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„Biographisches Arbeiten in der Grundbildung – neues Wissen und neue Materialien für die Biographiearbeit im Kurs“ Diese Fortbildung entstand im Rahmen des Verbundprojektes Verbleibsstudie zur biographischen Entwicklung (ehemaliger) Teilnehmer/innen an Alphabetisierungskursen im Teilprojekt Praxisentwicklung beim Deutschen Volkshochschulverband e.V. in Bonn. Für wertvolle Hinweise danken wir Frau Adelgard Steindl.

<strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong><br />

– neues Wissen und neue Materialien für die<br />

Biographiearbeit im Kurs“<br />

Diese Fortbildung entstand im Rahmen <strong>de</strong>s Verbundprojektes Verbleibsstudie zur<br />

biographischen Entwicklung (ehemaliger) Teilnehmer/<strong>in</strong>nen an Alphabetisierungskursen<br />

im Teilprojekt Praxisentwicklung beim Deutschen Volkshochschulverband e.V. <strong>in</strong><br />

Bonn.<br />

Für wertvolle H<strong>in</strong>weise danken wir Frau A<strong>de</strong>lgard Ste<strong>in</strong>dl.


Inhaltsverzeichnis<br />

Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/<strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

Zur E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong>s Thema<br />

Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/<strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

H<strong>in</strong>weise zur Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung<br />

PowerPo<strong>in</strong>t- Folien<br />

Biographisches <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong> – neues Wissen und neue Materialien<br />

für die Biographiearbeit im Kurs“<br />

Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/<strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

Tra<strong>in</strong>ermaterial mit Kommentaren zu <strong>de</strong>n Folien<br />

Kursmaterial<br />

Fotoroman „Schweißperlen“ mit und ohne Text<br />

Kursmaterial<br />

Audio CD mit Interviewauszügen<br />

Kursmaterial<br />

Audio CD mit Vertonung zum Partiellen Out<strong>in</strong>g


Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/ <strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

Zur E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong>s Thema<br />

1. Biographie zwischen Selbstdarstellung und Selbstvergewisserung<br />

Die eigene Lebensgeschichte ist heute vielleicht wichtiger <strong>de</strong>nn je. Das liegt zu e<strong>in</strong>em wesentlichen<br />

Teil daran, dass sich die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong><strong>de</strong>r</strong> meisten Menschen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten<br />

zwei Jahrzehnten stark verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t haben. Wir suchen öfter als früher Arbeit und konkurrieren<br />

dabei mit vielen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Längst führt nicht mehr e<strong>in</strong> bestimmtes Ausbildungsprofil <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en bestimmten Beruf: Vielmehr s<strong>in</strong>d wir häufig gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, mit unserer ganzen Biographie<br />

zu argumentieren, um unsere Eignung für e<strong>in</strong>e bestimmte Arbeitsstelle zu beweisen. Unsere<br />

Mobilität führt aber auch zu immer neuen Kontakten und neuen Alltagssituationen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen<br />

wir uns mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> bekannt machen und dabei naturgemäß <strong>de</strong>n An<strong><strong>de</strong>r</strong>en über uns berichten.<br />

Ähnlich wirkt sich die Internet-Kommunikation aus. Reale und virtuelle Begegnungen<br />

veranlassen uns, unsere Wer<strong>de</strong>gänge kommunizierbar zu machen. Und damit s<strong>in</strong>d wir selbst<br />

bereits mitten im ‚biographischen <strong>Arbeiten</strong>’.<br />

Wenn wir an<strong><strong>de</strong>r</strong>en beschreiben, wer wir s<strong>in</strong>d, spielt unsere Wahrnehmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolge und<br />

Misserfolge auf unserem Bildungsweg oft e<strong>in</strong>e große Rolle. Polemisch ausgedrückt: Wir spüren,<br />

dass unser Sozialprestige zum e<strong>in</strong>en von <strong>de</strong>n absolvierten Etappen formalen Lernens<br />

abhängt und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en davon, ob wir glaubhaft machen können, dass die <strong>in</strong> unsere Bildung<br />

<strong>in</strong>vestierten Mittel auch lohnend angelegt waren. Nur: E<strong>in</strong>en kurzen, gera<strong>de</strong>n Wer<strong>de</strong>gang<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en gut bezahlten Dauerjob können heute nur noch wenige vorweisen. Denn <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Arbeitsmarkt programmiert Umwege und gelegentlich auch Sackgassen. Das betrifft<br />

Menschen auf allen Bildungsniveaus.<br />

Für Menschen auf allen Bildungsniveaus - auch für diejenigen, die bislang kaum persönlichen<br />

Gew<strong>in</strong>n aus unserem Bildungssystem ziehen konnten – stellt die eigene Biographie<br />

also e<strong>in</strong>e Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dar, die weit über das h<strong>in</strong>ausgeht, was zum Beispiel bei e<strong>in</strong>em<br />

Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g geübt wird. Bevor ich me<strong>in</strong>en Wer<strong>de</strong>gang zum Beispiel gezielt im H<strong>in</strong>blick<br />

auf e<strong>in</strong> Stellenangebot e<strong>in</strong>em Arbeitgeber darstelle, muss ich mich selbst davon überzeugen,<br />

dass me<strong>in</strong>e persönliche Geschichte mich befähigt, neue Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu bewältigen.<br />

Will sagen: Ich muss mir erst e<strong>in</strong>mal im Kopf e<strong>in</strong>e brauchbare Biographie schreiben.<br />

Das kann gelernt wer<strong>de</strong>n, und darum ist Biographisches <strong>Arbeiten</strong> auch e<strong>in</strong> wichtiges Thema<br />

für pädagogisch Tätige.<br />

2. Biographisches <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Praxis und <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Praxis verfolgt Biographisches <strong>Arbeiten</strong> immer das Ziel, Lernbereitschaft<br />

und Freu<strong>de</strong> am Lernen zu wecken und zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Wer zu e<strong>in</strong>er Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />

Biographie kommen möchte, die zum Lernen und Weiterlernen motiviert, sollte im Laufe <strong>de</strong>s<br />

Lebens erreichte eigene Lernerfolge jenseits formaler Erfolgskriterien kennen.<br />

Daran orientieren sich Kursleiten<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Alphabetisierung schon lange: Sie gehen nicht nur<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerorientierung und <strong>de</strong>s Lebensweltbezugs auf die aktuelle Situation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch auf ihre persönliche Geschichte e<strong>in</strong>.<br />

Diese Ausrichtung geht auf Pionier<strong>in</strong>nen und Pioniere <strong><strong>de</strong>r</strong> Alphabetisierungsarbeit <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

1980er und 1990er Jahren zurück. Lehren<strong>de</strong> wie Lernen<strong>de</strong>, so schrieben Elisabeth Fuchs-<br />

Brün<strong>in</strong>ghoff und Monika Pfirrmann, müssten sich die Be<strong>de</strong>utung <strong>in</strong>dividueller Biographie für<br />

Lernprozesse, aber auch für das Ausbleiben von Lernprozessen bewusst machen:<br />

1


„Bildungsarbeit mit Erwachsenen zu machen, heißt konfrontiert zu se<strong>in</strong> mit <strong>de</strong>n lebensgeschichtlich<br />

bed<strong>in</strong>gten Lernhaltungen und Lernstrategien je<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen. Sie wer<strong>de</strong>n virulent<br />

im aktuellen Lerngeschehen, vielfach ohne dass sie <strong>de</strong>n Beteiligten bewusst s<strong>in</strong>d o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihre<br />

Wirkung erkannt wird. E<strong>in</strong> Verständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen Entstehungsgeschichten dieser<br />

Haltungen und Strategien ist u.E. jedoch – auf seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehren<strong>de</strong>n wie auf <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n<br />

– e<strong>in</strong>e entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Voraussetzung, um e<strong>in</strong>e bessere E<strong>in</strong>schätzung dafür zu bekommen,<br />

wann Lernen erfolgreich ist und wann nicht“.<br />

„E<strong>in</strong> umfassen<strong>de</strong>s Lernverständnis begreift das Lernverhalten e<strong>in</strong>er Person im Zusammenhang<br />

mit ihrer Geschichte, ihren Erfahrungen und Gefühlen, ihrem Selbst- und Weltbild. Die<br />

S<strong>in</strong>nhaftigkeit <strong>de</strong>s Nicht-Lernens kann <strong>de</strong>shalb nur aus <strong>de</strong>m Gesamt dieser Faktoren heraus<br />

verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ebenso wie die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Lernverhaltens e<strong>in</strong>e Korrektur <strong>de</strong>s<br />

Selbstbil<strong>de</strong>s erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t und Auswirkungen auf das gesamte Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n zeitigen<br />

kann. E<strong>in</strong>e Schlüsselfunktion kommt hierbei <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehung zwischen Lehren<strong>de</strong>n und Lernen<strong>de</strong>n<br />

zu, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> vergangene Lernerfahrungen aktualisiert wer<strong>de</strong>n und somit potenziell für e<strong>in</strong>e<br />

Bearbeitung offenstehen.“ 1<br />

Konsens besteht bei ExpertInnen für Alphabetisierung und <strong>Grundbildung</strong> über das Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Freiwilligkeit: Unbed<strong>in</strong>gte Voraussetzung für Biographisches <strong>Arbeiten</strong> ist die Bereitschaft<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> TeilnehmerInnen dazu.<br />

Die aktuelle pädagogische Forschung unterschei<strong>de</strong>t zwischen „pädagogischer Biographiearbeit“<br />

und „Biographieorientierung“. Daniela Rothe erklärt dies so:<br />

„In unserer Gesellschaft wird <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel von uns verlangt, dass wir unser Leben <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> materiellen und sozialen Umwelt selbst gestalten und dabei alte und<br />

neue Erfahrungen <strong>in</strong> unserer Lebensgeschichte verknüpfen und auf diese Weise subjektiven<br />

S<strong>in</strong>n herstellen. Auch wenn <strong>in</strong> Lernprozessen solche biographischen Konstruktionen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel nicht im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen, haben sie doch erheblichen E<strong>in</strong>fluss darauf, was und<br />

auch wie gelernt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Von pädagogischer Biographiearbeit ist vor allem dann die Re<strong>de</strong>, wenn durch <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz<br />

ganz konkreter Metho<strong>de</strong>n (z.B. sogenannter biographischer Übungen) lebensgeschichtliche<br />

Erfahrungen explizit zum Gegenstand <strong>de</strong>s Lernens wer<strong>de</strong>n, d.h. wenn Prozesse biographischer<br />

Selbstreflexion pädagogisch angeleitet, unterstützt und begleitet wer<strong>de</strong>n. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel<br />

wer<strong>de</strong>n dabei e<strong>in</strong> ganz spezifischer Ausschnitt o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>e Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensgeschichte, bestimmte<br />

(typische) Situationen o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong> Thema und se<strong>in</strong>e Entwicklung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensgeschichte<br />

fokussiert. Diese Form <strong><strong>de</strong>r</strong> biographischen Selbstreflexion wird beispielsweise für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>stieg<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sem<strong>in</strong>arsituation <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwachsenenbildung genutzt, um die Ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />

mit bestimmten Sem<strong>in</strong>ar<strong>in</strong>halten mit <strong>in</strong>dividuellen Erfahrungen zu verknüpfen. Angeleitete<br />

biographische Selbstreflexion kann aber auch <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gruppensituationen, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Beratung und Begleitung e<strong>in</strong>e Rolle spielen.<br />

Biographieorientierung steht für e<strong>in</strong>e grundlegen<strong>de</strong> Orientierung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Haltung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen<br />

Arbeit, die dadurch gekennzeichnet ist, dass professionelle pädagogische Praxis die<br />

biographische Dimension von Lern- und Bildungsprozessen anerkennt und daran anschließt.<br />

Biographieorientierung ist auch dann angemessen und möglich, wenn aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s <strong>in</strong>stitutionellen Kontexts die Anleitung von Prozessen biographischer<br />

Selbstreflexion nicht möglich o<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht angemessen ist (z.B. weil Freiwilligkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme<br />

nicht gewährleistet wer<strong>de</strong>n kann).“<br />

Für bei<strong>de</strong> Formen – pädagogische Biographiearbeit und Biographieorientierung <strong>in</strong> pädagogischen<br />

Arbeitsfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n – müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt se<strong>in</strong>: Fachliches Wissen<br />

(z.B. über Biographie als e<strong>in</strong>e Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Verschränkung zwischen Individuum und Gesell-<br />

1 Fuchs-Brün<strong>in</strong>ghoff, Elisabeth/Pfirrmann, Monika (1992): Ansichten von Lernen – Lernansichten.<br />

PAS, Deutscher Volkshochschulverband. Frankfurt a.M., S. 9; Dies. (1993): Bericht <strong>de</strong>s Projektes<br />

'Soziale und personale Kompetenzen als Basisqualifikation <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwachsenenbildung'. PAS, Deutscher<br />

Volkshochschulverband. Frankfurt a.M., S. 57.<br />

2


schaft, über die biographische Dimension von Lernprozessen, über das Verhältnis von Biographie<br />

und Institution, die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Erzählens), Professionalität, das Wissen über die<br />

Möglichkeiten und Grenzen biographieorientierter Arbeit unter <strong>de</strong>n jeweiligen <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gen sowie eigene Erfahrungen mit biographischer Selbstreflexion <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer<strong>in</strong> bzw. <strong>de</strong>s Teilnehmers und ihre fachliche Reflexion s<strong>in</strong>d unabd<strong>in</strong>gbar.“ 2<br />

3. Die Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Gegenstand dieser Fortbildung ist nicht e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Biographischen<br />

<strong>Arbeiten</strong>s. Die hier präsentierte Fortbildung konzentriert sich vielmehr auf e<strong>in</strong>en<br />

bestimmten Aspekt Biographischen <strong>Arbeiten</strong>s im Alphabetisierungs- und <strong>Grundbildung</strong>skurs.<br />

Forscher<strong>in</strong>nen und Forscher an <strong><strong>de</strong>r</strong> Goethe-Universität Frankfurt a. M., <strong><strong>de</strong>r</strong> Universität Hamburg<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> TU Chemnitz, <strong><strong>de</strong>r</strong> Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong> sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibniz-Universität<br />

Hannover haben <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten Jahren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage zahlreicher Interviews Biographien<br />

von Menschen untersucht, die als Erwachsene lesen und schreiben lernen. 3 Die Studien<br />

belegen, dass viele Menschen mit Lese- und Schreibproblemen ihren Bildungsweg unter<br />

schlechten Bed<strong>in</strong>gungen begonnen haben. Sie zeigen aber auch, was diese Menschen dazu<br />

bewegt, als Erwachsene <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Alphabetisierungskurs zu gehen. Und sie kommen zu <strong>de</strong>m<br />

Schluss, dass sich durch <strong>de</strong>n Kurs vielleicht nicht gleich alles, aber doch e<strong>in</strong>iges im Leben<br />

dieser Menschen än<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Wir glauben, dass diese Erkenntnisse zum Wer<strong>de</strong>gang von Menschen mit Lese- und<br />

