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Game of Thrones - Das Urteil der Götter

RP-Projekt des Outpost 7. http://outpost7.de/forum/

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<strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong><br />

Taya<br />

Taya stand beinahe reglos im staubigen Sand und starrte auf das<br />

verschlossene Tor. Es war still um sie herum, eine Stille, fast so<br />

drückend wie die Hitze auf dem Platz im Burgh<strong>of</strong>. Es war Mittag<br />

und die Sonne brannte erbarmungslos hinab. Ser Richard Logan, ihr<br />

Hauptmann, <strong>der</strong> jüngst immerhin seinen 40. Namenstag feierte,<br />

wurde nicht müde zu erwähnen, dass er so einen heißen<br />

Spätsommer noch nie erlebt hatte.<br />

Kein Lüftchen war zu spüren und <strong>der</strong> Haushalt <strong>der</strong> jungen Lady litt<br />

unverkennbar. Taya selbst war in ein leichtes Seidengewand<br />

gekleidet und die Hitze machte ihr nicht so viel aus. “<strong>Das</strong> ist ihr<br />

dornisches Blut”, pflegte Septon William zu sagen, “fast so heiß wie<br />

das Blut des Drachen.”<br />

Zu ihrer Linken stand Rolfe Toolish, <strong>der</strong> Haush<strong>of</strong>meister von Silver<br />

Keep und zupfte sich wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong> am Kragen. An ihrer<br />

Rechten hatte sich wie fast immer Ser Ethan Cerdic aufgestellt.<br />

Schweiß rann ihm die Wangen hinab und Taya bedauerte ihn. Er<br />

musste in seiner Rüstung kochen.<br />

Dennoch hielt sie an ihrem Vorhaben fest. Der H<strong>of</strong>stab hatte<br />

anzutreten, wenn ein neues Mitglied des Hauses eintraf, auch wenn<br />

es kein Ritter, son<strong>der</strong>n ein Maester war. Und dieser selbst war so<br />

wichtig, dass Taya ihn nicht in <strong>der</strong> großen Halle vor sich bringen<br />

lassen wollte, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> Godwynns nach unter<br />

freiem Himmel, unter dem Antlitz <strong>der</strong> Sieben. Taya war sicher, dass<br />

in diesem Moment ein Großteil ihres H<strong>of</strong>stabes diese Tradition<br />

1


“Doch es scheint, ich bin noch rechtzeitig hier. Unser Gast hat es<br />

wohl auch nicht eilig, hier einzutreffen.”<br />

“Er ist kein Gast, Septon William, er ist <strong>der</strong> neue Maester des Hauses<br />

Godwynn, Gelehrter von Silver Keep.”<br />

Der Septon schnaufte und deutete auf einen Pagen. “He Junge, du<br />

da, bring mir einen Stuhl! Bevor ich in dieser Hitze noch zu Boden<br />

gehe!” Es dauerte eine Weile, bis <strong>der</strong> Page eine Sitzgelegenheit an<br />

geschleppt hatte, die den fetten Mann aushielt. Er wandte sich Taya<br />

erneut zu. “Ja ja, ein Maester. Ich verstehe nicht, w<strong>of</strong>ür Ihr einen<br />

benötigt, M’Lady. Ein Septon in Euren Diensten ist völlig<br />

ausreichend, <strong>der</strong> Großvater Eures verstorbenen Mannes, möge <strong>der</strong><br />

Fremde über ihn wachen, hatte auch nie einen Maester. Was soll er<br />

Euch schon nützen? Alles was Ihr braucht, ist die schützende Hand<br />

des Vaters, den Mut des Kriegers in <strong>der</strong> Schlacht und die Weisheit<br />

des alten Weibes.”<br />

Taya schlug zornig die Augen auf und sah ihn an. “Ein Maester ist<br />

Gelehrter in Geschichte, Wissenschaft und Medizin, nicht gerade<br />

Eure Paradedisziplinen, Septon. Und was ist mit den Raben? Seit<br />

Maester Lerans Tod kümmert sich niemand mehr um sie.”<br />

William Humble sah empört zu ihr auf. Taya war schlank, für eine<br />

Frau sehr groß und maß fast sechs Fuß. “Ich habe Lynda beauftragt,<br />

sich um sie zu kümmern, M’Lady.”<br />

“Lynda ist Stallmeisterin und kennt sich mit Pferden aus, nicht mit<br />

Raben.” Humble grinste. “Wo ist <strong>der</strong> Unterschied? Raben tragen<br />

Botschaften, Pferde tragen Boten.” Taya sah wie<strong>der</strong> auf das Tor und<br />

wünschte sich, <strong>der</strong> verdammte Maester würde endlich eintreffen. Sie<br />

hatte das Gespräch mit dem Septon satt und räusperte sich. “Seit<br />

Lynda sich um die Raben kümmert, sind vier auf ihrem Botenflug<br />

verschwunden, drei lagen tot neben ihren Käfigen und unsere<br />

Antwort auf die Einladung zu Lord Butterwells Turnier ist nie<br />

angekommen.”<br />

3


Der Haush<strong>of</strong>meister lehnte sich entschuldigend vor. “Also das mit<br />

den toten Raben... das waren die Hunde. Wie sie in den Turm<br />

gelangten und die Käfige öffnen konnten weiß ich auch nicht, aber<br />

meine Tochter war nicht daran schuld.”<br />

Der Septon wedelte vergebungvoll in seine Richtung und ließ sich<br />

von dem Pagen einen Krug Wein bringen. Er schien ein neues<br />

Thema gefunden zu haben, mit dem er einen Vorwurf formulieren<br />

konnte. Seine Augen klebten an ihren Brüsten und Taya errötete<br />

leicht.<br />

“M’Lady, wenn ich Euch so ansehe, erscheint mir eher, Ihr erwartet<br />

einen Freier und keinen Maester. Auch wenn Ihr an weiblichen<br />

Rundungen nicht son<strong>der</strong>lich viel zu bieten habt, dieser Hauch von<br />

Seide verhüllt selbst das nicht wirklich.” <strong>Das</strong> Blut schoss Taya ins<br />

Gesicht. Wenn dieser Septon nicht schon so alt und <strong>der</strong> Glaube nicht<br />

so verflucht tief in diesem Haus verankert wäre, hätte sie diese<br />

Plage von einem heiligen Mann schon längst zum Teufel gejagt.<br />

“Mir ist heiß und meine weiblichen Rundungen gehen Euch gar<br />

nichts an!”<br />

Septon William tat ihre Wut mit einem süffisanten Lächeln ab.<br />

“M’Lady, Ihr braucht nicht nur den Rat des Vaters, nein auch <strong>der</strong><br />

Mutter. Auf dass Sie Euch einen Mann schicke und Ihr endlich<br />

heiratet und einen Nachkommen zur Welt bringt. Ihr wisst, was<br />

davon abhängt.”<br />

Taya knirschte mit den Zähnen, sagte jedoch nichts mehr. Dieses<br />

Thema hing ihr von allen am meisten zum Halse raus. Alle waren<br />

nur darauf bedacht, dass sie schnellstmöglich gebettet wurde und<br />

einen Erben gebar, damit sie sicher in <strong>der</strong> Burg bleiben konnten und<br />

sich nicht das drohende Unheil <strong>der</strong> Lannister-Deklaration erfüllte.<br />

Sie, als einzige lebende Erbin des Hauses Godwynn, musste einen<br />

Mann ehelichen und von ihm einen männlichen Nachkommen zur<br />

4


Welt bringen. Gelang ihr das nicht, fiel <strong>der</strong> ganze Besitz ihren<br />

Lehnsherren zu.<br />

Natürlich wollte Taya das nicht. Zwar fühlte sie sich zum Teil immer<br />

noch wie eine Fremde, schließlich war sie in diesem Hause nicht<br />

geboren, son<strong>der</strong>n nur eingeheiratet worden, aber die Macht, die sie<br />

besaß... <strong>der</strong> Adel und das Rittertum, das Spiel <strong>der</strong> Throne... sie hatte<br />

Blut geleckt und wollte diese Macht behalten. Und am liebsten auch<br />

nicht teilen, mit einem Mann, <strong>der</strong> sie zu seiner Gattin degradieren<br />

und selbst die Herrschaft übernehmen würde. Nein, das musste<br />

wirklich nicht sein, sie war nicht im Geringsten an einer Heirat<br />

interessiert, son<strong>der</strong>n wollte Silver Keep für sich allein. Doch früher<br />

o<strong>der</strong> später musste es so kommen, eine Heirat und Kin<strong>der</strong>, vor allem<br />

ein Sohn, wenn sie nicht alles verlieren wollte.<br />

Taya seufzte leise. <strong>Das</strong> schlimmste an allem war <strong>der</strong> Druck, den sie<br />

in dieser Sache immer wie<strong>der</strong> zu spüren bekam. Je<strong>der</strong> dachte nur an<br />

sich, niemanden schien es zu interessieren, dass <strong>der</strong> ach so geliebte<br />

Ulmar, ein alter und knochiger Mann, <strong>der</strong> mindestens ihr Vater hätte<br />

sein können, ein kleines Mädchen aus ihrer Heimat entriss, in ein<br />

fernes Land brachte und am liebsten schon vor ihrer Blüte seinen<br />

harten Stängel in sie versenkt hätte.<br />

Stattdessen hatte <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Sieben an<strong>der</strong>es im Sinn gehabt und<br />

die Mutter sie beschützt. Eine Schlange biss Lord Ulmar, und er<br />

starb an ihrem Gift. Taya wurde von Maester, Septon und einer<br />

verrückten Tante großgezogen, alles Leute, die sich um sie<br />

kümmerten, aber niemand liebte sie wirklich. Und daher war Taya<br />

sich auch nicht sicher, ob sie selbst Liebe empfinden konnte. Seit 10<br />

Jahren lebte sie nun in diesem Haus, aber verliebt hatte sie sich noch<br />

nie. Wen sollte sie also heiraten?<br />

Wenn es nach ihrer ach so ehrwürdigen Tante Eleonore ging, war<br />

Tayas Cousin <strong>der</strong> Richtige. Da die Verwandtschaft nur auf dem<br />

Papier bestand, konnte man es natürlich auch nicht Inzest nennen,<br />

jedoch war <strong>der</strong> alte Septon von dieser Idee trotzdem nicht angetan,<br />

5


und dafür wenigstens war ihm Taya dankbar. Sie mochte Eirik nicht<br />

son<strong>der</strong>lich, er stand zu sehr unter dem Einfluss seiner Tante und<br />

Stiefmutter, und wenn sie ihm gegenüber überhaupt ein Gefühl<br />

entgegenbrachte, so war es Mitleid.<br />

Dann war da noch Ethan... Ser Ethan Cerdic, ihr Waffenmeister. Er<br />

war äußerst fähig, sah gut aus und seine Blicke verhießen eine<br />

Leidenschaft, die auf Taya Sand, nun Godwynn, deutlich abzielte. Es<br />

musste bei dem Ritter Liebe auf den ersten Blick gewesen sein,<br />

Taya erinnerte sich noch genau an den Tag, als sie ihm ihren Dank<br />

für seinen Mut aussprach. Er hatte geholfen, Banditen von ihrem<br />

Land zu vertreiben. Seine Augen glänzten, als Ethan ihr<br />

gegenüberstand und noch am selben Tag bat er um eine Anstellung<br />

am H<strong>of</strong>e <strong>der</strong> Godwynns. Und Taya gewährte sie ihm gern. Warum<br />

also nicht Ethan? Taya war sich sogar sicher, dass sie mit ihm an <strong>der</strong><br />

Seite die Zügel des Hauses weiterhin strikt in <strong>der</strong> Hand würde<br />

halten können, Ser Ethan war ihr verfallen und würde vermutlich<br />

ihren Wünschen zu Diensten sein.<br />

Allerdings geziemte es sich nicht unbedingt, einen Ritter aus dem<br />

eigenen Haushalt zu heiraten als Lady, und Maester Leran hatte<br />

einmal angedeutet, dass in so einem Fall die Lannisters Einspruch<br />

erheben und selbst jemanden aus ihrem Haus schicken könnten, den<br />

Taya würde heiraten müssen. Aber für das Bett wäre Ser Ethan<br />

sicher gut geeignet... Taya hatte sich schon <strong>of</strong>t vorgestellt, wie es sein<br />

würde, ihn zu lieben und hatte sich fest vorgenommen, eines Nachts<br />

den Waffenmeister zu sich zu holen. Allerdings befürchtete sie, dass<br />

sich seine Hingabe zu ihr noch weiter verstärken und er ihr vielleicht<br />

selbst einen Antrag machen würde.<br />

Und gute Alternativen gab es auch keine. Zumindest keine, die Taya<br />

würde in Betracht ziehen wollen. Der ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Lord wäre mit<br />

Sicherheit heiß auf die Höhle Godwynns, sowohl auf die voller<br />

Silber in den Bergen westlich von Silver Keep, wie auch auf die unter<br />

6


Tayas Gewand. Aber es waren meist alte, schlaffe Säcke o<strong>der</strong> ihre<br />

milchgesichtigen Söhne.<br />

Die wirklich GUTEN Freier schienen einen Bogen um sie zu<br />

machen. Und Schuld war ihr toter Gemahl. <strong>Das</strong> Geschwätz hatte sich<br />

im ganzen Westen herumgesprochen, Lord Ulmar hatte sich eine<br />

Schlange ins Bett geholt und war prompt an ihrem Gift gestorben.<br />

Eine Schlange aus Dorne, vielleicht sogar ein Abkömmling <strong>der</strong><br />

Roten Viper. Und Oberyn Martell war schließlich bekannt für den<br />

Einsatz von Giften. <strong>Das</strong> wollte anscheinend niemand riskieren außer<br />

denen, die es wirklich nötig hatten, und auf die konnte Taya<br />

verzichten. Dann lieber alleine bleiben und nicht heiraten, und sollte<br />

nach Tayas Tod das Haus von den Lannisters annektiert werden -<br />

was sollte es sie dann noch kümmern?<br />

Ihre Gedanken wurden abgelenkt, als ein junger Bursche von 15<br />

Jahren von hinten an die Wartenden herantrat. Es war Pebbleface,<br />

eigentlich hieß er Tyrben und war ein Stallbursche, <strong>der</strong> aber<br />

überwiegend dem Septon zur Hand ging. Taya hatte sich schon<br />

mehrmals gefragt, was für Gefälligkeiten Pebbleface, <strong>der</strong> so wegen<br />

seiner schlimmen Akne genannt wurde, dem Septon noch<br />

zukommen lies. Diesmal waren es allerdings mehrere Schriftstücke,<br />

die er dem fetten heiligen Mann überreichte und einige geflüsterte<br />

Worte. Taya versuchte etwas zu verstehen, doch die Stille wurde nun<br />

durch das Öffnen <strong>der</strong> Burgtore unterbrochen. Die Wachen zogen das<br />

schwere Eisengatter nach oben und ein Mann auf einem Zelter ritt<br />

hinein. Hinter ihm trabte ein Packesel, <strong>der</strong> sein Hab und Gut zu<br />

tragen schien. Er selbst trug eine helle staubige Robe und seine<br />

selbst geschmiedete Kette blitzte in <strong>der</strong> glühenden Mittagssonne.<br />

Viele Gedanken schossen dem Fremden durch den Kopf während er<br />

langsam durchs Tor ritt, ein Großteil befasste sich damit, was er<br />

bisher von den Län<strong>der</strong>eien und <strong>der</strong> Burg gesehen hatte. Jetzt jedoch<br />

bot sich ihm ein Anblick <strong>der</strong> interessanter war und s<strong>of</strong>ort seine<br />

7


Gedanken auf sich zog. Noch während er langsam durch das Tor in<br />

den Burgh<strong>of</strong> ritt, warf er einen ersten Blick in die Runde. Es<br />

herrschte trotz <strong>der</strong> großen Mittagshitze ein geschäftiges Treiben im<br />

H<strong>of</strong> und zu seiner Überraschung schienen schon mehrere Personen<br />

auf ihn zu warten.<br />

Er sah eine ältere Frau auf einem Stuhl die sich Luft zu fächern ließ,<br />

ein dicker Mann <strong>der</strong> in seiner Gewandung nur <strong>der</strong> ansässige Septon<br />

sein konnte und dessen verächtlicher Blick ganz klar sagte, was er<br />

davon hielt, dass ein Maester sich in Zukunft einmischen würde.<br />

Dazu noch ein Mann in normaler Kleidung vielleicht <strong>der</strong><br />

Haush<strong>of</strong>meister und 2 Soldaten in voller Montur.<br />

Einer <strong>der</strong> Vorteile, dass ich Maester wurde und nicht Soldat, ich<br />

brauche wenigstens in <strong>der</strong> Hitze nicht in glühendem Metall stecken,<br />

dachte er sich noch, als sein Blick auf <strong>der</strong> jungen Frau verharrte die<br />

zwischen den Soldaten stand, anscheinend mit dem Septon redete<br />

und dabei nicht sehr glücklich aussah.<br />

Septon William, <strong>der</strong> sich die Papiere von Pebbleface unter den Arm<br />

geklemmt hatte, hob eine Hand zum Schutz vor <strong>der</strong> Sonne über die<br />

