im Planungsprozess<br />
berücksichtigt werden.<br />
– Wahrnehmungen, Merkmale <strong>und</strong><br />
Einstellungen aller Kräfte sollten<br />
berücksichtigt werden.<br />
– Bei der Planung verschiedener Elemente<br />
des Einsatzes (z.B. Centres of<br />
Gravity <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit)<br />
müssen kulturelle Aspekte mit einbezogen<br />
werden.<br />
Einsatzphase<br />
Bei der Durchführung militärischer <strong>und</strong><br />
anderer Operationen besitzt die kulturelle<br />
Dimension einen hohen Stellenwert.<br />
Heutzutage finden wir bereits ab der<br />
Zugebene Experten – von Dolmetschern<br />
<strong>und</strong> regionalen Fachleuten bis hin zu<br />
Soziologieteams – als Berater vor Ort für<br />
den jeweiligen Entscheidungsträger.<br />
“ Those Marines in I Corps […] are<br />
also testing something that is new in<br />
warfare. Combined Action Platoons<br />
protect the population of about 80<br />
villages. The Marine squads in those<br />
platoons train the villages‘ own<br />
Popular Forces – and then fight beside<br />
them when it‘s necessary. But<br />
the Marines are not just stationed in<br />
those villages. […] They live there as<br />
friends and neighbors, compassionate,<br />
<strong>und</strong>erstanding, helpful, working<br />
with the people, trying to<br />
assist them build schools, drill wells,<br />
and construct houses, showing them<br />
how to get more from their land,<br />
giving them medical treatment,<br />
looking after the lame and the sick<br />
and the old and the young. It is<br />
going to be a long time before the<br />
final results of their work can be<br />
assessed. But the enemy has already<br />
made his judgment. Recently, the<br />
enemy, the Vietcong offered $1,750<br />
– dead or alive – for the Marine<br />
sergeant of one of those platoons.<br />
That was more money than many<br />
of the villagers would ever see in an<br />
entire lifetime. But no one earned<br />
it – and no one really tried to earn<br />
it. When the sergeant‘s tour was up<br />
and he had to leave the village, all<br />
turned out for a farewell party for<br />
the man who had been a friend of<br />
each one of them. […] As a result,<br />
that village and other villages bear<br />
the mark of the Marines who have<br />
been there. They bear the mark of<br />
their Commandant‘s belief, that<br />
real victory is going to be won in<br />
the hearts of the people.”<br />
Johnson, Lyndon B., Rede vom 26.<br />
Januar 1968 anlässlich der Verleihung<br />
der Distinguished Service<br />
Medal an Wallace Greene, General<br />
des US Marine Corps, <strong>und</strong> dessen<br />
Eintritt in den Ruhestand; s. „The<br />
American President Project“,<br />
Schriftstücke von Lyndon Johnson,<br />
s. http://www.presidency.ucsb.edu/<br />
lyndon_johnson.php<br />
Während des Vietnamkrieges rief das<br />
US Marine Corps das „Combined Action<br />
Platoons Program“ (CAP), ins Leben, das<br />
1970 in „Combined Action Force“ (CAF)<br />
umbenannt wurde.<br />
(Siehe hierzu: siehe Fact Sheet on the<br />
Combined Action Force, III Marine<br />
Amphibious Force, 31. März 1970)<br />
Die Entwicklung dieses Konzepts wird<br />
als Ergebnis der Erfahrungen des US<br />
Marine Corps während der so genannten<br />
„Bananenkriege“ gesehen, die zwischen<br />
1915 <strong>und</strong> 1934 in der Karibik ausgetragen<br />
wurden <strong>und</strong> in denen das US Marine<br />
Corps ortsansässige Kräfte beriet, ausbildete<br />
<strong>und</strong> Seite an Seite mit ihnen<br />
kämpfte. In Vietnam wurden Gruppen von<br />
Marines in vietnamesischen Dörfern eingesetzt,<br />
