Dudo von Eckardstein Wie Manager und Betriebsräte bei der ...

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06.01.2014 Aufrufe

von Eckardstein: Entwicklung und Einführung betrieblicher Entlohnungssysteme (ZfP 2/97) 117 schränkung auf den Arbeiterbetriebsrat, der in Deutschland als Institution nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht bekannt ist, wird deshalb vorgenommen, weil sich Entlohnungsregelungen typischerweise auf Arbeiter beziehen. Für die von uns nicht betrachteten Gehaltsregelungen für die Angestelltenschaft wäre dem gegenüber der Angestelltenbetriebsrat in das Verhandlungssystem einzubeziehen. Personalverantwortliche Manager und Arbeiterbetriebsrat stehen in relativ enger Beziehung zu den im jeweiligen Entlohnungssystem tätigen Arbeitern, zu den Führungskräften, die diesen Arbeitern zugeordnet sind, und generell zu den übrigen Vertretern des Managements. Diese drei Gruppen werden der internen Umwelt des Verhandlungssystems zugerechnet, während die überbetrieblichen Interessensvertretungsorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur externen Umwelt des Verhandlungssystems gerechnet werden. Die Beziehungen der Akteure des Verhandlungssystems untereinander und ergänzend zu der internen und der externen Umwelt sind Gegenstand unserer Untersuchung. Anhand dieser Beziehungen lassen sich Unterschiede in den gefundenen Mustern der Verhandlungssysteme deutlich machen. 2.4 „Verbetrieblichung“ im System der Arbeitsbeziehungen. Ergänzend zu dieser formalen Verortung des Verhandlungssystems sind auf der inhaltlichen Ebene Entwicklungen anzusprechen, die für die weitere Entwicklung betrieblicher Verhandlungssysteme von großer Bedeutung sind. Unternehmen, die dem Regelungsbereich ein und dessselben Kollektivvertrags unterliegen, unterscheiden sich oft u.a. hinsichtlich der unternehmensspezifischen Absatzmärkte, so daß sie zum Teil sehr unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt sind. Gerade am Beispiel von Lohn- und Arbeitszeitregelungen läßt sich zeigen, daß einheitliche branchenweite oder gar landesweite Regelungen der zunehmenden Vielfalt der Wettbewerbsstrukturen auf den verschiedenen Märkten, in denen die Unternehmen jeweils agieren, kaum mehr gerecht werden. Deshalb bemühen sich viele Unternehmen derzeit um die Entwicklung unternehmensspezifischer Lohn- und Arbeitszeitmodelle. Als Ergebnis ist eine zunehmende Differenzierung betrieblicher Regelungssysteme insbesondere im Arbeitszeitbereich zu verzeichnen (Schmidt/Trinczek 1989). Der Bedarf an spezifischen Lösungen bedeutet eine Herausforderung für die kollektive Arena, da sie nach ihrem bisherigen Selbstverständnis auf die Schaffung einheitlicher Regelungssysteme für jeweils ganze Branchen ausgerichtet ist. Die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen ist ein wesentliches Ziel auf dieser Regelungsebene und dient einerseits der Regulierung des Wettbewerbs, andererseits wird sie als Ausdruck von Gerechtigkeit und Solidarität verstanden und soll im übrigen die Durchsetzungsmacht der Gewerkschaft bündeln helfen. Die Diskrepanz zwischen betrieblichen Erwartungen nach spezifischen und dem überbetrieblichen Angebot allgemeiner Regelungen führt in der Tendenz zu einer Verlagerung von Entscheidungen über Gegenstände besonderer betrieblicher Relevanz (insbesondere Lohnsysteme und Arbeitszeitregelungen) von der kollektiven auf die betriebliche Ebene. Die Unternehmensvertreter bemühen sich, die Entscheidungen in die betriebliche Arena zu ziehen, von der sie glauben, daß sie den betrieblichen Problemstellungen am nächsten steht.