Augen und schnaufte verächtlich. “Was... das kann doch nicht <strong>der</strong><br />

Maester sein, dieser Bursche ist ja noch fast ein Kind!” Taya lächelte<br />

zufrieden. Sie hatte es satt sich von alten Säcken und Schabracken<br />

beraten zu lassen. “Ich habe in Oldtown extra um einen jungen<br />

Maester gebeten, Septon.” Humble schüttelte nachdrücklich den<br />

Kopf. “<strong>Das</strong> alte Weib hat diesen da noch nicht mal mit ihrem<br />

Hintern geküsst, um ihm Weisheit zu geben, wenn Ihr versteht, was<br />

ich meine, M’Lady. Was soll er Euch lehren, wie soll er Euch<br />

beraten?” Sein rechter Arm schien ebenso etwas in Mitleidenschaft<br />

geraten zu sein. “Und ein Krüppel ist er wohl auch!" Taya warf dem<br />

Septon einen giftigen Blick zu und trat auf den jungen Mann zu,<br />

während das Burgtor wie<strong>der</strong> geschlossen wurde. Sowohl Ethan, wie<br />

auch Ser Logan waren unvermittelt an ihrer Seite, als sie den jungen<br />

Mann willkommen hieß.<br />

8


Vielleicht eine Bedienstete von Lady Godwynn war sein erster<br />

Gedanke, aber als <strong>der</strong> Neuankömmling sah wie die junge Frau mit<br />

dem Septon sprach, wie sie gekleidet war und wie die Blicke <strong>der</strong><br />

Soldaten immer wie<strong>der</strong> zu ihr wan<strong>der</strong>ten, als würden sie auf eine<br />

Reaktion von ihr warten, war ihm klar, dass könnte nur Lady<br />

Godwynn selber sein. Sie wandte sich ihm zu und ihr<br />

Gesichtsausdruck verwandelte sich in Neugier und auch etwas wie<br />

Triumph? Vermutlich hatte ihre Bitte um einen Maester, und gerade<br />

einen jungen, erheblichen Wi<strong>der</strong>stand verursacht. Es amüsierte ihn<br />

zu sehen, dass sie anscheinend zur Überraschung ihrer Soldaten<br />

schnurstracks auf ihn zuging. Dies war eines <strong>der</strong> sichersten Zeichen<br />

ihrer Jugend, normalerweise wurde er in einem Saal o<strong>der</strong> ähnliches<br />

empfangen, meist gut flankiert von Soldaten in einer Mischung aus<br />

Eitelkeit und Furcht, die so viele <strong>der</strong> Burgherren beherrschte.<br />

Sein erste Blick hatte auch in einer weiteren Hinsicht nicht getrübt,<br />

sie war nicht nur jung, son<strong>der</strong>n auch gut gewachsen und schön<br />

anzusehen, er machte sich direkt im Kopf eine Notiz genauer zu<br />

hinterfragen wie es um ihre Heiratsabsichten stünde, es würde nicht<br />

schwer fallen einen vorteilhaften Ehemann für sie zu finden o<strong>der</strong><br />

zumindest aus <strong>der</strong> Möglichkeit einen Nutzen ziehen zu können.<br />

Er ging ihr entgegen und ihre Blicke trafen sich kurz, bevor er sich<br />

verbeugte und ihr eine Schriftrolle mit dem Siegel <strong>der</strong> Maestergilde<br />

hinhielt. "Lady Godwynn mein Name ist Maester Cwelborn und mir<br />

wurde die Ehre zuteil, dass die Zitadelle mich an Burg Silver Keep<br />

entsandt hat um euch, den euren und euren Nachfahrenmit all dem<br />

Wissen und Fähigkeiten unserer Gilde zur Seite zu stehen. Dieses<br />

Schreiben enthält meine <strong>of</strong>fizielle Entsendung an Burg Silver Keep<br />

und wenn ihr sie und damit mich annehmt, stehe ich euch mit allem<br />

was ich weiß und bin zur Verfügung." Er schaffte es aber nicht ganz<br />

9


zu vermeiden, dass seine Worte wie die vorgefertigte Formulierung<br />

klangen, die sie natürlich war.<br />

Taya lächelte, warf einen kurzen Blick in das Schreiben und reichte<br />

es ohne son<strong>der</strong>liches Interesse an Ser Richard Logan weiter, <strong>der</strong> sich<br />

damit genauer zu beschäftigen schien. Sie deutete einen Knicks an.<br />

“Ich heiße Euch herzlich willkommen, Maester Cwelborn. Gerne<br />

nehme ich Eure Dienste in Anspruch. Mein Name ist Lady Taya aus<br />

dem Hause Godwynn, und seit mein Gemahl vor 10 Jahren verstarb,<br />

obliegt mir <strong>der</strong> Vorsitz von Silver Keep. Ihr werdet die Nachfolge von<br />

Maester Leran antreten, wie man Euch in Oldtown sicher schon<br />

berichtet hat. Ich h<strong>of</strong>fe, Ihr hattet eine angenehme Reise von dort,<br />

trotz des heißen Spätsommers.” Taya wandte sich um und deutete<br />

nacheinan<strong>der</strong> auf die versammelten Personen im Burgh<strong>of</strong>.<br />

“Hier neben mir stehen Ser Ethan Cerdic, mein Waffenmeister und<br />

Ser Richard Logan, Hauptmann <strong>der</strong> Garde von Silver Keep. Dort<br />

drüben sitzt meine ehrenwerte Tante Eleonore Godwynn mit ihrem<br />

Ziehsohn und Neffen Eirik. Und das dort sind Septon William,<br />

Haush<strong>of</strong>meister Rolfe Toolish und seine Tochter Lynda, die<br />

Stallmeisterin. Die an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> des Haush<strong>of</strong>es werdet Ihr<br />

sicher nach und nach kennenlernen.”<br />

Maester Cwelborn lächelte verbindlich. "Danke für euer freundliches<br />

Willkommen, ich h<strong>of</strong>fe ihr könnt mir einen Stallburschen leihen, <strong>der</strong><br />

mir beim Gepäck hilft. Wie ihr sicherlich schon bemerkt habt, ist<br />

mein Arm nicht ganz was er sein sollte. Ansonsten möchte ich mich<br />

gern direkt mit meinen Aufgaben vertraut machen, natürlich nur<br />

wenn nichts Beson<strong>der</strong>es gerade ansteht und ihr nicht meine<br />

Gesellschaft wünscht. Nach einem Rundgang durch die Burg, dem<br />

Bekanntmachen mit den hiesigen Anwohnern und einer genauen<br />

Inspektion <strong>der</strong> Raben und <strong>der</strong> Vorräte, würde ich dann gerne heute<br />

Abend mit euch Rücksprache halten was eure Pläne und Wünsche<br />

10


sind und wie ich dazu beitragen kann sie zu verwirklichen.” Septon<br />

William schnaufte übertrieben und auch Rolfe Toolish sah einen<br />

Moment irritiert aus.<br />

Taya starrte den jungen Gelehrten einige Sekunden an, dann aber<br />

lachte sie auf. “Mein Lieber Maester, so viel Tatendrang, und das<br />

nach einer langen Reise in dieser Hitze. Vielleicht solltet Ihr Euch<br />

erst einmal an einem Getränk erfrischen, Ihr werdet noch genug Zeit<br />

haben, Eure Aufgaben auszuloten. Allerdings gebe ich Euch Recht,<br />

die Raben... also das ist ein Problem, dem Ihr Euch schon bald<br />

widmen solltet. Was haltet Ihr davon, wenn wir uns zuerst in die<br />

große Halle begeben und eine Erfrischung zu uns nehmen, Holly<br />

hat auch etwas Obst auftischen lassen. Danach wäre es mir eine<br />

willkommene Abwechslung, Euch durch Silver Keep zu führen.”<br />

Bevor Cwelborn darauf etwas erwi<strong>der</strong>n konnte, zog sie ihn schon<br />

mit sich in Richtung des großen Eingangstores. “Pebbleface, bring<br />

die persönlichen Dinge des Maesters in seinen Turm.”<br />

Die kleine Ansammlung von Leuten begann sich aufzulösen. Lynda<br />

ging wie<strong>der</strong> an ihre Arbeit und Logan schien froh zu sein, aus <strong>der</strong><br />

Sonne rauszukommen. Die ehrenwerte Eleonore sah aus, als ob sie<br />

in eine Zitrone gebissen hätte und beeilte sich, Taya in die Halle zu<br />

folgen, während Ethan den jungen Maester etwas misstrauisch<br />

beäugte. Rolfe Toolish begleitete die beiden in die Halle. Nur <strong>der</strong><br />

Septon schien einen Weg gefunden haben, sich in den Vor<strong>der</strong>grund<br />

zu drängen, was bei seiner Körperfülle auch nicht son<strong>der</strong>lich<br />

schwierig war. Er trat auf Taya und Cwelborn zu. "Verzeiht, M’Lady,<br />

aber es gibt Dinge zu besprechen, die wichtiger sind, als diesen<br />

jungen Mann hier durch das Anwesen zu geleiten.” Taya funkelte<br />

den dicken Septon an. <strong>Das</strong> tut er nur, um mir den Spaß zu<br />

vermiesen. “Ist dem so, Septon William? Und was könnten das für<br />

Dinge wohl sein?”<br />

11


Der geistliche wedelte mit den Schriftrollen, die Pebbleface ihm<br />

zuvor gebracht hatte. “Dinge, die das Haus Godwynn betreffen und<br />

in kleinem Kreise besprochen werden sollten. Der Bursche hat sie<br />

beim sortieren <strong>der</strong> Hausschriften in <strong>der</strong> Septe entdeckt, und da ich<br />

ihm ja den Sieben sei Dank das Lesen beibrachte, hielt er sie für<br />

wichtig genug, um sie mir zu zeigen. Ein schlauer Bursche ist er. Wir<br />

sollten uns dringlichst zurückziehen und das besprechen.”<br />

Taya seufzte und ihre Tante kam mit wichtigtuerischem<br />

Gesichtsausdruck auch schon angelaufen. Am liebsten hätte sie<br />

dieses alberne Gespräch auf später vertagt, aber sie wollte nicht<br />

riskieren, dass sich Eleonore mal wie<strong>der</strong> in irgendwelche Dinge<br />

einmischte, ohne das Taya etwas davon wusste. “Also schön, Septon,<br />

wenn es denn wirklich so wichtig ist. Wir werden uns trotzdem in<br />

die große Halle setzen und die Erfrischungen zu uns nehmen, dabei<br />

könnt Ihr berichten, was <strong>der</strong> Stalljunge gefunden hat. Und wenn es<br />

um Dinge geht, die das Haus Godwynn betreffen, wünsche ich, dass<br />

auch Ethan und Ser Richard, ebenso wie <strong>der</strong> Haush<strong>of</strong>meister mit<br />

anwesend sind. Und da Maester Cwelborn hier ist um mich zu<br />

beraten, darf er natürlich auch nicht fehlen...” Sie zögerte einen<br />

Moment. “... ebenso wenig wie meine ehrenwerte Tante.” Eirik<br />

brauchte sie nicht extra zu erwähnen, wo Eleonore hinging, folgte<br />

auch ihr Neffe. Septon William schien zuerst protestieren zu wollen,<br />

gab aber, als er Tayas entschlossenen Gesichtsausdruck sah, klein<br />

bei. “Wie Ihr wünscht, M’Lady."<br />

12


William<br />

Sie betraten die große Halle. Sie war nicht so festlich geschmückt<br />

wie in manch an<strong>der</strong>en Häusern (Lord Butterwell hatte sogar<br />

myrische Teppiche an den Wänden, wie Taya von einem Besuch vor<br />

zwei Jahren wusste), jedoch war sie sehr geräumig, so dass einige<br />

hun<strong>der</strong>t Personen in ihr Platz fanden. Am hinteren Ende war ein<br />

kleiner Tisch mit Getränken und Speisen gedeckt, den die Köchin<br />

hatte vorbereiten lassen. Die acht Personen ließen sich nie<strong>der</strong>, wobei<br />

Eleonore traditionell an Tayas rechter Seite saß, neben ihr folgte<br />

sogleich Eirik und Rolfe Toolish. Zu ihrer Linken hatten <strong>der</strong><br />

Hauptmann, ihr Waffenmeister und Cwelborn Platz genommen,<br />

Septon William setzte sich auf einen Stuhl ihr direkt gegenüber.<br />

Nachdem die Anwesenden eine Weile die Getränke und Speisen<br />

genossen hatten, wandte sich Taya dem Septon zu. “Nun, Septon,<br />

berichtet von dem so wichtigen Fund des Burschen. Wir alle sind<br />

gespannt davon zu hören.<br />

William Humble räusperte sich wichtigtuerisch und entbreitete die<br />

Papiere, die er mitgebracht hatte. “Die Dokumente müssen fast<br />

einhun<strong>der</strong>t Jahre alt sein, dem Inhalt nach. Sie wurden verfasst von<br />

Septon Dareon, <strong>der</strong> damals auf Silver Keep diente. Er beschrieb<br />

darin ein eindeutiges Unrecht, welches dem Hause Godwynn<br />

angetan wurde. Dabei geht es um den jüngeren Bru<strong>der</strong> vom heiligen<br />

Lord Tobias Godwynn, sein Name war Stephan. Von Geburt an sehr<br />

schmächtig und kleinwüchsig, war das Interesse <strong>der</strong> Damen an ihm<br />

bedauerlicherweise gering. Deshalb wurde eine Vereinbarung mit<br />

einem Ritter getr<strong>of</strong>fen, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Blackfyre-Rebellion zu Land<br />

gekommen war und eine Burg zugesprochen bekam. Ein gewisser...”<br />

Humble blätterte in den Papieren. “... Ser Wynard.”<br />

13


Taya glaubte den Namen schon gehört zu haben, aber die nie<strong>der</strong>en<br />

Ritterhäuser und die Heraldik an sich interessierten sie nie<br />

son<strong>der</strong>lich. Dafür hatte sie ihre viel zu vielen Berater, die sich umso<br />

besser auskannten. Und tatsächliche horchte Rolfe Toolish s<strong>of</strong>ort<br />

auf. “Etwa DER Ser Wynard von Wynard’s Hold, dem Sitz des<br />

Hauses Calestris?” Humble nickte. “Genau <strong>der</strong>. Ser Wynard<br />

Calestris.”<br />

Taya trank einen Schluck Wein. “Muss man die kennen?” Ser<br />

Richard beugte sich ein Stück vor. “<strong>Das</strong> Haus Calestris liegt<br />

nordöstlich in unmittelbarer Nachbarschaft zu uns, Mylady. Sie sind<br />

dem Haus Tully verpflichtet und besitzen eine florierende<br />

Eisenmine.” Septon William nickte. “Damals allerdings war es noch<br />

nicht so gut um sie bestellt. Die Mine war noch nicht erschlossen<br />

und laut Aufzeichnungen des guten Dareon war Ser Wynard arm wie<br />

ein Straßenköter und seine Burg verfallen. Daher kam es auch zu<br />

dieser Vereinbarung.” Humble blätterte erneut. “<strong>Das</strong> einzige, was Ser<br />

Wynard im Angebot hatte, war seine hübsche, aber eigenwillige<br />

Tochter Amelia. Sie sollte Stephan Godwynn heiraten. Ser Wynard<br />

willigte ein und erhielt im Gegenzug... als Mitgift zur Verlobung<br />

sozusagen... äh, 3000 Golddrachen.”<br />

Der Haush<strong>of</strong>meister pfiff durch die Zähne und einen Moment lang<br />

herrsche Schweigen. Taya verließ langsam die Geduld. “Eine Menge<br />

Geld für einen armen Ritter für seine Tochter. Ich verstehe dennoch<br />

nicht, was daran nun für uns so wichtig sein soll.” Der Septon hob<br />

beschwichtigend die Hand. “Jetzt kommt es, M’Lady. Trotz des<br />

gezahlten Geldes wurden die beiden nie vor dem Antlitz <strong>der</strong> Sieben<br />

getraut. Im Gegenteil. Laut Septon Dareon erwischte Lord Stephan<br />

eines Tages seine versprochene Frau nach <strong>der</strong> Verlobung im Bett<br />

eines an<strong>der</strong>en... sogar eines nie<strong>der</strong>en Mannes. Ein Schmied namens<br />

Thorge Crest. Sie begingen... Ehebruch, o<strong>der</strong> wie man es nennen<br />

mag.” Humble räusperte sich geräuschvoll. “Natürlich wurde die<br />

14


Verlobung s<strong>of</strong>ort annulliert,, doch das gezahlte Gold hatte <strong>der</strong> Ritter<br />

schon ausgegeben um Arbeiter <strong>der</strong> Feste zu bezahlen und diese<br />

