Studie „Auswirkung eines RFID-Masseneinsatzes auf Ent- sorgungs ...
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<strong>Studie</strong><br />
<strong>„Auswirkung</strong> <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-<strong>Masseneinsatzes</strong> <strong>auf</strong> <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>-<br />
und Recyclingsysteme“<br />
Förderkennzeichen: 16SV2280<br />
Diese <strong>Studie</strong> wurde im Rahmenprogramm Mikrosysteme 2004-2009<br />
durch das Bundesministerrium für Bildung und Forschung gefördert.
Durchführende Forschungsstelle<br />
Universität Dortmund<br />
Fachgebiet Logistik<br />
Prof. Dr.-Ing. Jansen<br />
Leonhard-Euler-Straße 5<br />
44227 Dortmund<br />
Dipl. Wi.-Ing. Martin Gliesche<br />
Dipl. Wirt.-Inf. Martin Helmigh
Management Summary<br />
Der nachhaltige Einsatz von Transpondern stellt eine vielschichtige Problematik dar, die in<br />
erster Linie durch die Mengenentwicklung in den nächsten Jahren beeinflusst werden wird.<br />
<strong>RFID</strong> ist bereits heute Bestandteil vieler Geschäftsprozesse und wird in vielen Anwendungen<br />
eingesetzt. Dabei kommen jedoch bis dato überwiegend Mehrwegtransponder zum Einsatz,<br />
so dass sich bis heute noch keine schwerwiegenden Auswirkungen <strong>auf</strong> die ent<strong>sorgungs</strong>logistische<br />
Kette gezeigt haben. Angesichts stetig steigender Umsätze und einer Vielzahl neuer<br />
Anwendungen ist auch in Zukunft von einem starken Wachstum der <strong>RFID</strong>-Branche auszugehen.<br />
Auf lange Sicht werden in Zukunft größere Transpondermengen entsorgt werden<br />
müssen.<br />
<strong>RFID</strong>-Tags können sich vor allem im Glas-, Aluminium-, und Kunstoffrecycling sowie bei der<br />
Restmüllverwertung negativ auswirken. Im Glas- und Aluminiumrecycling kann die Qualität<br />
der Recyclate durch eine große Anzahl Störstoffe herabgesetzt werden, so dass das Endprodukt<br />
nicht mehr verwertbar ist. Bei der Restmüllverwertung kann eine große Menge <strong>RFID</strong>-<br />
Transponder sowohl bei der thermischen als auch bei der mechanisch-biologischen Verwertung<br />
zu einem Überschreiten der jeweils zulässigen Grenzwerte für Kupfer, Silber und Chloride<br />
führen. Dies kann zu erheblichen Mehrkosten bei der <strong>Ent</strong>sorgung führen. Bei einem<br />
Masseneinsatz von <strong>RFID</strong> wird der Bedarf an wertvollen Rohstoffen erheblich steigen. Dieser<br />
Anstieg wird sich vor allem <strong>auf</strong> die Rohstoffpreise auswirken, so dass die steigende Nachfrage<br />
nur durch eine Wiederverwertung überhaupt befriedigt werden kann. Ein Recycling der<br />
Transponder an sich wäre dann im Sinne der Hersteller, wenn die Aufbereitung - vor allem<br />
der materialintensiven Antennen - zu einem Kreisl<strong>auf</strong> der hochwertigen Bestandteile, wie<br />
z.B. Silber, zwischen den Beteiligten führt.<br />
Die in der vorliegenden <strong>Studie</strong> analysierten Probleme verdeutlichen, dass <strong>RFID</strong> aus Sicht<br />
der <strong>Ent</strong>sorgung kritische Auswirkungen haben kann. Zur Lösung dieser Probleme ist daher<br />
vor allem die <strong>Ent</strong>wicklung technischer Verfahren zur Trennung und Aufbereitung von Smart<br />
Labeln erforderlich, da in diesem Bereich bisher Defizite bestehen. Allein <strong>auf</strong>grund des Rohstoffbedarfs<br />
ist jedoch eine derartige <strong>Ent</strong>wicklung nur möglich, wenn eine Wiederverwendung<br />
und Verwertung von Transpondern stattfindet. Nur durch einen nachhaltigen Einsatz von<br />
Transpondern kann <strong>RFID</strong> zu einer Zukunftstechnologie werden.
Inhaltsverzeichnis<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... I<br />
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ III<br />
Tabellenverzeichnis.............................................................................................................. IV<br />
Abkürzungen.......................................................................................................................... V<br />
1. Einleitung und Zielsetzung............................................................................................ 1<br />
2. Stand der Technik .......................................................................................................... 3<br />
2.1. <strong>RFID</strong>-Einsatz in der Automobilbranche ..................................................................... 3<br />
2.2. <strong>RFID</strong>-Einsatz im Handel............................................................................................ 4<br />
2.3. <strong>RFID</strong>-Einsatz im Ticketing......................................................................................... 5<br />
3. Gesetze und Richtlinien mit Bezug zum Forschungsthema ...................................... 6<br />
3.1. Richtlinien im Bereich Automobil............................................................................... 6<br />
3.2. Richtlinien im Bereich Handel ................................................................................... 6<br />
3.3. Richtlinien im Bereich Smart Label ........................................................................... 7<br />
4. <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse ....................................................................... 10<br />
4.1. Grundlagen der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>logistik ....................................................................... 10<br />
4.2. Klassier- und Sortiertechniken ................................................................................ 11<br />
4.2.1. Klassiertechniken............................................................................................. 11<br />
4.2.2. Sortiertechniken ............................................................................................... 12<br />
4.3. Automotive .............................................................................................................. 16<br />
4.4. Handel..................................................................................................................... 17<br />
4.4.1. Papier/ Pappe .................................................................................................. 18<br />
4.4.2. Glas.................................................................................................................. 18<br />
4.4.3. Restmüll ........................................................................................................... 20<br />
4.4.4. Kunststoffe ....................................................................................................... 21<br />
4.4.5. Aluminium ........................................................................................................ 23<br />
4.4.6. Weißblech ........................................................................................................ 23<br />
4.4.7. Stahl................................................................................................................. 24<br />
4.4.8. Elektro- und Elektronik- Altgeräte .................................................................... 24<br />
I
Inhaltsverzeichnis<br />
4.5. Ticketing .................................................................................................................. 25<br />
4.6. Smart Label ............................................................................................................. 25<br />
5. Mengenentwicklung ..................................................................................................... 26<br />
5.1. Hightech Szenario ................................................................................................... 30<br />
5.2. Konservatives Szenario........................................................................................... 32<br />
6. Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes ................................................ 34<br />
6.1. Automobilindustrie ................................................................................................... 34<br />
6.1.1. Hightech Szenario ............................................................................................ 34<br />
6.1.2. Konservatives Szenario.................................................................................... 34<br />
6.2. Handel ..................................................................................................................... 35<br />
6.2.1. Hightech Szenario ............................................................................................ 35<br />
6.2.2. Konservatives Szenario.................................................................................... 35<br />
6.3. Ticketing .................................................................................................................. 35<br />
6.3.1. Hightech Szenario ............................................................................................ 36<br />
6.3.2. Konservatives Szenario.................................................................................... 36<br />
6.4. Abschätzungen <strong>auf</strong> die ent<strong>sorgungs</strong>logistische Kette ............................................. 37<br />
6.4.1. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Automobil................................................. 37<br />
6.4.2. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Ticketing .................................................. 37<br />
6.4.3. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Handel ..................................................... 37<br />
6.5. Case Study .............................................................................................................. 41<br />
6.5.1. Rückspiegel <strong>eines</strong> Autos .................................................................................. 41<br />
6.5.2. <strong>RFID</strong>-Konzertkarte ........................................................................................... 42<br />
6.5.3. DVD-Player ...................................................................................................... 44<br />
7. Neue Technologien....................................................................................................... 46<br />
8. Handlungsempfehlungen............................................................................................. 48<br />
9. Fazit................................................................................................................................ 50<br />
10. Literaturverzeichnis...................................................................................................... 53<br />
II
Abbildungsverzeichnis<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Abbildung 4-1: Abfallpyramide nach KrW-/AbfG.....................................................................10<br />
Abbildung 4-2: Funktionsweise <strong>eines</strong> Seperators /AWZ07/....................................................12<br />
Abbildung 4-3: Magnetscheidung /ABFA07/...........................................................................13<br />
Abbildung 4-4: Prinzip der Flotationssortierung /KALI07/ .......................................................15<br />
Abbildung 4-5: Schematische Darstellung Altautorecycling /JOCH04, S.55/ .........................16<br />
Abbildung 4-6: Schema der Papierherstellung .......................................................................18<br />
Abbildung 4-7: Fallsortierung von Altglas /ZEIG05/................................................................19<br />
Abbildung 4-8: Schema einer Müllverbrennungsanlage /MVK07/ ..........................................20<br />
Abbildung 5-1: Preisentwicklung von Transpondern /HARR06A/...........................................27<br />
Abbildung 5-2: Potenziale der <strong>RFID</strong>-Technologie /FTK06 S.9/ ..............................................28<br />
Abbildung 6-1: Verwendung von Aluminium...........................................................................40<br />
Abbildung 6-2: <strong>Ent</strong>sorgung <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-getaggten Autorückspiegels.....................................42<br />
Abbildung 6-3: <strong>Ent</strong>sorgung eine <strong>RFID</strong>-Konzerttickets ............................................................44<br />
Abbildung 6-4: <strong>Ent</strong>sorgung <strong>eines</strong> getaggten DVD-Spielers....................................................45<br />
III
Tabellenverzeichnis<br />
TABELLENVERZEICHNIS<br />
Tabelle 3-1: Verbrauch und Verwertung von Verpackungen (in 1.000t) /GVM06/................... 7<br />
Tabelle 5-1: Aufkommen an Verpackungen........................................................................... 29<br />
Tabelle 5-2: Rohstoffmengen pro Transponder ..................................................................... 30<br />
Tabelle 5-3: Anzahl Transponder im Hightech Szenario ....................................................... 31<br />
Tabelle 5-4: Rohstoffmengen im Hightech Szenario ............................................................. 31<br />
Tabelle 5-5: Anzahl Transponder im Konservative Szenario................................................. 32<br />
Tabelle 5-6: Rohstoffmengen im Konservativen Szenario..................................................... 33<br />
IV
Abkürzungen<br />
ABKÜRZUNGEN<br />
AIM<br />
DSD<br />
EAS<br />
EPC<br />
ERA<br />
FTK<br />
HF<br />
IMDS<br />
KLT<br />
KSP<br />
NFC<br />
PBB<br />
REACH<br />
<strong>RFID</strong><br />
RoHS<br />
SLF<br />
UHF<br />
VDC<br />
WEEE<br />
Verband für Automatische Identifikation, Datenerfassung und Mobile<br />
Datenkommunikation<br />
Duales System Deutschland<br />
Elektronisches Artikelsicherungssystem<br />
Electronic Product Code<br />
Elektro-Altgeräte Register<br />
Forschungsinstitut für Telekommunikation<br />
High Frequency<br />
International Material Data System<br />
Kleinladungsträger<br />
Keramik, Stein, Porzellan<br />
Near Field Communication<br />
Polybromiertes Biphenyl<br />
Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals<br />
Radio Frequency Identification<br />
Restriction of the use of certain hazardous substances in electrical<br />
and electronic equipment<br />
Shredder-Leicht-Fraktion<br />
Ultra High Frequency<br />
Venture Development Corp.<br />
Waste Electrical and Electronic Equipment<br />
V
Einleitung und Zielsetzung<br />
1. EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG<br />
Die <strong>RFID</strong>-Technologie (Radiofrequenz-Identifikation) ermöglicht eine kontaktfreie Identifikation<br />
und Datenerfassung durch verschiedenste Materialien hindurch über elektromagnetische<br />
Wellen und wird bereits in unterschiedlichsten Prozessen eingesetzt. In den letzten Jahren<br />
hat sich durch technologische Fortschritte der interessierte Anwenderkreis wesentlich vergrößert,<br />
wodurch sich eine starke Verbreitung entwickelt hat. Immer mehr Anwendungen der<br />
Technologie, angefangen bei der Optimierung der Distributionsprozesse im Handel über den<br />
elektronischen Reisepass, die <strong>RFID</strong>-Tickets der Fußball-WM 2006 oder das Behältermanagement<br />
in vielfältigsten Logistikanwendungen können verzeichnet werden. In all diesen Anwendungen<br />
werden Transponder an Objekte angebracht, begleiten diese über deren Lebensweg<br />
und werden gemeinsam mit diesen Objekten entsorgt.<br />
In einer Vielzahl von <strong>Studie</strong>n wird der <strong>RFID</strong>-Technologie ein sehr dynamisches Wachstum<br />
prognostiziert; bedingt durch den stetig sinkenden Tagpreis vor allem im Einweg-Einsatz.<br />
Sollten die Smart Label den Einsatz <strong>auf</strong> Massenprodukten erreichen, „so könnte sich für den<br />
Fall, dass in Deutschland alle Verk<strong>auf</strong>sverpackungen (des DSD) mit Tags ausgestattet werden,<br />
die Menge <strong>auf</strong> 200 Milliarden Tags pro Jahr in Deutschland bel<strong>auf</strong>en.“ /BEHR04 S.15ff/.<br />
Damit wird sich die Anzahl der Smart Label, die in die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>systeme eintreten, äquivalent<br />
vergrößern.<br />
Ziel dieser <strong>Studie</strong> ist es, zu untersuchen, in wie weit ein massenhafter Einsatz von <strong>RFID</strong>-<br />
Transpondern sowie deren <strong>Ent</strong>sorgung über die existierenden <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>systeme zur Beeinträchtigung<br />
dieser führt. Dabei beschränkt sich der Fokus der Untersuchung <strong>auf</strong> die drei<br />
Branchen Automotive, Handel und Ticketing. da in diesen Branchen der Einsatz der <strong>RFID</strong><br />
Technologie besonders vorangetrieben wird und sie somit als Zugmotor der <strong>RFID</strong>-<br />
<strong>Ent</strong>wicklung gelten.<br />
Im ersten Schritt der Untersuchung werden die aktuellen und zu erwartenden Anwendungen<br />
der Technologie in den drei Gebieten untersucht und <strong>auf</strong>gezeigt (vgl. Kapitel 2). Als Basis<br />
dienten hier verschiedene <strong>Studie</strong>nergebnisse sowie gezielte Gespräche mit Branchenexperten.<br />
Mit diesem Schritt können die betroffenen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wege ermittelt werden.<br />
Kapitel 3 stellt anschließend die gesetzlichen Rahmenbedingungen dar, die in den verschiedenen<br />
Branchen bei der <strong>Ent</strong>sorgung beachtet werden müssen. Hier muss zwischen der<br />
Rahmengesetzgebung durch die Europäische Union (EU) und den nationalen Umsetzungen<br />
in Deutschland differenziert werden.<br />
Diese Vorgaben werden in Deutschland mithilfe modernster <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>technik umgesetzt.<br />
