Christof Schulte, Axel Dycke - Rainer Hampp Verlag
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<strong>Christof</strong> <strong>Schulte</strong>, <strong>Axel</strong> <strong>Dycke</strong><br />
Mitarbeiterorientiertes Sozialleistungsmanagement<br />
Deskriptoren: Akzeptanz, Arbeitszeit, Beteiligung, Betriebsrat,<br />
Betriebsvereinbarung, Betriebsverfassungsgesetz, Entlohnung, Fallstudie,<br />
Flexibilität, Freizeit, Information, Jahresarbeitszeit,<br />
Lebensarbeitszeit, Lohnkosten, Lohnnebenkosten, Lohnstruktur,<br />
Mitarbeiter, Mitbestimmung, Motivation, Nutzen, Partizipation,<br />
Personaleinsatz, Personalentwicklung, Personalplanung, Personalpolitik,<br />
Sozialleistung, Unternehmenskultur, Urlaub, Wertorientierung,<br />
Wochenarbeitszeit, Ziele<br />
Aufgrund der veränderten Wertestruktur der Mitarbeiter und der ständig<br />
steigenden Personalkosten ergeben sich für das Personalmanagement<br />
Konsequenzen bezüglich der Gestaltung der betrieblichen Sozialleistungen.<br />
Hierbei setzt sich immer stärker die Erkenntnis durch, daß<br />
personalpolitische Maßnahmen strategische Investitionen darstellen. Mit<br />
dem Konzept des mitarbeiterorientierten Sozialleistungsmanagements wird<br />
im folgenden versucht, ein Instrumentarium darzustellen, mit dem diesen<br />
Entwicklungen Rechnung getragen werden kann.<br />
1. Problemstellung<br />
Eine Welle von mitarbeiterorientierten Führungskonzepten ist über die<br />
deutschen Unternehmen hinweggegangen. Sie hat sich deutlich im<br />
Selbstverständnis von Management und Mitarbeitern niedergeschlagen. Man<br />
schätzt Motivation und Verantwortungsbewußtsein als die wesentlichen<br />
Resultate der mitarbeiterorientierten Führung und versteht diese als<br />
Gewinn für alle Beteiligten. Nicht zuletzt handelte es sich um eine<br />
Reaktion auf geänderte gesellschaftliche Wertvorstellungen, um<br />
Verwirklichung von Partizipation und Selbstbestimmung auch im<br />
Unternehmen.<br />
Fast unberührt ließen hingegen solche Bestrebungen den Bereich der<br />
Entgeltregelungen. Selbst die individualleistungsbezogenen Elemente<br />
bleiben im traditionellen Rahmen, die freiwilligen Zusatzleistungen<br />
werden undifferenziert verteilt.<br />
Nun sperrt sich der genannte Bereich aber nicht gegen Neuerungen, weil<br />
dort nichts zu verbessern wäre. Die Klagen über hohe Personalnebenkosten<br />
gehen einher mit der um sich greifenden Erkenntnis, daß viele der<br />
Leistungen wenig geschätzt und noch mehr bei den Mitarbeitern völlig<br />
unbekannt sind. Bei dieser Problemlage bietet es sich geradezu an, in der<br />
Mitarbeit der Unternehmensangehörigen, bei Inanspruchnahme ihrer<br />
Eigenverantwortlichkeit nach Lösungsansätzen zu suchen.<br />
Diesen Gedanken greift das Cafeteria-Konzept auf, in dem die periodisch<br />
wiederkehrende Zusammenstellung von Sozialleistungen dem einzelnen<br />
Mitarbeiter nach seinen Bedürfnissen aus vorgegebenen Alternativen und<br />
bei festgelegtem Gesamtwert überlassen wird. Deshalb bildet die<br />
Darstellung von Gestaltungsmöglichkeiten solcher Systeme den Mittelpunkt<br />
des folgenden Aufsatzes. Andererseits bilden Cafeteria-Pläne nur einen<br />
Bestandteil eines viel umfassender zu verstehenden<br />
Sozialleistungsmanagements. Ohne die zielgerechte Einbindung in<br />
Informationsstrategien und ohne Ausrichtung auf ein übergeordnetes<br />
Personalentwicklungskonzept wäre auch hier nur halbe Arbeit geleistet.<br />
Beide Aspekte werden ausgehend von den Bedürfnissen bei der Implementierung<br />
von Cafeteria-Systemen angesprochen.