Schreibproblemen nicht nur für Kursleiten<strong>de</strong> (<strong>in</strong>sbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e diejenigen, die sich rasch <strong>in</strong> das<br />

Gebiet Alphabetisierung und <strong>Grundbildung</strong> e<strong>in</strong>arbeiten möchten), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch für Lernen<strong>de</strong><br />

von Interesse s<strong>in</strong>d. Die eigene Geschichte vor <strong>de</strong>m H<strong>in</strong>tergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebens- und Bildungswege<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>er zu sehen und zu reflektieren, kann helfen, auf Distanz zu stigmatisieren<strong>de</strong>n<br />

Normen zu gehen. Es veranlasst auch dazu, darüber nachzu<strong>de</strong>nken, warum solche Normen<br />

gesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

In dieser Fortbildung möchten wir die neuen Forschungsergebnisse zu <strong>de</strong>n Wer<strong>de</strong>gängen<br />

von Menschen, die als Erwachsene lesen und schreiben lernen, zunächst Kursleiten<strong>de</strong>n vorstellen.<br />

Wir möchten aber auch dazu anregen, sie im Kurs zum Thema zu machen. Die Beschäftigung<br />

mit <strong>de</strong>n Wer<strong>de</strong>gängen vieler Menschen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Situation kann das Verhältnis<br />

zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursleiter<strong>in</strong>/<strong>de</strong>m Kursleiter und <strong><strong>de</strong>r</strong>/<strong>de</strong>m e<strong>in</strong>zelnen Lernen<strong>de</strong>n entlasten.<br />

Das ist notwendig, weil die Grenze zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> notwendigen Ausrichtung <strong>de</strong>s Lernprozesses<br />

auf das Individuum und e<strong>in</strong>er psychologischen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar psychotherapeutischen Betreuung<br />

<strong>de</strong>s Individuums, die nicht Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursleiter<strong>in</strong>/<strong>de</strong>s Kursleiters se<strong>in</strong> kann, leicht verschwimmt.<br />

2 Dausien, Bett<strong>in</strong>a (2008): Lebenslanges Lernen als Leitl<strong>in</strong>ie für die Bildungspraxis? Überlegungen zur<br />

pädagogischen Konstruktion von Lernen aus biographietheoretischer Sicht, <strong>in</strong>: Herzberg, Heidrun<br />

(Hrsg.): Lebenslanges Lernen. Theoretische Perspektiven und empirische Befun<strong>de</strong> im Kontext <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erwachsenenbildung, Frankfurt a. M., u.a., S. 151-174;<br />

Rothe, Daniela (2008): Pädagogische Biographiearbeit. E<strong>in</strong> Wissenschafts-Praxis-Projekt zur Professionalisierung<br />

pädagogischen Han<strong>de</strong>lns. In: Kirchhof, Steffen/Schulz, Wolfgang (Hrsg.): Biografisch<br />

lernen & lehren. Flensburg. S. 147-167.<br />

3 Diese Forschungsarbeiten entstan<strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>s Verbundprojekts Verbleibsstudie zur biographischen<br />

Entwicklung (ehemaliger) Teilnehmer/-<strong>in</strong>nen an Alphabetisierungskursen. Die vier forschen<strong>de</strong>n<br />

Teilprojekte <strong>in</strong> diesem Verbund wur<strong>de</strong>n geleitet von Prof. Dr. Sandra Deneke (Leibniz<br />

Universität Hannover), Dr. Birte Egloff (Goethe-Universität Frankfurt a. M.), Prof. Dr. Anke Grotlüschen<br />

(Universität Hamburg), Prof. Dr. Dr. h. c. Ra<strong>in</strong>er Lehmann (Humboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong>)<br />

sowie Prof. Dr. Sab<strong>in</strong>e Schmidt-Lauff (TU Chemnitz). Das Teilprojekt „Praxisentwicklung“, das diese<br />

Fortbildung ausgearbeitet hat, war beim Deutschen Volkshochschul-Verband angesie<strong>de</strong>lt. Die<br />

Verbleibsstudie wur<strong>de</strong> geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t vom Bun<strong>de</strong>sm<strong>in</strong>isterium für Bildung und Forschung.<br />

3


Die Beobachtungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaftler<strong>in</strong>nen und Wissenschaftler stützen sich auf Aussagen<br />

von Lernen<strong>de</strong>n über sich selbst. Sie zeigen bei aller Deutlichkeit <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Darstellung ungünstiger,<br />

mitunter diskrim<strong>in</strong>ieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensumstän<strong>de</strong>, dass sich die biographisch relevanten<br />

Erfahrungen von Menschen mit Lese- und Schreibproblemen e<strong>in</strong>fachen Zuordnungen<br />

entziehen. E<strong>in</strong> gutes Beispiel dafür ist die Er<strong>in</strong>nerung an die Schulzeit, die für viele <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewten<br />

sowohl negativ als auch positiv besetzt ist. Die Mehr<strong>de</strong>utigkeit, die die Forschungsergebnisse<br />

spiegeln, for<strong><strong>de</strong>r</strong>t die Kursleiter<strong>in</strong>, <strong>de</strong>n Kursleiter als Impulsgeber, nicht als Therapeuten.<br />

Auch wenn die Forschung vieles bestätigt, was erfahrene Kursleiter<strong>in</strong>nen und Kursleiter<br />

schon wissen: Für Kursleiter<strong>in</strong>nen und Kursleiter wie auch für die Lernen<strong>de</strong>n ist es wichtig,<br />

dass wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse zu <strong>de</strong>n Lebenswegen und Lebenssituationen<br />

von Menschen mit Lese- und Schreibproblemen vorliegen und bekannt wer<strong>de</strong>n. Schließlich<br />

geht es letztlich auch darum, die eigene Leistung als Lehren<strong>de</strong> wie als Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Alphabetisierung selbstbewusst nach außen darstellen und so auf bessere Arbeits- und<br />

Lernbed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>zuwirken zu können.<br />

4


Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/ <strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

H<strong>in</strong>weise zur Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung<br />

Als Sem<strong>in</strong>are<strong>in</strong>stieg bietet es sich im Anschluss an die Begrüßung und Vorstellung Ihrer<br />

Person an, zunächst verschie<strong>de</strong>ne Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu klären, z.B. Pausenzeiten,<br />

Ansprache (du/Sie). Kennen die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer (im Folgen<strong>de</strong>n meist TN)<br />

sich bereits o<strong><strong>de</strong>r</strong> macht e<strong>in</strong>e kurze Vorstellungsrun<strong>de</strong> S<strong>in</strong>n?<br />

Als E<strong>in</strong>stieg kann dann e<strong>in</strong> Blitzlicht helfen, Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> TN an die Fortbildung abzufragen,<br />

nach positiven Erfahrungen, offenen Fragen, Wünschen und Vorschlägen etc. zu<br />

fragen. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Blitzlicht-Metho<strong>de</strong> äußert sich je<strong>de</strong>/r TN <strong><strong>de</strong>r</strong> Reihe nach <strong>in</strong> 2 bis 3 Sätzen,<br />

ohne dass die TN <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Diskussion e<strong>in</strong>steigen.<br />

Dann kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Ablauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung vorgestellt wer<strong>de</strong>n. Dazu dient auch die Inhaltsübersicht<br />

auf Folie 4 <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> PowerPo<strong>in</strong>t-Präsentation.<br />

Anschließend können Sie „<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Stoff e<strong>in</strong>steigen“. Die Informationen im ersten Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fortbildung s<strong>in</strong>d umfangreich. Grundlage für Ihren Vortrag s<strong>in</strong>d die Folien <strong><strong>de</strong>r</strong> PowerPo<strong>in</strong>t-<br />

Präsentation. Zu je<strong><strong>de</strong>r</strong> Folie gibt es e<strong>in</strong>en Kommentar, an <strong>de</strong>m Sie sich bei Ihrem Vortrag<br />

orientieren können.<br />

Die Folien f<strong>in</strong><strong>de</strong>n sich auch <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmermappe wie<strong><strong>de</strong>r</strong>, die je<strong><strong>de</strong>r</strong> und je<strong>de</strong>m zu Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Sem<strong>in</strong>ars ausgehändigt wer<strong>de</strong>n sollte. So s<strong>in</strong>d Mitschriften und Notizen an <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Stellen möglich.<br />

Entschei<strong>de</strong>n Sie, ob Sie mit Hilfe verschie<strong>de</strong>ner Sammeltechniken, wie Kartenabfrage,<br />

M<strong>in</strong>d-Mapp<strong>in</strong>g o<strong><strong>de</strong>r</strong> Zuruflisten, danach fragen möchten, was die TN aus ihrer Unterrichtserfahrung<br />

unter „Biographischem <strong>Arbeiten</strong>“ verstehen. Es bietet sich an, dies zu Beg<strong>in</strong>n abzufragen<br />

und die Auffassungen <strong><strong>de</strong>r</strong> TN mit <strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Folie dargestellten Auffassungen<br />

zu vergleichen. Wenn Sie e<strong>in</strong>e solche Befragung <strong><strong>de</strong>r</strong> TN zum Biographischen <strong>Arbeiten</strong> als<br />

E<strong>in</strong>stieg wählen, sollten Sie das Bild, das sich abzeichnet, zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt im<br />

Verlauf <strong>de</strong>s Sem<strong>in</strong>ars noch e<strong>in</strong>mal heranziehen. Es kann dann zu <strong>de</strong>n präsentierten Forschungsergebnissen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> biographischen Entwicklung von Menschen <strong>in</strong> <strong>Grundbildung</strong>skursen<br />

<strong>in</strong> Bezug gesetzt wer<strong>de</strong>n. Als Präsentations- und Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ationsmedien bieten<br />

sich dazu e<strong>in</strong>e P<strong>in</strong>nwand, Flipchart o<strong><strong>de</strong>r</strong> Tafel an.<br />

Um <strong>de</strong>n Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmern <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung e<strong>in</strong>e aktivere Rolle zu geben,<br />

können Sie die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong>in</strong> diesem ersten Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung <strong>in</strong><br />

Gruppen arbeiten lassen. Dafür bil<strong>de</strong>n Sie zwei Gruppen. Je<strong>de</strong> davon erarbeitet sich anhand<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Folien <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Präsentation e<strong>in</strong>en Teil <strong>de</strong>s unter „Vermittlung aktueller<br />

Erkenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten“<br />

angebotenen Stoffs:<br />

- Gruppe 1: „Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund“<br />

- Gruppe 2: „Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ und „Motive<br />

für die Kursteilnahme“.<br />

Geben Sie e<strong>in</strong>en klaren Zeitrahmen für die Gruppenarbeit vor (unser Vorschlag: 30 M<strong>in</strong>uten),<br />

und achten Sie darauf, dass er e<strong>in</strong>gehalten wird.<br />

Die bei<strong>de</strong>n Gruppen sollten nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppenarbeitsphase die Inhalte <strong>de</strong>m Plenum präsentieren.<br />

Dazu können sie verschie<strong>de</strong>ne Medien nutzen, zum Beispiel e<strong>in</strong> selbst erstelltes Plakat.


Kapitel 4 („Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung“) präsentieren Sie selbst <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Vortrags.<br />

Unter Punkt 5 („Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> – die Quadratur <strong>de</strong>s<br />

Kreises?“) sollten Sie mit Thesen und weiteren Fragen e<strong>in</strong>e Diskussion e<strong>in</strong>leiten, sie mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ieren<br />

und am Schluss die Ergebnisse kurz zusammenfassen.<br />

Für <strong>de</strong>n zweiten Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung, die Vorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursmaterialien, bietet sich erneut<br />

e<strong>in</strong>e Arbeitsphase <strong>in</strong> Gruppen an.<br />

Entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> Sie entschei<strong>de</strong>n sich - möglicherweise <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppengröße - für<br />

drei Gruppen, die je e<strong>in</strong>en Bereich übernehmen. Anschließend könnte die Kle<strong>in</strong>gruppe <strong>de</strong>n<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en das jeweils behan<strong>de</strong>lte Praxismaterial vorstellen.<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong> Sie lassen e<strong>in</strong>e so genannte Murmelphase zu. Dabei beraten sich jeweils die Sitznachbarn<br />

über alle Materialien. Anschließend wird <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Großgruppe geme<strong>in</strong>sam diskutiert.<br />

Es kann hilfreich se<strong>in</strong>, Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Diskussion direkt zu visualisieren.<br />

Falls es im Verlauf <strong>de</strong>s Sem<strong>in</strong>ars zu e<strong>in</strong>em regen Erfahrungsaustausch kommt, beachten<br />

Sie Re<strong>de</strong>zeitbegrenzungen und geben eventuell Signale.<br />

Zum Abschluss kann sich e<strong>in</strong>e kurze Feedback-Run<strong>de</strong> lohnen. S<strong>in</strong>d die TN zufrie<strong>de</strong>n, konnten<br />

sie Neues für die tägliche Arbeit im Kurs lernen?<br />

Entlassen Sie Ihre Sem<strong>in</strong>arteilnehmer<strong>in</strong>nen und –teilnehmer mit e<strong>in</strong>em guten Gefühl, <strong>de</strong>nn<br />

die meisten wollen effektiv lernen, etwas Verwendbares für ihren Alltag mitnehmen und sich<br />

selbst als Person entwickeln.<br />

Quellen:<br />

Wei<strong>de</strong>nmann, Bernd (2001): Erfolgreiche Kurse und Sem<strong>in</strong>are. Professionelles Lernen mit<br />

Erwachsenen. 4. Auflage. We<strong>in</strong>heim und Basel<br />

Lipp, Ulrich; Will, Hermann (2002): Das große Workshop-Buch. Konzeption, Inszenierung<br />

und Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ation von Klausuren, Besprechungen und Sem<strong>in</strong>aren. 6. Auflage. We<strong>in</strong>heim<br />

und Basel


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

<strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Grundbildung</strong> – neues Wissen und neue<br />

Materialien für die Biographiearbeit im<br />

Kurs“


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Biographisches <strong>Arbeiten</strong> ist mehr als Teilnehmerorientierung.<br />

„Bildungsarbeit mit Erwachsenen zu machen, heißt konfrontiert zu se<strong>in</strong><br />

mit <strong>de</strong>n lebensgeschichtlich bed<strong>in</strong>gten Lernhaltungen und Lernstrategien<br />

je<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen.“ Fuchs-Brün<strong>in</strong>ghoff/Pfirrmann (1992), S. 9<br />

„Von pädagogischer Biographiearbeit ist vor allem dann die Re<strong>de</strong>, wenn<br />

durch <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz ganz konkreter Metho<strong>de</strong>n (z.B. sogenannter<br />

biographischer Übungen) lebensgeschichtliche Erfahrungen explizit zum<br />

Gegenstand <strong>de</strong>s Lernens wer<strong>de</strong>n, d.h. wenn Prozesse biographischer<br />

Selbstreflexion pädagogisch angeleitet, unterstützt und begleitet wer<strong>de</strong>n.“<br />

Rothe, nach Dausien (2008), Rothe (2008)


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung<br />

funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

‣ Profil: Geschlecht, Alter, familiäre Situation<br />

‣ Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

‣ H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

‣ Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

‣ Angst vor Stigmatisierung<br />

‣ „Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

‣ „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

‣ Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

‣ Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> - die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