118 von Eckardstein: Entwicklung und Einführung betrieblicher Entlohnungssysteme (ZfP 2/97) Die Verlagerung von Entscheidungen in die betriebliche Arena erweitert deren Aufgabenspektrum und trägt zu ihrer Aufwertung bei. Zugleich stellt diese Tendenz die bisherige, über längere Zeit wenig bestrittene Aufgabenteilung zwischen den Arenen des Systems der Arbeitsbeziehungen in Frage. Es versteht sich beinahe von selbst, daß eine derartige Verlagerungstendenz auch starke Gegenkräfte auslöst. Insbesondere gilt dies für die kollektive Arena: Werden ihre Kompetenzen ausgehöhlt? Bedeutet dieser Prozeß eine Schwächung für sie und ihre Mitglieder? Welche Gegenstrategien werden die Akteure in dieser Arena, und insbesondere die Gewerkschaften, ergreifen, um auf diese Entwicklung zu reagieren? In der Frage flexibler Arbeitszeitregelungen zeichnen sich gegenwärtig neue Antworten auf diese Fragen ab. Doch insgesamt erscheint die Tendenz zur Verbetrieblichung in Österreich im Verhältnis zu den deutschen Entwicklungen geringer ausgeprägt zu sein. Der kollektiven Arena kommt hier insofern noch immer eine Sperrklinkenfunktion zu, als sie die Zustimmung zu unerwünschten betrieblichen Entlohnungs- und Arbeitszeitregelungen über die Rückkoppelung von Betriebsrat und Gewerkschaft verhindern kann. 3. Methodisches Vorgehen Hinsichtlich der Erhebungsmethode orientierten wir uns an der Kodelphi-Methode (Tschischej 1988). Das Kodelphi stellt eine Kombination von Brainstorming, schriftlicher Befragung und Diskussion im Rahmen eines Workshops dar. Anstelle einer schriftlichen Befragung führten wir teilstandardisierte Interviews mit betrieblichen und überbetrieblichen Akteuren auf der Basis eines in mehreren Brainstormingsitzungen des Projektteams erarbeiteten Leitfadens durch. In den Interviews wurden ergänzend Elemente der zirkulären Fragetechnik angewandt (Königswieser/u.a. 1994, S. 25 f.; Conecta o.J., S. 8). Dadurch sollten Selbstund Fremdsichten der Interviewpartner in das Interview miteinbezogen werden. Bei der Auswahl der betrieblichen Gesprächspartner wurde auf eine Streuung hinsichtlich der Ausgestaltung der in den Unternehmen praktizierten Entlohnungsmodelle geachtet. Zum anderen wurde auf persönliche Bekanntheit und Zugangsmöglichkeit abgestellt. Im einzelnen wurden jeweils ein personalverantwortlicher Manager und ein Vertreter des Arbeiterbetriebsrats (in 5 von 6 Fällen der Betriebsratsvorsitzende, in einem Fall der stellvertretende Vorsitzende) aus 6 Unternehmen befragt, weiterhin je 3 Vertreter der überbetrieblichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitgeber (2 Vertreter der Arbeiterkammer, 1 Vertreter der Gewerkschaft Metall, Bergbau, Energie, 1 Vertreter der Wirtschaftskammer, 1 ehemaliger Vertreter der Wirtschaftskammer und 1 Vertreter der Vereinigung österreichischer Industrieller). Sämtliche Gesprächspartner sind – folgt man der gewerkschaftlichen Organisations-Klassifikation – dem Bereich Metall, Bergbau, Energie zuzurechnen bzw. stehen diesem nahe. Die Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung zur versuchsweisen Bildung vorläufiger Muster erfolgte in mehreren Klausuren der Projektmitglieder. In einem interaktiven Prozeß wurden zunächst mögliche Dimensionen zur Abgrenzung der Kooperationsmuster überprüft und nach weiterer Analyse des Datenmaterials schließlich festgelegt. Auf dieser Grundlage wurden drei vorläufige Muster

<strong>von</strong> <strong>Eckardstein</strong>: Entwicklung <strong>und</strong> Einführung betrieblicher Entlohnungssysteme (ZfP 2/97) 117<br />

schränkung auf den Ar<strong>bei</strong>terbetriebsrat, <strong>der</strong> in Deutschland als Institution nach dem Betriebsverfassungsgesetz<br />

nicht bekannt ist, wird deshalb vorgenommen, weil sich Entlohnungsregelungen<br />

typischerweise auf Ar<strong>bei</strong>ter beziehen. Für die <strong>von</strong> uns nicht betrachteten<br />

Gehaltsregelungen für die Angestelltenschaft wäre dem gegenüber <strong>der</strong> Angestelltenbetriebsrat<br />

in das Verhandlungssystem einzubeziehen.<br />

Personalverantwortliche <strong>Manager</strong> <strong>und</strong> Ar<strong>bei</strong>terbetriebsrat stehen in relativ enger<br />

