Abiturrede 2013 - des Gymnasiums Kusel
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<strong>Abiturrede</strong> <strong>2013</strong><br />
Sein wie ein Baum<br />
Musik: Miracles<br />
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,<br />
liebe Eltern,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
meine Damen und Herren,<br />
wie ein Baum gepflanzt an Wasserbächen grünt und blüht und Früchte<br />
trägt, so leben sollt ihr auch.<br />
108 Abiturienten vergleichbar mit blühenden jungen Bäumen, werden<br />
gleich das Abiturzeugnis in ihren Händen halten.<br />
Der Baum, Sinnbild der Hoffnung auf ein gutes Gedeihen und eine<br />
glückliche Zukunft. Vor 9 Jahren wurdet ihr als junge Bäumchen<br />
unserem Schulgarten Gymnasium <strong>Kusel</strong> anvertraut.<br />
Was braucht der Baum für ein gutes Wachstum, für eine erfolgreiche<br />
Entfaltung, so dass sich eine herrliche Baumkrone ausbilden kann?<br />
Da sind zunächst die Wurzeln.<br />
Sie dienen der Verankerung im Boden und versorgen den Baum mit<br />
Wasser und Nährstoffen.<br />
Neben der räumlichen heimatlichen Verwurzelung und der<br />
gesellschaftlichen Verwurzelung in eurer Familie und in eurem<br />
Freun<strong>des</strong>kreis galt es nun Wurzeln zu schlagen am Gymnasium <strong>Kusel</strong>.<br />
Eure Lehrer und besonders unsere Obergärtnerin Frau Küfer hatten die<br />
entsprechenden Pflanzlöcher, die 1,5 mal so groß wie der Ballen <strong>des</strong><br />
Baumes sein müssen, gut vorbereitet.<br />
Das nun wachsende Wurzelgut sollte sich optimal ausbreiten können,<br />
die Jahreszeit und die Temperatur waren günstig für ein starkes<br />
Höhenwachstum, so meldete es die Gartenleitung.<br />
Da weder eine Bodentrockenheit noch Eis die Bäumchen gefährden<br />
sollten, galt es nun die Wurzeln tief in die Erde zu senken, um empor<br />
zu wachsen zur wahren Bestimmung und zu einer Persönlichkeit zu<br />
reifen.
-2-<br />
Die ersten Sonnenstrahlen und die gute ländliche Luft weckten<br />
hoffentlich alle Energie in unseren Bäumchen einen kräftigen Stamm<br />
auszubilden.<br />
Der Baumstamm dient vor allem dem Transport und der Speicherung<br />
von Nährstoffen. Seine Borke bietet Schutz vor Umwelteinflüssen und<br />
Schäden.<br />
Wachsen bedeutet hinauszutreiben – dem Licht entgegen.<br />
Welche lebendigen Ströme nehme ich in mir wahr?<br />
Euer Stamm ist eure Ausbildung, die am Gymnasium <strong>Kusel</strong> zwar mit<br />
dem Abitur ihren Abschluss findet, aber keineswegs abgeschlossen ist.<br />
Tatsächlich werdet ihr ein Leben lang weiter wachsen.<br />
Euer Stamm soll neben eurem Fachwissen Vertrauen, Verlässlichkeit<br />
und Verantwortungsbewusstsein prägen.<br />
Jahr um Jahr sollt ihr geduldig reifen, wenn ihr euch weiterhin<br />
Wissen, Tätigkeiten und Fertigkeiten in Studium und Beruf aneignet<br />
und Erfahrung sammelt.<br />
Kraftvolles Wachstum und verwundetes Reifen sind nahe beieinander,<br />
wie dies in den Jahresringen der Bäume sichtbar wird.<br />
Bäume stehen zu ihrem Dasein, fordern einen gesunden Abstand zum<br />
nächsten Baum ein, um sich entfalten zu können.<br />
Wenden wir uns nun den Ästen und Zweigen zu.<br />
Eure Äste sollt ihr in den Himmel recken, so dass sich eine volle<br />
Baumkrone ausbreiten kann, die sich weit über die Erde erhebt und<br />
schützend ihr Geäst ausbreitet.
