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Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag

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334 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

alles ...“ – diese 1978 von Reber aufgestellte Diagnose ist immer noch gültig und zwar<br />

gleichermaßen für eine Personalökonomie als auch für eine sehr eng und selektiv geöffnete<br />

verhaltenswissenschaftliche Personalwirtschaftslehre.<br />

In Abgrenzung zu diesen Ansätzen und auch zu 'ökonomischen Theorien der Personalarbeit'<br />

wird für eine 'politische Theorie der Personalarbeit' – für eine Personal-<br />

Politik (im Gegensatz zur vorherrschenden Personalwirtschaftslehre) plädiert. In dieser<br />

sozialwissenschaftlichen (nicht verhaltenswissenschaftlichen!) Perspektive richtet sich<br />

der Fokus weniger auf Akteure (emphatischer: Menschen), deren Interessen und Machtquellen<br />

(z.B. Elšik 1993, Wächter 1990, 57), er richtet sich weniger auf identifizierbare<br />

Strategien von Individuen bzw. kollektiven Akteuren (z.B. auf M<strong>an</strong>agementstrategien<br />

wie in der Labour Process-Debatte), und er richt sich weniger auf die Rolle von spezifischen<br />

Institutionen (z.B. der Personalabteilung, Metz 1995). Es sind vielmehr soziale<br />

Praktiken, deren Effekte und Wirkungen, die in den Mittelpunkt einer personalpolitischen<br />

Perspektive rücken. In Bezug auf das 'personalwirtschaftliche Instrumentarium'<br />

(Auswahlverfahren, Zeiterfassungssysteme, Beurteilungssysteme, Arbeitsbewertungsverfahren<br />

usw.) geht es darum, die den Verfahren innewohnenden Zwecke und das<br />

durch sie verkörperte Wissen zu rekonstruieren. Es geht um unterschiedliche Interpretationen<br />

der Verfahren, um erk<strong>an</strong>nte und uneingest<strong>an</strong>dene H<strong>an</strong>dlungsbedingungen sowie<br />

um beabsichtigte und unbeabsichtigte Wirkungen, die Verfahren hervorbringen.<br />

Den Fokus auf konkrete soziale Praktiken zu legen, würde auch bedeuten, stärker<br />

<strong>an</strong> den 'Realitäten' (bewusst in der Mehrzahl) personalpolitischer Praxis <strong>an</strong>zusetzen, d.h.<br />

den empirischen Bezug der Personal-Politik auszubauen. Dabei müssten empirische Untersuchungen<br />

einen Blick haben für Disziplinierungsprozesse in Org<strong>an</strong>isationen, für die<br />

Konstituierung des Personals, für die Frage, wie einzelne Individuen und deren Tun,<br />

wie das Personal als (segmentierter) 'Gesamtkörper' hergestellt und modifiziert wird.<br />

Der Perspektive der Konstituierung des Personals wird <strong>an</strong>alytisch auf drei Ebenen<br />

nachgeg<strong>an</strong>gen: Erstens auf einer Makroebene der gesamtgesellschaftlichen (schizophrenen)<br />

Konstitutionsbedingungen: das Verhältnis von Org<strong>an</strong>isation und Individuum als<br />

vertragliche Beziehung, der Mensch als Ware, das Personal als ökonomische und herrschaftliche<br />

Kategorie, das Tr<strong>an</strong>sformationsproblem der Arbeit, der Zw<strong>an</strong>g zu systematischen<br />

Rationalitätsverweisen, die Abwertung individueller Motive. Zweitens auf einer<br />

Mesoebene der org<strong>an</strong>isationalen Konstitution: Dabei wird zwischen der Konstituierung<br />

des Personals durch das Personalwesen sowie der –arbeit und der Konstituierung des<br />

Personals als Objekt und Subjekt unterschieden. Die Vorstellung einer 'emergenten Personalstrategie'<br />

wird kurz <strong>an</strong>geschnitten. Und schließlich wird eine Mikroebene der strategischen<br />

Perspektive von Arbeitskräften thematisiert, in der vorerst die kompetente<br />

Arbeitskraft als Zynikerin erscheint. Sie verwirklicht in ihrer Fassadenarbeit das Ideal<br />

der Bedürfnislosigkeit bis zur Verachtung des Anst<strong>an</strong>des und verfolgt im Verborgenen<br />

ihre davon unberührten, 'wahren' Interessen.<br />

Allerdings: Arbeitskräfte täuschen die Verfolgung von Zwecken vor, die sie tatsächlich<br />

verfolgen, und verfolgen Zwecke, die sie tatsächlich vortäuschen. Personal<br />

lässt sich eben nicht als ged<strong>an</strong>kliche Einheit denken. Die Vorstellung des Personals als<br />

Neutrum ruft das Bild von eigensinnigen Menschen in Org<strong>an</strong>isationen hervor, die Vorstellung<br />

des Personals als Produktionsfaktor das Bild von Irrationalitäten, die Vorstel-

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