Daniela Rastetter - Rainer Hampp Verlag

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06.01.2014 Aufrufe

182 Rastetter: Männerbund Management (ZfP 2/98) Schemata werden zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen, wenn mangels Frauen auf bestimmten Arbeitsplätzen die damit verbundene Tätigkeit männlich wird, was dazu führt, daß für freie Stellen die Rekrutierung von Frauen nicht in Betracht gezogen wird. Der Abbau geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung ist verbunden mit einer Flexibilisierung der Geschlechtsrollen, die es Frauen und Männern erlaubt, ihre Handlungsspielräume und Denkgewohnheiten zu erweitern. 2) Mikroebene Frauen haben – wie zu erwarten ist – mit allen Merkmalen des Männerbundes große Probleme: die strengen, meist ungeschriebenen Reglements im Umgang der Mitglieder, die teilweise Entindividualisierung des Einzelnen zugunsten des Bundes und der zu erwartenden Gewinne, die gleichzeitig existierende Brüderlichkeit und Konkurrenz, Kameraderie und Hierarchie, und natürlich die latent oder offen bestehende Frauenfeindlichkeit mit den damit verbundenen sexistischen Äußerungen, der Witz- und Gesprächskultur sowie der Strategie des internen Ausschlusses. Um Frauen den Umgang mit dem Männerbund zu erleichtern, sollten sie zunächst ihre eigene Rolle reflektieren. Frauen als aktive Unterstützerinnen von Männerbünden drängen Männer in typisch männliche Rollen, haben stereotype Erwartungshaltungen an Männer und bringen nichttraditionell lebenden Männern nicht immer Bewunderung entgegen. Jedoch unterliegen natürlich auch und insbesondere Frauen geschlechtsspezifischen Erwartungen, die es ihnen schwer machen, aus ihrer Rolle der zweiten Instanz hinter dem Mann und der Familienfrau auszubrechen. Diese Rolle ist seit langer Zeit einstudiert und bringt zumindest die Anerkennung als Frau. Alles Neue – sich mit Männern messen, sich neue Kompetenzen aneignen, die Kinder anderen (dem Vater?) überlassen – macht verständlicherweise Angst und verspricht nicht unbedingt Erfolg. Frauen brauchen deshalb alle Unterstützung von politischer Seite, um nichttraditionelle Wege nicht nur zu beschreiten, sondern auch konsequent durchzuhalten. Vor allem aber müssen sich Frauen der Funktionen und Strategien von Männerbünden bewußt werden. Allzu oft setzen sie auf ihre Fachkompetenz und investieren enorme Energien in die Lösung von Sachfragen und in ihren persönlichen Leistungsoutput, ohne zu erkennen, daß es darum vielleicht gar nicht geht. Männerbündische Mechanismen zu durchschauen hilft, besser auf sie zu reagieren oder sie für sich zu nutzen. Frauen könnten sich beispielsweise auf einen zu erwartenden Schulterschluß der Männer vorbereiten und eine eigene Strategie aufbauen, wofür eine weibliche Solidarität nicht schaden würde. Je mehr Frauen zusammenarbeiten, desto größer ist die Chance, daß eine Verbündung unter Frauen Vorteile bringt, desto besser können sie sich kollektiv gegen sexistisches Verhalten wehren, und vor allem: Sie bringen eine größere Bandbreite von „Weiblichkeiten“ mit. Und darum soll es in Zukunft gehen: Männer und Frauen sollen in all ihrer Verschiedenheit (die unter Frauen, unter Männern und zwischen Männern und Frauen herrscht) lernen, miteinander so umzugehen, daß Kooperation möglich ist. Eine Situation soll entstehen, in der Sexualität nicht verbannt ist (denn das ist zwischen Menschen niemals möglich), aber in der sie nicht auf Kosten einer Gruppe existiert, als Sexismus diskriminierend wirkt oder derart eingeteilt wird, daß manche mehr sexuelle Freiheiten genießen als andere. 182