In wie weit die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse nun durch den Eintrag von Smart Labels gestört werden,<br />
muss durch eine Untersuchung dieser Prozesse ermittelt werden. In Kapitel 4 werden<br />
1
Einleitung und Zielsetzung<br />
die verschiedenen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse untergliedert nach Branche sowie Materialien dargestellt<br />
und deren Einflussparameter analysiert.<br />
Um eine Abschätzung der Einwirkung von Smart Labels zu ermöglichen, ist es notwendig,<br />
ein mittelfristiges mengenmäßiges Aufkommen zu prognostizieren. Dazu wurde <strong>auf</strong> bereits<br />
existierende <strong>Studie</strong>n zurückgegriffen und zur verbesserten Bewertbarkeit der Ergebnisse<br />
eine Szenariogestaltung durchgeführt (vgl. Kapitel 5).<br />
Kapitel 5 und 6 bilden die Grundlage für die Ableitung der Auswirkungen des <strong>Masseneinsatzes</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingsysteme, wobei auch hier <strong>auf</strong> die zwei entwickelten Szenarios<br />
zurückgegriffen wird. Die Auswirkungen werden mittels Case <strong>Studie</strong>s anhand von<br />
Beispielprodukten der verschiedenen Gruppen abschließend verdeutlicht (vgl. Kapitel 6.5).<br />
Die bis dahin durchgeführten Betrachtungen basieren <strong>auf</strong> dem Einsatz heute verfügbarer<br />
Transpondertechnologie. Kapitel 7 wird der dynamischen Technologieentwicklung Rechnung<br />
tragen und neue Herstellungsverfahren und Materialien bezüglich Ihrer Einflüsse <strong>auf</strong> das<br />
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>problem untersuchen.<br />
Kapitel 8 beschließt die Betrachtungen und empfiehlt eindeutige Handlungen, die umgesetzt<br />
werden sollten, um ein zukünftiges Versagen von <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozessen frühzeitig auszuschließen.<br />
2
Stand der Technik<br />
2. STAND DER TECHNIK<br />
Die <strong>RFID</strong>-Technologie ist im eigentlichen Sinne keine neue Technologie. Das Grundprinzip<br />
wurde bereits im zweiten Weltkrieg zur Freund-Feind-Erkennung genutzt und schon seit den<br />
siebziger Jahren gibt es kommerzielle Anwendungen im Bereich der Tierkennzeichnung. Seit<br />
den achtziger Jahren finden sich auch Anwendungen in der Zutrittskontrolle und Zeiterfassung<br />
und seit Beginn der neunziger Jahre wird <strong>RFID</strong> in den Wegfahrsperren von Autos eingesetzt.<br />
Neue Aufmerksamkeit hat die Technologie vor allem durch die Verfügbarkeit von<br />
preiswerten passiven UHF-Transpondern mit flacher B<strong>auf</strong>orm, so genannten Smart Labels<br />
erfahren, mit deren Hilfe vor allem der Handel hofft, Logistikprozesse transparenter und damit<br />
auch wirtschaftlicher zu gestalten. Die Vorteile gegenüber herkömmlichen Identifikationsmethoden<br />
liegen dabei vor allem in der höheren Reichweite, Materialdurchdringung und<br />
Pulkerfassung. Gerade aus dem Bereich des Verbraucherschutzes sind dabei aber auch<br />
kritische Stimmen laut geworden, die vor allem <strong>auf</strong>grund der Sicherheit und des Datenschutzes<br />
gegen den Einsatz von <strong>RFID</strong> vorgehen. Die Herstellung und Verbreitung dieser Smart<br />
Label bringt jedoch gerade auch die ent<strong>sorgungs</strong>logistischen Probleme mit sich, die heute<br />
<strong>auf</strong> Grund der geringeren Mengen kaum zu Problemen führen, in Zukunft bei steigenden<br />
Mengen jedoch erheblich kritischer zu bewerten sind. Die nachfolgenden Kapitel sollen den<br />
<strong>RFID</strong>-Einsatz in den einzelnen Bereichen anhand verschiedener Projekte <strong>auf</strong>zeigen. Damit<br />
soll verdeutlicht werden, in welchen Teilbereichen die <strong>RFID</strong>-Technologie bereits im Einsatz<br />
ist und warum die jeweiligen Branchen als Wegbereiter gelten.<br />
2.1. <strong>RFID</strong>-Einsatz in der Automobilbranche<br />
Nach Einschätzung verschiedener Experten ist die Automobilbranche die Branche, die letztendlich<br />
am meisten von der <strong>RFID</strong>-Technologie profitieren wird. Dies liegt darin begründet,<br />
dass durch den <strong>RFID</strong>-Einsatz die Prozesse weiter automatisiert werden können, was sowohl<br />
die Wirtschaftlichkeit der Herstellung als auch eine zunehmende Individualisierung der Fahrzeuge<br />
ermöglicht. Auch heute gibt es bereits eine große Anzahl an <strong>RFID</strong>-Projekten in der<br />
Automobilindustrie, die zum Teil noch Pilotcharakter haben, teilweise aber schon im Serienbetrieb<br />
sind. Das wohl derzeit ehrgeizigste Projekt ist das Projekt LAENDMARKS<br />
/LAEND06/, das eine durchgängige Produktkennzeichnung von Automobilteilen und damit<br />
eine Rückverfolgbarkeit über die gesamte Supply Chain durch <strong>RFID</strong>-Kennzeichnung erreichen<br />
will. Der bisherige Einsatz von <strong>RFID</strong>-Transpondern in der Automobilindustrie beschränkt<br />
sich größtenteils <strong>auf</strong> die Verwendung von aktiven bzw. semi-aktiven Transpondern<br />
in geschlossenen Kreisläufen der Produktionssteuerung, bzw. bei der Verwaltung und Rückverfolgung<br />
von Behältern und Spezialladungsträgern. Die Volkswagen AG verwaltet schon<br />
seit längerer Zeit Behälter mit Hilfe aktiver Transponder /RFAT06/. Bei der Produktion des<br />
neuen Audi TT kommen ebenfalls semi-aktive Transponder in der Produktionssteuerung zum<br />
3
Stand der Technik<br />
Einsatz /IDEN07/. Durch die verbesserte Performance der passiven Transponder und die<br />
sinkenden Preise steht zu erwarten, dass in Zukunft Teile mit passiven Einwegtranspondern<br />
gekennzeichnet werden.<br />
2.2. <strong>RFID</strong>-Einsatz im Handel<br />
Die großen europäischen Handelsketten, wie Tesco, Walmart und Metro gelten weiterhin als<br />
Wegbereiter für die <strong>RFID</strong>-Technologie. Für den deutschen Markt ist hier vor allem die Metro<br />
mit der Metro Group Future Store Initiative federführend, die den Einsatz von Informationstechnologie<br />
im Handel und insbesondere von <strong>RFID</strong>-Smart Labels <strong>auf</strong> breiter Ebene vorantreiben<br />
will /FUT06/. Dabei werden in einem ersten Schritt zwischen Zulieferer und Metro<br />
uml<strong>auf</strong>ende Paletten gekennzeichnet. Der zweite Schritt, die Packstückkennzeichnung von<br />
160.000 Packstücken, befindet sich zum Teil bereits in der Umsetzung. Ziel soll letztlich das<br />
Tagging <strong>auf</strong> Produktebene sein, um so eine komplett transparente Lieferkette zu schaffen.<br />
Einem durchgängigen Produkttagging stehen zurzeit jedoch mehrere Hindernisse wie Transponderkosten,<br />
physikalische Grenzen und datenschutzrechtliche Bedenken im Weg, so dass<br />
eine Umsetzung im Betrachtungszeitraum dieser <strong>Studie</strong> nicht mehr stattfinden wird. Die<br />
REWE Gruppe testet den Einsatz von <strong>RFID</strong> in dem Logistikzentrum in Norderstedt bei Hamburg.<br />
Die angelieferten Waren werden an bestimmten Wareneingangstoren mittels <strong>RFID</strong>-<br />
Gates erfasst, wobei Smart Label <strong>auf</strong> Palettenebene zum Einsatz kommen. Vor einem flächendeckenden<br />
Einsatz sollen jedoch alle Störfaktoren eliminiert werden, ein breiter Einsatz<br />
<strong>auf</strong> Palettenebene wird in den nächsten Jahren realisiert werden /REWE06/. Die Textilhandelsunternehmen<br />
Gardeur und Lemmy Fashion erfassen ihre Hänge- und Liegeware <strong>auf</strong><br />
Produkt- bzw. Artikelebene innerhalb ihrer Distributionslager sowie teilweise in vor- und<br />
nachgelagerten Prozessschritten. Aus Datenschutzgründen werden die Transponder jedoch<br />
spätestens an der Kasse entfernt und aus Kostengründen bis zu zehnmal wiederverwendet.<br />
Da über die installierten Transponder gleichzeitig eine Artikelsicherung realisiert werden<br />
kann, wird ein flächendeckender Einsatz angestrebt. Auf Grund der Transponderkosten ist<br />
ein Einsatz jedoch hauptsächlich an mittel- und höherwertiger Ware sinnvoll. Das Versandhaus<br />
OTTO setzt <strong>RFID</strong> zur Diebstahlsicherung während des Versands ein, hier sollen vor<br />
allem höherwertige Waren überwacht werden. Die Kennzeichnung erfolgt an der Produktverpackung<br />
/RFAT06/.<br />
Ein Großteil der Einwegtransponder wird derzeit und auch in Zukunft im Handel verbraucht,<br />
wobei jedoch bisher keine Konzepte zur <strong>Ent</strong>sorgung der anfallenden Transponder existieren.<br />
Die anfallenden Tags werden mit der Umverpackung über die bestehenden <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wege<br />
entsorgt.<br />
4
Stand der Technik<br />
2.3. <strong>RFID</strong>-Einsatz im Ticketing<br />
Bis <strong>auf</strong> einige kleine Veranstaltungen und Messen ist die FIFA Fußball Weltmeisterschaft<br />
2006 in Deutschland das einzige <strong>RFID</strong>-Projekt im Bereich Ticketing, bei dem Einwegtransponder<br />
eingesetzt wurden /FANS06A/. Wird die <strong>RFID</strong>-Technologie bei Zutrittskontrollen<br />
schon seit einigen Jahren flächendeckend eingesetzt, so kommen hier ausschließlich<br />
Mehrwegtransponder zum Einsatz. In der Regel werden diese Zutrittskarten, wie bei den<br />
Skipässen, nur gegen ein Pfandgeld herausgegeben, so dass ein Rückfluss der Karten sichergestellt<br />
ist. Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr könnte <strong>RFID</strong> in Zukunft eine größere<br />
Rolle spielen. Ein Pilotversuch des Rhein Main Verkehrsverbunds (RMV) Hanau in Zusammenarbeit<br />
mit den Elektronikherstellern Nokia und Philips soll Monats- und Jahreskarten sowie<br />
auch Eintrittskarten zu speziellen Freizeiteinrichtungen in ein NFC-<strong>RFID</strong>-Handy integrieren<br />
/RMV07/. Diese werden die bisherigen Karten im Chipkartenformat langfristig ersetzen<br />
und somit nicht mehr unter die spezielle <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>problematik fallen. Ähnliche Projekte<br />
aus dem Ausland legen die Vermutung nahe, dass zukünftig auch einzelne Fahrscheine mit<br />
<strong>RFID</strong>-Transpondern ausgestattet werden könnten. Hier bedarf es einer entsprechenden Infrastruktur,<br />
die verbrauchten Fahrscheine zu sammeln und wiederzuverwerten. So müssen<br />
Fahrscheine in Singapur beim Betreten und beim Verlassen der U-Bahn von Automaten eingelesen<br />
werden. Wird der Fahrschein mit dem Verlassen entwertet, so wird er direkt einbehalten<br />
und kann einer entsprechenden Wiederverwertung zugeführt werden.<br />
5
Gesetze und Richtlinien mit Bezug zum Forschungsthema<br />
3. GESETZE UND RICHTLINIEN MIT BEZUG ZUM<br />
FORSCHUNGSTHEMA<br />
Auch der Bereich der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wirtschaft unterliegt den Harmonisierungsbestrebungen<br />
der Europäischen Union (EU). Dahinter steht die 2001 beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der EU. Das Gemeinschaftsrecht umfasst demnach fast alle Bereiche der Umweltpolitik,<br />
so auch der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wirtschaft:<br />
• Altautorichtlinie (vgl. Kapitel 3.1),<br />
• Richtlinien für Elektro- und Elektronik-Altgeräte (vgl. Kapitel 3.2 und 3.3),<br />
• Batterierichtlinie,<br />
• Verpackungsrichtlinie (vgl. Kapitel 3.2),<br />
• Deponierichtlinie und<br />
• Altölrichtlinie.<br />
Diese Richtlinien stellen die Rahmengesetzgebung dar, die entsprechend in nationales<br />
Recht umgesetzt wird.<br />
3.1. Richtlinien im Bereich Automobil<br />
Nach der EU-Richtlinie 2000/53/EG vom 18. September 2000 müssen alle wieder verwendbaren<br />
Bauteile <strong>eines</strong> KFZ auch zwingend wiederverwendet werden /EU00/. Nicht wieder<br />
verwendbare Teile müssen vorzugsweise dem Recycling zugeführt, zumindest aber verwertet<br />
werden. Die EU-Richtlinie wurde mit der „Verordnung über die Überlassung, Rücknahme<br />
und umweltverträgliche <strong>Ent</strong>sorgung von Altfahrzeugen“ vom 21. Juni 2002 zuletzt überarbeitet<br />
am 9. Februar 2006, in Deutschland umgesetzt /ALTF02/. Seit dem 1. Januar 2006 liegen<br />
die Wiederverwendungs- und Verwertungsvorgaben für Altfahrzeuge bei mindestens 85%<br />
des durchschnittlichen Fahrzeuggewichts (§5 Absatz 1 AltfahrzeugV). Für Wiederverwendung<br />
und Recycling liegen die Vorgaben bei mindestens 80% des durchschnittlichen Fahrzeuggewichts.<br />
Für Fahrzeuge, die vor dem 1. Januar 1980 hergestellt wurden, gelten niedrigere<br />
Vorgaben von 75%, bzw. 70% für Wiederverwendung und Recycling. Bis spätestens 1.<br />
Januar 2015 müssen die Vorgaben für Wiederverwendung und Verwertung <strong>auf</strong> 95% des<br />
durchschnittlichen Fahrzeuggewichts erhöht werden und für Wiederverwendung und Recycling<br />
<strong>auf</strong> 90%.<br />
3.2. Richtlinien im Bereich Handel<br />
Im Bereich Handel findet die „Verpackungsverordnung über die Vermeidung und Verwertung<br />
von Verpackungsabfällen“ Anwendung /VERP98/. Ziel der Verordnung ist die Verringerung<br />
von Umweltbelastungen aus Verpackungsabfällen und die Wiederverwendung und Verwer-<br />
6
Gesetze und Richtlinien mit Bezug zum Forschungsthema<br />
tung zu fördern. Dabei werden Verpackungen nach Transport-, Um- und Verk<strong>auf</strong>sverpackung<br />
klassifiziert. Im Anhang I zu §6 der Verordnung sind Verwertungsquoten angegeben,<br />
die Hersteller und Vertreiber bei verschiedenen Materialen erfüllen müssen. Diese sind angegeben<br />
mit:<br />
• Glas 75%<br />
• Weißblech 70%<br />
• Aluminium 60%<br />
• Papier, Pappe, Karton 70%<br />
• Verbundmaterialien 60%<br />
Kunststoffe sind mit 60% einer Verwertung zuzuführen, von denen wiederum 60% einer<br />
werkstofflichen Verwertung zuzuführen sind. Des Weiteren schreibt die Verpackungsverordnung<br />
den Nachweis über die Erfüllung der Quoten vor /EU04/. Den Stand der Verwertungsquoten<br />
in 2004 gibt Tabelle 3-1 wieder. Dabei ist eine deutliche Übererfüllung der Vorgaben<br />
in einigen Bereichen zu erkennen.<br />
Material Verbrauch Verwertungsmenge Verwertungsquote Vorgabe<br />
Aluminium 85,90 62,60 73% 60%<br />
Papier, Pappe, Karton 6.701,80 6.096,40 91% 70%<br />
Glas 3.073,30 2.504,10 81% 75%<br />
Kunststoffe 2.254,80 1.101,00 49%<br />
Weißblech 544,00 444,60 82% 70%<br />
Sonstiger Stahl 274,20 239,20 87%<br />
Metalle gesamt 904,10 746,40 83%<br />
Flüssigkeitskarton 245,40 153,40 63% 60% (Verbunde)<br />
Holz, Kork 2.319,10 1.570,00 68%<br />
Gesamtverbrauch* 15.516,90 12.171,30 78%<br />
*Mengen der werkstoffl. und sonst. stoffl. Verwertung sowie der energetischen Verwertung<br />
Tabelle 3-1: Verbrauch und Verwertung von Verpackungen (in 1.000t) /GVM06/<br />
3.3. Richtlinien im Bereich Smart Label<br />
Nach Artikel 2 Absatz 1 der EU-Richtlinie 2002/95/EG (RoHS) von Januar 2003 zählt ein<br />
Smart Label bzw. ein Transponder als Elektro- bzw. Elektronikgerät der Kategorie IT- und<br />
Telekommunikationsgeräte. Damit darf ein Smart Label kein Blei, Quecksilber, Cadmium,<br />
sechswertiges Chrom, polybromiertes Biphenyl (PBB) und polybromiertes Diphenylether<br />
7
Gesetze und Richtlinien mit Bezug zum Forschungsthema<br />
enthalten /EU03A/. Ziel der Richtlinie ist es, den Gebrauch bestimmter gefährlicher Stoffe bei<br />
der Herstellung und Verarbeitung von elektrischen und elektronischen Geräten und Bauteilen<br />
zu verhindern. Der Umfang der in dieser Richtlinie festgelegten Stoffe soll im Hinblick <strong>auf</strong><br />
neue Erkenntnisse angepasst werden. Solche neuen Erkenntnisse könnten durch das Zulassungsverfahren<br />
der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung,<br />
Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) gewonnen werden<br />
/KOMM03/.<br />
Bezüglich der EU-Richtlinie 2002/96/EG (WEEE), ebenfalls von Januar 2003, über die Verwertung<br />
von Elektro- und Elektronikaltgeräten muss jedoch differenziert werden /EU03B/.<br />
Wird ein Transponder <strong>auf</strong> einem Elektro- bzw. Elektronikgerät angebracht, greift die Richtlinie<br />
und der Hersteller des Gerätes ist für die <strong>Ent</strong>sorgung verantwortlich. Wird der Transponder<br />
hingegen an der Verpackung angebracht, so gilt er als Teil der Verpackung und fällt somit<br />
nicht unter diese Richtlinie /EC02, S.12/. In Anbetracht der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten<br />
der Transponder greift diese Abgrenzung zu kurz. Außerdem bezieht sie sich ausschließlich<br />
<strong>auf</strong> die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>pflichten und nicht <strong>auf</strong> die weiteren sich aus der WEEE-<br />
Richtlinie ergebenden Verpflichtungen. Die Frage nach der Behandlung von Smart Labels in<br />
diesem Kontext wird bereits in der Fachpresse diskutiert /AHLH07/.<br />
Diese Direktiven gelten für alle EU-Mitgliedsstaaten und müssen durch diese umgesetzt<br />
werden. In Deutschland wurde dies mit dem „Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme<br />
und die umweltverträgliche <strong>Ent</strong>sorgung von Elektro- und Elektronikgeräten [ElektroG]“<br />
umgesetzt, das seit dem 24. März 2005 in Teilen und seit Ende 2006 in vollem Umfang<br />
gültig ist. Kern dieser Regelung ist, dass Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten verpflichtet<br />
sind, sich bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (ERA) zu registrieren, ihre Geräte<br />
zu kennzeichnen und Altgeräte entsprechend der gesetzlichen Vorgaben gesondert zu<br />
entsorgen. Außerdem dürfen die in der RoHS-Richtlinie <strong>auf</strong>geführten Stoffe nicht verwendet<br />
werden. Diese Vorgaben wurden in ein deutschlandweites <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>managementsystem<br />
unter Leitung der ERA realisiert.<br />
Für die vorliegende <strong>Studie</strong> wäre nun zu klären, in wie weit <strong>RFID</strong>-Transponder in den Bereich<br />
dieses <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>managementsystems fallen und sich Hersteller registrieren lassen müssen,<br />