um die vietnamesischen Truppen<br />
der Popular Forces, der dörflichen Miliz,<br />
im Kampf gegen die Vietcong <strong>und</strong> die<br />
NVA (North Vietnamese Army) zu unterstützen.<br />
Dasselbe Konzept wurde später<br />
während der Operation “Restore Hope”<br />
in Somalia angewandt. (Siehe hierzu:<br />
Go, William, Major des US Marine Corps,<br />
„The Marine Corps‘ Combined Action<br />
Program and Modern Peace Operations<br />
– Common Themes and Lessons“, 1997, s.<br />
http://www.globalsecurity.org/military/<br />
library/report/1997/Go.htm vom 22. Juli<br />
2011)<br />
In Anlehnung an CAP <strong>und</strong> CAF haben sich<br />
in den USA weiterführende Initiativen<br />
entwickelt, wie z.B. das Foreign and<br />
Regional Area Officers (FAO)-Programm<br />
der US-Streitkräfte, das Human Terrain<br />
System (HTS) <strong>und</strong> das Konzept<br />
Counterinsurgency (COIN).<br />
(Siehe hierzu: http://www.au.af.mil/au/<br />
awc/awcgate/usmc/brewington.pdf <strong>und</strong><br />
http://www.smallwars.quantico.usmc.<br />
mil/search/Papers/brewington.pdf<br />
“Combined Action Platoon: A Strategy<br />
for Peace Enforcement”, Brooks R.<br />
Brewington, Major des US Marine Corps,<br />
1996)<br />
Die Aufgaben des HTS sind: „Recruit,<br />
train, deploy, and support an embedded<br />
operationally focused socio-cultural<br />
capability; conduct operationally relevant<br />
socio-cultural research and analysis;<br />
develop and maintain a socio-cultural<br />
knowledge base, in order to enable<br />
operational decision- making, enhance<br />
operational effectiveness, and preserve<br />
and share socio-cultural institutional<br />
knowledge.“ (Siehe hierzu:. http://humanterrainsystem.army.mil<br />
(22. Juli 2011)<br />
FAO werden als Berater für ranghohe<br />
Führer bei politisch-militärischen Operationen<br />
<strong>und</strong> Interaktionen mit anderen<br />
Staaten eingesetzt <strong>und</strong> stellen ihr kulturelles<br />
Fachwissen den dislozierten Truppenteilen<br />
bei militärischen Einsätzen zur<br />
Verfügung. Sie schaffen <strong>und</strong> erhalten<br />
dauerhafte Beziehungen zu ausländischen<br />
Führern, entwickeln <strong>und</strong> koordinieren<br />
die Sicherheitszusammenarbeit,<br />
führen in Zusammenarbeit mit Gastgeberstaaten<br />
Programme zur Verteidigungshilfe<br />
durch <strong>und</strong> erstellen Berichte<br />
über diplomatische, militärische <strong>und</strong><br />
wirtschaftliche Aktivitäten. (Siehe hierzu:<br />
US Verteidigungsministerium, Weisung<br />
1315.17: Military Department Foreign<br />
Area Officer (FAO) Programme, 28. April<br />
2005)<br />
Bei Einsätzen ist es von höchster Wichtigkeit,<br />
soziokulturelle Kenntnisse nicht nur<br />
in die Truppe einzubringen, sondern auch<br />
in den Gefechtsrhythmus des Stabes.<br />
Der/die Experten muss/müssen überall<br />
dort, wo kulturelle Fachkenntnis erforderlich<br />
ist, entweder als Berater oder als<br />
Mitglied des Teams an allen Besprechungen<br />
<strong>und</strong> Aktivitäten teilnehmen.<br />
(Siehe hierzu: Ein detaillierter Vergleich<br />
der MIC-Staaten bei der Integration von<br />
CCAC in Planung <strong>und</strong> Einsätze ist über<br />
https://community.apan.org/mic/m/mic_<br />
documents/99203.aspx einzusehen.)<br />
Synergien <strong>und</strong> Analyse<br />
Ausbildung<br />
Fehler auf der taktischen Ebene können<br />
strategische Auswirkungen haben, die<br />
weit über lokale Folgen hinausgehen.<br />
Das Verständnis der kulturellen Bedeutung<br />
von Handlungen im Einsatz ist<br />
heutzutage eine conditio sine qua non.<br />
