Daniela Rastetter - Rainer Hampp Verlag
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172 <strong>Rastetter</strong>: Männerbund Management (ZfP 2/98)<br />
Frau als Gebärende und Nährende immer klar ersichtlich war, war der Beitrag der Männer<br />
hierzu lang unbekannt oder unbewußt und darüber hinaus marginal, so daß sie für<br />
den Aufbau emergenter soziokultureller Ordnung eine zunächst untergeordnete Rolle<br />
spielten (Lipp 1990, S.33). Das männliche Geschlechtswesen bedurfte einer Hervorhebung,<br />
die das weibliche nicht brauchte. Nach dieser ethnopsychoanalytischen These ist<br />
der Männerbund zum Zweck exklusiver Sinnstiftung etabliert worden. Seine institutionelle<br />
Befestigung hatte eine Marginalisierung und einen Machtverlust von Frauen und<br />
deren Ansprüchen zur Folge.<br />
Sinnstiftung beginnt jedoch schon früher, nämlich beim Aufbau einer männlichen<br />
Identität, die durch die Identifikation mit anderen Männern und spezifischen „Männlichkeiten“<br />
stabilisiert wird. Die Analyse unterschiedlicher Männlichkeiten wurde von<br />
der sog. Männerforschung geleistet (z.B. Seidler 1994), die zeigt, daß ein bestimmtes<br />
Männlichkeitsbild dominant in der Gesellschaft wurde, während andere unterdrückt und<br />
verleugnet werden. Dieses Bild sog. hegemonialer Männlichkeit (vgl. Connell 1987,<br />
Bilden 1991) ist durch Stereotypen wie Initiative, Stärke, Rationalität oder Autonomie<br />
charakterisiert und schließt andere Bilder und Entwürfe von Männlichkeit aus<br />
(Hearn/Collinson 1994). Die Beiträge von David Knights/Darren McCabe und Jeff<br />
Hearn/David Collinson in diesem Heft liefern Beispiele für den Niederschlag hegemonialer<br />
Männlichkeit in betrieblichen Arbeitsprozessen, während die Analyse von Jörg<br />
Maas (ebenfalls in diesem Heft) die Diskriminierung jener Männer zeigt, die nicht dem<br />
herrschenden Männlichkeitsbild entsprechen. Indem sie eine sexuelle Orientierung haben,<br />
die mit Verweiblichung, Passivität und Schwäche assoziiert wird, bedrohen sie die<br />
Identitätsbildung der anderen Männer, die sich über Verbündung in ihrer Männlichkeit<br />
stark und handlungsmächtig fühlen wollen. Je stärker „hegemonial männliche“ Männer<br />
„weibliche“ Anteile von Schwäche, Angst und Zweifel verleugnen, desto rigider müssen<br />
sie andere mit „falschen“ Männlichkeiten sowie Frauen ausgrenzen und ablehnen.<br />
Die sinnstiftende Funktion des Männerbundes benötigt ein Wertsystem, auf Grund<br />
dessen männliche Tätigkeiten höher bewertet werden als weibliche, und daran knüpft<br />
sich nach Erdheim/Hug (1990, S.56) die Aufspaltung von Arbeit und Sinngebung bzw.<br />
von alltäglicher lebenserhaltender Arbeit und höheren rituellen, Werte erhaltenden Tätigkeiten,<br />
die weniger mit materiellen Erzeugnissen als mit Trophäen, Beuten, Ehrenabzeichen,<br />
Rängen, Titeln und ähnlichem sichtbar werden.<br />
Der Männerbund bietet die exklusive Chance, ohne Frauen tätig zu werden und<br />
ohne Frauen Ergebnisse herzustellen. Dies führte dazu, daß in den auf Dauer gestellten<br />
Bünden Wissen, Macht und Geld akkumuliert und den Nichtmitgliedern vorenthalten<br />
werden konnten. Neben der Sinnstiftung hat der Männerbund deshalb noch eine weitere,<br />
weniger psychologische als materielle Funktion: die der Herrschaftssicherung durch<br />
Ressourcenakkumulation und -wahrung. Das Männerbund-Konzept argumentiert im<br />
Gegensatz zum Konzept der Vergemeinschaftung jedoch nicht nur herrschaftstheoretisch,<br />
sondern auch identitätstheoretisch.<br />
Aus beiden Punkten folgt das in allen Männerbünden ausgeprägte Abgrenzungsbedürfnis<br />
gegenüber Frauen, das nicht selten zu kuriosen Begründungen führt, weshalb im<br />
betreffenden Verband, im Team oder in der Organisationseinheit keine Frauen anzutreffen<br />
sind: Frauen stören die Gruppenharmonie, verderben die Geselligkeit, das Mitein-<br />
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