die Transponder kennzeichnen und später wieder einsammeln und entsorgen müssen.<br />
Diese Frage kann jedoch nicht abschließend geklärt werden, da das ElektroG keine Definition<br />
für „Elektrogerät“ bietet und keine genauen Aussagen zu <strong>RFID</strong>-Transpondern gemacht<br />
werden. Eine differenzierte Beleuchtung der Anwendbarkeit des ElektroG <strong>auf</strong> <strong>RFID</strong>-<br />
Transponder erfolgte in /AHLH07/, mit dem Ergebnis, dass Smart Label Elektrogeräte i. S. v.<br />
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ElektroG sind. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn das Smart Label<br />
zur Gewährleistung der Primärfunktion <strong>eines</strong> anderen Produktes notwendig ist. Bezogen <strong>auf</strong><br />
die hier betrachteten Bereiche Automotive, Handel und Ticketing, kommt man je nach Ver-<br />
8
Gesetze und Richtlinien mit Bezug zum Forschungsthema<br />
wendung zu unterschiedlichen Erkenntnissen. Dies macht deutlich, dass der Umgang mit<br />
Smart Labels am Ende ihres Lebenszyklus noch nicht abschließend geklärt ist. Um Rechtssicherheit<br />
herzustellen, muss hier eine klare Handlungsanweisung durch den Gesetzgeber<br />
erfolgen.<br />
Der Standard ISO-IEC 24729-2 Information technology -- Radio frequency identification for<br />
item management -- Implementation guidelines -- Part 2: Recyclability of RF tags soll Hinweise<br />
zur Recyclingfähigkeit von <strong>RFID</strong>-Transpondern geben und ist für diese Betrachtung<br />
sehr wichtig. Dieser Standard befindet sich jedoch noch in der <strong>Ent</strong>wicklung, sodass noch<br />
keine Inhalte bekannt sind. Auch ein Veröffentlichungsdatum steht nicht fest.<br />
9
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
4. ENTSORGUNGS- UND RECYCLINGPROZESSE<br />
Die <strong>RFID</strong>-Technologie ist ein weiterer großer Schritt in der Durchdringung von Alltagsgegenständen<br />
mit Elektronik und wirft daher wichtige Fragen zu <strong>Ent</strong>sorgung und Recycling der<br />
Komponenten <strong>auf</strong>. „Die immer kleiner und leichter werdenden elektronischen Bestandteile<br />
der Computer versprechen Einsparungen beim Materialverbrauch. Dies sei aus ökologischer<br />
Sicht begrüßenswert. Unter dem Strich könnte aber dieser Einsparungseffekt kompensiert<br />
oder gar überkompensiert werden, durch die riesige Zahl der mit Elektronik durchsetzten<br />
Gegenstände.“ /DONA03, S.2/<br />
Unter Berücksichtigung des für diese <strong>Studie</strong> gewählten Betrachtungshorizontes von fünf Jahren,<br />
zeichnet sich eine vorwiegende Applikation von Transpondern <strong>auf</strong> Verpackungen (im<br />
Handel) sowie hochwertigeren Produkten und Komponenten (Automotive) ab. Zunächst werden<br />
die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse im Allgemeinen betrachtet (vgl. Kapitel 4.1), um anschließend<br />
<strong>auf</strong> die Besonderheiten der betrachteten Bereiche einzugehen (vgl. Kapitel 4.3 bis 4.5).<br />
4.1. Grundlagen der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>logistik<br />
Abbildung 4-1: Abfallpyramide nach KrW-/AbfG<br />
Im Rahmen der allgegenwärtigen Produktions- und Konsumptionsprozesse entsteht eine<br />
breite Palette verschiedener Arten von Abfällen. Die Aufgabe der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>logistik ist es,<br />
diese Abfälle möglichst wirtschaftlich und gleichzeitig umweltverträglich, also nachhaltig, einer<br />
sachgerechten <strong>Ent</strong>sorgung zuzuführen. Die Abfallentsorgung umfasst dabei nach<br />
§ 3 Abs. 7 KrW-/AbfG die Verwertung und Beseitigung von Abfällen. Ziel ist es, in erster Linie<br />
Abfälle in ihrer Menge und Schädlichkeit zu vermeiden sowie in zweiter Linie die Abfälle einer<br />
umweltverträglichen stofflichen Verwertung zuzuführen oder sie energetisch zu verwerten.<br />
10
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Die stoffliche Verwertung umfasst dabei zum Einen die Substitution von originären Rohstoffen<br />
durch aus Abfällen gewonnene sekundäre Rohstoffe (Recycling). Zum Anderen können<br />
die Stoffe wieder für ihren ursprünglichen Zweck im Sinne der Wiederverwertung oder andere<br />
Zwecke im Sinne der Weiterverwertung eingesetzt werden.<br />
Ein möglicher anderer Zweck ist dabei die Energiegewinnung aus Abfall, die nicht der stofflichen<br />
sondern der energetischen Verwertung zuzuordnen ist. Eine energetische Verwertung<br />
liegt dann vor, wenn der Abfall als Ersatzbrennstoff zur Energiegewinnung eingesetzt wird.<br />
Die Abfallbeseitigung durch Deponieren oder eine Behandlung sollte stets die letzte zu nutzende<br />
Alternative sein und kann derzeit in folgenden Anlagen erfolgen:<br />
• Thermische Abfallbehandlungsanlagen,<br />
• Feuerungsanlagen mit energetischer Verwertung,<br />
• Chemisch/physikalische Behandlungsanlagen,<br />
• Bodenbehandlungsanlagen,<br />
• Biologische Behandlungsanlagen,<br />
• Mechanisch-biologische Behandlungsanlagen und<br />
• Schredderanlagen.<br />
Die <strong>Ent</strong>sorgung von Abfällen stellt dabei keinen einstufigen Prozess dar. So werden z. B. die<br />
Behandlungsprodukte der Schredderanlagen in verschiedene weitere Behandlungsverfahren<br />
eingebracht. Die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>logistik umfasst somit das Bereitstellen, Überlassen, Sammeln,<br />
Einsammeln durch Hol- und Bringsysteme, Sortieren, Befördern, Lagern und Behandeln von<br />
Abfällen zur Verwertung.<br />
In den folgenden Kapiteln werden diese Prozesse für die in dieser <strong>Studie</strong> betrachteten Branchen<br />
Automotive, Ticketing und Handel näher betrachtet.<br />
4.2. Klassier- und Sortiertechniken<br />
Vor der eigentlichen Aufbereitung bzw. Verwertung wird der Abfall mit verschiedenen Techniken<br />
klassiert und sortiert. Bei beiden Verfahren handelt es sich um Trenntechniken, wobei<br />
Material bei der Klassierung nach verschiedenen Korngrößen und bei der Sortierung nach<br />
unterschiedlichen stofflichen Eigenschaften getrennt wird.<br />
4.2.1. Klassiertechniken<br />
Bei der Klassierung erfolgt eine Auftrennung <strong>eines</strong> Materials nach Korngrößen oder Masse.<br />
Dabei werden grundsätzlich zwei Verfahren angewendet: Die Sieb- und die Stromklassierung.<br />
Die Klassierung wird in der Regel vor der Sortierung eingesetzt, um Feinabfälle, die für<br />
11
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
eine weitere Verwertung uninteressant sind, auszusondern und die nachfolgenden Sortierprozesse<br />
zu entlasten.<br />
Bei der Siebklassierung wird das Material durch Siebe in Fein- und Grobgut getrennt. Dabei<br />
fällt das Feingut durch das Sieb in den Siebunterl<strong>auf</strong>, während das Grobgut <strong>auf</strong> dem Siebüberl<strong>auf</strong><br />
verbleibt. Natürlich kann das Ausgangsmaterial auch in mehrere Fraktionen getrennt<br />
werden. Dafür werden mehrere Siebe mit unterschiedlichen Lochgrößen nacheinander<br />
genutzt. Bei der Aufbereitung von Abfällen werden häufig Trommelsiebe eingesetzt. Durch<br />
ständiges Rotieren der Trommel wird das Material umgewälzt und erreicht somit höhere<br />
Trennraten.<br />
Abbildung 4-2: Funktionsweise <strong>eines</strong> Seperators /AWZ07/<br />
Die Stromklassierung erreicht eine Trennung durch die verschiedenen Korngrößen des Gutes<br />
und den dadurch bedingten, verschiedenen Widerstandskräften. Daraus resultieren unterschiedliche<br />
Sinkgeschwindigkeiten der Teilchen, die in einem Luft- oder Wasserstrom<br />
ausgenutzt werden. <strong>Ent</strong>sprechend wird in Aeroklassierung (Windsichten) und Hydroklassierung<br />
unterschieden. Im Gegensatz zur Siebklassierung muss das Ausgangsmaterial homogen<br />
sein und es erfolgt keine Klassierung nach Grobgut mehr, sondern nur noch nach Feinund<br />
Feinstgut.<br />
4.2.2. Sortiertechniken<br />
Bei der Sortierung erfolgt die Trennung des Ausgangsmaterials nach stofflichen Eigenschaften.<br />
Der Sortierung geht häufig eine Klassierung voraus, um störendes Feingut auszuson-<br />
12
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
dern, zudem benötigen einige Sortierprozesse eine homogene Materialgröße. Die Sortierung<br />
kann entweder verschiedene Fraktionen voneinander trennen oder es erfolgt eine Befreiung<br />
von Störstoffen. Das gewählte Verfahren hängt vom Reinheitsgrad ab, welcher nach der Sortierung<br />
erreicht werden soll. Die Anforderungen an den Reinheitsgrad des Materials zur Weiterbehandlung<br />
sind bei Recycling generell sehr hoch. Daher sind fast immer mehrere Sortierprozesse<br />
hintereinander geschaltet. Die Sortierung kann dabei von Hand oder maschinell<br />
erfolgen. Aufgrund der voranschreitenden Möglichkeiten der Technik gewinnt die maschinelle<br />
Sortierung aber immer mehr an Bedeutung. Die gängigsten Sortierverfahren beim Recycling<br />
werden folgend kurz erläutert.<br />
Abbildung 4-3: Magnetscheidung /ABFA07/<br />
• Metallabscheidung<br />
Bei der Magnetscheidung werden Metalle vom Ausgangsmaterial getrennt. Dies beschränkt<br />
sich allerdings nur <strong>auf</strong> Eisen-Metalle oder Legierungen. Andere Metalle können<br />
<strong>auf</strong>grund der fehlenden magnetischen Eigenschaften <strong>auf</strong> diese Art nicht erfasst werden.<br />
Sie können aber <strong>auf</strong>grund ihrer Leitfähigkeit mittels Wirbelstromscheider aussortiert<br />
werden.<br />
Die Magnetscheidung erfolgt mittels magnetischer Walzen über denen ein Transportband<br />
läuft. Dieses ist über dem Materialstrom angeordnet und zieht die magnetischen<br />
13
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Metalle aus dem Strom heraus. Das Ende des Bandes befindet sich außerhalb des<br />
magnetischen Einflusses wo sich das Material dann separiert.<br />
Nichteisenmetalle werden mittels Wirbelstromscheider separiert. Ein Magnetpolrad erzeugt<br />
in leitfähigen Metallen über ein magnetisches Feld Wirbelströme mit entgegengesetztem<br />
Magnetfeld. Dadurch werden die Metallteile abgestoßen, während das restliche<br />
Material unbeeinflusst bleibt. Die Nicht-Eisen-Metalle müssen dabei eine Korngröße von<br />
mindestens 2 mm <strong>auf</strong>weisen.<br />
• Dichtesortierung<br />
Die verschiedenen Dichten des Ausgangsmaterials macht sich die Dichtesortierung zunutze.<br />
Dafür wird ein Trennmedium (vorwiegend Wasser) eingesetzt, dass eine Dichte<br />
zwischen den zu trennenden Stoffen hat. Das Ausgangsmaterial muss dafür in homogener<br />
Form vorliegen, sonst können große Unterschiede in Größe oder Form das Sortierergebnis<br />
negativ beeinflussen. Eine Sortierung ohne flüssiges Trennmedium ist nur bei<br />
sehr großen Dichteunterschieden einsetzbar.<br />
Bei dem Schwimm-Sink-Verfahren werden die zu trennenden Materialien dem Trennmedium<br />
zugeführt. Das Material mit der geringeren Dichte setzt sich an der Oberfläche<br />
ab und wird abtransportiert, während das Material mit der größeren Dichte zu Boden<br />
sinkt.<br />
Ähnlich funktionieren Verfahren mit Zentrifugen. Dabei befindet sich das Trennmedium<br />
in einer Trommel in der eine Förderschnecke rotiert. Diese ist <strong>auf</strong>grund zweier verschiedener<br />
Schneckengrößen in der Mitte geteilt. Die zu trennenden Materialien werden dem<br />
Trennmittel nicht einfach zugeführt, sonder direkt bei der Eingabe verwirbelt. Material mit<br />
großer Dichte wird so direkt an den Trommelrand geschleudert, während das Material<br />
kleiner Dichte sich in der Nähe der Förderschneckenachse sammelt. Über die Förderschnecke<br />
werden die beiden Fraktionen dann aus der Trommel herausbefördert.<br />
Im Hydrozyklon findet eine Trennung der Stoffe mittels Zentrifugalkräften statt. Dabei<br />
werden im Hydrozyklon zwei Wirbel erzeugt. Ein Außenwirbel, der abwärts und ein Innenwirbel,<br />
der sich <strong>auf</strong>wärts bewegt. Durch die Zentrifugalkräfte lagern sich die schweren<br />
Teile außen an und werden durch den Wirbel zum Unterl<strong>auf</strong> transportiert und ausgesondert.<br />
Die Leichtfraktion hingegen bewegt sich Richtung Zyklonmitte und wird über<br />
den Innenwirbel zum Überl<strong>auf</strong> transportiert.<br />
14
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Abbildung 4-4: Prinzip der Flotationssortierung /KALI07/<br />
• Flotation<br />
Bei der Flotation werden fein verteilte Partikel voneinander getrennt, bei denen ein Stoff<br />
Wasser abstoßend (hydrophobe) und der andere Wasser anziehend (hydrophil) ist. Dabei<br />
wird Wasser ein Dispergiermittel zugegeben, welches die Benetzung von Stoffen erhöht.<br />
Dann werden die zu trennenden Stoffe zugeführt und Luft wird eingeblasen. Luftblasen<br />
benetzen dabei den hydrophoben Stoff und lassen ihn zur Oberfläche <strong>auf</strong>steigen,<br />
während der hydrophile Stoff zum Grund sinkt. Dieses Verfahren wird vor allem beim<br />
Papierrecycling angewandt (siehe unten).<br />
15
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
4.3. Automotive<br />
Die Altautosammlung erfolgt über ein Bringsystem. Letzthalter müssen ihr Fahrzeug bei einer<br />
zugelassenen Annahme- bzw. Rücknahmestelle abgeben. Nur dort erhalten sie einen<br />
Verwertungsnachweis, mit dem sie das Fahrzeug abmelden können. Die Rücknahme erfolgt<br />
seit dem 1. Januar 2007 für alle Altfahrzeuge kostenlos, solange keine wesentlichen Bauteile<br />
wie Motor oder Karosserie fehlen und solange dem Altfahrzeug keine Abfälle hinzugefügt<br />
wurden /EU00/ /ALTF02/.<br />
Abbildung 4-5: Schematische Darstellung Altautorecycling /JOCH04, S.55/<br />
Bei der Annahme von Altfahrzeugen von einer zugelassenen und zertifizierten Annahmestelle<br />
wird zuerst der Restwert des Fahrzeugs geschätzt und alle relevanten Daten <strong>auf</strong>genommen.<br />
Dann wird ein Verwertungsnachweis für den Letzthalter ausgestellt. Das Fahrzeug wird<br />
<strong>auf</strong> verwertbare Ersatzteile überprüft bevor es trocken gelegt wird. Bei der Trockenlegung<br />
werden alle Betriebsflüssigkeiten - Kraftstoff, Kühlflüssigkeit, Öle, evtl. Kühlmittel, Bremsflüssigkeit,<br />
etc. - entnommen und separat entsorgt. Nach der Trockenlegung der Fahrzeuge<br />
werden diese entweder zwischengelagert, um Kunden den Selbstausbau von Ersatzteilen zu<br />
ermöglichen oder alle wieder verwendbaren Ersatzteile werden - möglichst zerstörungsfrei -<br />
ausgebaut, in einer Datenbank erfasst, evtl. <strong>auf</strong>gearbeitet und bis zum Verk<strong>auf</strong> eingelagert<br />
16
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
/AUFF02, S.9/. Glas und Kunststoff werden möglichst vollständig entfernt und der <strong>Ent</strong>sorgung<br />
zugeführt.<br />
Die Restkarosse besteht nun größtenteils aus Metall und wird in einer Presse verdichtet und<br />
dann in einem Schredder zerkleinert. Anschließend werden verschiedene Sortiertechniken<br />
zur weiteren Trennung der Stoffe eingesetzt. Über Magnetscheidung werden die magnetischen<br />
Stoffe von nicht-magnetischen getrennt und eine Wirbelstromscheidung trennt die NE-<br />
Metalle von Nicht-Metallen. NE-Metalle können dann über Schwimm-Sink-Prozesse noch in<br />
Leicht- und Schwermetall sortiert werden. Die Endprodukte werden schließlich den entsprechenden<br />
Recyclingstellen zugeführt.<br />
Da die Fahrzeughersteller und Zulieferer für eine fachgerechte <strong>Ent</strong>sorgung verantwortlich<br />
sind und zudem verpflichtet sind Informationen über die Materialzusammensetzung der im<br />
Fahrzeug verwendeten Produkte bereitzustellen, wurde von einigen Herstellern das Verwaltungssystem<br />
IMDS (International Material Data System) ins Leben gerufen. Dort wird jedes<br />
verwendete Bauteil mit Materialkomponenten und verwendeten Wertstoffen registriert. So<br />
lassen sich später alle Materialzusammensetzungen abrufen und in eventuelle Gefahrenstufen<br />
einteilen. Da dieses System <strong>auf</strong> Internettechnologie basiert, können die Daten von überall<br />
abgerufen werden. Daher sind letztendlich auch bei der <strong>Ent</strong>sorgung alle Bauteile klassifizierbar.<br />
Dies trägt entscheidend dazu bei, eine fachgerechte <strong>Ent</strong>sorgung durchzuführen.<br />
4.4. Handel<br />
Im Handel erfolgt die <strong>Ent</strong>sorgung von Papier / Pappe, Glas, Kunststoff und Restmüll je nach<br />
Aufkommen und Größe des Unternehmens entweder über den regionalen oder einen be<strong>auf</strong>tragten<br />
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>betrieb. Üblich ist dabei ein Holsystem, bei dem die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>betriebe<br />
die Stoffe beim Erzeuger abholen. Fallen bei Papier und Glas nur geringe Mengen an, werden<br />
auch öffentliche Sammelplätze genutzt.<br />
Private Haushalte sind an die kommunalen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>unternehmen angeschlossen. Für<br />
Restmüll und Verpackungen werden Tonnen bereitgestellt, die regelmäßig geleert werden.<br />
Restmülltonnen werden entweder nach Volumen, Gewicht oder Leerungshäufigkeit oder aus<br />
einer Kombination dieser Parameter über Gebühren abgerechnet. Verpackungsmüll wird von<br />
einem Dualen System gesammelt. Der Verbraucher bezahlt die <strong>Ent</strong>sorgung dabei schon<br />
beim K<strong>auf</strong> der Produkte über den Produktpreis. Bei beiden Systemen handelt es sich um<br />
Holsysteme. Papier- und Glasmüll werden über kombinierte Hol- und Bringsysteme gesammelt.<br />
Der Verbraucher bringt den Papier- und Glasmüll dabei zu einer öffentlichen Sammelstelle,<br />
von wo er vom <strong>Ent</strong>sorger eingesammelt wird. In einigen Gebieten werden den Haushalten<br />
auch blaue Tonnen bereitgestellt, mit denen Papiermüll über ein r<strong>eines</strong> Holsystem<br />
gesammelt wird.<br />
17