Schuld wurde nach meinen Erkenntnissen bis heute nie beglichen!”<br />

Septon William schnaufte, wischte sich die Stirn mit einem<br />

schmutzigen Ärmel ab und trank einen großen Schluck Wein. Taya<br />

dachte über seine Worte nach. “Gebt mir mal die Dokumente,<br />

Septon, ich will das selbst lesen.”<br />

Während Taya die Papiere überflog, setzten leise und zum Teil<br />

empörte Gespräche ein. Schließlich erhob sich die junge Lady und<br />

gebot allen mit einer Geste zu schweigen. “Es scheint mir, es steht<br />

hier alles so, wie Ihr es beschrieben habt, Septon. Ihr meint also, das<br />

Haus Godwynn hätte auch nach so langer Zeit noch Anspruch auf<br />

das Geld und wir könnten es uns... von den Calestris’ zurückholen?”<br />

Sie sah zweifelnd in die Runde. “Nun, ehrenwerte Tante, meine<br />

Herren... Ihr seid alle hier, um mich zu beraten. Wie sieht Euer Rat<br />

nun aus? Was sollten wir Eurer Meinung nach in dieser Sache tun?”<br />

„Mylady, mit Verlaub möchte ich gerne meine Meinung dazu<br />

äußern.“ Lady Taya nickte höflich und signalisierte Ihrem<br />

Hauptmann damit, dass sie einverstanden war.<br />

„Ich musst ja nicht erwähnen, dass uns dieser Brief sehr gelegen<br />

kommt.“ Es gab einiges Kopfnicken und großes Gemurmel in <strong>der</strong><br />

Runde, welches augenblicklich wie<strong>der</strong> verstummte, als Logan<br />

fortfuhr. „Wir können die 3000 Golddrachen gut gebrauchen“, er<br />

schielte zu Haush<strong>of</strong>meister Rolfe Toolish herüber und Dieser<br />

stimmte ihm vehement zu.<br />

Ser Richard Logan erhob sich und winkte seinem Knappen Brack<br />

Brownbell zu, <strong>der</strong> am an<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Halle und außer Hörweite<br />

bereitstand. Dieser kam s<strong>of</strong>ort angerannt und stellte sich neben den<br />

Hauptmann. „Brack, Bitte gib mir aus deiner Tasche die Karte von<br />

Westeros.“<br />

15


Der Knappe gehorchte, griff in seine Tasche, nahm ein großes<br />

Pergament hervor und gab dies seinem Herren. Logan nahm das<br />

Pergament in die Hand und rollte es auf dem Tisch vor den<br />

An<strong>der</strong>en aus. Er zog seinen Dolch, welcher am Gürtel befestigt war,<br />

hervor und legte diesen auf die obere Seite des Pergaments. Danach<br />

nahm er seinen Weinbecher, <strong>der</strong> auf dem Tisch stand, und legte<br />

diesen auf die untere Seite, damit das Pergament sich nicht wie<strong>der</strong><br />

zu rollte.<br />

„Hier liegt Wynard's Hold,” sagte er und zeigte auf die Stelle auf <strong>der</strong><br />

Karte. „Es liegt auf einer kleinen Anhöhe direkt am Tumblestone,<br />

westlich von Riverrun und nördlich von uns. Die Stadt liegt auf<br />

<strong>of</strong>fenem Feld, und im Süden gibt es nahezu keine Wäl<strong>der</strong>. Was<br />

erschwerend hinzukommt ist die Tatsache, dass Wynard’s Hold auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Tumblestone liegt, wir müssten zwangsläufig<br />

die Brücke weiter westlich nehmen, das sind ungefähr 12 Meilen und<br />

würde unsere Truppen etwa einen Tag kosten. Dies würde das<br />

Risiko entdeckt zu werden erheblich erhöhen.“<br />

„Unsere Truppen?“ fragte Haush<strong>of</strong>meister Toolish ungläubig „Ihr<br />

plant doch nicht etwa militärisch gegen das Haus Calestris<br />

vorzugehen?“ Der Hauptmann hob seinen Blick und sah den<br />

Haush<strong>of</strong>meister verärgert an. „Nein das plane ich nicht. Ich ziehe es<br />

lediglich in Erwägung. Die Entscheidung und <strong>der</strong> Oberbefehl, liegt<br />

selbstverständlich bei Lady Taya. Doch sagt mir eins<br />

Haush<strong>of</strong>meister, wie wollt Ihr denn an die 3000 Golddrachen<br />

gelangen? Etwa mit unnützem Geschwätz?“ Rolfe Toolish lief rot an,<br />

er wollte etwas entgegnen, stammelte kurz etwas vor sich hin und<br />

hielt es scheinbar für weise, nichts weiter zu sagen. „Dachte ich's mir<br />

doch“ entgegnete <strong>der</strong> erfahrene Veteran.<br />

„Verzeiht mir Mylady,“ sagte er zu Lady Taya gerichtet und fuhr fort.<br />

„Nun, ich würde von einer militärische Konfrontation vorerst abraten<br />

Mylady. Nicht, dass unsere Truppen es nicht mit ihnen aufnehmen<br />

16


könnten. Wir haben mehr Fußtruppen und im Bedarfsfall sicherlich<br />

mehr finanzielle Mittel um Söldner anzuheuern, doch das Haus<br />

Calestris ist bekannt für ihre guten Bogenschützen und bevor wir<br />

überhaupt die Mauern von Wynard’s Hold erreichen würden, hätten<br />

wir schon viele gute Männer verloren. Wenn wir direkt angreifen,<br />

müssten wir mit einem zu großen Verlust rechnen, welche die 3000<br />

Golddrachen langfristig vielleicht überwiegen. Aus diesem Grund<br />

würde ich eine militärische Aktion als letzten Ausweg in Betracht<br />

ziehen Mylady.“ Ser Richard Logan setzte sich wie<strong>der</strong> an seinen<br />

Platz und wies seinem Knappen an das Pergament wie<strong>der</strong><br />

einzurollen.<br />

Lady Taya ließ sich das Gesagte durch den Kopf gehen und<br />

bedankte sich für die Offenheit ihres Hauptmannes. „Weitere<br />

Vorschläge?“<br />

Die ehrenwerte Elenore kochte bereits innerlich vor Wut, wusste<br />

doch je<strong>der</strong>, dass es bei Angelegenheiten welche die Calestris<br />

betreffen, ganz nach ihrem Wort zu gehen hat. Wozu sonst trug sie<br />

nach all den Jahren seit dem Tod ihres von den Calestris<br />

verkrüppelten Ehemannes Trauerkleidung, wenn nicht, um jeden<br />

daran zu erinnern, wer am meisten unter den Schandtaten <strong>der</strong><br />

Nachbarn <strong>der</strong> Godwynns gelitten hatte. <strong>Das</strong>s die Calestris letztlich<br />

überhaupt nicht mit dem Tod von Perrin Godwynn zu tun hatten,<br />

war nach Elenores Meinung nur ein unwichtiges Detail.<br />

Als also Ser Richard Logen seine Ausführungen beendet hatte,<br />

ergriff die ehrenwerte Elenore schnell die Initiative, ehe sich <strong>der</strong><br />

nächste Emporkömmling am Tisch melden konnte. Mit <strong>der</strong><br />

Andeutung einer herrischen Geste hob Elenore ihre linke Hand<br />

leicht an, drehte dabei die Handfläche nach oben und erwartete,<br />

dass Lady Taya ihr umgehend das Schriftstück aushändigte, aus dem<br />

Septon William zuvor gelesen hatte. Zu Elenores Unglück nahm<br />

17


zwar die versammelte Runde die Geste wahr, wussten damit aber<br />

nichts anzufangen und schauten Elenore nur erwartungsvoll an.<br />

Mit einem lauten Schnaufen beugte Elenore nach vorne und griff<br />

sich das Papier, dass Taya vor sich auf den Tisch abgelegt hatte.<br />

Lei<strong>der</strong> hatte das fortgeschrittene Alter auch bei Elenore seine Spuren<br />

hinterlassen; sie litt zunehmend an Weitsichtigkeit und brauchte<br />

deshalb eine Weile, um festzustellen, dass sie das Schriftstück auf<br />

den Kopf gestellt vor sich hielt. Aber auch, als sie das Papier hastig<br />

drehte, hatte sie viel zu viel Mühe, um auch mit angestrengt<br />

zusammen gekniffenen Augen die Zeilen zu lesen und gab<br />

schließlich genervt das Papier an Eirik, ihrem Stiefsohn, <strong>der</strong> zu ihrer<br />

Rechten saß, weiter.<br />

Nun tat sich aber auch Eirik schwer, den Text zu lesen. Sicherlich<br />

konnte Eirik lesen, doch war er es gewohnt, stets vorgelesen zu<br />

bekommen und auch die Tatsache, dass die Schrift auf Grund des<br />

Alters des Schriftstücks an einigen Stellen verblasst war, half ihm<br />

sicher nicht weiter. Kurz, Eirik saß also genauso wie seine<br />

Stiefmutter eine Weile mit angestrengt zusammen gekniffenen<br />

Augen vor dem Papier um dann schließlich mit lauter Stimme<br />

festzustellen: „Es ist genauso, wie <strong>der</strong> Septon sagt“ und ignorierte<br />

damit vollständig, dass Lady Taya eben genau dies vor einigen<br />

Minuten selbst verkündet hatte.<br />

Da nun alle Blicke auf Eirik gerichtet waren, fühlte sich dieser<br />

ermutigt, seine Gedanken zu den 3000 Golddrachen vorzutragen.<br />

Also stand er auf und sprach. „Ich stimme Ser Richard zu, unsere<br />

Truppen sind noch nicht so weit, um Wynard´s Hold zu nehmen und<br />

ich glaube nicht, dass man einfach ein Dokument präsentieren kann,<br />

das hun<strong>der</strong>t Jahre unentdeckt war, um darauf fußend irgendwelche<br />

Ansprüche geltend zu machen.“<br />

Elenore wurde bei dem, was sie von Eirik hörte, sichtlich nervös und<br />

wollte fast schon eingreifen, doch Eirik fuhr fort. „Allerdings kann<br />

18


man sich mit <strong>der</strong> Zeit an Dinge gewöhnen,“ sagte er mit<br />

bedeutungsvoller Betonung. Und mit <strong>der</strong> Zeit werden die Dinge<br />

wahr.“ Elenore hielt sich die rechte Hand vor die Stirn und fragte<br />

sich, ob ihr Stiefsohn ein vollkommener Idiot sei, dass er nicht<br />

bedachte, dass ihre und seine Existenz am H<strong>of</strong>e <strong>der</strong> Godwynns auf<br />

eben solchen Dokumenten beruhte. Doch dann konnte sie sich ein<br />

leichtes Grinsen nicht verkneifen, als sie erkannte, worauf Eirik<br />

hinaus wollte und genauso kam es auch.<br />

„Verbreitet die Nachricht über unseren Anspruch im Volke, schwärzt<br />

die Calestris an und bald schon wird es keine Rolle mehr spielen, ob<br />

die Dokumente Wert haben o<strong>der</strong> nicht. Viel wichtiger, wissend, dass<br />

die Calestris uns eine beträchtliche Summe schulden und wir die<br />

Stärke besitzen, diesen Anspruch gelten zu machen, werden sich<br />

sämtliche Investoren und Gönner <strong>der</strong> Calestris zurück ziehen und<br />

Wynard´s Hold wird langsam ausbluten. Am Ende wird ihnen nichts<br />

übrig bleiben, als uns die 3000 Golddrachen zu zahlen o<strong>der</strong> sie<br />

werden so geschwächt sein, dass sie sich gegen unsere Truppen<br />

nicht mehr verteidigen können.“<br />

Eirik setzte sich wie<strong>der</strong> und erwartete breite Zustimmung. Elenore,<br />

die <strong>der</strong> Einschätzung ihres Stiefsohns zustimmte, überlegte weiter.<br />

Wenn <strong>der</strong> Anspruch auf die 3000 Golddrachen erst einmal etabliert<br />

war, würde sich je<strong>der</strong> fragen, warum Lady Taya nichts unternommen<br />

hat, um den Anspruch gelten zu machen. Man würde erkennen, dass<br />

sie alleine zu schwach sei, um das Haus zu führen und in diesen<br />

Moment würde sich Eirik helfend an ihrer Seite stellen. Elenore<br />

schaute sich in <strong>der</strong> Runde um. Der Septon hatte sich gegen eine<br />

militärische Reaktion ausgesprochen in dem Moment, als Ser<br />

Richard diese Option theoretisch erörterte, selbst aber im gleichen<br />

Zuge ebenfalls abgelehnt hatte. Mit Eiriks und ihrer Stimme würden<br />

also schon mal vier <strong>der</strong> Berater den Plan von Eirik unterstützen. Sie<br />

war gespannt, wie sich die übrigen Berater entscheiden würden.<br />

19


Während die an<strong>der</strong>en Anwesenden lebhaft diskutierten, beschränkte<br />

sich Ser Ethan Cerdic vorerst darauf, zuzuhören. Er musste bei<br />

seinem Vater schon seit seinen ersten Gehversuchen bei solchen<br />

Sitzungen teilnehmen und hatte sie gehasst. Als Erbe des Hauses<br />

Cerdic musste er lernen, mit den Ratsmitglie<strong>der</strong>n zu Recht zu<br />

kommen, was anfangs auch nicht schwer war. Als er jedoch älter<br />

wurde begriff er langsam, dass es jedem nur um das eigene<br />

Interesse ging und sich nur sein Vater darum kümmerte, was für das<br />

Haus am besten war.<br />

Er saß zurückgelehnt mit einem Becher Wein in <strong>der</strong> Hand auf<br />

seinem Platz und beobachtete die Reaktionen <strong>der</strong> Anwesenden ganz<br />

genau, während er auf eine passende Gelegenheit wartete. Diese<br />

ergab sich, nachdem Eirik seinen Vorschlag präsentierte, welcher<br />

seiner Mutter, <strong>der</strong> ehrenwerten Elenore, äußerst dienlich erschien.<br />

“Mylady,” begann Ethan und erhob sich langsam von seinem Platz.<br />

“Es steht außer Frage, dass wir die 3000 Golddrachen gut<br />

gebrauchen könnten. Der Anspruch scheint legitim zu sein, wobei<br />

ich auch gerne eine Bestätigung vom Hause Calestris hätte.<br />

Ähnliche Dokumente sollten auch dort vorhanden sein.”<br />

Erwartungsgemäß zeigte sich auf den Gesichtern <strong>der</strong> Anwesenden<br />

eine gewisse Skepsis, was diesen Vorschlag anging. Sie führte<br />

zwangsläufig zu dem Gedanken, dass solche Dokumente nicht<br />

existierten und das Haus Calestris diese Ansprüche zurückweisen<br />

würde. Er machte noch einige Schritte um den Tisch herum und<br />

fuhr fort, wobei er Ser Richard Logan fixierte. “Was sind also unsere<br />

Optionen? Wir könnten mit unseren Truppen angreifen, würden aber<br />

schnell entdeckt werden, hätten sehr hohe Verluste durch ihre<br />

Bogenschützen und keiner <strong>der</strong> hier Anwesenden hat Erfahrungen<br />

damit, eine Armee im Felde zu führen, geschweige denn eine<br />

Belagerung durchzuführen.”<br />

20


Als Ethan bei Eirik angekommen war, blieb er hinter ihm stehen und<br />

legte ihm beide Hände auf die Schultern. “Mein Knappe hier ist <strong>der</strong><br />

Meinung, dass wir es mit Verleumdung versuchen sollten, ein ebenso<br />

erfolgloses Unterfangen, wie ich meine. Denn wenn wir keinen<br />

<strong>of</strong>fiziellen Anspruch erheben, ist es nichts weiter als Geschwätz und<br />

das Volk würde sich fragen, ob die Gerüchte wahr sind. Wenn ja,<br />

warum erhebt das Haus Godwynn nicht <strong>of</strong>fiziell einen Anspruch<br />

darauf? Es würde den Eindruck erwecken, dass das Haus Godwynn<br />

zu schwach wäre, um diesen Anspruch durchzusetzen.”<br />

“Was habt Ihr im Sinn, Ser Ethan?” fragte <strong>der</strong> Septon. Ser Ethan<br />

komplettierte seine Runde um den Tisch und setzte sich wie<strong>der</strong> auf<br />

seinen Platz. “Ich schlage ein Treffen vor, Mylady. Ladet Lord Aron<br />

Calestris <strong>of</strong>fiziell zu uns ein und präsentiert ihm das Dokument. <strong>Das</strong><br />

Volk wird es dadurch mitbekommen und die Kunde über diesen<br />

Anspruch würde auch schnell bis zu König Robert Baratheon<br />

vordringen, wenngleich es ihn nicht interessieren würde. Damit weiß<br />

je<strong>der</strong> Mann auf unseren Län<strong>der</strong>eien, dass dieser Anspruch besteht.<br />

Anhand <strong>der</strong> Reaktion von Lord Aron können wir dann die weiteren<br />

Schritte planen und es würde dem Hause Godwynn kein Schaden<br />

entstehen.”<br />

Der Haush<strong>of</strong>meister hatte sich in den letzten 5 Minuten mindestens<br />

ein Dutzend Mal am Kragen gezogen. Nun hielt er es vor Aufregung<br />

nicht mehr aus und Rolfe Toolish erhob sich. "Mylady... bitte<br />

verzeiht, aber ich muss nun auch zu Wort kommen."<br />

Taya nickte dem stämmigen Mann zu. "Wir... haben nun viele<br />

Vorschläge gehört... und ich muss als erstes zu Besonnenheit und<br />

Zurückhaltung ermahnen. Beson<strong>der</strong>s was eine... nun, militärische<br />