HHK 2/2012<br />
15
NATO-EU-OSZE-VN<br />
Multinational Interoperability Council<br />
Abgesehen von der Sprachausbildung,<br />
die in allen Mitgliedstaaten durchgeführt<br />
wird, findet in jedem MIC-Staat<br />
kulturbezogenen Einsatzvorbereitung<br />
statt. Die theoretische Ausbildung ist<br />
mittlerweile allgemein Bestandteil militärischer<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Führungsausbildung.<br />
(Siehe hierzu: So erhalten<br />
beispielsweise Angehörige der US-<br />
Streitkräfte, die nachweisen, dass sie<br />
eine (oder mehrere) Fremdsprache(n)<br />
beherrschen, zusätzliche Vergütungen.<br />
– US-Repräsentantenhaus, Committee<br />
on Armed Services, Subcommittee on<br />
Oversight & Investigation, „Building<br />
Language Skills and Cultural Competencies<br />
in the Military: Bridging the<br />
Gap”, Dezember 2010, S. 27-30)<br />
In den meisten MIC-Staaten wurde die<br />
praktische kulturelle Ausbildung in<br />
existierende Lehrpläne integriert, drei<br />
Nationen haben sogar ausgewiesene<br />
Schulen/Einrichtungen, die sich explizit<br />
mit kulturbezogenen Fragen auseinandersetzen.<br />
Im Jahr 2003 hat Frankreich die „Ecole<br />
militaire de spécialisation de l´outre-mer<br />
et de l´étranger (EMSOME)” ins Leben<br />
gerufen, an der jegliche kulturbezogene<br />
Ausbildung mit Ausnahme der Sprachausbildung<br />
stattfindet. Die EMSOME ist<br />
eine Schule des französischen Heeres<br />
<strong>und</strong> hat ihren Ursprung im „Centre<br />
militaire d´information et de documentation<br />
sur l´outre-mer et l´étranger“,<br />
einer Einrichtung, die bis ins Jahr 1901<br />
zurückreicht <strong>und</strong> Informationen über<br />
die „Département d´outre-mer” <strong>und</strong><br />
andere fremde Länder gesammelt <strong>und</strong><br />
an die französische Armee <strong>und</strong> weitere<br />
Streitkräfte weitergeleitet hat.<br />
Die „Defence Cultural Support Unit„<br />
(DCSU), die führende Einrichtung zur<br />
Ausbildung in Interkulturalität im Vereinigten<br />
Königreich, erreichte ihre Einsatzreife<br />
im April 2011. Die DCSU stellt<br />
für den gesamten Verteidigungsbereich<br />
die allgemeine Autorität für kulturbezogene<br />
Ausbildungsinhalte dar <strong>und</strong> bildet<br />
nicht nur Personal für Auslandseinsätze,<br />
sondern auch Kulturberater (Cultural<br />
Advisors - CULAD) aus.<br />
Interkulturelle Ausbildung ist für alle Angehörigen<br />
der Australian Defence Force<br />
(ADF), die an Einsätzen teilnehmen,<br />
verpflichtend. Das 39th Personnel<br />
Support Battalion des australischen<br />
Heeres übernimmt zentral für alle drei<br />
Teilstreitkräfte die <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung<br />
in Hinblick auf bestimmte Einsatzgebiete<br />
<strong>und</strong> Kulturen.<br />
Die kulturbezogene Ausbildung der<br />
deutschen Streitkräfte ist zur Zeit auf<br />
die Einsatzvorbereitung auf aktuelle<br />
Einsätze <strong>und</strong> die Ausbildung <strong>interkulturelle</strong>r<br />
Einsatzberater (IEB) für eben<br />
diese Einsätze beschränkt. Kulturbezogene<br />
Ausbildung ist nicht nur Teil der<br />
16<br />
militärischen Gr<strong>und</strong>ausbildung, sondern<br />
auch ein sehr wichtiger Aspekt der<br />
Inneren Führung, des Planungskonzepts<br />
<strong>und</strong> Leitprinzips der B<strong>und</strong>eswehr auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Gr<strong>und</strong>gesetzes.<br />
In Italien ist <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung<br />
einsatzbezogen <strong>und</strong> findet in der Phase<br />
