06.01.2014 Aufrufe

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Entscheidend bei den Vorgängen der Selbst-Beobachtung des Systems<br />

"Unternehmen" und des Systems "Subjekt" ist die Rolle der Sprache<br />

(Symbolisierung, Semantik). Durch sie wird Wirklichkeit konstituiert und<br />

bearbeitbar.<br />

Wirklichkeitskonstruktion läßt sich bezeichnen als "ausgrenzende<br />

Stabilisierung": Handeln kann man nur, wenn man nicht alles weiß und<br />

berücksichtigt, sich nicht für "alle Möglichkeiten" offenhält. Zum<br />

Handeln benötigt man Verfestigung, Strukturen, Ausblenden von Alternativen,<br />

Reduktion von Kontingenz und Komplexität. Die Verfestigung birgt<br />

den Keim ihrer Selbstzerstörung durch Erstarrung. Deshalb muß der Prozeß<br />

der Stabilisierung in Schach gehalten werden durch einen Prozeß der<br />

Flexibilisierung, der bestehende Routinen mit Alternativen konfrontiert<br />

und das Bestehende durch anderes ersetzt. Allerdings darf die Aufweichung<br />

der "harten S" nicht beliebig und beliebig lange vollzogen werden, weil<br />

sonst kollektives soziales Handeln (das Struktur voraussetzt, weil an es<br />

angeschlossen werden muß) nicht mehr möglich ist. Damit sind auch die<br />

Grenzen genannt, die der subjektiven Selbsterfahrung und<br />

Selbstverwirklichung in Organisationen gesetzt werden, Grenzen, die nicht<br />

unüberschreitbar sind, deren Passage aber Klugheit, Mut und<br />

Unsicherheitstoleranz voraussetzt.<br />

Aus dieser Perspektive ergibt sich:<br />

Personalwesen ist nicht durch Sorge um den Menschen gekennzeichnet.<br />

Personalwesen hat einen "kalten Blick": es geht ihm uns Generelle,<br />

Allgemeingültige, Abstrakte, Neutrale. Das Personalwesen von dieser<br />

"Sachlichkeit" auf "Menschlichkeit" (Liebe, Wärme, Vertrauen ... )<br />

umzustellen, bedeutete, es als Institution aufzulösen.<br />

Andererseits ist intersubjektive Personalarbeit durchaus in der Lage,<br />

andere Codes der Handlungsverkettung zu nutzen. Die Errichtung<br />

privilegierter Beziehung zwischen zwei Mitarbeitern oder einer<br />

Führungskraft und einem Mitarbeiter kann sich gründen auf Freundschaft,<br />

Vertrauen etc. Aber dies nur auf dem Hinter- und Untergrund des Geld-<br />

Codes. Würde über die privilegierte Beziehung hinaus die<br />

Allgemeingültigkeit des Freundschafts-Codes eingeklagt, würde das Prinzip<br />

scheitern. Dies läßt sich demonstrieren, wenn man sich personalwirtschaftliche<br />

Problemlösungen daraufhin näher ansieht, z.B.<br />

Personalabbau, Lohnsysteme, Beförderungspolitik usw. Beispiel: Was wären<br />

die Konsequenzen, wenn für Personalabbau prinzipiell und vorrangig nicht<br />

Kostensenkung und/oder ökonomischer Nutzen, sondern soziale Rücksichten<br />

oder soziale Beziehungen ("Vetterles-Wirtschaft") ausschlaggebend wären?<br />

Um einen Kommentar, der ursprünglich auf irreführende Werbung gemünzt<br />

war, durch Ersetzen des Wortes "täuschen" mit "lieben" umzuformulieren:<br />

Man kann einige Menschen immer lieben und alle Menschen manchmal lieben,<br />

aber nicht alle Menschen immer lieben. Liebe ist eine privilegierte<br />

Beziehung, die definitionsgemäß nicht generalisiert werden kann.<br />

Daher ist "menschliche Beziehung" besonderer Ausnahmefall und nicht Regel<br />

und Routine. Ein ökonomisch fundiertes Sozialsystem könnte damit nicht<br />

stabilisiert werden. Dies läßt sich leicht zeigen, wenn die "Liebes-<br />

Logik" zu Ende gedacht und oder generalisiert würde. Sie schlägt um in<br />

eine Lüge, die ablenken soll von dem zugrundeliegenden<br />

Steuerungsmechanismus Geld (andere Auffassungen dazu äußern Binder 1989,<br />

Rieckmann 1989, 1990). Betriebe expandieren und schließen, weil sie<br />

finanziellen (Miß-)Erfolg haben und nicht, weil der Arbeitgeber die Leute<br />

liebt oder haßt. Den menschenfreundlichen Unternehmer erwartet - das hat<br />

schon Marx festgestellt - die Strafe des Untergangs. Arbeitgeber oder<br />

ihre Beauftragten handeln kapitalorientiert nicht aus Bösartigkeit oder

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!