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Günter F. Müller, Friedhelm Nachreiner - Rainer Hampp Verlag

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Verfahren, z.B. standardisierten Arbeits- oder Anforderungsanalysen<br />

(Frieling, 1975) zu kombinieren.<br />

Da für Einzelnutzenmessungen operationale Kriterien aufgestellt werden<br />

müssen, können Bewerbungsunterlagen relativ zeitökonomisch gesichtet und<br />

objektiv ausgewertet werden. Computereinsatz vermag hier ein übriges zu<br />

tun, um die Verfahrenseffizienz zu steigern. Sind normierte<br />

Merkmalsgewichte erst einmal gespeichert, lassen sich<br />

Einzelnutzenmessungen sofort zu Gesamtnutzenwerten verrechnen. Ist<br />

zusätzlich das Entscheidungskriterium eingespeichert, kann der Rechner<br />

auch weitere Arbeiten abnehmen wie z.B., den Kreis einzuladender<br />

Bewerber(innen) zusammenzustellen.<br />

Vorteilhaft ist zudem, daß das Verfahren eine weitgehend faire Behandlung<br />

von Bewerbungen sicherstellt. Es erschwert ungerichtete und willkürliche<br />

Auswertungen von Unterlagen und minimiert Einflüsse von Wahrnehmungs- und<br />

Beurteilungsfehlern. Dies befreit die Prozedur nicht von dem ihr<br />

inhärenten Aussonderungscharakter, es ist jedoch gewährleistet, daß<br />

Entscheidungen für oder gegen eine Aufnahme in die Endauswahl<br />

objektivierbar und inhaltlich begründet sind. Individuelle Nutzenprofile<br />

können sogar dazu verwendet werden, den abgelehnten Bewerber(inne)n in<br />

ökonomisch vertretbarer Weise ein für sie auch informatives<br />

Entscheidungsfeedback zukommen zu lassen.<br />

5.2 Schwächen<br />

Eine Schwäche der multi-attributiven Nutzentechnik ist es, daß sie mit<br />

Expertenwissen arbeitet, dessen Vorhersagegültigkeit selbst jedoch<br />

empirisch nicht kontrolliert. Edwards (1986) selbst betrachtet dies als<br />

Defizit und als Aufgabe für weitere Verfahrensentwicklungen. Die Qualität<br />

der Entscheidungsanalyse hängt demnach von Problem(an)sichten eines<br />

begrenzten Kreises von Fachleuten ab, deren Wissen nicht gleichzeitig<br />

auch vor "groupthink" (Janis, 1972) oder Interessen- und Kompetenzstreitigkeiten<br />

schützt. Hinzu kommt mitunter, daß die Handhabung der<br />

Gewichtigungsprozedur Schwierigkeiten bereitet. Wie Edwards (1986)<br />

ebenfalls anmerkt, gelingt es Experten nicht immer, meß- und<br />

wahrscheinlichkeitstheoretische Implikationen des Verfahrens zu<br />

durchschauen. Verhältnisschätzungen sind daher nicht selten inkonsistent<br />

und intransitiv, überdies schleichen sich Repräsentations-, Gebrauchsoder<br />

Konservatismusfehler ein (vgl. Kahneman et al., 1982). Hier können<br />

gerade psychologische Moderatoren Hilfestellung leisten, indem sie z.B.<br />

Grundprinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung verdeutlichen,<br />

inkonsistente Merkmalsbeurteilungen erkennen und erneut zur Diskussion<br />

stellen oder auf kognitive "Fallen" und typische Vorhersagefehler<br />

hinweisen.<br />

Eine weitere Schwäche des Verfahrens birgt die u.U. inadäquate Messung<br />

von Merkmalsausprägungen. Probleme können sowohl bei der<br />

Operationalisierung als auch bei der Nutzenbeurteilung auftreten.<br />

Schwierigkeiten werfen vor allem latente Merkmale auf, im gegebenen<br />

Zusammenhang etwa Leistungsbereitschaft, kommunikative Kompetenz oder<br />

Anstelligkeit, für die übliche Bewerbungsunterlagen nur unvalide Indikatoren<br />

enthalten. Schwierigkeiten ergeben sich zudem, wenn zweifelhaft<br />

ist, ob Merkmalsmessungen ohne weiteres miteinander verglichen und<br />

aggregiert werden können. Verwenden Beurteiler unterschiedliche Nutzen-<br />

"Theorien", müssen Gesamturteile nicht automatisch das Gleiche<br />

ausdrücken.<br />

Neuralgische Punkte der multi-attributiven Nutzentechnik sind seit<br />

geraumer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen (vgl.

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