der Einsatzvorbereitung statt. Weiterführende<br />
Ausbildung wird hier ausschließlich<br />
ausgewähltem Personal der<br />
Nachrichtendienste, bei Informationsoperationen<br />
eingesetztem Personal<br />
oder Spezialkräften zuteil.<br />
Im Mai 2011 veröffentlichte das Verteidigungsministerium<br />
der USA den<br />
„Implementation Plan for Language<br />
Skills, Regional Expertise and Cultural<br />
Capabilities“ (Siehe hierzu: US DoD,<br />
„Strategic Plan for Language Skills,<br />
Regional Expertise and Cultural<br />
Capabilities“, Mai 2011) in dem festgelegt<br />
wurde, wie die Strategien der<br />
einzelnen TSK übereinstimmend gestaltet<br />
<strong>und</strong> wie der Bedeutung fremder<br />
Sprachen, regionalen Fachwissens <strong>und</strong><br />
kultureller Fähigkeiten für die Einsatzbereitschaft<br />
Rechnung getragen<br />
werden soll.<br />
Kanada ist die einzige MIC-Nation, dessen<br />
Personal nicht nur in einem streitkräftegemeinsamen<br />
Ansatz, sondern auch<br />
ressortübergreifend ausgebildet wird.<br />
Die Ausbildung findet im Peace Support<br />
Training Centre (PSTC) in Kingston,<br />
Ontario statt. Diese Einrichtung arbeitet<br />
eng mit dem Centre for Intercultural<br />
Learning (CIL) zusammen, das zum<br />
kanadischen Außenministerium gehört.<br />
Während im PSTC das Augenmerk auf<br />
der Einzelausbildung liegt, werden im<br />
Canadian Manoeuvre Training Centre<br />
Einheiten <strong>und</strong> Verbände mit kulturellen<br />
Aspekten vertraut gemacht. CCAC wird<br />
aber nicht nur gelehrt; die Canadian<br />
Defence Academy <strong>und</strong> die Defence<br />
Research and Development Canada<br />
(DRDC) betreiben diesbezüglich auch<br />
Forschung <strong>und</strong> führen Versuche durch.<br />
(Siehe hierzu: Die DRDC ist Kanadas<br />
Spitzenforschungszentrum im Bereich<br />
menschlicher Leistungsfähigkeit hinsichtlich<br />
Fragen der Landesverteidigung<br />
<strong>und</strong> Sicherheit.)<br />
Planung <strong>und</strong> Durchführung<br />
von Einsätzen<br />
In den frühen Phasen der Einsätze im<br />
Irak <strong>und</strong> in Afghanistan wurde deutlich,<br />
dass kulturelles Verständnis <strong>und</strong> kulturelle<br />
<strong>Kompetenz</strong> im militärischen<br />
Entscheidungszyklus <strong>und</strong> im Verlauf<br />
militärischer Einsätze nicht in vollem<br />
Umfang genutzt wurden. (Siehe hierzu:<br />
“I had perfect situational awareness.<br />
What I lacked was cultural awareness.”<br />
Kommandeur 3.(US) Infanteriedivision,<br />
Irak 2003, aus: “Operational Handbook<br />
– Working amongst different cultures”,<br />
Australian Army Adaptive Warfare<br />
Branch, Hauptquartier, 1. Division, 2011,<br />
S. 4)<br />
In den Führungs- <strong>und</strong> Einsatzgr<strong>und</strong>sätzen<br />
Großbritanniens wird nicht beim Einsatz<br />
kultureller Berater oder anderer Fachleute<br />
Halt gemacht. Es wird empfohlen,<br />
Kultur als Faktor in den militärischen<br />
Führungsprozess einfließen zu lassen,<br />
um bei der formalen Lagebeurteilung<br />
berücksichtigt zu werden.<br />
“And across the force, we‘re<br />
investing in new skills and specialties,<br />
because in the 21st century,<br />
military strength will be measured<br />
not only by the weapons our<br />
troops carry, but by the languages<br />
they speak and the cultures that<br />
they <strong>und</strong>erstand.” Ausführungen<br />
Präsident Obamas vor den „Veterans<br />
of Foreign Wars“ am 17. August<br />
2009, s. http://www.whitehouse.<br />
gov/the_press_office/Remarks-by-<br />
the-President-at-the-Veterans-of-<br />
Foreign-Wars-convention/<br />