Der hier verwendete Begriff des Sozialleistungsmanagements ist<br />
seinerseits als Konkretisierung einer Teilaufgabe im Rahmen der<br />
"Schaffung und Ausschöpfung ertragreicher Potentiale (Becker 1987, S.<br />
31), also der Innovationsmanagements zu sehen.<br />
Es mag sein, daß die Praxis der kürzlich aufgelebten Diskussion um den<br />
Cafeteria-Gedanken Wirklichkeitsferne bescheinigt und skeptisch auf die<br />
engen gesetzlichen und tariflichen Vorgaben verweist. Diese theoretischen<br />
Überlegungen sollten jedoch als Anregungen aufgefaßt werden, auch in der<br />
Personalpolitik des Unternehmens eine langfristig angelegte Strategie zu<br />
verfolgen. Denn es ist nur eine langsame Einführung und der stufenweise<br />
Ausbau solcher Systeme denkbar, bei dem sukzessive neue Schwierigkeiten<br />
zu überwinden sind. Daß dies keine Unmöglichkeit ist, wollen wir mit drei<br />
kleinen bereits praktizierten Beispielen belegen, die wir unseren<br />
Überlegungen voranstellen.<br />
2. Ansätze in der Praxis<br />
2.1 Gewinnbeteiligung und Vorruhestand<br />
Die oben geschilderte Situation war genau die Ausgangslage, aus der<br />
heraus sich die Hewlett-Packard GmbH (HP) zu Innovationen im<br />
Sozialleistungsbereich gedrängt sah (vgl. Klein 1984). Eine Benefit-<br />
Analyse hatte ergeben, daß die Wahrnehmung der breiten Palette von<br />
Sozialleistungen sehr schwach ausgeprägt war. Am besten schnitt dabei<br />
noch der Pensionsplan des Unternehmens ab, der vorsah, daß sich<br />
Arbeitnehmer gegen regelmäßige Zahlungen eine Firmenpension ab dem 50.<br />
Lebensjahr sichern konnten. Gleichzeitig regte der Betriebsrat die<br />
Möglichkeit des Freizeitausgleichs anstelle von Überstundenvergütungen<br />
an. Der Trend zu mehr Freizeit, auch oder gerade im Austausch gegen<br />
Geldleistungen war offenkundig. Das neu entwickelte Konzept sieht deshalb<br />
vor, daß Arbeitnehmer, die sich für einen vorgezogenen Ruhestand<br />
entschieden haben, auf weitere angesparte Mittel in der Zeit bis zum<br />
Eintritt der gesetzlichen Rente zurückgreifen können. Damit wird die<br />
Möglichkeit einer verkürzten Lebensarbeitszeit in den meisten Fällen erst<br />
finanziell tragbar. Die Mittel, die das Unternehmen für diesen Zweck<br />
zurückstellt, stammen aus dem Verzicht auf Auszahlung der<br />
Gewinnbeteiligung oder von Teilen daraus.<br />
Die in diesem Konzept vorgesehenen Einschränkungen des berechtigten<br />
Personenkreises sowie die Verpflichtung der Mitarbeiter zu Folgebeiträgen<br />
ergeben sich aus dem Wesen dieser langfristig angelegten Sozialleistung.<br />
Einen zusätzlichen positiven Effekt wissen die Beteiligten zu schätzen.<br />
Er liegt in den positiven steuerlichen Konsequenzen: Das Unternehmen<br />
mindert sein Betriebsergebnis (entlastet gleichzeitig den Liquiditätsbedarf),<br />
der Mitarbeiter verlagert Einkommensteile aus den Zeiten seiner<br />
höchsten Progression in Zeiten mit geringerer Steuerbelastung, so daß<br />
sich zu der Verzinsung des Gewinnbeteiligungsguthabens eine Steuerersparnis<br />
ergibt. Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß erst nach<br />
längerer Diskussion mit der Finanzverwaltung und nach Erfüllung<br />
spezieller Gestaltungsnormen die entsprechende Rechtsauffassung des<br />
Unternehmens durchgesetzt werden konnte.<br />
2.2 Gewinnbeteiligung und Langzeiturlaub<br />
Rein rechnerisch könnte aus ca. 2 % seines Jahresgehaltes einem<br />
Angestellten eine zusätzliche Urlaubswoche finanziert werden. Wenn die<br />
bisher gewährte Gewinnbeteiligung eine solche Größenordnung erreicht,<br />
eröffnet sich die Möglichkeit, wenigstens Teile davon als Freizeit
"auszuzahlen". Amerikanischen, australischen und schwedischen Vorbildern<br />
folgend, machte 1984 die Hamburg Port Consulting GmbH (HPC) ihren rd. 100<br />
Mitarbeitern ein solches Angebot (vgl. o. V. 1984a). In einer<br />
Betriebsvereinbarung wurde festgehalten, daß von dem angesparten<br />
Zusatzurlaub zwischen 3 Monaten und einem Jahr bezahlter Langzeiturlaub<br />
genommen werden können. Da dieses "Sabbatical" zur Vertiefung vorhandener<br />
Interessen, zur Weiterbildung oder zur persönlichen Regeneration eine<br />
echte Ergänzung zum üblichen Erholungsurlaub bietet, kommt es Bedürfnissen<br />
entgegen, die mit der bisherigen monetären Bonusregelung in keiner<br />
Weise befriedigt werden konnten. Mit dieser Intention wurde auch<br />
vereinbart, daß während der Urlaubszeit keiner anderen Erwerbstätigkeit<br />
nachgegangen werden darf.<br />
Als unmittelbarer positiver Effekt für das Unternehmen resultiert der<br />
allgemeine Vorteil aus Rückstellungen, die in diesem Fall entsprechend<br />
der Urlaubszusage für Löhne und Lohnnebenkosten vorgenommen werden. Dazu<br />
kommt die erhöhte personelle Flexibilität, wenn Auslastungsschwankungen<br />
auf diese, für die Mitarbeiter vorteilhaftere Art abgefangen werden<br />
können. Damit den betrieblichen Notwendigkeiten jederzeit Rechnung<br />
getragen wird, sieht die Regelung vor, daß der Langzeiturlaub<br />
grundsätzlich nur in Abstimmung mit der Geschäftsleitung genommen werden<br />
kann. Dennoch kommen neue Anforderungen auf die Personaleinsatzplanung<br />
und Personalentwicklung zu, wenn Mitarbeiter längere Zeit abwesend sind.<br />
Hierin liegt eine Chance, ausgehend von einem Stellvertreter-System die<br />
innerbetriebliche Kommunikation sowie die Verzahnung von Bereichen und<br />
