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Interkulturelles Bewusstsein und interkulturelle Kompetenz

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Multinational Interoperability Council<br />

NATO-EU-OSZE-VN<br />

<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> besitzt einen<br />

hohen Stellenwert bei Auslandseinsätzen.<br />

Foto: HHK / Archiv<br />

incredibly rich and diverse culture.<br />

Through developing an innate awareness<br />

of this unique society, of its<br />

tribal dynamics, customs and ethos,<br />

our soldiers are far better equipped<br />

to play their part fully in the delivery<br />

of security, stability and prosperity to<br />

southern Afghanistan.”<br />

Quelle: UK Verteidigungsministerium,<br />

http://www.mod.uk/DefenceInternet/<br />

DefenceNews/DefencePolicyAnd-<br />

Business/HeadOfTheArmyMeetsHelmandsReligiousLeaders.htm<br />

<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>interkulturelle</strong> <strong>Kompetenz</strong><br />

Das Multinational Interoperability Council (MIC)<br />

ist mit Fragen der Interoperabilität im Rahmen<br />

von Koalitionseinsätzen befasst<br />

Guide to Best Practices<br />

Streitkräfte nehmen im Rahmen von Koalitionsoperationen<br />

an hochkomplexen Einsätzen mit<br />

einer Vielzahl von beteiligten Akteuren teil. Die<br />

Einsätze finden in einem komplexen Umfeld<br />

statt, in dem einander gegenüberstehende Kräfte<br />

sowie die Bevölkerung so vermischt sind, dass es<br />

schwierig ist, die verschiedenen Parteien zu unterscheiden.<br />

Hinzu kommt, dass Koalitionen an sich<br />

schon eine Herausforderung an Kooperation,<br />

Interoperabilität <strong>und</strong> Koordination darstellen.<br />

Die Erfahrungen aus den Einsätzen unter anderem<br />

im Kosovo, in Afghanistan oder aus anderen humanitären Hilfeseinsätzen haben<br />

gezeigt, dass <strong>interkulturelle</strong>s <strong>Bewusstsein</strong> einen hohen Stellenwert bei derartigen<br />

Einsätzen besitzt. Zugleich benötigt der Aufbau <strong>interkulturelle</strong>r <strong>Kompetenz</strong> eine<br />

lange Vorbereitung.<br />

Am 25. März 2011 traf General Sir<br />

David Richards, Generalstabschef des<br />

Vereinigten Königreiches, im Rahmen<br />

des ersten Treffens dieser Art in<br />

Großbritannien im Hauptgebäude des<br />

Verteidigungsministeriums in London<br />

mit den religiösen Führern aus Afghanistan<br />

zusammen. General Richards<br />

sprach über die verschiedenen kulturellen<br />

Initiativen im gesamten<br />

Verteidigungsbereich, die eine Verbesserung<br />

des Verständnisses der<br />

HHK 2/2012<br />

afghanischen Kultur <strong>und</strong> des afghanischen<br />

Volkes bewirken sollen. Er sagte:<br />

„We know that cultural awareness<br />

has been a weakness in the past. But<br />

there have been a number of initiatives<br />

set up in recent years to ensure<br />

that the military serving on the<br />

front line can have the best possible<br />

pre-deployment preparation and be<br />

equipped with the appropriate knowledge,<br />

<strong>und</strong>erstanding and appreciation<br />

of the region, its people, and its<br />

Das Multinational Interoperability<br />

Council (MIC) ist mit Fragen der Interoperabilität<br />

im Rahmen von Koalitionseinsätzen<br />

der sieben beteiligten Staaten:<br />

USA, GBR, FRA, ITA, CAN, AUS <strong>und</strong> DEU<br />

(Text im Orginal aus MIC Charta: “The MIC<br />

provides an operator led joint, multinational<br />

forum focused on identifying<br />

and addressing information sharing,<br />

operational, and Lead Nation interoperability<br />

issues across the contemporary<br />

operating environment to enable more<br />

effective coalition operations.”) befasst<br />

<strong>und</strong> hatte die Arbeitsgruppe CD&E des<br />

MIC beauftragt, sich der Thematik „<strong>Interkulturelles</strong><br />

<strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>Kompetenz</strong>“<br />

anzunehmen. Im vorliegenden Artikel<br />

werden das Arbeitsergebnisse über Best<br />

Practices beim Umgang mit Interkulturalität<br />

dargestellt. Dazu werden (in<br />

gekürzter Form) die Vorstellungen,<br />

Konzepte <strong>und</strong> Führungsgr<strong>und</strong>sätze der<br />

einzelnen Staaten bezüglich kultureller<br />

Aspekte in Vorbereitung, Planung <strong>und</strong><br />

Durchführung militärischer Einsätze<br />

aufgezeigt, die Synergien bezüglich<br />

optimaler Vorgehensweisen erörtert<br />

<strong>und</strong> Empfehlungen zum Aufbau eines<br />

gemeinsamen Verständnisses ausgesprochen.<br />

Die Langversion des Guide<br />

to Best Practices kann auf der Informationsplattform<br />

des MIC unter https://<br />

community.apan.org/mic/m/mic_documents/99203.aspx<br />

eingesehen werden.<br />

<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>interkulturelle</strong> <strong>Kompetenz</strong><br />

Bei der Arbeit mit oder in anderen Kulturen<br />

muss man sich zunächst des eigenen<br />

Selbstbildes bewusst sein. Nur wenn man<br />

die eigene Kultur versteht, ist man auch<br />

in der Lage, erfolgreich mit Menschen<br />

aus anderen Kulturen zu interagieren.<br />

Um innerhalb von Koalitionen ein gemeinsames<br />

Verständnis von <strong>interkulturelle</strong>m<br />

<strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>Kompetenz</strong> zu<br />

schaffen, ist es daher notwendig, die<br />

jeweilige Herangehensweise der verschiedenen<br />

Staaten an ein Konzept zur<br />

13


NATO-EU-OSZE-VN<br />

Multinational Interoperability Council<br />

<strong>interkulturelle</strong>n <strong>Kompetenz</strong> zu analysieren.<br />

Die im Rahmen der Themenbearbeitung<br />

analysierten Definitionen von<br />

kulturellem <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> kultureller<br />

