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BÄRBEL GROTHE | FOTOS: URSEL BORSTELL<br />
NATURGÄRTEN<br />
GESTALTEN<br />
Gärtnern im Einklang<br />
mit der Natur
NATURGÄRTEN GESTALTEN<br />
Gärten im Bund<br />
mit der Natur 6<br />
Natur – Naturgärten 8<br />
Charakteristische Merkmale 10<br />
Gärten der Sinne 14<br />
Naturgärten und<br />
ihre Elemente 16<br />
Ein gutes Fundament 18<br />
Altes verändern, Neues schaffen 20<br />
Kreative Steine 22<br />
Lebendiges Holz 24<br />
Behagliche Plätze zum Innehalten 26<br />
Lebensraum Wasser 30<br />
Was dem Garten zur Zierde gereicht 34<br />
Naturgärten und<br />
ihre Pflanzen 36<br />
Alles, was wächst 38<br />
Standortansprüche und Lebensräume 40<br />
Das starke Gerüst: die Gehölze 42<br />
Stauden auf der Sonnenseite 46<br />
Pflanzplan: Feines Formenspiel 48<br />
Pflanzplan: Wie wirbelnde Schmetterlinge 50<br />
Auf der schönen Schattenseite 52<br />
Pflanzplan: Blüten-Potpourri 54<br />
Pflanzplan: Grün mit Sternchen 56<br />
Laissez faire – Wanderer im Garten 58<br />
Herrliche Düfte 60<br />
Pflanzplan: Das Schnupperbeet 62<br />
»Mauerblümchen« 64<br />
Buntes Wiesengrün 66<br />
Der köstliche Garten 68<br />
Alles hat seine Zeit 72<br />
4
Inhalt<br />
Pflegen heißt, die<br />
Natur zu fördern 74<br />
Ein gesunder Kreislauf 76<br />
Ein guter Grund fürs Grün 78<br />
Des Gärtners »schwarzes Gold« 80<br />
Die Pflege: behutsam leiten und lenken 82<br />
Pflanzen stärken, Pflanzen schützen 84<br />
Willkommen! 86<br />
Anhang<br />
Adressen und Literatur 138<br />
Register 139<br />
Impressum 144<br />
Die besten Pflanzen<br />
im Porträt 88<br />
Gehölze 90<br />
Stauden 98<br />
Gräser und Farne 118<br />
Sommerblumen 124<br />
Zwiebel- und Knollengewächse 132<br />
5
Gärten im Bund mit<br />
der Natur Die lebendigsten Gärten sind der Natur abgeschaut.<br />
Wo Menschen mit Pflanzen und Tieren gemeinsame Sache<br />
machen, entstehen sinnliche Gärten: Naturgärten.
GÄRTEN IM BUND MIT DER NATUR<br />
Natur – Naturgärten Sprechen wir von Natur, so meinen<br />
wir urwüchsige Wildnis. Der Garten hingegen gilt als künstlich<br />
angelegter Freiraum. Was also sind Naturgärten?<br />
Rechts: Im Unterholz eines blühenden<br />
Apfelbaums haben sich blaue Vergissmeinnicht<br />
und violette Silberlinge<br />
zwischen Funkien und Kleingehölzen<br />
reichlich ausgebreitet.<br />
Unten: Im Naturgarten wird an das<br />
Wohl aller gedacht. Die kleine<br />
Biene nimmt das Angebot gern an.<br />
Es gibt tolle Gärten: romantische<br />
Rosengärten, farbenfrohe Staudengärten,<br />
erfrischende Wassergärten,<br />
moderne Architektengärten, gemütvolle<br />
Cottagegärten. Und dann kommen<br />
wir im Frühjahr an einer Blumenwiese<br />
vorbei, und sie rührt unser Innerstes.<br />
Diese Einfachheit und gleichzeitig un -<br />
geheure Vielfalt der Natur, dieses fröhliche<br />
Mit einander der vielen Pflanzen,<br />
das keinerlei Misstöne kennt, dazu das<br />
Brummen der Insekten ringen uns<br />
unse re ganze Bewunderung ab.<br />
weiter zu öffnen und das eigene Grün<br />
natürlicher herzurichten. Die Schönheit<br />
und die Belange der Natur sollen im<br />
Wortsinn mehr Garten-Raum bekommen.<br />
Also sind Naturgärten der Natur<br />
nahe, ihr freundlich gesinnte Gärten.<br />
Hier wird mit ihr und für sie gearbeitet.<br />
