06.01.2014 Aufrufe

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

Oswald Neuberger - Rainer Hampp Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

wird). Vielleicht steht in einem anderen Sinn der Mensch im Mittelpunkt,<br />

weil er wichtige Bezugsgröße für Alternativrechnungen ist: Wenn andere<br />

Faktorkombinationen günstiger, sicherer, billiger, effizienter sind, dann<br />

wird der unbequeme, sperrige, eigensinnige Faktor Mensch sukzessiv ersetzt<br />

werden (wobei natürlich die Vorteile dieses Faktors genauso in<br />

Rechnung zu stellen sind: seine Elastizität, Flexibilität, Lernfähigkeit,<br />

Kreativität usw.).<br />

Das (reflexive, empfindungsfähige, bewußtseinsfähige) Subjekt kann die<br />

Unternehmung imaginieren, symbolisieren, phantasieren als<br />

gegenüberstehende "Ganzheit". Das selbstreferentielle Subjekt kann sich<br />

in seinen systembezogenen Leistungen irritiert fühlen durch Umwelt-<br />

Einflüsse (hier: Vorgänge im System Unternehmen) oder durch<br />

interpersonelle Beziehungsstörungen, fehlenden Konsens usw. In der<br />

Selbsterfahrung können Erfahrungen wie Angst, Freude, Leid, Entfremdung,<br />

Trauer seinen Zustand charakterisieren und als "Störung" oder<br />

"Bereicherung" erfahren werden. Werden diese Erfahrungen external<br />

attribuiert, also der Umwelt (hier: dem Unternehmen zugeschrieben), dann<br />

kann diese Problem-Definition (!) oder Attribution problemlösende<br />

Aktionen des Subjekts begründen (z.B. Fehlzeiten, Identifikation,<br />

Leistungsrestriktion, Motivationsschub, Rückzug ...). Diese Subjekt-<br />

Aktionen sind Gegenstand der Selbstbeobachtung und -beschreibung des<br />

Systems Unternehmung und werden - beim Überschreiten von Toleranzgrenzen<br />

- "erfaßt" und beantwortet (sei es durch "Personalwesen" oder<br />

"Personalarbeit").<br />

Dem steht nun als ein "nicht-kolonialisierter Rest" jener Bereich der<br />

Persönlichkeit gegenüber, der sich widerspenstig gegen<br />

Vereinnahmungsversuche zeigt. Menschen haben ein unveräußerliches Recht<br />

auf Eigen-Art, Eigen-Wert und Eigen-Sinn, das sie auch fortwährend<br />

wahrnehmen. Die Elemente, aus denen sich Subjektivität bildet und die sie<br />

formt, sind Gedanken, Gefühle, Erlebnisse, Erfahrungen, Empfindungen,<br />

Phantasien, Handlungsimpulse, Pläne usw. Jeder Mensch hat seinen eigenen<br />

Stil, zu denken, zu spüren und zu handeln und diese Besonderheit macht<br />

sich trotz und neben aller vereinheitlichenden Reglementierung und<br />

sozialer Vereinbarung geltend, zumindest als ein Anspruch, der<br />

systemischen und intersubjektiven Integrationsversuchen ebenso sehr<br />

Widerstand leistet wie er sie - gerade deshalb - herausfordert.<br />

Stünde tatäschlich "der Mensch" im Mittelpunkt, dann müßte sich für jeden<br />

einzelnen Mitarbeiter unter anderem das folgende feststellen lassen: Er<br />

hat einen interessanten, sicheren, gutbezahlten, gesunden usw.<br />

Arbeitsplatz! Wenn alles Bemühen um den Mitarbeiter kreiste, müßte sich<br />

das auch im unternehmerischen Ziel- und Controlling-System widerspiegeln;<br />

die Erreichung oder Verfehlung "menschlicher" Ziele müßte<br />

operationalisiert, dokumentiert, mit Konsequenzen verbunden, einklagbar<br />

sein. Davon sind wir weit entfernt, weil finanzwirtschaftliche Ziel- und<br />

Meßgrößen ganz eindeutig im Vordergrund stehen. Insofern ist die beliebte<br />

Formulierung "Der Mensch steht im Mittelpunkt" entweder eine Verbrämungsund<br />

Beschwichtigungsformel oder ein unerreichbares Ziel - eine jener<br />

Utopien, die die betrieblichen Pragmatiker, stolz auf ihren sogenannten<br />

Realismus, immer so abschätzig kommentieren.<br />

Jedenfalls re-agieren sowohl Subjekt wie Unternehmen auf je spezifisch<br />

diagnostizierte "Probleme" mit Aktionen, die die Probleme beseitigen<br />

sollen. Das Ergebnis wird wiederum beobachtet und führt bei Erfolg zur<br />

Stabilisierung des Prozesses und seiner Wiederanwendung, bei Mißerfolg<br />

zur erneuten Suche nach einer erfolgreicheren Strategie.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!