Intervention angeht." Der Haush<strong>of</strong>meister warf einen bösen Blick in<br />

Richtung des Hauptmannes.<br />

21


"Wir befinden uns nicht im Krieg, es herrscht Frieden in allen Sieben<br />

Königsreichen und ein Feldzug gegen ein Haus würde<br />

Konsequenzen nach sich ziehen, sowohl von den Tullys, denen die<br />

Calestris die Treue geschworen haben, wie auch vielleicht von den<br />

Lannisters. Auch wenn es um stolze 3000 Goldstücke geht. Und<br />

unser Anspruch, da gebe ich Ser Ethan recht, ist keinesfalls<br />

beweiskräftig gesichert. <strong>Das</strong> Dokument scheint ja alt zu sein, aber<br />

warum wusste bis heute sonst niemand etwas von diesem<br />

ungeheuerlichen Vorfall? Warum hat sich Stephan Godwynn nicht<br />

darum gekümmert, o<strong>der</strong> Lord Tobias selbst? <strong>Das</strong> sind Fragen, die<br />

nicht nur ich stellen werde, Mylady."<br />

Rolfe Toolish räusperte sich und zog sich am Kragen. "Dazu kommt<br />

noch... also, dieser Schmied, Thorge Crest war sein Name, mit dem<br />

die Tochter <strong>der</strong> Calestris unseren Vorfahren betrogen haben soll...<br />

auch das ist ein nicht ganz unkomplizierter Vorwurf. Vielleicht weiß<br />

es Mylady ja nicht, aber <strong>der</strong> Schmiedebetrieb Crest ist inzwischen zu<br />

einem <strong>der</strong> angesehensten Rüstungsmachern <strong>der</strong> ganzen Weite<br />

geworden. Auch das gilt es zu bedenken." Der Haush<strong>of</strong>meister holte<br />

tief Luft, als er die Blicke <strong>der</strong> Anwesenden auf sich spürte. "Ich<br />

schlage somit auch vor, erstmal mit den Calestris' zu reden.<br />

Vielleicht sind sie ja ganz vernünftig und es kommt zu einer<br />

Einigung. Aber selbst wenn sie es abstreiten, bleiben uns nicht so<br />

viele Optionen. Einladen können wir Lord Aron jedenfalls nur<br />

schlecht."<br />

Toolish warf Ser Ethan einen Blick zu. "Der Mann ist seid über 15<br />

Jahren ein Krüppel und hat ein Bein verloren, außerdem sagt man<br />

sich, er sei nicht nur griesgrämig, son<strong>der</strong>n auch nicht mehr ganz<br />

richtig im Kopf. Wir sollten lieber mit seinen Erben verhandeln. Ich<br />

sage, schickt einen Raben mit unserer For<strong>der</strong>ung. <strong>Das</strong> wäre am<br />

besten." Er nickte nachdrücklich und sank dann wie<strong>der</strong> in seinen<br />

Stuhl. Taya sah ihn noch einige Sekunden nachdenklich an, dann<br />

22


wan<strong>der</strong>te ihr Blick zum Septon. Doch dieser hob s<strong>of</strong>ort abwehrend<br />

die Hände.<br />

"Seht mich nicht so an, Lady Taya, ich bin nur ein demütiger Mann<br />

des Glaubens, von Kriegsführung o<strong>der</strong> Verhandlungstaktik verstehe<br />

ich nichts. Was ich aber weiß: wir brauchen das Geld, M'Lady.<br />

Allerdings..." William Humble strich sich nachdenklich über den<br />

dicken Wanst. "... vielleicht ist <strong>der</strong> Erbe des Hauses nicht verheiratet.<br />

Dann könntet ihr ihm anbieten, auf die 3000 Golddrachen zu<br />

verzichten, wenn er euch ehelicht. <strong>Das</strong> wäre auch eine ausgleichende<br />

Gerechtigkeit zu damals, fändet ihr nicht?"<br />

Der Septon lächelte schmalzig und Tayas eisiger Blick schien ihn<br />

nicht im Geringsten zu stören. Er fächerte sich Luft zu. "Jedoch<br />

solltet ihr rasch eine Entscheidung treffen, M'Lady. Wir sind alle<br />

geschafft von <strong>der</strong> Hitze und haben unsere Meinung dazu<br />

verkündet." Taya rollte mit den Augen und dann sah sie ihren neuen<br />

Maester an. "Nicht ganz, Septon. Maester Cwelborn mag gerade erst<br />

angekommen sein, dennoch interessiert mich auch sein Rat. Was<br />

würdet Ihr mir vorschlagen, Maester?"<br />

Alle Augen richteten sich erwartungsvoll auf den schlanken Mann in<br />

<strong>der</strong> Robe.<br />

Cwelborn schaute nachdenklich in die Runde und sprach dann in<br />

leisem Ton direkt an Lady Godwynn gewandt, so dass <strong>der</strong> Rest sich<br />

anstrengen musste ihn klar zu verstehen. "Bevor ihr etwas<br />

unternehmt Lady Godwynn erkundet genau was an dem Schriftstück<br />

dran ist. Wenn ihr euch sicher seid, <strong>der</strong> Anspruch ist gerechtfertigt<br />

und wäre es auch, wenn sich eines <strong>der</strong> hohen Häuser einmischen<br />

würde, dann und erst dann entscheidet wie ihr weiter vorgeht.<br />

Die Konsequenzen für euch und eure Län<strong>der</strong>eien, wenn es eine<br />

falsche Anschuldigung ist, könnten gravierend sein. Vor allem falls es<br />

noch mehr dazu zu wissen gibt, als uns bekannt ist. Warum wurde<br />

eine Braut aus so armen Hause gesucht, statt eine erheblich bessere<br />

23


Partie bei dem vielen Geld und warum wurde damals nichts<br />

unternommen? Fragen <strong>der</strong>en Antwort zu unseren Ungunsten<br />

ausfallen könnten und besser geklärt sind, bevor sie An<strong>der</strong>e fragen<br />

und euch vielleicht bloßstellen können.<br />

Haus Godwynn ist we<strong>der</strong> reich noch stark genug um willkürlich<br />

vorgehen zu dürfen. Es wird jetzt schon genug Häuser geben, die ein<br />

Auge auf euch geworfen haben und euch einverleiben wollen, sei es<br />

auf dem Weg <strong>der</strong> Heirat o<strong>der</strong> dem <strong>der</strong> Gewalt. Gebt ihnen keinen<br />

Grund dafür und zeigt kein Zeichen <strong>der</strong> Schwäche welches sie<br />

ausnutzen können.<br />

Was die Echtheit des Dokument angeht, schaut in unseren Archiven<br />

nach ob es noch mehr Belege dafür gibt, mehr Beweise, Berichte<br />

und ähnliches. Unser verehrter Septon" er ließ sich durch das<br />

verächtliche Schnauben Humbles nicht ablenken. "wie auch ich,<br />

könnten sicherlich dazu auch noch <strong>of</strong>fiziell in Wynards Hold beim<br />

dortigen Septon und Maester anfragen, dies würde aber vielleicht<br />

mehr Aufmerksamkeit erregen als ihr jetzt schon erwünscht.<br />

Geht geschickt vor, gebt vielleicht ganz <strong>of</strong>fiziell ein beson<strong>der</strong>es<br />

Historienbuch in Auftrag. Zu Ehren eures verstorbenen Gatten und<br />

weil ihr alles über eure Län<strong>der</strong>eien und ihre Geschichte wissen wollt,<br />

sucht dazu einen nicht ganz unbekannten historischen Schreiber.<br />

Bezahlt ihn das Buch zu schreiben und deutet ihm an, welch<br />

beson<strong>der</strong>s interessantes Kapitel grade die Beziehung zu euren<br />

Nachbarn den Calestris bieten würde. Grenzgebiete sind immer voll<br />

von interessanten Geschichten und Verwicklungen, da sollte es ihn<br />

wenig verwun<strong>der</strong>n.<br />

Lasst ihm vielleicht sogar die Hochzeitsgeschichte von einem<br />

Dritten erzählen mit <strong>der</strong> gescheiterten Heirat an <strong>der</strong> beide so<br />

wichtigen Häuser beteiligt waren und trotzdem Frieden gehalten<br />

24


haben. Die Neugier wird ihn von sich aus nachforschen lassen,<br />

besser und harmloser wirkend, als wir es je könnten.<br />

Fragt <strong>of</strong>fiziell vorher schon beim Haus Calestris an, ob sie bereit<br />

wären dem Schreiber zu helfen, weil natürlich das Buch ohne sie<br />

nicht vollständig wäre und ihnen zu Ehren ein beson<strong>der</strong>es Kapitel<br />

sich mit ihrer Geschichte befassen wird. Selbstverständlich<br />

bekommen sie auch eine beson<strong>der</strong>s wertvolle Abschrift, als Zeichen<br />

<strong>der</strong> Dankbarkeit und <strong>der</strong> guten Nachbarschaft.<br />

Mit ein wenig Glück erfahrt ihr nicht nur alle Details, son<strong>der</strong>n habt<br />

auch noch die Möglichkeit später zu sagen, dass die Geschichte<br />

sogar von Haus Calestris mit bestätigt wurde, immerhin hat <strong>der</strong><br />

Schreiber es an ihrem H<strong>of</strong> erarbeitet. <strong>Das</strong> würde die Möglichkeit für<br />

sie das ganze als simple Geschichte unsererseits abzutun fast<br />

unmöglich machen.<br />

Sollte es sich dann auf welche Art auch immer herausstellen, dass es<br />

wahr ist und die For<strong>der</strong>ung stimmt, denkt wie ein Herrscher nicht<br />

wie ein simpler Händler. Denkt daran, dass uns das Schriftstück<br />

sicher Geld bringen könnte, aber es Vorteile gibt die mehr wert sind.<br />

Auch wenn Ser Logan "er deutet mit dem Kopf eine Verbeugung in<br />

dessen Richtung an, "deutlich gemacht hat, dass uns ein Angriff auf<br />

ihre Festung nicht gut bekommen würde, wäre das vielleicht nicht<br />

unsere einzige Möglichkeit. Wir könnten sicherlich einige ihrer<br />

Dörfer o<strong>der</strong> Minen überfallen, vielleicht sogar besetzen, um unseren<br />

Ansprüchen Nachdruck zu verleihen, immerhin treiben wir nur<br />

ausstehende Schulden ein.<br />

Wir könnten Haus Calestris einfach demütigen und sie als<br />

Eidbrecher dastehen lassen, die nicht mal die Ehre hatten das Geld<br />

zurück zu zahlen trotz ihrer neuen Möglichkeiten seit <strong>der</strong><br />

Eisenmine. Was ihr Ansehen und ihren Einfluss sicher schwächen<br />

würde und den Euren dadurch stärken. Vielleicht würden sogar<br />

25


einige ihrer Verbündeten o<strong>der</strong> Händler von ihnen abfallen." Bei<br />

diesen Worten nickte die Lady Elenore die bisher eher<br />

desinteressiert wirkte beifällig.<br />

“Man könnte es beiläufig ihnen zur Kenntnis bringen und es dann<br />

als Gefallen fallen lassen, um eine Verbindung <strong>der</strong> Familien zu<br />

för<strong>der</strong>n. Möglicherweise handelsbedingt, indem wir auf die 3000<br />

Golddrachen verzichten für beson<strong>der</strong>s gute Handelskonditionen,<br />

Eisen und erlesene Ausrüstung. Immerhin würde es auch euch<br />

leichter fallen eine solche For<strong>der</strong>ung in Silber zu bezahlen als direkt<br />

in Golddrachen nicht wahr?" Dabei schaute er zum Haush<strong>of</strong>meister<br />

<strong>der</strong> zustimmend nickte.<br />

“Natürlich könntet ihr auch eine dauerhafte engere Verknüpfung <strong>der</strong><br />

Familien in Betracht ziehen, zur Sicherung <strong>der</strong> Grenze und wir<br />

würden von ihren Eisenminen pr<strong>of</strong>itieren. Heiraten war schon<br />

immer eine gute Möglichkeit, Konflikte zu umgehen.”<br />

Er konnte sehen wie Lady Godwynns Gesicht bei den Worten<br />

geradezu einfror und ihr Blick kälter wurde.<br />

"Bevor ihr euch fragt wen ich meine, ihr seid es nicht Lady<br />

Godwynn." Er drehte den Kopf Richtung Eirik. "Es gibt noch ein<br />

weiteres Familienmitglied, welches in <strong>der</strong> Erbreihenfolge nicht an<br />

erster Stelle steht, aber nah genug um nicht uninteressant zu sein<br />

und wenn ich mich nicht täusche gibt es im Haus Calestris noch<br />

eine unverheiratet Tochter. Diese ist auch nicht die direkte Erbin,<br />

aber es würde eine gute Verbindung ermöglichen."<br />

Er konnte noch während er dies sagte nicht nur sehen, wie sich Lady<br />

Godwynns Züge sichtlich entspannten und sich etwas wie ein<br />

Lächeln andeutete bei dem Gedanken, son<strong>der</strong>n auch die Empörung<br />

und Wut in Lady Eleonores Blicken bei diesem Vorschlag.<br />

"Mein Rat ist <strong>der</strong>: Handelt bedacht, vorsichtig und nehmt euch Zeit<br />

um sicher zu gehen. Der Vorfall ist lange her, er wird noch eine<br />

26


Weile länger warten können. Wenn ihr sicher seid, handelt und<br />

handelt wie die Herrin die ihr seid und als die euch die an<strong>der</strong>en<br />

Häuser sehen und anerkennen müssen. Eine Anerkennung die euch<br />

mehr Sicherheit und Vorteile bringen kann, als es 3000 o<strong>der</strong> 30000<br />

Drachen könnten."<br />

Taya nickte ihrem neuen Mitglied des Haush<strong>of</strong>es zu. “Danke<br />

Maester Cwelborn, das war sehr... interessant.”<br />

Sie lehnte sich zurück und strich nachdenklich ihr Seidengewand<br />

glatt, so dass sich ihre Brüste deutlich darunter abzeichneten. Taya<br />

hob einen Becher und befeuchtete ihre Lippen mit Wein. Was sollte<br />

sie nun tun? Wie sollte sie entscheiden? Die Augen ihrer<br />

sogenannten Berater klebten auf ihr wie die Fliegen auf Zuckerbrot<br />

und je<strong>der</strong> von Ihnen hatte eine an<strong>der</strong>e Meinung und einen an<strong>der</strong>en<br />

Ratschlag. Auf wen sollte sie hören?<br />

Sie entschied sich für den einzigen Menschen, dem sie wirklich<br />

vertrauen konnte. Sich selbst. Langsam erhob sie sich, stellte den<br />

Becher geräuschvoll auf den Tisch und beugte sich vor, die Hände<br />

auf die hölzerne Platte gestützt.<br />

“Maester, ich weiß Euren Rat zu schätzen, vorsichtig, langsam und<br />

mit Bedacht vorzugehen. Aber ich will dieses Gold! Und ich will es<br />

möglichst bald. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr sind wir darauf<br />

angewiesen und es könnten an<strong>der</strong>e Ideen aufkommen... wie zum<br />

Beispiel eine Heirat mit einem vermögenden Lord. Und warum<br />

sollten wir warten? Dieses Dokument wirft gewiss viele Fragen auf,<br />

aber es wiegt dennoch schwer. Eine Anschuldigung ist<br />

gerechtfertigt, selbst wenn sie sich als falsch herausstellen sollte.<br />

Lebende Beweise dafür gibt es jedoch nicht, und wenn die Calestris’<br />

selbst ein Schriftstück besitzen, welches diese Tatsache untermauert,<br />

werden sie den Teufel tun, als es zuzugeben o<strong>der</strong> uns zu zeigen.<br />

Nein, je mehr Zeit vergeht, desto mehr Zeit bleibt ihnen, sich gegen<br />

27


den Vorwurf vorzubereiten o<strong>der</strong> gar Beweise zu vernichten, wenn es<br />

sich zu ihnen herumspricht. Und sowas passiert immer. Sicher<br />

könntet ihr und <strong>der</strong> Septon noch weiter nachforschen und ich warte<br />

solange... und länger... aber das ist einfach nicht mein Weg. <strong>Das</strong> sei<br />

Euch hiermit auch für die Zukunft mitgeteilt, Maester.”<br />

Sie sah ihn nicht unfreundlich an, wandte sich dann aber den<br />

an<strong>der</strong>en zu. “Aber keine Sorge, meine Herren, ich werde nicht gleich<br />

den Weg des Kampfes einschlagen... zumindest noch nicht. Dennoch<br />

danke ich schon einmal dem Hauptmann für seine Einschätzung.<br />

Sollte es doch zu einer kriegerischen Auseinan<strong>der</strong>setzung kommen,<br />

halte ich den Vorschlag des Maesters für gut, erst ihre Siedlungen<br />

und Höfe zu besetzen und sie so aus ihrer Feste zu locken.”<br />

Als <strong>der</strong> Maester sie sprechen und das leichte Zögern in ihrer Stimme<br />

hörte, war ihm s<strong>of</strong>ort klar, dass sie seinen Ratschlägen nicht ohne<br />

weiteres folgen würde. Was nicht ganz überraschend kam, Geduld<br />

und zurückhaltendes Vorgehen, waren Handlungsweisen, welche<br />

nicht vielen zu vermitteln war. Ganz beson<strong>der</strong>s, wenn sie sich im<br />