1. Fotoroman „Schweißperlen“<br />

2. Audio- CD mit Interviewauszügen<br />

‣ „Man braucht Mut zum Lernen“<br />

‣ „An<strong><strong>de</strong>r</strong>s läuft das nicht“<br />

‣ „Nur weil man nicht lesen und schreiben kann, ist man nicht blöd“<br />

3. Schaubild „Partielles Out<strong>in</strong>g“


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung<br />

funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

‣ Profil: Geschlecht, Alter, familiäre Situation<br />

‣ Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

‣ H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

‣ Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

‣ Angst vor Stigmatisierung<br />

‣ „Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

‣ „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

‣ Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

‣ Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> - die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Geschlecht<br />

• Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer liegt etwas<br />

höher als <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

(Männer 56%, Frauen 44%).<br />

• Dies entspricht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geschlechterverteilung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bevölkerung im unteren<br />

Bildungsbereich.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Alter<br />

• Breites Altersspektrum: zwischen<br />

17 und 76 Jahren<br />

• Größte Altersgruppe: 45- bis 54-<br />

Jährige<br />

• Jüngere Teilnehmer unter 25<br />

Jahren sche<strong>in</strong>en schwer zu<br />

erreichen zu se<strong>in</strong>.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Familiäre Situation<br />

• Die Mehrheit ist ledig (53%).<br />

• 36% leben alle<strong>in</strong>. Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Alle<strong>in</strong>leben<strong>de</strong>n ist damit <strong>de</strong>utlich<br />

höher als <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergleichsgruppe<br />

(14 Prozent).<br />

• Entsprechend ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>er Partner<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Partner Zusammenleben<strong>de</strong>n<br />

niedriger als <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vergleichsgruppe (38 Prozent<br />

gegenüber 70 Prozent).<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn<br />

• Nur knapp e<strong>in</strong> Viertel hat e<strong>in</strong>e<br />

Regelschule besucht (24%).<br />

• 76% s<strong>in</strong>d zur Son<strong><strong>de</strong>r</strong>-/<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>schule gegangen.<br />

• 30% verfügen über e<strong>in</strong>en formalen<br />

Abschluss.<br />

• Grün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong>en Schulabbruch<br />

liegen hauptsächlich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n zu<br />

hohen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen (53%).<br />

• Die Schulerfahrungen s<strong>in</strong>d<br />

heterogen.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Wer<strong>de</strong>gang: Berufsweg<br />

• Die Mehrzahl verfügt nicht über<br />

e<strong>in</strong>e berufliche Ausbildung.<br />

Immerh<strong>in</strong> haben 16% e<strong>in</strong>en<br />

anerkannten Ausbildungsberuf.<br />

• Der Status <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwerbstätigkeit ist<br />

une<strong>in</strong>heitlich<br />

(Beschäftigungsquote von<br />

be<strong>in</strong>ahe 50%, Arbeitslosenquote<br />

von 29% mit vornehmlich<br />

Langzeitarbeitslosigkeit).<br />

• Die Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschäftigten<br />

arbeitet <strong>in</strong> Vollzeit (74%).<br />

• Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit übt<br />

<strong>Arbeiten</strong> mit niedrigen<br />

Qualifikationsanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen aus.<br />

47% s<strong>in</strong>d als ungelernte Arbeiter<br />

tätig.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

• Grün<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>n Schriftspracherwerb aus Kursteilnehmersicht beh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t haben, s<strong>in</strong>d:<br />

‣ Elternhaus bzw. Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

‣ Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule<br />

‣ Sonstige Grün<strong>de</strong>: eigenes Verhalten, Veranlagungen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ereignisse<br />

• Der am häufigsten genannte Grund waren das Elternhaus bzw. Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit, <strong><strong>de</strong>r</strong> am zweithäufigsten genannte Grund die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule.<br />

• Beispiele für Bed<strong>in</strong>gungen im Elternhaus bzw. <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit: „Vernachlässigung“,<br />

„Misshandlung“, „Aufgaben <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie“, „K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit“, „K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>heim“<br />

• Beispiele für Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule: „Lehrer haben sich nicht gekümmert, man<br />

wur<strong>de</strong> nicht beachtet o<strong><strong>de</strong>r</strong> man wur<strong>de</strong> gehänselt, Stress, Schulwechsel,<br />

rausgeflogen“<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

• Familiäre und schulische Bed<strong>in</strong>gungen wirken zusammen.<br />

• Die sozioökonomische Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Herkunftsfamilie war meist schwierig.<br />

• Nicht selten erlebten die Befragten Gewalt <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen Formen.<br />

• „Diskrim<strong>in</strong>ierungskont<strong>in</strong>uität“ <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule: Die im Elternhaus erfahrene Ablehnung<br />

setzte sich fort („Sitzenbleiben“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Degradierungen).<br />

• Der E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Erwerbstätigkeit stellt e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, <strong>de</strong>n durch ungünstige<br />

familiäre und schulische Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>itiierten Lebensverlauf („Lei<strong>de</strong>nsweg“) zu<br />

durchbrechen.<br />

Reese In: Egloff/ Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Pape In: Egloff/Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Egloff In: Egloff/ Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Von Rosenbladt/Bilger (2011)<br />

Döbert-Nauert (1985). Zitiert <strong>in</strong>: Egloff (1997)


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung<br />

funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

‣ Profil: Geschlecht, Alter, familiäre Situation<br />

‣ Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

‣ H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

‣ Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

‣ Angst vor Stigmatisierung<br />

‣ „Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

‣ „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

‣ Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

‣ Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> - die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Vermei<strong>de</strong>n:<br />

„Weil ich vom Arbeitsamt immer Maßnahmen gekriegt habe, wo ich äh ... jetzt<br />

irgendwie was mit Lesen und Schreiben machen musste o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mathematik<br />

und so. Und, na ja, früher hatte ich eben wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sachen richtig Angst<br />

gehabt und dann b<strong>in</strong> ich nach ner Weile nicht mehr da h<strong>in</strong>gegangen und<br />

so.“ (Herr Michaelis*)<br />

Ausre<strong>de</strong> nutzen:<br />

„Und das is immer auf´n Arbeitsamt, wenn du sachst: Ach, ich hab heute keene<br />

Brille mit. Können Sie das mal machen? Das is bei mir immer die Ausre<strong>de</strong>,<br />

wenn ich auf´n Arbeitsamt b<strong>in</strong> und ich muss was ausfüllen: Ach, ich hab<br />

heute keene Brille mit! Dabei is me<strong>in</strong>e Brille <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Tasche.“ (Frau Balian)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Erhöhte Merkfähigkeit:<br />

„Da mussten wir so, äh, Fleisch verpacken, nicht? Da stand auch drauf: Mett,<br />

Schwe<strong>in</strong>ebraten, Leber. Das war für mich ja schon <strong><strong>de</strong>r</strong> Horror <strong><strong>de</strong>r</strong> Nation,<br />

ne? Aber, da war ich dreie<strong>in</strong>halb Jahre und da habe ich mir das immer<br />

schön gemerkt, wo die D<strong>in</strong>ger waren, zum Re<strong>in</strong>schieben. Das Gedächtnis<br />

hat immer mitgeholfen.“ (Frau Peters*)<br />

Hilfsmittel benutzen:<br />

„SMS schreibt man ja heutzutage mit T9, die machen ja die Wörter selber<br />

schon fast, da kann man kaum Fehler machen (lacht). Ist schon<br />

erleichternd.“ (Herr Franke)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Angst vor Stigmatisierung<br />

„[…] aber nicht jetzt, nicht, nicht, äh, äh, (Räuspern) Angst, so wie soll ich das<br />

sagen, wenn ich da zu viel Fehler dr<strong>in</strong> hab, das wür<strong>de</strong> mir Angst machen.<br />

Was die dann da rauf gucken und: „Oh Gott, was ist das <strong>de</strong>nn für E<strong>in</strong>er“<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> was.“ (Herr Werner*)<br />

„Weil ich dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>nke, ja, füllst das aus, schreibst das h<strong>in</strong> und die liest<br />

das dann da durch und dann <strong>de</strong>nken die: Was sitzt <strong>de</strong>nn da für´n Idiot? Da<br />

hab ich natürlich Panik vor sowas.“ (Herr Werner)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Die „normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

„[…] musst ich die T1 ausfüllen, […] das hat natürlich für´n Normalen, für Sie<br />

jetzt wür<strong>de</strong> das vielleicht zehn M<strong>in</strong>uten se<strong>in</strong>. Den Zettel auszufüllen. Für<br />

mich hat das ne Stun<strong>de</strong> gekostet. Weil ich nachschlagen musste wie das<br />

geschrieben wird.“ (Herr Werner*)<br />

„Richtig. Und war ganz gut, so. Me<strong>in</strong>e Schwester hat auch gesagt, dass ich<br />

das gut gemacht habe. Mit ihr habe ich auch immer geübt. Für Nicht-<br />

Schreiber, also nicht rechnen, äh lesen und schreiben war’s ganz gut.“<br />

(Herr Thomas)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

„Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

• Funktionale Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten wählen aus, wem sie von<br />

ihrem Problem erzählen und vor wem sie es geheim halten.<br />

• Grün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d frühere Erfahrungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> erwartete Folgen.<br />

• E<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g kann Vor- und Nachteile haben.<br />

Nienkemper/Bonna (2010)


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Partielles Out<strong>in</strong>g am Beispiel von Frau Peters (52 Jahre)<br />

„Me<strong>in</strong>e Schwiegermutter hat<br />

gesagt: ‚Du gehst jetzt zur<br />

Rechtschreibung? Dann bist<br />

du ja doof.‘ Die hat das aber<br />

nicht so geme<strong>in</strong>t, wie sie das<br />

gesagt hat.“<br />

„[…] me<strong>in</strong> Exmann weiß das.<br />

Und me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> wissen das,<br />

dass ich das nicht kann.“<br />

„Von me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

die Klassenlehrer<strong>in</strong>nen<br />

wissen es bei<strong>de</strong>, […].<br />

Wollte ich nur, wenn<br />

die mal Hausaufgaben<br />

haben, wo ich <strong>de</strong>nen<br />

nicht mithelfen<br />

kann[…].“<br />

„Wenn ich für<br />

e<strong>in</strong>en Euro arbeiten<br />

müsste, <strong>de</strong>nn stelle ich<br />

mich irgendwie blö<strong>de</strong> und<br />

sag: ‚Ich kann ja gar nicht<br />

lesen was da steht‘.“<br />

„Und da hatte ich<br />

e<strong>in</strong>en Kollegen, <strong><strong>de</strong>r</strong> hat das wohl<br />

spitz bekommen. […] Und dann<br />

haben sie gesagt: ‚Drüben, da ist<br />

jemand, die kann nicht<br />

richtig lesen‘.“<br />

Name und Stimme wur<strong>de</strong>n verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Schaubild: Akzeptanzstudie, Universität<br />

Hamburg<br />

„O<strong><strong>de</strong>r</strong> da, wo ich jetzt<br />

arbeite, das muss da ke<strong>in</strong>er<br />

wissen. Weil <strong>de</strong>nn heißt es<br />

auch: ‚Die ist ja blö<strong>de</strong> hier,<br />

die kann ja noch nicht<br />

e<strong>in</strong>mal richtig lesen und<br />

schreiben‘.“


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung<br />

funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

‣ Profil: Geschlecht, Alter, familiäre Situation<br />

‣ Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

‣ H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

‣ Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

‣ Angst vor Stigmatisierung<br />

‣ „Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

‣ „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

‣ Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

‣ Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> - die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I.3Motivationzur KusrteilnahmeMmmmAJMpoaspid<br />

Mmmmm<br />

Motive für die Kursteilnahme iapoidasipo<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Quelle: AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt-Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung<br />

funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

‣ Profil: Geschlecht, Alter, familiäre Situation<br />

‣ Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

‣ H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

‣ Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

‣ Angst vor Stigmatisierung<br />

‣ „Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

‣ „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

‣ Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

‣ Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz im Biographischen <strong>Arbeiten</strong> - die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

Abbildung: Genannte Teilhabebereiche <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Interviews <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis- und Folgebefragung im Vergleich (<strong>in</strong> %),<br />

Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nzstudie, Universität Hannover<br />

Crosskategorie: Selbstbewusstse<strong>in</strong>, Selbstständigkeit, Selbstbestimmung


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

• Fortschritte im Lesen<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

• Fortschritte im Schreiben<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

• Der Kurse<strong>in</strong>tritt markiert e<strong>in</strong> punktuell beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Ereignis.<br />

• Der Kursbesuch<br />

‣ ist e<strong>in</strong>gewoben <strong>in</strong> das Alltagsgeschehen.<br />

‣ erfolgt (oft über viele Jahre) lebensbegleitend, wird jedoch nicht<br />

unmittelbar als lebensverän<strong><strong>de</strong>r</strong>nd wahrgenommen, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

umfassen<strong>de</strong>n Wendung (etwa <strong>in</strong> Bezug auf berufliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> sozioökonomische<br />

Verhältnisse).<br />

‣ zeigt sich nicht als l<strong>in</strong>eares Durchlaufen e<strong>in</strong>er Bildungsmaßnahme<br />

mit klarem Abschluss. Beispielsweise unterbrechen viele<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong>de</strong>n Kurs und nehmen ihn später<br />

erneut auf .<br />

‣ erstreckt sich oft über viele Jahre.<br />

Jochim/Schimpf (2010)


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

‣Lediglich e<strong>in</strong> Viertel (26%) nahm zum<br />

Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragung zum ersten Mal an<br />

e<strong>in</strong>em Alphabetisierungskurs teil.<br />

Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Kursteilnahme<br />

(Welle 1, N=524)<br />

‣E<strong>in</strong> knappes Viertel (22%) besuchte bereits im<br />

Frühjahr 2009 o<strong><strong>de</strong>r</strong> 2008 e<strong>in</strong>en Kurs.<br />

‣39% <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten haben vor 2007 an<br />

m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>em Kurs teilgenommen. Davon<br />

besuchte ca. e<strong>in</strong> Drittel <strong>de</strong>n Kurs seit zehn<br />

Jahren o<strong><strong>de</strong>r</strong> länger.<br />

vor 2007<br />

N= 185<br />

35%<br />

2007<br />

N= 84<br />

16%<br />

Herbst 2009<br />

N=137<br />

26%<br />

Frühjahr 2009<br />

N= 46<br />

2008 9%<br />

N= 67<br />

13%<br />

‣70% aller Befragten nahmen regelmäßig am<br />

Kurs teil, 30% haben „zwischendurch Pausen<br />

gemacht“.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt-Universität


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

• Mögliche Grün<strong>de</strong> für langjährige Teilnahme:<br />

‣ „Freiheitszugew<strong>in</strong>n“: Kurs als fester Lebensbestandteil mit<br />

stabilisieren<strong><strong>de</strong>r</strong> und stärken<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkung<br />

‣ „Zugemutete Emanzipation“: verstärkte gesellschaftliche Teilhabe und<br />

selbstständige Lebensführung als normative Erwartung. Nicht zu<br />

erfüllen<strong>de</strong> Emanzipationserwartung kann zu langjähriger Teilnahme<br />

führen.<br />

‣ „Neue Abhängigkeit“: Umgang zwischen Kursleiter<strong>in</strong>nen bzw.<br />

Kursleitern und Teilnehmer<strong>in</strong>nen bzw. Teilnehmern als Spannungsfeld<br />

von professioneller Distanz und <strong>in</strong>dividuellen Ansprüchen<br />

Egloff/Jochim/Schimpf (2009)


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> –<br />

die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?