<strong>Kompetenz</strong> werden in an dieser Stelle in<br />

den Kontext von Blooms Hierarchie pädagogischer<br />

Aktivitäten gestellt. (Siehe<br />

hierzu u.a. Martin, Mercedes & Vaughn,<br />

Billy, Magazin „Strategic Diversity &<br />

Inclusion Management“, S. 31-3, 2007,<br />

DTUI Publications Division, San Francisco;<br />

Healey, Edward J. Jr., Major des US<br />

Marine Corps, “Cultural Competency<br />

Training in the United States Marine<br />

Corps: A Prescription for Success in the<br />

Long War”, Abschlussarbeit für den<br />

Master of Military Arts and Science am<br />

US Army Command and General Staff<br />

College, 2008; UK Joint Doctrine Note<br />

1/09, “The Significance of Culture to the<br />

Military”, Assistant Chief of the Defence<br />

Staff/Development, Concepts and<br />

Doctrine, Januar 2009)<br />

Dabei umfasst der Begriff <strong>Interkulturelles</strong><br />

<strong>Bewusstsein</strong> deren erste drei<br />

Stufen –Wissen, Verstehen <strong>und</strong> Anwenden–.<br />

Auf der höheren kognitiven<br />

Ebene der Analyse, Evaluation <strong>und</strong><br />

Synthese werden kulturelle Aspekte als<br />

Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong> verstanden.<br />

<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> (Cross-<br />

Cultural Awareness – CCA) ist somit die<br />

Anerkennung, dass nicht alle Menschen<br />

denselben kulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />

haben, was das Wissen um die Unterschiede<br />

zwischen einem selbst <strong>und</strong><br />

Menschen aus anderen Ländern <strong>und</strong>/<br />

oder mit anderem Hintergr<strong>und</strong> mit einschließt.<br />

So befähigt <strong>interkulturelle</strong>s <strong>Bewusstsein</strong>,<br />

sich aufgr<strong>und</strong> dieser Kenntnis<br />

<strong>und</strong> dieses Verständnisses angemessen zu<br />

verhalten. <strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong><br />

bedeutet also die Fähigkeit, gr<strong>und</strong>legende<br />

kulturelle Konzepte zu erkennen<br />

<strong>und</strong> zu beschreiben, <strong>und</strong> bildet so die<br />

Gr<strong>und</strong>lage des <strong>interkulturelle</strong>n Lernprozesses.<br />

Die gr<strong>und</strong>legenden Konzepte<br />

müssen verstanden <strong>und</strong> angewandt<br />

werden, damit ihre Relevanz für Einsätze<br />

ermittelt werden kann.<br />

Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong> (Cross-Cultural<br />

Competence – CCC) bezeichnet die<br />

Fähigkeit, kulturelle Informationen zu<br />

nutzen <strong>und</strong> zu wissen, wie diese Informationen<br />

über verschiedene Operationslinien<br />

hinweg aufeinander abgestimmt<br />

<strong>und</strong> in konkreten Plänen umgesetzt<br />

werden können. Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong><br />

steht somit an der Spitze des<br />

<strong>interkulturelle</strong>n Lernprozesses. (Siehe<br />

hierzu auch: Taxonomy of Educational<br />

Objectives: The Classification of Educational<br />

Goals; S. 201–207; B. S. Bloom<br />

(Hrsg.) Susan Fauer Company, Inc. 1956)<br />

<strong>Interkulturelles</strong> <strong>Bewusstsein</strong> <strong>und</strong> <strong>interkulturelle</strong><br />

<strong>Kompetenz</strong> (im Folgenden<br />

als „Cross-Cultural Awareness & Competence<br />

– CCAC“ bezeichnet) ist somit<br />

ein Werkzeug, das dem zivilen <strong>und</strong><br />

militärischen Führer <strong>und</strong> ihren Stäben<br />

hilft, Kultur als Schlüsselelement innerhalb<br />

des Entscheidungsprozesses zu erkennen<br />

<strong>und</strong> den Erfolg von Einsätzen<br />

zu erhöhen, indem kulturelle Aspekte<br />

eines Einsatzes bewusst in die Planung<br />

<strong>und</strong> Durchführung einbezogen werden.<br />

CCAC ist in vier entscheidenden Bereichen<br />

anzuwenden <strong>und</strong> zu berücksichtigen: In<br />

der allgemeinen Ausbildung bzw. der<br />

Erziehung, in der praktischen Ausbildung,<br />

in der militärischen Planung <strong>und</strong><br />

in der Durchführung von Einsätzen.<br />

Die Integration von CCAC in Erziehung<br />

<strong>und</strong> Ausbildung<br />

Kulturelle Erziehung ist Voraussetzung<br />

für die <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung, für<br />

<strong>interkulturelle</strong>s Verständnis <strong>und</strong> <strong>Bewusstsein</strong>.<br />

Während über einen längeren Zeitraum<br />

hinweg erarbeitete Erfahrung von<br />

hoher Bedeutung ist, bildet kulturelle<br />

Erziehung <strong>und</strong> <strong>Bewusstsein</strong> die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für jeden zivilen <strong>und</strong> militärischen<br />