Gewiss: Kein häuslicher Freiraum<br />
kann die Natur imitieren! Schon weil<br />
jedes Grundstück Grenzen hat, die<br />
fast immer an andere Nutzungen oder<br />
Gestaltungsvorstellungen stoßen. Und<br />
meistens sind die Standorte im Garten<br />
durch Umwelteinflüsse schon längst<br />
nicht mehr als natürlich anzusehen.<br />
Außerdem bleibt kein wildhaft natürlich<br />
angelegter Garten, den man sich selbst<br />
überlässt, ein Garten. Die stärksten Ge -<br />
wächse hätten ihn bald zurückerobert.<br />
Er könnte die an ihn gestellten Funktionen<br />
und Wünsche gar nicht dauerhaft<br />
erfüllen: ein vielfältiger Erholungsort<br />
mit Terrasse, Wegen, Beeten, Teich oder<br />
Pergola zu sein sowie Nutzflächen und<br />
Platz zum Spielen für Kinder zu bieten.<br />
Dies muss der Ursprung aller Faszination<br />
für Naturgärten sein, dass dieses<br />
wunderbar eingerichtete, harmonisch<br />
verwobene, lebendige System immer<br />
wieder funktioniert – und alle einbindet:<br />
Pflanzen, Tiere und Menschen.<br />
Dann ist er möglicherweise geweckt,<br />
der Wunsch, dieser Natur das Gartentor<br />
Mit der Natur, für die Natur<br />
Natürlich richtet sich gerade ein Naturgarten<br />
nach den Gegebenheiten vor Ort:<br />
Der Standort und seine Bedingungen<br />
sind die wichtigs ten Kriterien. Diesen<br />
Le bensraum ge nauer kennenzulernen,<br />
das Zusammenwirken und die Wechselbeziehungen<br />
darin zu verstehen, ist der<br />
Weg, einen Garten so naturnah an zu legen,<br />
wie es nur möglich ist. Ver knüpft<br />
man dies dann mit den eigenen Vor stellungen<br />
und pflegt den Garten im Ein vernehmen<br />
mit den natürlichen Vorgängen,<br />
wird die Vision vom Naturgarten wahr.<br />
8
Das starke Gerüst:<br />
die Gehölze<br />
Was Film und Fernsehen als neuesten<br />
Standard verkaufen, ist im Garten ewig<br />
geübte Praxis: Seit es Gärten gibt, werden<br />
Gehölze eingesetzt, um das Grün<br />
in 3-D-Qualität zu präsentieren. Bäume<br />
und Sträucher sind das feste Gerüst, die<br />
grünen Strukturbildner. Wann immer<br />
es gilt, Räume zu schaffen oder zu gliedern,<br />
stattliche Kulissen aufzubauen,<br />
Grenzen zu setzen, Sichtschutz zu bieten<br />
oder Akzente zu pflanzen, sind sie da.<br />
Das Unterkunfts- und Nahrungsangebot,<br />
das Gehölze der Tierwelt bieten,<br />
ist äußerst reichhaltig. Je differenzierter<br />
die Pflanzung ist, umso unterschiedlicher<br />
sind die Besucher. Jede Jahreszeit<br />
hat Besonderes zu bieten, der Frühling<br />
Blüten und zartes Grün, der Sommer<br />
volles Laub, der Herbst feurige Farben<br />
und Früchte, und selbst im Winter sind<br />
die laublosen Silhouetten mit reizvollen<br />
Wuchsformen präsent. Gehölze haben<br />
eine große Fernwirkung. Ihre räumliche<br />
Anordnung ist auch aus der Distanz ab -<br />
lesbar, während krautige Pflanzen zur<br />
Fläche verschmelzen.<br />
Markante Persönlichkeiten:<br />
die alles überragenden Bäume<br />
Bäume sind unsere größten Gehöl ze.<br />
Stamm und Krone erheben sich über<br />
alles andere Grün. Mit ihnen verbinden<br />
wir Standhaftigkeit und Langlebigkeit.<br />
Ihre klimatische Bedeutung als grüne<br />
Lunge ist immens. Sie produzieren<br />
große Mengen Sauerstoff und geben sie<br />
an die Luft ab. Das Wasser, das sie über<br />
42
Das starke Gerüst: die Gehölze<br />