Funktionen zu fördern. Die gesamte Belegschaft ist so auf ein höheres<br />
Qualifikationsniveau zu stellen.<br />
2.3 Jahresurlaub und Vorruhestand<br />
In fast jedem Unternehmen sehen sich leitende Angestellte der Situation<br />
gegenüber, daß sie ihren Jahresurlaub nicht voll ausschöpfen können. Sich<br />
diese Ansprüche abgelten zu lassen ist oft nicht attraktiver als auf sie<br />
zu verzichten. Deshalb eröffnet die Dresdner Bank AG diesem Personenkreis<br />
seit 1983 eine informelle Vorruhestands-Möglichkeit (vgl. Dresdner Bank<br />
AG 1983). Teile des Jahresurlaubs, die ab dem 40. Lebensjahr in ein<br />
Urlaubsguthaben eingebracht werden, kann der Mitarbeiter vor seiner<br />
Pensionierung ohne Minderung der Ruhestandsbezüge in bezahlten Langzeiturlaub<br />
umwandeln. Zusätzlich kann vorher schon alle fünf Jahre (bis zu 30<br />
Tage) oder bei Positionswechsel auf dieses Guthaben zurückgegriffen<br />
werden.<br />
Insgesamt stellen diese Bestimmungen die betrieblichen Belange in den<br />
Vordergrund, geben dem einzelnen Mitarbeiter aber neue Freiräume und<br />
ermöglichen ohne Belastung des Unternehmens zusätzliche Nutzung des<br />
gegebenen Personalbudgets. Ein weiteres typisches Element von Cafeteria-<br />
Konzepten erscheint ebenfalls in diesen Richtlinien der Dresdner Bank:<br />
Der Arbeitgeber hält einen Mindesturlaub von 20 Tagen jährlich zur<br />
Erholung für unbedingt notwendig und nimmt deshalb diesen Teil von der<br />
freien Disposition der Mitarbeiter aus.<br />
3. Ziele des mitarbeiterbezogenen Sozialleistungsmanagements<br />
Als Oberziel kann hier das allgemeine Ziel der unternehmerischen<br />
Personalpolitik, also der bedarfsgerechte Personaleinsatz bei größtmöglicher<br />
Produktivität genannt werden. Daran orientiert werden Maßnahmen<br />
der Arbeitszeit, Entlohnung, Ausbildung und Personalbeschaffung<br />
ergriffen, um auf Qualifikation, Motivation, Zufriedenheit, Verfügbarkeit<br />
der Mitarbeiter einzuwirken. Mitarbeiterbezogenes Sozialleistungsmanagement<br />
geht dabei zunächst von einem Teilbereich der Entgelte aus und
versucht durch Einbeziehung der anderen Aspekte zu einer Neuorientierung<br />
der Personalpolitik zu gelangen.<br />
Dieser Ansatzpunkt bedarf einer Rechtfertigung, da die Spielräume auf<br />
diesem Gebiet tatsächlich recht eng scheinen. Nicht zu verkennen ist<br />
allerdings das Motivationspotential sowie der beträchtliche Umfang, den<br />
die Personalzusatzleistungen erreichen (vgl. Wagner 1986, S. 17).<br />
Es kommt darin jedenfalls die Bemühung zum Ausdruck, mit<br />
personalwirtschaftlichen Instrumenten eine "Fusion von ökonomischem und<br />
sozialem Handeln (Bleicher 1985, S. 21) zu erreichen.<br />
Der neue Blickwinkel, unter dem die Beispiele zuvor schon beleuchtet<br />
wurden, mündet in zwei Grundsätze, die als Ziele folgendermaßen lauten:<br />
1. Durch die Aufnahme neuer und die mengenmäßige Umstrukturierung<br />
bestehender Sozialleistungen sollen dem Unternehmen keine zusätzlichen<br />
Kosten entstehen.<br />
2. Art und Struktur der Sozialleistungen sollen an den individuellen<br />
Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgerichtet sein.<br />
Zum ersten Punkt ist anzumerken, daß hindurch freilich keine Konstanz des<br />
Leistungsumfanges gefordert wird. Die Möglichkeit, das<br />
Sozialleistungspaket wertmäßig durch Hinzunahme von Gehaltserhöhungen,<br />
Boni oder Freizeitregelungen auszuweiten bleibt ausdrücklich offen.<br />
Wesentlich verbessert werden dagegen die Steuerungsmöglichkeiten was die<br />
Gesamtsumme angeht. Die Zusage einer Sozialleistung führt nicht<br />
zwangsläufig zu einer Kostensteigerung, wenn ihr Preis steigt.<br />
Das zweite Ziel beinhaltet die beiden Aspekte der Mitarbeiterorientierung<br />
und der Flexibilität gleichermaßen. So wie mit geänderten gesellschaftlichen<br />
Wertvorstellungen Ansprüche an eine Beteiligung bei der<br />
Gestaltung des Entgelts steigen, so können - dies machte das erste<br />
Beispiel deutlich - sich ebenso die Bedürfnisse inhaltlich ändern.<br />
Die Arten der von Mitarbeitern geschätzten Leistungen haben sich im Zuge<br />
einer Orientierungspluralität vervielfacht. Wenn die Motivationstheorien<br />
vom Grundsatz des "je mehr Geld desto besser" abrücken mußten und<br />
persönliche Ziele wie Bildung, Sicherheit, Gesundheit und Freizeit in den<br />
Vordergrund gerückt haben, so wird sich dies auf längere Sicht in den<br />
Entgeltstrukturen widerspiegeln. Innerhalb von Anreizsystemen ergibt sich<br />
so die Möglichkeit zur "Feinsteuerung" (Bleicher 1985, S. 24).<br />
Als Aufgabe des Sozialleistungsmanagements ergibt sich daraus, im<br />
betrieblichen Rahmen darauf einzuwirken, daß größere Anteile an den<br />
Entgelten zum Nutzen des einzelnen Mitarbeiters nach dessen freier<br />
Disposition im Unternehmen verwendet werden können.<br />
Neben dieser allgemeinen Offenheit dem gesellschaftlichen Wandel<br />
gegenüber, bietet das neue Verfahren aber insbesondere dem Mitarbeiter<br />
die Möglichkeit, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Lebensumstände<br />
und Präferenzen ein individuelles Sozialleistungspaket zeitlich<br />
wechselnd zusammenzustellen.<br />
In der Kombination der beiden Grundsätze erhofft man sich den Vorteil,<br />
daß die Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes erhöht wird, weil der<br />
individuelle Nutzen der erhaltenen Sozialleistungen verbessert wird.