Rastetter: Männerbund Management (ZfP 2/98) 183 Wenn sich Männer auf neue Kooperations- und Umgangsformen einstellen (müssen), werden alte Reglements und Gepflogenheiten in Frage gestellt, neue Arrangements ausprobiert. Auch für Männer gilt es, sich männerbündischer Tendenzen bewußt zu werden, um die eigenen oft automatisch ablaufenden Verhaltensmuster zu verändern. Damit haben auch Männer die Chance, enge und rigide Männlichkeitsvorstellungen zu verlassen und sich eine größere Vielfalt von Handlungsweisen anzueignen. Schließlich könnten sie Vorteile aus einer geschlechtergerechten Strategie ziehen: weniger zeitliche Opfer (weil Frauen eventuell die Notwendigkeit überlanger Sitzungen und Diskussionen in Frage stellen), eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie (weil nicht mehr automatisch jemand für die Versorgung der Familie bereitsteht), heterogenere Vorgehensweisen bei der Lösung von Problemen (weil unterschiedlichere Personen vielfältigere Ideen produzieren), mehr Offenheit gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppierungen, mehr Gerechtigkeit und Demokratie. Und wären nicht viele Männer froh, wenn sie ohne Angst vor Nachteilen am Arbeitsplatz in Erziehungsurlaub gehen oder ihre Arbeitszeit reduzieren könnten? Idealerweise sollte diese Art von Bewußtseinsbildung durch betriebliche Maßnahmen unterstützt werden, die es Frauen und Männern erlauben, über Probleme und Konflikte zu reden und eigene Ängste bezüglich der neuen Situation abzubauen. Denkbar sind Selbsterfahrungsgruppen, Persönlichkeitstrainings bzw. Entwicklungsmaßnahmen speziell für Männer, in denen sie ihre Vorstellungen von Männlichkeit und Mannsein reflektieren. Für Frauen müßten neben ähnlichen Gruppen, in denen sie ihre Erwartungen an sich und Männer analysieren, vermehrt Schulungen („Männerbundtrainings“) angeboten werden, in denen sie Selbstdarstellung, Argumentation, strategisches Handeln und Konfliktbewältigung lernen. 10. Ausblick Gemeinschaftsbildung scheint ein bereits früh entstandenes Bestreben von Männern zu sein, das darin besteht, sich von Frauen abzugrenzen und eigene Sinninhalte und Machträume zu entfalten. Deren herrschaftliche Funktion ergibt sich schon alleine daraus, daß zur Sicherung der „männlichen“ Tätigkeiten, Ordnungen und Neuentwicklungen die Nicht-Mitglieder abwertet und die neuen Wissensbestände oder Ideen diesen vorenthalten werden müssen. Die Wurzel des Männerbundes scheint jedoch eher im Aufbau und der Stabilisierung der männlichen Identität zu liegen, die für ihre anspruchsvollen und eng umgrenzten Inhalte nicht nur gleichgesinnte Andere braucht, sondern auch eine reglementierte Binnenorganisation, die das fragile Gebäude aus Begehren und Distanz nicht zusammenstürzen läßt. Der Ausschluß der Frauen muß mit deren Devaluierung und mit der Überhöhung der Männer verbunden werden. Je intensiver aber die Abgrenzungspolitik zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern betrieben wird, desto größer wird wiederum die Unsicherheit im Umgang mit der jeweils anderen Gruppe und desto tiefer wird die Kluft zwischen beiden. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen ist Aufgabe der staatlichen und betrieblichen Politik, der gesellschaftlichen Kräfte, die Fortschritte hin zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern in Gang bringen können, sowie aller Frauen und Männer, die sich ihrer geschlechtsrollenfixierten Handlungsweisen bewußt werden wollen. 183

<strong>Rastetter</strong>: Männerbund Management (ZfP 2/98) 183<br />

Wenn sich Männer auf neue Kooperations- und Umgangsformen einstellen (müssen),<br />

werden alte Reglements und Gepflogenheiten in Frage gestellt, neue Arrangements<br />

ausprobiert. Auch für Männer gilt es, sich männerbündischer Tendenzen bewußt<br />

zu werden, um die eigenen oft automatisch ablaufenden Verhaltensmuster zu verändern.<br />