In den USA werden kulturelles <strong>Bewusstsein</strong><br />
<strong>und</strong> kulturelle <strong>Kompetenz</strong> als<br />
Schlüsselelemente der Verteidigungsstrategie<br />
gesehen, die im Rahmen eines<br />
ressortübergreifenden Ansatzes unter<br />
anderem beim Aufbau <strong>und</strong> der Unterstützung<br />
ausländischer Security Forces<br />
unterstützen.<br />
Bei den kanadischen Streitkräften ist<br />
die Einbindung kultureller Erwägungen<br />
in die Planung <strong>und</strong> Durchführung von<br />
Einsätzen der übliche Modus Operandi.<br />
CCAC ist Teil vieler Leitfäden zu Führungs-<br />
<strong>und</strong> Einsatzgr<strong>und</strong>sätzen. Ein<br />
gutes Beispiel hierfür ist das Counter-<br />
Insurgency Operations Manual des<br />
Kanadischen Heeres, das eine “Cultural<br />
Information Relief in Place Template”<br />
enthält, die bei der Ablösung einer Einheit<br />
durch eine andere im Einsatzgebiet<br />
berücksichtigt werden soll. (Siehe hierzu:<br />
Counter Insurgency Operations”,<br />
B-GL-323-004/FP-003, CAN Chief of Land<br />
Staff, 13. Dezember 2008)<br />
Die DRDC arbeitet zur Zeit am so genannten<br />
„Human Effects Advisors” (HEA)-<br />
Projekt, in dessen Rahmen Offiziere<br />
mit sozialwissenschaftlicher Vorbildung<br />
zur Versorgung ressortübergreifender<br />
Arbeitsgruppen (“Whole-of-Government<br />
Teams”) mit soziokulturellen Informationen<br />
in besonders gefährdeten Gebieten<br />
herangezogen werden. Das Hauptaugenmerk<br />
liegt bei diesem Projekt auf<br />
Methoden <strong>und</strong> Prozessen zur Informationsgewinnung<br />
<strong>und</strong> auf der Festlegung<br />
der für die Ausbildung eines HEA erforderlichen<br />
Lerninhalte <strong>und</strong> Methoden.<br />
Frankreich nutzt kulturelles <strong>Bewusstsein</strong><br />
als Synergieelement <strong>und</strong> als Beitrag zur<br />
Effiziensteigerung von Einsätzen.<br />
HHK 2/2012
Multinational Interoperability Council<br />
NATO-EU-OSZE-VN<br />
Das australische “Operational Handbook<br />
– working amongst different<br />
cultures” bietet einen guten Überblick<br />
über CCAC-bezogene Themen <strong>und</strong> Strategien,<br />
die bei Einsätzen berücksichtigt<br />
werden sollten. (Siehe hierzu: Operational<br />
Handbook – Working amongst<br />
different cultures”, Australian Army<br />
Adaptive Warfare Branch, Hauptquartier,<br />
1. Division, 2011)<br />
Die B<strong>und</strong>eswehr setzt Interkulturelle<br />
Einsatzberater (IntkulEinsBer) ein, deren<br />
Aufgabe darin besteht, militärische<br />
Führer bezüglich Kommunikation <strong>und</strong><br />
Interaktion mit Einheimischen zu beraten,<br />
lokale, ethnische, religiöse, politische<br />
<strong>und</strong> soziokulturelle Strukturen<br />
zu erkennen <strong>und</strong> zu analysieren, Kontakt<br />
zu einheimischen Multiplikatoren<br />
zu pflegen <strong>und</strong> die Einheiten bei zusätzlichen<br />
Ausbildungsmaßnahmen im<br />
Einsatz zu unterstützen. Diese Experten<br />
sind nicht nur an den Einsätzen selbst<br />
beteiligt, sondern sie spielen auch eine<br />
wesentliche Rolle im Planungsprozess<br />
<strong>und</strong> während der Vorbereitungs- <strong>und</strong><br />
Ausbildungsphase eines Einsatzes. Sie<br />
sind in ein Netzwerk akademischer<br />
Experten für <strong>interkulturelle</strong> Belange<br />
eingeb<strong>und</strong>en, das sich derzeit noch im<br />
Entwicklungsstadium befindet. (Siehe<br />
hierzu: BMVg StvGenInspBw <strong>und</strong> Insp<br />
SKB, “Konzept zur Wahrnehmung der<br />
Interkulturellen Einsatzberatung in der<br />
B<strong>und</strong>eswehr“, 24. Juli 2009)<br />
