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Daniela Rastetter - Rainer Hampp Verlag

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<strong>Rastetter</strong>: Männerbund Management (ZfP 2/98) 175<br />

sen sich diesen Anforderungen stellen und darin ihre Geschlechtsidentität aufbauen. Da<br />

dies nie vollständig gelingen kann, brauchen sie die Hilfe der anderen Männer um sie<br />

herum. Diese Hilfesuche ist keineswegs nur instrumenteller Natur, sondern zentraler<br />

Bestandteil der Stabilisierung des eigenen Selbst. Und sie ist nicht nur homosozial, sondern<br />

homoerotisch im Sinne eines gegenseitigen Begehrens (Roper 1996): Indem der<br />

Mann andere Männer begehrt, wird er auch selbst in seiner Männlichkeit begehrt und<br />

bestätigt. Erst dadurch wird er seiner Aufgabe gerecht, das Management als Fiktion einer<br />

rationalen, asexuellen, entkörperlichten Arbeitskraft zu reproduzieren, die für die<br />

männliche Manageridentität notwendig ist. Prinzipien der Brüderlichkeit und strenge<br />

Hierarchien schließen sich deshalb keineswegs aus, im Gegenteil sind sie in allen Männerbünden<br />

vorzufinden, und nicht zufällig wird der Wert der Kameraderie gerade in der<br />

hierarchisch strengen Organisation des Militärs hochgehalten.<br />

Die älteren Männer ziehen sich Nachfolger heran, von denen sie im Gegenzug Gehorsam<br />

und Unterordnung erwarten (Roper 1996). Fratriarchale (Herrschaft der Brüder)<br />

und patriarchale (Herrschaft der Männer) Strukturen gehen Hand in Hand, und gerade<br />

die im Männerbund geforderte partielle Entindividualisierung der Mitglieder macht die<br />

Huldigung der charismatischen Meister möglich. Entindividualisierung begegnet man<br />

im Management nicht nur in Gestalt gleichförmiger äußerer Erscheinung, sondern auch<br />

in Form mangelnder Kritik, fehlender eigenständiger Meinungen und der Tendenz, zugunsten<br />

der bevorstehenden Aufgaben und Ziele die eigene Befindlichkeit und Gesundheit<br />

oder die Bedürfnisse von Angehörigen hintan zu stellen.<br />

Homosoziales Begehren birgt allerdings eine große Gefahr: Es könnte homosexuell<br />

werden. Dies darf jedoch weder nach herrschendem Männlichkeits- und Managerstereotyp<br />

noch nach den Gesetzen des modernen Arbeitsprozesses passieren, in dem Sexualität<br />

soweit verbannt wurde, daß ungestörtes Arbeiten möglich ist (Burrell 1993). Denn<br />

erst durch die Trennung der Lebenssphären und die Zuweisung bestimmter Funktionen<br />

zu bestimmten Sphären – nämlich Erotik, Bindung und Sexualität ins Private und Arbeit,<br />

Ökonomie und Zweckgerichtetheit ins Nichtprivate – konnten Organisationen mit<br />

definierten Zielen entstehen (<strong>Rastetter</strong> 1994, S.110ff; Türk 1995, S.37ff). Die Trennung<br />

in Leben und Arbeit wurde seit der Industrialisierung in der gesamten Arbeitsorganisation<br />

durchgesetzt, erfuhr aber eine nochmalige Spaltung in Kopf und Hand: Die „Hand“<br />

waren die ArbeiterInnen, deren unüberlegtes und ungezieltes Werken vom einem<br />

„Kopf“, dem Management, geplant und überwacht werden mußte. Der Kopf sollte frei<br />

von Trieben, störenden Gefühlen und körperlichen Empfindungen arbeiten. Da der<br />

Mensch aber immer als ganzes samt Gefühlen und Körper in der Organisation präsent<br />

ist, ist die Verbannung der Sexualität eine immerwährende und nie zu lösende Aufgabe.<br />

Das heißt, die durch Ausschluß eines Geschlechts automatisch hergestellte Nähe unter<br />

den Mitgliedern muß kontrolliert werden, was durch eine streng reglementierte Binnenordnung<br />

erreicht wird, mit deren Hilfe sexuelle Impulse sublimiert und ritualisiert ausgelebt<br />

werden.<br />

Unerwünschte Sexualität wird erstens durch die Abwertung homosexueller Orientierung<br />

bzw. den Ausschluß von sich zur Homosexualität bekennenden Männern verbannt,<br />

was im Militär und in der katholischen Kirche besonders deutlich wird. Auch in<br />

Wirtschaftsorganisationen werden homosexuelle Männer immer wieder mit Diskrimi-<br />

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