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Elektro- und Elektronikgeräte, Sperr- und Sondermüll und alles weitere, was nicht über die<br />
Restmülltonne entsorgt werden darf, muss zu Recyclinghöfen gebracht werden.<br />
4.4.1. Papier/ Pappe<br />
Papier und Pappe werden nach der Sammlung in einem ersten Sortierschritt nach Papierqualität<br />
geordnet. An einem Fließband werden manuell grobe Verunreinigungen, wie z.B.<br />
Plastiktüten oder Glas, aussortiert und der Rest anschließend nach verschiedenen Papiersorten<br />
sortiert. Die grobe Sortierung erfolgt dabei nach Zeitungen, Magazinen/Zeitschriften<br />
und Pappe/Karton. In Papierfabriken wird das Papier in Wasser <strong>auf</strong>geweicht<br />
und in einem Pulper zerfasert /AMPL07/. In Loch-, Schlitz- und Zentrifugalsortern<br />
werden Fremdstoffe und Verunreinigungen herausgefiltert und aussortiert. Dabei handelt es<br />
sich in erster Linie um Büroklammern und Klebstoffreste. Im nächstem Schritt, dem so genanntem<br />
De-Inking, wird das Papier von der Druckfarbe befreit. Dabei werden mit Wasser,<br />
Natronlauge und Seife die Farbteilchen vom Papier getrennt. Durch das Einblasen von Luft<br />
wird Seifenschaum erzeugt, der die Farbteilchen bindet und sich an der Wasseroberfläche<br />
ablagert. Dort können der Schaum und die darin enthaltenen Farbpartikel abgeschöpft werden.<br />
Dieses Verfahren wird Flotation genannt.<br />
Abbildung 4-6: Schema der Papierherstellung<br />
Nun erfolgt der eigentliche Herstellungsprozess. Das Wasser-Zellstoffgemisch wird <strong>auf</strong> einer<br />
Siebpartie <strong>auf</strong>getragen, dabei setzt sich der Zellstoff <strong>auf</strong> dem Sieb ab und das Wasser wird<br />
wieder dem Kreisl<strong>auf</strong> zugeführt. In der nachfolgenden Pressenpartie wird das Papier weiter<br />
entwässert bevor es dann getrocknet und geglättet wird. Dazu läuft das Papier über unzählige<br />
Rollen und wird schließlich ausgerollt. Die Restfeuchtigkeit wird in einer sogenannten<br />
Streichanlage entzogen. Dafür wird das Papier wieder abgerollt und mittels Infrarot und<br />
Heißluft vollständig getrocknet. Vor dem erneuten Aufrollen erfolgt ein weiterer Glättungsprozess.<br />
4.4.2. Glas<br />
Beim Glasrecycling herrschen hohe Anforderungen an die Qualität und Reinheit des Altglases,<br />
besonders wenn die Farbreinheit der Altglasscherben einen bestimmten Grad erreichen<br />
18
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
soll. Bei der Produktion von Weißglas muss bei einer Zugabe von 50% Altglas eine Farbreinheit<br />
von 99,7% gegeben sein.<br />
Abbildung 4-7: Fallsortierung von Altglas /ZEIG05/<br />
Bei Braunglas ist ein Fehlfarbanteil von 5% erlaubt, bei Grünglas dürfen es 10% sein.<br />
Fremdstoffe wie Keramik, Stein und Porzellan (KSP) haben feste Grenzwerte, da sie mit höheren<br />
Temperaturen <strong>auf</strong>geschmolzen werden müssen. Der KSP-Anteil darf daher nur 25g/t<br />
betragen und soll in Zukunft <strong>auf</strong> unter 10g/t reduziert werden /ZEIG05, S.2/. Metalle unterliegen<br />
noch strengeren Anforderungen und dürfen mit höchstens 5g/t enthalten sein. In Form<br />
von Verschlüssen und Folien gelangen sie jedoch häufig bei der Sammlung zwischen das<br />
Altglas. Das zu verarbeitende Altglas wird <strong>auf</strong> einem Fließband manuell von grober Verunreinigung<br />
befreit und anschließend werden große Scherben sowie heil gebliebenes Glas in<br />
kleine Scherben gebrochen. Über einen Schwingförderer wird das gebrochene Glas in die<br />
Sortiermaschine gegeben und über eine Rutsche vereinzelt. Das Glas passiert nun einlagig,<br />
im freien Fall eine Zeilenkamera mit Farbbildverarbeitung. Diese kann mehr als 10.000 Objekte<br />
in der Sekunde erkennen und auswerten. Parallel dazu arbeitet ein Allmetalldetektor,<br />
der Eisen- und Nichteisenmetalle ab einer Größe von 0,6 mm erkennt /ZEIG05, S.3/. Kurz<br />
unterhalb der Kamera und dem Metalldetektor erfolgt die Auslese durch Druckluftimpulse.<br />
Der Materialstrom teilt sich danach in Durchlass- und Abweisstrom und wird getrennt abgeführt.<br />
Glas kann zu 100% wiederverwertet werden. Altglas minderer Qualität, wegen <strong>eines</strong> zu<br />
19
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
hohen Anteils an Fremdstoffen, kann mit hochwertigem Altglas gemischt und so dem Recycling<br />
zugeführt werden. Fallsortierung von Altglas /ZEIG05/<br />
4.4.3. Restmüll<br />
Restmüll in Deutschland muss grundsätzlich einer Behandlung unterzogen werden, da eine<br />
Deponierung unbehandelter Stoffe seit 2005 <strong>auf</strong>grund ökologischer Risiken verboten ist.<br />
Wie bereits oben erwähnt (vgl. Kapitel 4.1), sind verschiedene Behandlungsverfahren im<br />
Einsatz, wobei die Müllverbrennung (69,7%) und die mechanisch biologische Abfallbehandlung<br />
(15,5%) den größten Anteil abdecken /BVSE06/.<br />
Abbildung 4-8: Schema einer Müllverbrennungsanlage /MVK07/<br />
Die thermische Behandlung dient dabei einer erheblichen Gewichts- und Volumenreduzierung<br />
des Restmülls - bis <strong>auf</strong> etwa 20% des ursprünglichen Volumens - sowie der Gewinnung<br />
verwertbarer Schlackeprodukte und Energie. Die Gewinnung der Energie erfolgt durch die<br />
Verwertung von Wärme aus den Verbrennungsprozessen, um so eine Rückführung der in<br />
den Stoffen gespeicherten Energie zu erreichen. Die Volumenreduzierung wird durch Verdampfen<br />
des Wasseranteils und der thermischen Umsetzung von organischen Stoffen erreicht.<br />
Als Endprodukt bleibt Schlacke übrig, die heutzutage zu ca. 60% verwertet werden<br />
kann /JANS98, S.134/. Diese besteht aus Asche der organischen Stoffe und mineralischen<br />
Bestandteilen, die sich durch eine Verbrennung nicht verringern lassen. Die Schlacke wird<br />
mit Hilfe von Wasser und Salzen sowie mittels <strong>eines</strong> Magnetabscheiders von ferromagnetischen<br />
Störstoffen befreit. Verwendung findet die Schlacke vor allem in der Baubranche als<br />
Füllmaterial.<br />
20
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Abbildung 4-9: Mechanisch-biologische Behandlung /HAAS07/<br />
Bei der mechanisch-biologischen Behandlung werden in der vorgeschalteten mechanischen<br />
Zerkleinerung die anorganischen Materialien von den organischen Materialen abgetrennt<br />
und z. B. einer Müllverbrennungsanlage zugeführt. Die organischen Materialien werden hingegen<br />
dem Gärprozess zugeführt, um über einen stufenartigen Prozess zu Biogas zu vergasen.<br />
4.4.4. Kunststoffe<br />
Wie beim Glasrecycling herrschen beim Kunststoffrecycling ähnlich hohe Anforderungen an<br />
die Sortenreinheit, da es sonst zu einem Downcycling kommt. D.h. mit sinkender Sortenreinheit<br />
und steigender Verschmutzung nimmt die Qualität ab und der Werkstoff kann nur für<br />
Produkte mit niedrigen Anforderungen genutzt werden. Verpackungsabfall aus privaten<br />
Haushalten enthält viele Arten von Kunststoffen, wie z.B. PET, PP und PE. Diese lassen sich<br />
in der Regel auch in die Fraktionen Folien, Flaschen / Hohlkörper, Becher und Mischkunststoffe<br />
unterteilen.<br />
Nach der Sammlung werden die verschiedenen Kunststoffe in Sortieranlagen voneinander<br />
getrennt und der Wiederverwertung zugeführt. Wie bei den meisten Recyclingverfahren wird<br />
auch beim Kunststoff eine grobe manuelle Vorreinigung durchgeführt. Allerdings fällt dieser<br />
Schritt bei hochmodernen, vollautomatischen Sortieranlagen weg. Der Verpackungsabfall<br />
wird nach der Anlieferung im Werk zunächst <strong>auf</strong> ein Fließband gegeben. Trommelsiebe sieben<br />
Kleinstbestandteile heraus und saugen diese anschließend ab. In einem weiteren Schritt<br />
werden magnetische Metalle über ein Magnetband aus dem Materialstrom herausgezogen,<br />
Aluminium wird später mittels Aluminiumabscheider entfernt. Tetrapacks werden mithilfe von<br />
21
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Kameras über den Fließbändern erkannt und kurz dar<strong>auf</strong> mit einem kurzen Luftstoß ausgeblasen.<br />
Der Materialstrom wird dann in Flach- und Hohlfraktionen getrennt. Die Hohlfraktion<br />
durchläuft anschließend ein Kaskadensystem, wo die Kunststoffe nach den verschiedenen<br />
Arten getrennt werden. Für jede Art wird eine eigene Kamera betrieben, die den entsprechenden<br />
Kunststoff erkennt und das Signal zum Ausblasen des Gegenstands gibt. Alles,<br />
was nach diesem Prozess übrig bleibt, wird wieder mit der Flachfraktion vereint. Die einzelnen<br />
Fraktionen werden zum Schluss zu Ballen zusammengepresst und zwischengelagert.<br />
Mischkunststoffe sind dabei problematisch, da sie selbst mit modernsten Sortier- und Trennverfahren<br />
nur schwer zu trennen sind /KRS07/. Seit in Deutschland das Einwegpfand <strong>auf</strong><br />
Getränkeverpackung erhoben wird, werden PET-Flaschen gesondert gesammelt. Dies ermöglicht<br />
es, die Flaschen getrennt von anderen Kunststoffprodukten zu behandeln. Der Vorteil<br />
ist dabei die Möglichkeit, mithilfe von Dampf Etiketten vor dem Zerkleinern zu lösen und<br />
auszusortieren. Allerdings führt die Verwendung von neuen Rücknahmeautomaten dazu,<br />
dass die PET-Flaschen bei der Rücknahme direkt geschreddert werden, sodass eine Separierung<br />
der Labels erschwert wird.<br />
Folien, Flaschen / Hohlkörper und Becher werden in der Regel einer wertstofflichen Verwertung<br />
zugeführt. Beim wertstofflichen Recycling wird der Kunststoff zuerst in einem Schredder<br />
grob zerkleinert und im Anschluss in einer Mühle nass <strong>auf</strong> 8-10 mm zermahlen. Wasser löst<br />
beim Zermahlen Schmutzpartikel und bewirkt eine Vorreinigung, anschließend erfolgt eine<br />
gründliche Wäsche. In nachfolgenden Wasserbecken erfolgt mittels Schwimm-Sink-<br />
Scheiders eine Aufspaltung in Wertstoff- und Restfraktion. Die Trennung erfolgt dabei über<br />
die unterschiedlichen Dichten der zu trennenden Stoffe. Das Trennmedium muss dabei eine<br />
Dichte zwischen den zu trennenden Stoffen haben. Über eine Schnecke werden die an der<br />
Oberfläche schwimmenden Stoffe abtransportiert. Der Rest sinkt zu Boden und wird ausgesondert.<br />
Der Kunststoff wird nun getrocknet, mittels Windsichter ein weiteres Mal von Störstoffen<br />
befreit und anschließend zwischengelagert. In einem Extruder wird der nun sortenreine<br />
Kunststoff bei Temperaturen zwischen 150 und 300°C geschmolzen und anschließend<br />
granuliert. Das fertige Kunststoffgranulat kann nun als Sekundärrohstoff zur Herstellung<br />
neuer Produkte eingesetzt werden.<br />
Neben dem wertstofflichen wird auch das rohstoffliche Recycling eingesetzt. Dabei wird der<br />
Kunststoff chemisch umgesetzt oder thermisch zersetzt, um zahlreiche Produkte wie Öle und<br />
Gase zu erhalten. Bei der Hydrierung wird der Kunststoff unter hohem Druck verflüssigt und<br />
bei rund 400°C entsteht unter Zugabe von Wasserstoff ein synthetisches Rohöl (Syncrude).<br />
Bei der Synthesegaserzeugung werden bei über 800°C Sauerstoff und Wasserdampf zugegeben.<br />
Dabei wird ein Synthesegas gewonnen, welches als Ausgangsbasis zur Synthese<br />
von Methanol und Ammoniak dient. Der größte Anteil rohstofflich verwerteter Kunststoffe<br />
wird in der Stahlindustrie, als Ersatz für Schweröl, bei der Produktion eingesetzt.<br />
22
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Restkunststoff, der keinem Recyclingprozess mehr zugeführt wird, beläuft sich in Deutschland<br />
<strong>auf</strong> ca. 200.000 Tonnen pro Jahr /PEIC07/. Das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik<br />
und Verpackung in Freisingen hat ein Verfahren entwickelt, bei dem mithilfe <strong>eines</strong> Lösemittels<br />
der brauchbare Kunststoff extrahiert wird. Dieses Lösemittel löst selektiv den Kunststoff<br />
und erzielt dabei eine Reinigungsleistung von 99%. Der gelöste Kunststoff kann dann<br />
ausgefällt und zu einem Granulat verarbeitet werden. Das Granulat erfüllt dabei alle Voraussetzung<br />
für eine weitere Verarbeitung und kann in dieser Form zur Produktion neuer Kunststoffprodukte,<br />
wie neuer Gehäuse, verwendet werden. Eine industrielle Umsetzung ist allerdings<br />
noch nicht erfolgt.<br />
4.4.5. Aluminium<br />
Der weltweite Aluminiumverbrauch wird heutzutage zu knapp einem Drittel mit recyceltem<br />
Aluminium gedeckt. Das Altaluminium wird dabei aus Gebäude-, Elektronik- und Altautoschrott<br />
sowie Aluminium aus Hausmüll gewonnen. Für die Sekundäraluminiumerzeugung<br />
müssen die Aluminiumvorstoffe zunächst <strong>auf</strong>bereitet werden. Dies wird hauptsächlich durch<br />
Schreddern und anschließender Schwimm-Sink-Trennung erreicht. Nach Reinigung und<br />
Trennung wird das Aluminium eingeschmolzen. Dabei stehen verschiedene Verfahren zu<br />
Verfügung, das wichtigste für das Recycling von Aluminium aus Altautos und Verpackungen<br />
ist das Einschmelzen in einem Drehtrommelofen. Dies erfolgt unter Zugabe <strong>eines</strong> flüssigen<br />
Schmelzsalzes, bestehend aus NaCl, KCl und CaF 2 , welches das Metall abdeckt und so vor<br />
der oxidierenden Atmosphäre im Ofen schützt. Gleichzeitig nimmt das Salz Verunreinigungen<br />
aus der Schmelze <strong>auf</strong>. Durch die Drehbewegung des Ofens werden Salz und Metall<br />
ständig durchmischt. Nach dem Schmelzprozess wird die verunreinigte Salzschlacke von<br />
Metall getrennt. Die Salzschlacke muss nach dem Prozess <strong>auf</strong>bereitet werden, da bei Kontakt<br />
mit Wasser giftige und explosive Gase entstehen können.<br />
4.4.6. Weißblech<br />
Weißblech besteht aus reinem, dünnwandigem (
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
4.4.7. Stahl<br />
Stahlschrott wird in der Regel in Lichtbogenöfen eingeschmolzen und als Kühlmittel bei der<br />
Stahlerzeugung im Konverter eingesetzt. Im Elektrolichtbogenofen wird mittels Graphitelektroden<br />
ein Lichtbogen erzeugt. Dabei wird die elektrische Energie in Schmelzwärme umgewandelt<br />
und es entstehen Temperaturen bis zu 3500°C. Zusätzliches Einblasen von Sauerstoff<br />
beschleunigt den Schmelzprozess. Ist die gewünschte Temperatur und chemische Zusammensetzung<br />
des Stahls erreicht, wird der Ofen durch Kippen in eine Pfanne entleert<br />
/STAH07/.<br />
4.4.8. Elektro- und Elektronik- Altgeräte<br />
Elektro- und Elektronik-Altgeräte werden in Demontagebetrieben in ihre Einzelteile zerlegt<br />
und nach Stoffgruppen sortiert. Aufgrund der Vielzahl verschiedener Geräte und deren ständig<br />
wechselnde Zusammensetzung, erfolgt die Demontage hauptsächlich manuell. Zuerst<br />
erfolgt eine Vorsortierung nach Geräten, z. B. Telefon oder Monitor. In den verschiedenen<br />
Demontagebereichen werden die Geräte dann zerlegt. Dabei wird dar<strong>auf</strong> geachtet, dass<br />
gesundheitsgefährdende Bestandteile wie Batterien und Akkus direkt entnommen werden.<br />
Die einzelnen Bestandteile der Geräte werden nach Stoffen sortiert, Materialverbunde werden<br />
geschreddert und die enthaltenden Stoffe werden dann mittels Magnet- und Wirbelstromabscheider,<br />
Absauger und Gewichtssortierung voneinander getrennt. Die sortierten<br />
Bestandteile und Stoffe werden, soweit nachgefragt, am Markt verk<strong>auf</strong>t.<br />
Platinen, z. B. von Computern und Handys werden an Kupferhersteller verk<strong>auf</strong>t. Dort wird<br />
Elektroschrott beim Kupferherstellungsprozess mit in einen Konverter gegeben. Bei Temperaturen<br />
über 1000°C schmelzen das enthaltene Kupfer und andere Edelmetalle wie Gold und<br />
Silber. Die restlichen Bestandteile des Elektroschrotts verbrennen oder gehen mit in die<br />
Schlacke ein. Schadstoffe, die bei der Verbrennung entstehen, fallen bei der enormen<br />
Schwefelerzeugung, die bei der Kupferherstellung entsteht, nicht ins Gewicht. Alle Prozessgase<br />
werden <strong>auf</strong>gefangen und gereinigt. Am Ende des Schmelzprozesses hat das Kupfer<br />
einen Reinheitsgrad von ca. 99%, der Rest sind Verunreinigungen sowie die eingegangenen<br />
Edelmetalle. Über ein Elektrolyseverfahren wird der Reinheitsgrad des Kupfers <strong>auf</strong> 99,99%<br />
erhöht. Dabei lösen sich die als Anoden fungierenden Kupferplatten in einem Säurebad <strong>auf</strong><br />
und unter Zugabe von Strom setzen sich die einzelnen Kupferpartikel an Edelstahlplatten ab.<br />
Die Verunreinigungen fallen in Form von Schlamm zu Boden. Dieser Schlamm wird zusammen<br />
mit hochwertigem Silberschrott erneut eingeschmolzen und anschließend zu Silberanoden<br />
gegossen. In einem weiteren Elektrolyseverfahren in Salpetersäure wird r<strong>eines</strong> Silber<br />
gewonnen. Auch hier wird der entstehende Schlamm <strong>auf</strong>gefangen. Dieser wird mittels Salpetersäure<br />
nochmals gereinigt und von Silberresten befreit. Anschließend besteht der Schlamm<br />
zu 95% aus Gold und wird erneut eingeschmolzen, um für ein letztes Elektrolyseverfahren<br />
24
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
Goldanoden zu erhalten. „Fünf Kilo Gold, rund 20 Kilo Silber und 4 Tonnen Kupfer können<br />
aus einer einzigen LKW-Ladung Elektronikschrott gewonnen werden.“ /PEIC07/<br />
Problematisch sind dagegen die zahlreichen Kunststoffgehäuse der Elektrogeräte. Aufgrund<br />
der vielen verschiedenen Kunststoffarten ist eine sortenreine Sortierung wirtschaftlich nicht<br />
zu realisieren. Der geschredderte Kunststoff lässt sich in einer solchen Qualität nicht am<br />
Markt absetzen und wird so meistens der thermischen Verwertung zugeführt.<br />
4.5. Ticketing<br />
Im Bereich des Eventticketings erfolgt bislang keine gesonderte Sammlung der Tickets. Sie<br />
werden in der Regel über Rest- oder Papiermüll entsorgt. Ein großer Teil der Tickets wird<br />
zudem als Souvenir behalten und entgeht so einer <strong>Ent</strong>sorgung.<br />
Im Bereich des ÖPV und im Freizeitbereich werden grundsätzlich Mehrweg-Transponder in<br />