Was die Anreizwirkungen der hier vorgeschlagenen Elemente eines<br />
strategischen Personalmanagements angeht, bleibt man auf Spekulationen<br />
angewiesen. Die Spezialliteratur zu diesem Thema enthält jedoch vielfache<br />
Hinweise darauf, daß innovationsoffenes Verhalten dadurch angeregt werden<br />
kann (Becker 1987, S. 47, 49), und schlägt eine Kombination flexibler<br />
Entgeltpraktiken mit Entwicklungsanreizen zu höherer Motivation vor.<br />
Bleicher (1985, S. 23) erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich den<br />
Cafeteria-Ansatz.<br />
Daneben können weitere Effekte erzielt werden, die bei der Gestaltung und<br />
Einführung eines Cafeteria-Systems ebenfalls berücksichtigt werden<br />
sollten. Zum einen wird durch die laufenden Auswahlentscheidungen der<br />
Mitarbeiter die Transparenz im betrieblichen Sozialwesen erhöht,<br />
Leistungen werden wahrgenommen die zuvor fast unbemerkt "hingenommen"<br />
wurden. Dies kann im Sinne der Stärkung einer Unternehmenskultur die<br />
Bindung an das Unternehmen und die Position am Arbeitsmarkt verbessern.<br />
Einen anderen Anreiz bieten ökonomische Vorteile, die in einer Verbesserung<br />
der Nettolohnposition bei gleichbleibendem Bruttolohn, also in der<br />
Nutzung von Steuervorteilen bestehen. Im übrigen wiesen die Beispiele<br />
bereits auf die Steuer- und Finanzierungseffekte beim Unternehmen hin.<br />
4. Gestaltungsparameter<br />
4.1 Leistungselemente<br />
Gegenstand der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über<br />
den Austausch von Leistungen im Rahmen eines flexiblen Sozialleistungsmanagements<br />
können insbesondere sein (vgl. Wagner 1986,<br />
S. 18f.):<br />
- die wöchentliche, jährliche und/oder Lebensarbeitszeit,<br />
- der Zeitpunkt von Lohn- und Gehaltszahlungen,<br />
- das Verhältnis zwischen Bar- und Zusatzleistungen,<br />
- Kompensationen von Gehaltszuwächsen durch Einmalzahlungen,<br />
- Sach- und Dienstleistungen (wie z. B. Werkswohnungen, Sparmöglichkeiten,<br />
Leasingsautos) sowie<br />
- Maßnahmen der Vermögensbildung (Kapital- bzw. Gewinnbeteiligung)<br />
Problematisch erscheinen alle Formen, die eine Barzahlung als Alternative<br />
im Leistungspaket vorsehen, da seitens der Finanzverwaltungen die<br />
Entscheidung gegen einen bestimmten Barbetrag als "Kauf" der<br />
eingetauschten Vorteile angesehen wird und sie deshalb zur<br />
Einkommensteuer herangezogen werden. Gehaltseinbußen der Mitarbeiter und<br />
Einschränkungen bzw. Kostenerhöhungen der Sozialleistung wären ansonsten<br />
die Folge. Hierbei treten allerdings zwei Ausnahmen auf. Zum einen kann<br />
es gerade aus steuerlichen Überlegungen heraus günstig sein,<br />
Gehaltszahlungen oder Teile davon zeitlich zu verschieben. Dies ist vor<br />
allem für Mitarbeiter interessant, die momentan einer hohen Steuerbelastung<br />
unterliegen, in späteren Jahren aber niedrigere Einkünfte und<br />
damit eine niedrigere Steuerlast erwarten. Für das Unternehmen ergibt<br />
sich eine Möglichkeit zur Selbstfinanzierung, da Rückstellungen gebildet<br />
werden können. Die zweite Ausnahme betrifft Mitarbeitergruppen mit hoher<br />
Grenzbesteuerung. Durch geeignete Leistungswahl (z. B. durch die<br />
steuerlich pauschale Anrechnung eines auch privat genutzten Firmenwagens)<br />
können sogar steuerliche Vorteile erzielt werden (vgl. Jäger 1983, S.<br />
168).<br />
Durch das Angebot von im Vergleich zu den Wettbewerbern besonderen Sachund<br />
Dienstleistungen an die Mitarbeiter können diese stärker an das<br />
Unternehmen gebunden werden. Derartige Leistungen, die heute in der Regel<br />
einheitlich für alle anspruchsberechtigten Mitarbeiter zur Verfügung
gestellt werden, beziehen sich beispielsweise auf Maßnahmen der<br />
Gesundheitsvorsorge und die Nutzung von Sport- und sonstigen<br />
Gemeinschaftseinrichtungen. Grenzen der freien Disposition durch die<br />
Mitarbeiter können hierbei aus sachlichen Gründen und dem Wesen einiger<br />
Sozialleistungen resultieren (vgl. o. V. 1984b). Werden beispielsweise<br />
für gewerbliche Arbeitnehmer mit besonderen physischen Belastungen<br />
laufende Untersuchungen und Kuren als freiwillige betriebliche<br />
Sozialleistungen angeboten, so eignen sich diese nicht zur Schaffung von<br />
Wahlmöglichkeiten. Auch Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen stellen<br />
unerläßliche Maßnahmen zur Personalentwicklung dar.<br />
Werden Einrichtungen zur Wahl gestellt, die für den Arbeitgeber mit hohen<br />
Fixkostenbelastungen verbunden sind (vgl. Jäger 1983, S. 168), wie z. B.<br />
Tennisplätze, kann dies bei zu geringer Auslastung zu einem<br />
unwirtschaftlichen Ressourceneinsatz führen. Dies stellt kein Argument<br />
gegen die Wahlmöglichkeiten dar, sondern ist ein Indikator dafür, daß die<br />