Für die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>/<strong>de</strong>n Tra<strong>in</strong>er<br />

Tra<strong>in</strong>ermaterial mit Kommentaren zu <strong>de</strong>n Folien<br />

<strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong> – neues Wissen und neue Materialien<br />

für die Biographiearbeit im Kurs“


Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Biographisches <strong>Arbeiten</strong> ist mehr als Teilnehmerorientierung.<br />

„Bildungsarbeit mit Erwachsenen zu machen, heißt konfrontiert zu se<strong>in</strong><br />

mit <strong>de</strong>n lebensgeschichtlich bed<strong>in</strong>gten Lernhaltungen und Lernstrategien<br />

je<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen.“ Fuchs-Brün<strong>in</strong>ghoff/Pfirrmann (1992), S. 9<br />

„Von pädagogischer Biographiearbeit ist vor allem dann die Re<strong>de</strong>, wenn<br />

durch <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz ganz konkreter Metho<strong>de</strong>n (z.B. sogenannter<br />

biographischer Übungen) lebensgeschichtliche Erfahrungen explizit zum<br />

Gegenstand <strong>de</strong>s Lernens wer<strong>de</strong>n, d.h. wenn Prozesse biographischer<br />

Selbstreflexion pädagogisch angeleitet, unterstützt und begleitet wer<strong>de</strong>n.“<br />

Rothe, nach Dausien (2008), Rothe (2008)<br />

Kursleiter<strong>in</strong>nen und Kursleiter <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Alphabetisierung und <strong>Grundbildung</strong> erfahren oft viel<br />

über <strong>de</strong>n <strong>in</strong>dividuellen Lebensweg ihrer Kursteilnehmer<strong>in</strong>nen und Kursteilnehmer. Ihr Wissen<br />

darüber fließt <strong>in</strong> die Beratung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n, aber auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Unterricht e<strong>in</strong>. Die Kursleiter<strong>in</strong>,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kursleiter orientiert sich nicht nur an aktuellen Erfahrungen und Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Teilnehmer, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nimmt auch Bezug auf ihre Vergangenheit.<br />

Wie die meisten Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> gera<strong>de</strong> Wer<strong>de</strong>gänge selten gewor<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d,<br />

setzen sich Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Alphabetisierung und <strong>Grundbildung</strong> auch von sich aus mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

eigenen Biographie und Lerngeschichte ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>: Sie leisten „biographische Alltagsarbeit“.<br />

Kursleiter<strong>in</strong>nen und Kursleiter können sie dabei e<strong>in</strong> Stück weit unterstützen.<br />

Dabei ist es für Lernen<strong>de</strong> wie für Lehren<strong>de</strong> wichtig, <strong>de</strong>n Zusammenhang zu kennen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m<br />

die vielen <strong>in</strong>dividuellen Geschichten stehen. Dazu soll diese Fortbildung beitragen<br />

Forscher<strong>in</strong>nen und Forscher an fünf Universitäten und Hochschulen <strong>in</strong> Deutschland haben <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage zahlreicher Interviews Biographien von Menschen untersucht,<br />

die als Erwachsene lesen und schreiben lernen. Was sie herausgefun<strong>de</strong>n haben,<br />

wird <strong>in</strong> dieser Fortbildung vermittelt. Dabei erhalten die teilnehmen<strong>de</strong>n Kursleiter<strong>in</strong>nen und<br />

Kursleiter auch Materialien für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz im Kurs. Anhand dieser Materialien können Kursleiter<strong>in</strong>nen<br />

und Kursleiter die Erkenntnisse darüber, wie Biographie und Schriftsprachkompetenz<br />

mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong> verflochten s<strong>in</strong>d, auch mit <strong>de</strong>n Lernen<strong>de</strong>n diskutieren.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler<br />

Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

Profil: Alter, Geschlecht, familiäre Situation<br />

Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn und Berufsweg<br />

H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

2. Umgang mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Angst vor Stigmatisierung<br />

„Die normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

„Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

4. Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

5. Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> – die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?<br />

Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

1. Fotoroman „Schweißperlen“<br />

2. Audio- CD mit Interviewauszügen<br />

„Man braucht Mut zum Lernen“<br />

„An<strong><strong>de</strong>r</strong>s läuft das nicht“<br />

„Nur weil man nicht lesen und schreiben kann, ist man nicht blöd“<br />

3. Schaubild „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

3


1. Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen: Profil, Wer<strong>de</strong>gang, H<strong>in</strong>tergrund<br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Geschlecht<br />

• Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer liegt etwas<br />

höher als <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

(Männer 56%, Frauen 44%).<br />

• Dies entspricht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geschlechterverteilung <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bevölkerung im unteren<br />

Bildungsbereich.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Den hier vorgestellten Daten liegen wissenschaftliche Studien zugrun<strong>de</strong>, die zwischen 2008<br />

und 2011 im Auftrag <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sm<strong>in</strong>isteriums für Bildung und Forschung durchgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />

Bei diesen Erhebungen stellten die Interviewer<strong>in</strong>nen und Interviewer die Fragen mündlich<br />

und notierten die Antworten. O<strong><strong>de</strong>r</strong> die Interviews wur<strong>de</strong>n aufgezeichnet.<br />

In vier Projekten wur<strong>de</strong>n entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> ausführliche Interviews mit wenigen Personen geführt, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>nen diese viel frei erzählen konnten, o<strong><strong>de</strong>r</strong> weitgehend standardisierte Interviews mit vielen<br />

Personen.<br />

Wir stellen hier zuerst Ergebnisse e<strong>in</strong>er Erhebung <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Kategorie mit weit über 500<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer an Alphabetisierungskursen <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkshochschulen <strong>in</strong> ganz<br />

Deutschland vor. Dabei han<strong>de</strong>lte es sich nicht um Alphabetisierungskurse im DaF/DaZ-<br />

Bereich, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um Kurse vorwiegend für Personen mit Deutsch als Muttersprache. Insgesamt<br />

nehmen rund 11.000 Menschen im Jahr an solchen Kursen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> VHS teil. Die Interviewpartner<strong>in</strong>nen<br />

und –partner wur<strong>de</strong>n so ausgewählt, dass ihre Aussagen für alle Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Teilnehmern an Alphabetisierungskursen <strong><strong>de</strong>r</strong> VHS repräsentativ s<strong>in</strong>d.<br />

Auf dieser ersten Folie wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer an <strong>de</strong>n Kursteilnehmen<strong>de</strong>n<br />

dargestellt und mit <strong>de</strong>m Frauen- und Männeranteil <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung im unteren Bildungsbereich<br />

<strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>sgesamt verglichen.<br />

Erläuterung zu „Bevölkerung im unteren Bildungsbereich“: Damit s<strong>in</strong>d Personen mit Hauptschulabschluss,<br />

mit Son<strong><strong>de</strong>r</strong>-/För<strong><strong>de</strong>r</strong>schulabschluss o<strong><strong>de</strong>r</strong> ohne Schulabschluss geme<strong>in</strong>t. Die<br />

4


Daten zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergleichsgruppe „Bevölkerung im unteren Bildungsbereich“ stammen aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Studie „Adult Education Survey“ von 2010 und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung damit durchgeführten „Level-One-Studie“<br />

(leo.). Die leo.-Studie ermittelte erstmals die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> erwachsenen funktionalen<br />

Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtbevölkerung Deutschlands: Es<br />

han<strong>de</strong>lt sich um 7,5 Millionen Menschen, von <strong>de</strong>nen 4,5 Millionen Deutsch als Muttersprache<br />

haben und <strong>in</strong> Deutschland zur Schule gegangen s<strong>in</strong>d.<br />

5


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Alter<br />

• Breites Altersspektrum: zwischen<br />

17 und 76 Jahren<br />

• Größte Altersgruppe: 45- bis 54-<br />

Jährige<br />

• Jüngere Teilnehmer unter 25<br />

Jahren sche<strong>in</strong>en schwer zu<br />

erreichen zu se<strong>in</strong>.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Außer <strong>de</strong>n Jügeren s<strong>in</strong>d auch die Älteren (über 55 Jahren) verhältnismäßig ger<strong>in</strong>g vertreten.<br />

Die 45-54-Jährigen machen 37 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer an Alphabetisierungskursen<br />

aus.<br />

Vorschlag für Fragen an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung: Reagieren<br />

Angehörige verschie<strong>de</strong>ner Altersgruppen unter <strong>de</strong>n Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Ihren Kursen unterschiedlich<br />

auf die Thematisierung von Biographie im Kurs?<br />

6


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Profil: Familiäre Situation<br />

• Die Mehrheit ist ledig (53%).<br />

• 36% leben alle<strong>in</strong>. Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Alle<strong>in</strong>leben<strong>de</strong>n ist damit <strong>de</strong>utlich<br />

höher als <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergleichsgruppe<br />

(14 Prozent).<br />

• Entsprechend ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>er Partner<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Partner Zusammenleben<strong>de</strong>n<br />

niedriger als <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vergleichsgruppe (38 Prozent<br />

gegenüber 70 Prozent).<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Diese Befragungsergebnisse <strong>de</strong>uten darauf h<strong>in</strong>, „dass es für <strong>de</strong>n Personenkreis <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer/-<strong>in</strong>nen<br />

an Alphabetisierungskursen schwerer als für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Menschen ist, e<strong>in</strong>e Partnerschaft<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensgeme<strong>in</strong>schaft aufzubauen“.<br />

Die Kursteilnehmen<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Interviews auch gefragt, wen sie um Hilfe bäten, wenn<br />

sie wegen ihrer Lese- und Schreibprobleme im Alltag auf Schwierigkeiten stießen. Genannt<br />

wur<strong>de</strong>n die Partner<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Partner, Eltern, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Familienmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> und Freun<strong>de</strong>. Arbeitskolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Arbeitskollegen wur<strong>de</strong>n relativ selten als unterstützen<strong>de</strong> Personen genannt.<br />

Vorschlag für Frage an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung: Wie hoch<br />

schätzen Sie Ihren eigenen Anteil als unterstützen<strong>de</strong> Person für Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer<br />

Ihres Kurses e<strong>in</strong>?<br />

7


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Wer<strong>de</strong>gang: Schullaufbahn<br />

• Nur knapp e<strong>in</strong> Viertel hat e<strong>in</strong>e<br />

Regelschule besucht (24%).<br />

• 76% s<strong>in</strong>d zur Son<strong><strong>de</strong>r</strong>-/<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>schule gegangen.<br />

• 30% verfügen über e<strong>in</strong>en formalen<br />

Abschluss.<br />

• Grün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong>en Schulabbruch<br />

liegen hauptsächlich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n zu<br />

hohen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen (53%).<br />

• Die Schulerfahrungen s<strong>in</strong>d<br />

heterogen.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen, die e<strong>in</strong>e Son<strong><strong>de</strong>r</strong>- bzw. För<strong><strong>de</strong>r</strong>schule besucht haben, ist bei <strong>de</strong>n<br />

hier befragten Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen höher als bei <strong>de</strong>n Menschen im unteren<br />

Bildungsbereich <strong>in</strong>sgesamt.<br />

Zwei Drittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten haben die Schule abgebrochen. Die Er<strong>in</strong>nerung an die eigene<br />

Schulzeit ist jedoch ke<strong>in</strong>eswegs ausschließlich negativ besetzt. Die roten Balken im unteren<br />

Schaubild markieren negative Schulerfahrungen, die blauen positive. Immerh<strong>in</strong> 49 Prozent<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten gaben an, die Aussage „Ich hatte Spaß am Schulunterricht“ treffe auf sie zu.<br />

Zur Metho<strong>de</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragung: Die im Schaubild wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gegebenen Aussagen wur<strong>de</strong>n vorgelesen,<br />

und die Befragten gaben jeweils an, ob die Aussage auf sie zutreffe.<br />

8


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Wer<strong>de</strong>gang: Berufsweg<br />

• Die Mehrzahl verfügt nicht über<br />

e<strong>in</strong>e berufliche Ausbildung.<br />

Immerh<strong>in</strong> haben 16% e<strong>in</strong>en<br />

anerkannten Ausbildungsberuf.<br />

• Der Status <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwerbstätigkeit ist<br />

une<strong>in</strong>heitlich<br />

(Beschäftigungsquote von<br />

be<strong>in</strong>ahe 50%, Arbeitslosenquote<br />

von 29% mit vornehmlich<br />

Langzeitarbeitslosigkeit).<br />

• Die Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschäftigten<br />

arbeitet <strong>in</strong> Vollzeit (74%).<br />

• Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit übt<br />

<strong>Arbeiten</strong> mit niedrigen<br />

Qualifikationsanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen aus.<br />

47% s<strong>in</strong>d als ungelernte Arbeiter<br />

tätig.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Der Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitslosen liegt bei <strong>de</strong>n Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen <strong>de</strong>utlich höher<br />

als bei <strong>de</strong>n Menschen im unteren Bildungsbereich <strong>in</strong>sgesamt (29 Prozent gegenüber 12<br />

Prozent). Bemerkenswert ist jedoch, dass trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigung durch mangeln<strong>de</strong> Leseund<br />

Schreibkenntnisse sowie häufige gesundheitliche Probleme die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong><br />

Alphabetisierungskursen erwerbstätig ist. „Die relativ hohe Beschäftigungsquote erklärt sich<br />

teilweise aus öffentlichen För<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Unterstützungsmaßnahmen für benachteiligte Personengruppen,<br />

darunter auch die Arbeit <strong>in</strong> Beh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>tenwerkstätten und bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Beschäftigungsträgern“<br />

(von Rosenbladt/Bilger, Erwachsene <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkshochschulen,<br />

37-38). Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer an Alphabetisierungskursen s<strong>in</strong>d<br />

<strong>de</strong>utlich seltener <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Privatwirtschaft beschäftigt als die Menschen im unteren Bildungsbereich<br />

<strong>in</strong>sgesamt (47 Prozent gegenüber 83 Prozent). „Ganz überwiegend han<strong>de</strong>lt es sich bei<br />

<strong>de</strong>n Beschäftigungsverhältnissen um stabile, seit m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens zwei Jahren bestehen<strong>de</strong> Arbeitsverhältnisse<br />

(78 Prozent)“ (von Rosenbladt/Bilger, Erwachsene <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen,<br />

39).<br />

9


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

• Grün<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>n Schriftspracherwerb aus Kursteilnehmersicht beh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t haben, s<strong>in</strong>d:<br />

Elternhaus bzw. Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule<br />

Sonstige Grün<strong>de</strong>: eigenes Verhalten, Veranlagungen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ereignisse<br />

• Der am häufigsten genannte Grund waren das Elternhaus bzw. Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit, <strong><strong>de</strong>r</strong> am zweithäufigsten genannte Grund die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule.<br />