Form von Chipkarten oder vergleichbarer Form eingesetzt. Diese werden in der Regel nach<br />
Gebrauch zurückgegeben oder automatisch einbehalten und können dann neu beschrieben<br />
und genutzt werden. Defekte Karten werden derzeit separat gesammelt und der Kunststoffverwertung<br />
zugeführt, eine gesonderte Behandlung von <strong>RFID</strong>-Chipkarten erfolgt nicht. Wenn<br />
<strong>auf</strong> die Tickets kein Pfand erhoben wird, können diese durch den Endverbraucher in den<br />
Restmüll oder in den Stoffstrom des Dualen Systems gelangen.<br />
4.6. Smart Label<br />
Smart Labels und <strong>RFID</strong>-Chips werden zurzeit nicht gesondert gesammelt. Die <strong>Ent</strong>sorgung<br />
erfolgt je nach Anbringungsort der Transponder zusammen mit dem Produkt beziehungsweise<br />
der Verpackung. So können die Label in verschiedene <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>bereiche gelangen.<br />
Eine Sammlung der Transponder am Ende des Lebenszyklus stellt für den Einsatz der Smart<br />
Label ein grundsätzliches Problem dar. Smart Label sind verhältnismäßig niedrigpreisige<br />
Produkte, deren Einsatz mit jedem zusätzlichen Handling, wie z. B. der getrennten Sammlung<br />
und <strong>Ent</strong>sorgung, unwirtschaftlicher wird. Die Richtlinie ISO-IEC CD TR 24729-2 wird<br />
sich mit dem Problem des Recyclings von <strong>RFID</strong>-Transpondern auseinandersetzen, befindet<br />
sich aber noch im <strong>Ent</strong>wicklungsstadium. Ein Recycling von Transpondern ist <strong>auf</strong>grund der<br />
Herstellung als Verbundmaterial besonders schwierig, könnte aber aus Rohstoffgesichtspunkten<br />
interessant werden, wenn zukünftig vor allem Silberleitpasten zur Herstellung von<br />
Antennen für <strong>RFID</strong>-Transponder eingesetzt werden (vgl. Kapitel 7). Hierfür sind jedoch weitergehende<br />
<strong>Ent</strong>wicklungen - insbesondere die Weiterentwicklung der Drucktechnik im Hinblick<br />
<strong>auf</strong> die Haltbarkeit - notwendig, die im Betrachtungszeitraum nicht mehr zur Marktreife<br />
gelangen werden.<br />
25
Mengenentwicklung<br />
5. MENGENENTWICKLUNG<br />
Mit dem Aufschwung der Weltwirtschaft geht auch ein Wachstum der Logistik-Branche einher.<br />
Insbesondere die <strong>Ent</strong>wicklung und Implementierung der <strong>RFID</strong>-Technologie gewinnt an<br />
Bedeutung. So weist der <strong>RFID</strong>-Markt in den EU-15 Staaten für das Jahr 2006 ein Umsatzvolumen<br />
von ca. 1,3 Mrd. Euro <strong>auf</strong> und wird bei einer aktuellen Wachstumsrate von 47% <strong>auf</strong> 10<br />
Mrd. Euro im Jahr 2010 ansteigen /HENG06 S 1/.<br />
Aufgrund unterschiedlicher Anforderungen der einzelnen Branchen differieren die jeweiligen<br />
Prognosen für die Mengenentwicklung voneinander. Wichtige Bedingungen für die erfolgreiche<br />
Ausbreitung der <strong>RFID</strong>-Technologie sind die Existenz verlässlicher Standards, die Akzeptanz<br />
bei dem Kunden aber auch die Innovationsbereitschaft der Anwender /FTK06/.<br />
Der Handel in Deutschland bietet ein breites Spektrum an Anwendungen für die <strong>RFID</strong>-<br />
Technologie. Das größte Potenzial von <strong>RFID</strong> für den Handel liegt, laut einer <strong>Studie</strong> des Forschungsinstitutes<br />
FTK, in der logistischen Unterstützung sowie der Rückverfolgung von Waren.<br />
Bisher werden nur ganze Ladeeinheiten, beladene Paletten beispielsweise, mit Tags<br />
versehen. Genutzt wird <strong>RFID</strong> somit <strong>auf</strong> Ebene der Großhändler und Zulieferer.<br />
Der Einsatz von <strong>RFID</strong> <strong>auf</strong> Produktebene ist in erster Linie von den Kosten der <strong>RFID</strong>-Tags<br />
abhängig. Der Stückpreis liegt aktuell 1 zwischen 10 und 50 Cent und übersteigt somit in vielen<br />
Fällen den Warenwert. Sinkt der Preis weiterhin und das Item-Tagging erweist sich als<br />
rentabel, wird die Anzahl von <strong>RFID</strong>-Tags rapide ansteigen.<br />
Ein weiteres Anwendungsgebiet im Handel ist die Warensicherung. Der europäische Einzelhandel<br />
verlor 2006 29 Mrd. Euro durch Diebstahl. Eine Umfrage unter den 466 größten europäischen<br />
Einzelhandelsunternehmen hat ergeben, dass 40 Prozent der Befragten davon<br />
ausgehen, in den nächsten vier Jahren „ein substanzielles Stadium der Implementierung“ zu<br />
erreichen /<strong>RFID</strong>1206 S10/.<br />
Im Bereich des Ticketing wurde die Fußball Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland als erster<br />
groß angelegter Feldversuch genutzt. Die Eintrittskarten waren mit <strong>RFID</strong> Tags ausgestattet<br />
und beim Verk<strong>auf</strong> wurden personenbezogene Daten erhoben. Ziel dieses Vorgehens war es,<br />
das Aufkommen so genannter Zweitmärkte zu verhindern. Durch die eindeutige Zuweisung<br />
einzelner Tickets zu den Käufern sollte der Weiterverk<strong>auf</strong> der Karten im Internet oder <strong>auf</strong><br />
dem Schwarzmarkt verhindert werden. Der erhoffte Erfolg blieb jedoch aus. Die Nutzung der<br />
<strong>RFID</strong>-Technologie in dieser Branche wird sich in Zukunft wahrscheinlich dar<strong>auf</strong> beschränken,<br />
Eintrittskarten fälschungssicherer zu gestalten. Auch im öffentlichen Verkehr kann die<br />
1<br />
Gültig 1. Quartal 2007.<br />
26
Mengenentwicklung<br />
<strong>RFID</strong>-Technologie eingesetzt werden, um die Fälschungssicherheit von Fahrkarten zu erhöhen.<br />
In der Automobilindustrie sind die Kosten pro Tag von geringerer Bedeutung. Die <strong>RFID</strong>-<br />
Technologie wird genutzt, um den Materialfluss kontrollieren und steuern zu können. So<br />
werden <strong>RFID</strong>-Tags an Mehrwegverpackungen, beispielsweise Kleinladungsträgern (KLT),<br />
angebracht, die für den Transport zwischen den Herstellern und Zulieferern eingesetzt werden.<br />
Da Zulieferbetriebe gleich mehrere verschiedene Automobilunternehmen beliefern, ist<br />
die Implementierung von <strong>RFID</strong> weniger von den Kosten pro Tag, sondern von der Einführung<br />
einheitlicher Standards abhängig. Aber auch einzelne Produkte werden mit <strong>RFID</strong>-Tags versehen.<br />
Durch die, im Vergleich zum Transponder, hohen Kosten der Waren ist hier ein Item-<br />
Tagging rentabel.<br />
Die <strong>Ent</strong>wicklung des <strong>RFID</strong>-Marktes kann mit Metcalfe’s Gesetz beschrieben werden, wonach<br />
der Nutzen <strong>eines</strong> Netzwerkes exponentiell mit der Anzahl der Anwender steigt. So befindet<br />
sich der Markt bis 2010 in einer Wachstumsphase, gefolgt von einer Phase, in der die <strong>RFID</strong><br />
Technologie umfassend Anwendung findet. /AMR06/<br />
Abbildung 5-1: Preisentwicklung von Transpondern /HARR06A/<br />
Der konstante Preisabfall in Kombination mit dem stetig wachsenden Markt führt zu einem<br />
exponentiellen Anstieg der Anzahl an Tags. So wurden im Jahr 2006 etwa 1,3 Milliarden<br />
Tags weltweit verk<strong>auf</strong>t. Laut einer <strong>Studie</strong> von IDTechEX könnten im Jahr 2013 schon 100<br />
Milliarden Tags im Uml<strong>auf</strong> sein. Ein weiterer Anstieg ist abhängig von der Art der Labels sowie<br />
der Applikationsmethode <strong>auf</strong> das Produkt. Aktuell werden die Labels getrennt von dem<br />
Produkt hergestellt, beschrieben und <strong>auf</strong>geklebt. Wenn es technisch möglich wird sie direkt<br />
<strong>auf</strong> das Produkt <strong>auf</strong>zudrucken, könnte die Anzahl genutzter Tags pro Jahr <strong>auf</strong> eine Billion<br />
27
Mengenentwicklung<br />
steigen. Allerdings wurde die Mengenentwicklung der Tranponder in diesem Jahr bereits<br />
nach unten korrigiert, da das radikale Marktwachstum zu Beginn des Jahres 2006 nicht beibehalten<br />
werden konnte. Deutlich moderater beurteilen die Analysten-Kollegen von Venture<br />
Development Corp. (VDC) den weltweiten <strong>RFID</strong>-Gesamtmarkt in einer <strong>Studie</strong> vom Januar<br />
2007: 2006 konnten demnach mit <strong>RFID</strong>-Lösungen (dazu zählen Hardware, Software und<br />
Services) 2,3 Mrd. Dollar umgesetzt werden. Für 2007 und auch 2008 prognostiziert VDC<br />
jeweils ein jährliches Wachstum von 35 Prozent, so dass 2007 etwas mehr als 3 Mrd. Dollar,<br />
2008 gar 4,1 Mrd. Dollar resultieren würden.“ /ELEK07/<br />
Abbildung 5-2: Potenziale der <strong>RFID</strong>-Technologie /FTK06 S.9/<br />
Betrachtet man im Speziellen die Auswertung einer gemeinsamen Umfrage des Informationsforum<br />
<strong>RFID</strong> e.V., AIM-Deutschland und FTK, bezüglich des Potenzials von <strong>RFID</strong> in verschiedenen<br />
Anwendungsbereichen, so wird die Bedeutung der <strong>RFID</strong>-Technologie für den<br />
Handel und die Automobilbranche deutlich.<br />
28
Mengenentwicklung<br />
Die ‚Behälterverfolgung- und Bereitstellung’ ist gerade für die Lieferkette der Automobilhersteller<br />
von großer Relevanz, wobei 75% der Unternehmen hier ein großes Potenzial sehen.<br />
Aber auch die ‚Rückverfolgbarkeit von Teilen und Waren’ sowie die ‚Wartungsinformationen<br />
an technischen Teilen’ werden mit über 60% als potenzialträchtig angesehen. Ersteres ist<br />
nicht nur für den Automotivbereich von Interesse, sondern auch für den Handel. Der ‚logistischen<br />
Unterstützung im Handel’ wird mit fast 70% sogar eine noch größere Bedeutung beigemessen.<br />
Für den Bereich des Ticketing sehen die Befragten kaum Potenziale.<br />
Um die Auswirkungen <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-<strong>Masseneinsatzes</strong> <strong>auf</strong> bestehende Recycling und <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>systeme<br />
abschätzen zu können, sollen hier zwei Szenarien beschrieben werden. Diese<br />
Szenarien sollen zum einen eine schnelle Akzeptanz und Verbreitung der <strong>RFID</strong>-<br />
Technologie beschreiben, die somit in einer Vielzahl von Transpondern insbesondere auch<br />
Smart Labels führt. Dieses Szenario wird im Weiteren als Hightech Szenario bezeichnet. Das<br />
zweite Szenario beschreibt ein gleichmäßiges Wachstum beim Einsatz und der Verbreitung<br />
von <strong>RFID</strong>. Dabei werden die Transponder sich vor allem in den bisherigen Einsatzgebieten<br />
weiter verbreiten und werden überwiegend in Kreisläufen eingesetzt. Dieses Szenario wird<br />
im Weiteren als konservatives Szenario bezeichnet.<br />
Um die Anzahl an Transpondern zu prognostizieren die, in den <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>kreisl<strong>auf</strong> gelangen<br />
wird unterstellt, dass der größte Anteil durch das Taggen von Handelswaren mit Einweglabeln<br />
anfallen wird. So wird ausgehend vom Aufkommen an Verpackungen aus Papier/Pappe<br />
und Kunststoffen über das durchschnittliche Gewicht einer Verpackung <strong>auf</strong> deren<br />
Anzahl geschlossen. Dabei wird ein weiterhin leicht rückläufiges Aufkommen an Verpackungsmüll<br />
angenommen /BVSE06/. Im Jahr 2004 betrug das Aufkommen ca. 4 Mio. Tonnen<br />
/STAT06A/ 2 und wird bei einer Reduzierung von 1% jährlich <strong>auf</strong> 3,73 Mio. Tonnen im<br />
Jahr 2011 geschätzt. Eine einzelne Verpackung hat ein durchschnittliches Gewicht von 25 g<br />
/SOHN99/, woraus sich die Anzahl an Verpackungen von 149 Mrd. Stück errechnen lässt.<br />
Aufkommen Abfall<br />
(Mio. Tonnen)<br />
Durchschnittliches Gewicht<br />
pro Verpackung<br />
(Gramm)<br />
Resultierende Anzahl an<br />
Verpackungen<br />
(Mrd. Stück)<br />
3,73 25 149<br />
Tabelle 5-1: Aufkommen an Verpackungen<br />
Die Rohstoffmenge, die in einem Transponder enthalten ist, lässt sich aus dem Volumen und<br />
der Dichte des Materials errechnen. Das Volumen <strong>eines</strong> repräsentativen Transponders ergibt<br />
sich durch die Multiplikation der Antennenfläche mit der Dicke der jeweiligen Schicht. Eine<br />
Antenne aus Kupfer weist somit ein Gewicht von 125,87 mg, eine Aluminiumantenne 38,19<br />
2<br />
Aktuellere Daten existieren nicht in der notwendigen Genauigkeit.<br />
29
Mengenentwicklung<br />
mg, eine Antenne aus Silberleitpaste 148 mg und ein Chip aus Silizium 3 mg <strong>auf</strong>. Das Gewicht<br />
des Klebers beträgt 20 g/m 2 /RAFS07/, was ein Gewicht von 52,35 mg pro Transponder<br />
ergibt.<br />
Einzelmenge (Milligramm) Kupfer Aluminium Silberleitpaste Silizium Klebstoff<br />
Antenne aus Kupfer 125,86914 0 0 3 52,38<br />
Antenne aus Aluminium 0 38,18502 0 3 52,38<br />
Antenne aus Silberleitpaste 0 0 148,4973 3 52,38<br />
Tabelle 5-2: Rohstoffmengen pro Transponder<br />
5.1. Hightech Szenario<br />
Das Hightech Szenario für die Mengenentwicklung von <strong>RFID</strong>-Tags beruht <strong>auf</strong> der Annahme,<br />
dass die Implementierung der <strong>RFID</strong>-Technologie unter optimalen Vorraussetzungen stattfindet.<br />
Dazu gehört die Einführung internationaler Standards und Normen für Frequenzen und<br />
Datenformate, wie auch die Akzeptanz bei Anwendern und Kunden. Von größerer Relevanz<br />
jedoch ist ein deutlich gesunkener Tag-Preis.<br />
Die Kosten pro Tag haben direkten Einfluss <strong>auf</strong> die Anzahl der verwendeten Transponder.<br />
Sie setzen sich zusammen aus Material- und Fertigungskosten, wobei erstere von den Rohstoffpreisen<br />
abhängig sind. Die Hauptkomponente <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-Transponders, die Antenne,<br />
besteht je nach Anwendung aus Silber, Aluminium oder Kupfer. Betrachtet man die aktuellen<br />
Kursdaten, ist festzustellen, dass sich die Rohstoffpreise aller Materialien im Aufwärtstrend<br />
befinden. Dies hat unterschiedliche Gründe. Die Bestände an Silber gehen zur Neige und die<br />
erhöhte Nachfrage wird aktuell lediglich durch Veräußerung der Silberreserven gedeckt. Als<br />
teuerster Rohstoff wird Silber bisher nur in wenigen Bereichen eingesetzt, dies kann sich<br />
jedoch <strong>auf</strong> Grund neuer Technologien ändern. Kupfer wird hauptsächlich in der Bau- und<br />
Elektroindustrie genutzt und wird <strong>auf</strong>grund der vermehrten Bautätigkeit in den <strong>auf</strong>strebenden<br />
Industrie- und Schwellenländern, insbesondere in China, verstärkt nachgefragt. Die steigenden<br />
Aluminiumpreise sind von zwei Faktoren abhängig. Zum Einen wird zur Verarbeitung viel<br />
Energie benötigt und der Aluminiumpreis korreliert mit dem Ölpreis. Zum Anderen wird in der<br />
Automobil- und Flugzeugindustrie vermehrt Aluminium genutzt. /FINA07/<br />
Aktuell liegen die Kosten pro Tag zwischen 10 und 50 Cent. Trotz steigender Rohstoffkosten<br />
könnte der Preis <strong>auf</strong> 7 Cent im Jahr 2010 und bis 2016 sogar <strong>auf</strong> weniger als 1 Cent fallen<br />
/HARR06F/. Speziell die Anzahl der im Handel verwendeten Tags ist von dieser <strong>Ent</strong>wicklung<br />
abhängig. Bei einem geringen Tag-Preis wird das Item-Tagging rentabel und sobald Waren<br />
<strong>auf</strong> Produktebene mit Transpondern versehen werden, wird die Anzahl der Transponder rapide<br />
ansteigen. Für die <strong>Ent</strong>wicklung der Transponderpreise ist weiterhin auch die technologische<br />
<strong>Ent</strong>wicklung in der Herstellung von Bedeutung. Durch die in dem Kapitel neue Techno-<br />
30
Mengenentwicklung<br />
logien beschriebenen Verfahren kann der Transponderpreis deutlich gesenkt werden. Die<br />
<strong>Ent</strong>wicklung von <strong>RFID</strong> insgesamt ist also ebenfalls vom Erfolg der <strong>Ent</strong>wicklungen abhängig.<br />
Neben den Kosten ist die Akzeptanz und Verbreitung der Technologie von Bedeutung. Für<br />
eine breite Akzeptanz sind neben der Einführung notwendiger Standards auch die Beseitigung<br />
und Umgehung von technischen Hindernissen von Bedeutung. Insbesondere Metalle<br />
und Flüssigkeiten üben einen störenden Einfluss <strong>auf</strong> die <strong>RFID</strong>-Technologie aus, der jedoch<br />
teilweise bereits heute durch unterschiedliche Verfahren umgangen werden kann. Weitere<br />
<strong>Ent</strong>wicklungen können zu einer schnelleren Verbreitung von <strong>RFID</strong> beitragen. So könnte die<br />
<strong>RFID</strong>-Technologie bis 2010 auch in mittelständischen Unternehmen Anwendung finden und<br />
da, wie bereits erwähnt, der Nutzen <strong>eines</strong> Netzwerkes exponentiell mit der Anzahl der Anwender<br />
steigt, zu einer weiteren Verbreitung führen.<br />
Unter Vorraussetzung von optimalen Gegebenheiten könnte der <strong>RFID</strong>-Markt sich global mit<br />
einer Wachstumsrate von 57% p. a. <strong>auf</strong> ein Marktvolumen von 12 Mrd. Euro im Jahr 2010<br />
vergrößern /HENG06/.<br />
Auf Basis der geführten Gespräche und eigener Prognosen wird der Anteil getaggter Produktverpackungen<br />
<strong>auf</strong> 10% der Gesamtmenge der zu entsorgenden Verpackungen im Jahr<br />
2011 geschätzt. Dabei wir angenommen, dass <strong>auf</strong>grund niedriger Transponderkosten vermehrt<br />
ein Tagging <strong>auf</strong> Produktebene stattfindet. Ausgenommen davon sind jedoch extrem<br />
niedrigpreisige Produkte im Einzelhandel, da hier die Gewinnmargen sehr gering sind und<br />
somit einen breiten Einsatz von <strong>RFID</strong> wirtschaftlich nicht rechtfertigen. Somit würden ca. 15<br />
Mrd. Transponder zur <strong>Ent</strong>sorgung anstehen.<br />
Aufkommen<br />
Abfall<br />
(Mio. Tonnen)<br />
Durchschnittliches<br />
Gewicht pro<br />
Verpackung<br />
(Gramm)<br />
Resultierende<br />
Anzahl an<br />
Verpackungen<br />
(Mrd. Stück)<br />
Prognostizierter<br />
Anteil getaggter<br />
Verpackungen<br />
(Prozent)<br />
Anzahl<br />
Transponder<br />
(Mrd. Stück)<br />
Hightech<br />
Szenario 3,73 25 149 10% 14,9<br />
Tabelle 5-3: Anzahl Transponder im Hightech Szenario<br />
Für das Hightech Szenario ergeben sich somit folgende Gesamtmengen an Rohstoffen, welche<br />