damit verbundenen Aufwendungen bislang für wenig geschätzte Angebote<br />
entstanden. Es wäre deshalb zu überlegen, fixkostenintensive Leistungen<br />
ohne hinreichende Nachfrage extern zu beschaffen.<br />
4.2 Ausmaß der Wahlfreiheit<br />
Um die Attraktivität und damit die Motivationswirkungen eines flexiblen<br />
Sozialleistungsmanagements möglichst groß zu gestalten, schiene es auf<br />
den ersten Blick wünschenswert zu sein, ein möglichst großes Maß an<br />
Wahlfreiheit für die Mitarbeiter zu implementieren. Dies würde bedeuten,<br />
daß diese im vorgegebenen Rahmen und unter Einhaltung von<br />
Tauschrelationen beliebig aus den freiwilligen betrieblichen Sozialleistungen<br />
wählen könnten. Dem steht entgegen, daß einige Leistungen der<br />
Verwirklichung bestimmter betrieblicher Ziele dienen und deshalb seitens<br />
der Unternehmensleitung als unverzichtbar angesehen werden. In diesen<br />
Fällen bietet es sich an, ein Kernpaket zu bilden, über das hinaus der<br />
Mitarbeiter weitere Vergünstigungen frei wählen kann (vgl. Seltz/Gifford<br />
1983, S. 16, 26). Falls bei den "Pflichtleistungen" eine Differenzierung<br />
nach verschiedenen Mitarbeitergruppen erforderlich wird (z. B. bei<br />
arbeitsplatzbezogener Gesundheitsvorsorge zwischen gewerblichen<br />
Arbeitnehmern und Angestellten im Verwaltungsbereich) können<br />
gruppenspezifische Kernpakete geschaffen werden, um so noch gezielter auf<br />
persönliche Interessen und spezielle Anforderungen des Unternehmens<br />
einzugehen.<br />
Die schwächste Form der Wahlfreiheit ist in der Bildung von Standardpaketen<br />
zu sehen. Der Verwaltungsaufwand reduziert sich auf ein<br />
Minimum, da die Anzahl der Alternativen relativ gering ist und das<br />
Problem der Verrechnungsmodus exante gelöst wurde. Für die Mitarbeiter<br />
ergibt sich hierbei zwar eine niedrige Entscheidungsunsicherheit<br />
bezüglich der neuen Situation, kritisch ist jedoch anzumerken, daß ein<br />
derartiges System langfristig kaum als Verbesserung des Ausgangszustands<br />
angesehen werden kann. Um einen hohen Zielerreichungsgrad bei der<br />
Umsetzung des Cafeteria-Systems zu gewährleisten, ist deshalb darauf zu<br />
achten, daß Leistungskombinationen gebildet werden, die als echte<br />
Alternative angesehen werden, und daß mit den gefundenen Kombinationen<br />
jeweils möglichst hohe Nutzeneinschätzungen verbunden sind.<br />
4.3 Zeitliche Aspekte<br />
Zeitliche Aspekte im Rahmen des mitarbeiterorientierten Sozialleistungsmanagements<br />
betreffen zum einen die Häufigkeit der Festlegung durch<br />
den Mitarbeiter und zum anderen die Übertragbarkeit von Leistungen auf<br />
spätere Perioden (<strong>Dycke</strong>/<strong>Schulte</strong> 1986, S. 582).
Wie bereits betont wurde, soll durch die persönliche Auswahl der<br />
Sozialleistungen ein effizienter Mitteleinsatz im betrieblichen Sozialwesen<br />
sowie ein den Nutzenvorstellungen der Mitarbeiter adäquates Angebot<br />
zur Verfügung gestellt werden. Bedürfnisse und Präferenzen jedes<br />
einzelnen sind jedoch einen permanenten Wandel unterworfen, der unter<br />
anderem stark von der jeweiligen Lebensphase beeinflußt wird. Von daher<br />
ist es erforderlich, den Mitarbeitern die Möglichkeit einer periodischen<br />
Revision einzuräumen. Hinzu kommt, daß der Sozialleistungsumfang bei<br />
regelmäßig zu treffenden Wahlentscheidungen besser verdeutlicht werden<br />
kann. Schließlich besteht in der Regel auch seitens des Unternehmens die<br />
Notwendigkeit, die Austauschrelationen veränderten Kostenverhältnissen<br />
anzupassen und den Umfang des Sozialbudgets mit den sich wandelnden<br />
lohnpolitischen Gegebenheiten abzustimmen.<br />
Diese Überlegungen schließen nicht aus, daß der Mitarbeiter sich für<br />
einzelne Leistungen längerfristig entscheiden muß. Dies gilt beispielsweise<br />
für Ansprüche auf Ruhestandsgelder und Vorruhestandszeiten oder<br />
Versicherungsverträge und Sparpläne, denen regelmäßig eine Bindung über<br />
längere Zeiträume zugrundeliegt.<br />
Auch beim zweiten zeitlichen Gestaltungsparameter, der Periodenfixierung,<br />
können sich Einschränkungen der Alternativen aus dem Wesen der zur<br />
Auswahl stehenden Sozialleistungen ergeben. Es stellt sich zudem die<br />
Frage, ob alle Bezüge - außer den obligatorischen - übertragbar sein<br />
sollen, was in den meisten Fällen sicherlich die Attraktivität erhöht.<br />
Insbesondere in Verbindung mit Punktelösungen können hier interessante<br />
Erweiterungen für die Mitarbeiter geschaffen werden. Dagegen abzuwägen<br />
ist der deutlich höhere Verwaltungsaufwand. Bei intensiver Nutzung<br />
zeitlich übertragbarer Ansprüche wird die Einrichtung von<br />
Sozialleistungskonten notwendig.<br />
4.4 Verrechungssystem<br />
Bei der Festlegung des Verrechungsmodus sollte vermieden werden, daß<br />
