Günter F. Müller, Friedhelm Nachreiner - Rainer Hampp Verlag
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Entscheidungsanalysen, die mit der multi-attributiven Nutzentechnik<br />
durchgeführt werden, umfassen nach Edwards (1986, S. 325) "eine Menge von<br />
Prozeduren, die im wesentlichen klinischer Natur, und von denen viele in<br />
gewissem Ausmaße mathematischen Inhalts sind. Alle beruhen jedoch auf<br />
menschlichen Urteilen verschiedener Art. Die Entscheidungsanalyse kann<br />
für Individuen oder Gruppen hilfreich sein, die mit einer Situation<br />
konfrontiert sind, in welcher auf gewisse Weise gehandelt werden muß, die<br />
angemessene Handlung aber entweder unklar oder widersprüchlich oder<br />
beides zugleich ist."<br />
Zur Analyse und Lösung von Entscheidungsproblemen wurden eine Reihe<br />
weitgehend standardisierter Verfahrensschritte und Regeln entwickelt.<br />
Nach Edwards & Guttentag (1977) sind beim ersten Einsatz der Technik<br />
insgesamt zehn Verfahrensschritte abzuarbeiten. Beim wiederholten Einsatz<br />
können die Schritte 1-7 entfallen, sofern die zur Entscheidung<br />
anstehenden Probleme gleichartig sind. Sehr viel Arbeit ist zunächst<br />
erforderlich, um das Entscheidungsproblem qualitativ und quantitativ<br />
aufzuschlüsseln und die relevanten Ziele einer Problemlösung zu<br />
bestimmen. Ist erst einmal festgeschrieben, welche Merkmale und<br />
Konsequenzen eine optimale Problemlösung haben soll, läßt sich der so<br />
definierte Referenzzustand immer wieder heranziehen, um weitere<br />
Entscheidungsalternativen zu bewerten und fundierte Entschlüsse zu<br />
fassen.<br />
Schritt 1: Identifizierung von Personen, die problemkompetent sind und<br />
Interesse daran haben, möglichst gute (für eine Gruppe/Organisation<br />
und/oder für sich selbst nützliche) Entscheidungen zu treffen. Es werden<br />
Maßnahmen eingeleitet, um einen entsprechenden Personenkreis zur<br />
Mitarbeit zu bewegen. Entscheidungsanalyse ist großenteils inhaltliche<br />
Ziel- und Problemanalyse, für die das Fachwissen kompetenter Experten<br />
benötigt wird.<br />
Schritt 2: Suche nach möglichst vielen Merkmalen und wünschenswerten<br />
Konsequenzen des Entscheidungsproblems.<br />
Schritt 3: Suche nach möglichst vielen Wegen, sich der Lösung des<br />
Problems im Sinne wünschenswerter Konsequenzen zu nähern. Eine<br />
Vergegenwärtigung konkreter Entscheidungsalternativen bewahrt in der<br />
Regel davor, sich auf esoterische Problemaspekte einzulassen oder<br />
unrealistischen Wunschvorstellungen nachzugehen.<br />
Schritt 4: Inhaltliche Verdichtung des Entscheidungsproblems auf zentrale<br />
Merkmale und hierarchische Ordnung dieser Merkmale. Wichtig für diesen<br />
Schritt ist es, daß alle weiterhin in der Entscheidungsanalyse<br />
verbleibenden Merkmale durch Expertenkonsens validiert sind. Die Experten<br />
müssen sich einig werden, wo sie Grenzen zwischen "notwendig" und<br />
"entbehrlich" ziehen und nach welchen Nutzenaspekten sie Merkmale<br />
wahlweise der einen oder anderen Kategorie zuordnen wollen. Es ist hier<br />
vor allem wichtig, daß die Ausschlußkriterien akzeptiert sind, z.B.<br />
Redundanz und Substituierbarkeit von Merkmalen, Dissens bezüglich ihrer<br />
Problemrelevanz o.ä.. Genauere Aufschlüsselungen der Kategorie<br />
verbleibender Merkmale, im Sinne ihrer Zentralität ("Mußkriterien") oder<br />
Idealität ("Wunschkriterien") etwa, bleiben den nächsten<br />
Verfahrensschritten vorbehalten.<br />
Schritt 5: Rangordnen der (verbleibenden) Merkmale entsprechend ihrer<br />
vermuteten Bedeutung für eine möglichst optimale Lösung des<br />
Entscheidungsproblems.<br />
Schritt 6: Gewichtung der Merkmale. Obwohl das Rangordnen bereits eine<br />
quantitative Merkmalsgewichtung impliziert, wird in diesem Schritt<br />
versucht, Gewichtungsfaktoren auf höherem Meßniveau zu erhalten. Die<br />
Experten werden hier zumeist instruiert, bestimmte Skalierungsregeln zu<br />
beachten und ihre Bedeutungsurteile danach auszurichten.