Daniela Rastetter - Rainer Hampp Verlag
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170 <strong>Rastetter</strong>: Männerbund Management (ZfP 2/98)<br />
schenschaften, Männerorden, Freimaurer) als auch die im Management von Organisationen<br />
versteckten Bünde.<br />
Zunächst soll der Begriff des Männerbundes genauer dargestellt werden. Männerbünde<br />
sind<br />
„(...) Zusammenschlüsse von Männern, die freiwillig und bewußt geschlossen<br />
wurden.(...) Mit der Mitgliedschaft in einem Männerbund ist die Anerkennung von<br />
Werten und geistigen Zielen verbunden, die häufig eine Überhöhung des in der jeweiligen<br />
Gesellschaft geltenden Wertesystems darstellen. Wesentliche Charakteristika sind<br />
zudem eine gewisse Esoterik mit der Aura des Geheimnisvollen, ein Aufnahmeritus<br />
(Initiation) und eine hierarchische Struktur. (...) Prestige und Einfluß sind (fast) immer<br />
eng mit der Mitgliedschaft in einem Männerbund verknüpft.“ (Völger/von Welck 1990,<br />
S.XXI).<br />
Als gemeinsame Merkmale von Männerbünden gelten:<br />
der schwierige Zugang: die Aufnahme ist an Bedingungen und besondere Initiationsgepflogenheiten<br />
gebunden, die Zugehörigkeit zum Männerbund ist ein Privileg;<br />
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<br />
ein selbst verordnetes strenges Reglement;<br />
Prinzipien und Werte, die oft Brüderlichkeit und Gleichheit heißen und durch<br />
(meist) latente Homosexualität, Frauenfeindlichkeit, Kameradschaft angesichts des<br />
Todes, Bereitschaft zu Verschwörung, Außenseitertum und Opfer gekennzeichnet<br />
sind;<br />
strenge Hierarchien trotz der Huldigung der Brüderlichkeit;<br />
Ausschluß von Frauen.<br />
Der Begriff „Männerbund“ ist ein originär deutscher, 1 der 1902 von dem Ethnologen<br />
Heinrich Schurtz in seinem Werk „Altersklassen und Männerbünde – Eine Darstellung<br />
der Grundformen der Gesellschaft“ geprägt wurde. Er vertrat darin die These, daß<br />
der Frau ein Familientrieb und dem Mann ein Geselligkeitstrieb zu eigen seien, was dazu<br />
führe, daß die Frau für Ehe und Familie zuständig, „der Mann dagegen der Vertreter<br />
aller Arten des rein geselligen Zusammenschlusses und damit der höheren sozialen<br />
Verbände“ sei (1902, S.IV). Es lassen sich demnach Bindungen aufgrund der Blutsverwandtschaft,<br />
die auf geschlechtliche Fortpflanzung zurückgehen (hier steht die Frau im<br />
Zentrum), und Bindungen aufgrund des rein geselligen Zusammenschlusses, die der<br />
Mann vertritt, unterscheiden. Männerbünde sind nach Schurtz die Träger höherer sozialer<br />
Entwicklung und relativ autonom gegenüber gesellschaftlichen Autoritäten. Sie traten<br />
zu Schurtz’ Zeit in den verschiedensten Formen auf – angefangen von formlosen<br />
Freundschaftsgruppen geringen Umfangs bis hin zu kleinen und großen Bünden innerhalb<br />
von Politik und Militär mit beträchtlichem Einfluß (König 1990). Die Idee des<br />
Männerbundes floß zunächst in die Wandervogel-Ideologie ein – eine männlich dominierte<br />
Jugend-Bewegung vor und nach dem Ersten Weltkrieg –, und später in präfaschistische<br />
soldatische Freikorps-Verbände und Nazi-Gruppen wie Hitlerjugend, SS und<br />
SA. Archaischer Initiationskult und Germanenkult, gepaart mit der Rebellion gegen<br />
1<br />
Im Englischen wird das Wort „Männerbund“ als Fremdwort verwendet.<br />
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