Beziehung zu den im jeweiligen Entlohnungssystem tätigen Ar<strong>bei</strong>tern, zu den Führungskräften,<br />

die diesen Ar<strong>bei</strong>tern zugeordnet sind, <strong>und</strong> generell zu den übrigen Vertretern<br />

des Managements. Diese drei Gruppen werden <strong>der</strong> internen Umwelt des Verhandlungssystems<br />

zugerechnet, während die überbetrieblichen Interessensvertretungsorganisationen<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer zur externen Umwelt des Verhandlungssystems<br />

gerechnet werden. Die Beziehungen <strong>der</strong> Akteure des Verhandlungssystems<br />

untereinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> ergänzend zu <strong>der</strong> internen <strong>und</strong> <strong>der</strong> externen Umwelt sind<br />

Gegenstand unserer Untersuchung. Anhand dieser Beziehungen lassen sich Unterschiede<br />

in den gef<strong>und</strong>enen Mustern <strong>der</strong> Verhandlungssysteme deutlich machen.<br />

2.4 „Verbetrieblichung“ im System <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbeziehungen.<br />

Ergänzend zu dieser formalen Verortung des Verhandlungssystems sind auf <strong>der</strong><br />

inhaltlichen Ebene Entwicklungen anzusprechen, die für die weitere Entwicklung betrieblicher<br />

Verhandlungssysteme <strong>von</strong> großer Bedeutung sind.<br />

Unternehmen, die dem Regelungsbereich ein <strong>und</strong> dessselben Kollektivvertrags unterliegen,<br />

unterscheiden sich oft u.a. hinsichtlich <strong>der</strong> unternehmensspezifischen Absatzmärkte,<br />

so daß sie zum Teil sehr unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt<br />

sind. Gerade am Beispiel <strong>von</strong> Lohn- <strong>und</strong> Ar<strong>bei</strong>tszeitregelungen läßt sich zeigen,<br />

daß einheitliche branchenweite o<strong>der</strong> gar landesweite Regelungen <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Vielfalt <strong>der</strong> Wettbewerbsstrukturen auf den verschiedenen Märkten, in denen die Unternehmen<br />

jeweils agieren, kaum mehr gerecht werden. Deshalb bemühen sich viele<br />

Unternehmen <strong>der</strong>zeit um die Entwicklung unternehmensspezifischer Lohn- <strong>und</strong> Ar<strong>bei</strong>tszeitmodelle.<br />

Als Ergebnis ist eine zunehmende Differenzierung betrieblicher Regelungssysteme<br />

insbeson<strong>der</strong>e im Ar<strong>bei</strong>tszeitbereich zu verzeichnen (Schmidt/Trinczek 1989).<br />

Der Bedarf an spezifischen Lösungen bedeutet eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die kollektive<br />

Arena, da sie nach ihrem bisherigen Selbstverständnis auf die Schaffung einheitlicher<br />

Regelungssysteme für jeweils ganze Branchen ausgerichtet ist. Die Vereinheitlichung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbedingungen ist ein wesentliches Ziel auf dieser Regelungsebene <strong>und</strong><br />

dient einerseits <strong>der</strong> Regulierung des Wettbewerbs, an<strong>der</strong>erseits wird sie als Ausdruck<br />

<strong>von</strong> Gerechtigkeit <strong>und</strong> Solidarität verstanden <strong>und</strong> soll im übrigen die Durchsetzungsmacht<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft bündeln helfen. Die Diskrepanz zwischen betrieblichen Erwartungen<br />

nach spezifischen <strong>und</strong> dem überbetrieblichen Angebot allgemeiner Regelungen<br />

führt in <strong>der</strong> Tendenz zu einer Verlagerung <strong>von</strong> Entscheidungen über Gegenstände beson<strong>der</strong>er<br />

betrieblicher Relevanz (insbeson<strong>der</strong>e Lohnsysteme <strong>und</strong> Ar<strong>bei</strong>tszeitregelungen)<br />

<strong>von</strong> <strong>der</strong> kollektiven auf die betriebliche Ebene. Die Unternehmensvertreter bemühen<br />

sich, die Entscheidungen in die betriebliche Arena zu ziehen, <strong>von</strong> <strong>der</strong> sie glauben, daß<br />

sie den betrieblichen Problemstellungen am nächsten steht.

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