Akteur <strong>und</strong> jeden Experten.<br />

– Interkulturelle Erziehung<br />

Interkulturelle Erziehung sollte von der<br />

Gr<strong>und</strong>ausbildung bis zu streitkräftegemeinsamen<br />

Generalstabslehrgängen auf<br />

allen Ebenen Teil der militärischen <strong>und</strong><br />

zivilen Ausbildung sein. Jede Soldatin,<br />

jeder Soldat <strong>und</strong> jeder mögliche Akteur<br />

im multinationalen Umfeld oder Einsatz<br />

muss zunächst die eigene Kultur<br />

verstehen <strong>und</strong> dazu angeleitet werden,<br />

sich mit ihr auseinanderzusetzen.<br />

Vorbereitungen dieser Art helfen dabei,<br />

erfolgreich mit Menschen aus anderen<br />

Kulturen zu interagieren <strong>und</strong> dabei die<br />

eigenen Werte zu bewahren. Gr<strong>und</strong>sätze,<br />

Merkmale <strong>und</strong> Triebkräfte, die<br />

alle Kulturen bestimmen, sollten in<br />

einem allgemeinen Ansatz behandelt<br />

werden.<br />

– Interkulturelle Ausbildung<br />

Interkulturelle Ausbildung muss auf<br />

den Einsatz zugeschnitten sein. In Verbindung<br />

mit <strong>interkulturelle</strong>r Erziehung<br />

ist sie ein wichtiges Element „[…] for<br />

creating the knowledge with whom,<br />

amongst whom and against whom<br />

we operate.“ (Siehe hierzu: UK Joint<br />

Doctrine Note 1/09, “The Significance<br />

of of Culture to the Military”, Assistant<br />

Chief of the Defence Staff/Development,<br />

Concepts and Doctrine, S. 5-1,<br />

Januar 2009)<br />

Kulturelle Ausbildung besteht nicht<br />

allein aus der Sprachausbildung <strong>und</strong><br />

sollte nicht ausschließlich in Ausbildungsstätten,<br />

Schulen <strong>und</strong> Akademien<br />

stattfinden. Sie muss in die Ausbildung<br />

der Einheiten oder der Stäbe eingebettet<br />

sein <strong>und</strong> regelmäßig unter Heranziehung<br />

von Kulturexperten <strong>und</strong> anderer<br />

Fachleute stattfinden. Sie bezieht sich<br />

auf ein spezifisches Einsatzgebiet <strong>und</strong><br />

wird im günstigsten Fall in die einsatzvorbereitende<br />

Ausbildung eingeb<strong>und</strong>en.<br />

(Siehe hierzu: Ein detaillierter Vergleich<br />

der MIC-Staaten hinsichtlich <strong>interkulturelle</strong>r<br />

Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung ist über<br />

https://community.apan.org/mic/m/mic_<br />

documents/99203.aspx einzusehen.)<br />

Die Integration von CCAC <strong>und</strong><br />

militärischer Planung <strong>und</strong> Einsätzen<br />

Planungsphase<br />

Zivile <strong>und</strong> militärische Vorgesetzte <strong>und</strong><br />

ihre Stäbe müssen die Entwicklung<br />

CCAC-bezogener Fähigkeiten fördern.<br />

Oftmals beschränkt sich die kulturelle<br />

Fachkenntnis eines Stabes nur auf die<br />

persönliche Erfahrung einzelner Mitglieder.<br />

Widerum müssen bestimmte<br />

Stabsmitglieder oder Spezialisten (z.B.<br />

im Nachrichtenwesen, bei CIMIC, in<br />

der Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> bei Informationsoperationen)<br />