durch die Gestaltung des Cafeteria-Systems steuerliche Nachteile<br />
ausgelöst werden. Die Verwendung von Verrechnungspreisen ist deshalb mit<br />
Vorbehalten zu betrachten, da hier ein Kauf von Leistungen angedeutet<br />
wird, während in Wirklichkeit lediglich die Austauschrelationen<br />
festgelegt werden. Zudem herrscht in der umfangreichen Literatur zum<br />
Thema "Verrechungspreise" keine Einigkeit darüber, wie diese in der<br />
Praxis sinnvoll festzulegen sind. Im vorliegenden Fall scheint es<br />
sinnvoll, die Lösung in Verhandlungen herbeizuführen.<br />
Akzeptanz und Erfolg eines flexiblen Entgeltsystems werden wesentlich<br />
durch die Verständlichkeit und Überschaubarkeit für die Mitarbeiter<br />
geprägt. Verrechnungspreise die auf Kosten basieren, weisen hierbei als<br />
Vorteile auf, daß sie einerseits durch die Geldnähe die gewohnheitsmäßig<br />
an Geldgrößen orientierte Wahlentscheidung erleichtern, andererseits aber<br />
auch das Ziel erreicht wird, ein Bewußtsein für die Lohnnebenkosten zu<br />
bilden. Bei einer großen Anzahl von Wahlmöglichkeiten und sich ändernden<br />
Kosten sind Preislösungen flexibel zu handhaben.<br />
Darüberhinaus wird immer dann, wenn Entgeltansprüche zeitlich<br />
transferiert werden, ein Rechnen in Geldeinheiten unverzichtbar, um die<br />
Klarheit der vertraglichen Ansprüche zu gewährleisten. Dementsprechend<br />
sind in diesen Systemen die Austauschrelationen durch die Verzinsung<br />
auszudrücken. Die Fragestellung erübrigt sich ebenso bei<br />
Wahlmöglichkeiten, die als Alternativen Barzahlungen vorsehen. Grundsätzlich<br />
besteht in allen Fällen zeitlicher Übertragbarkeit ein
Verzinsungsbedarf, die Vernächlässigung dieser Zinsen bei Sach- und<br />
Dienstleistungen erscheint aber angesichts des höheren Verwaltungsaufwandes<br />
und der Vorteile der Übertragung bzw. Kumulation für den<br />
Mitarbeiter vertretbar.<br />
Wird vom Mitarbeiter das ihm zustehende Budget in einer Periode nicht<br />
ausgeschöpft, so stellt sich die Frage nach der Verwendung der Restsumme.<br />
Läßt man zur Auswahl aus Sach-/Dienstleisungen und Freizeit die<br />
Möglichkeit zu, sich Restsummen auszahlen zu lassen oder Zusatzbedarfe<br />
gegebenenfalls durch eine Ausgleichszahlung zu dekken, so ist damit<br />
implizit eine Barzahlung als weitere Alternative angeboten. Wird eine<br />
Zuzahlung zugelassen, muß diese sicherlich nach oben begrenzt werden.<br />
Eine sinnvolle Begrenzung ist darin zu sehen, daß nur zur Ergänzung<br />
benötigte Punkte/Beträge auf diese Weise erworben werden können und nicht<br />
völlig neue Leistungen. Sobald eine periodische Übertragbarkeit gegeben<br />
ist, entschärft sich das Problem ohnehin, da dann von den Mitarbeitern<br />
eine persönliche Planung erwartet werden kann und auf das Ansparen von<br />
Punkten zu verweisen ist.<br />
Die Möglichkeit, den Verwaltungsaufwand bei periodenfixierten Nebenvergütungen<br />
etwas zu senken, bietet der Ansatz, eine automatische<br />
Weitergabe von nicht in Anspruch genommenen Beträgen, z. B. an Sparpläne<br />
und Vermögensbeteiligung oder bei kleineren Summen in der Form von<br />
Sachzuwendungen, vorzusehen.<br />
5. Einbindung in die Personalpolitik<br />
5.1 Projektorganisation<br />
Die Entscheidung, das Konzept des mitarbeiterorientieren Sozialleistungsmanagements<br />
im Unternehmen umzusetzen, impliziert gleichzeitig eine<br />
Reihe neuer Anforderungen im Personalwesen.<br />
Auf die reichhaltige Literatur zu innovationsfördernder<br />
Organisationsgestaltung kann in diesem Zusammenhang zurückgegriffen<br />
werden (z.B. Becker 1987, S. 53ff.). Die nachfolgenden Ausführungen<br />
können als Umsetzungsbeispiel solcher Vorschläge gelten (vgl.<br />
detaillierter <strong>Dycke</strong>/Schule 1986, S. 586ff.).<br />
Zweckmäßigerweise wird die Unternehmensleitung bei Ersteinführung einen<br />
Projektauftrag formulieren, den Projektleiter ernennen und ein<br />
Anfangsbudget zur Verfügung stellen. Zur Verkürzung der Entscheidungswege<br />
und Verdeutlichung ihrer Unterstützung, empfiehlt sich eine direkte<br />
Unterstellung unter die Geschäftsleitung. Ausschlaggebend für die<br />
Zusammenstellung des Projektteams sind die zur Einführung<br />
durchzuführenden Aufgaben, die beispielsweise umfassen<br />
- die Durchführung und Auswertung von Befragungen zur Analyse und<br />
Prognose der Mitarbeiterpräferenzen,<br />
- die steuerliche und rechtliche Gestaltung des Systems,<br />
- die Kalkulation der Sozialbudgets und dessen Verteilung auf die<br />
einzelnen Mitarbeiter<br />
- die Ausarbeitung des Wahlverfahrens in Form von Formblättern oder<br />
"Scheckheften"<br />
- die Durchführung von Informationsveranstaltungen und individuelle<br />
Beratung der Mitarbeiter sowie die Erstellung von Informationsschriften<br />
und<br />
- die Erstellung von Software.