Zusammenfassung<br />
Die von den einzelnen MIC-Staaten<br />
angewandten Vorgehensweisen (Best<br />
Practices) bei kultureller Ausbildung,<br />
Planung <strong>und</strong> in Einsätzen unterscheiden<br />
sich in Teilen voneinander, weisen aber<br />
auch einige vielversprechende Gemeinsamkeiten<br />
auf. Dies ist angesichts der<br />
jeweils unterschiedlichen kulturellen<br />
Hintergründe der sieben Nationen auch<br />
zu erwarten.<br />
Das australische “Operational Handbook<br />
– Working Amongst Different<br />
Cultures” ist das einzige Konzept, das<br />
Kulturunterschiede innerhalb einer<br />
Koalition <strong>und</strong> auch bei Kooperationen<br />
mit weiteren Partnern (Nichtregierungsorganisationen,<br />
Regierungsorganisationen)<br />
thematisiert. Die Konzepte aller<br />
anderen Staaten beziehen sich auf<br />
Unterschiede zu anderen Kulturen,<br />
wobei die Aufmerksamkeit hauptsächlich<br />
auf Unterschiede zu afghanischen<br />
Kulturen gerichtet ist.<br />
Innerhalb einer Koalition dürfen die<br />
kulturellen Unterschiede zwischen den<br />
Koalitionspartnern nicht unberücksichtigt<br />
gelassen werden. Je mehr die<br />
Koalitionspartner miteinander üben <strong>und</strong><br />
trainieren, desto weniger ist „interne“<br />
kulturelle Vorbereitung auf Einsätze notwendig.<br />
Umgekehrt müssen Koalitionspartner,<br />
die nicht gemeinsam üben <strong>und</strong><br />
trainieren, während des Koalitionseinsatzes<br />
einen größeren Teil ihrer Zeit<br />
darauf verwenden, die Verständigung <strong>und</strong><br />
den Umgang miteinander zu erlernen,<br />
während diese Zeit mit der Durchführung<br />
des eigentlichen Einsatzes sinnvoller<br />
genutzt werden könnte.<br />
In den meisten MIC-Staaten sind die<br />
Ressourcen für die Ausbildung von<br />
weltweit ausgebildeten Kulturexperten<br />
nicht vorhanden, weshalb man sich<br />
überwiegend auf aktuelle Einsätze konzentriert.<br />
Während die USA dank ihrer<br />
regionalen Combatant Commands Fachwissen<br />
<strong>und</strong> Expertise aufbauen können,<br />
sind die entsprechenden Kenntnisse in<br />
Frankreich <strong>und</strong> dem Vereinigten Königreich<br />
eher historisch gewachsen. Ein<br />
Rückgriff auf Experten ausserhalb der<br />
militärischen Organisationen wird daher<br />
vermehrt der Fall sein, vor allem in<br />
Kanada, Deutschland, Italien <strong>und</strong> auch<br />
in Australien.<br />
Ist nun ein Experte aus Nation A in der<br />
Lage, dem Entscheidungsträger aus<br />
Nation B beratend zur Seite zu stehen? Verstehen<br />
sie einander über die Kenntnis<br />
AFCEA FACHAUSSTELLUNG<br />
9–10 MAI STAND Z15<br />
SAAB – ein vertrauensvoller <strong>und</strong><br />
langjähriger Kooperationspartner<br />
der B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> der deutschen<br />
Verteidigungsindustrie.<br />
DIE ZUKUNFT<br />
SCHON HEUTE<br />
UNSERE HIGHLIGHTS 2012:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
saab.deutschland@saabgroup.com
NATO-EU-OSZE-VN<br />
Multinational Interoperability Council<br />
einer gemeinsamen Sprache hinaus?<br />
Höchstwahrscheinlich nur bis zu einem<br />
gewissen Grad, da die eigene Kultur zu<br />
schwer wiegt <strong>und</strong> das <strong>Bewusstsein</strong> dafür<br />
auch nicht gegen ein anderes ausgetauscht<br />
werden kann.<br />
Wenn man die in den einzelnen MIC-<br />
Staaten bewährten Vorgehensweisen<br />
bei Bildung, Erziehung, Planung <strong>und</strong><br />
Einsätzen zusammenführt, ergeben sich<br />
folgende gemeinsame Strategien als<br />
MIC-Richtlinien für CCAC bei militärischen<br />
Einsätzen. (Siehe hierzu: siehe auch<br />