• Beispiele für Bed<strong>in</strong>gungen im Elternhaus bzw. <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit: „Vernachlässigung“,<br />

„Misshandlung“, „Aufgaben <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie“, „K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit“, „K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>heim“<br />

• Beispiele für Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule: „Lehrer haben sich nicht gekümmert, man<br />

wur<strong>de</strong> nicht beachtet o<strong><strong>de</strong>r</strong> man wur<strong>de</strong> gehänselt, Stress, Schulwechsel,<br />

rausgeflogen“<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Nach<strong>de</strong>m wir uns e<strong>in</strong>ige Punkte <strong>in</strong> Profil und Wer<strong>de</strong>gang <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Alphabetisierungskursen<br />

angesehen haben, beschäftigen wir uns nun mit möglichen biographischen Ursachen<br />

von Analphabetismus. Lesen und Schreiben soll <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundschule erlernt wer<strong>de</strong>n.<br />

Es gibt jedoch Bed<strong>in</strong>gungen, die dies erheblich erschweren.<br />

Welche Ursachen für ihre Lese- und Schreibprobleme sehen die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer<br />

an Alphabetisierungskursen selbst?<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer an Alphabetisierungskursen wur<strong>de</strong>n gefragt, ob es abgesehen<br />

von gesundheitlichen Problemen Grün<strong>de</strong> gegeben habe, die das Lesen- und Schreibenlernen<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit beh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t hätten. Dabei wur<strong>de</strong>n v.a. Erfahrungen <strong>in</strong> Elternhaus und<br />

Schule als Ursachen für die unzureichen<strong>de</strong> Schriftsprachkompetenz genannt.<br />

Unter „sonstige Grün<strong>de</strong>“ wur<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erhebung ganz unterschiedliche<br />

Aussagen zusammengefasst, z. B. „Konzentrationsschwierigkeiten“, Unfall <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit,<br />

Faulheit.<br />

10


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

H<strong>in</strong>tergrund: K<strong>in</strong>dheitserfahrungen und Schriftspracherwerb<br />

• Familiäre und schulische Bed<strong>in</strong>gungen wirken zusammen.<br />

• Die sozioökonomische Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Herkunftsfamilie war meist schwierig.<br />

• Nicht selten erlebten die Befragten Gewalt <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen Formen.<br />

• „Diskrim<strong>in</strong>ierungskont<strong>in</strong>uität“ <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule: Die im Elternhaus erfahrene Ablehnung<br />

setzte sich fort („Sitzenbleiben“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Degradierungen).<br />

• Der E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Erwerbstätigkeit stellt e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, <strong>de</strong>n durch ungünstige<br />

familiäre und schulische Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>itiierten Lebensverlauf („Lei<strong>de</strong>nsweg“) zu<br />

durchbrechen.<br />

Reese In: Egloff/ Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Pape In: Egloff/Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Egloff In: Egloff/ Grotlüschen, Hrsg. (2011)<br />

Von Rosenbladt/Bilger (2011)<br />

Döbert-Nauert (1985). Zitiert <strong>in</strong>: Egloff (1997)<br />

Wissenschaftler<strong>in</strong>nen und Wissenschaftler versuchen zu ermitteln, wie Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Herkunftsfamilien von Menschen mit Lese- und Schreibproblemen und <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule zusammengewirkt<br />

haben.<br />

Zu <strong>de</strong>n familiären Bed<strong>in</strong>gungen gehören nicht nur die Lebensumstän<strong>de</strong> und Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Betroffenen <strong>in</strong> ihrer eigenen K<strong>in</strong>dheit, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Lebensumstän<strong>de</strong> und Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Eltern. Erwachsene mit Lese- und Schreibproblemen berichteten <strong>in</strong> Befragungen von mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zuwendung, Gleichgültigkeit o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ignoranz, aber auch von Gewalt seitens ihrer Eltern.<br />

Solche Erfahrungen können sich negativ auf das Lernen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule auswirken (vgl.<br />

Egloff 1997, S. 134). Nicht selten waren aber bereits die Eltern ihrerseits ähnlichen Lei<strong>de</strong>nsprozessen<br />

ausgesetzt. Viele Eltern verfügten selbst nicht über e<strong>in</strong>en Schulabschluss (Egloff<br />

1997; Pape 2011, S. 10).<br />

Die Forschung spricht h<strong>in</strong>sichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Weitergabe von Illiteralität von e<strong>in</strong>em prototypischen<br />

sozialen Kreislauf (Reese 2011).<br />

Die wirtschaftliche Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> Herkunftsfamilie war oft schwierig. Die Aufmerksamkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Eltern<br />

war auf die elementare Grundversorgung gerichtet. (Egloff 1997, S. 132). Häufig verschärfte<br />

e<strong>in</strong>e hohe K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>zahl die schwierige ökonomische Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Familien (Pape<br />

2011, S. 10). Auch K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit kam vor (Egloff 1997, 135).<br />

Vom Schule<strong>in</strong>tritt erhofften sich viele Betroffene allerd<strong>in</strong>gs zunächst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

ihrer Lebenssituation. Zu Beg<strong>in</strong>n herrschte tatsächlich auch e<strong>in</strong>e „Schonfrist“ und die K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong><br />

erhielten die Aufmerksamkeit, die sie zuhause nicht erfuhren. Mit zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Wichtigkeit<br />

<strong>de</strong>s Schriftspracherwerbs und <strong>de</strong>s Leistungspr<strong>in</strong>zips waren jedoch Leistungsabfälle zu verzeichnen,<br />

die sich <strong>in</strong> Degradierungen (Überweisung <strong>in</strong> die Son<strong><strong>de</strong>r</strong>schule) o<strong><strong>de</strong>r</strong> im „Sitzenbleiben“<br />

auswirkten (Egloff 1997, S. 136-137).<br />

11


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Die schulischen Probleme wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Eltern <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel gleichgültig aufgenommen,<br />

aber es fielen auch <strong>de</strong>mütigen<strong>de</strong> Bemerkungen. (vgl. Pape 2011, S. 10).<br />

So stellte sich e<strong>in</strong>e „Diskrim<strong>in</strong>ierungskont<strong>in</strong>uität“ e<strong>in</strong> (vgl. Döbert-Nauert 1985, S. 42 <strong>in</strong>: Egloff<br />

1997, S. 141), das heißt, die im Elternhaus erfahrene Ablehnung setzte sich <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule<br />

fort. Die Befragten erlebten Gewalt, Ignoranz o<strong><strong>de</strong>r</strong> Demütigungen vonseiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitschüler<br />

und Mitschüler<strong>in</strong>nen, aber auch Herabsetzungen durch Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer (Egloff 1997,<br />

S. 141-143)<br />

12


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

2.Umgang <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursteilnehmen<strong>de</strong>n mit Situationen, die Schriftsprachkompetenzen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Vermei<strong>de</strong>n:<br />

„Weil ich vom Arbeitsamt immer Maßnahmen gekriegt habe, wo ich äh ... jetzt<br />

irgendwie was mit Lesen und Schreiben machen musste o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mathematik<br />

und so. Und, na ja, früher hatte ich eben wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sachen richtig Angst<br />

gehabt und dann b<strong>in</strong> ich nach ner Weile nicht mehr da h<strong>in</strong>gegangen und<br />

so.“ (Herr Michaelis*)<br />

Ausre<strong>de</strong> nutzen:<br />

„Und das is immer auf´n Arbeitsamt, wenn du sachst: Ach, ich hab heute keene<br />

Brille mit. Können Sie das mal machen? Das is bei mir immer die Ausre<strong>de</strong>,<br />

wenn ich auf´n Arbeitsamt b<strong>in</strong> und ich muss was ausfüllen: Ach, ich hab<br />

heute keene Brille mit! Dabei is me<strong>in</strong>e Brille <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Tasche.“ (Frau Balian)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg<br />

Stellen Defizite im Lesen und Schreiben Weichen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Biographie? Was bisher über H<strong>in</strong>tergrund<br />

und Wer<strong>de</strong>gang von Menschen mit Lese- und Schreibproblemen gesagt wur<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>utet darauf h<strong>in</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs ist es nicht leicht, die Auswirkungen verschie<strong>de</strong>ner Formen von<br />

Benachteiligung genau zu unterschei<strong>de</strong>n, eben weil <strong><strong>de</strong>r</strong> unzureichen<strong>de</strong> Erwerb von Leseund<br />

Schreibkenntnissen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong>dheit oft mit wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen<br />

Problemen e<strong>in</strong>hergeht.<br />

Auf je<strong>de</strong>n Fall bed<strong>in</strong>gen mangeln<strong>de</strong> Lese- und Schreibkenntnisse Situationen und Erfahrungen,<br />

die sich häufig wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen. Und die Betroffenen entwickeln Strategien für <strong>de</strong>n Umgang<br />

mit diesen Situationen. Dabei spielt <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch, mangeln<strong>de</strong> Lese- und Schreibkenntnisse<br />

zu verbergen, die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle.<br />

Solche Strategien sehen zum Beispiel so aus, dass entsprechen<strong>de</strong> Situationen vermie<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> dass die verlangte Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibleistung mittels e<strong>in</strong>er Ausre<strong>de</strong> an e<strong>in</strong>e<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Person <strong>de</strong>legiert wird.<br />

13


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Strategien im Umgang mit Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Erhöhte Merkfähigkeit:<br />

„Da mussten wir so, äh, Fleisch verpacken, nicht? Da stand auch drauf: Mett,<br />

Schwe<strong>in</strong>ebraten, Leber. Das war für mich ja schon <strong><strong>de</strong>r</strong> Horror <strong><strong>de</strong>r</strong> Nation,<br />

ne? Aber, da war ich dreie<strong>in</strong>halb Jahre und da habe ich mir das immer<br />

schön gemerkt, wo die D<strong>in</strong>ger waren, zum Re<strong>in</strong>schieben. Das Gedächtnis<br />

hat immer mitgeholfen.“ (Frau Peters*)<br />

Hilfsmittel benutzen:<br />

„SMS schreibt man ja heutzutage mit T9, die machen ja die Wörter selber<br />

schon fast, da kann man kaum Fehler machen (lacht). Ist schon<br />

erleichternd.“ (Herr Franke)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg<br />

E<strong>in</strong>e an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeit besteht dar<strong>in</strong>, sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zu stellen und sie mittels<br />

eigener Fähigkeiten zu bewältigen, z. B., <strong>in</strong><strong>de</strong>m man sich etwas merkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong><strong>de</strong>m man genau<br />

das Wort, das man beispielsweise auf e<strong>in</strong>em Scheck e<strong>in</strong>tragen muss, übt und dann anwen<strong>de</strong>t.<br />

Quelle: Nienkemper/Bonna 2010.<br />

Die Strategien s<strong>in</strong>d bislang unpubliziert und wer<strong>de</strong>n im Dissertationsvorhaben von Barbara<br />

Nienkemper (Universität Hamburg) weiter erforscht.<br />

14


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Angst vor Stigmatisierung<br />

„[…] aber nicht jetzt, nicht, nicht, äh, äh, (…) Angst, so wie soll ich das sagen,<br />

wenn ich da zu viel Fehler dr<strong>in</strong> hab, das wür<strong>de</strong> mir Angst machen. Was die<br />

dann da rauf gucken und: „Oh Gott, was ist das <strong>de</strong>nn für E<strong>in</strong>er“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> was.“<br />

(Herr Werner*)<br />

„Weil ich dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>nke, ja, füllst das aus, schreibst das h<strong>in</strong> und die liest<br />

das dann da durch und dann <strong>de</strong>nken die: Was sitzt <strong>de</strong>nn da für´n Idiot? Da<br />

hab ich natürlich Panik vor sowas.“ (Herr Werner)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg<br />

Außer<strong>de</strong>m ist es <strong>de</strong>nkbar, dass die Hilfe an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Personen <strong>in</strong> Anspruch genommen wird,<br />

entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> um die Verantwortung vollständig abzugeben o<strong><strong>de</strong>r</strong> um sich etwas zeigen zu lassen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs geht diese Strategie immer zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st mit e<strong>in</strong>em teilweisen E<strong>in</strong>geständnis <strong>de</strong>s<br />

eigenen Problems e<strong>in</strong>her.<br />

Quelle: Nienkemper/Bonna 2010.<br />

Vorschlag für Frage an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildung: Haben Sie <strong>de</strong>n<br />

E<strong>in</strong>druck, dass sich solche Ängste bei <strong>de</strong>n Lernen<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Ihren Kursen mit zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schriftsprachkompetenz verr<strong>in</strong>gern?<br />

15


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Die „normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“<br />

„[…] musst ich die T1 ausfüllen, […] das hat natürlich für´n Normalen, für Sie<br />

jetzt wür<strong>de</strong> das vielleicht zehn M<strong>in</strong>uten se<strong>in</strong>. Den Zettel auszufüllen. Für<br />

mich hat das ne Stun<strong>de</strong> gekostet. Weil ich nachschlagen musste wie das<br />

geschrieben wird.“ (Herr Werner*)<br />

„Richtig. Und war ganz gut, so. Me<strong>in</strong>e Schwester hat auch gesagt, dass ich<br />

das gut gemacht habe. Mit ihr habe ich auch immer geübt. Für Nicht-<br />

Schreiber, also nicht rechnen, äh lesen und schreiben war’s ganz gut.“<br />

(Herr Thomas)<br />

• Die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewpartner/<strong>in</strong>nen wur<strong>de</strong>n geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um die Anonymität zu gewährleisten.<br />

Interviewauszüge: Akzeptanzstudie, Universität Hamburg<br />

Was genau wird eigentlich befürchtet für <strong>de</strong>n Fall, dass die Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreibschwäche<br />

ent<strong>de</strong>ckt wird?<br />

Herr Werner sagte im Interview:<br />

„[…] aber nicht jetzt, nicht, nicht, äh, äh, (Räuspern) Angst, so wie soll ich das sagen, wenn<br />

ich da zu viel Fehler dr<strong>in</strong> hab, das wür<strong>de</strong> mir Angst machen. Was die dann da rauf gucken<br />

und: „Oh Gott, was ist das <strong>de</strong>nn für E<strong>in</strong>er“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> was.“<br />

Der Ausdruck „so E<strong>in</strong>er“ ist unspezifisch. Später sagt Herr Werner aber Folgen<strong>de</strong>s:<br />

„Weil ich dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>nke, ja, füllst das aus, schreibst das h<strong>in</strong> und die liest das dann da<br />

durch und dann <strong>de</strong>nken die: Was sitzt <strong>de</strong>nn da für´n Idiot? Da hab ich natürlich Panik vor<br />

sowas.“<br />

Herr Werner sieht offenbar e<strong>in</strong>e Trennl<strong>in</strong>ie zwischen <strong>de</strong>n Menschen, die fehlerfrei schreiben<br />

können und <strong>de</strong>n Menschen, die dies nicht können: Dabei geht er davon aus, dass diese<br />

