Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag
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374 Personalforschung an Hochschulen (ZfP 4/99) Ramona Schawilye Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität Mannheim Anlass für die Untersuchung1 war die Verabschiedung des „Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“. Mit diesem Gesetz, das seit August 1994 in Kraft ist, wollte man die Rechtsform der Aktiengesellschaft für mittelständische Unternehmen attraktiver machen. Zu diesem Zweck sieht es Erleichterungen vor, die speziell auf die Bedingungen personalistisch strukturierter Aktiengesellschaften mit überschaubarem Anteilseignerkreis zugeschnitten sind. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht eröffnen sich durch die neue Rechtslage gerade für mittelständische Unternehmen nicht nur neue Perspektiven bei der Beschaffung von Eigenkapital an bzw. außerhalb der Börse oder bei der Bewältigung des Generationenwechsels. Die Novellierung des Aktienrechts ebnet ihnen auch den Weg zu einer Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens in Form von Belegschaftsaktien. Dieser zuletzt genannte Gesichtspunkt ist in jüngerer Zeit unter anderem wegen der kontroversen Diskussion um das Shareholder Value-Konzept wieder stärker in den Blickfeld vieler Unternehmen gerückt. Vor diesem Hintergrund bestand die Zielsetzung der Arbeit darin, zu prüfen, inwieweit die Rechtsform der Aktiengesellschaft für mittelständische Unternehmen unter dem Aspekt einer Ausgabe von Belegschaftsaktien attraktiv erscheinen kann. Insbesondere galt es dabei typische Besonderheiten einer Ausgabe von Belegschaftsaktien in mittelständischen, nicht börsennotierten Unternehmen, d.h. die mittelstandsrelevante Facette einer Aktienbeteiligung herauszuarbeiten. Da vor allem die Softwarebranche offenkundig Interesse an der Aktiengesellschaft als Rechtsform und an den Möglichkeiten einer Mitarbeiterbeteiligung zeigt, stand sie im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Arbeit baut auf zwei Schwerpunkten auf. Erstens wurde untersucht, welche Ziele für eine Ausgabe von Belegschaftsaktien in mittelständischen Softwareunternehmen maßgeblich sind und ob diese tendenziell erreicht werden können. Personalpolitischen und finanzwirtschaftlichen Beteiligungsmotiven ist dabei besondere Beachtung gewidmet. In personalpolitischer Hinsicht werden Belegschaftsaktien in mittelständischen Softwareunternehmen vor allem zur Verbesserung der Identifikation der Begünstigten mit dem arbeitgebenden Unternehmen und seinen Zielen, ferner zur Förderung der Motivation, und schließlich zur Bindung betrieblicher Leistungsträger an das Unternehmen. Die potentiellen Auswirkungen einer Aktienbeteiligung auf das Verhalten der Begünstigten wurden auf der Grundlage der Erwartungs-Wert-Theorie von Long2 beschrieben. 1 2 Vgl. Schawilye, R., Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft: Analyse am Beispiel von Softwareunternehmen, Wiesbaden 1998. Vgl. Long, R.J., The Effects of Employee Ownership on Organisational Identification, Employee Job Attitudes, and Organisational Performance: A Tentative Framework an Empirical Findings, in: Human Relations, 31. Jg. (1978), Nr. 1, S. 29-48.
Personalforschung an Hochschulen (ZfP 4/99) 375 Dabei kann man feststellen, dass das Instrument der Belegschaftsaktie geeignet erscheint, diese Zielsetzungen zumindest teilweise zu erreichen. Insbesondere ist dabei zu erwarten, dass sich Motivationseffekte im Mittelstand und speziell in der Softwarebranche bei geeigneter Modellgestaltung tendenziell in höherem Ausmaß als in Großunternehmen einstellen. Angesichts der begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten im Mittelstand kann die Rechtsform der Aktiengesellschaft als Voraussetzung für eine Emission von Belegschaftsaktien in finanzwirtschaftlicher Hinsicht vor allem bei wachsenden mittelständischen Softwareunternehmen mit hohem Kapitalbedarf an Attraktivität gewinnen. Zweitens galt es zentrale Problemfelder bei der Gestaltung eines Beteiligungsmodells vor dem Hintergrund der Wesensmerkmale mittelständischer Aktiengesellschaften zu analysieren. Fokussiert wurden im einzelnen die Bemessung der Anteilshöhe der Mitarbeiteraktionäre am Grundkapital, die Auswahl der beteiligungsberechtigten Mitarbeiter und die Festlegung von Gattung und Wertpapiercharakter der Belegschaftsaktien. Aus den Ausführungen zu diesen Modellkomponenten lassen sich die folgenden zentralen Erkenntnisse ableiten. Mit der Festlegung des den begünstigten Mitarbeitern insgesamt angebotenen Anteils am Grundkapital der Gesellschaft wird die Gesamtheit der aktienrechtlichen Vermögensrechte und kapitalbezogenen Mitverwaltungsrechte zwischen der Gruppe der bisherigen Eigentümer eines beteiligungswilligen mittelständischen Unternehmens und jener der künftigen Belegschaftsaktionäre verteilt. Die Auswahl der zu beteiligenden Mitarbeiter ist in mittelständischen Softwaregesellschaften unter besonderer Beachtung von Akzeptanzgesichtspunkten zu treffen; der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung ist dabei nur begrenzt relevant. Eine Beteiligung der Mitarbeiter mit Stammaktien kann nach Maßgabe der gewährten Anteilshöhe und