mit kulturellen<br />

Informationen bedachter umgehen als<br />

andere, da ihre Aufgaben eng mit<br />

kulturellen Faktoren verknüpft sind oder<br />

davon abhängen. Den Stäben müssen<br />

Experten zugeordnet werden, wie zum<br />

Beispiel Human Terrain Teams (HTS),<br />

spezialisierte Kulturberater oder andere<br />

relevante Experten (insbesondere<br />

nicht-militärische Fachleute), die sich<br />

aktiv an jedem Schritt des militärischen<br />

Planungsprozesses beteiligen. Dabei hat<br />

es sich bewährt, Fachleute einzusetzen,<br />

die regelmäßig in die Ausbildung des<br />

Stabes eingeb<strong>und</strong>en sind, da so der<br />

14<br />

HHK 2/2012


Multinational Interoperability Council<br />

NATO-EU-OSZE-VN<br />

richtige Ansatz gef<strong>und</strong>en werden kann,<br />

um für den gesamten Stab kulturelles<br />

Fachwissen aufzubauen.<br />

Kulturelle Aspekte sind während des<br />

gesamten Planungsprozesses zu berücksichtigen.<br />

Unter Bezug auf die MNE 6<br />

„Guidelines to Operationalization of<br />

Culture into Military Operations” sollte<br />

CCAC wie folgt in die militärische<br />

Planung einbezogen werden:<br />

– Die kulturelle Dimension ist als<br />

Planungsfaktor in alle Planungsvorgänge<br />

<strong>und</strong> in die ständigen Dienstanweisungen<br />

(einschließlich Kontrolllisten,<br />

Dokumentvorlagen <strong>und</strong> ähnlicher<br />

Dokumente) zu integrieren.<br />

– CCAC ist in der Ausbildung des Stabes<br />

<strong>und</strong> bei entsprechenden Übungen zu<br />

berücksichtigen <strong>und</strong> zu üben.<br />

– Kulturexperten <strong>und</strong> andere Ressourcen<br />

kulturellen Fachwissens müssen identifiziert<br />

<strong>und</strong> konsequent in den Planungsprozess<br />

einbezogen werden.<br />

– Kulturelle Aspekte sind von allen<br />

Planern in allen Planungsbereichen zu<br />

berücksichtigen, nicht nur von den<br />

Kulturexperten.<br />

– Alle relevanten Akteure im Verantwortungsbereich<br />

/ Operationsraum<br />

müssen identifiziert <strong>und</strong> im Planungsprozess<br />

berücksichtigt werden.<br />

– Wahrnehmungen, Merkmale <strong>und</strong><br />

Einstellungen aller Kräfte sollten<br />

berücksichtigt werden.<br />

– Bei der Planung verschiedener Elemente<br />

des Einsatzes (z.B. Centres of<br />

Gravity <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit)<br />

müssen kulturelle Aspekte mit einbezogen<br />

werden.<br />

Einsatzphase<br />

Bei der Durchführung militärischer <strong>und</strong><br />

anderer Operationen besitzt die kulturelle<br />

Dimension einen hohen Stellenwert.<br />

Heutzutage finden wir bereits ab der<br />

Zugebene Experten – von Dolmetschern<br />

<strong>und</strong> regionalen Fachleuten bis hin zu<br />

Soziologieteams – als Berater vor Ort für<br />

den jeweiligen Entscheidungsträger.<br />

“ Those Marines in I Corps […] are<br />

also testing something that is new in<br />

warfare. Combined Action Platoons<br />

protect the population of about 80<br />

villages. The Marine squads in those<br />

platoons train the villages‘ own<br />

Popular Forces – and then fight beside<br />

them when it‘s necessary. But<br />

the Marines are not just stationed in<br />

those villages. […] They live there as<br />

friends and neighbors, compassionate,<br />

<strong>und</strong>erstanding, helpful, working<br />

with the people, trying to<br />

assist them build schools, drill wells,<br />

and construct houses, showing them<br />

how to get more from their land,<br />

giving them medical treatment,<br />

looking after the lame and the sick<br />

and the old and the young. It is<br />

going to be a long time before the<br />

final results of their work can be<br />

assessed. But the enemy has already<br />

made his judgment. Recently, the<br />

enemy, the Vietcong offered $1,750<br />

– dead or alive – for the Marine<br />

sergeant of one of those platoons.<br />

That was more money than many<br />

of the villagers would ever see in an<br />

entire lifetime. But no one earned<br />

it – and no one really tried to earn<br />

it. When the sergeant‘s tour was up<br />

and he had to leave the village, all<br />

turned out for a farewell party for<br />

the man who had been a friend of<br />

each one of them. […] As a result,<br />

that village and other villages bear<br />

the mark of the Marines who have<br />

been there. They bear the mark of<br />

their Commandant‘s belief, that<br />

real victory is going to be won in<br />

the hearts of the people.”<br />

Johnson, Lyndon B., Rede vom 26.<br />

Januar 1968 anlässlich der Verleihung<br />

der Distinguished Service<br />

Medal an Wallace Greene, General<br />

des US Marine Corps, <strong>und</strong> dessen<br />

Eintritt in den Ruhestand; s. „The<br />

American President Project“,<br />

Schriftstücke von Lyndon Johnson,<br />

s. http://www.presidency.ucsb.edu/<br />

lyndon_johnson.php<br />

Während des Vietnamkrieges rief das<br />

US Marine Corps das „Combined Action<br />

Platoons Program“ (CAP), ins Leben, das<br />

1970 in „Combined Action Force“ (CAF)<br />

umbenannt wurde.<br />

(Siehe hierzu: siehe Fact Sheet on the<br />

Combined Action Force, III Marine<br />

Amphibious Force, 31. März 1970)<br />

Die Entwicklung dieses Konzepts wird<br />

als Ergebnis der Erfahrungen des US<br />

Marine Corps während der so genannten<br />

„Bananenkriege“ gesehen, die zwischen<br />

1915 <strong>und</strong> 1934 in der Karibik ausgetragen<br />

wurden <strong>und</strong> in denen das US Marine<br />

Corps ortsansässige Kräfte beriet, ausbildete<br />

<strong>und</strong> Seite an Seite mit ihnen<br />

kämpfte. In Vietnam wurden Gruppen von<br />

Marines in vietnamesischen Dörfern eingesetzt,<br />

um die vietnamesischen Truppen<br />

der Popular Forces, der dörflichen Miliz,<br />

im Kampf gegen die Vietcong <strong>und</strong> die<br />

NVA (North Vietnamese Army) zu unterstützen.<br />

Dasselbe Konzept wurde später<br />

während der Operation “Restore Hope”<br />

in Somalia angewandt. (Siehe hierzu:<br />

Go, William, Major des US Marine Corps,<br />

„The Marine Corps‘ Combined Action<br />

Program and Modern Peace Operations<br />

– Common Themes and Lessons“, 1997, s.<br />

http://www.globalsecurity.org/military/<br />

library/report/1997/Go.htm vom 22. Juli<br />

2011)<br />

In Anlehnung an CAP <strong>und</strong> CAF haben sich<br />

in den USA weiterführende Initiativen<br />

entwickelt, wie z.B. das Foreign and<br />

Regional Area Officers (FAO)-Programm<br />

der US-Streitkräfte, das Human Terrain<br />

System (HTS) <strong>und</strong> das Konzept<br />

Counterinsurgency (COIN).<br />

(Siehe hierzu: http://www.au.af.mil/au/<br />

awc/awcgate/usmc/brewington.pdf <strong>und</strong><br />

http://www.smallwars.quantico.usmc.<br />

mil/search/Papers/brewington.pdf<br />

“Combined Action Platoon: A Strategy<br />

for Peace Enforcement”, Brooks R.<br />

Brewington, Major des US Marine Corps,<br />

1996)<br />

Die Aufgaben des HTS sind: „Recruit,<br />

train, deploy, and support an embedded<br />

operationally focused socio-cultural<br />

capability; conduct operationally relevant<br />

socio-cultural research and analysis;<br />

develop and maintain a socio-cultural<br />

knowledge base, in order to enable<br />

operational decision- making, enhance<br />

operational effectiveness, and preserve<br />

and share socio-cultural institutional<br />

knowledge.“ (Siehe hierzu:. http://humanterrainsystem.army.mil<br />

(22. Juli 2011)<br />

FAO werden als Berater für ranghohe<br />

Führer bei politisch-militärischen Operationen<br />

<strong>und</strong> Interaktionen mit anderen<br />

Staaten eingesetzt <strong>und</strong> stellen ihr kulturelles<br />

Fachwissen den dislozierten Truppenteilen<br />

bei militärischen Einsätzen zur<br />

Verfügung. Sie schaffen <strong>und</strong> erhalten<br />

dauerhafte Beziehungen zu ausländischen<br />

Führern, entwickeln <strong>und</strong> koordinieren<br />

die Sicherheitszusammenarbeit,<br />

führen in Zusammenarbeit mit Gastgeberstaaten<br />

Programme zur Verteidigungshilfe<br />

durch <strong>und</strong> erstellen Berichte<br />

über diplomatische, militärische <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche Aktivitäten. (Siehe hierzu:<br />