Darüberhinaus gilt es gegebenenfalls Verhandlungen mit Dienstleistungsunternehmen,<br />
wie z. B. Versicherungsunternehmen, zu führen, um mit<br />
diesen geeignete Angebote auszuarbeiten.<br />
Damit aus der hierarchischen Hervorhebung der Projektgruppe möglichst<br />
kein Widerstand der übrigen Organisationsmitglieder entsteht, könnte ein<br />
Verbindungsausschuß eingerichtet werden, dessen Aufgabe es sein könnte,<br />
alle Interessengruppen regelmäßig über den Projektfortschritt zu<br />
unterrichten und vor wichtigen Entscheidungen zu hören. Es sind deshalb<br />
Vertreter aller Bereiche bzw. Abteilungen, Vertreter der Angestellten und<br />
der gewerblichen Arbeitsnehmer bzw. des Betriebsrats und der Gruppen mit<br />
besonderen Arbeitsbedingungen hinzuzuziehen. Wichtig ist diese Gruppe<br />
sowohl fachlich für die organisatorisch angemessene Gestaltung des<br />
Cafeteria-Systems als auch unter dem Aspekt der Akzeptanzsicherung bei<br />
Durchführenden und Nutznießern. Nach Beendigung der Projektphase könnte<br />
dieser Ausschuß eventuell beibehalten werden, um eine periodische<br />
Überprüfung des Systems vorzunehmen.<br />
Ein weiterer Bereich, der eine Neuorientierung der Personalpolitik<br />
erfordert, ergibt sich dann, wenn im Rahmen des mitarbeiterorientierten<br />
Sozialleistungsmanagements flexible Arbeitszeit- und Urlaubsmöglichkeiten<br />
angeboten werden. In diesem Fall werden nämlich die Konsequenzen<br />
mangelhafter betrieblicher Kommunikations- und Vertretungsstrukturen<br />
transparent. Es ist zu prüfen, inwieweit durch eine Erhöhung der<br />
Mitarbeiterqualifikation sowie durch den Abbau zu großer Arbeitsteilung<br />
ein umfassendes Stellvertretersystem aufgebaut werden kann.<br />
5.2 Informationsstrategie<br />
Der Arbeitgeber schafft mit der Einführung eines Cafeteria-Systems einen<br />
erheblichen Informationsbedarf in der Belegschaft. Dieser reicht von der<br />
detallierten Darstellung der Ausgangssituation über eine allgemeine<br />
Erklärung von Zweck und Inhalt des neuen Verfahrens bis hin zur<br />
anschaulichen und einfachen Unterrichtung über die Auswahlmöglichkeiten.<br />
Widerstände sollen so vermieden werden, die sich aus der Angst vor<br />
Einschränkung vorhandener Leistungen und aus der Unübersichtlichkeit und<br />
Neuartigkeit der Wahlentscheidung ergeben könnten. Zur Unterstützung sind<br />
Broschüren mit Beispielrechnungen sicher auch in der Durchführungsphase<br />
nützliche Informationen. Die genannten Aktivitäten müssen jeweils<br />
rechtzeitig erfolgen, damit nicht die Einführung des erklärtermaßen<br />
mitarbeiterorientieren Systems als autoritäre Maßnahme aufgefaßt wird.<br />
Nur so kann das Vertrauen der Arbeitnehmer gewonnen und die Möglichkeit<br />
zur Erörterung von Problemen und Fragen eingeräumt werden.<br />
In diesem Zusammenhang spielt die Unterrichtung des Betriebsrats eine<br />
wichtige Rolle. Das Mitbestimmungsrecht bei Form, Ausgestaltung und<br />
Verwaltung von Sozialeinrichtungen des Unternehmens ( 87 Abs. 1, Nr. 9<br />
BetrVerfG) und in generellen Fragen der Lohngestaltung ( 87 Abs., 1 Nr.<br />
10 BetrVerfG) bildet den formellen Anknüpfungspunkt für eine<br />
Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Dieser bietet sich aber sowohl in der<br />
Einführungsphase als auch bei der Weiterentwicklung des<br />
Sozialleistungssystems als Dialogpartner für den Arbeitgeber an (vgl.<br />
Sadowski, 1984, S. 587). Nicht zuletzt bildet auch die<br />
Betriebsvereinbarung das geeignete Instrument zur rechtlichen Absicherung<br />
aller Beteiligten.<br />
Die Auseinandersetzung mit Einwänden, Anregungen und Wünschen der<br />
Belegschaft dient einerseits der Akzeptanzsicherung und Informationsweitergabe,<br />
ist aber andererseits wichtiger Bestandteil der Infor-
mationsgewinnung. Ebenso wird als wichtige Station vor Einführung eines<br />
neuen Verfahrens und zu einer turnusmäßigen Überprüfung das Instrument<br />
der Mitarbeiterbefragung empfohlen. Die Attraktivität des vorhandenen<br />
Angebots, die Wertschätzung für potentielle Leistungen und die Akzeptanz<br />
des bestehenden Systems sind die Kernfragen, die hiermit beantwortet<br />
werden sollen. Je nach Größe des Unternehmens muß sich die Befragung auf<br />
eine repräsentative Stichprobe beschränken.<br />
Werden gleichzeitig die Personendaten abgefragt, so geben Cluster-<br />
Analysen Hinweise auf die mögliche Bildung von Kernpaketen oder<br />
Standardpaketen. Daneben kann die gewonnene Datenbasis zur Prognose der<br />
Inanspruchnahme von Leistungen dienen.<br />
5.3 Ausbaustufen mitarbeiterorientierter Sozialleistungssysteme<br />
Zuvor wurde schon mehrfach angedeutet, daß eine Verwirklichung und<br />
Weiterentwicklung von Cafeteria-Systemen nur in kleinen Schritten denkbar<br />