als zusätzlicher Bedarf am Rohstoffmarkt <strong>auf</strong>treten und letztlich in den <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>kreisl<strong>auf</strong><br />
gelangen.<br />
Gesamtmenge (Tonnen) Kupfer Aluminium Silberleitpaste Silizium Klebstoff<br />
Antenne aus Kupfer 1.878 0 0 45 782<br />
Antenne aus Aluminium 0 570 0 45 782<br />
Antenne aus Silberleitpaste 0 0 2.216 45 782<br />
Tabelle 5-4: Rohstoffmengen im Hightech Szenario<br />
31
Mengenentwicklung<br />
5.2. Konservatives Szenario<br />
Das konservative Szenario prognostiziert ebenfalls ein starkes Wachstum des <strong>RFID</strong>-<br />
Marktes, doch mit der geringeren Wachstumsrate von 25% p. a. /BMWI07/. So wird das<br />
Marktvolumen im Jahr 2010 global 4,5 Mrd. Euro betragen.<br />
Auch unter der Annahme, dass steigende Rohstoffkosten sich negativ <strong>auf</strong> die <strong>Ent</strong>wicklung<br />
von <strong>RFID</strong> auswirken und die technischen Neuentwicklungen nicht den gewünschten Erfolg<br />
bringen, ist weiterhin von einem Wachstum der <strong>RFID</strong>-Technologie auszugehen. In vielen<br />
Bereichen, in denen <strong>RFID</strong> heute eingesetzt wird, sind noch große Wachstumspotenziale vorhanden.<br />
Insbesondere im logistischen Backend wird <strong>RFID</strong> heute erfolgreich eingesetzt.<br />
Neben den technologischen Hindernissen stellen jedoch vor allem auch Sicherheit und Datenschutz<br />
ein großes Problem für eine weite Verbreitung dar. Viele Verbraucher misstrauen<br />
der Technologie und befürchten, dass ihre Daten in größerem Maße gesammelt und ausgewertet<br />
werden können. Zudem findet die Kommunikation zwischen Transponder und Antenne<br />
derzeit kaum verschlüsselt statt, so dass die Systeme auch anfällig für Angriffe sind. Eine<br />
erfolgreiche Verbreitung von <strong>RFID</strong> zum Verbraucher wird in großem Maße von der Lösung<br />
dieser Probleme abhängen.<br />
In dem hier beschriebenen konservativen Szenario wird die Lösung dieser Probleme nicht<br />
oder nur langsam erfolgen, so dass sich der Einsatz von <strong>RFID</strong> weiterhin <strong>auf</strong> unternehmensinterne<br />
Prozesse beschränkt.<br />
Aufkommen<br />
Abfall<br />
(Mio. Tonnen)<br />
Die prognostizierte Anzahl an Transpondern im konservativen Szenario basiert <strong>auf</strong> der<br />
Schätzung bei einer verhaltenen Nutzung der Technologie mit einem Anteil an getaggten<br />
Verpackungen von 3%. Dabei werden die bisherigen Anwendungsfälle weiter durchdrungen<br />
und es findet ein vermehrtes Taggen <strong>auf</strong> Packstückebene statt. Auf Produktebene werden<br />
lediglich Verpackungen von höherwertigen Produkten sowie ausgewählte Textilien mit einem<br />
Transponder versehen. Somit würden 4,8 Mrd. Transponder im <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>kreisl<strong>auf</strong> anfallen.<br />
Durchschnittliches<br />
Gewicht<br />
pro<br />
Verpackung<br />
(Gramm)<br />
Resultierende<br />
Anzahl an Verpackungen<br />
(Mrd. Stück)<br />
Prognostizierter<br />
Anteil getaggter<br />
Verpackungen<br />
(Prozent)<br />
Anzahl<br />
Transponder<br />
(Mrd. Stück)<br />
Konservatives<br />
Szenario 3,73 25 149 3% 4,5<br />
Tabelle 5-5: Anzahl Transponder im Konservative Szenario<br />
32
Mengenentwicklung<br />
Folgende Mengen ergeben sich somit als Bedarf am Rohstoffmarkt und fallen später zur<br />
<strong>Ent</strong>sorgung an.<br />
Gesamtmenge (Tonnen) Kupfer Aluminium Silberleitpaste Silizium Klebstoff<br />
Antenne aus Kupfer 563 0 0 13 234<br />
Antenne aus Aluminium 0 171 0 13 234<br />
Antenne aus Silberleitpaste 0 0 665 13 234<br />
Tabelle 5-6: Rohstoffmengen im Konservativen Szenario<br />
33
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
6. AUSWIRKUNGEN EINES MASSENHAFTEN <strong>RFID</strong>-EINSATZES<br />
In diesem Kapitel werden die Auswirkungen <strong>eines</strong> breiten Einsatzes der <strong>RFID</strong>-Technologie<br />
<strong>auf</strong> die bestehenden Recycling- und <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse dargestellt. Dabei wird zunächst<br />
anhand der im Kapitel Mengenentwicklung beschriebenen Szenarien <strong>auf</strong>gezeigt, wie eine<br />
<strong>Ent</strong>wicklung in den ausgewählten Branchen aussehen könnte und weiterhin die Auswirkungen<br />
<strong>auf</strong> die ent<strong>sorgungs</strong>logistische Kette dargestellt. Fallstudien an ausgewählten Objekten<br />
der drei Branchen schließen die Betrachtung ab.<br />
6.1. Automobilindustrie<br />
In der Automobilindustrie wird aus Sicht der <strong>Ent</strong>sorgung vor allem der Einsatz von Einweglabeln<br />
an und in den einzelnen Komponenten ein kritischer Faktor sein. Die Kennzeichnung<br />
von Zuliefer- und Ersatzteilen könnte zu einer kompletten Durchdringung des Automobils mit<br />
Smart Labels führen.<br />
6.1.1. Hightech Szenario<br />
Wie im Kapitel 2 dargestellt findet <strong>RFID</strong> in der Automobilindustrie bereits heute großen Anklang<br />
im Behältermanagement und der Produktionssteuerung. In diesen Bereichen wird die<br />
Technologie auch weiterhin eingesetzt werden. Durch die zunehmende Fälschung von Original-<br />
und Ersatzteilen werden <strong>RFID</strong>-Label in Zukunft an immer mehr Teilen verwendet werden.<br />
Insbesondere bei Sichtteilen kann hier das Inmould-Verfahren 3 zum Einsatz kommen,<br />
um die Optik des Fahrzeugs nicht zu stören. Bei ca. 500 Zulieferern pro Auto erscheint eine<br />
etwa gleiche Anzahl von Smart Labels durchaus möglich.<br />
6.1.2. Konservatives Szenario<br />
In einem konservativen Szenario ist davon auszugehen, dass die bestehenden Anwendungen<br />
für <strong>RFID</strong> in der Automobilbranche weiter ausgebaut und verbreitet werden. Allerdings<br />
wird die Technologie hier vornehmlich im Backend eingesetzt, so dass hauptsächlich Mehrweg-Transponder<br />
eingesetzt werden. Einweg-Transponder werden nur in Einzelfällen im<br />
fertigen Fahrzeug eingesetzt, hier vornehmlich an sicherheitsrelevanten Einrichtungen, wie<br />
z.B. dem Airbag. Da die Anzahl der Transponder pro Fahrzeug relativ gering ist, bestehen<br />
hier auch wenige Auswirkungen <strong>auf</strong> die bisherigen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse. Bezogen <strong>auf</strong> das<br />
Gesamtgewicht des Fahrzeugs liegt der Transponderanteil im Promillebereich.<br />
3<br />
Beim Inmould-Verfahren werden die Transponder vor dem Einspritzen des Kunststoffes in die Spritzgussform eingelegt.<br />
34
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
6.2. Handel<br />
Im Handel werden <strong>RFID</strong> und insbesondere auch Einwegtransponder bereits heute in unterschiedlichsten<br />
Bereichen eingesetzt. Vor allem das Tagging <strong>auf</strong> Produktebene stellt hier einen<br />
kritischen Faktor für die <strong>Ent</strong>wicklung der Transpondermengen in Zukunft dar. In<br />
Deutschland werden heute bereits ca. 150.000 Packstücke mit Transpondern versehen, es<br />
ist zu erwarten, dass diese Zahl weiter zunimmt. Dabei soll die <strong>RFID</strong>-Technologie vor allem<br />
die Logistikprozesse verbessern, allerdings wird auch im After Sales Bereich ein großes Potenzial<br />
gesehen. Auch hier sind vor allem datenschutzrechtliche Fragen noch ein Hindernis.<br />
6.2.1. Hightech Szenario<br />
Sofern die Sicherheitsfragen in Bezug <strong>auf</strong> <strong>RFID</strong>Transponder an und in Produkten geklärt<br />
werden können, werden <strong>RFID</strong>-Transponder vor allem bei höherwertigen Produkten eingesetzt.<br />
Dabei sind dem Produkttagging keine Grenzen gesetzt. Hochwertige Lebensmittel,<br />
Elektronikgeräte und Kleidung werden mit Transpondern versehen sein. Darüber hinaus findet<br />
auch im logistischen Backend eine Ausweitung der Kennzeichnung bis <strong>auf</strong> die Produktebene<br />
statt, so dass eine weitreichende Durchdringung der Lieferkette mit <strong>RFID</strong> erreicht<br />
wird. Die <strong>Ent</strong>sorgung wird dabei vornehmlich über die bestehenden <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wege für<br />
Verpackungen und Produkte stattfinden, so dass eine Vorbereitung der Sortier- und Recyclingsysteme<br />
<strong>auf</strong> die Einbringung von Transpondern erfolgen muss. In einigen Bereichen ist<br />
dabei eine Mehrfachverwendung der Transponder sinnvoll.<br />
6.2.2. Konservatives Szenario<br />
Auch wenn sich eine Kennzeichnung <strong>auf</strong> der Produktebene nicht durchsetzt, wird <strong>RFID</strong> weiterhin<br />
in der Intralogistik und Distribution zur Anwendung kommen. Ein Tagging <strong>auf</strong> Produktebene<br />
wird dabei jedoch nur in Einzelfällen stattfinden. Allerdings werden auch hier Transponder<br />
in Verpackungen eingebracht, die in die bestehenden <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wege eingehen.<br />
Gerade in Bereichen, in denen elektronische Artikelsicherung zum Einsatz kommt, werden<br />
verstärkt <strong>RFID</strong>-Systeme eingesetzt, da diese weitere Vorteile bieten. Auf Grund des Transponderpreises<br />
wird <strong>auf</strong> Produktebene nur eine Kennzeichnung von Luxusgütern stattfinden.<br />
6.3. Ticketing<br />
Auch wenn sich in Deutschland zurzeit noch keine konkreten Anwendungen im Ticketing<br />
abzeichnen, so stellt dieser Bereich weiterhin ein großes Einsatzpotenzial für Smart Label<br />
dar. Selbst bei mittelgroßen Veranstaltungen können durchaus 10.000 Besucher und damit<br />
eine gleichgroße Anzahl an Transpondern <strong>auf</strong>kommen. Ohne ein geeignetes System zur<br />
Sammlung dieser Mengen kann es schon bei einer geringen Anzahl von Transpondern zu<br />
erheblichen Auswirkungen <strong>auf</strong> Recycling und <strong>Ent</strong>sorgung kommen. Bei einem Einsatz der<br />
35
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
Technologie im öffentlichen Nah- und Fernverkehr würden noch weit mehr Transponder eingesetzt<br />
werden. So hat alleine der Hamburger Verkehrsverbund in 2005 585,6 Millionen<br />
Fahrgäste befördert /HVV05/. Ohne ein geeignetes Wiederverwertungssystem kann eine<br />
solche Zahl von <strong>RFID</strong>-Transpondern drastische Auswirkungen haben.<br />
6.3.1. Hightech Szenario<br />
Die <strong>RFID</strong>-Technologie kann im Ticketing vor allem als Fälschungssicherung und zur Unterbindung<br />
<strong>eines</strong> Graumarkthandels eingesetzt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass ein<br />
geeignetes Kontrollsystem installiert ist und auch verwendet wird. Das Versagen dieser<br />
Technologie bei der FIFA Fußball WM 2006 ist vor allem <strong>auf</strong> eine Überlastung der Kontrollsysteme<br />
zurückzuführen. Auch im Fahrkartengeschäft kann <strong>RFID</strong> die Fälschungssicherheit<br />
erhöhen sowie Kontroll- und <strong>Ent</strong>wertungsprozesse automatisieren und beschleunigen. Dies<br />
bietet bei der genannten Menge an Fahrgästen ein großes wirtschaftliches Potential. In einem<br />
High Tech Szenario kann daher von einem breiten Einsatz von <strong>RFID</strong> im Ticketing ausgegangen<br />
werden. Vorraussetzung dafür ist allerdings ein Sammel- und Aufbereitungsprozess,<br />
da sonst schon allein <strong>auf</strong> Grund der begrenzten Rohstoffe die Zahl der Transponder<br />
nicht bewältigt werden kann. „Mit Blick <strong>auf</strong> den Ressourceneinsatz ist die Herstellung der<br />
silberbasierten Antennenstruktur von Bedeutung. Pro Tag ist die Silbermenge zwar sehr gering,<br />
bei 200 Milliarden Tags für Verk<strong>auf</strong>sverpackungen beträgt die verbrauchte Silbermenge<br />
jedoch 340 Tonnen pro Jahr in Deutschland. Da der Silberbedarf heute schon bei 740 Tonnen<br />
liegt, entspricht dies einem Anstieg des Silberbedarfs <strong>auf</strong> fast 70 Prozent.“ /BEHR04<br />
S17/. Bei einer Transponderanzahl von 16 Milliarden im High Tech Szenario würde dies immer<br />
noch 28 Tonnen Silber und damit einen Gesamtanteil von 4 Prozent der gesamten Silbermenge<br />
ausmachen. Dabei ist der Einfluss durch gedruckte Silberantennen noch nicht<br />
berücksichtigt. Bei einem Wegwerfsystem in der Ticketingbranche würde der Silberbedarf<br />
noch wesentlich weiter ansteigen, was zu weiter steigenden Rohstoffpreisen führt und einen<br />
Einsatz <strong>auf</strong> lange Sicht unwirtschaftlich machen würde.<br />
6.3.2. Konservatives Szenario<br />
In den genannten Bereichen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten um eine Erhöhung der<br />
Fälschungssicherheit zu erreichen (z.B. Holospots, Laseroberflächenerkennung), auch wenn<br />
diese nicht die Möglichkeiten von <strong>RFID</strong> bieten. In einem konservativen Szenario würde <strong>RFID</strong><br />
im Ticketing nur in einzelnen Bereichen und vorwiegend zu Marketingzwecken eingesetzt.<br />
Dabei stellt vor allem das mangelnde Kundenvertrauen in Bezug <strong>auf</strong> Datenschutz einen kritischen<br />
Faktor dar. Zudem können gerade im Fahrkartenbereich auch wieder verwendbare<br />
Tags eingesetzt werden, wie dies heute bereits in Pilotversuchen stattfindet.<br />
36
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
6.4. Abschätzungen <strong>auf</strong> die ent<strong>sorgungs</strong>logistische Kette<br />
Im Weiteren werden die Folgen einer Einbringung von verschiedenen Smart Label B<strong>auf</strong>ormen<br />
in unterschiedliche <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse betrachtet.<br />
6.4.1. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Automobil<br />
Zurzeit werden <strong>RFID</strong>-Transponder in der Automobilindustrie hauptsächlich noch in produktionsbegleitenden<br />
Prozessen verwendet. Dafür werden Mehrwegtransponder genutzt die<br />
mehrfach zum Einsatz kommen und somit für diese Untersuchung nicht in erste Linie relevant<br />
sind. Zunehmend werden allerdings auch Einwegchips für sicherheitsrelevante Teile<br />
benutzt. Diese werden dabei im so genannten Inmould-Verfahren direkt in die Bauteile eingegossen<br />
und sind daher schwer von diesen zu trennen. Aufgrund mangelnder Verfahren<br />
zur Trennung muss davon ausgegangen werden, dass die <strong>RFID</strong>-Chips zurzeit noch mit dem<br />
Bauteil entsorgt werden. Dies würde bedeuten, dass die Chips in die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>- und Recyclingprozesse<br />
des jeweiligen Stoffs, insbesondere Kunststoff, einfließen.<br />
6.4.2. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Ticketing<br />
Im Bereich des Event-Ticketing ist zurzeit ein Trend <strong>eines</strong> <strong>Masseneinsatzes</strong> von <strong>RFID</strong>-Chips<br />
nicht zu erkennen und wird wohl nur vereinzelt zum Einsatz kommen /HALB07/. Eine <strong>Ent</strong>sorgung<br />
erfolgt dann größtenteils über den Restmüll oder durch Fehleinwürfe über den Papiermüll.<br />
Die Auswirkungen <strong>auf</strong> diese <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wege dürfen als geringfügig angesehen<br />
werden.<br />
Größere Bedeutung wird der <strong>RFID</strong>-Technologie im Freizeitbereich (Skiliftzugang) und im<br />
Bereich des ÖPV zugeteilt. Dabei wird es allerdings eine Beschränkung <strong>auf</strong> Monats- und<br />
Jahrestickets geben und zudem werden in diesen Anwendungsgebieten ausschließlich<br />
Mehrwegtransponder genutzt. Ein Einsatz für Einwegtickets ist aus Kostengründen derzeit<br />
nicht geplant und wird daher nicht weiter betrachtet.<br />
6.4.3. <strong>Ent</strong>sorgung am Produkt im Bereich Handel<br />
• Papier / Pappe<br />
Durch die Vielzahl von verschiedenen Anwendungen und Größen können keine sinnvollen<br />
Annahmen über die Anzahl von Papier- und Pappverpackungen sowie Produkten<br />
getroffen werden. Da aber die Durchdringung des Altpapiers mit Metall in Form von Büroklammern<br />
und Heftzwecken ein altbekanntes Problem ist, birgt eine Einbringung von<br />
Metal über die Smart Label keine größeren Probleme. Bei einem maximalen Einsatz von<br />
Smart Labels <strong>auf</strong> Verpackungen, Paketen und Zeitungen und der Annahme, dass winzige<br />
Metal- oder Plastikteilchen den Reinigungsprozessen entgehen und in den Produktionsprozess<br />
gelangen, könnten allerdings Qualitätsminderungen eintreten. Beim Einsatz<br />
37
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
dieses Papiers im Lebensmittel- und Pharmaziebereich könnte es <strong>auf</strong>grund der Metallkonzentrationen<br />
zu Problemen kommen.<br />
Weitaus größere Probleme bereiten Klebstoffe, wasser- sowie wasserunlösliche. Wasserlösliche<br />
Klebstoffe, wie sie auch in Briefumschlägen mit Sichtfenster benutzt werden,<br />
können im Wasser gelöst die Filteranlagen passieren und in den Produktionsprozess gelangen<br />
/ALTP07/. Dort können sie beim <strong>Ent</strong>wässern und Pressen der Papierbahnen verklumpen<br />
und so genannte „stickies“ bilden, welche die Papierqualität mindern. Allerdings<br />
werden nur bei der Produktion von Karton und Pappe extrem hohe Altpapieranteile verwendet.<br />
Dort sind stickies zwar nicht gern gesehen, bringen aber auch keine akuten<br />
Qualitätsverluste mit sich. Bei der Produktion von sehr hochwertigem Papier wird in der<br />
Regel kein Altpapier zugeführt und bleibt so von möglichen Auswirkungen verschont.<br />
Höhere Konzentrationen von Klebstoffen können allerdings dazu führen, dass Filter und<br />
Siebe der Sorter und Wasser<strong>auf</strong>bereitungsanlagen schneller verstopfen. Bei einem intensiven<br />
Einsatz von Smart Labels ist hier mit einem erhöhten Wartungs<strong>auf</strong>wand zu<br />
rechnen. Unklar ist noch, wie sich direkt <strong>auf</strong> Produkte gedruckte Smart Label auswirken<br />
würden. In einem solchen Fall könnte sich die metallhaltige Tinte bei den Reinigungsprozessen<br />
lösen und das Reinigungswasser belasten. Wie in Kapitel 7 beschrieben, ist<br />