-3-<br />
So wie sich die Äste begegnen, so sollt auch ihr offen sein für<br />
Begegnungen und Gespräche mit allen Baumbewohnern, die zu euch<br />
kommen.<br />
Unterschiedlichsten Baumbewohnern seid ihr schon in eurer Schulzeit<br />
begegnet.<br />
Auf einer Eiche beispielsweise kann man bis zu 250 Vogel- Säugetier<br />
und Insektenarten antreffen.<br />
Sie alle nutzen den Baum als Lebensraum, jede Art jedoch auf ihre<br />
besondere Weise.<br />
So gab es unter euch Schülern die Trauerschnäpper, die die<br />
Baumkrone als Ausguck nutzten, nicht um Insekten im Fluge zu<br />
fangen, aber alle Neuigkeiten der Jahrgangsstufe.<br />
Mancher Baumläufer kletterte in Spiralen den Baumstamm empor und<br />
suchte dabei in den Ritzen der Borke nach lebensnotwendigen<br />
Notenpunkten.<br />
Viele Blaumeisen und Singdrosseln hingen auf der Suche nach<br />
Kleintieren mit dem Bauch nach oben an den äußersten Ästen der<br />
Baumkrone und zwitscherten ihr tägliches Lied.<br />
Habichte, Buntspechte und Eichelhäher zeigten die Vielfalt der<br />
Baumbewohner.<br />
Einige nachtaktive Waldkäuze nutzten die Baumkrone als Ruheplatz<br />
während <strong>des</strong> Schulvormittags oder sogar bis in den Nachmittag hinein.<br />
Es tummelten sich auch wendige Baummarder als hervorragende<br />
Kletterer auf ihrer Erfolgsleiter und bewohnten verlassene<br />
Baumhöhlen und Nester in der Baumkrone, die nicht alle erreichen<br />
konnten.<br />
Schmetterlinge, Maikäfer und nicht zuletzt die Waldmäuse unter euch<br />
prägten das vielfältige Leben eures Jahrgangsstufenbaumes.
-4-<br />
Manchmal ist es notwendig abgerissene oder verdorrte Äste<br />
abzuwerfen.<br />
Altes Gehölz muss abgesägt werden, um wieder neue Äste austreiben<br />
zu können.<br />
Im Frühling erfreut uns der Baum mit dem frischen Grün seiner<br />
Blätter.<br />
Kein Blatt gleicht dem anderen, je<strong>des</strong> hat seine eigene Form bewahrt<br />
und dennoch steckt in jedem Blatt <strong>des</strong> ganzen Baumes Art.<br />
Die Blätter stehen für die vielen täglichen Situationen, in denen ihr<br />
konkrete Entscheidungen treffen und ihr euch bewähren müsst.<br />
Liebe, Aufmerksamkeit, gegenseitige Achtung und Respekt,<br />
Wertschätzung mögen Teil eurer Person sein, damit alle in einer<br />
Gesellschaft in Frieden leben können.<br />
Empathie und soziale Kompetenzen wie Team- und<br />
Kommunikationsfähigkeit sollen euren Baum krönen.<br />
Im täglichen Miteinander ist ein gutes Wort wie ein Baum, <strong>des</strong>sen<br />
Wurzel fest ist und <strong>des</strong>sen Zweige in den Himmel reichen (so ein<br />
Sprichwort aus dem Koran).<br />
Ein europäischer Laubbaum trägt durchschnittlich 30000 Blätter, in<br />
etwa so viele Lebenstage wie unsere Lebenszeit umfasst.<br />
Seine größte Pracht entfaltet der Baum durch seine Blüten, die zu<br />
Früchten reifen.<br />
Die Früchte sind der Lohn für eure Bemühungen.<br />
An den süßen Früchten <strong>des</strong> Erfolgs freut euch, aber auch die sauren<br />
Früchte gehören zum Leben.<br />
Aus den Misserfolgen und Rückschlägen im Leben lernt, sie lassen<br />
uns reifen, so dass unser Stamm im Sturm <strong>des</strong> Lebens wachsen kann.
-5-<br />
Damit ihr als Baum aufrecht und gerade wachsen könnt, benötigen der<br />
Baumsetzling und der junge Baum eine Stütze, die ihm Halt gibt.<br />
Menschen in eurem Lebensumfeld, ein Wertebewusstsein<br />
beispielweise durch Weltanschauung oder durch den Glauben mögen<br />
euch Orientierung und Lebenssinn schenken.<br />
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,<br />
euer Leben sei wie ein Baum,<br />
ihr sollt immer wieder spüren,<br />
dass ihr in der Tiefe wurzelt,<br />
damit ihr den Stürmen <strong>des</strong> Lebens widerstehen könnt.<br />
Ihr sollt erkennen, was in euch steckt, was euch trägt und euch Halt<br />
und Sinn verleiht.<br />
Früchte sollen reifen, gute Ideen, mit denen ihr euch und anderen<br />
Menschen Freude bereitet und ihr unsere Gesellschaft aktiv mit<br />
gestaltet zum Wohle aller.<br />
Im Namen <strong>des</strong> Lehrerkollegiums gratuliere ich allen zum bestandenen<br />
Abitur und wünsche euch für eure Zukunft alles Gute und Gottes<br />
Segen.<br />
Jeder von euch ist einzigartig wie jeder Baum, ein Wunder der Natur.<br />
<strong>Abiturrede</strong> <strong>2013</strong><br />
verfasst und gehalten von Doris Eichert<br />
<strong>Kusel</strong>, den 14. März <strong>2013</strong>