die Blätter verdunsten – mehrere Hundert<br />
Liter am Tag –, kühlt die Umgebung.<br />
Ihre Krone spendet Schatten. Die<br />
Blätter binden Staub und Luftschadstoffe,<br />
die mit dem Regen oder Laubabwurf<br />
zu Boden gelangen und hier von<br />
Mikroorganismen weiterverarbeitet<br />
werden.<br />
Von den Wurzeln bis zur Spitze leben je<br />
nach Gattung unzählige Tiere von oder<br />
in einem einzigen Exemplar. Vorzeigebaum<br />
ist die Eiche, die allein über 200<br />
Insektenarten beherbergt. Das jährlich<br />
fallende Laub setzen Bodentiere in<br />
Humus um, den bestimmte Pflanzen<br />
wiederum sehr schätzen.<br />
Aus guten Gründen hat der Hausbaum<br />
also eine lange Tradition. Mit ihm be -<br />
kommt das Anwesen auch symbolisch<br />
einen starken Gesellen zur Seite gestellt,<br />
in der Hoffnung, er möge es schützend<br />
unter seine Äste nehmen. Allerdings<br />
sind die Klassiker, Eiche, Kastanie und<br />
Linde, aus den meisten unserer Gärten<br />
hinausgewachsen. Die Exemplare wurden<br />
kleiner, die Vorzüge sind geblieben.<br />
Zieräpfel, Weißdorn, Elsbeere und<br />
Eber esche zieren Blüten und Früchte,<br />
die Blut-Pflaume gibt noch rotes Laub<br />
dazu. Im Naturgarten dürfen sogar ein<br />
knorziger Rotdorn oder ein sparriger<br />
Apfel Hausbaum sein, die in moderne,<br />
mit kugelkronigen Bäumen be stückte<br />
Architektengärten selten passen.<br />
Bäume bedeuten aber auch Konkurrenz<br />
um Licht, Wasser, Wurzel- und Gartenraum.<br />
Das kann mit Elementen, die<br />
Sonne brauchen, zu Konflikten führen:<br />
Beispiele sind die Wiese, der Gemüse-,<br />
Obst- oder Steingarten oder der sonnig<br />
gewünschte Zweitsitzplatz. Dann<br />
hilft nur, mögliche Baumstandorte und<br />
Nutzungen sorgfältig gegeneinander<br />
abzuwägen. Um eine Unterpflanzung<br />
der großen Schattenspender werden<br />
Sie allerdings nicht verlegen sein. Auf<br />
die Konkurrenz um Licht, Wasser und<br />
Wurzelraum haben sich zahlreiche Spezialisten<br />
eingestellt (N Seite 53–57).<br />
Zwischen Kulisse und Solitär:<br />
Sträucher und ihre Aufgaben<br />
Die Sträucher sind der grüne Hintergrund<br />
für all die farbigen Publikumslieblinge.<br />
Einmal eingegraben, stellen<br />
sie kaum noch Ansprüche, wo sie stören,<br />
schneidet man etwas von ihnen ab.<br />
Nur Kulisse also? Wohl eher das zweite<br />
Standbein eines jeden Gartengerüsts.<br />
Denn noch bevor Sie über eine Bepflanzung<br />
der einzelnen Beete nachdenken,<br />
sollten Sie Ihren Garten gliedern.<br />
Dabei werden Grenzen ge setzt, Räume<br />
gebildet, Perspektiven geschaffen, Blicke<br />
ermöglicht oder verstellt. Dafür<br />
brauchen Sie Gehölze (N Seite 90), mal<br />
höher, mal kleiner, mal breit ausladend,<br />
mal schmal geschnitten. Sträucher<br />
haben die Größe und Präsenz, dem<br />
Garten diese Strukturen zu geben.<br />
Dank ihrer biologischen Vorzüge haben<br />
Gehölze aber auch eine Eigenwirkung.<br />
So sind unter den attraktiven Blütengehölzen<br />
Frühlingsboten wie die Felsenbirne,<br />
die Kornelkirsche und die<br />
Johannisbeere. Als Solitär an herausgehobener<br />
Stelle oder in einer Gruppe<br />
gestalten sie besondere Blickpunkte.<br />
Mit klarer Linie:<br />
Wildgehölz-Hecken<br />
Die vielleicht wichtigste Aufgabe im<br />