US Verteidigungsministerium, Weisung<br />

1315.17: Military Department Foreign<br />

Area Officer (FAO) Programme, 28. April<br />

2005)<br />

Bei Einsätzen ist es von höchster Wichtigkeit,<br />

soziokulturelle Kenntnisse nicht nur<br />

in die Truppe einzubringen, sondern auch<br />

in den Gefechtsrhythmus des Stabes.<br />

Der/die Experten muss/müssen überall<br />

dort, wo kulturelle Fachkenntnis erforderlich<br />

ist, entweder als Berater oder als<br />

Mitglied des Teams an allen Besprechungen<br />

<strong>und</strong> Aktivitäten teilnehmen.<br />

(Siehe hierzu: Ein detaillierter Vergleich<br />

der MIC-Staaten bei der Integration von<br />

CCAC in Planung <strong>und</strong> Einsätze ist über<br />

https://community.apan.org/mic/m/mic_<br />

documents/99203.aspx einzusehen.)<br />

Synergien <strong>und</strong> Analyse<br />

Ausbildung<br />

Fehler auf der taktischen Ebene können<br />

strategische Auswirkungen haben, die<br />

weit über lokale Folgen hinausgehen.<br />

Das Verständnis der kulturellen Bedeutung<br />

von Handlungen im Einsatz ist<br />

heutzutage eine conditio sine qua non.<br />

HHK 2/2012<br />

15


NATO-EU-OSZE-VN<br />

Multinational Interoperability Council<br />

Abgesehen von der Sprachausbildung,<br />

die in allen Mitgliedstaaten durchgeführt<br />

wird, findet in jedem MIC-Staat<br />

kulturbezogenen Einsatzvorbereitung<br />

statt. Die theoretische Ausbildung ist<br />

mittlerweile allgemein Bestandteil militärischer<br />

Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Führungsausbildung.<br />

(Siehe hierzu: So erhalten<br />

beispielsweise Angehörige der US-<br />

Streitkräfte, die nachweisen, dass sie<br />

eine (oder mehrere) Fremdsprache(n)<br />

beherrschen, zusätzliche Vergütungen.<br />

– US-Repräsentantenhaus, Committee<br />

on Armed Services, Subcommittee on<br />

Oversight & Investigation, „Building<br />

Language Skills and Cultural Competencies<br />

in the Military: Bridging the<br />

Gap”, Dezember 2010, S. 27-30)<br />

In den meisten MIC-Staaten wurde die<br />

praktische kulturelle Ausbildung in<br />

existierende Lehrpläne integriert, drei<br />

Nationen haben sogar ausgewiesene<br />

Schulen/Einrichtungen, die sich explizit<br />

mit kulturbezogenen Fragen auseinandersetzen.<br />

Im Jahr 2003 hat Frankreich die „Ecole<br />

militaire de spécialisation de l´outre-mer<br />

et de l´étranger (EMSOME)” ins Leben<br />

gerufen, an der jegliche kulturbezogene<br />

Ausbildung mit Ausnahme der Sprachausbildung<br />

stattfindet. Die EMSOME ist<br />

eine Schule des französischen Heeres<br />

<strong>und</strong> hat ihren Ursprung im „Centre<br />

militaire d´information et de documentation<br />

sur l´outre-mer et l´étranger“,<br />

einer Einrichtung, die bis ins Jahr 1901<br />

zurückreicht <strong>und</strong> Informationen über<br />

die „Département d´outre-mer” <strong>und</strong><br />

andere fremde Länder gesammelt <strong>und</strong><br />

an die französische Armee <strong>und</strong> weitere<br />

Streitkräfte weitergeleitet hat.<br />

Die „Defence Cultural Support Unit„<br />

(DCSU), die führende Einrichtung zur<br />

Ausbildung in Interkulturalität im Vereinigten<br />

Königreich, erreichte ihre Einsatzreife<br />

im April 2011. Die DCSU stellt<br />

für den gesamten Verteidigungsbereich<br />

die allgemeine Autorität für kulturbezogene<br />

Ausbildungsinhalte dar <strong>und</strong> bildet<br />

nicht nur Personal für Auslandseinsätze,<br />

sondern auch Kulturberater (Cultural<br />

Advisors - CULAD) aus.<br />

Interkulturelle Ausbildung ist für alle Angehörigen<br />

der Australian Defence Force<br />

(ADF), die an Einsätzen teilnehmen,<br />

verpflichtend. Das 39th Personnel<br />

Support Battalion des australischen<br />

Heeres übernimmt zentral für alle drei<br />

Teilstreitkräfte die <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung<br />

in Hinblick auf bestimmte Einsatzgebiete<br />

<strong>und</strong> Kulturen.<br />

Die kulturbezogene Ausbildung der<br />

deutschen Streitkräfte ist zur Zeit auf<br />

die Einsatzvorbereitung auf aktuelle<br />

Einsätze <strong>und</strong> die Ausbildung <strong>interkulturelle</strong>r<br />

Einsatzberater (IEB) für eben<br />

diese Einsätze beschränkt. Kulturbezogene<br />

Ausbildung ist nicht nur Teil der<br />

16<br />

militärischen Gr<strong>und</strong>ausbildung, sondern<br />

auch ein sehr wichtiger Aspekt der<br />

Inneren Führung, des Planungskonzepts<br />

<strong>und</strong> Leitprinzips der B<strong>und</strong>eswehr auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Gr<strong>und</strong>gesetzes.<br />