sind. Ebenso wie die Mitarbeiter für eine Nutzung der neuen Freiräume<br />
erst gewonnen werden müssen, können rechtliche institutionelle und<br />
organisatorische Gegebenheiten nur stufenweise den neuen Anforderungen<br />
angepaßt werden. Die aktiv gestaltende Personalpolitik sollte ihre<br />
heutigen Maßnahmen mit Perspektive auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten<br />
ergreifen. In 5 Phasen lassen sich verschiedene Ausbaustufen<br />
unterscheiden, die von der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und -<br />
entgelte (vgl. Landesregierung von Baden-Württenberg 1983, S. 186 - 182)<br />
bis hin zu einem "flexible human resources system" reichen (vgl. Zippo<br />
1982, S. 57 - 58):<br />
(1) Beteiligung an der Arbeitsgestaltung mit Flexibilisierung der<br />
Arbeitszeit (Gleitzeit, Freizeitausgleich, Urlaubsakkumulation).<br />
(2) Flexible Gestaltung der Arbeitsentgelte, verstärkter Einfluß auf die<br />
Höhe des Lohns/Gehalts wird eingeräumt (erfolgsorientierte Bestandsteile,<br />
Kapitalbeteiligung).<br />
(3) Mitbestimmung und Flexibilisierung der organisatorischen und<br />
materiellen Arbeitsbedingungen (Ausstattung, Ablauf).<br />
(4) Selbständige Auswahl zwischen Bargehalt und einigen Sozialleistungsangeboten<br />
unter Einbeziehung der Arbeitszeit/Lebensarbeitszeit.<br />
(5) Einbeziehung von Qualifikationsalternativen, Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
und Aufstiegschancen in die Auswahlentscheidungen.<br />
Mit dieser letzen Stufe ist eine Lücke geschlossen, die zwischen<br />
mitarbeiterorientierten Führungskonzepten und Personalpolitik noch häufig<br />
klafft. Die Personalentwicklung wird dadurch selbst Bestandteil der<br />
eigenverantwortlichen Auswahl des Mitarbeiters, der dann seinen<br />
Fähigkeiten angemessen, Bedürfnisse und Wünsche auf diesem wichtigen<br />
Gebiet noch unmittelbarer artikulieren kann. Freilich sind damit weitere<br />
Probleme bei der Koordination und Durchführung solcher Systeme verbunden.<br />
Jedem einzelnen Mitarbeiter wird damit ein strategisches Verhalten in<br />
eigener Sache ermöglicht, das ein insgesamt längerfristiges Denken und<br />
unternehmensbezogenes Entscheidungsverhalten in die Organisation<br />
hineinträgt. Für die Entwicklung eines mitarbeiterorientierten<br />
Sozialleistungsmanagements und ihre Einbindung in ein strategisches<br />
Personalmanagement ergeben sich zusammenfassend zwei Anforderungen. Zum<br />
einen müssen die Personalressourcen als strategisches Potential erkannt<br />
und berücksichtigt werden, und zum anderen muß das<br />
Sozialleistungsmanagement zu einem integralen Bestandteil der<br />
Personalstrategie werden.<br />
6. Literatur
BECKER, Fred G. (87): Innovationsfördernde Anreizsysteme. Ein<br />
konzeptioneller Beitrag zu einem Innovationsmanagement. In: Zeitschrift<br />
für Personalforschung, 1, S. 29 - 60<br />
BLEICHER, Knut (85): Zur strategischen Ausgestaltung von Anreizsystemen<br />
für die Führungsgruppe in Unternehmungen. In: Zeitschrift für<br />
Organisation, 54, S. 21 - 27<br />
DRESDNER BANK AG (Hrsg.) (83): Richtlinien für die Umwandlung von<br />
Jahresurlaubsansprüchen in Langzeiturlaub für leitende Angestellte,<br />
Frankfurt 1983.<br />
DYCKE, <strong>Axel</strong>; SCHULTE, <strong>Christof</strong> (86): Cafeteria-Systeme. Ziele,<br />
Gestaltungsformen, Beispiele und Aspekte der Implementierung. In: Die<br />
Betriebswirtschaft, 46, S. 577 - 589<br />
JÄGER, Wolfgang (83): Das "Cafeteria-Verfahren". In: Fortschrittliche<br />
Betriebsführung und Industrial Engineering, Bd. 32, S. 167 - 169.<br />
KLEIN, Roland (84): Der lange Weg zur frühen Rente. In: Manager Magazin,<br />
14, Heft-Nr. 9, S. 146 - 151.<br />
LANDESREGIERUNG VON BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg.) (83): Zukunftsperspektiven<br />
gesellschaftlicher Entwicklung, Stuttgart 1983.<br />
O. V. (84a): Wie aus Tantiemen ein "Sabbatjahr" wird. In: Süddeutsche<br />
Zeitung, Nr. 265 vom 15.11.1984, S. 28.<br />
O. V. (84b): Zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von freiwilligen<br />
Sozialleistungen. In: Handelsblatt, Nr. 221 vom 20.11.1984, S. 6.<br />
SADOWSKI, Dieter (84): Der Handel mit Sozialleistungen - Zur Ökonomie und<br />
Organisation der betrieblichen Sozialpolitik. In: Die Betriebswirtschaft,<br />
Bd. 44, S. 579 - 590.<br />
SELTZ, Christine; Gifford, Dale L. (83): Flexible Compensation - A<br />
Forward Look, AMA Management Briefing, New York 1983.<br />
WAGNER, Dieter (86): Möglichkeiten und Grenzen des Cafeteria-Ansatzes in<br />
der Bundesrepublik. In: BFuP, 38, S. 16 - 27.<br />
ZIPPO, Mary (82): Flexible Benefits: Just the Beginning. In: Personnel,<br />
Vol. 59, S. 56 - 58.