Naturgarten übernehmen die Gehölze<br />
in einer Hecke. Eine Wildgehölzhecke<br />
ist das Eldorado für Vögel, Insekten,<br />
Käfer und Kleinsäugetiere. Hier finden<br />
sie Deckung, Nist- und Brutplätze,<br />
haben Nektar- und Nahrungsquellen<br />
satt. Je mehr Gehölzarten vertreten<br />
sind, desto reicher ist der Tisch für die<br />
unterschiedlichen Vorlieben gedeckt.<br />
Und es bleiben immer auch Früchte<br />
zum Naschen und für Marmelade übrig.<br />
Hecken – und entsprechend platzierte<br />
Gehölzgruppen – bieten außerdem<br />
Schutz vor unerwünschten Einsichten<br />
und ungemütlich pfeifendem Wind. Sie<br />
Links: Herbst am Hausbaum: Der Zierapfel<br />
‘Red Sentinel’ hängt voller Früchte.<br />
So war auch die Blüte im Frühjahr üppig.<br />
Unten: Eine originelle Idee, der Berg-<br />
Waldrebe eine Leiter als Kletterhilfe<br />
bereitzustellen, damit sie bequem<br />
Richtung Baumkrone wachsen kann.<br />
43
NATURGÄRTEN UND IHRE PFLANZEN<br />
Wanderer und anhaltenden Dauer der<br />
Blüten bereitwillig ergeben.<br />
Oben: Die Akelei ist immer auf der<br />
Walz. Da ihr ein kurzes Leben vorausgesagt<br />
ist, streut sie halt möglichst viele<br />
Sämlinge zu ihrer Arterhaltung.<br />
Rechts: Weiß und blau blühende<br />
Jakobsleitern, gelber Wald-Scheinmohn<br />
und Frauenmantel schätzen das Leben<br />
unterm Apfelbaum. Sie werden bleiben,<br />
aber ihre Nachkommen schicken,<br />
um auch neue Plätze im Garten<br />
zu besiedeln.<br />
Laissez faire –<br />
Wanderer im Garten<br />
Es gibt eine Reihe Pflanzen, von denen<br />
man weiß, dass sie für strikte Vorgaben<br />
wenig übrig haben. Sie nehmen ihnen<br />
zugewiesene Plätze als Einstieg gerne<br />
an, suchen dann aber bald auf eigene<br />
Faust nach neuen Betätigungfeldern im<br />
Garten.<br />
Aber da die Launen der Natur eigentlich<br />
selten grundlos sind, verfolgt sie auch<br />
hier ihren Zweck. Denn all die Pflanzen,<br />
die reichlich Samen ansetzen und ihn<br />
leichthin verteilen, sichern mit dieser<br />
Methode ihren Fortbestand. Deshalb<br />
reagieren vor allem kurzlebige Stauden<br />
wie Moschus-Malve, Wiesenraute, Margerite,<br />
Kronen-Lichtnelke oder Heide-<br />
Nelke auf diese Weise. Und natürlich die<br />
große Schar der Sommerblumen. Ihr<br />
Dasein dauert nur eine Vegetationsperiode,<br />
nur einmal in ihrem Leben blühen<br />
sie. Dann powern die Blumen, was das<br />
Zeug hält, mit dem Ziel, ihren Erhalt<br />
über eine möglichst reiche Samenbildung<br />
zu sichern. Schön für uns, die<br />
wir uns im Naturgarten der Macht der<br />
Sommerflor: Blüten im<br />
ersten oder zweiten Jahr<br />
Zu den Sommerblumen gehören einund<br />
zweijährige Pflanzen. Die Einjährigen<br />
sät man im Frühjahr aus. Noch<br />
in derselben Saison blühen sie, bilden<br />
Samen und vergehen. So tun es Kornblume,<br />
Becher-Malve und Acker-<br />
Rittersporn. Die Aussaat der Zweijährigen<br />
erfolgt im Sommer. Sie entwickeln<br />
im gleichen Jahr ihre Blätter, blühen<br />
und fruchten aber erst im zweiten Jahr.<br />
Beispiele sind Marien-Glockenblume<br />
und Eselsdistel.<br />
Hier und da hat sich die Natur auch<br />
nicht eindeutig entschieden. Deshalb<br />
finden Sie Pflanzen wie den Fingerhut,<br />
die Schwarze Königskerze, das Ochsenauge<br />
oder die Nachtviole nicht immer<br />