In Italien ist <strong>interkulturelle</strong> Ausbildung<br />

einsatzbezogen <strong>und</strong> findet in der Phase<br />

der Einsatzvorbereitung statt. Weiterführende<br />

Ausbildung wird hier ausschließlich<br />

ausgewähltem Personal der<br />

Nachrichtendienste, bei Informationsoperationen<br />

eingesetztem Personal<br />

oder Spezialkräften zuteil.<br />

Im Mai 2011 veröffentlichte das Verteidigungsministerium<br />

der USA den<br />

„Implementation Plan for Language<br />

Skills, Regional Expertise and Cultural<br />

Capabilities“ (Siehe hierzu: US DoD,<br />

„Strategic Plan for Language Skills,<br />

Regional Expertise and Cultural<br />

Capabilities“, Mai 2011) in dem festgelegt<br />

wurde, wie die Strategien der<br />

einzelnen TSK übereinstimmend gestaltet<br />

<strong>und</strong> wie der Bedeutung fremder<br />

Sprachen, regionalen Fachwissens <strong>und</strong><br />

kultureller Fähigkeiten für die Einsatzbereitschaft<br />

Rechnung getragen<br />

werden soll.<br />

Kanada ist die einzige MIC-Nation, dessen<br />

Personal nicht nur in einem streitkräftegemeinsamen<br />

Ansatz, sondern auch<br />

ressortübergreifend ausgebildet wird.<br />

Die Ausbildung findet im Peace Support<br />

Training Centre (PSTC) in Kingston,<br />

Ontario statt. Diese Einrichtung arbeitet<br />

eng mit dem Centre for Intercultural<br />

Learning (CIL) zusammen, das zum<br />

kanadischen Außenministerium gehört.<br />

Während im PSTC das Augenmerk auf<br />

der Einzelausbildung liegt, werden im<br />

Canadian Manoeuvre Training Centre<br />

Einheiten <strong>und</strong> Verbände mit kulturellen<br />

Aspekten vertraut gemacht. CCAC wird<br />

aber nicht nur gelehrt; die Canadian<br />

Defence Academy <strong>und</strong> die Defence<br />

Research and Development Canada<br />

(DRDC) betreiben diesbezüglich auch<br />

Forschung <strong>und</strong> führen Versuche durch.<br />

(Siehe hierzu: Die DRDC ist Kanadas<br />

Spitzenforschungszentrum im Bereich<br />

menschlicher Leistungsfähigkeit hinsichtlich<br />

Fragen der Landesverteidigung<br />

<strong>und</strong> Sicherheit.)<br />

Planung <strong>und</strong> Durchführung<br />

von Einsätzen<br />

In den frühen Phasen der Einsätze im<br />

Irak <strong>und</strong> in Afghanistan wurde deutlich,<br />

dass kulturelles Verständnis <strong>und</strong> kulturelle<br />

<strong>Kompetenz</strong> im militärischen<br />

Entscheidungszyklus <strong>und</strong> im Verlauf<br />

militärischer Einsätze nicht in vollem<br />

Umfang genutzt wurden. (Siehe hierzu:<br />

“I had perfect situational awareness.<br />

What I lacked was cultural awareness.”<br />

Kommandeur 3.(US) Infanteriedivision,<br />

Irak 2003, aus: “Operational Handbook<br />

– Working amongst different cultures”,<br />

Australian Army Adaptive Warfare<br />

Branch, Hauptquartier, 1. Division, 2011,<br />

S. 4)<br />

In den Führungs- <strong>und</strong> Einsatzgr<strong>und</strong>sätzen<br />

Großbritanniens wird nicht beim Einsatz<br />

kultureller Berater oder anderer Fachleute<br />

Halt gemacht. Es wird empfohlen,<br />

Kultur als Faktor in den militärischen<br />

Führungsprozess einfließen zu lassen,<br />

um bei der formalen Lagebeurteilung<br />

berücksichtigt zu werden.<br />

“And across the force, we‘re<br />

investing in new skills and specialties,<br />

because in the 21st century,<br />

military strength will be measured<br />

not only by the weapons our<br />

troops carry, but by the languages<br />

they speak and the cultures that<br />

they <strong>und</strong>erstand.” Ausführungen<br />

Präsident Obamas vor den „Veterans<br />

of Foreign Wars“ am 17. August<br />

2009, s. http://www.whitehouse.<br />

gov/the_press_office/Remarks-by-<br />

the-President-at-the-Veterans-of-<br />

Foreign-Wars-convention/<br />

In den USA werden kulturelles <strong>Bewusstsein</strong><br />

<strong>und</strong> kulturelle <strong>Kompetenz</strong> als<br />

Schlüsselelemente der Verteidigungsstrategie<br />

gesehen, die im Rahmen eines<br />

ressortübergreifenden Ansatzes unter<br />

anderem beim Aufbau <strong>und</strong> der Unterstützung<br />

ausländischer Security Forces<br />

unterstützen.<br />

Bei den kanadischen Streitkräften ist<br />

die Einbindung kultureller Erwägungen<br />

in die Planung <strong>und</strong> Durchführung von<br />

Einsätzen der übliche Modus Operandi.<br />

CCAC ist Teil vieler Leitfäden zu Führungs-<br />

<strong>und</strong> Einsatzgr<strong>und</strong>sätzen. Ein<br />

gutes Beispiel hierfür ist das Counter-<br />

Insurgency Operations Manual des<br />

Kanadischen Heeres, das eine “Cultural<br />

Information Relief in Place Template”<br />

enthält, die bei der Ablösung einer Einheit<br />

durch eine andere im Einsatzgebiet<br />

berücksichtigt werden soll. (Siehe hierzu:<br />

Counter Insurgency Operations”,<br />

B-GL-323-004/FP-003, CAN Chief of Land<br />

Staff, 13. Dezember 2008)<br />

Die DRDC arbeitet zur Zeit am so genannten<br />

„Human Effects Advisors” (HEA)-<br />

Projekt, in dessen Rahmen Offiziere<br />

mit sozialwissenschaftlicher Vorbildung<br />

zur Versorgung ressortübergreifender<br />

Arbeitsgruppen (“Whole-of-Government<br />

Teams”) mit soziokulturellen Informationen<br />

in besonders gefährdeten Gebieten<br />

herangezogen werden. Das Hauptaugenmerk<br />

liegt bei diesem Projekt auf<br />

Methoden <strong>und</strong> Prozessen zur Informationsgewinnung<br />

<strong>und</strong> auf der Festlegung<br />

der für die Ausbildung eines HEA erforderlichen<br />

Lerninhalte <strong>und</strong> Methoden.<br />

Frankreich nutzt kulturelles <strong>Bewusstsein</strong><br />

als Synergieelement <strong>und</strong> als Beitrag zur<br />

Effiziensteigerung von Einsätzen.<br />

HHK 2/2012


Multinational Interoperability Council<br />

