Rezensionen - Rainer Hampp Verlag
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280 <strong>Rezensionen</strong> (ZfP 3/96)<br />
wirtschaftlichen Handelns, kurz: Wirtschaftsethik,<br />
geführt. Dabei ist zu beobachten, daß -<br />
je nach soziokulturellen Besonderheiten des<br />
jeweiligen nationalen Kontextes - die Diskussion<br />
unterschiedliche Schwerpunkte aufweist.<br />
So initiierten in den USA vor allem Korruptions-<br />
und Insiderskandale die Frage nach der<br />
Moral wirtschaftlichen Handelns mit dem Ergebnis,<br />
daß die Diskussion dort schwerpunktmäßig<br />
auf die Unternehmensebene<br />
(„business ethics“) focussiert, während im<br />
deutschen Sprachraum die wissenschaftliche<br />
Auseinandersetzung mit Wirtschaftsethik vor<br />
allem durch die Umweltzerstörung einen wesentlichen<br />
Anstoß erfuhr. Exakt vor diesen<br />
Hintergrund ist das Thema der vorliegenden<br />
Arbeit von Bettina Hollstein einzuordnen, die<br />
1994 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften<br />
der Johannes-Gutenberg-Universität<br />
Mainz als Dissertation angenommen worden<br />
war.<br />
Auch in Frankreich hat sich in den letzten<br />
zwanzig Jahren Wirtschaftsethik als Forschungsgebiet<br />
etabliert. Dies geschah ebenfalls<br />
im Zuge bestimmter nationaler Besonderheiten<br />
und zeitigte im Ergebnis eine Reihe<br />
von Ansätzen, die sich - nicht zuletzt auch<br />
aufgrund von Sprachbarrieren - im Vergleich<br />
zu Vorschlägen aus dem deutschen und angloamerikanischen<br />
Sprachraum teilweise sehr<br />
eigenständig präsentieren. Frau Hollstein hat<br />
es sich zur Aufgabe gemacht, diese französischen<br />
Ansätze zur Wirtschaftsethik aufzuarbeiten<br />
(u.a. auch im Rahmen eines Forschungsaufenthalts<br />
an der Sorbonne) und diese<br />
der Diskussion im deutschen Sprachraum<br />
gegenüberzustellen. Dabei erweist sich allerdings<br />
die Formulierung „Deutsche Ansätze“<br />
im Titel als etwas unglücklich, da einerseits<br />
weite Teile der Arbeit sich mit Vorschlägen<br />
der St. Gallener Schule befassen, die allenfalls<br />
als deutschsprachig zu bezeichnen sind,<br />
andererseits die diskutierten Ansätze keineswegs<br />
das mittlerweile recht breite Spektrum<br />
der deutschsprachigen Befassung mit Wirtschaftsethik<br />
repräsentieren.<br />
Im Vorlauf der eigentlichen Untersuchung<br />
grenzt Frau Hollstein den Objektbereich ihrer<br />
Arbeit ab und definiert grundlegende Begriffe<br />
(Kapitel 1). Allerdings erscheint es vorstellbar,<br />
daß die Begriffsbestimmung von „Wirtschaftsethik“<br />
nicht jedem Leser unmittelbar<br />
einleuchtet. Denn ausgehend von dem eher<br />
steilen Verständnis von Homann (S. 5), wird<br />
schließlich eine eher weiche Definition in Anlehung<br />
an Ulrich gewählt (S. 8), ohne daß eine<br />
begrifflich scharfe Abgrenzung des Gegenstandsbereiches<br />
erfolgt. Dieses Unbehagen<br />
begleitet den Leser durch das gesamte<br />
Buch hindurch.<br />
Darauf aufbauend erfolgt eine grundlegende<br />
Einordnung des Untersuchungsgegenstandes<br />
(Kapitel 2), wobei in diesem Teil die den von<br />
der Autorin berücksichtigten deutsch- und<br />
französischsprachigen Ansätzen gemeinsamen<br />
Inhalte aufgearbeitet werden. Insgesamt<br />
werden vier Aspekte als wesentlich betrachtet:<br />
Die Änderung naturwissenschaftlicher Paradigmen,<br />
welche im Ergebnis die Relevanz<br />
der Systemtheorie begründet, die Entwicklung<br />
des Umweltbegriffs und der Umweltökonomie<br />
in den Wirtschaftswissenschaften,<br />
der Utilitarismus als normative Grundlage der<br />
Wirtschaftswissenschaften sowie schließlich<br />
normative Begründungsversuche für den<br />
Umweltschutz. Mit dieser durchaus originellen<br />
Auswahl gelingt es, die folgenden Überlegungen<br />
auf eine solide sachliche Basis zu<br />
stellen.<br />
Im Kern ihrer Untersuchung wendet sich die<br />
Autorin dann der wirtschaftsethischen Diskussion<br />
in Frankreich zu (Kapitel 3). Sinnvollerweise<br />
erfolgt zunächst eine Darstellung<br />
der öffentlichen Auseinandersetzung mit<br />
Wertefragen, speziell unter Umweltaspekten<br />
in Frankreich. Dabei wird eindrucksvoll herausgearbeitet,<br />
daß Ausgangspunkte ethischer<br />
Überlegungen dort vor allem - im Anschluß<br />
an die in Frankreich weitaus extensiver geführten<br />
öffentlichen philosophischen Debatten<br />
über die großen Ideologien wie z.B. den<br />
Marxismus in den sechziger und siebziger<br />
Jahren - die Stichworte „Antirassismus“ und<br />
„Katastrophenhilfe“ den Anstoß für wirtschaftsethische<br />
Überlegungen lieferten. Gut<br />
nachvollziehbar schildert die Autorin, wie