Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag
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Entscheidend bei den Vorgängen der Selbst-Beobachtung des Systems<br />
"Unternehmen" und des Systems "Subjekt" ist die Rolle der Sprache<br />
(Symbolisierung, Semantik). Durch sie wird Wirklichkeit konstituiert und<br />
bearbeitbar.<br />
Wirklichkeitskonstruktion läßt sich bezeichnen als "ausgrenzende<br />
Stabilisierung": Handeln kann man nur, wenn man nicht alles weiß und<br />
berücksichtigt, sich nicht für "alle Möglichkeiten" offenhält. Zum<br />
Handeln benötigt man Verfestigung, Strukturen, Ausblenden von Alternativen,<br />
Reduktion von Kontingenz und Komplexität. Die Verfestigung birgt<br />
den Keim ihrer Selbstzerstörung durch Erstarrung. Deshalb muß der Prozeß<br />
der Stabilisierung in Schach gehalten werden durch einen Prozeß der<br />
Flexibilisierung, der bestehende Routinen mit Alternativen konfrontiert<br />
und das Bestehende durch anderes ersetzt. Allerdings darf die Aufweichung<br />
der "harten S" nicht beliebig und beliebig lange vollzogen werden, weil<br />
sonst kollektives soziales Handeln (das Struktur voraussetzt, weil an es<br />
angeschlossen werden muß) nicht mehr möglich ist. Damit sind auch die<br />
Grenzen genannt, die der subjektiven Selbsterfahrung und<br />
Selbstverwirklichung in Organisationen gesetzt werden, Grenzen, die nicht<br />
unüberschreitbar sind, deren Passage aber Klugheit, Mut und<br />
Unsicherheitstoleranz voraussetzt.<br />
Aus dieser Perspektive ergibt sich:<br />
Personalwesen ist nicht durch Sorge um den Menschen gekennzeichnet.<br />
Personalwesen hat einen "kalten Blick": es geht ihm uns Generelle,<br />
Allgemeingültige, Abstrakte, Neutrale. Das Personalwesen von dieser<br />
"Sachlichkeit" auf "Menschlichkeit" (Liebe, Wärme, Vertrauen ... )<br />
umzustellen, bedeutete, es als Institution aufzulösen.<br />
Andererseits ist intersubjektive Personalarbeit durchaus in der Lage,<br />
andere Codes der Handlungsverkettung zu nutzen. Die Errichtung<br />
privilegierter Beziehung zwischen zwei Mitarbeitern oder einer<br />
Führungskraft und einem Mitarbeiter kann sich gründen auf Freundschaft,<br />
Vertrauen etc. Aber dies nur auf dem Hinter- und Untergrund des Geld-<br />
Codes. Würde über die privilegierte Beziehung hinaus die<br />
Allgemeingültigkeit des Freundschafts-Codes eingeklagt, würde das Prinzip<br />
scheitern. Dies läßt sich demonstrieren, wenn man sich personalwirtschaftliche<br />
Problemlösungen daraufhin näher ansieht, z.B.<br />
Personalabbau, Lohnsysteme, Beförderungspolitik usw. Beispiel: Was wären<br />
die Konsequenzen, wenn für Personalabbau prinzipiell und vorrangig nicht<br />
Kostensenkung und/oder ökonomischer Nutzen, sondern soziale Rücksichten<br />
oder soziale Beziehungen ("Vetterles-Wirtschaft") ausschlaggebend wären?<br />
Um einen Kommentar, der ursprünglich auf irreführende Werbung gemünzt<br />
war, durch Ersetzen des Wortes "täuschen" mit "lieben" umzuformulieren:<br />
Man kann einige Menschen immer lieben und alle Menschen manchmal lieben,<br />
aber nicht alle Menschen immer lieben. Liebe ist eine privilegierte<br />
Beziehung, die definitionsgemäß nicht generalisiert werden kann.<br />
Daher ist "menschliche Beziehung" besonderer Ausnahmefall und nicht Regel<br />
und Routine. Ein ökonomisch fundiertes Sozialsystem könnte damit nicht<br />
stabilisiert werden. Dies läßt sich leicht zeigen, wenn die "Liebes-<br />
Logik" zu Ende gedacht und oder generalisiert würde. Sie schlägt um in<br />
eine Lüge, die ablenken soll von dem zugrundeliegenden<br />
Steuerungsmechanismus Geld (andere Auffassungen dazu äußern Binder 1989,<br />
Rieckmann 1989, 1990). Betriebe expandieren und schließen, weil sie<br />
finanziellen (Miß-)Erfolg haben und nicht, weil der Arbeitgeber die Leute<br />
liebt oder haßt. Den menschenfreundlichen Unternehmer erwartet - das hat<br />
schon Marx festgestellt - die Strafe des Untergangs. Arbeitgeber oder<br />
ihre Beauftragten handeln kapitalorientiert nicht aus Bösartigkeit oder