Grenze von <strong>de</strong>njenigen gezogen wird, die schreiben können. Die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen bezeichnen<br />

diese Trennl<strong>in</strong>ie als „normative Schwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachkompetenz“.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst vor Ent<strong>de</strong>ckung han<strong>de</strong>lt es sich also vermutlich vor allem um Angst davor, zu<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Gruppe von Menschen bzw. zu e<strong>in</strong>em gesellschaftlich nicht respektierten<br />

Milieu gezählt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Quelle: Nienkemper/Bonna 2010.<br />

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Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

„Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

• Funktionale Analphabet<strong>in</strong>nen und Analphabeten wählen aus, wem sie von<br />

ihrem Problem erzählen und vor wem sie es geheim halten.<br />

• Grün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d frühere Erfahrungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> erwartete Folgen.<br />

• E<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g kann Vor- und Nachteile haben.<br />

Nienkemper/Bonna (2010)<br />

Wie gehen die Betroffenen mit ihrer Angst davor, bei Ent<strong>de</strong>ckung ihrer Lese- und Schreibprobleme<br />

e<strong>in</strong>em nicht respektierten, „unteren“ Milieu zuordnet zu wer<strong>de</strong>n, um? Was tun sie<br />

<strong>in</strong> Situationen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen Strategien wie Vermei<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Delegieren nicht funktionieren?<br />

Die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen haben e<strong>in</strong>e alternative Strategie beobachtet, die sie als „partielles<br />

Out<strong>in</strong>g“ bezeichnen:<br />

„Personen, die Schwierigkeiten mit <strong>de</strong>m Lesen und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreiben haben, outen sich nicht<br />

zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt <strong>in</strong> ihrem Leben als funktionale Analphabet<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> Analphabet gegenüber<br />

allen Personen ihres sozialen Umfel<strong>de</strong>s, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie wählen begrün<strong>de</strong>t aus, gegenüber wem<br />

sie wie <strong>de</strong>tailliert ihrer Schwäche e<strong>in</strong>gestehen. Die Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Personen, die e<strong>in</strong>geweiht<br />

wer<strong>de</strong>n, kann sowohl bewusst als auch unbewusst getroffen wer<strong>de</strong>n. In je<strong>de</strong>m Fall gibt es<br />

e<strong>in</strong>e subjektiv vernünftige Begründung dafür, weshalb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Lebensbereich<br />

gegenüber e<strong>in</strong>er bestimmten Person die Schwierigkeiten thematisiert o<strong><strong>de</strong>r</strong> verheimlicht wer<strong>de</strong>n.“<br />

Es kann allerd<strong>in</strong>gs auch passieren, dass es zu e<strong>in</strong>em unfreiwilligen Out<strong>in</strong>g kommt. Je nach<strong>de</strong>m,<br />

welche Konsequenzen diese Situation hat, wird das Han<strong>de</strong>ln <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er späteren, ähnlichen<br />

Situation entsprechend geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.“<br />

(Nienkemper/Bonna 2010)<br />

Die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen weisen also darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliges Ereignis,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n e<strong>in</strong> komplexer Prozess ist. Die Betroffenen wägen die Vor- und Nachteile e<strong>in</strong>es Out<strong>in</strong>gs<br />

immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ab. Das belegt die nächste Folie.<br />

Quelle:<br />

Nienkemper/ Bonna (2010)<br />

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Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Partielles Out<strong>in</strong>g am Beispiel von Frau Peters (52 Jahre)<br />

„Me<strong>in</strong>e Schwiegermutter hat<br />

gesagt: ‚Du gehst jetzt zur<br />

Rechtschreibung? Dann bist<br />

du ja doof.‘ Die hat das aber<br />

nicht so geme<strong>in</strong>t, wie sie das<br />

gesagt hat.“<br />

„[…] me<strong>in</strong> Exmann weiß das.<br />

Und me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> wissen das,<br />

dass ich das nicht kann.“<br />

„Von me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />

Klassenlehrer<strong>in</strong>nen<br />

wissen es bei<strong>de</strong>, […].<br />

Wollte ich nur, wenn die<br />

mal Hausaufgaben haben,<br />

wo ich <strong>de</strong>nen nicht<br />

mithelfen kann[…].“<br />

„Wenn ich für<br />

e<strong>in</strong>en Euro arbeiten<br />

müsste, <strong>de</strong>nn stelle ich<br />

mich irgendwie blö<strong>de</strong> und<br />

sag: ‚Ich kann ja gar nicht<br />

lesen was da steht‘.“<br />

„Und da hatte ich<br />

e<strong>in</strong>en Kollegen, <strong><strong>de</strong>r</strong> hat das wohl<br />

spitz bekommen. […] Und dann<br />

haben sie gesagt: ‚Drüben, da ist<br />

jemand, die kann nicht<br />

richtig lesen‘.“<br />

Name und Stimme wur<strong>de</strong>n verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Schaubild: Akzeptanzstudie, Universität<br />

Hamburg<br />

„O<strong><strong>de</strong>r</strong> da, wo ich jetzt<br />

arbeite, das muss da ke<strong>in</strong>er<br />

wissen. Weil <strong>de</strong>nn heißt es<br />

auch: ‚Die ist ja blö<strong>de</strong> hier,<br />

die kann ja noch nicht<br />

e<strong>in</strong>mal richtig lesen und<br />

schreiben‘.“<br />

Wie „partielles Out<strong>in</strong>g“ konkret aussieht, zeigen die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen am Beispiel e<strong>in</strong>er<br />

ihrer Interviewpartner<strong>in</strong>nen.<br />

Frau Peters ist 52 Jahre alt und nimmt an e<strong>in</strong>em Lese- und Schreibkurs teil. In ihrem Umfeld<br />

wissen e<strong>in</strong>ige über ihr Problem Bescheid – aber nicht alle.<br />

„In <strong>de</strong>n familiären Bereichen hat sie Transparenz hergestellt und lebt mit <strong>de</strong>n Konsequenzen“:<br />

[…] me<strong>in</strong> Exmann weiß das. Und me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> wissen das, dass ich das nicht kann.<br />

„Die Schule <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Graubereich, es gibt e<strong>in</strong>zelne E<strong>in</strong>geweihte“:<br />

Von me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n die Klassenlehrer<strong>in</strong>nen wissen es bei<strong>de</strong>, […]. Wollte ich nur, wenn die<br />

mal Hausaufgaben haben, wo ich <strong>de</strong>nen nicht mithelfen kann[…].<br />

„Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen Arbeitsstelle hält sie ihr Lese- und Schreibproblem geheim“:<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong> da, wo ich jetzt arbeite, das muss da ke<strong>in</strong>er wissen. Weil <strong>de</strong>nn heißt es auch: ‚Die ist ja<br />

blö<strong>de</strong> hier, die kann ja noch nicht e<strong>in</strong>mal richtig lesen und schreiben.“<br />

Das tut sie aus gutem Grund, <strong>de</strong>nn sie hat auf ihrer früheren Arbeitsstelle negative Erfahrungen<br />

gemacht:<br />

Und da hatte ich e<strong>in</strong>en Kollegen, <strong><strong>de</strong>r</strong> hat das wohl spitz bekommen. […] Und dann haben sie<br />

gesagt: ‚Drüben, da ist jemand, die kann nicht richtig lesen‘.<br />

Manchmal kann es aber auch Vorteile haben, die Schwäche zuzugeben. Frau Peters hält<br />

sich das Out<strong>in</strong>g gegenüber <strong>de</strong>m Fallmanager <strong><strong>de</strong>r</strong> ARGE noch offen:<br />

Wenn ich für e<strong>in</strong>en Euro arbeiten müsste, <strong>de</strong>nn stelle ich mich irgendwie blö<strong>de</strong> und sag: ‚Ich<br />

kann ja gar nicht lesen was da steht‘.<br />

Quelle: Nienkemper/ Bonna (2010)<br />

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Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

3. Motive für die Kursteilnahme<br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Teil I.3Motivationzur KusrteilnahmeMmmmAJMpoaspid<br />

Mmmmm<br />

Motive für die Kursteilnahme iapoidasipo<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Quelle: AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt-Universität<br />

Was bewegt Menschen, nicht nur ausgewählten Personen von ihren Lese- und Schreibproblemen<br />

zu erzählen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Alphabetisierungskurs e<strong>in</strong>zutreten?<br />

Die Grün<strong>de</strong>, warum jemand e<strong>in</strong>en Alphabetisierungskurs besucht, s<strong>in</strong>d vielschichtig. In <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Folie ausgewerteten Befragung bezeichneten die Interviewten im Schnitt 9 von 16<br />

möglichen Grün<strong>de</strong>n, die ihnen vorgeschlagen wur<strong>de</strong>n, als „voll zutreffend“. Die Motive für<br />

<strong>de</strong>n Besuch e<strong>in</strong>es Alphabetisierungskurses lassen sich <strong>in</strong> persönliche, soziale und berufliche<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Persönliche Grün<strong>de</strong> (grün markiert)<br />

Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme an e<strong>in</strong>em Alphabetisierungskurs erhoffen sich fast alle Befragten (94 Prozent),<br />

im Alltag besser zurecht zu kommen. Angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> E<strong>in</strong>schränkungen, die Lese- und<br />

Schreibprobleme mit sich br<strong>in</strong>gen, ersche<strong>in</strong>t das logisch. So traut sich nur je<strong>de</strong>/je<strong><strong>de</strong>r</strong> Dritte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> befragten Kursteilnehmen<strong>de</strong>n zu, Angelegenheiten mit Ämtern, Behör<strong>de</strong>n und Versicherungen<br />

selbst zu regeln. Nur 58% erledigen ihre Bankgeschäfte selbst.<br />

90 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> befragten Frauen und Männer wollen sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursteilnahme beweisen,<br />

dass sie noch etwas lernen können. Dieses Motiv e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Motivation zum Ausdruck,<br />

also das Bestreben, etwas um se<strong>in</strong>er selbst willen zu tun, zum Beispiel weil es Spaß macht,<br />

eigene Interessen befriedigt o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>e Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung darstellt. E<strong>in</strong>e solche Motivation<br />

kann <strong>de</strong>n Lernerfolg för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

19


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

E<strong>in</strong> sehr häufig genannter Grund für <strong>de</strong>n besuch e<strong>in</strong>es Alphabetisierungskurses ist auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wunsch nach mehr Eigenständigkeit (84 Prozent). Interessant im H<strong>in</strong>blick auf <strong>de</strong>n vorh<strong>in</strong><br />

erörterten Umgang mit Lese- und Schreibproblemen und das Out<strong>in</strong>g ist, dass immerh<strong>in</strong> 64<br />

Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten <strong>de</strong>n Kurs besuchen, um ke<strong>in</strong>e Angst vor Ent<strong>de</strong>ckung mehr haben zu<br />

müssen.<br />

Soziale Teilhabe (blau markiert)<br />

84 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten erhoffen sich, Briefe und Postkarten ohne die Hilfe an<strong><strong>de</strong>r</strong>er verfassen<br />

zu können. Viele möchten auch Zeitschriften und Büchern lesen (78 Prozent). Fast je<strong>de</strong>/je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Dritte sieht im Kurs die Chance, Menschen, <strong>de</strong>nen es genauso geht, kennen zu lernen<br />

(63 Prozent). Das unterstreicht die vielfältigen Funktionen <strong>de</strong>s Kurses als Raum für Kontakte,<br />

Austausch und Lernen, mit <strong>de</strong>nen wir uns gleich noch befassen wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Möglichkeit, mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Kommunikationsmittel zu nutzen, wie PC/Internet (59 Prozent)<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> SMS (54 Prozent), stellen für die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten ebenfalls e<strong>in</strong>en Anreiz für die<br />

Teilnahme an e<strong>in</strong>em Kurs dar. 30 Prozent gaben an, (eigenen) K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Enkelk<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

helfen o<strong><strong>de</strong>r</strong> vorlesen zu wollen.<br />

Berufliche Teilhabe (rot markiert)<br />

Am stärksten ausgeprägt ist das Motiv, am Arbeitsplatz besser zurechtzukommen, (65 Prozent).<br />

Je<strong>de</strong>/je<strong><strong>de</strong>r</strong> Dritte möchte durch <strong>de</strong>n Kursbesuch leichter Arbeit f<strong>in</strong><strong>de</strong>n (35 Prozent).<br />

Immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Viertel betrachtet die Kursteilnahme als Voraussetzung für berufliche Weiterbildung<br />

an. Das Nachholen e<strong>in</strong>es Schulabschlusses sowie die Hoffnung auf bessere Chancen<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach e<strong>in</strong>em Ausbildungsplatz s<strong>in</strong>d von untergeordneter Be<strong>de</strong>utung. Dies dürfte<br />

mit <strong>de</strong>m ger<strong>in</strong>gen Anteil an jungen Menschen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Stichprobe zusammenhängen: Lediglich<br />

acht Prozent s<strong>in</strong>d unter 25 Jahren alt).<br />

Quellen:<br />

Lehmann/Fickler-Stang/Maué (2010)<br />

Rosenbladt/Bilger (2010)<br />

20


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Der Kurs und se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

Abbildung: Genannte Teilhabebereiche <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Interviews <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis- und Folgebefragung im Vergleich (<strong>in</strong> %),<br />

Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nzstudie, Universität Hannover<br />

Crosskategorie: Selbstbewusstse<strong>in</strong>, Selbstständigkeit, Selbstbestimmung<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t <strong><strong>de</strong>r</strong> Alphabetisierungskurs das Leben? In mancher H<strong>in</strong>sicht ja, haben die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> über 20 beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s ausführlichen Interviews mit Kursteilnehmen<strong>de</strong>n an e<strong>in</strong>er<br />

Volkshochschule festgestellt.<br />

• E<strong>in</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch die Kursaufnahme ist größeres Selbstbewusstse<strong>in</strong>.<br />

Auch Kursanfänger berichten bereits davon, dass sie sich seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme <strong>de</strong>s Kurses<br />

„sicherer“ im Umgang mit Schriftsprache fühlen. Fortgeschrittene Teilnehmen<strong>de</strong> berichten<br />

von e<strong>in</strong>er größeren Selbstständigkeit durch das im Kurs Gelernte.<br />

Beispiele: Nadia (20 J.) sagt: „Genau, aber […] hier habe ich gesehen, es gibt Leute, die<br />

schlechter s<strong>in</strong>d als ich im Schreiben. Und dann habe ich gesehen: Ich b<strong>in</strong> nicht die<br />

Schlechteste.“<br />

Nico (38 J.) benutzt sogar <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Term<strong>in</strong>us, als er erklärt: „Hat wirklich viel<br />

gebracht, ne? Ich trete jetzt mehr selbstbewusster auf, ne?“<br />

• Während vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursaufnahme Vermeidungsstrategien im Umgang mit Schriftsprache<br />

vorherrschten, beg<strong>in</strong>nen die Teilnehmen<strong>de</strong>n nun, schriftsprachliche Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

im Alltag zu bewältigen. (...)<br />

• Alle Teilnehmen<strong>de</strong>n berichten von Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im Bereich „Grund- und Weiterbildung“.<br />

Ihnen wer<strong>de</strong>n Lernerfolge im <strong>Grundbildung</strong>sbereich <strong>de</strong>utlich, die zu e<strong>in</strong>er erhöhten<br />