NATO-EU-OSZE-VN<br />

Das australische “Operational Handbook<br />

– working amongst different<br />

cultures” bietet einen guten Überblick<br />

über CCAC-bezogene Themen <strong>und</strong> Strategien,<br />

die bei Einsätzen berücksichtigt<br />

werden sollten. (Siehe hierzu: Operational<br />

Handbook – Working amongst<br />

different cultures”, Australian Army<br />

Adaptive Warfare Branch, Hauptquartier,<br />

1. Division, 2011)<br />

Die B<strong>und</strong>eswehr setzt Interkulturelle<br />

Einsatzberater (IntkulEinsBer) ein, deren<br />

Aufgabe darin besteht, militärische<br />

Führer bezüglich Kommunikation <strong>und</strong><br />

Interaktion mit Einheimischen zu beraten,<br />

lokale, ethnische, religiöse, politische<br />

<strong>und</strong> soziokulturelle Strukturen<br />

zu erkennen <strong>und</strong> zu analysieren, Kontakt<br />

zu einheimischen Multiplikatoren<br />

zu pflegen <strong>und</strong> die Einheiten bei zusätzlichen<br />

Ausbildungsmaßnahmen im<br />

Einsatz zu unterstützen. Diese Experten<br />

sind nicht nur an den Einsätzen selbst<br />

beteiligt, sondern sie spielen auch eine<br />

wesentliche Rolle im Planungsprozess<br />

<strong>und</strong> während der Vorbereitungs- <strong>und</strong><br />

Ausbildungsphase eines Einsatzes. Sie<br />

sind in ein Netzwerk akademischer<br />

Experten für <strong>interkulturelle</strong> Belange<br />

eingeb<strong>und</strong>en, das sich derzeit noch im<br />

Entwicklungsstadium befindet. (Siehe<br />

hierzu: BMVg StvGenInspBw <strong>und</strong> Insp<br />

SKB, “Konzept zur Wahrnehmung der<br />

Interkulturellen Einsatzberatung in der<br />

B<strong>und</strong>eswehr“, 24. Juli 2009)<br />

Zusammenfassung<br />

Die von den einzelnen MIC-Staaten<br />

angewandten Vorgehensweisen (Best<br />

Practices) bei kultureller Ausbildung,<br />

Planung <strong>und</strong> in Einsätzen unterscheiden<br />

sich in Teilen voneinander, weisen aber<br />

auch einige vielversprechende Gemeinsamkeiten<br />

auf. Dies ist angesichts der<br />

jeweils unterschiedlichen kulturellen<br />

Hintergründe der sieben Nationen auch<br />

zu erwarten.<br />

Das australische “Operational Handbook<br />

– Working Amongst Different<br />

Cultures” ist das einzige Konzept, das<br />

Kulturunterschiede innerhalb einer<br />

Koalition <strong>und</strong> auch bei Kooperationen<br />

mit weiteren Partnern (Nichtregierungsorganisationen,<br />

Regierungsorganisationen)<br />

thematisiert. Die Konzepte aller<br />

anderen Staaten beziehen sich auf<br />

Unterschiede zu anderen Kulturen,<br />

wobei die Aufmerksamkeit hauptsächlich<br />

auf Unterschiede zu afghanischen<br />

Kulturen gerichtet ist.<br />

Innerhalb einer Koalition dürfen die<br />

kulturellen Unterschiede zwischen den<br />

Koalitionspartnern nicht unberücksichtigt<br />

gelassen werden. Je mehr die<br />

Koalitionspartner miteinander üben <strong>und</strong><br />

trainieren, desto weniger ist „interne“<br />

kulturelle Vorbereitung auf Einsätze notwendig.<br />

Umgekehrt müssen Koalitionspartner,<br />

die nicht gemeinsam üben <strong>und</strong><br />

trainieren, während des Koalitionseinsatzes<br />

einen größeren Teil ihrer Zeit<br />

darauf verwenden, die Verständigung <strong>und</strong><br />

den Umgang miteinander zu erlernen,<br />

während diese Zeit mit der Durchführung<br />

des eigentlichen Einsatzes sinnvoller<br />

genutzt werden könnte.<br />

In den meisten MIC-Staaten sind die<br />

Ressourcen für die Ausbildung von<br />

weltweit ausgebildeten Kulturexperten<br />

nicht vorhanden, weshalb man sich<br />

überwiegend auf aktuelle Einsätze konzentriert.<br />

Während die USA dank ihrer<br />

regionalen Combatant Commands Fachwissen<br />

<strong>und</strong> Expertise aufbauen können,<br />

sind die entsprechenden Kenntnisse in<br />

Frankreich <strong>und</strong> dem Vereinigten Königreich<br />

eher historisch gewachsen. Ein<br />

Rückgriff auf Experten ausserhalb der<br />

militärischen Organisationen wird daher<br />

vermehrt der Fall sein, vor allem in<br />

Kanada, Deutschland, Italien <strong>und</strong> auch<br />

in Australien.<br />

Ist nun ein Experte aus Nation A in der<br />

Lage, dem Entscheidungsträger aus<br />

Nation B beratend zur Seite zu stehen? Verstehen<br />

sie einander über die Kenntnis<br />

AFCEA FACHAUSSTELLUNG<br />

9–10 MAI STAND Z15<br />

SAAB – ein vertrauensvoller <strong>und</strong><br />

langjähriger Kooperationspartner<br />

der B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> der deutschen<br />

Verteidigungsindustrie.<br />

DIE ZUKUNFT<br />

SCHON HEUTE<br />

UNSERE HIGHLIGHTS 2012:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

saab.deutschland@saabgroup.com


NATO-EU-OSZE-VN<br />

Multinational Interoperability Council<br />

einer gemeinsamen Sprache hinaus?<br />

Höchstwahrscheinlich nur bis zu einem<br />

gewissen Grad, da die eigene Kultur zu<br />

schwer wiegt <strong>und</strong> das <strong>Bewusstsein</strong> dafür<br />

auch nicht gegen ein anderes ausgetauscht<br />

werden kann.<br />

Wenn man die in den einzelnen MIC-<br />

Staaten bewährten Vorgehensweisen<br />

bei Bildung, Erziehung, Planung <strong>und</strong><br />

Einsätzen zusammenführt, ergeben sich<br />

folgende gemeinsame Strategien als<br />

MIC-Richtlinien für CCAC bei militärischen<br />

Einsätzen. (Siehe hierzu: siehe auch<br />

“Operational Handbook – Working<br />

amongst different cultures”, Australian<br />

Army Adaptive Warfare Branch, Hauptquartier,<br />

1. Division, 2011)<br />

Gemeinsame Strategien als<br />

MIC-Richtlinien für CCAC bei<br />

militärischen Einsätzen<br />

– Streitkräfte vorbereiten.<br />

Soldatinnen <strong>und</strong> Soldaten in <strong>interkulturelle</strong>n<br />