“Operational Handbook – Working<br />
amongst different cultures”, Australian<br />
Army Adaptive Warfare Branch, Hauptquartier,<br />
1. Division, 2011)<br />
Gemeinsame Strategien als<br />
MIC-Richtlinien für CCAC bei<br />
militärischen Einsätzen<br />
– Streitkräfte vorbereiten.<br />
Soldatinnen <strong>und</strong> Soldaten in <strong>interkulturelle</strong>n<br />
Aspekten des Einsatzes<br />
theoretisch <strong>und</strong> praktisch ausbilden.<br />
– Anforderungen erkennen <strong>und</strong> auf<br />
kulturelle Unterschiede vorbereiten.<br />
Das Thema Kultur zum Teil des Einsatzes<br />
machen.<br />
– Den Kontext von Auftrag <strong>und</strong> Ziel der<br />
Gesamtoperation verdeutlichen.<br />
Es geht nicht allein darum, einen Feind<br />
zu besiegen, sondern darum, einen<br />
Einsatz erfolgreich durchzuführen.<br />
– CCAC in die Planungsphase von Einsätzen<br />
integrieren.<br />
<strong>Bewusstsein</strong> für <strong>interkulturelle</strong><br />
Aspekte schaffen, die die Planung<br />
des Einsatzes beeinflussen.<br />
– Spezielle Kommunikationsstrategien<br />
entwickeln.<br />
Kommunikation mit allen Akteuren<br />
<strong>und</strong> auf allen Ebenen ist von äußerster<br />
Wichtigkeit.<br />
– Spezielle Strategien zur Zusammenarbeit<br />
mit Partnern entwickeln.<br />
Kulturelle Unterschiede zwischen<br />
Partnern oder innerhalb einer Koalition<br />
treten immer auf.<br />
– Spezielle Strategien zur Zusammenarbeit<br />
mit Nichtregierungsorganisationen<br />
entwickeln.<br />
Auch wenn sie im eigenen Land<br />
ansässig sind, haben diese Organisationen<br />
ihre eigene spezifische Organisationskultur.<br />
– Zusätzliche, an die optimalen Vorgehensweisen<br />
angelehnte CCAC-<br />
Gr<strong>und</strong>sätze anwenden.<br />
– Die einheimische Kultur <strong>und</strong> Politik<br />
verstehen <strong>und</strong> unbeabsichtigte<br />
nachteilige Konsequenzen von<br />
Projekten im Gefechtsraum vermeiden.<br />
– Auf den Prozess genauso viel Wert<br />
wie auf das Ergebnis legen. Es geht<br />
auch darum, wie Soldaten etwas<br />
tun, nicht nur darum, was sie tun.<br />
– Gute Regierungsführung <strong>und</strong> Beziehungen<br />
zwischen Staat <strong>und</strong><br />
Gesellschaft erleichtern.<br />
– Freiheit <strong>und</strong> Fortschritt sowie umfassende<br />
Sicherheit der einheimischen<br />
Bevölkerung über den<br />
Versuch stellen, „Herzen <strong>und</strong><br />
Köpfe“ mit Entwicklungshilfe zu<br />
gewinnen.<br />
– Personal mit Einsatzerfahrung einsetzen,<br />
das gut auf den kulturellen<br />
Kontext im Einsatzgebiet vorbereitet<br />
ist.<br />
CCAC ist bisher noch nicht in die militärischen<br />
(<strong>und</strong> ressortübergreifenden) Entscheidungsprozesse<br />
aller MIC-Nationen<br />
integriert. Daher ist die Entwicklung<br />
von Strategien für den Umgang mit<br />
kulturellen Unterschieden im Einsatzgebiet<br />
mit allen Akteuren, in allen<br />
Phasen des Einsatzes <strong>und</strong> auf allen<br />
Ebenen zwingend notwendig, um in<br />
Zukunft erfolgreich gemeinsame Einsätze<br />
bewältigen zu können.<br />
Autor:<br />
Oberstleutnant i.G. Carsten Knorr,<br />
BMVg Fü S VI 2,<br />
Multinational Interoperability Council,<br />
CD&E Working Group<br />
Grafiken:<br />
CCAC<br />
QUELLEN<br />
– BMVg StvGenInspBw <strong>und</strong> Insp SKB, “Konzept zur<br />
Wahrnehmung der Interkulturellen Einsatzberatung<br />
in der B<strong>und</strong>eswehr“, 24. Juli 2009<br />
– Brewington, Brooks R., Major “Combined Action<br />
Platoon: A Strategy for Peace Enforcement”<br />
USMC 1996, see http://www.au.af.mil/au/awc/<br />