vorhandenen Beteiligungsverhältnisse zu einer gravierenden Einschränkung der Entscheidungsautonomie der bisherigen Eigentümer bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung führen. Mit der Möglichkeit einer Vinkulierung von Namensaktien bietet das Aktienrecht mittelständischen Unternehmen ein breitgefächertes und flexibles Instrumentarium, mit dessen Hilfe man eine unerwünschte Erweiterung des Anteilseignerkreises auch im Falle einer Mitarbeiterbeteiligung wirksam verhindern kann. Insgesamt betrachtet hat die Arbeit gezeigt, dass Belegschaftsaktien in mittelständischen Softwareunternehmen als Mittel zur Realisierung personalpolitischer Zielsetzungen, wie z.B. zur Erhöhung von Motivation, Identifikation und Integration der Mitarbeiter und zur Bindung betrieblicher Leistungsträger an das Unternehmen eingesetzt werden können. Eine Aktienbeteiligung der Mitarbeiter kann außerdem eine ökonomisch sinnvolle Alternative bei der Beschaffung von Eigenkapital im Wachstumsprozess darstellen. Beides setzt jedoch voraus, dass vielfältige mittelstandstypische Eigenarten bei der Konzeption eines Beteiligungsmodells berücksichtigt werden. Ein Bedarf an weiterführenden Forschungsarbeiten zur Aktienbeteiligung in mittelständischen Softwareunternehmen besteht insbesondere hinsichtlich weiterer Bausteine der Gestaltung eines Beteiligungsmodells. Beispielhaft sind hier die Ausgabetechnik der Belegschaftsaktien, die Bewertung dieser Anteile sowie die Errichtung einer innerbetrieblichen Mitarbeiterbörse anzuführen. Darüber hinaus gilt es zu untersuchen, inwieweit sich die Rahmenbedingungen anderer Wirtschaftszweige als der IT-Branche auf
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Ramona Schawilye<br />
Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft<br />
Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität M<strong>an</strong>nheim<br />
Anlass für die Untersuchung1 war die Verabschiedung des „Gesetzes für kleine<br />
Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“. Mit diesem Gesetz, das<br />
seit August 1994 in Kraft ist, wollte m<strong>an</strong> die Rechtsform der Aktiengesellschaft für mittelständische<br />
Unternehmen attraktiver machen. Zu diesem Zweck sieht es Erleichterungen<br />
vor, die speziell auf die Bedingungen personalistisch strukturierter Aktiengesellschaften<br />
mit überschaubarem Anteilseignerkreis zugeschnitten sind.<br />
In betriebswirtschaftlicher Hinsicht eröffnen sich durch die neue Rechtslage gerade<br />
für mittelständische Unternehmen nicht nur neue Perspektiven bei der Beschaffung von<br />
Eigenkapital <strong>an</strong> bzw. außerhalb der Börse oder bei der Bewältigung des Generationenwechsels.<br />
Die Novellierung des Aktienrechts ebnet ihnen auch den Weg zu einer Beteiligung<br />
der Mitarbeiter am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens in Form von Belegschaftsaktien.<br />
Dieser zuletzt gen<strong>an</strong>nte Gesichtspunkt ist in jüngerer Zeit unter <strong>an</strong>derem<br />
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stärker in den Blickfeld vieler Unternehmen gerückt.<br />
Vor diesem Hintergrund best<strong>an</strong>d die Zielsetzung der Arbeit darin, zu prüfen, inwieweit<br />
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mittelständischen, nicht börsennotierten Unternehmen, d.h. die mittelst<strong>an</strong>dsrelev<strong>an</strong>te<br />
Facette einer Aktienbeteiligung herauszuarbeiten. Da vor allem die Softwarebr<strong>an</strong>che offenkundig<br />
Interesse <strong>an</strong> der Aktiengesellschaft als Rechtsform und <strong>an</strong> den Möglichkeiten<br />
einer Mitarbeiterbeteiligung zeigt, st<strong>an</strong>d sie im Mittelpunkt der Betrachtung.<br />
Die Arbeit baut auf zwei Schwerpunkten auf. Erstens wurde untersucht, welche Ziele<br />
für eine Ausgabe von Belegschaftsaktien in mittelständischen Softwareunternehmen maßgeblich<br />
sind und ob diese tendenziell erreicht werden können. Personalpolitischen und fin<strong>an</strong>zwirtschaftlichen<br />
Beteiligungsmotiven ist dabei besondere Beachtung gewidmet.<br />
In personalpolitischer Hinsicht werden Belegschaftsaktien in mittelständischen<br />
Softwareunternehmen vor allem zur Verbesserung der Identifikation der Begünstigten<br />
mit dem arbeitgebenden Unternehmen und seinen Zielen, ferner zur Förderung der Motivation,<br />
und schließlich zur Bindung betrieblicher Leistungsträger <strong>an</strong> das Unternehmen.<br />
Die potentiellen Auswirkungen einer Aktienbeteiligung auf das Verhalten der Begünstigten<br />
wurden auf der Grundlage der Erwartungs-Wert-Theorie von Long2 beschrieben.<br />
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Vgl. Schawilye, R., Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft:<br />
Analyse am Beispiel von Softwareunternehmen, Wiesbaden 1998.<br />
Vgl. Long, R.J., The Effects of Employee Ownership on Org<strong>an</strong>isational Identification,<br />
Employee Job Attitudes, <strong>an</strong>d Org<strong>an</strong>isational Perform<strong>an</strong>ce: A Tentative Framework<br />
<strong>an</strong> Empirical Findings, in: Hum<strong>an</strong> Relations, 31. Jg. (1978), Nr. 1, S. 29-48.