Recht sahen mit einer verlockenden Beute vor Augen. Dennoch es<br />

war ihr Vorrecht zu entscheiden.<br />

Spontan kam ihm wie<strong>der</strong> eines <strong>der</strong> ewig sich wie<strong>der</strong>holenden<br />

Gespräche mit Maester Geran in den Sinn bei einer seiner vielen<br />

Geschichtslektionen. "Aber Maester Geran, wenn Lord Ternish auf<br />

Maester Lebot gehört hätte, wäre es nie zu dem Krieg gekommen,<br />

aber in seiner Ignoranz und weil er glaubte klüger zu sein als alle<br />

an<strong>der</strong>en, hat er seine Festung verspielt und seine Tochter verloren.<br />

Warum hat Maester Lebot nicht stärker wi<strong>der</strong>sprochen, nicht ihm<br />

ganz <strong>of</strong>fen gesagt er mache einen Fehler und solle vielleicht zur<br />

Abwechslung auf die Berater hören, die schon einmal so etwas wie<br />

einen Kampf erlebt haben? Wie sollen wir helfen, wenn sie nicht auf<br />

uns hören?"<br />

28


Was hatte er sich darüber früher immer wie<strong>der</strong> aufgeregt, aber<br />

Maester Geran hatte ihn nur leicht kopfschüttelnd angeschaut, dann<br />

aber angelächelt<br />

"Wir sind nicht ihre Beschützer Cwelborn, wir sind nicht ihre<br />

Seelenretter und wir sind nicht dazu da ihren Platz einzunehmen.<br />

Unsere Aufgabe ist es sie zu beraten, egal ob unser Ratschlag richtig<br />

o<strong>der</strong> falsch war, die Entscheidung liegt immer bei ihnen und wir<br />

unterstützen sie, was immer sie entscheiden. Lagen sie richtig,<br />

haben wir ihnen geholfen ihre Pläne umzusetzen, lagen sie falsch<br />

helfen wir zu retten was zu retten ist und wenn auch das nicht mehr<br />

geht, dienen wir dem nächsten Herren <strong>der</strong> Festung. Ich weiß es ist<br />

schwer diese Art <strong>der</strong> Neutralität zu bewahren, aber was glaubst du<br />

warum wir an jedem H<strong>of</strong> gern gesehen sind, warum unser Gilde so<br />

viele Privilegien besitzt und warum wir so selten sterben, egal wie <strong>of</strong>t<br />

Burgen ihren Besitz wechseln? Lerne deinen Zorn zu beherrschen,<br />

lenke ihn in Bahnen die dir helfen überzeugen<strong>der</strong> zu wirken, aber<br />

zeige ihn nicht <strong>of</strong>fen. Es ist wichtig, dass wir Loyalität zeigen egal<br />

wie schwer es uns manchmal fallen mag."<br />

Bei <strong>der</strong> Erinnerung wurde es ihm ein wenig schwer ums Herz.<br />

Sicher diese neue Aufgabe war, was er sich gewünscht hatte, was ihm<br />

ermöglichen würde seine Suche fortzusetzen, aber die Zitadelle war<br />

die letzten 10 Jahre sein Zuhause gewesen und jetzt musste er sich<br />

erst neu einfinden und soviel<br />

mehr an Verantwortung tragen. Er strich sich gedankenverloren über<br />

seinen rechten Arm. Erstaunlich, dass er ihm immer beson<strong>der</strong>s bei<br />

großer Hitze bewusst wurde, vielleicht weil bei kaltem Wetter eh<br />

alles etwas steifer und ungelenker wirkte.<br />

Er kehrte aus seiner Gedankenwelt zurück und sah wie Ser Ethan<br />

gebannt auf Lady Godwynn schaute. Diese strich grade ihr Kleid<br />

29


glatt und dem Blick Ser Ethans nach, war seine Aufmerksamkeit<br />

nicht nur auf ihre kommende Entscheidung gerichtet.<br />

Sir Logan hingegen schien nur mit einem halben Auge<br />

hinzuschauen das an<strong>der</strong>e war immer noch auf die Karte gerichtet.<br />

"Vielleicht überlegt er schon, wo er Überfälle organisieren könnte,<br />

wenn Lady Godwynn meinem Rat in <strong>der</strong> Hinsicht folgt" dachte<br />

Cwelborn sich.<br />

Als er weiter in die Runde schaute, traf sein Blick den von Lady<br />

Eleonore, die abwechselnd in so anschaute, als hätte er ihre<br />

Lieblingskatze getötet und beunruhigt in die Richtung von Lady<br />

Godwynn. "Eindeutig etwas worüber ich mehr herausfinden muss,<br />

das Haus Calestris ist zwar keines <strong>der</strong> großen, aber es wäre<br />

sicherlich keine so schlechte Verbindung für Eirik".<br />

Dieser war jedoch <strong>of</strong>fensichtlich selbst sehr zufrieden mit seinem<br />

Vorschlag und schaute seine Tante an, als würde er auf eine<br />

Belohnung h<strong>of</strong>fen.<br />

Dem Haush<strong>of</strong>meister hingegen, welcher sichtlich nervös auf seinem<br />

Stuhl hin und her rutschte, war anzumerken, wie unwohl ihm in<br />

dieser Art von Sitzungen waren.<br />

Zu guter Letzt war da noch <strong>der</strong> Septon, ein Mann <strong>der</strong> gefährlich<br />

werden könnte. Er genoss <strong>of</strong>fensichtlich das Spiel und alle an<strong>der</strong>en<br />

reinzuzwingen, um sich dann breit grinsend herauszuhalten,<br />

während <strong>der</strong> Rest schauen musste wie sie wie<strong>der</strong> rausfinden. "Es<br />

wäre sicherlich nicht verkehrt rauszufinden, ob <strong>der</strong> gute Septon eine<br />

Schwäche hat abgesehen von seiner <strong>of</strong>fenkundigen Fresssucht." ging<br />

es ihm durch den Kopf.<br />

Zwei goldene Armreifen klapperten an ihrer Hand, als Taya sich<br />

wie<strong>der</strong> aufrichtete und das Kinn vorstreckte. “Ich habe zwar we<strong>der</strong><br />

vor den Tullys, noch vor den Lannisters Angst, doch <strong>der</strong> Kampf soll<br />

nicht <strong>der</strong> erste Weg sein, wenn unser Anspruch nicht klar ist.<br />

Allerdings habe ich auch nicht vor, mit dem Haus Calestris<br />

30


anzubändeln. Ihre Eisenmine interessiert mich nicht und ich will<br />

GANZ BESTIMMT NICHT...” Tayas Blick verweilte auf dem<br />

Septon, “... jemanden von ihnen heiraten. Auch habe ich kein<br />

Interesse, an<strong>der</strong>e Verbindungen zu diesem unwichtigen Haus zu<br />

ziehen, auch nicht über Eirik.” Auch wenn ich ihn dann endlich los<br />

wäre, fügte sie in Gedanken hinzu.<br />

“Ihren verkrüppelten Lord will ich auch nicht in meine Hallen<br />

einladen. Aber ich werde ihn mit unserem Anspruch konfrontieren.<br />

Und zwar deutlich.” Taya lächelte Ser Richard zu und ihre Augen<br />

blitzten. “Beziehungsweise Ihr werdet das tun, Ser.<br />

In meinem Namen. Nehmt ein paar Männer mit, nicht zu viele, es<br />

soll nicht allzu bedrohlich wirken, vielleicht ein Dutzend, aber<br />

bewaffnet. Geht nach Wynard’s Hold und präsentiert dem dort<br />

ansässigen Lord, sei es <strong>der</strong> Krüppel o<strong>der</strong> sein Sohn, eine Abschrift<br />

dieses Dokuments. Der Maester wird eine solche für Euch erstellen.”<br />

Sie schob die Papierrolle zu Cwelborn hinüber. “Erklärt Ihnen ruhig<br />

die Umstände, dass das Dokument gerade erst in unseren Kellern<br />

entdeckt, sein Alter und die Echtheit von unseren Gelehrten aber<br />

bestätigt wurde. Lasst Euch nicht durch Fragen verunsichern,<br />

warum das damals so gelaufen ist. Wir wissen es auch nicht, und es<br />

spielt auch keine Rolle, die Fakten sprechen für sich.”<br />

Nachdenklich drehte sie eine dunkle Haarlocke um einen Finger.<br />

“Kommt nur mit einer klaren Antwort zu mir zurück, Ser, vorher<br />

nicht. Zumindest nicht, solange sie den Anspruch nicht glaubhaft<br />

wi<strong>der</strong>legen können... wir wollen schließlich nicht als Raubritter<br />

erscheinen.”<br />

Taya wendete sich lächelnd dem Waffenmeister zu. “Ser Ethan, Ihr<br />

werdet den Hauptmann begleiten und dafür sorgen, dass er nicht...<br />

nun, über die Stränge schlägt. Verzeiht Ser Richard, nehmt mir das<br />

nicht übel, aber wenn es darauf ankommt, kann Ser Ethan doch<br />

etwas diplomatischer sein. Und nehmt, Euren Knappen mit, Ser. Ach<br />

31


und Haush<strong>of</strong>meister... ob die Familie dieses Schmiedes inzwischen<br />

den Abort des Königs vergoldet, o<strong>der</strong> Eselshufe beschlägt, das ist<br />

mir völlig gleich. Immerhin könnte es sein, dass... nun, die Familie<br />

Calestris von ihnen abstammt, das kann man ruhig mit in die<br />

Waagschale werfen.”<br />

Schließlich wand sich die Sandschlange noch ihrer Tante zu. Sie<br />

bemühte sich um ein respektables Nicken. “Außerdem möchte ich<br />

noch auf den Vorschlag meines Cousins zu sprechen kommen. Zwar<br />

stimme ich Ser Ethan zu, dass es ohne <strong>of</strong>fiziell geäußerten Anspruch<br />

nur als Geschwätz abgetan werden könnte, aber dieser Anspruch<br />

wird ja nun von uns vorgetragen. Und ich möchte, dass das Volk<br />

davon Wind bekommt. Verbreitet es in den Schenken und Bordellen,<br />

ebenso wie an den Höfen von Adelshäusern. Die Gerüchte sollen<br />

kursieren, das wird den Druck auf das Haus Calestris erhöhen.<br />

Septon, ihr werdet euch darum kümmern. Vielleicht kennt meine<br />

ehrenwerte Tante Mittel und Möglichkeiten, Euch dahingehend zu<br />

unterstützen, und auch <strong>der</strong> Maester könnte dazu ein paar Ideen<br />

haben.”<br />

Taya lehnte sich zufrieden zurück und wischte sich über die Stirn.<br />

Die Hitze hatte inzwischen sogar die große Halle eingenommen<br />

und die Seide klebte ihr am Körper. “So sei gesprochen <strong>der</strong> Wille des<br />

Hauses Godwynn vor dem Antlitz <strong>der</strong> Sieben. Möge <strong>der</strong> Vater<br />

unserer gerechten Sache wohlgesonnen sein.”<br />

Was sich dem Maester s<strong>of</strong>ort einprägte, war einmal die Tatsache,<br />

dass sie erwähnte sie brauchten das Geld möglicherweise bald<br />

dringend. Anscheinend stand es um die Silberminen noch schlechter<br />

als angenommen wurde, denn die Hallen waren nicht so luxuriös<br />

ausgestaltet, dass <strong>der</strong> aufwendige Lebensstil es unbedingt notwendig<br />

machen würde ein Vermögen auszugeben. Dazu die weitere<br />

Betonung wie unerwünscht eine Heirat sei, ein Thema was zu<br />

32


wichtig war um es zu ignorieren, aber anscheinend bei ihre eine<br />

Menge Fingerspitzengefühl brauchen würde.<br />

Er hörte den Rest ihres Planes an, eine Mischung aus <strong>of</strong>fener<br />

Anklage, Volksaufhetzung und H<strong>of</strong>fnung, dass man machtvoll genug<br />

wirkt um die an<strong>der</strong>en einzuschüchtern.<br />

Er zweifelte stark dran, dass es Erfolg haben würde, aber nickte<br />

zustimmend und nahm das Papier an um eine Kopie für Ser Logan<br />

anzufertigen. Er würde es in seinem Studierzimmer auch noch<br />

einmal genauestens prüfen, ob es echt war.<br />

Einmal musste er fast lachen, als sie erwähnte <strong>der</strong> Septon solle bei<br />

ihm um Rat fragen. Zweifelte er doch sehr daran, dass <strong>der</strong> Septon<br />

ernsthaft ihn um etwas bitten würde. Aber er würde auf jeden Fall<br />

einige Raben bereit machen, um an jedem großen wie kleinen H<strong>of</strong><br />

im Umkreis anzufragen, ob sie vielleicht noch Schriftstücke aus <strong>der</strong><br />

Zeit hätten, um die Anklage zu unterstützen. Sicherlich würde<br />

niemand was Derartiges besitzen, aber es würde den Anspruch wie<br />

ein Lauffeuer an allen Adelssitzen im Umkreis bekannt machen. So<br />

geschwätzig wie Dienstboten im Allgemeinen waren, wäre es damit<br />

auch bald überall in den Dörfern und Städten bekannt.<br />

Lady Godwynn erhob sich erneut und kam zum Ende ihrer<br />

Entscheidung. “Wenn keine weiteren Fragen dazu bestehen, werden<br />

mich die Herrschaften nun entschuldigen, und Ihr auch, ehrenwerte<br />

Tante. Ich gedenke ein Bad zu nehmen... und Maester? Ihr begleitet<br />

mich, ich habe noch etwas mit Euch zu besprechen.”<br />

"Natürlich Lady Godwynn" sagte er und folgte ihr sich fragend, was<br />

sie wohl mit ihm im privaten zu besprechen plante.<br />

33


Cwelborn<br />

Ser Richard und Ser Ethan entfernten sich von den an<strong>der</strong>en und<br />

gingen aus <strong>der</strong> Halle. Draußen auf dem Burgh<strong>of</strong> herrschte reges<br />

Treiben und Richard zeigte auf die Mauer des Bergfrieds. Beide<br />

waren gerne und viel auf dessen Mauer, es gab weniger Augen und<br />

war deutlich ruhiger. Die beiden Männer blieben an einem Punkt<br />

stehen, wo sie einen guten Überblick über den Burgh<strong>of</strong> hatten. Zwei<br />

Wachmänner liefen vorbei und begrüßten die Offiziere, welche die<br />

Geste erwi<strong>der</strong>ten. Ethan wartete ab, bis sie ungestört waren.<br />

„Was hältst du von <strong>der</strong> ganzen Sache Richard?“ fragte Ethan<br />

neugierig und lehnte sich an eine Zinne.<br />

„Ich weiß es nicht“ sagte <strong>der</strong> Hauptmann beunruhigt, „dies alles<br />

kommt mir überaus seltsam vor, doch wer bin ich, dass ich fragen<br />

stelle?, wenn unsere Gelehrten und Lady Godwynn <strong>der</strong> Überzeugung<br />

sind, dass das Dokument echt ist, dann ist <strong>der</strong> Anspruch berechtigt.“<br />

Ethan nickte beiläufig und sah auf den H<strong>of</strong> hinab. Maester<br />

Cwelborn schritt über den H<strong>of</strong>, Lady Godwynn zu seiner rechten<br />

und zwei Wachen, die sie mit etwas Abstand begleiteten.<br />

„Was hältst du von unserem neuen Maester?“ fragte Richard, <strong>der</strong> den<br />

Maester weiter von oben beobachtete.<br />

„Schwer zu sagen, er ist erst gerade angekommen.“ Der<br />

Waffenmeister räusperte sich. „Auf den ersten Blick scheint er etwas<br />

jung, doch ich denke er wird genug Erfahrung haben, wenn die<br />

Citadel ihn für fähig hält.“<br />

„<strong>Das</strong> wird sich zeigen mein Freund.“ Er klopfte seinem jüngeren<br />

Gegenüber auf die Schulter. „Wir haben momentan an<strong>der</strong>e Sorgen.“<br />

34


Ser Richard und Ser Ethan wurden in den letzten Jahren von<br />

Kampfgefährten zu guten Freunden. Nicht zuletzt, da sich beide<br />

schon über ein Dutzend Mal gegenseitig das Leben gerettet hatten.<br />

Der Hauptmann hielt stets große Stücke auf den fähigen<br />

Waffenmeister und überaus begabten Schwertkämpfer. Manchmal<br />

erinnerte er den Veteranen an sich selber in jüngeren Jahren, er<br />

musste dabei immer schmunzeln. In letzter Zeit verfolgte <strong>der</strong><br />

Hauptman das Treiben um den Rat von Silver Keep und Lady<br />

Godwynn. Interne Machtspiele wurden ausgefochten und je<strong>der</strong><br />

schien die Lady in Eigeninteresse zu beraten, anstatt im Interesse<br />

<strong>der</strong> Lady, o<strong>der</strong> die des Hauses. Ser Ethan war <strong>der</strong> einzige dem er<br />

blind vertrauen konnte und schätzte dies auch sehr.<br />

„Wir müssen Lord Aron o<strong>der</strong> Ser Corban, wenn du mich fragst lieber<br />