solch eine Anwendung auch mittelfristig nicht absehbar.<br />
• Glas<br />
Der Eintrag von organischen Stoffen wie Papier und gedruckten <strong>RFID</strong>-Chips (Plastiksubstrat)<br />
in den Glasrecyclingprozess dürfte keine Beeinträchtigung des Prozesses oder<br />
der Glasqualität verursachen, da sie bei 1500°C der Glasschmelze einfach verbrennen.<br />
Problematisch hingegen ist die Einbringung von Metall. Kupfer kann zu Farbveränderungen<br />
führen, Aluminium und andere Metalle können Materialdefekte, z.B. Einschlüsse,<br />
hervorrufen. Altglas darf daher maximal 5g/t Metall enthalten. Metalle werden ab einer<br />
Größe von 0,6mm vor der Schmelze aussortiert /ZEIG05/. Sollten allerdings alle Hohlgläser<br />
mit Smart Labels versehen werden, ist es fraglich ob die Sortierer Mengen von<br />
mehreren 100 g pro Tonne verarbeiten können.<br />
38<br />
Dass das Anbringen von Transpondern kritisch werden könnte, wird an folgendem Rechenbeispiel<br />
deutlich. Bei dem Gewicht einer Glasflasche von 650 g /TREN05/, besteht<br />
eine Tonne Altglas aus 1538 Flaschen. Wenn jede Flasche mit einem Transponder mit<br />
Kupferantenne versehen wäre, würden 193,6 g Kupfer pro Tonne Altglas anfallen. Da<br />
lediglich 5 g/t erlaubt sind, dürften maximal 40 Flaschen pro Tonne Altglas, also 2,5%<br />
der Gesamtmenge, mit Transponder in den Recyclingprozess gelangen. Bei einer Aluminiumantenne<br />
wären es 58,73 g Aluminium, die anfallen. Hier dürften maximal 131 Flaschen,<br />
also 8,5% der Gesamtmenge dem Recyclingprozess zugeführt werden. Bei einer<br />
Antenne aus Silberleitpaste wären es 225,4 g Silber pro Tonne Glas, daher maximal 34
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
Flaschen, die mit Transponder bestückt sein dürften, was einen Anteil von 2,2% darstellt.<br />
Unproblematisch dürfte die Einbringung von Mehrweg-Flaschen in den Recyclingprozess<br />
sein. Im Mehrwegkreisl<strong>auf</strong> werden alle Flaschen zunächst gesäubert und mittels<br />
Dampf von Etiketten befreit. Erst dann wird jede einzelne Flasche <strong>auf</strong> Schäden überprüft<br />
und ggf. aussortiert. Die aussortierten und dem Altglaskreisl<strong>auf</strong> zugeführten Flaschen<br />
sind demnach bereits labelfrei.<br />
• Restmüll<br />
Restmüll wird grundsätzlich thermisch behandelt, da Stoffe seit dem Jahr 2005 nur noch<br />
in behandelter Form abgelagert werden dürfen /JANS98, S.132/. Die organischen Teile<br />
von Smart Labels wie Papier und Plastik haben daher keinerlei Auswirkungen <strong>auf</strong> die<br />
<strong>Ent</strong>sorgung. Diese verbrennen bei der thermischen Behandlung einfach und gehen als<br />
Asche mit in die Schlacke ein. Das Metall der Antenne, Kupfer oder Aluminium, geht<br />
ebenfalls in die Schlacke ein. Bei der Aufbereitung der Schlacke für den kommerziellen<br />
Markt werden Metalle teilweise aussortiert, dennoch ist mit einer erhöhten Konzentration<br />
von Aluminium und Kupfer zu rechnen /HILT05, S.7/.<br />
• Kunststoffe<br />
Bei der Dichtetrennung von Stoffen mittels Schwimm-Sink-Technik entziehen sich Partikel<br />
die kleiner als 20-30µm sind /JANS98, S.94/. Dadurch ist nicht auszuschließen, dass<br />
Fremdstoffe in das Endprodukt gelangen. Bei gedruckten Smart Labels <strong>auf</strong> Polymerbasis<br />
kann es zu Materialunverträglichkeiten kommen, wohingegen beim Aufschmelzprozess<br />
Lötlegierungen in den Kunststoff gelangen können. Dabei besteht die Gefahr, dass<br />
neben der Qualitätsminderung auch die Metallhöchstgrenzen für Verpackungen erreicht<br />
werden.<br />
• Aluminium<br />
Das Einbringen von Smart Labels in den Aluminiumrecyclingprozess dürfte keinerlei<br />
Auswirkungen haben, solange Tags mit Aluminiumantennen verwendet werden. Organische<br />
Stoffe wie Papier und Plastik verbrennen beim Einschmelzen einfach, sofern sie<br />
nicht schon vorher bei der Schwimm-Sink-Trennung aussortiert wurden. Auch ein Silizium-Chip<br />
hat keine negativen Auswirkungen. Problematischer wird die Verwendung von<br />
Tags mit Kupferantennen. Sofern diese nicht vor dem Einschmelzen aussortiert werden,<br />
mindern sie, wie auch beim Stahl, die Qualität des Erzeugnisses. Doch auch ein Masseneinsatz<br />
von Smart Labels mit Kupferantennen ist vernachlässigbar. Aluminiumverpackungen<br />
machten im Jahr 1999 gerade einmal 4,6% der gesamten Aluminiumverwendung<br />
in Deutschland aus.<br />
39
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
Abbildung 6-1: Verwendung von Aluminium<br />
Auch wenn im Verpackungsbereich die Produktlebensdauer mit unter einem Jahr angesehen<br />
werden kann, erfolgt eine Rückführung aus dem Hausmüll nur zu ca. 12%<br />
/VONG04, S.96/. Die Gesamteinsatzquote von Aluminiumschrott zur Herstellung von<br />
Sekundäraluminium aus Verpackungen ist daher sehr gering.<br />
• Weißblech<br />
Der Einfluss von Smart Labels <strong>auf</strong> das Weißblechrecycling kann wie bei Aluminium als<br />
unproblematisch angesehen werden, solange Tags mit Aluminium verwendet werden,<br />
da Aluminium keinerlei Auswirkungen beim Recycling hat. Genauso verhält es sich mit<br />
Papier, Silizium und Plastik, die beim Einschmelzprozess verbrennen. Das Einbringen<br />
von Kupfer in den Stahlrecyclingkreisl<strong>auf</strong> ist hingegen problematisch. Kupfer kann nicht<br />
<strong>auf</strong> metallurgischen Weg aus dem Stahl entfernt werden. Dies ist allerdings ein altbekanntes<br />
Problem und wird durch Zusatz von Roheisen oder kupferfreien Schrott zur<br />
Verdünnung umgangen. Kupfer im Stahl verschlechtert die Verformungseigenschaften<br />
schon bei geringen Gehalten und macht den Stahl brüchig. Angesichts des geringen Anteils<br />
von nur 3% Weißblech am jährlichen Schrotteinsatz /JOCH04, S.62/ kann auch dieser<br />
Einfluss vernachlässigt werden. Kupfereinbringungen aus anderen Quellen können<br />
als dominant und schwerwiegender angesehen werden.<br />
• Stahl<br />
Die Einbringung von Smart Labels ins Stahlrecycling erfolgt über die <strong>Ent</strong>sorgung von<br />
Weißblech und Schrott von Altautos.<br />
40
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
6.5. Case Study<br />
Zur Verdeutlichung der Problematik soll im folgenden Kapitel anhand von Fallbeispielen <strong>auf</strong>gezeigt<br />
werden, wie der weg <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-Labels durch bestehende <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse<br />
aussieht beziehungsweise aussehen würde. Dazu wurde aus jeder der drei Branchen Automotive,<br />
Handel und Ticketing ein typisches Fallbeispiel ausgewählt.<br />
6.5.1. Rückspiegel <strong>eines</strong> Autos<br />
Ein moderner Rückspiegel <strong>eines</strong> Autos ist heutzutage kein einfacher Spiegel mehr. Er lässt<br />
sich über Elektromotoren bequem vom Fahrersitz einstellen, bei Frost sorgt eine Spiegelheizung<br />
schnell für klare Sicht und immer öfter wird auch ein zusätzlicher Blinker in den Spiegelfassungen<br />
verbaut. Daher setzt sich ein Spiegel aus verschiedenen Bestandteilen zusammen:<br />
• Kunststoffgehäuse<br />
• Spiegelglas<br />
• Elektromotoren<br />
• Kabel<br />
• LEDs oder Glühlampen<br />
• Kunststoffspiegel der Blinker<br />
Da durch die Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge vorgegebene Wiederverwendungsund<br />
Verwertungsraten erreicht und nachgewiesen werden müssen und seit dem 1. Juli 2007<br />
bestimmte Stoffe verboten sind, müssen alle verwendeten Stoffe dokumentiert werden. Dafür<br />
hat die Automobilindustrie das Internationale Materialdatensystem (IMDS) gegründet. Darüber<br />
können alle Bestandteile und Materialzusammensetzungen <strong>eines</strong> bestimmten Bauteils<br />
abgerufen werden. Um den Demontage- und Recyclingprozess zu vereinfachen ist es denkbar<br />
einzelne Bauteile mit Smart Labels zu versehen, um die zugehörigen Daten über IMDS<br />
schnell und einfach abzurufen.<br />
Das Taggen <strong>eines</strong> Spiegels kann <strong>auf</strong> zwei Arten realisiert werden. Zum Einen könnte man<br />
einen <strong>RFID</strong>-Chip im Inmould-Verfahren direkt in das Kunststoffgehäuse eingießen, zum Anderen<br />
ließe sich ein Smart Label im Gehäuseinneren versteckt anbringen. Bei beiden Varianten<br />
lassen sich die Informationen des <strong>RFID</strong>-Chips mit einem Lesegerät einfach auslesen und<br />
damit die entsprechenden Daten aus dem IMDS abrufen. Wird der Spiegel nicht als Ersatzteil<br />
benötigt oder ist er defekt, erfolgt die Demontage des Spiegels in seine einzelnen Bestandteile.<br />
Einzelteile die noch benötigt werden, werden zur Weiterverwendung eingelagert.<br />
Alle anderen Teile können anhand der abgerufenen Daten des IMDS den richtigen Wertstoffkreisläufen<br />
zugeführt werden. Kabel und Elektromotoren werden dem Elektroschrott zu-<br />
41
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
geführt, Glas dem Glasrecycling und die Kunststoffe können, dank des IMDS, genau identifiziert<br />
werden, sodass diese sortenrein getrennt werden können. Dies ist für das Kunststoffrecycling<br />
wichtig, da sich gemischte Kunststoffe sehr schwer trennen und sich somit am Markt<br />
nicht absetzen lassen. Hierbei kommen auch die beiden Tag-Varianten zum Tragen. Ein<br />
<strong>auf</strong>geklebtes Smart Label im Inneren des Kunststoffgehäuses lässt sich einfach abziehen<br />
und kann dann zusammen mit Elektroschrott entsorgt werden. Beim Elektroschrottrecycling<br />
können dann die Metalle des Labels wieder zurück gewonnen werden, die organischen Stoffe<br />
verbrennen dabei beim Schmelzprozess oder gehen mit in die Schlacke ein. Problematischer<br />
wird es bei der Inmould-Variante. Durch das Eingießen des <strong>RFID</strong>-Chips in Kunststoff<br />
ist eine einfache Trennung von Chip und Kunststoff nicht machbar und wird daher zunächst<br />
dem Kunststoffrecycling zugeführt. Dort wird der Kunststoff geschreddert und Chip und Antenne<br />
werden freigelegt. Dennoch dürften die Reinigungs- und Trennprozesse in diesem Fall<br />
Schwierigkeiten haben, die Metalle heraus zu sortieren, da sie mit dem Kunststoff verschmolzen<br />
sind. Daher gelangen sie entweder mit in die folgenden Prozesse oder werden<br />
zusammen mit dem anhängenden Kunststoff aussortiert und durchl<strong>auf</strong>en das jeweilige<br />
Kunststoffrecycling.<br />
Abbildung 6-2: <strong>Ent</strong>sorgung <strong>eines</strong> <strong>RFID</strong>-getaggten Autorückspiegels<br />
6.5.2. <strong>RFID</strong>-Konzertkarte<br />
<strong>RFID</strong>-Chips werden in Konzertkarten hauptsächlich zur Unterbindung des Graumarkthandels<br />
und als Schutz vor Fälschungen eingesetzt. Dafür wird der Chip inklusive Antenne zwischen<br />
zwei Lagen Papier in das Ticket eingebracht. Vorstellbar ist in Zukunft aber auch das Aufbringen<br />
von Chip und Antenne mittels Drucktechnik. Zurzeit wird der <strong>Ent</strong>sorgung der <strong>RFID</strong>-<br />
Tickets noch keine Beachtung geschenkt. Die Tickets inklusive der Chips werden daher vom<br />
Kartenbesitzer entsorgt, sofern sie nicht als Souvenir behalten werden und somit keinem<br />
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozess zugeführt werden. Die restlichen Tickets dürften wahrscheinlich über<br />
den Rest- oder Papiermüll entsorgt werden. Bei der thermischen Behandlung des Restmülls<br />
verbrennen das Ticket und die organischen Bestandteile des Chips und der Antenne, Metall<br />
schmilzt bei den hohen Temperaturen und geht mit in die Schlacke ein. Werden die Tickets<br />
dem Papierrecycling zugeführt, werden sie mit dem anderen Papier <strong>auf</strong>geweicht und in einem<br />
Pulper zerfasert. Sitzt der Chip zwischen den Papierlagen wird dieser beim Zerfasern<br />
freigelegt und kann in den verschiedenen Trennverfahren aussortiert werden. Sind Chip und<br />
42
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
Antenne jedoch <strong>auf</strong>gedruckt, haften sie direkt am Papier und werden nicht durch die Trennverfahren<br />
erfasst. Allerdings könnten sie durch das De-Inking-Verfahren abgelöst und zusammen<br />
mit der Tinte abgeschöpft werden. Dies bedarf allerdings erst einer eingehenden<br />
Untersuchung. Auf Grund der Zusammensetzung der Polymere, die beim Antennen- und<br />
Chipdruck zum Einsatz kommen, könnte das De-Inking-Verfahren jedoch unwirksam sein.<br />
Dies hätte zur Folge, dass mit Chip und Antenne Metalle in den Herstellungsprozess einfließen<br />
und die Papierqualität mindern.<br />
Um eine Zuführung der <strong>RFID</strong>-Chips in fremde Recyclingkreisläufe zu unterbinden, ist zukünftig<br />
eine Sammlung der Chips vorstellbar. So könnte der Chip im Bereich des <strong>Ent</strong>wertungsabschnitts<br />
des Tickets positioniert werden. Bei der Zugangskontrolle zu Beginn des Konzerts<br />
wird dann der entsprechende Abschnitt zur <strong>Ent</strong>wertung abgetrennt und kann direkt gesammelt<br />
werden. Auf diesem Weg können die Chips dann dem Elektroschrottrecycling zugeführt<br />
werden und die enthaltenden Metalle zurück gewonnen werden. Nachteilig dabei wäre, dass<br />
die Chips ab diesem Zeitpunkt nicht mehr genutzt werden können. Eine Überwachung im<br />
Veranstaltungsbereich ist dann genauso unmöglich wie die Erfassung statistischer Daten,<br />
wie z.B. die Erfassung der Aufenthaltsdauer der Besucher.<br />
Um dieses Problem zu umgehen und die Chips dennoch einzusammeln, wäre auch eine<br />
Sammlung der Tickets beim Verlassen der Veranstaltung denkbar. Allerdings wirft diese Variante<br />
neue Probleme <strong>auf</strong>. Während zu Beginn der Veranstaltung eine Zugangskontrolle erfolgen<br />
muss, ist eine Kontrolle der Besucher am Ende nicht mehr nötig. Dadurch würden der<br />
Personalbedarf und die damit verbundenen Kosten steigen. Zudem würden sich verstärkt<br />
Staus an den Ausgängen bilden, da nach Konzertende alle Besucher gleichzeitig zu den<br />
Ausgängen strömen. Es ist somit keine schnelle <strong>Ent</strong>leerung des Veranstaltungsbereichs<br />
möglich. Eine große Akzeptanz einer solchen Regelung ist somit nicht zu erwarten. Ein Teil<br />
der Tickets könnte aber sicherlich <strong>auf</strong> freiwilliger Basis mittels Sammelbehältern am Ausgang<br />
eingesammelt werden. Hier besteht lediglich die Gefahr, dass Fremdstoffe eingeworfen werden<br />
und so eine Nachsortierung nötig wird.<br />
43
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
Abbildung 6-3: <strong>Ent</strong>sorgung eine <strong>RFID</strong>-Konzerttickets<br />
6.5.3. DVD-Player<br />
Zukünftiger Einsatz von Smart Labels in der Unterhaltungselektronik, hier am Beispiel <strong>eines</strong><br />
DVD-Players, dürfte hauptsächlich der Vereinfachung und Beschleunigung des Bestandmanagements<br />
und der Warendistribution dienen. Zusätzliche Anwendungsbereiche lassen sich<br />
in der Reklamationsabwicklung und in der Erhöhung des Schutzes vor Fälschungen finden.<br />
Letztere Punkte lassen sich dabei nur realisieren, wenn sich ein <strong>RFID</strong>-Chip direkt <strong>auf</strong> oder in<br />
dem Gerät befindet. Die andere Variante wäre die Anbringung <strong>eines</strong> Smart Labels <strong>auf</strong> der<br />
Verpackung. In diesem Fall zählt das Smart Label nicht als Elektrogerät sondern als Teil der<br />
Verpackung und fällt damit nicht unter die EU-Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altgeräte.<br />
Damit kann das Smart Label mit der Verpackung entsorgt werden und bedarf<br />
keiner besonderen Behandlung. Die Verpackung der Elektrogeräte besteht aber fast ausschließlich<br />
aus Pappe und das Label gelangt somit in den Papierrecyclingprozess, wo es zu<br />
Beeinträchtigung der Papierqualität führen kann. Mit Anbringung des Smart Labels direkt am<br />
DVD-Player wird das Label allerdings selbst zum Bestandteil des DVD-Players und muss<br />
gemäß der Richtlinie 2002/96/EG entsorgt werden. Die <strong>Ent</strong>sorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten<br />
erfolgt in Deutschland über Wertstoff- bzw. Recyclinghöfe. Dort können ausgediente<br />
Geräte kostenlos abgegeben werden. Die Kosten für die <strong>Ent</strong>sorgung müssen die<br />
Hersteller der Geräte bezahlen. Vom Wertstoffhof werden die Geräte zu Demontageunternehmen<br />
gebracht. Dort werden die Geräte manuell zerlegt und nach Bestandteilen sortiert.<br />
Ob ein Smart Label bei der Demontage <strong>eines</strong> DVD-Players getrennt werden kann, liegt an<br />
der Anbringung. Würden die Labels mittels Inmould-Verfahren in Kunststoff, z.B. das Gehäuse,<br />
eingegossen, wäre eine einfache Trennung nicht möglich. Ist der Kunststoff genau identifizierbar<br />
würden <strong>RFID</strong>-Chip und Antenne mit ins Kunststoffrecycling gelangen. Ist der Kunststoff<br />
jedoch nicht eindeutig identifizierbar oder handelt es sich um einen Mischkunststoff, so<br />
44
Auswirkungen <strong>eines</strong> massenhaften <strong>RFID</strong>-Einsatzes<br />
würde dieser mit anderem Elektroschrott geschreddert und anschließend verschiedene Sorter<br />
durchl<strong>auf</strong>en. Alle Stoffe, die sich dabei nicht vom Kunststoff trennen lassen, werden zusammen<br />
mit diesem einer thermischen Verwertung zugeführt.<br />
Würde jedoch ein Smart Label einfach <strong>auf</strong>geklebt, so ließe es sich bei der Demontage <strong>eines</strong><br />
DVD-Players einfach ablösen und separat entsorgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das<br />
Label innen oder außen angebracht wird, da der DVD-Player <strong>auf</strong> jeden Fall auseinander genommen<br />
wird. Damit ist das Smart Label zugänglich und die <strong>Ent</strong>fernung dürfte auch keine<br />
nennenswerte Auswirkung <strong>auf</strong> den Demontage- und Sortierprozess haben. Die Label könnten<br />
dann mit anderem Elektroschrott entsorgt werden oder je nach verwendeten Labelmaterialien<br />