der gleichen Kategorie zugeordnet<br />
und bekommen manchen Vertreter als<br />
Pflänzchen im Staudenkatalog oder zur<br />
Aussaat in der Tüte angeboten – was am<br />
Lebensprinzip jedoch nichts ändert.<br />
Sommerblumen fremder Länder, die<br />
ihres leuchtenden Flors halber für eine<br />
Saison in Balkonkästen oder Beeten<br />
gepflanzt werden, spielen hier keine<br />
große Rolle. Vielmehr zielt die Verwendung<br />
von Saisonblumen nicht auf<br />
kurzzeitige Farbspektakel, sondern auf<br />
die Nutzung ihrer natürlichen Vorzüge.<br />
Unkomplizierte Lückenfüller<br />
und willige Streuner<br />
Wie gesagt, in der Natur bilden die<br />
meis ten Sommerblumen und kurzlebigen<br />
Stauden reichlich Samen, um<br />
ihren Bestand zu sichern. Und wo<br />
immer die Saat offene Stellen findet und<br />
auf geeigneten Boden fällt, wachsen<br />
neue Pflänzchen. Das ideale Talent, um<br />
die verschiedenen Lücken im Garten<br />
zu füllen. So schließen sie Löcher, die<br />
58
Laissez faire – Wanderer im Garten<br />
abgängige Pflanzen hinterlassen haben,<br />
schnell und unkompliziert. Sie sorgen in<br />
neuen oder umgestalteten Gartenteilen<br />
für Bodenschutz und eine rasche Begrünung,<br />
bis eine endgültige Bepflanzung<br />
vorgenommen wird und diese sich ausreichend<br />
entwickelt hat. Sie sind Platzhalter<br />
in jungen Gehölzpflanzungen,<br />
solange sich dort die Bedingungen für<br />
die eigentlichen Begleiter noch nicht<br />
eingestellt haben. Und sie verwildern<br />
gern einfach nur so. Gerade in entlegenen<br />
Bereichen größerer Gärten, die<br />
nicht mehr intensiv gepflegt werden<br />
sollen, entstehen mithilfe der Wanderer<br />
herrlich verwunschene Gartenpartien,<br />
wie im Bild unten zu sehen ist.<br />
Manchmal wundert man sich dann, was<br />
dabei alles herauskommt. Die Akeleien<br />
sind geradezu bekannt für ihre Sorten-<br />
Variabilität, man könnte salopp auch<br />
sagen: Promenadenmischungen.<br />
Bei aller Lebensfreude hilft<br />
mitunter nur ein Schnitt<br />
So viel unkompliziertes Selbstbewusstsein<br />
der fröhlichen Wanderer kann<br />
allerdings auch lästig werden. Da hilft<br />
es nur, nach der Blüte die Schere anzusetzen,<br />
bevor die Pflanzensamen reifen<br />
und sich im Garten ungehemmt verbreiten<br />
können.<br />
Durch so ein rechtzeitiges Herunterschneiden<br />
kann man auch das Dasein<br />
mancher kurzlebigen Stauden verlängern.<br />
Sie stecken ihre Energie dann in<br />
die Bildung neuer Basisknospen, die im<br />
Folgejahr wieder durchtreiben. Ebenfalls<br />
zurückschneiden sollten Sie Staudensorten,<br />
deren Eigenschaften – etwa<br />
die Blütenfarbe – Sie erhalten möchten,<br />
deren Sämlinge jedoch nicht »echt«<br />
ausfallen, sondern sich, wie im Fall der<br />
Akelei, verändern.<br />
Natürlich<br />
gärtnern<br />
Mit den Sämlingen von Sommerblumen<br />
und Stauden können Sie recht kreativ<br />
umgehen. Schauen Sie, was sich aussät<br />
und ob es in Ihren Naturgarten<br />
passt. Sind Pflänzchen übrig, setzen<br />
Sie den Nachwuchs als Lückenfüller an<br />
andere geeignete Stellen im Garten.<br />
Von den wüchsigen Stauden, die nach<br />
der Blüte geschnitten werden, lassen<br />
Sie einige Stängel für die Kinderstube<br />
stehen. Und mit Saatgut aus der Tüte<br />
starten Sie neue, eigene Experimente.