awcgate/usmc/brewington.pdf and http://www.<br />
smallwars.quantico.usmc.mil/search/Papers/<br />
brewington.pdf<br />
– CAN Army, “Counter Insurgency Operations”,<br />
B-GL-323-004/FP-003, CAN Chief of Land Staff,<br />
13 December 2008<br />
– Davis, Karen (Editor) “Cultural Intelligence and<br />
Leadership: An Introduction for Canadian Forces<br />
Leaders “, CandianDefenceAcademy Press, 2009<br />
– Fact Sheet on the Combined Action Force, III<br />
Marine Amphibious Force, 31 March 1970<br />
– Go, William, Major USMC, “The Marine Corps‘<br />
Combined Action Program and Modern Peace<br />
Operations - Common Themes and Lessons”,<br />
1997, from http://www.globalsecurity.org/<br />
military/library/report/1997/Go.htm (22 July 2011)<br />
– Healey, Edward J. Jr., Major USMC, “Cultural<br />
Competency Training in the United States<br />
Marine Corps: A Prescription for Success in the<br />
Long War”, 2008 thesis for the Master of<br />
Military Arts and Science at the US Army<br />
Command and General Staff College<br />
– Human Terrain System, http://humanterrainsystem.army.mil<br />
(22 July 2011)<br />
– Martin, Mercedes & Vaughn, Billy, „Strategic<br />
Diversity & Inclusion Management“ magazine,<br />
2007, DTUI Publications Division, San Francisco<br />
– MNE 6 Framework Concept “Integrated<br />
communication in multinational coalition<br />
operations within a Comprehensive Approach”<br />
– MNE 6, Obj 4.3 “Guidelines for Commanders &<br />
Staff: Operationalization of Culture into Military<br />
Operations<br />
– Operational Handbook “Working amongst<br />
different cultures”, Australian Army Adaptive<br />
Warfare Branch, Headquarters 1st Division, 2011<br />
– President Johnson, Lyndon B., during the<br />
retirement and presentation of the Distinguished<br />
Service Medal to General Wallace Greene, USMC<br />
on January 26, 1968;from “The American President<br />
Project”, Papers of Lyndon Johnson,http://www.<br />
presidency.ucsb.edu/lyndon_johnson.php<br />
– President Obama, Barrack, Remarks to the<br />
Veterans of Foreign Wars, August 17th, 2009;<br />
from: http://www.whitehouse.gov/the_press_office/Remarks-by-the-President-at-the-Veteransof-Foreign-Wars-convention/<br />
Taxonomy of Educational Objectives: The<br />
Classification of Educational Goals; pp. 201–207;<br />
B. S. Bloom (Ed.) Susan Fauer Company, Inc. 1956<br />
– UK Ministry of Defence, http://www.mod.uk/<br />
DefenceInternet/DefenceNews/DefencePolicy-<br />
AndBusiness/HeadOfTheArmyMeetsHelmands-<br />
ReligiousLeaders.htm<br />
– UK Joint Doctrine Note 1/09, “The Significance<br />
of of Culture to the Military”, Assistant Chief<br />
of the Defence Staff (Development, Concepts<br />
and Doctrine), January 2009; see also UK Joint<br />
Doctrine Publication 04 “Understanding”,<br />
Assistant Chief of the Defence Staff<br />
(Development, Concepts and Doctrine),<br />
December 2010<br />
– U.S. Department of Defense, Directive Number<br />
1315.17, Military Department Foreign Area<br />
Officer (FAO) Programs, 28 April 2005<br />
– U.S. Department of Defense, „Strategic<br />
Plan for Language Skills, Regional<br />
Expertise and Cultural Capabilities”,<br />
May 2011<br />
– U.S. House of Representatives, Committee<br />
on Armed Services, Subcommittee on<br />
Oversight & Investigation, “Building<br />
Language Skills and Cultural Competencies<br />
in the Military: Bridging the Gap”,<br />
December 2010<br />
– ZInFüBw, „Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong><br />
in der B<strong>und</strong>eswehr: Handreichung für<br />
Multiplikatoren“, 2009/2010<br />
18<br />
HHK 2/2012