Lernmotivation führen. Dennoch trauen sich viele Kursteilnehmen<strong>de</strong> nicht, e<strong>in</strong>e Weiterbildung<br />

außerhalb <strong>de</strong>s <strong>Grundbildung</strong>sbereichs aufzunehmen. (…)<br />

21


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Weitere häufig thematisierte Teilhabebereiche, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sich Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen vollziehen, s<strong>in</strong>d<br />

z.B. „Mediennutzung“ und „Haushaltsführung“.<br />

Beispiel: Die Orientierung im Kaufhaus durch Lesen <strong><strong>de</strong>r</strong> H<strong>in</strong>weisschil<strong><strong>de</strong>r</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Informationen<br />

durch das Lesen <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Post s<strong>in</strong>d für Nico (38 J.) von Wichtigkeit: „Die die Post<br />

durchzulesen zu können, das ist das schönste. Weil <strong>de</strong>nn, wenn irgendwas ist mal, dass ich<br />

hier Post kriege, selbst e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Werbung, dass man äh äh weiß […], was weg kann<br />

und was wir dann wirklich sagen: Hallo, da musst du mal h<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> was, vielleicht noch was<br />

weiter erklären noch, ne? Dass man das Bescheid weiß dann auch.“<br />

• Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n geschlechtsspezifische Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schriftsprachverwendung <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Bereichen „Familie und Partnerschaft“, „Haushaltsführung“ und „Mediennutzung“<br />

festgestellt: Weibliche Kursteilnehmen<strong>de</strong> berichten häufiger als männliche Kursteilnehmen<strong>de</strong><br />

von Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Bereichen „Familie und Partnerschaft“ und „Haushaltsführung“.<br />

Männliche Kursteilnehmen<strong>de</strong> haben offenbar weniger Scheu o<strong><strong>de</strong>r</strong> wer<strong>de</strong>n eher<br />

dazu ermutigt, am Computer zu arbeiten und im Internet zu surfen.<br />

Beispiele: Sab<strong>in</strong>e (62 J.) berichtet: „Wenn ich <strong>de</strong>nn äh bei <strong>de</strong>n dreien [Tochter und zwei<br />

Enkelk<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>] b<strong>in</strong> und äh ähm – ich sollte dann etwas vorlesen, äh dann habe ich mich<br />

doch schon e<strong>in</strong> bisschen sicherer gefühlt und kriegte nicht gleich, also das habe ja auch<br />

gekriegt, das gleich so die Kehle zug<strong>in</strong>g und na ja, also du kannst ja jetzt nicht we<strong>in</strong>en,<br />

wenn die da s<strong>in</strong>d, ne? Ähm also das ist e<strong>in</strong> bisschen besser gewor<strong>de</strong>n, weil ja dieses<br />

Kloßgefühl nicht da ist, ne?“<br />

Norman (24 J.) schil<strong><strong>de</strong>r</strong>t: „Ja sozusagen durch <strong>de</strong>n Kurs habe ich mehr Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

und halt setzt mich vielleicht mal h<strong>in</strong> und schreibe irgendwas im Internet o<strong><strong>de</strong>r</strong> mal<br />

Email schreiben o<strong><strong>de</strong>r</strong> so [kurze Pause] ja.“<br />

Julia (52 J.) gibt im Gegensatz zu Norman an: „So Computer und sowas, also das ist ja<br />

noch schwieriger, weil ich kann ja noch nicht mal n Vi<strong>de</strong>orecor<strong><strong>de</strong>r</strong> (lachend) so, weil ich<br />

immer Angst habe, was falsch da mache.“<br />

Die „gefühlten“ Kompetenzerweiterungen führten zu e<strong>in</strong>er besseren Bewältigung schriftsprachlicher<br />

Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung neuer Bewältigungsstrategien <strong>in</strong> Alltagssituationen.<br />

• Häufig bleiben aber auch bewährte Bewältigungsstrategien (z.B. Vermeidung schriftsprachlicher<br />

Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen) neben <strong>de</strong>n neu erworbenen (….) erhalten. Zeitungen<br />

und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bücher wer<strong>de</strong>n z.B. mit <strong>de</strong>m H<strong>in</strong>weis „Das ist nicht me<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g“ nicht gelesen.<br />

Schreib- und Leseaufgaben wer<strong>de</strong>n z.T. nach wie vor <strong>de</strong>m Partner überlassen.<br />

Die Resignation, sich nicht aus <strong>de</strong>n Abhängigkeiten befreien zu können, ist z.T. sehr groß<br />

und belastend:<br />

Beispiel: „Mhmmhm. Ja Ja . Ja, im Gegensatz zu m me<strong>in</strong>em Mann, <strong><strong>de</strong>r</strong> liest natürlich<br />

gerne, ne? Ja, aber da ist es halt auch so, er sagt ja auch immer, ich soll ihm vorlesen.<br />

Aber es ist mir e<strong>in</strong>fach pe<strong>in</strong>lich, ich lese e<strong>in</strong> Stück und - ja für mich ist das dann so, dass<br />

ich so viel stottere o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonst etwas. Vielleicht wür<strong>de</strong> er gar nichts sagen, bloß wenn er<br />

äh dann irgendwie sagt: Das Wort ist falsch […] o<strong><strong>de</strong>r</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> äh er sagt es mir richtig, ja.<br />

Dann fange ich schon an zu we<strong>in</strong>en, ne? Das ist eben das Problem, ne?“ (Sab<strong>in</strong>e, 62<br />

J.).“<br />

Quelle: Pape In: Report (3/2011); Reese In: Egloff/Grotlüschen (2011)<br />

22


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Subjektiv erlebte Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch <strong>de</strong>n Kursbesuch<br />

• Fortschritte im Lesen<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

• Fortschritte im Schreiben<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt Universität<br />

Auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erhebung unter mehr als 500 Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmern an Alphabetisierungskursen<br />

bun<strong>de</strong>sweit wur<strong>de</strong> gefragt, was <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursbesuch bewirkt. Die Schaubil<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zeigen, wie die Befragten die Entwicklung ihrer Lese- und Schreibkenntnisse seit <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>tritt<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kurs beurteilen.<br />

Die obere Grafik zeigt „die Eigene<strong>in</strong>schätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursteilnehmen<strong>de</strong>n h<strong>in</strong>sichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Lernfortschritte<br />

im Lesen. Die Jahreszahlen stellen hierbei die erstmalige Teilnahme an e<strong>in</strong>em<br />

Alphabetisierungskurs dar. Deutlich wird, dass subjektiv empfun<strong>de</strong>ne Fortschritte <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n<br />

am größten bei <strong>de</strong>njenigen s<strong>in</strong>d, die zwischen 2005 und 2007 ihren ersten Kurs<br />

absolviert haben.<br />

Nach <strong>de</strong>m gleichen Aufbau ist die folgen<strong>de</strong> Grafik im Bezug zum subjektiv beurteilten<br />

Schreibfortschritt gestaltet. Hier ist ebenfalls <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergleich zwischen Erstteilnahme an e<strong>in</strong>em<br />

Alphabetisierungskurs <strong>in</strong> Bezug zu <strong>de</strong>n Fortschritten gesetzt, die <strong>de</strong>n Kursteilnehmen<strong>de</strong>n<br />

ihrer Me<strong>in</strong>ung nach gelungen s<strong>in</strong>d. Auch hier beurteilen nur wenige Lernen<strong>de</strong> ihre Fortschritte<br />

negativ, (…) und auch hier wird <strong>de</strong>utlich, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> subjektiv empfun<strong>de</strong>ne Lernfortschritt am<br />

größten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmen<strong>de</strong>n zwischen 2005 und 2007 ist.“<br />

„Theoretisch müsste mit Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursteilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong>er, die ‚große Fortschritte’<br />

erleben, ansteigen. Dies ist zwar <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, jedoch lediglich bis h<strong>in</strong> zu <strong>de</strong>n Teilnehmern, die<br />

seit zwei bis vier Jahren e<strong>in</strong>en Kurs besuchen.“<br />

Quellen:<br />

Lehmann/Fickler-Stang/Maué (2010)<br />

Rosenbladt/Bilger (2010)<br />

23


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

• Der Kurse<strong>in</strong>tritt markiert e<strong>in</strong> punktuell beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Ereignis.<br />

• Der Kursbesuch<br />

ist e<strong>in</strong>gewoben <strong>in</strong> das Alltagsgeschehen.<br />

erfolgt lebensbegleitend, wird jedoch nicht unmittelbar als<br />

lebensverän<strong><strong>de</strong>r</strong>nd wahrgenommen, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er umfassen<strong>de</strong>n<br />

Wendung (etwa <strong>in</strong> Bezug auf berufliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> sozio-ökonomische<br />

Verhältnisse).<br />

zeigt sich nicht als l<strong>in</strong>eares Durchlaufen e<strong>in</strong>er Bildungsmaßnahme<br />

mit klarem Abschluss. Beispielsweise unterbrechen viele<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong>de</strong>n Kurs und nehmen ihn später<br />

erneut auf .<br />

erstreckt sich oft über viele Jahre.<br />

Jochim/Schimpf (2010)<br />

Menschen besuchen <strong>de</strong>n Alphabetisierungskurs also auch über lange Zeit, ohne dass sie<br />

noch große Lernfortschritte spüren wür<strong>de</strong>n. Das kann verschie<strong>de</strong>ne Grün<strong>de</strong> haben. Unter<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>em kann es darauf h<strong>in</strong>weisen, dass die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Kurses über das Lesen- und<br />

Schreiblernen h<strong>in</strong>ausgeht.<br />

Nicht alle im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Studien Befragten maßen <strong>de</strong>m Kurs die gleiche Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

Viele aber machten <strong>de</strong>utlich, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Kurs fester Bestandteil ihres Alltags ist.<br />

Die Gegenüberstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> lebensbegleiten<strong>de</strong>n Funktion <strong>de</strong>s Kurses, die die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen<br />

und Wissenschaftler beobachten, von e<strong>in</strong>er lebensverän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Funktion, die Außenstehen<strong>de</strong><br />

vielleicht von e<strong>in</strong>em Alphabetisierungskurs erwarten wür<strong>de</strong>n, ver<strong>de</strong>utlicht <strong>de</strong>n<br />

Stellenwert <strong>de</strong>s Kurses <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Biographie <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer.<br />

Diese nicht so sehr ziel- wie prozessorientierte lebensbegleiten<strong>de</strong> Funktion br<strong>in</strong>gt oft e<strong>in</strong>e<br />

langjährige Kursteilnahme mit sich.<br />

24


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

Lediglich e<strong>in</strong> Viertel (26%) nahm zum<br />

Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragung zum ersten Mal an<br />

e<strong>in</strong>em Alphabetisierungskurs teil.<br />

Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Kursteilnahme<br />

(Welle 1, N=524)<br />

E<strong>in</strong> knappes Viertel (22%) besuchte bereits im<br />

Frühjahr 2009 o<strong><strong>de</strong>r</strong> 2008 e<strong>in</strong>en Kurs.<br />

39% <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten haben vor 2007 an<br />

m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>em Kurs teilgenommen. Davon<br />

besuchte ca. e<strong>in</strong> Drittel <strong>de</strong>n Kurs seit zehn<br />

Jahren o<strong><strong>de</strong>r</strong> länger.<br />

vor 2007<br />

N= 185<br />

35%<br />

2007<br />

N= 84<br />

16%<br />

Herbst 2009<br />

N=137<br />

26%<br />

Frühjahr2009<br />

N= 46<br />

2008 9%<br />

N= 67<br />

13%<br />

70% aller Befragten nahmen regelmäßig am<br />

Kurs teil, 30% haben „zwischendurch Pausen<br />

gemacht“.<br />

AlphaPanel, TNS Infratest/Humboldt-Universität<br />

Diese Zahlen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> bun<strong>de</strong>sweiten Erhebung unter über 500 Kursteilnehmer<strong>in</strong>nen und –<br />

teilnehmern belegen noch e<strong>in</strong>mal, dass die Kursteilnahme häufig zur Konstante wird.<br />

25


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Funktion <strong>de</strong>s Kurses als sozialer Raum<br />

• Mögliche Grün<strong>de</strong> für langjährige Teilnahme:<br />

„Freiheitszugew<strong>in</strong>n“: Kurs als fester Lebensbestandteil mit<br />

stabilisieren<strong><strong>de</strong>r</strong> und stärken<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkung<br />

„Zugemutete Emanzipation“: verstärkte gesellschaftliche Teilhabe und<br />

selbstständige Lebensführung als normative Erwartung. Nicht zu<br />

erfüllen<strong>de</strong> Emanzipationserwartung kann zu langjähriger Teilnahme<br />

führen.<br />

„Neue Abhängigkeit“: Umgang zwischen Kursleiter<strong>in</strong>nen bzw.<br />

Kursleitern und Teilnehmer<strong>in</strong>nen bzw. Teilnehmern als Spannungsfeld<br />

von professioneller Distanz und <strong>in</strong>dividuellen Ansprüchen<br />

Egloff/Jochim/Schimpf (2009)<br />

Wie hängen grundlegen<strong>de</strong> Erfahrungen, die Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong> ihrem Alphabetisierungskurs machen,<br />

und die häufig zu beobachten<strong>de</strong> lange Kursteilnahme zusammen?<br />

Der Blick auf die Motive für <strong>de</strong>n Besuch e<strong>in</strong>es Alphabetisierungskurses hat gezeigt, dass<br />

e<strong>in</strong>e große Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer sich von ihrem Kursbesuch mehr<br />

Eigenständigkeit verspricht. Und tatsächlich empf<strong>in</strong><strong>de</strong>n viele von ihnen e<strong>in</strong>en Freiheitszugew<strong>in</strong>n<br />

durch die Teilnahme am Alphabetisierungskurs.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wird an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer dieser Kurse auch die Erwartung<br />

herangetragen, dass sie sich nunmehr gesellschaftlich <strong>in</strong>tegrieren und emanzipieren müssten.<br />

Von dieser Erwartung fühlen sich Kursteilnehmer<strong>in</strong>nen und Kursteilnehmer möglicherweise<br />

überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Der E<strong>in</strong>druck, <strong>de</strong>n an sie gestellten Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen nicht gerecht wer<strong>de</strong>n<br />

zu können, und die daraus resultieren<strong>de</strong> Unsicherheit könnten e<strong>in</strong>en längeren Verbleib im<br />

Kurs bewirken.<br />

Dazu beitragen könnten auch Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten im Verhältnis zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursleiter<strong>in</strong> bzw.<br />

<strong>de</strong>m Kursleiter und <strong>de</strong>n Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmern an Alphabetisierungskursen beitragen.<br />

Von Kursleiter<strong>in</strong>nen und Kursleitern wird oft großes persönliches Engagement und<br />

die Ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit Lebensgeschichte und Lebenssituation je<strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen Teilnehmers,<br />

je<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>zelnen Teilnehmer<strong>in</strong> verlangt. Hier begeben sich Kursleiter<strong>in</strong>nen und<br />