NATURGÄRTEN UND IHRE PFLANZEN<br />
Das Schnupperbeet<br />
Ein sehr sonniger, magerer und trockener<br />
Standort wie in diesem Pflanzbeispiel<br />
ist gerade für die klassischen<br />
Aroma-Pflanzen wie Salbei, Lavendel,<br />
Duftnessel oder Ysop die ideale Voraussetzung,<br />
ihr Duftpotenzial voll zu entfalten.<br />
Laden dann noch wie hier hübsche<br />
Natursteinplatten ein, steht einem<br />
Aroma-Spaziergang nichts im Weg.<br />
Duftträger dieses Beets ist der heimische<br />
Sand-Thymian (Thymus serpyllum)<br />
in der Sorte ‘Atropurpureum’. Von Ende<br />
Mai bis August geben seine purpurnen<br />
Blüten auf den flachen Polstern ihr würziges<br />
Aroma preis. Weil auch die Blätter<br />
ätherische Öle enthal ten, duftet die<br />
immergrüne Pflanze ganzjährig.<br />
Thymian, Steinquendel &<br />
Baldriangesicht<br />
Der trittfeste Sand-Thymian bildet<br />
dichte Matten und legt ganze Duftrasen<br />
aus. Breitet er sich zu arg aus,<br />
kann man ihn mit dem Spaten leicht<br />
Pflanzplan<br />
Beetgröße 3 x 3 m<br />
X<br />
X<br />
1<br />
11<br />
2<br />
X<br />
X<br />
4<br />
3<br />
12<br />
X<br />
9<br />
wieder begrenzen. Wenn Sie statt des<br />
würzigen Dufts allerdings eine zitronige<br />
Note bevorzugen, sollten Sie die Sorte<br />
‘Lemon Curd’, den Zitronen-Sand-Thymian<br />
wählen. Obwohl der eigentliche<br />
Zitronen-Thymian (Thymus × citriodorus)<br />
wohl zu seinen Eltern gehört, ist<br />
‘Lemon Curd’ zuverlässiger winterhart.<br />
Doch gleich welche Sorte Sie verwenden,<br />
zum vielseitigen Gebrauch in der<br />
Küche eignen sich alle.<br />
Der Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus)<br />
im hinteren Beetbereich ist ein<br />
recht dezent riechender Blattdufter.<br />
Das aromatische Laub wird auch als<br />
pfefferminzähnlich duftend beschrieben<br />
– am besten finden Sie selbst heraus,<br />
woran Sie sein Aroma erinnert. Wie<br />
gesagt, Düfte sind sehr persönliche<br />
Empfindungen. Bienen, Hummeln und<br />
Tagfaltern ist das egal. Sie lieben den<br />
handhohen Steinquendel wegen seiner<br />
tiefgründigen Lippenblüten.<br />
Dritter Dufter im Bund ist der Scheinwaldmeister<br />
alias Rosenwaldmeister<br />
alias Baldriangesicht: Phuopsis stylosa,<br />
hier die Sorte ‘Purpurglut’. Die bis zu<br />
5<br />
5<br />
10<br />
X<br />
X<br />
X<br />
12<br />
9<br />
X<br />
6<br />
8<br />
13<br />
7<br />
13<br />
X<br />
X<br />
20 cm hohen Pflanzen wachsen kompakt<br />
und können ganze Flächen be -<br />
decken. Mit den Rosen wird die Staude<br />
wegen ihrer purpurrosafarbenen Blüten<br />
namentlich in Verbindung gebracht.<br />
Die entfernte Verwandtschaft mit dem<br />
heimischen Waldmeister ist an den Blättern<br />
deutlich zu erkennen. Im Bezug<br />
auf den Duft haben sie jedoch nichts<br />
gemeinsam. Das Aroma des Rosenwaldmeisters<br />
ist herb frisch und besonders<br />
intensiv, wenn es geregnet hat. Nachts,<br />
heißt es, sei es eher moschusartig.<br />
Insektenfreundliche Begleiter<br />
Selbst wenn die übrigen Gewächse nicht<br />
mehr mit Duftnoten locken – das wäre<br />
auf einer Fläche dieser Größe zu viel –,<br />
finden Bienen und Insekten über die<br />
Vegetationsperiode verteilt reichlich<br />
Betätigungsfelder bei dicht wachsendem<br />
Mauerpfeffer, weiß blühendem Sonnenröschen<br />
und wintergrünem Katzenpfötchen.<br />
Ergänzt werden sie durch ausdauernd<br />