Ser Corban, die gute Nachricht überreichen.“ Beide liefen die Mauer<br />

entlang. „Ja, auf das Gesicht des alten Lords, wenn wir ihm die<br />

Nachricht überreichen bin ich gespannt.“ Witzelte Ethan und<br />

Richard lächelte ebenfalls. „Ja ich auch, doch fühle ich mich nicht<br />

gerade wohl dabei,“ entgegnete Richard.<br />

“Weshalb?“ hakte Ethan nach.<br />

„Was denkst du, was Lady Godwynn macht, wenn Lord Aron uns die<br />

Zahlung verwehrt?“ Der Waffenmeister musste nicht lange<br />

überlegen, bis er die Antwort hatte.<br />

„Sie wird Überfälle auf an<strong>der</strong>e Dörfer und Län<strong>der</strong>eien <strong>der</strong> Calestris<br />

befehligen. <strong>Das</strong> wird Lord Tywin, geschweige denn Lord Hoster<br />

Tully nicht gefallen.“ Antwortete <strong>der</strong> Waffenmeister.<br />

„Richtig, doch wenn das Schriftstück wirklich echt ist, und es liegt<br />

nicht an uns dies zu hinterfragen, müssten wir uns auf einen<br />

längeren Konflikt einstellen und ich denke Lord Tywin Lannister<br />

wird uns in dieser Sache Recht geben.“ Ethan schwieg und dachte<br />

über das gesagte nach.<br />

35


„Schlussendlich sind das alles Dinge, die uns nicht zu interessieren<br />

haben, wir sind da um zu dienen, nicht weiter,“ beendete <strong>der</strong><br />

Hauptmann. “Treib zwölf deiner Besten Männer zusammen und<br />

triff mich morgen früh vor dem Torhaus, ich überlasse dir die<br />

Auswahl <strong>der</strong> Männer. Wir reiten bei Tagesanbruch los.“<br />

Ser Ethan nickte beifällig und entfernte sich. Richard schickte<br />

seinen Knappen noch zu Maester Cwelborn, <strong>der</strong> einen Raben<br />

aussenden sollte, welcher Lord Aron über ihre bevorstehende<br />

Ankunft, in einer dringenden Angelegenheit, unterrichtete. Der<br />

Hauptmann zog von dannen und bereitete sich für die kommende<br />

Abreise vor.<br />

Ihr habt eine weise Entscheidung getr<strong>of</strong>fen, Lady Taya, dachte Ser<br />

Ethan während er zielstrebig auf <strong>der</strong> Mauer entlang seinem Ziel<br />

entgegen lief.<br />

Dank seines Vaters war er recht fähig, was Diplomatie und Strategie<br />

zwischen den Häusern angeht, aber ihm wurde wie<strong>der</strong> deutlich<br />

gezeigt, dass Lady Taya ihm und auch jedem an<strong>der</strong>en hier überlegen<br />

war. Er musste zwangsläufig wie<strong>der</strong> an den Moment denken, als sie<br />

ihren Entschluss erläuterte und dabei die positiven Aspekte <strong>der</strong><br />

gesammelten Vorschläge gekonnt zusammenführte.<br />

Seine Gedanken blieben jedoch nicht bei dem eigentlichen Plan,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr bei Lady Taya selber. Ihre Erscheinung war die<br />

einer Göttin, anmutig und willensstark. Ihr Seidengewand betonte<br />

die perfekten Rundungen ihres Körpers und ihr Anblick weckte ein<br />

tiefes Verlangen in dem jungen Ritter.<br />

Natürlich war eine <strong>of</strong>fizielle Verbindung mit ihr <strong>der</strong>zeit nicht<br />

möglich, aber sobald sein Vater sterben würde, wäre Ethan <strong>der</strong><br />

rechtmäßige Erbe. Und als Lord einen Hauses hätte er alle<br />

Möglichkeiten, ihre beiden Häuser zu verbinden. Manchmal, wenn<br />

36


er in diesem verträumten Zustand war, kam ihm <strong>der</strong> Gedanke, das<br />

Leben seines Vaters zu verkürzen. Allerdings würde es ihm bis an<br />

sein Ende verfolgen, trotz <strong>der</strong> Vorfälle, die sie entzweit haben.<br />

Vor einigen Jahren hat sein Vater mit einem sehr kleinen Haus<br />

ausgehandelt, dass Ser Ethan die Tochter des Lords heiraten sollte.<br />

Als Gegenleistung erhielt das Haus Cerdic dringend benötigte<br />

Unterstützung mit Eisen und Stein, was in den eigenen Län<strong>der</strong>eien<br />

nicht bzw. kaum vorhanden war. Allerdings war Ethan keineswegs<br />

damit einverstanden und machte dies auch deutlich. Jedoch war<br />

keine <strong>der</strong> beiden Seiten gewillt, auf einen Knaben zu hören, <strong>der</strong><br />

keine 14 Jahre alt war.<br />

In den folgenden Jahren hielt sich Ethan von seinem Haus fern, zog<br />

mit seinen Freunden durch das Land und erledigte Aufträge für das<br />

Haus Cerdic, die ihn weit genug weg führten. Auf Casterly Rock, wo<br />

er eigentlich nur Rast machen sollte, freundete er sich mit einem <strong>der</strong><br />

Ausbil<strong>der</strong> an und erlernte von ihm den Kampf mit 2 Schwertern.<br />

<strong>Das</strong> er ein beson<strong>der</strong>es Talent dafür hatte, blieb dem Waffenmeister<br />

von Casterly Rock natürlich nicht verborgen und so verbrachte er<br />

einige Zeit dort und perfektionierte seine Kampfkünste.<br />

Als Ser Ethan 20 Jahre alt war, wurde seine Verlobung letztendlich<br />

gelöst und <strong>der</strong> Lord des an<strong>der</strong>en Hauses fand schnell einen an<strong>der</strong>en<br />

Mann für seine Tochter. Jedoch führte dies zum endgültigen Bruch<br />

mit seinem Vater, welcher ihn nie mehr sehen wollte.<br />

Er erreichte eine Tür zum inneren <strong>der</strong> Burg und als die Wachen<br />

salutierten und die Tür öffneten, wurde Ethan abrupt aus seinen<br />

Gedanken gelöst. Er begab sich auf den Weg zum Schlafquartier des<br />

jungen Eirik, seinem Knappen. Normalerweise hatte er keinen<br />

Bedarf für sowas, aber auf <strong>der</strong> kommenden Reise brauchte er ihn<br />

und es würde dem Burschen sicher gut tun, von seiner Mutter<br />

getrennt zu sein.<br />

37


Natürlich war er nicht anwesend und so machte sich Ethan wie<strong>der</strong><br />

auf den Weg und fand ihn bei <strong>der</strong> ehrenwerten Elenore. Niemand<br />

war über diese Begegnung erfreut, aber es genügte auch nur ein<br />

einfacher Befehl von Ser Ethan um Eirik dazu zu bewegen, die<br />

Vorbereitungen für sich und den Ritter zu treffen. “Es wird dem<br />

Jungen gut tun und er kann etwas lernen,” sagte Ethan als er den<br />

Raum verließ.<br />

Auf dem Weg nach draußen zu seiner Kammer ging er aus<br />

Gewohnheit an den Gemächern von Lady Taya vorbei und hörte<br />

einige Stimmen, konnte aber nichts weiter erkennen. Schließlich<br />

erreichte er seine Kammer und bat den Diener, ihm etwas zu essen<br />

und einen Schlauch Wein zu bringen, während er damit begann,<br />

seine Rüstung abzulegen. Obwohl er nur ein einfaches<br />

Baumwollhemd darunter trug und die Rüstung recht leicht war,<br />

fühlte er sich wie in einem Ofen und war froh, das Ding endlich<br />

loszuwerden. Auf dem Trainingsplatz verzichtete er meist auf die<br />

Plattenrüstung und trug nur eine leichte Le<strong>der</strong>rüstung, da sie<br />

weitaus bequemer war und die Übungswaffen nicht son<strong>der</strong>lich<br />

scharf sind.<br />

Als <strong>der</strong> Diener endlich zurückkam, drückte er ihm eine Schriftrolle<br />

in die Hand und beauftragte ihn, die jeweiligen Soldaten darauf zu<br />

benachrichtigen, dass sie sich für morgen vorbereiten sollten. Für<br />

solche Dienste hatte er sich extra einen Diener besorgt, <strong>der</strong> lesen<br />

und schreiben konnte, was viele Dinger sehr viel einfacher machte.<br />

Nachdem auch das erledigt war, gönnte sich Ser Ethan etwas Ruhe<br />

und Wein, während er darüber nachdachte, was morgen alles<br />

passieren konnte.<br />

38


Taya schritt durch einen Gang voran und ihre langen Beine gaben<br />

ein gehöriges Tempo vor. Der Maester musste sich beeilen, ihr zu<br />

folgen. Als sie an einem hübschen brünetten Mädchen vorbeikamen,<br />

welches gerade aus einem Nebenzimmer trat, tippte die Lady des<br />

Hauses ihr unsanft gegen eine Schulter, ohne das Tempo zu<br />

verlangsamen. Im Eilschritt versuchte die an<strong>der</strong>e junge Frau mit ihr<br />

mitzuhalten und sah sie fragend an.<br />

Taya gönnte <strong>der</strong> schönen Z<strong>of</strong>e nur einen kurzen Seitenblick. “Trish...<br />

Wanne.”<br />

Sie bildete mit den Fingern ein “W” vor ihrem Mund. Die Z<strong>of</strong>e<br />

nickte, keuchte und blieb dann zurück, während Taya mit dem<br />

Maester im Schlepptau eine Treppe emporstieg. Oben angekommen<br />

wandte sie sich nach links und ging schnurstracks auf eine schwere<br />

Eichentür zu. Diese öffnete sie mit einem Schlüssel, den sie an einer<br />

Kordel um die Hüfte getragen hatte.<br />

Hinter <strong>der</strong> Tür lagen die privaten Gemächer <strong>der</strong> Hausherrin. Der<br />

Hauptraum war exotisch eingerichtet, und wer schon einmal den<br />

Palast von Sunspear aufgesucht hatte, könnte sich in diesem<br />

Moment dorthin versetzt fühlen. St<strong>of</strong>fe <strong>der</strong> Vorhänge und über den<br />

Möbeln... Muster und Zierrat... Skulpturen und Gemälde an den<br />

Wänden... alles erinnerte an die dornische Kultur.<br />

Als <strong>der</strong> Maester eingetreten war, schloss Taya hinter ihm die Tür<br />

und bot ihm einen Platz auf einem S<strong>of</strong>a mit lachsfarbenem Bezug<br />

an, sie selbst setzte sich auf einen großen und weichen Sessel ihm<br />

gegenüber. Als sie seinen Blick bemerkte, mit dem er die Umgebung<br />

musterte, lächelte sie.<br />

“Als ich hierher... nun, kam, war ich lange Zeit einsam und hatte<br />

Heimweh. <strong>Das</strong> hier…,” Sie deutete mit einer weiten Geste auf das<br />

ganze Zimmer, “... half mir, damit fertig zu werden.” Dann deutete<br />

39


sie auf einen kleinen Beistelltisch mit einer Weinkaraffe und einer<br />

Schale mit Obst.<br />

“Bitte bedient Euch, Maester Cwelborn. Ich weiß, Ihr seid erschöpft<br />

von <strong>der</strong> Reise, wollt Euch erfrischen und Euch mit Euren Aufgaben<br />

vertraut machen. Ihr habt gleich Gelegenheit dazu. Ich habe Euch<br />

nur noch zwei Dinge zu sagen und möchte euch um etwas zu<br />

bitten.”<br />

Taya nahm sich eine Dattel von <strong>der</strong> silbernen Schale und ließ sie<br />

bedächtig in ihren Mund gleiten. “Zum einen... ich brauche<br />

jemanden, dem ich vertrauen kann. Viel zu wenige gibt es hier um<br />

mich herum, die in meinen Interessen handeln, und ich habe die<br />

H<strong>of</strong>fnung, dass mit Euch nun ein weiterer dazugekommen ist. Ihr<br />

seid MEIN Maester, mein Ratgeber, mein Vertrauter. Also muss ich<br />

Euch vertrauen... was mir nicht leicht fällt. Aber ich werde es<br />

versuchen und Euch eine Chance geben, mir Eure Treue und Euren<br />

Wert zu beweisen. Enttäuscht mich nicht, sonst werdet Ihr es<br />

bereuen.”<br />

Sie sah ihn nicht an, son<strong>der</strong>n nahm sich eine zweite Dattel. “Zum<br />

an<strong>der</strong>en... ich gebe euch den Rat... nein, den Befehl... vertraut vorerst<br />

niemandem außer mir. Beson<strong>der</strong>s nicht dem Septon. Er ist gerissen<br />

und beileibe nicht so dumm, behäbig und träge, wie er wirkt.”<br />

Urplötzlich tauchte eine Gestalt aus den Schatten hinter Taya auf.<br />

Sie huschte lautlos am Sessel vorbei und glitt zu einer Feuerstelle<br />

weiter hinten im Raum. Taya erschien we<strong>der</strong> erschrocken noch<br />

überrascht. Es war nicht zu erkennen, wie die Dienerin in das private<br />

Gemach <strong>der</strong> Lady hineingekommen war, Taya nahm jedoch nur kurz<br />

Notiz von ihr und ignorierte sie dann. Die Z<strong>of</strong>e begann einen Kessel<br />

mit Wasser über <strong>der</strong> Feuerstelle zu erwärmen.<br />

40


dienen mussten, hüllten den Raum in einen betörenden und<br />

exotischen Duft.<br />

“Ich habe gelesen, dass... nun, sich ein Körper an Gift gewöhnen<br />

kann, wenn er immer wie<strong>der</strong> geringen Dosen ausgesetzt wird. Und<br />

so schließlich... immun wird. Erkundigt Euch über die gängigen<br />

Gifte, Maester, und ob es wahr ist, dass man sich auf diese Weise<br />

unempfindlich machen kann. Dieses Thema interessiert mich.” Sie<br />

öffnete wie<strong>der</strong> die Augen und sah ihn an. Diesmal errötete sie leicht.<br />

“Außerdem... nun, ich hätte gerne einen Vorrat an Mondtee. Bitte<br />

besorgt mir welchen.”<br />

Taya seufzte erneut, schloss die Augen und runzelte die Stirn. “Und<br />

jetzt geht, Maester. Erholt Euch, erkundet Silver Keep, kümmert<br />

Euch um die Raben. Wir werden später weiter sprechen. Eure<br />

Unterkunft befindet sich ebenso wie das alte Labor von Maester<br />

Leran im Ostturm. Dort sind ganz oben, unter dem Dach, auch die<br />

Raben untergebracht. Trish wartet vor <strong>der</strong> Tür und wird Euch<br />

hinführen.”<br />

Als Cwelborn gerade zum Ausgang ging, erklang ihre Stimme noch<br />

einmal hinter ihm und er drehte sich um. Die Lady des Hauses hatte<br />

sich über den Wannenrand gebeugt und Wasser perlte unablässig<br />

über ihre Brüste und tropfte zu Boden.<br />

“Ach, und Maester? Schickt keinen Raben zu den Calestris’, ich<br />

möchte das Kommen meiner Ritter nicht ankündigen. Sie sollen<br />

unerwartet und... spontan mit dem Vorwurf konfrontiert werden, und<br />

auf ihn reagieren.”<br />

„Was soll das heißen?" fragte Ser Richard direkt.<br />

„Maester Cwelborn lässt euch ausrichten, dass Lady Godwynn es<br />

vorzieht, keinen Raben nach Wynard's Hold zu schicken." Der<br />

42


Knappe machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr. „Soll ich ihm eine<br />

Antwort überbringen Ser?“<br />

„Nein das ist nicht nötig Brack, du kannst gehen, bitte weck mich<br />

morgen ungefähr zwei Stunden vor Sonnenaufgang.“ Dieser<br />

verbeugte sich und verließ den Raum.<br />

Richard saß auf einem Schemel hinter einem massiven Holztisch.<br />

Er schob Pergament und ein Buch über verschiedene, nie<strong>der</strong>e<br />

Adelshäuser bei Seite, erhob sich und ging ans an<strong>der</strong>e Ende seines<br />

Zimmers. Der Hauptmann legte sein Kettenhemd beiseite, löste<br />

seinen Waffengürtel und fing an sich umzuziehen. Er zog eine graue<br />

Wollhose an und darüber einen lockerer Wams mit dem Zeichen <strong>der</strong><br />