Kursleiter <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat auf e<strong>in</strong>e Gratwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zwischen professioneller Distanz und <strong>in</strong>dividuellen<br />

Ansprüchen. Darum s<strong>in</strong>d regelmäßige Supervision und kollegiale Beratung wichtig (s.<br />

auch Basisqualifizierung Alphabetisierung/<strong>Grundbildung</strong>. Konzept, 14-16).<br />

26


Teil I: Vermittlung aktueller Kenntnisse über die biographische Entwicklung funktionaler Analphabet<strong>in</strong>nen<br />

und Analphabeten an Kursleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung <strong>„Biographisches</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Grundbildung</strong>“<br />

Professionelle Distanz beim Biographischen <strong>Arbeiten</strong> –<br />

die Quadratur <strong>de</strong>s Kreises?<br />

Die Ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen (Lern-)biographie ist für erfolgreiches Lernen wichtig.<br />

Wichtig ist aber auch, dass Lernen<strong>de</strong> ihre erworbenen Lese- und Schreibkompetenzen<br />

langfristig für die Ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, weniger persönlichen Themen nutzen.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne kann die Beschäftigung mit entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Faktoren <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Biographie von<br />

Menschen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Situation – Erwachsenen, die nicht richtig lesen und schreiben<br />

können“ – Brücken bauen. Denn hier lässt sich (auto)biographisches Interesse mit vielen<br />

Fragen zu unserer Gesellschaft, unserem Bildungssystem, unserem Wirtschaftsleben verb<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />

Darum wer<strong>de</strong>n im Folgen<strong>de</strong>n Materialien vorgestellt, die e<strong>in</strong>ige <strong><strong>de</strong>r</strong> eben präsentierten Forschungsergebnisse<br />

für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz im Kurs aufbereiten.<br />

27


Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

Fotoroman „Schweißperlen“<br />

Der Fotoroman beschreibt Schlüsselsituationen, die Schriftsprachkompetenz erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Es<br />

wird ver<strong>de</strong>utlicht, wie funktionale Analphabeten häufig mit diesen Situationen umgehen. Die<br />

Schlüsselszenen sowie die Figur <strong>de</strong>s Protagonisten wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Orientierung an Forschungsergebnissen<br />

aus <strong>de</strong>m Verbundprojekt „Verbleibsstudie zur biographischen Entwicklung<br />

(ehemaliger) Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer an Alphabetisierungskursen“ entworfen.<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können<br />

• ihre Lesekenntnisse erweitern und vertiefen;<br />

• darüber diskutieren, wie funktionale Analphabeten häufig mit Schlüsselsituationen<br />

umgehen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen Schriftsprachkompetenz erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist;<br />

• e<strong>in</strong>e alternative Handlung entwickeln;<br />

• komplett neue Texte zu <strong>de</strong>n Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n schreiben – dafür steht e<strong>in</strong>e textfreie Variante zur<br />

Verfügung.<br />

I<strong>de</strong>en für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz im Kurs<br />

E<strong>in</strong>zelne Schlüsselsituationen können im Kurs mit verteilten Rollen gelesen wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können <strong>de</strong>n Fotoroman o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur e<strong>in</strong>zelne Schlüsselsituationen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> das En<strong>de</strong> <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel-, Partner- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppenarbeit schreibend, erzählend, zeichnend<br />

und fotografierend fortsetzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> variieren. Auch kann e<strong>in</strong> eigener Fotoroman <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel-,<br />

Partner- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppenarbeit im Kurs erstellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Mögliche Fragen an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer<br />

• „Wie geht Günther mit dieser Situation um?“<br />

• „Haben Sie I<strong>de</strong>en, was Günther vielleicht an<strong><strong>de</strong>r</strong>s machen könnte?“<br />

• „Wie reagiert … (Monika, Jenny)?“<br />

• „Schreiben/ Zeichnen/ Erzählen/ Fotografieren Sie die Geschichte weiter.“<br />

28


Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

Interviewauszüge<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>s Forschungsprojekts „Qualitative Biographiestudie zur Lebenssituation (ehemaliger)<br />

Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung subjektiver<br />

Deutungen“, das Teil <strong>de</strong>s Verbundprojekts „Verbleibsstudie“ ist, wur<strong>de</strong>n Interviews mit Lernen<strong>de</strong>n<br />

<strong>in</strong> Alphabetisierungskursen geführt.<br />

Auszüge aus diesen Interviews stellen wir Ihnen als Audio-Datei zur Verfügung. Diese Auszüge<br />

wur<strong>de</strong>n neu vertont, damit die Anonymität <strong><strong>de</strong>r</strong> Interviewten gewahrt bleibt. Sie können<br />

so im Kurs e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>de</strong>n. Hier s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Anregungen, wie die Texte genutzt wer<strong>de</strong>n<br />

könnten.<br />

Ines: „Man braucht Mut zum Lernen“<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können darüber diskutieren,<br />

• wie negative Erfahrungen mit <strong>de</strong>m Lernen durch positive Erfahrungen korrigiert wer<strong>de</strong>n<br />

können - die Interviewte wur<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule ausgelacht, erfuhr aber später Unterstützung<br />

von Vere<strong>in</strong>skollegen;<br />

• was „Mut zum Lernen“ be<strong>de</strong>utet;<br />

• wodurch „Mut zum Lernen“ geweckt und unterstützt wird.<br />

Lothar-Emil: „An<strong><strong>de</strong>r</strong>s läuft das nicht“<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können<br />

• über unterschiedliche Erwartungen an <strong>de</strong>n Kurs sprechen - während Martha ke<strong>in</strong>e<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erwartungen hatte, erwartete Lothar-Emil vom Kurs e<strong>in</strong>e Lebenswen<strong>de</strong>;<br />

• darüber diskutieren, was sie von sich selbst, von <strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppe und vom Kursleiter o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kursleiter<strong>in</strong> erwarten, z. B. welche Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen Lebensbereichen<br />

(beruflich, privat etc.) sie sich vom Kursbesuch versprechen;<br />

• die Realisierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen Erwartungen diskutieren.<br />

Martha: „Gelobt wur<strong>de</strong> ich nie“<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können<br />

• über unterschiedliche Erwartungen an <strong>de</strong>n Kurs sprechen - Lothar-Emil erwartete von<br />

<strong>de</strong>m Kurs e<strong>in</strong>e Lebenswen<strong>de</strong>, während Martha ke<strong>in</strong>e beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erwartungen hatte;<br />

• überlegen, warum Martha <strong><strong>de</strong>r</strong> Kursbesuch <strong>de</strong>nnoch etwas be<strong>de</strong>utet;<br />

• die Realisierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen Erwartungen diskutieren.<br />

Tobias: „Nur weil man nicht lesen und schreiben kann, ist man nicht blöd“<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können<br />

• diskutieren, was Selbstvertrauen ist und woher es kommt;<br />

• <strong>in</strong> Eigenreflexion und im Austausch mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensbereiche benennen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen<br />

Selbstvertrauen entwickelt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

29


Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

I<strong>de</strong>en für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz im Kurs<br />

E<strong>in</strong>zelne Interviews können geme<strong>in</strong>sam im Kurs gehört und entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen<br />

Zielsetzung ausgewertet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Interviewauszüge können dazu anregen, eigene Interviews mit unterschiedlichen thematischen<br />

Schwerpunkten zu führen. So kann beispielsweise e<strong>in</strong>e eigene Audio-CD <strong>in</strong> Partnero<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gruppenarbeit erstellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Mögliche Fragen an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer<br />

• „Wie wür<strong>de</strong>n Sie Tobias’ Lebense<strong>in</strong>stellung beschreiben?“<br />

• „Haben Sie I<strong>de</strong>en, woher Ines weitere Unterstützung erhalten kann?“<br />

• „Fallen Ihnen Bereiche e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sich durch <strong>de</strong>n Kursbesuch etwas verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t?“<br />

„Welche Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen könnten das se<strong>in</strong>?“<br />

• „Welches Thema eignet sich noch für e<strong>in</strong> Interview? Schreiben/Nehmen Sie das Interview<br />

auf.“<br />

30


Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

Schaubild „Partielles Out<strong>in</strong>g“<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>s Verbundprojekts „Verbleibsstudie“ (Teilprojekt „Akzeptanzstudie“) haben<br />

Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Dipl.-Päd. Franziska Bonna und Dipl.-Päd. Barbara Nienkemper<br />

e<strong>in</strong> Phänomen erforscht, das die Wissenschaftler<strong>in</strong>nen „partielles Out<strong>in</strong>g“ nennen.<br />

„Personen, die Schwierigkeiten mit <strong>de</strong>m Lesen und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schreiben haben, outen sich nicht<br />

zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt <strong>in</strong> ihrem Leben als funktionale Analphabet<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> Analphabet gegenüber<br />

allen Personen ihres sozialen Umfel<strong>de</strong>s, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie wählen begrün<strong>de</strong>t aus, gegenüber wem<br />

sie wie <strong>de</strong>tailliert ihrer Schwäche e<strong>in</strong>gestehen. Die Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Personen, die e<strong>in</strong>geweiht<br />

wer<strong>de</strong>n, kann sowohl bewusst als auch unbewusst getroffen wer<strong>de</strong>n. In je<strong>de</strong>m Fall gibt es<br />

e<strong>in</strong>e subjektiv vernünftige Begründung dafür, weshalb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Lebensbereich<br />

gegenüber e<strong>in</strong>er bestimmten Person die Schwierigkeiten thematisiert o<strong><strong>de</strong>r</strong> verheimlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Es kann allerd<strong>in</strong>gs auch passieren, dass es zu e<strong>in</strong>em unfreiwilligen Out<strong>in</strong>g kommt. Je nach<strong>de</strong>m,<br />

welche Konsequenzen diese Situation hat, wird das Han<strong>de</strong>ln <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er späteren, ähnlichen<br />

Situation entsprechend geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. (…)<br />

So etwa hat Frau Peters <strong>in</strong> <strong>de</strong>n familiären Bereichen Transparenz hergestellt und lebt mit<br />

<strong>de</strong>n Konsequenzen. Die Schule <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Graubereich, es gibt e<strong>in</strong>zelne E<strong>in</strong>geweihte.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen Arbeitsstelle hält sie ihre Schwächen aufgrund negativer Erfahrungen<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> vorherigen Arbeitsstelle geheim. Das Out<strong>in</strong>g kann aber auch Vorteile haben.<br />

Gegenüber <strong>de</strong>m Fallmanager <strong><strong>de</strong>r</strong> ARGE nämlich hält sich Frau Peters das Out<strong>in</strong>g noch offen<br />

(vgl. Schaubild ‚Partielles Out<strong>in</strong>g’).“<br />

Quelle:<br />

Nienkemper/Bonna (2010)<br />

31


Teil II: E<strong>in</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialien für die Arbeit im Kurs<br />

Partielles Out<strong>in</strong>g<br />

am Beispiel von Frau Peters (52 Jahre)*:<br />

„Me<strong>in</strong>e Schwiegermutter hat<br />

gesagt: ‚Du gehst jetzt zur<br />

Rechtschreibung? Dann bist<br />

du ja doof.‘ Die hat das aber<br />

nicht so geme<strong>in</strong>t, wie sie das<br />

gesagt hat.“<br />

„[…] me<strong>in</strong> Exmann weiß das.<br />

Und me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> wissen das,<br />

dass ich das nicht kann.“<br />

„Von me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />

Klassenlehrer<strong>in</strong>nen<br />

wissen es bei<strong>de</strong>, […].<br />

Wollte ich nur, wenn die<br />

mal Hausaufgaben<br />

haben, wo ich <strong>de</strong>nen<br />

nicht mithelfen kann[…].“<br />

„Wenn ich für<br />

e<strong>in</strong>en Euro arbeiten<br />

müsste, <strong>de</strong>nn stelle ich<br />

mich irgendwie blö<strong>de</strong> und<br />

sag: ‚Ich kann ja gar nicht<br />

lesen was da steht‘.“<br />

„Und da hatte ich<br />

e<strong>in</strong>en Kollegen, <strong><strong>de</strong>r</strong> hat das wohl<br />

spitz bekommen. […] Und dann<br />

haben sie gesagt: ‚Drüben, da ist<br />

jemand, die kann nicht<br />

richtig lesen‘.“<br />

„O<strong><strong>de</strong>r</strong> da, wo ich jetzt<br />

arbeite, das muss da ke<strong>in</strong>er<br />

wissen. Weil <strong>de</strong>nn heißt es<br />

auch: ‚Die ist ja blö<strong>de</strong> hier,<br />

die kann ja noch nicht<br />

e<strong>in</strong>mal richtig lesen und<br />

schreiben‘.“<br />

* Name und Stimme wur<strong>de</strong>n verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

= Die Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong>/und Schreibschwierigkeiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Lebensbereich bekannt.<br />

= Die Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong>/und Schreibschwierigkeiten s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>zelnen Personen bekannt.<br />

= Niemand <strong>in</strong> diesem Lebensbereich weiß von <strong>de</strong>n Schwierigkeiten.<br />

Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer können<br />

• <strong>de</strong>n Begriff „partielles Out<strong>in</strong>g“ kennenlernen;<br />

• erfahren, was hier „partiell“ be<strong>de</strong>utet - e<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g kann gegenüber e<strong>in</strong>zelnen Personen<br />

bzw. <strong>in</strong> bestimmten Lebensbereichen erfolgen, während das Lese- und Schreibproblem<br />

gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Personen bzw. <strong>in</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensbereichen weiter geheim<br />

gehalten wird;<br />

• erfahren, dass e<strong>in</strong> Out<strong>in</strong>g aus subjektiven Grün<strong>de</strong>n erfolgt, und über solche Grün<strong>de</strong><br />

diskutieren;<br />

• <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen Out<strong>in</strong>g und <strong><strong>de</strong>r</strong> Angst vor Ent<strong>de</strong>ckung diskutieren;<br />

• Vor- und Nachteile e<strong>in</strong>es Out<strong>in</strong>gs diskutieren.<br />

I<strong>de</strong>en für <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz im Kurs<br />

Das Schaubild kann als E<strong>in</strong>stieg gewählt wer<strong>de</strong>n, um <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Kursgesprächs Kenntnisse<br />

zum partiellen Out<strong>in</strong>g zu erwerben. Die Teilnehmen<strong>de</strong>n erf<strong>in</strong><strong>de</strong>n <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel-/Partnero<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gruppenarbeit e<strong>in</strong>e Lebensbiographie/ Geschichte zum partiellen Out<strong>in</strong>g.<br />

• Unbekannte Begriffe wie „partiell“ und „Out<strong>in</strong>g“ sollten erläutert wer<strong>de</strong>n.<br />

Mögliche Fragen an die Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer<br />

• „Was fällt Ihnen auf? Welche Be<strong>de</strong>utung haben die Kreise?“<br />

• „Welche Grün<strong>de</strong> nennt Frau Peters für das Offenlegen ihrer Lese- und Schreibprobleme,<br />

welche dagegen?“<br />

• „Fallen Ihnen weitere Grün<strong>de</strong> dafür e<strong>in</strong>, Lese- und Schreibprobleme geheim zu halten?“<br />

32


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34

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