dem entsprechenden Metallrecycling zugeführt werden. Würden die Komponenten<br />
<strong>eines</strong> Smart Labels direkt dar<strong>auf</strong> abgestimmt wo es später angebracht wird, könnte eine<br />
Trennung bei der Demontage auch überflüssig werden. Zum Beispiel könnte ein Smart Label<br />
mit Aluminiumantenne problemlos <strong>auf</strong> einem Aluminiumgehäuse angebracht werden und<br />
beides würde dem gleichen Recyclingprozess ohne negative Auswirkungen zugeführt werden.<br />
Abbildung 6-4: <strong>Ent</strong>sorgung <strong>eines</strong> getaggten DVD-Spielers<br />
45
Neue Technologien<br />
7. NEUE TECHNOLOGIEN<br />
Der Bereich neuer Technologien konzentriert sich <strong>auf</strong> den Einsatz neuer Verfahren und Materialien<br />
zur Herstellung von Transpondern mit dem Ziel, die Herstellungskosten weiter zu<br />
senken. Bei einer genaueren Untersuchung stellt sich eine Unterscheidung nach den Komponenten<br />
µChip und Antenne als sinnvoll heraus.<br />
Bei µChips ist eindeutig absehbar, dass in den Jahren 2007 bis 2008 erste gedruckte, elektronische<br />
Schaltungen <strong>auf</strong> den Markt kommen, die mit herkömmlichen Antennen zu einem<br />
Transponder gefügt werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Transponder<br />
nur wenige Bit Speicher bieten (bis 4 Bits). Diese Transponder sind nicht geeignet, um einen<br />
Masseneinsatz <strong>auf</strong> Produktebene im Sinne der eindeutigen Identifizierung zu unterstützen.<br />
Einsatzgebiete liegen in der Quellensicherung und Authentifizierung von Produkten. 4 Aufgrund<br />
der anfänglich hohen Kosten ist nicht mit einem breiten Einsatz in den ersten Jahren<br />
zu rechnen, außer bei sehr hochwertigen und fälschungsgefährdeten Produkten.<br />
Der Vorteil der Drucktechnologie liegt in den geringen Stückkosten bei sehr hohem Mengenausstoß.<br />
Um dies aber zu erreichen, muss die Technologie in der Lage sein, mindestens<br />
64 Bits an Informationen zu speichern, um für ein Produkttagging im Sinne des EPC in Frage<br />
zu kommen. Dies wird jedoch voraussichtlich nicht vor 2011 bis 2016 erreicht werden. Damit<br />
ist hier keine detaillierte Betrachtung im Rahmen der <strong>Studie</strong> sinnvoll. Betrachtet man jedoch<br />
die Unterschiede zwischen Transpondern aus Polymermaterialien und Transpondern aus<br />
herkömmlichen Materialien können Tendenzen möglicher Auswirkungen abgeleitet werden.<br />
Antennen werden auch heute schon im Druckverfahren produziert. Hierfür wird eine Druckpaste<br />
hergestellt, die <strong>auf</strong> den Hauptfunktionsbestandteil Silber <strong>auf</strong>baut. Aufgrund der sehr<br />
differenzierten Antennenformen im UHF-Bereich bietet sich dieses Verfahren im Vergleich zu<br />
herkömmlichen Ätzverfahren an, da so kein überschüssiges Material entsteht. Es gibt keine<br />
genauen Informationen über die Verteilung von gedruckten und geätzten Antennen. Der Anteil<br />
gedruckter Antennen wird von Experten jedoch <strong>auf</strong> ca. 20% geschätzt. Dieser wird sich<br />
voraussichtlich unter konservativer Betrachtung bis 2015 <strong>auf</strong> 50% erhöhen.<br />
Druckbare Antennen sind <strong>auf</strong> absehbare Zeit nur mit Silber als Leitmaterial realisierbar. Geätzte<br />
Antennen können aus Kupfer oder Aluminium hergestellt werden, wobei Aluminium<br />
wesentlich günstigere Rohstoffpreise und Preistendenzen <strong>auf</strong>weist. Die geringe elektrische<br />
Leitfähigkeit von polymeren Werkstoffen lässt diese für den Einsatz als Antennenmaterial<br />
vorerst ausscheiden.<br />
4<br />
Eine Quellensicherung von Produkten mittels Elektronischen Artikelsicherungssystemen (EAS) wird auch heute mit 1 Bit-<br />
Transpondern durchgeführt. 1 Bit-Transponder von radiofrequenten EAS-Systemen gleichen im Aufbau heutigen HF-<br />
Transpondern, nur fehlt ihnen ein integrierter Schaltkreis sowie Speicher.<br />
46
Neue Technologien<br />
Daher werden <strong>auf</strong> absehbare Zeit nur die Chips der Transponder durch gedruckte Polymerschaltkreise<br />
ersetzt. Das Hauptproblem für die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>systeme, der Metalleintrag durch<br />
das Antennenmaterial, wird daher durch den Einsatz von Polymertranspondern nicht entschärft.<br />
Dabei bleibt die weitere <strong>Ent</strong>wicklung der Leitfähigkeit druckbarer nicht-metallischer Materialien<br />
abzuwarten.<br />
47
Handlungsempfehlungen<br />
8. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN<br />
Die Untersuchungen und insbesondere auch die Gespräche mit Vertretern der einzelnen<br />
Branchen zeigen deutlich, dass die Problematik der <strong>Ent</strong>sorgung von <strong>RFID</strong>-Transpondern<br />
bisher noch nicht realisiert worden ist. Auch wenn derzeit noch in vielen Bereichen Mehrweg-<br />
Label eingesetzt werden, so ist jedoch gerade bei einem zunehmenden Preisverfall eine<br />
<strong>Ent</strong>wicklung zu Einweg-Transpondern bereits absehbar. Bisher werden Transponder in allen<br />
untersuchten Bereichen zusammen mit dem Produkt oder der Verpackung, an denen sie<br />
befestigt sind, entsorgt. Die Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dass diese Verfahrensweise<br />
mit einer steigenden Zahl von <strong>RFID</strong>-Transpondern zu einem Versagen der Sortierprozesse<br />
und damit neben Schäden an den Anlagen vor allem zu Verunreinigungen der<br />
Recyclate führen kann. Um dies zu vermeiden, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich:<br />
• Aus Umweltgesichtspunkten ist der Einsatz von Transpondern mit Aluminium-<br />
Antennen zu bevorzugen, da Kupfer zum Einen in <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozessen zu einem<br />
gravierenden Downcycling führt und zum Anderen strengen Grenzwerten bei der Deponierung<br />
unterliegt.<br />
• Es ist zu prüfen, ob eine getrennte Sammlung von Smart Labels sinnvoll ist. Wie in<br />
der Textilbranche bereits umgesetzt, können <strong>RFID</strong>-Transponder an der Kasse gesammelt<br />
und erneut eingesetzt werden. Dies stärkt gleichzeitig das Vertrauen der<br />
Kunden, da diese kein Ausspionieren ihres K<strong>auf</strong>verhaltens fürchten müssen. Defekte<br />
Transponder können somit gleichzeitig aussortiert und einer getrennten Verwertung<br />
zugeführt werden.<br />
• In der Ticketing Branche kann das Sammeln der Transponder bei der <strong>Ent</strong>wertung der<br />
Tickets erfolgen. Ähnlich dem Verk<strong>auf</strong> im Handel können die Transponder so gesammelt<br />
und wiederverwendet, bzw. entsorgt werden. Diese Sammlung kann sowohl<br />
automatisch (z.B. bei U- und S-Bahnen) als auch manuell (Durch Schaffner in Fernzügen)<br />
erfolgen. Teilweise könnte die Rücknahme auch über ein Pfandsystem geregelt<br />
werden.<br />
• In der Automobilbranche müssen verbaute Transponder im Materialdatensystem<br />
IMDS erfasst werden, auch wenn sie unter die Mindermengen Verordnung fallen. Nur<br />
so können die Transponder bei der Verwertung der Fahrzeuge aussortiert werden.<br />
Gleichzeitig kann der Transponder auch beim Recycling einzelner Automobilteile<br />
dienlich sein, da mit Hilfe des Transponders Teile eindeutig identifiziert werden können.<br />
• Transponder, die sich an Verpackungen befinden, müssen im Rahmen der Trennung<br />
von Verpackungen abgelöst und getrennt verwertet, bzw. <strong>auf</strong>bereitet werden. Dies ist<br />
48
Handlungsempfehlungen<br />
jedoch mit den bestehenden Recyclinganlagen nicht möglich, sodass die <strong>Ent</strong>wicklung<br />
<strong>eines</strong> speziellen Ablöseprozesses erforderlich ist. Da jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Transponderarten und Befestigungsmöglichkeiten existieren, ist eine separate<br />
Untersuchung der Ablöseproblematik erforderlich.<br />
Generell kann festgehalten werden, dass es sowohl im Interesse der Unternehmen als auch<br />
der Verbraucher und der Umwelt ist, wenn <strong>RFID</strong>-Transponder möglichst mehrere Kreisläufe<br />
durchl<strong>auf</strong>en. Insofern ist eine möglichst häufige Verwendung der Tags wirtschaftlich und ökologisch<br />
sinnvoll. Zu entsorgende Transponder bestehen aus wertvollen Rohstoffen, die vor<br />
allem bei einem Masseneinsatz von <strong>RFID</strong> nicht verschwendet werden dürfen, zumal sie die<br />
Wiederverwendung anderer Rohstoffe beinträchtigen können. Die Ablösung der Transponder<br />
von Produkten und Verpackungen und die getrennte <strong>Ent</strong>sorgung muss somit dringend weiter<br />
erforscht werden, um eine Verwertung zu ermöglichen.<br />
49
Fazit<br />
9. FAZIT<br />
Wie sich in den Untersuchungen gezeigt hat, stellt der nachhaltige Einsatz von Transpondern<br />
eine vielschichtige Problematik dar, die in erster Linie durch die Mengenentwicklung in<br />
den nächsten Jahren beeinflusst werden wird.<br />
<strong>RFID</strong> ist bereits heute Bestandteil vieler Geschäftsprozesse und wird in vielen Anwendungen<br />
eingesetzt. Dabei kommen jedoch bis dato überwiegend Mehrwegtransponder zum Einsatz,<br />
so dass sich bis heute noch keine schwerwiegenden Auswirkungen <strong>auf</strong> die ent<strong>sorgungs</strong>logistische<br />
Kette gezeigt haben (vgl. Kapitel 2). Die vielfältigen rechtlichen Vorschriften für<br />
<strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozesse nehmen noch keinen direkten Bezug zum Einsatz von Smart Labels.<br />
Vor allem die unsichere Auslegung des ElektroG für die Behandlung von Smart Labels ist<br />
hier als kritisch zu betrachten (siehe Kapitel 3). Auch die sehr komplexe <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>landschaft<br />
mit einer großen Zahl unterschiedlich arbeitender und skalierter Anlagen je <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>weg<br />
wird einen einheitlichen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>prozess für Transponder sehr schwierig gestalten<br />
(vgl. hierzu Kapitel 4). Angesichts stetig steigender Umsätze und einer Vielzahl neuer<br />
Anwendungen ist auch in Zukunft von einem starken Wachstum der <strong>RFID</strong>-Branche auszugehen.<br />
Wie stark dieses Wachstum ausfällt, hängt dabei überwiegend von drei Faktoren ab:<br />
• Reduktion des Transponderpreises durch Mengeneffekte und neue Herstellungsverfahren,<br />
• Beseitigung physikalischer Störeinflüsse durch technische und organisatorische Lösungen<br />
und<br />
• Vertrauensbildung beim Verbraucher durch effektive Sicherheits- und Datenschutzkonzepte.<br />
Gelingt es nicht, diese Probleme zu bewältigen, so wird die <strong>RFID</strong>-Technologie wohl nicht den<br />
Weg über den Ladentisch finden. Auch bei einem geringeren Wachstum werden jedoch <strong>auf</strong><br />
lange Sicht größere Transpondermengen entsorgt werden müssen (siehe Kapitel 5).<br />
In der Automobilbranche machen die <strong>RFID</strong>-Transponder nur einen geringen Anteil aus. Allerdings<br />
verlagert sich die <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>problematik dabei <strong>auf</strong> andere Wege, da die Transponder<br />
vorwiegend an Elektronik- und Kunststoffteilen angebracht werden und somit <strong>auf</strong> den<br />
entsprechenden Wegen entsorgt werden. Weitaus kritischer ist dabei das Ticketing zu betrachten.<br />
Hier können bereits wenige Anwendungen zu einem großen Aufkommen an Transpondern<br />
führen, die in Papier- und Kunststoffabfällen entsorgt werden, sofern keine organisierte<br />
Sammlung stattfindet. Im Handel werden sich Transponder <strong>auf</strong> allen <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>wegen<br />
wiederfinden, da sie hier an unterschiedlichsten Produkten und Verpackungen angebracht<br />
werden. Hier können sich <strong>RFID</strong>-Tags vor allem im Glas-, Aluminium-, und Kunstoffrecycling<br />
sowie bei der Restmüllverwertung negativ auswirken. Im Glas- und Aluminiumrecyc-<br />
50
Fazit<br />
ling kann die Qualität der Recyclate durch eine große Anzahl Störstoffe herabgesetzt werden,<br />
so dass das Endprodukt nicht mehr verwertbar ist. Da meist Nahrungsmittel und Getränke<br />
in diesen Materialien verpackt werden, wird diese Problematik jedoch nur im High<br />
Tech Szenario <strong>auf</strong>treten, wenn die Transponderpreise rapide gefallen sind. Im Kunstoffrecycling<br />
ist <strong>RFID</strong> vor allem dann problematisch, wenn die Transponder im Inmould-Verfahren<br />
eingebracht wurden. In diesem Fall wird der Kunststoff des Transponders beim Recyclieren<br />
mit dem Träger eingeschmolzen und kann diesen verunreinigen, wenn es sich um unterschiedliche<br />
Kunststoffe handelt. Die Metallanteile im Transponder können ebenfalls problematisch<br />
sein, wenn sie die Filteranlagen passieren. Bei der Restmüllverwertung kann eine<br />
große Menge <strong>RFID</strong>-Transponder sowohl bei der thermischen als auch bei der mechanischbiologischen<br />
Verwertung zu einem Überschreiten der jeweils zulässigen Grenzwerte für Kupfer,<br />
Silber und Chloride führen. Dies kann zu erheblichen Mehrkosten bei der <strong>Ent</strong>sorgung<br />
führen, da die Anlagen nicht weiter betrieben werden dürfen, beziehungsweise die Verwertungsprodukte<br />
<strong>auf</strong>wendigeren <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>verfahren zugeführt werden müssen (vgl. Kapitel<br />
6).<br />
Bei einem Masseneinsatz von <strong>RFID</strong> wird in beiden Szenarien der Bedarf an wertvollen Rohstoffen<br />
erheblich steigen. Dieser Anstieg wird sich vor allem <strong>auf</strong> die Rohstoffpreise auswirken<br />
/BEHR04/, so dass die steigende Nachfrage nur durch eine Wiederverwertung überhaupt<br />
befriedigt werden kann. Ein Recycling der Transponder an sich wäre dann im Sinne der Hersteller,<br />
wenn die Aufbereitung - vor allem der materialintensiven Antennen - zu einem Kreisl<strong>auf</strong><br />
der hochwertigen Bestandteile, wie z.B. Silber, zwischen den Beteiligten führt (vgl. hierzu<br />
Kapitel 7).<br />
Aus dem in Kapitel 8 festgestellten Handlungsbedarf leiten sich somit folgende Themen ab,<br />
für die ein weiterführender Forschungsbedarf besteht:<br />
• Schnittstelle Smart Label / Untergrund:<br />
Die <strong>Studie</strong> hat gezeigt, dass die Trennung von Transponder und Aufbringungsmaterial<br />
ein entscheidender Prozess zur Sicherung der Stabilität der <strong>Ent</strong><strong>sorgungs</strong>systeme ist. Eine<br />
Untersuchung von Hafttechnologien zur Applikation von Smart Labeln <strong>auf</strong> Verpackungen<br />
unter Berücksichtigung der Ablöse- bzw. Aufbereitungstechnologien von Verpackungsmaterialien<br />
im Rahmen des Materialrecyclings überprüft, ob und wie diese Sicherheit<br />
hergestellt werden kann. Dabei ist die Abstimmung des Klebers <strong>auf</strong> den Haftuntergrund<br />
bei Kunststoffen besonders vorteilhaft, da die Qualität des Kunstoffs beim Recycling<br />
nicht durch den Eintrag anderer Polymere gestört wird. Auch bei anderen Untergründen<br />
ist eine Abstimmung z. B. im Hinblick <strong>auf</strong> die Wasserlöslichkeit des Klebers<br />
sinnvoll, wobei hier auch die jeweiligen Recyclingprozesse betrachtet werden müssen.<br />
51
Fazit<br />
• Recycling von Smart Labeln:<br />
Die Herstellung von Smart Labeln bedarf <strong>eines</strong> bestimmten Einsatzes von Rohmaterialien.<br />
Wie in dieser <strong>Studie</strong> beschrieben, steigt dieser direkt proportional mit der Zahl der<br />
produzierten Transponder. Ein Recycling der Transponder ist somit ein wesentlicher<br />
Nachhaltigkeitsfaktor. Es müssen daher Möglichkeiten zum Recycling von Smart Labeln<br />
unter Berücksichtigung des Ressourcenbedarfes für die Antennenherstellung untersucht<br />
und bewertet werden. Insbesondere der Einsatz von Silberantennen ist unter diesem<br />
Gesichtspunkt interessant, da bereits Technologien zur Rückgewinnung von Silber bestehen.<br />
Insgesamt ist eine Weiterentwicklung der <strong>RFID</strong> Technologie nur dann möglich,<br />
wenn die verwendeten Rohstoffe auch zurückgewonnen werden können,<br />
• Modell zur Wiederverwendung von Smart Labeln:<br />
In einigen Anwendungen wie dem öffentlichen Personenverkehr, bei Veranstaltungen<br />
und auch im Handel kann die Wiederverwendung von Transpondern sinnvoll sein. Dazu<br />
bedarf es jedoch <strong>eines</strong> Systems zur Sammlung, Aufbereitung und Rückführung von<br />
Smart Labeln. Da handelsübliche Einweglabel in der Regel weiterhin einsatzfähig sind,<br />
wäre eine Mehrfachverwendung sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch vorteilhaft.<br />
Insbesondere unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten muss zudem vor einer<br />
Rückführung eine sichere Löschung aller Daten stattfinden. Zudem darf der Sammelprozess<br />
nur wenig zusätzlichen Aufwand bedeuten. Da Fahrt- und Eintrittskarten in der Regel<br />
kontrolliert und entwertet werden, wäre eine Sammlung hier einfach zu realisieren.<br />
Die in der vorliegenden <strong>Studie</strong> analysierten Probleme verdeutlichen, dass <strong>RFID</strong> aus Sicht<br />
der <strong>Ent</strong>sorgung kritische Auswirkungen haben kann, insbesondere wenn die Mengenentwicklung<br />
dem beschriebenen High Tech Szenario folgt. Zur Lösung dieser Probleme ist daher<br />
vor allem die <strong>Ent</strong>wicklung technischer Verfahren zur Trennung und Aufbereitung von<br />
Smart Labeln erforderlich, da in diesem Bereich bisher Defizite bestehen. Allein <strong>auf</strong>grund<br />
des Rohstoffbedarfs ist jedoch eine derartige <strong>Ent</strong>wicklung nur möglich, wenn eine Wiederverwendung<br />
und Verwertung von Transpondern stattfindet. Nur durch einen nachhaltigen<br />
Einsatz von Transpondern kann <strong>RFID</strong> zu einer Zukunftstechnologie werden.<br />
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