blühenden Grauen Storchschnabel,<br />
immergrüne Grasnelke und som mer -<br />
blühendes Sandglöckchen. Die Tauben-<br />
Skabiose (Scabiosa columbaria) hat sich<br />
als Sämling aus der Nachbarschaft ihren<br />
Platz vorn im Thymian selbst gesucht.<br />
Standort und Pflege<br />
Für den Sand-Thymian sollte der Boden<br />
gut mit Sand durchmischt werden.<br />
Alpen-Steinquendel und Scheinwaldmeister<br />
sind genügsam und würden<br />
auch noch auf frischem Boden und im<br />
Lichtschatten von Gehölzrändern gedeihen.<br />
Ein bodennaher Rückschnitt nach<br />
der ersten Blüte fördert bei allen eine<br />
Nachblüte. Die übrigen Pflanzen sind<br />
mit dem nährstoffarmen, sehr durchlässigen<br />
Boden in dem vollsonnigen Beet<br />
zufrieden. Bei Katzenpfötchen, Grasnelken<br />
und Tauben-Skabiose putzt man<br />
Verblühtes aus. Dem Sonnenröschen tut<br />
nach der Blüte ein Formschnitt gut.<br />
62
Pflanzliste<br />
1 5 Sonnenröschen (Helianthemum ‘Snow Queen’)<br />
2<br />
11<br />
12<br />
2 6 Scheinwaldmeister (Phuopsis stylosa ‘Purpurglut’)<br />
3 6 Grauer Storchschnabel<br />
(Geranium cinereum ssp. subcaulescens ‘Splendens’)<br />
4 3 Sandglöckchen (Jasione laevis)<br />
5 16 Sand-Thymian (Thymus serpyllum ‘Atropurpureum’)<br />
6 3 Großer Ehrenpreis (Veronica teucrium ‘Knallblau’)<br />
7 3 Ballonblume (Platycodon grandiflorus ‘Mariesii’)<br />
8 6 Grasnelke (Armeria maritima ‘Alba’)<br />
1<br />
4<br />
12<br />
9<br />
10<br />
5<br />
8<br />
7<br />
13<br />
9 12 Mauerpfeffer (Sedum album ‘Coral Carpet’)<br />
10 10 Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus)<br />
11 5 Katzenpfötchen (Antennaria dioica)<br />
3<br />
5<br />
6<br />
12 2 Zartes Federgras (Stipa tenuissima)<br />
13 7 Stachelnüsschen (Acaena buchananii)<br />
63
DIE BESTEN PFLANZEN IM PORTRÄT<br />
Thüringer Strauchpappel, Busch-Malve<br />
Lavatera thuringiaca<br />
Blüte: rosa, Juli – Sept. Höhe: 120–150 cm<br />
Obwohl es gerade in seiner Jugend einen eher<br />
schwachen Eindruck macht, ist dieses Malvengewächs<br />
eine robuste, winterharte Pflanze, die<br />
gerade für raue Lagen sehr wertvoll ist. Nach ein<br />
bis zwei Jahren Entwicklungszeit mausert sie<br />
sich schließlich zu einer dauerhaften Pflanze.<br />
Die Strauchpappel wächst, wie der Name schon<br />
sagt, strauchartig, buschig aufrecht und trägt den<br />
ganzen Sommer über hellrosafarbene Blütenschalen<br />
in großer Zahl, die immer wieder von<br />
Insekten besucht werden. Sie braucht etwas Platz<br />
im Beet, am Zaun oder am Gehölzrand, steht am<br />
liebsten sonnig und bevorzugt einen mäßig trockenen<br />
bis frischen, nährstoffreichen Boden.<br />
Magerwiesen-Margerite Leucanthemum vulgare<br />
Blüte: weiß, Mitte gelb, Mai – Juni Höhe: 50–70 cm<br />
Selbst einen Strauß Margeriten in der Frühlingswiese zu pflücken,<br />
ist so etwas wie der Inbegriff, einen Garten im tiefsten<br />
Inneren zu spüren. Die einfache Staude ist wüchsig, reichblühend,<br />
und wenn man sie nach der Blüte schneidet oder<br />
abmäht, kommt es im September zu einem zweiten Flor. Sie<br />
verbreitet sich auch durch Selbstaussaat. Ihre Bedingungen:<br />
offene, sonnige Flächen bei durchlässigem, mäßig trockenem<br />
bis frischem, nährstoffreichem Boden. Die oft angebotene,<br />
sehr reich blühende Sorte ‘Maikönigin’ hat größere Blüten.<br />
Purpur-Leinkraut Linaria purpurea<br />