Aspekten des Einsatzes<br />

theoretisch <strong>und</strong> praktisch ausbilden.<br />

– Anforderungen erkennen <strong>und</strong> auf<br />

kulturelle Unterschiede vorbereiten.<br />

Das Thema Kultur zum Teil des Einsatzes<br />

machen.<br />

– Den Kontext von Auftrag <strong>und</strong> Ziel der<br />

Gesamtoperation verdeutlichen.<br />

Es geht nicht allein darum, einen Feind<br />

zu besiegen, sondern darum, einen<br />

Einsatz erfolgreich durchzuführen.<br />

– CCAC in die Planungsphase von Einsätzen<br />

integrieren.<br />

<strong>Bewusstsein</strong> für <strong>interkulturelle</strong><br />

Aspekte schaffen, die die Planung<br />

des Einsatzes beeinflussen.<br />

– Spezielle Kommunikationsstrategien<br />

entwickeln.<br />

Kommunikation mit allen Akteuren<br />

<strong>und</strong> auf allen Ebenen ist von äußerster<br />

Wichtigkeit.<br />

– Spezielle Strategien zur Zusammenarbeit<br />

mit Partnern entwickeln.<br />

Kulturelle Unterschiede zwischen<br />

Partnern oder innerhalb einer Koalition<br />

treten immer auf.<br />

– Spezielle Strategien zur Zusammenarbeit<br />

mit Nichtregierungsorganisationen<br />

entwickeln.<br />

Auch wenn sie im eigenen Land<br />

ansässig sind, haben diese Organisationen<br />

ihre eigene spezifische Organisationskultur.<br />

– Zusätzliche, an die optimalen Vorgehensweisen<br />

angelehnte CCAC-<br />

Gr<strong>und</strong>sätze anwenden.<br />

– Die einheimische Kultur <strong>und</strong> Politik<br />

verstehen <strong>und</strong> unbeabsichtigte<br />

nachteilige Konsequenzen von<br />

Projekten im Gefechtsraum vermeiden.<br />

– Auf den Prozess genauso viel Wert<br />

wie auf das Ergebnis legen. Es geht<br />

auch darum, wie Soldaten etwas<br />

tun, nicht nur darum, was sie tun.<br />

– Gute Regierungsführung <strong>und</strong> Beziehungen<br />

zwischen Staat <strong>und</strong><br />

Gesellschaft erleichtern.<br />

– Freiheit <strong>und</strong> Fortschritt sowie umfassende<br />

Sicherheit der einheimischen<br />

Bevölkerung über den<br />

Versuch stellen, „Herzen <strong>und</strong><br />

Köpfe“ mit Entwicklungshilfe zu<br />

gewinnen.<br />

– Personal mit Einsatzerfahrung einsetzen,<br />

das gut auf den kulturellen<br />

Kontext im Einsatzgebiet vorbereitet<br />

ist.<br />

CCAC ist bisher noch nicht in die militärischen<br />

(<strong>und</strong> ressortübergreifenden) Entscheidungsprozesse<br />

aller MIC-Nationen<br />

integriert. Daher ist die Entwicklung<br />

von Strategien für den Umgang mit<br />

kulturellen Unterschieden im Einsatzgebiet<br />

mit allen Akteuren, in allen<br />

Phasen des Einsatzes <strong>und</strong> auf allen<br />

Ebenen zwingend notwendig, um in<br />

Zukunft erfolgreich gemeinsame Einsätze<br />

bewältigen zu können.<br />

Autor:<br />

Oberstleutnant i.G. Carsten Knorr,<br />

BMVg Fü S VI 2,<br />

Multinational Interoperability Council,<br />

CD&E Working Group<br />

Grafiken:<br />

CCAC<br />

QUELLEN<br />

– BMVg StvGenInspBw <strong>und</strong> Insp SKB, “Konzept zur<br />

Wahrnehmung der Interkulturellen Einsatzberatung<br />

in der B<strong>und</strong>eswehr“, 24. Juli 2009<br />

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Platoon: A Strategy for Peace Enforcement”<br />

USMC 1996, see http://www.au.af.mil/au/awc/<br />

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smallwars.quantico.usmc.mil/search/Papers/<br />

brewington.pdf<br />

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B-GL-323-004/FP-003, CAN Chief of Land Staff,<br />

13 December 2008<br />

– Davis, Karen (Editor) “Cultural Intelligence and<br />

Leadership: An Introduction for Canadian Forces<br />

Leaders “, CandianDefenceAcademy Press, 2009<br />

– Fact Sheet on the Combined Action Force, III<br />

Marine Amphibious Force, 31 March 1970<br />

– Go, William, Major USMC, “The Marine Corps‘<br />

Combined Action Program and Modern Peace<br />

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1997, from http://www.globalsecurity.org/<br />

military/library/report/1997/Go.htm (22 July 2011)<br />

– Healey, Edward J. Jr., Major USMC, “Cultural<br />

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Marine Corps: A Prescription for Success in the<br />

Long War”, 2008 thesis for the Master of<br />

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Command and General Staff College<br />

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(22 July 2011)<br />

– Martin, Mercedes & Vaughn, Billy, „Strategic<br />

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2007, DTUI Publications Division, San Francisco<br />

– MNE 6 Framework Concept “Integrated<br />

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– MNE 6, Obj 4.3 “Guidelines for Commanders &<br />

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– Operational Handbook “Working amongst<br />

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AndBusiness/HeadOfTheArmyMeetsHelmands-<br />

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and Doctrine), January 2009; see also UK Joint<br />

Doctrine Publication 04 “Understanding”,<br />

Assistant Chief of the Defence Staff<br />

(Development, Concepts and Doctrine),<br />

December 2010<br />

– U.S. Department of Defense, Directive Number<br />

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Officer (FAO) Programs, 28 April 2005<br />

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May 2011<br />

– U.S. House of Representatives, Committee<br />

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in the Military: Bridging the Gap”,<br />

December 2010<br />

– ZInFüBw, „Interkulturelle <strong>Kompetenz</strong><br />

in der B<strong>und</strong>eswehr: Handreichung für<br />

Multiplikatoren“, 2009/2010<br />

18<br />

HHK 2/2012

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