Rezensionen - Rainer Hampp Verlag
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<strong>Rezensionen</strong> (ZfP 3/96) 281<br />
erst allmählich im Rahmen der Diskussion um<br />
die Kernenergie eine ökologische Bewegung<br />
entstand, die sich allerdings im Vergleich zu<br />
Deutschland als weitaus kleiner und zersplitterter<br />
darstellt.<br />
Hieran schließt sich die Darstellung und kritische<br />
Erörterung wesentlicher Beiträge zur<br />
Wirtschaftsethik in Frankreich an. Zunächst<br />
werden die sogenannten „Umweltökonomischen<br />
Ansätze“ erörtert, wobei der Schwerpunkt<br />
der Darstellung der „Multidimensionale<br />
Ansatz“ von Passet bildet. Als nächstes findet<br />
sich die Diskussion des „Anti-Utilitarismus'„<br />
als einer gerade für Frankreich typischen<br />
Denkrichtung in den Wirtschaftswissenschaften.<br />
Die Ausführungen münden in der Darstellung<br />
und Kritik des Paradigmas der „Gabe“,<br />
ein allein in der französischen Diskussion<br />
zu findendes, radikal mit dem Utilitarismus<br />
brechendes Konzept menschlichen und<br />
ökonomischen Handelns. Schließlich diskutiert<br />
die Autorin als dritte Kategorie von Ansätzen<br />
Vorschläge aus theologischer, genauer<br />
eigentlich: katholischer Sicht, da speziell die<br />
Kirchen in Frankreich als Schrittmacher in<br />
der Diskussion über Ethik in der Wirtschaft<br />
eine bedeutende Rolle spielen. Das Kapitel<br />
erfährt eine Abrundung mit einem Exkurs<br />
über wirtschaftsethische Überlegungen deutscher<br />
Theologen.<br />
Insgesamt liefert dieser Teil der Arbeit einen<br />
überaus bereichernden Einblick in die französische<br />
wissenschaftliche Diskussion über<br />
Wirtschaftsethik. Dabei besteht der Wert vor<br />
allem in der Aufarbeitung einer breiten Literaturbasis.<br />
Allerdings werden die Kriterien<br />
der Analyse nicht immer deutlich gemacht, so<br />
daß die Darstellung nicht in allen Fällen<br />
nachvollziehbar erscheint. So bleibt beim Leser<br />
mitunter die Frage nach dem spezifisch<br />
„Wirtschaftsethischen“ in den verschiedenen<br />
Ansätzen offen, wozu auch das unscharfe Begriffsverständnis<br />
von Wirschaftsethik der Autorin<br />
selbst beiträgt. Ferner hätte ein stärkeres<br />
Loslösen von den Originalquellen und ein eigenständigerer<br />
Argumentationsgang die Lesbarkeit<br />
und Eingängigkeit der Darstellungen<br />
sicherlich erhöht.<br />
Letztgenannte Vorbehalte müssen auch dem<br />
Kapitel 4 entgegengebracht werden, in dem<br />
die Situation in Deutschland diskutiert wird.<br />
Analog zu den vorhergehenden Ausführungen<br />
erfolgt zunächst eine Beschreibung der öffentlichen<br />
Diskussion in Deutschland, an die<br />
sich die Darstellung der wissenschaftlichen<br />
Ansätze anschließt, welche sich auf die Erörterung<br />
der Ökonomischen Theorie der Ethik<br />
(Homann et al.) und der Diskurs-Ethik (St.<br />
Gallener Schule) beschränkt. Die Ausführungen<br />
sind umfassend, stehen jedoch im Kontext<br />
der Arbeit unverbunden neben den französischen<br />
Ansätzen. Dies ergibt sich zum einen<br />
aus dem Objektbereich, da die Diskussion<br />
im deutschsprachigen Raum in der Tat völlig<br />
andere Schwerpunkte setzt. Zum anderen<br />
liegt dies jedoch auch an der von der Autorin<br />
getroffenen Auswahl, die im französischsprachigen<br />
Bereich weitaus breiter recherchiert<br />
als im deutschsprachigen. So ergibt sich<br />
durchaus ein Pendant zum „Multidimensionalen<br />
Ansatz“, wenn man sich in<br />
Deutschland die Vorschläge aus soziologischer<br />
Sicht z.B. von Sieferle und Luhmann<br />
vor Augen führt. Auch erweist es sich hier als<br />
unbefriedigend, daß die Autorin den Aspekt<br />
der theologischen Auseinandersetzung mit<br />
Wirtschaftsethik in Deutschland weitgehend<br />
unterdrückt und allenfalls als Anhängsel in<br />
einem Exkurs anspricht, nicht jedoch eine<br />
analoge Berücksichtigung im Kapitel 4 der<br />
Arbeit (Darstellung der Situation in Deutschland)<br />
vornimmt. Offensichtlich ist der Autorin<br />
die extensiv geführte Diskussion aus theologischer<br />
Sicht in Deutschland weitgehend<br />
entgangen. Dies betrifft nicht allein die von<br />
ihr angeführten - aber dennoch reichlich lückenhaft<br />
dargestellten - Vorschläge katholischer<br />
Theologen, sondern vor allem die umfassenden<br />
Forschungsergebnisse evangelischer<br />
und evangelikaler Wissenschaftler im<br />
deutschen Sprachraum.<br />
Diese Asymmetrie in der Darstellung des Objektbereichs<br />
schlägt sich schließlich auch in<br />
dem relativ knapp (15 Seiten) ausgefallenen<br />
„Vergleich der französischen und deutschen<br />
Ansätze“ - eigentlich das Hauptthema der Ar-