Blüte: purpurviolett, Juni – Sept. Höhe: 70–80 cm<br />
Purpur-Leinkräuter sind Dauerblüher. Die violetten – in<br />
Sorten weißen und rosa – Rachenblüten sitzen in dichten<br />
Trauben und werden von Bienen und Insekten besucht.<br />
Die aufrechten, graugrün beblätterten Horste stehen auf<br />
trockenen, gut durchlässigen, nährstoffarmen Böden an<br />
sonnigen Plätzen im Beet oder Steingarten. Abgeblühte<br />
Blütenstände sollten vor der Samenreife geschnitten<br />
werden, weil das Kraut sonst lästig wird. Das heimische<br />
Gewöhnliche Leinkraut (L. vulgaris, bis 60 cm) blüht gelb.<br />
Es wächst auch in Wiese und Gehölzsaum. Mit seinen 1 m<br />
langen Wurzeln schließt es sogar Rohböden auf.<br />
110
Stauden<br />
Mondviole Lunaria rediviva<br />
Blüte: zartviolett, Juni – Juli Höhe: 80–120 cm<br />
Nach Sonnenuntergang öffnet die Mondviole, auch Wildes<br />
Silberblatt genannt, ihre Blüten. Und schon schwärmen die<br />
Nachtfalter und nachtaktiven Insekten, vom intensiven fliederartigen<br />
Odeur des Abenddufters angelockt, herbei. Zum<br />
Herbst werden die silbrig pergamentenen Fruchtschoten<br />
gebildet. Trotz ihrer spitzen Enden verraten sie die Verwandtschaft<br />
zum Einjährigen Silberblatt ( Seite 129). Die heimische<br />
Waldpflanze liebt es halbschattig bis schattig, feucht<br />
und nährstoffreich und ist damit in bester Gesellschaft von<br />
Waldglockenblumen, Astilben oder Sterndolden.<br />
Felberich, Gilbweiderich Lysimachia-Arten<br />
Blüte: gelb, weiß, Mai/Juni – Sept. Höhe: 5–80 cm<br />
Lange blühend, widerstandsfähig, niedrig oder hoch:<br />
voilà, die Felberichs! Der Goldfelberich (L. punctata,<br />
Abb.), 80 cm, ab Juni blühend, erobert Beet, Gehölzrand<br />
und Teichufer. Er lebt auf frischen bis feuchten<br />
Böden, in Sonne, Halbschatten oder im Schatten. Das<br />
bodendeckende Pfennigkraut (L. num mularia) blüht –<br />
ebenfalls gelb – von Mai bis Juli auf sonnigen bis halbschattigen<br />
feuchten Rasen, an Gehölzrändern und Ufern.<br />
Der Spanische Felberich (L. ephemerum) mit graugrünem<br />
Laub, 80 cm hoch, blüht ab Juli mit weißen Kerzen. Er<br />
braucht frische Böden.<br />
Blut-Weiderich Lythrum salicaria<br />
Blüte: purpurrot, Juni – Sept. Höhe: 80–120 cm<br />
Die hohen, leuchtenden Kerzen des Weiderichs sind weithin<br />
sichtbar. Bienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen besuchen<br />
sie. Er ist ein echter Naturbursche für nasse Be reiche<br />
oder Uferränder. Im Sumpfbeet (bis 5 cm Wasserstand) wirkt<br />
er wasserreinigend. Der Unverwüstliche gedeiht in Sonne und<br />
Halbschatten und liebt es nährstoffreich. Für eine Pflanzung<br />
im Beet mit frischem bis feuchtem Boden sind die Sorten des<br />
Weiderichs die bessere Wahl. Die Blütenstände sollten Sie<br />
trotz ihres Dekorationswertes vor der Samenreife schneiden.<br />
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So holen Sie mehr Natur<br />
in Ihren Garten<br />
Naturgärten orientieren sich an der Natur als Vorbild. Sie kennzeichnet<br />
eine gewisse Einfachheit und ein lockeres Miteinander der<br />
Pflanzen. Alles darf ein bisschen »wilder« sein, die Natur darf sich<br />
mehr entfalten. Gleichzeitig bieten Naturgärten eine große Vielfalt an<br />
Lebensräumen für Pflanzen und Tiere. Diesen wildhaften Charakter<br />
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