DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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Rechts: Baumschlager Eberle:<br />
Verwaltungsgebäude Saeco,<br />
Lustenau, 1998<br />
Ganz rechts: Baumschlager<br />
Eberle: Wohnen am Lohbach,<br />
Innsbruck, 2000<br />
Folgende Doppelseite:<br />
Baumschlager Eberle:<br />
BTV, Wolfurt, 1998<br />
Wohnanlage Eichgut,<br />
Winterthur, 2005<br />
PHOTOS (PAGES 53–55): EDUARD HUEBER<br />
tik erbringen. Unser Ziel muss es sein, Gebäude so zu bauen, dass sie in einem<br />
höheren Maße selbstregulierend sind und sehr präzis auf die örtlichen Klimatologien<br />
reagieren. Bemühungen zur energetischen Fassadenoptimierung<br />
machen allerdings nur dann Sinn, wenn eine Betrachtung des Gebäudes als<br />
Gesamtsystem erfolgt. Gebäudehülle und Technik stellen darin die wichtigsten<br />
Teilsysteme dar, die miteinander in Interaktion stehen. Insgesamt werden<br />
uns immer mehr hochwertige, physikalisch effektive Materialien zu ökonomisch<br />
sinnvollen Preisen zur Verfügung stehen. Diese Entwicklung ist besonders<br />
stark im Bereich der Glastechnologie zu erkennen. Hier geht es vor allem<br />
in die Richtung, dass Gläser zunehmend imstande sind, sich selbstständig an<br />
Umwelteinflüsse wie zum Beispiel wechselnde Lichtverhältnisse anzupassen.<br />
Große Veränderungen sind auch in der Dämmtechnik abzusehen, wo die<br />
Reduktion der Dämmstärken mit einer gleichzeitigen Qualitätsverbesserung<br />
einhergeht. Für gemäßigtere Klimazonen bedeutet dies, dass sich bereits in<br />
naher Zukunft eine Heizung erübrigen wird. Ganz allgemein werden wesentlich<br />
weniger haustechnische Anlagen notwendig sein.<br />
Welche Lichtqualitäten suchen Sie mit den Gebäudehüllen,<br />
die Sie entwerfen, den Innenräumen zu<br />
verleihen?<br />
Wenn Licht die menschliche Haut berührt, erzeugt<br />
es auf den ersten Blick einen intensiven, aber<br />
oberflächlichen ästhetischen Effekt. Doch die<br />
Auswirkungen dieser ‘Berührung’ gehen weit tiefer,<br />
unter die Oberfläche. In der Biologie und Medizin<br />
ist gerade diese nicht-oberflächliche Wirkung<br />
essenziell. Sehen Sie hier Parallelen zu Ihrer eigenen<br />
Arbeit, und welche Konsequenzen ziehen<br />
Sie daraus?<br />
Zuerst einmal bin ich der Meinung, dass – unabhängig davon, ob es sich um<br />
ein Wohn- oder Bürohaus oder auch um ein öffentliches Bauwerk handelt –<br />
bei allen Gebäuden dasselbe im Vordergrund steht: das Wohlergehen und die<br />
Behaglichkeit des Menschen. Bauen ist die Unterscheidung zwischen Innen<br />
und Außen. Es ist ein Akt der Ausgrenzung einer kleinen Einheit, deren fundamentale<br />
Eigenschaften in einer Ergänzung des jeweils anderen Zustands liegen;<br />
also im Dunkeln, in der Geborgenheit und im Geschütztsein vor Wind und<br />
Wetter. Tageslicht bindet das Innen ans Außen. Seine vermittelnde Wirkung<br />
kann es allerdings nur ausüben, wenn zwischen dem Innen- und dem Außenraum<br />
ein Gefälle hinsichtlich der Helligkeit besteht. Dieses Gefälle hängt ab<br />
von der Beschaffenheit der Gebäudehülle bzw. der Anzahl an lokalen Durchbrechungen.<br />
Je mehr Licht sie einlässt, umso mehr verliert das Innere von seiner<br />
spezifischen Innenraumwirkung und dem damit verbundenen Gefühl der<br />
Geborgenheit. Ich halte es für einen Denkfehler, wenn man die Lichtverhältnisse<br />
des Innenraums jenen des Außenraums anzugleichen sucht. In meinen<br />
Projekten versuche ich, technische und bauliche Strukturen schaffen, die spannungsreiche<br />
Übergangszonen zwischen Hell und Dunkel anbieten und Mehrdeutigkeiten<br />
zulassen.<br />
Wie in der Medizin interessiert auch in der Architektur nicht die unmittelbare<br />
physikalische Lichteinstrahlung, sondern vielmehr das, was der Lichteinfall<br />
im Zusammenspiel mit seinem Gegner, dem Schatten, in der Summe bewirkt:<br />
die Erzeugung einer bestimmten Atmosphäre. Diese erleben wir allerdings nur<br />
in der leibhaftigen Begegnung mit Bauwerken und in ihrer Begehung. Im Architekturentwurf<br />
werden indessen Licht- oftmals mit Sichtbedingungen verwechselt<br />
und neben dem Auge die übrigen Sinne vergessen. Man versucht,<br />
möglichst helle und ‚optimale‘ Lichtverhältnisse herzustellen, die dem Kunstlicht<br />
nahe kommen und das Sehen erleichtern sollen. Tageslicht unterliegt hingegen<br />
einem zeitlichen Wandel. Untersuchungen zeigen, dass es gerade diese<br />
Eigenschaft seiner Veränderlichkeit ist, die das Wohlbefinden des Menschen<br />
im Raum positiv beeinflusst. Es ist mir deshalb wichtig, Tageslicht nicht als<br />
statische Größe zu begreifen, sondern als einen dynamischen Parameter in<br />
den Entwurf miteinzubeziehen und damit auch Zwischentöne, Diffusionen und<br />
Verschleierungen zuzulassen.<br />
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