Godwynns. Richard öffnete zu seiner Rechten, eine dünne Holztür<br />

und betrat die Veranda, welches ihm eine gute Aussicht auf die Stadt<br />

bot. Mittlerweile war es dunkel geworden und die Nacht war klar<br />

und kühl. Die Sterne am Himmel funkelten wie ein Meer aus<br />

tausenden von Diamanten und ließ Silver Keep in einem prächtigen<br />

Glanz erstrahlen. Richard hielt sich mit beiden Händen am Gelän<strong>der</strong><br />

fest, schloss die Augen und holte tief Luft. Der Wind blies ihm<br />

einige Strähnen seiner Schulterlangen Haare ins Gesicht.<br />

Er verweilte einige Augenblicke und lauschte in die Nacht hinein.<br />

Sie möchte den Überraschungsmoment auf unserer Seite haben. So<br />

haben sie keine Zeit um zu reagieren. War ich wirklich so ein Narr,<br />

dass ich einen Raben schicken wollte? Vielleicht ist das <strong>der</strong> Grund<br />

für die zunehmend abweisende Art? In letzter Zeit hatte <strong>der</strong><br />

erfahrene Veteran das Gefühl, zunehmend außen vor gelassen zu<br />

werden. Die Herrin des Hauses beherzigte nur noch wenige seiner<br />

Ratschläge und nahm einige Angelegenheiten selber in die Hand.<br />

Werde ich langsam alt? zieht sie es vor Ratschläge von jemand<br />

jüngerem zu erhalten? O<strong>der</strong> vertraut sie mir nicht mehr? fragte er<br />

sich, doch wenn dem wirklich so wäre, hätte er nicht einen <strong>der</strong>art<br />

wichtigen Auftrag erhalten. Doch irgendetwas war da, vielleicht habe<br />

43


ich sie gekränkt, o<strong>der</strong> Anlass gegeben an mir zu zweifeln…….Ich<br />

muss ihr auf jeden Fall meine Treue beweisen. Der ältere Mann<br />

vermochte nicht zu sagen, weshalb er versuchte Lady Taya zu<br />

gefallen. Klar rein körperlich war sie überaus bezaubernd und<br />

anziehend und Richard war auch nur ein Mann, doch sie war von<br />

hoher Geburt und er fast doppelt so alt. Außerdem hat er einen Eid<br />

geschworen ihr zu dienen und sie von jedwe<strong>der</strong> Gefahr zu<br />

beschützen. Er gab sich keinen Illusionen hin, es gab An<strong>der</strong>e und<br />

bessere Kandidaten, doch nichtsdestotrotz wollte er sich beweisen<br />

und seiner Herrin gut dienen.<br />

Richard öffnete die Augen, holte noch ein letztes Mal tief Luft, bevor<br />

er wie<strong>der</strong> in seine Gemächer zurückkehrte. Kurzerhand zog er sein<br />

Wams aus und legte es zu seinen an<strong>der</strong>en Sachen. Er zückte einen<br />

Dolch, welcher er neben sein Bett legte, eine alte Gewohnheit, und<br />

blies die Kerzen eine nach dem an<strong>der</strong>en aus. Schlussendlich legte er<br />

sich müde hin und schlief rasch ein.<br />

Nachdem <strong>der</strong> Knappe von Ser Logan gegangen war, hatte er das<br />

erste Mal seit seiner Ankunft das Gefühl sich etwas entspannen zu<br />

können. Er setzte sich aufs Bett und ließ seinen Blick durch den<br />

Raum schweifen, <strong>der</strong> noch Maester Lerans Handschrift trug.<br />

Der Raum war eher karg gehalten, eine Vorliebe die Cwelborn mit<br />

seinem Vorgänger durchaus teilte. Der wohl augenfälligste Teil war<br />

ein großer Tisch <strong>der</strong> in Schriftrollen geradezu zu ertrinken erschien.<br />

Eine weitere Aufgabe die ihm noch bevor stand, die ganzen Papiere<br />

durchzuschauen und zu entscheiden was ins Feuer kam, was an die<br />

Zitadelle geschickt wurde und welche er behalten würde. An einer<br />

Wand hing noch eine Karte die <strong>of</strong>fensichtlich die nähere Umgebung<br />

darstellen sollte und mir krakelig geschriebenen Worten versehen<br />

war. Viel mehr gab es dann auch schon abgesehen von einer Truhe,<br />

einem kleinen Kamin und einem Waschtrog nicht wirklich. Beim<br />

44


Anblick des Trogs wurde ihm wie<strong>der</strong> bewusst wie schmutzig er sich<br />

fühlt und er machte sich als erstes daran, sich gründlich zu waschen<br />

und an<strong>der</strong>e Kleidung anzuziehen<br />

Gleich würde er sich daran machen müssen eine Kopie <strong>der</strong><br />

Schriftrolle anzufertigen, damit sie am Morgen für Ser Logan und<br />

Ser Ethan bereit war.<br />

Doch eines war noch wichtiger und würde er sich auch nicht<br />

nehmen lassen. Er musste zuerst noch in die Turmspitze zu den<br />

Raben. Sicher waren auch schon seine beiden dorthin gebracht<br />

worden.<br />

Feyn und Japa waren zwei prächtige Tiere und er war Stolz auf ihre<br />

Größe und ihre Geschwindigkeit. Sie mochten es zwar nicht ganz<br />

mit den weißen Raben in <strong>der</strong> Zitadelle aufnehmen können, aber sie<br />

gehörten mit zu den besten die er je gesehen hatte.<br />

Er stieg langsam die Treppe zur Turmspitze hinauf. Als er jedoch<br />

den Raum betrat in dem <strong>der</strong> große Rabenkäfig war, konnte er nur<br />

den Kopf schütteln. Der Raum war in schlechtem Zustand, <strong>der</strong> Käfig<br />

verdreckt und abgesehen von seinen zwei Raben, die ihn<br />

missbilligend zu anzuschauen schienen, waren nur noch vier weitere<br />

vorhanden und diese waren so elend anzuschauen, dass er sie<br />

vorläufig nur in Notfällen würde losschicken können.<br />

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass wenigstens genug<br />

Nahrung und Wasser vorhanden waren, machte er sich daran den<br />

Käfig zu säubern und an einigen Stellen auszubessern. Es war<br />

sicherlich keine schöne Arbeit und viele seiner Gildenbrü<strong>der</strong><br />

bevorzugten es, diesen unwissenschaftlichen Teil an an<strong>der</strong>e zu<br />

übertragen, aber er hatte immer das Gefühl es wäre seine Pflicht.<br />

Außerdem gab ihm die simple Arbeit die Möglichkeit seinen<br />

Gedanken freien Lauf zu lassen.<br />

45


<strong>Das</strong> Gespräch mit Lady Godwynn hatte so einige Überraschungen<br />

geboten. Unwillkürlich musste er daran denken, wie sie sich vor ihm<br />

ausgezogen hatte und wie zu erwarten regte es sich bei <strong>der</strong><br />

Erinnerung wie<strong>der</strong> in seiner Lendengegend.<br />

Ob das wohl <strong>der</strong> Grund war, warum sie einen so jungen Maester<br />

haben wollte? Jemand <strong>der</strong> noch manipulierbar war durch die Reize,<br />

die sie so <strong>of</strong>fensichtlich besaß?. Ihre Betonung er wäre ihr Maester,<br />

diese ganze Szene eine Mischung aus körperlicher Verführung und<br />

verbaler Drohung, waren sicher sehr genau geplant gewesen.<br />

Er würde bei ihr vorsichtig sein müssen, denn einem Fremden<br />

gegenüber zugeben zu müssen, wie wenig sie ihrer Umgebung<br />

vertraut, die so reale Furcht vor einem Giftanschlag und ihre fast<br />

schon direkt Auffor<strong>der</strong>ung als Informant zu dienen...<br />

<strong>Das</strong> alles wirkte eher wie jemand <strong>der</strong> sich seiner gefährlichen Lage<br />

bewusst ist. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber ihr Raum, eine Erinnerung<br />

an ihre verlorene Kindheit und unbeschwerten Zeiten. Ebenso wie<br />

ihr Glaube Ser Ethan wäre vertrauenswürdig.<br />

Seine eigene Jugend und unzählige Stunde mit <strong>der</strong> Geschichte von<br />

Westeros hatten ihm gezeigt, dass die katastrophalsten Angriffe, die<br />

von denen sich die Opfer nie wie<strong>der</strong> ganz erholen, selten von denen<br />

klaren Feinden ausgehen, son<strong>der</strong>n immer von denen den man<br />

vertraut.<br />

Also würde er auch Ser Ethan im Auge behalten müssen und<br />

vielleicht sogar am genauestens, wenn <strong>der</strong> Mondtee wegen ihm nötig<br />

war.<br />

Nachdem er fertig war, was einiges an Zeit beansprucht hatte,<br />

machte er sich wie<strong>der</strong> auf den Weg nach unten. Er war zwar Müde,<br />

aber jetzt musste er zunächst die Kopie anfertigen und würde dann<br />

sich schlafen legen. Es war eh schon zu spät um sinnvoll was an<strong>der</strong>es<br />

machen zu können. Morgen würde dann erstmal die Sichtung <strong>der</strong><br />

46


Papiere anstehen, gefolgt von einer Inventur seiner Vorräte. Durch<br />

sein eigenes ausgeprägtes Interesse an Giften, würde ihm zumindest<br />

für ihren Wunsch in diesem Gebiet nicht allzu viel Fehlen. Natürlich<br />

würde er auch mit dem Haush<strong>of</strong>meister reden müssen, um alles<br />

nötige kaufen zu können.<br />

Nachdem er eine Kopie des Dokumentes für Ser Logan angefertigt<br />

hatte, legte er sich aufs Bett und wäre fast s<strong>of</strong>ort eingeschlafen, wenn<br />

ihm nicht wie<strong>der</strong> das Bild von Lady Godwynn in den Kopf<br />

gekommen wäre, was das einschlafen dann doch noch eine Weile<br />

verzögerte.<br />

47


Richard<br />

Zu erwarten, dass alles wie geplant verläuft, hatte sich Ser Ethan<br />

schon vor längerer Zeit abgewöhnt. Anstatt in den ersten kühlen<br />

Morgenstunden aufzubrechen, verzögerte sich die Abreise bis zum<br />

Mittag und Mensch und Tier mussten in <strong>der</strong> glühenden Sonne<br />

ausharren. Wem das zu verschulden war? Er wusste es nicht und es<br />

war ihm auch egal. Da es die Soldaten von Ser Richard waren, fiel es<br />

auch in seinen Verantwortungsbereich, die Schuldigen zu finden und<br />

disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen. Aber das sollte erst nach<br />

ihrer Rückkehr eine Rolle spielen, die bevorstehende Mission war<br />

weitaus wichtiger.<br />

Taya trug nichts an<strong>der</strong>es am Leib, als zwei bernsteinfarbene Tücher.<br />

Eines bedeckte ihre Lenden, das an<strong>der</strong>e war um ihr Dekolleté<br />

gewickelt. Ihre nackte Haut glänzte in <strong>der</strong> Sonne und die Lady hatte<br />

das Gefühl, dass die Glut <strong>der</strong> Mittagshitze schon jetzt am frühen<br />

Vormittag ihrem Höhepunkt entgegenschritt. Wenn es nicht bald<br />

regnete, würden Probleme auf sie zukommen. Die Lebensmittel<br />

verdarben in Scharen und ein Kundschafter des Hauses hatte heute<br />

Morgen berichtet, dass <strong>der</strong> Tumblestone inzwischen kaum mehr als<br />

ein träge dahinfließendes Rinnsal war.<br />

Sie seufzte und trat aus dem Schatten in den sonnigen Burgh<strong>of</strong>, wo<br />

<strong>der</strong> kleine Trupp beinahe bereit zum Abritt war. Ser Ethan hatte eine<br />

gute Auswahl getr<strong>of</strong>fen, was die Männer anging, die sie begleiteten.<br />

Es waren starke Kämpfer mit polierten Waffen, die goldene Schlange<br />

<strong>der</strong> Godwynns leuchtete auf rot-grünen Wamsen, Schilden und<br />

Bannern. Die Pferde wirkten kräftig und ausgeruht, doch das würde<br />

48


sich bei dieser Hitze bald än<strong>der</strong>n. Die Ritter hatten sich, wie Taya<br />

bemerkte, entschieden, keine schweren Rüstungen zu tragen. Sie<br />

bedauerte das auf <strong>der</strong> einen Seite, denn spiegelnde Rüstungen<br />

machten deutlich mehr her als St<strong>of</strong>f- und Le<strong>der</strong>wamse, jedoch war<br />

ihr klar, dass schweres Metall die Reise für Pferd und Reiter in dieser<br />

Hitze zu einer Tortur gemacht hätten. Außerdem schienen sie<br />

einiges an Rüstzeug extra mitzunehmen, zumindest luden die<br />

Knappen mehrere Metallteile auf. Eirik, konnte Taya erkennen,<br />

sprach leise mit seiner Ziehmutter, während <strong>der</strong> Septon in <strong>der</strong> Hitze<br />

schnaufte, und hier und da einen Segen an die Männer verteilte.<br />

Rolfe Toolish hatte nur kurz mit dem Maester gesprochen und war<br />

dann wie<strong>der</strong> verschwunden, es war nicht zu übersehen, dass er von<br />

dem kleinen Aufmarsch, den Taya bei den Calestris’ veranstalten<br />

wollte, nichts hielt. Cwelborn selbst hatte die Hände in den weiten<br />

Ärmeln seiner hellen Robe verschränkt und sah nachdenklich auf<br />

die packenden Männer.<br />

Taya fragte sich, was sie von ihm halten sollte und zu erwarten hatte.<br />

Bisher verhielt er sich eher zurückhaltend und reserviert und selbst<br />

nach <strong>der</strong> kleinen Unterredung, die Taya gestern für ihn inszeniert<br />

hatte, wirkte er undurchsichtig. Es würde sich bald zeigen, wie gut er<br />

ihr zu Diensten sein konnte.<br />

Die Ritter schienen nun reisefertig zu sein, und Ser Richard gab den<br />

Befehl zum aufsitzen, blieb aber selber neben Ser Ethan stehen. Es<br />

würde keine lange Reise werden, selbst in dieser Hitze. Wynard’s<br />

Hold war laut <strong>der</strong> Karte von Ser Richard keine 50 Meilen entfernt<br />

und wenn nichts Unvorhergesehenes Geschah sollten sie die Burg<br />

<strong>der</strong> Calestris noch am Abend erreichen. Vermutlich würden sie<br />

irgendwo in Miner’s Fortune übernachten und am nächsten Morgen<br />

vorsprechen, aber das Vorgehen überließ Taya ihren Rittern.<br />

49


Trish erschien leise wie immer an Tayas Seite und bot ihr stumm<br />

zwei verzierte Sandaletten an, doch die Lady schüttelte den Kopf<br />

und trat barfuß durch den heißen Sand auf die Männer zu, um sie<br />

zu verabschieden.<br />

Ser Richard Logan war kein kleiner Mann, aber die Lady musste sich<br />

nicht auf die nackten Zehenspitzen stellen, um ihm die Hände auf<br />

die Schultern zu legen, und ihm einen Kuss auf die kratzige Wange<br />

zu geben. “Ich wünsche Euch viel Erfolg. Sprecht wahr und gerecht,<br />

Ser Richard, im Namen des Hauses Godwynns und seiner Lady.<br />

Verkündet unseren Anspruch und unsere For<strong>der</strong>ung. Vertretet mich<br />

in Würde und Anstand.”<br />

Taya ging zwei Schritte weiter und stand nun vor Ethan. Sie sah dem<br />

Waffenmeister tief in die Augen und strich ihm dann mit dem<br />

Zeigefinger sanft über die von <strong>der</strong> Hitze spröden Lippen. “Seid auf<br />

<strong>der</strong> Hut, Ser Ethan, und lasst Euch nicht verprellen. Ihr wisst worum<br />

es geht. Jedoch lasst auch Vorsicht walten und geht kein unnötiges<br />

Risiko ein.” Sie beugte sich dich an ihn heran. Ihre Brust drückte<br />

sich unter dem St<strong>of</strong>f gegen seine Schulter, ihre Haare kitzelten ihn<br />

am Kinn. Der Geruch von Yasmin stieg ihm in die Nase und ihr<br />

Atem berührte ihn am Ohr wie ein leichter Windhauch, als sie leise<br />

sprach. “Und kommt in einem Stück wie<strong>der</strong>, Ser. <strong>Das</strong> würde ich sehr<br />

begrüßen. Ich werde mich nach eurer Rückkehr davon überzeugen,<br />

dass auch noch alles an Euch dran ist.”<br />

Als Ser Ethan ihren Körper an dem Seinen spürte und ihre<br />

geflüsterten Worte vernahm, gab es keinen Zweifel mehr an seiner<br />

Männlichkeit. Er konnte nicht sagen, ob Sie es gespürt hat, aber<br />

niemand sonst bemerkte es. Vielleicht hätte er doch lieber eine<br />

schwere Plattenrüstung tragen sollen...<br />

Sie trat wie<strong>der</strong> von ihm zurück und sah feierlich auf den kleinen<br />

Trupp. “Möge Euch <strong>der</strong> Vater in dieser gerechten Sache seinen<br />

50


Segen geben und das alte Weib Euch Weisheit gewähren. Wohl an.”<br />

Taya stand aufrecht da und hob die Hand zum Abschiedsgruß,<br />

während die letzten Ritter aufstiegen. Ihre dunklen Augen glitzerten<br />

in <strong>der</strong> Sonne.<br />

Da Ser Richard das Kommando hatte, war es an ihm, den Befehl<br />

zum Aufbruch zu geben und den Trupp anzuführen. Die beiden<br />

Ritter waren <strong>of</strong>fiziell im Rang gleichgestellt und hatten bei solchen<br />