Damit haben auch Männer die Chance, enge und rigide Männlichkeitsvorstellungen zu<br />

verlassen und sich eine größere Vielfalt von Handlungsweisen anzueignen. Schließlich<br />

könnten sie Vorteile aus einer geschlechtergerechten Strategie ziehen: weniger zeitliche<br />

Opfer (weil Frauen eventuell die Notwendigkeit überlanger Sitzungen und Diskussionen<br />

in Frage stellen), eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie (weil nicht mehr automatisch<br />

jemand für die Versorgung der Familie bereitsteht), heterogenere Vorgehensweisen<br />

bei der Lösung von Problemen (weil unterschiedlichere Personen vielfältigere<br />

Ideen produzieren), mehr Offenheit gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppierungen,<br />

mehr Gerechtigkeit und Demokratie. Und wären nicht viele Männer froh, wenn<br />

sie ohne Angst vor Nachteilen am Arbeitsplatz in Erziehungsurlaub gehen oder ihre Arbeitszeit<br />

reduzieren könnten?<br />

Idealerweise sollte diese Art von Bewußtseinsbildung durch betriebliche Maßnahmen<br />

unterstützt werden, die es Frauen und Männern erlauben, über Probleme und Konflikte<br />

zu reden und eigene Ängste bezüglich der neuen Situation abzubauen. Denkbar<br />

sind Selbsterfahrungsgruppen, Persönlichkeitstrainings bzw. Entwicklungsmaßnahmen<br />

speziell für Männer, in denen sie ihre Vorstellungen von Männlichkeit und Mannsein<br />

reflektieren. Für Frauen müßten neben ähnlichen Gruppen, in denen sie ihre Erwartungen<br />

an sich und Männer analysieren, vermehrt Schulungen („Männerbundtrainings“)<br />

angeboten werden, in denen sie Selbstdarstellung, Argumentation, strategisches Handeln<br />

und Konfliktbewältigung lernen.<br />

10. Ausblick<br />

Gemeinschaftsbildung scheint ein bereits früh entstandenes Bestreben von Männern<br />

zu sein, das darin besteht, sich von Frauen abzugrenzen und eigene Sinninhalte und<br />

Machträume zu entfalten. Deren herrschaftliche Funktion ergibt sich schon alleine daraus,<br />

daß zur Sicherung der „männlichen“ Tätigkeiten, Ordnungen und Neuentwicklungen<br />

die Nicht-Mitglieder abwertet und die neuen Wissensbestände oder Ideen diesen<br />

vorenthalten werden müssen. Die Wurzel des Männerbundes scheint jedoch eher im<br />

Aufbau und der Stabilisierung der männlichen Identität zu liegen, die für ihre anspruchsvollen<br />

und eng umgrenzten Inhalte nicht nur gleichgesinnte Andere braucht,<br />

sondern auch eine reglementierte Binnenorganisation, die das fragile Gebäude aus Begehren<br />

und Distanz nicht zusammenstürzen läßt. Der Ausschluß der Frauen muß mit deren<br />

Devaluierung und mit der Überhöhung der Männer verbunden werden. Je intensiver<br />

aber die Abgrenzungspolitik zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern betrieben<br />

wird, desto größer wird wiederum die Unsicherheit im Umgang mit der jeweils anderen<br />

Gruppe und desto tiefer wird die Kluft zwischen beiden.<br />

Diesen Teufelskreis zu durchbrechen ist Aufgabe der staatlichen und betrieblichen<br />

Politik, der gesellschaftlichen Kräfte, die Fortschritte hin zu mehr Gerechtigkeit zwischen<br />

den Geschlechtern in Gang bringen können, sowie aller Frauen und Männer, die<br />

sich ihrer geschlechtsrollenfixierten Handlungsweisen bewußt werden wollen.<br />

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