Missionen beide das Recht, das Kommando zu führen. Dies war<br />

auch ein Grund für ihre enge Freundschaft, da sich die beiden meist<br />

einen Spaß daraus machten und bei diversen Glücksspielen<br />

aushandelten, wer das Kommando führen sollte. Diesmal jedoch<br />

hatte Lady Taya ausdrücklich Ser Richard das Kommando<br />

übertragen und Ser Ethan sollte dafür die Gespräche mit dem Haus<br />

Calestris führen.<br />

Angeführt von Ser Richard verließ <strong>der</strong> Trupp Silver Keep und<br />

machte sich auf den Weg, wobei sie aufgrund <strong>der</strong> Hitze ein eher<br />

langsames Tempo hielten. Durch die Verzögerungen waren die<br />

Männer gezwungen, in Miner’s Fortune zu übernachten, was sie<br />

auch kurz vor Sonnenuntergang erreichten und damit begannen,<br />

eine Unterkunft für die Nacht zu suchen.<br />

<strong>Das</strong> Fallgitter wurde langsam hochgezogen<br />

und die Angeln des massiven,<br />

eisenbeschlagenen Holztores, schienen zu<br />

protestieren, als das Stadttor geöffnet wurde.<br />

Normalerweise war das Tor um diese Zeit<br />

geöffnet, doch in letzter Zeit gab es verdächtig<br />

viele Plün<strong>der</strong>ungen und Überfälle in <strong>der</strong> Nähe<br />

auf <strong>der</strong> Riverroad und Lady Godwynn beschloss die Tore bis auf<br />

weiteres geschlossen zu halten. Die beiden Offiziere ritten los,<br />

gefolgt von den zwölf bewaffneten Männer, die in Zweierreihen<br />

51


hinterherritten. Die Knappen des Waffenmeisters und des<br />

Hauptmanns ritten etwas hinter Ihren Lehnsherren. Brack<br />

Brownbell hielt die Zügel zweier Packpferde, welche zusätzliche<br />

Rüstungsteile, wie Kettenhemd, Arm und Beinschienen<br />

mitschleppte. Der Knappe von Ser Ethan hielt in <strong>der</strong> linken Hand<br />

die Zügel seines Pferdes und in <strong>der</strong> Rechten die Standarte des<br />

Hauses Godwynn. Langsam bewegte sich die kleine Gruppe gen<br />

Nordosten, sie waren schon einige Stunden unterwegs und die<br />

Sonne stand hoch und brannte auf Mensch, Tier und Natur<br />

gleichermaßen. Seit Wochen hat es nicht mehr geregnet und die<br />

sonst grünen Wiesen und bunten Blumenfel<strong>der</strong>, waren allesamt<br />

verwelkt und nahmen allmählich ein helles Braun an.<br />

Ser Richard griff nach seinem Wasserschlauch, <strong>der</strong> am Sattel<br />

befestigt war und genehmigte sich einen großen Schluck. Während<br />

das mittlerweile lauwarme Wasser seine Kehle herabfloss, goss er<br />

sich etwas davon über den Kopf. Er atmete laut auf und reichte den<br />

Wasserschlauch an Ethan weiter. Dieser nahm diesen dankend an.<br />

„Diese Hitze“, stöhnte <strong>der</strong> Waffenmeister, nachdem auch er seine<br />

Kehle etwas nässte.<br />

„Es war ein guter Entscheid von dir, lediglich mit leichter<br />

Ausrüstung zu reisen.“ Bemerkte Richard und wischte sich mit dem<br />

Handrücken den Schweiß von <strong>der</strong> Stirn. Dem Hauptmann gefiel die<br />

Vorstellung zuerst nicht, doch war nun sehr froh, dass er nicht in<br />

seiner schweren Kettenrüstung und dem Brustharnisch in dieser<br />

brütenden Hitze reisen musste. Wenn man dem alten Maester<br />

glauben darf, folgt auf einen langen und heißen Sommer, meistens<br />

ein kühler und harter Winter. Und dieser Sommer war heiß!<br />

Sie ritten noch den ganzen Tag ohne Zwischenfälle, nahmen an <strong>der</strong><br />

Riverroad eine Abzweigung Richtung Norden und überquerten den<br />

52


Tumblestone über eine Brücke. Mittlerweile brach die<br />

Abenddämmerung herein und die Luft wurde etwas kühler. Durch<br />

die verspätete Abreise hatten sie zirka drei bis vier Stunden verloren.<br />

Auf jeden Fall wird Richard herausfinden, was zu dieser Verspätung<br />

geführt hat. Die Gruppe ritt weiter, bis die Sonne ganz unter dem<br />

Firmament verschwunden war. Nun wurde es kalt. Der Hauptmann,<br />

noch verschwitzt von <strong>der</strong> Hitze, wünschte sich jetzt nur noch ein<br />

erfrischendes Bad und ein warmes Bett.<br />

„Da vorne,“ rief einer <strong>der</strong> Soldaten und zeigte mit dem Finger<br />

voraus. Man konnte einige Lichter erkennen und je näher sie kamen,<br />

desto mehr wurden es. Von weitem konnte man die Stadtmauer und<br />

den Bergfried sehen und bald auch Miner‘s Fortune. Als sie am<br />

Stadtrand ankamen, war es still, man hörte nur die Hufen <strong>der</strong> Pferde<br />

auf dem Pflasterstein. Es musste nach Mitternacht sein. Einige<br />

Wachen patrouillierten in den Gassen und sahen die<br />

Neuankömmlinge abschätzend an, doch bemerkten dann, das<br />

Wappen des Hauses Godwynn und ließen sie passieren. Ansonsten<br />

sah man keine Menschen Seele. Sie gingen weiter den Hauptweg<br />

entlang und suchten nach einem größeren Gasthaus. Es dauerte<br />

einige Zeit, doch dann machten sie bei einem Gasthaus halt. Ein<br />

Schild hing an einer Querstange und darauf war ein Fisch zu sehen,<br />

darunter stand: Zur flinken Forelle.<br />

„Hier übernachten wir,“ entschied <strong>der</strong> Hauptmann und wies den<br />

an<strong>der</strong>en an die Pferde anzubinden. Drei Soldaten teilte er ein, bei<br />

den Pferden und <strong>der</strong> Ausrüstung Wache zu stehen, bzw. sich<br />

abzuwechseln um sich ebenfalls ausruhen zu können.<br />

Die Männer traten nacheinan<strong>der</strong> in das Wirtshaus. Der Schankraum<br />

war recht groß, er bot Platz für gut zwei bis drei Dutzend Personen.<br />

Aktuell, war <strong>der</strong> Raum aber weniger belebt, lediglich eine Hand voll,<br />

saß an verschiedenen Tischen verstreut. Der Hauptmann wies den<br />

53


Männern hinter ihm an zu warten und nickte dem Waffenmeister zu.<br />

Beide gingen zur Theke und warteten. Aus einer Tür am an<strong>der</strong>en<br />

Ende des Raumes, kam ein bärtiger und stämmiger Mann und lief<br />

hinter die Theke. „Wie kann ich helfen?“ fragte er höflich und<br />

misstrauisch zugleich. Sein Blick wan<strong>der</strong>te von einem zum an<strong>der</strong>en<br />

und schwenkte ihn danach zum Eingang, wo die an<strong>der</strong>en Soldaten<br />

standen. Der Hauptmann ergriff das Wort „Guten Abend, wir suchen<br />

eine Bleibe für die Nacht.“<br />

„Wir?“ er schielte nochmals zu den Kämpfer. „Meine Männer und<br />

ich,“ Fügte Richard an. „Wir waren den ganzen Tag unterwegs und<br />

würden gerne etwas zu uns nehmen und ein warmes Bett wäre auch<br />

nicht verkehrt.“<br />

Der Wirt überlegte noch einen Moment ehe er antwortete: „ Tut mir<br />

Leid, wir sind völlig belegt und ich möchte keinen Ärger“<br />

„Ser Ethan ergriff das Wort. „Wir sind in <strong>of</strong>fizieller Mission<br />

unterwegs und gehören zum Hause Godwynn. Wir wollen<br />

niemandem etwas böses alter Mann.“<br />

„<strong>Das</strong> interessiert mich nicht, ich hatte letzte Woche eine<br />

Kneipenschlägerei und ziemlichen Ärger, weil ich einer Gruppe von<br />

Männern gestattete hier zu nächtigen und mein Vertrauen dann<br />

schamlos ausgenutzt haben.“ Der Wirt zeigte auf den hinteren Teil<br />

<strong>der</strong> Kneipe, einige Tische und Bänke waren zerstört. „Der Alte Mann<br />

ist noch kräftig genug um es mit dir aufzunehmen Bursche." Der<br />

Wirt grinste und dabei kamen seine schiefen und gelben Zähne zum<br />

Vorschein. Der Hauptmann griff in seine Innentasche, nahm einen<br />

kleinen Beutel hervor und warf diesen auf den Tisch. „Dies sollte<br />

eure bisherigen und kommenden Umtriebe entschädigen.“<br />

Der Schankwirt nahm zögernd den Beutel in die Hand und zog an<br />

<strong>der</strong> Schnur bis sich <strong>der</strong> Beutel öffnete. Er nahm einen Silberhirsch<br />

hervor und biss darauf um zu prüfen, ob die Münze echt war. Ein<br />

breites Grinsen zeichnete sich auf dessen Gesicht ab. „Nun gut,<br />

zufälligerweise sind gerade vier Zimmer frei geworden. Ein<br />

54


Doppelzimmer und drei vierer Zimmer.“ Er machte ein Pause bevor<br />

er fortfuhr.<br />

„Naraaaaaa!“ schrie <strong>der</strong> bärtige Mann und einige Augenblicke später,<br />

kam ein junges Mädchen angerannt, sie schien kaum älter als 16<br />

Jahre alt zu sein. „Nara, Liebes. Bring unseren Gästen bitte ein paar<br />

Laibe Brot, etwas Wein, Bier und noch was vom Fischeintopf.“ <strong>Das</strong><br />

Mädchen lächelte kurz, nickte stumm und ging Richtung Keller. Der<br />

besorgte Vater wendete sich wie<strong>der</strong> den beiden Offizieren zu. „Wenn<br />

Ihr o<strong>der</strong> jemand von euch sie auch nur anfasst, schneide ich<br />

demjenigen den Pimmel ab und serviere diesen den Schweinen.“ Er<br />

deutete auf Ser Ethan und machte eine Hackbewegung um das<br />

gesagte bildlich zu unterstreichen.<br />

„Ihr habt mein Wort,” entgegnete <strong>der</strong> Hauptmann. Der Schankwirt<br />

lächelte erneut. „´Gut, falls ihr euch waschen wollt, oben gibt es noch<br />

einen Waschraum mit 3 großen Waschbecken.“<br />

Die beiden Offiziere bedankten sich herzlich und nahmen an einem<br />

großen Tisch Platz. Sie winkten den an<strong>der</strong>en Soldaten zu, sich zu<br />

ihnen zu gesellen. Nachdem Nara das Essen brachte und die<br />

Männer satt waren, gingen alle in ihre Zimmer. Ser Richard und Ser<br />

Ethan teilten sich das Doppelzimmer und <strong>der</strong> Rest, die Knappen<br />

eingeschlossen, übernachteten in den an<strong>der</strong>en Zimmern. Richard<br />

und Ethan nutzen ihr Privileg und benützten als erste den<br />

Ba<strong>der</strong>aum. Danach gingen sie in ihr Zimmer zurück und legten sich<br />

hin. Ser Richard überlegte noch eine Weile und fragte sich, wie <strong>der</strong><br />

morgige Tag wohl sein wird.<br />

55


Brandon<br />

Der Mann keuchte in <strong>der</strong> Morgensonne. Diese unnatürliche Hitze,<br />

die schon seit Wochen anhielt, war kaum auszuhalten. Viele in den<br />

Flusslanden verfluchten diesen Spätsommer, vor allem Bauern, Ritter<br />

und alte Leute, zu denen sich Patryk mit seinen 53 Jahren<br />

inzwischen auch zählte. Die Hitze raubte einem die Kraft und die<br />

Luft aus den Lungen, aber vermutlich würden sich früher o<strong>der</strong><br />

später alle nach ihr zurücksehnen. Der Winter nahte, wie die Starks<br />

zu sagen pflegten, momentan schien er jedoch weit weg zu sein.<br />

Der Maester blieb kurz im Schatten eines Torbogens stehen um zu<br />

verschnaufen, und lauschte dem Klang von aufeinan<strong>der</strong> treffenden<br />

Übungsschwertern. Dieses dumpfe Klappern von stumpfen Waffen<br />

hatte etwas sehr deprimierendes. Während ihn schon schnelles<br />

Laufen völlig außer Atem brachte, kreuzten an<strong>der</strong>e in dieser Hitze<br />

sogar die Schwerter. Und einer von ihnen war beinahe genau so alt<br />

wie Patryk.<br />

"Was denn?! Ihr werdet doch nicht etwa schon schlapp machen, Ser<br />

Alban?!"rief Brandon Rivers mit einem Spitzbubenlächeln im<br />

Gesicht.<br />

Der Captain <strong>der</strong> Garde und <strong>der</strong> wesentlich<br />

erfahrenere Soldat hatten sich, wie jeden zweiten<br />

Morgen <strong>der</strong> Woche im Trainingsh<strong>of</strong> zu einem<br />

Übungsduell getr<strong>of</strong>fen. Es war ein ungewöhnlich<br />

heißer Spätsommer in den Flusslanden. Freilich<br />

machte auch dem jungen Recken, Brandon die<br />

Hitze zu schaffen, doch dies hielt ihn nicht davon<br />

ab, alles von sich abzuverlangen. Der Bastard hatte<br />

56


in seiner Zeit am H<strong>of</strong> vor allem eines gelernt: Sei hart, vor allem zu<br />

dir selbst! Denn du kannst dich nur auf dich selbst verlassen. Zwar<br />

hatte sein Vater, Lord Aron ihn immer mit Liebe behandelt, jedoch<br />

bedeutete dies auch einen Verrat an dessen eigener Ehefrau und<br />

Lady des Hauses, Diane. Niemand hatte je verstanden warum<br />

gerade Brandon Lord Aron soviel bedeutet hatte, zumal zwei<br />

gemeinsame Kin<strong>der</strong> aus dieser Ehe hervorgegangen waren und die<br />

Erbfolge somit gesichert war.<br />

Eben diese Umstände hatten es Brandon sein ganzes Leben schwer<br />

gemacht am H<strong>of</strong> richtig Fuß zu fassen. und gerade die jüngsten<br />

Ereignisse, speziell Brandons Ernennung zum Hauptmann, hatten<br />

die Position des Jungen Mannes bei H<strong>of</strong>e nicht gerade erleichtert.<br />

und alte Vorbehalte, die nach und nach etwas nachgelassen hatten<br />

wie<strong>der</strong> verstärkt. Gerade deshalb schlugen ihm dieser Tage die<br />

Wogen <strong>der</strong> Missgunst beson<strong>der</strong>s hart ins Gesicht, insbeson<strong>der</strong>e aus<br />

den Reihen seiner Untergebenen, die Ser Alban deutlich lieber in <strong>der</strong><br />

Position des Hauptmanns gesehen hätten, zumindest die meisten<br />

von ihnen. Einigen war es auch bestenfalls egal, wer die Truppen<br />

anführte, solange sie nur ihren Sold erhielten. Und dann war da<br />

natürlich noch Ser Alban Sanchez selbst...<br />

Die Duellanten standen sich in einer kurzen Verschnaufpause<br />

gegenüber, eingehüllt in einer großen Wolke aus Staub. Von Ser<br />

Alban Sanchez war nur ein Brummen zu hören. Die Hitze setzte ihm<br />

deutlich mehr zu als seinem wesentlich jüngeren Kontrahenten.<br />

wenngleich dornisches Blut durch die A<strong>der</strong>n des Mannes flossen,<br />

den Brandon immer noch als eine Art Mentor ansah, <strong>der</strong> jüngste war<br />

er nicht mehr. Die Antwort Ser Albans folgte auf dem Fuße und<br />

Brandon steckte ein paar Übungsschwerttreffer ein.<br />

Auch wenn die Treffer selbst nicht schwer waren und die Waffe<br />

stumpf, sie waren äußerst unangenehm, denn beide Männer hatten<br />

57


ob des Wetters auf eine schwerere Montur verzichtet, was sich auch<br />

an den vor Schweiß glänzenden Körpern deutlich abzeichnete.<br />

Nur mit Mühe und gnadenloser Härte gelang es Brandon Alban in<br />

eine Defensive zu drängen und so vergingen einige Augenblicke, bis<br />

die im Verbissenen Duell verwickelten Sers bemerkten, dass sie<br />

Besuch bekommen hatten.<br />

Der Gelehrte betrat den Übungsplatz, wo zwei Ritter des Hauses<br />

aufeinan<strong>der</strong> eindroschen. Brandon, <strong>der</strong> junge Captain <strong>der</strong> Garde und<br />

Bastard im Hause Calestris, trug nur eine <strong>of</strong>fen hängende<br />

Le<strong>der</strong>weste und eine kurze Hose und wirbelte umher. Etliche blaue<br />

Flecke zierten seinen Oberkörper und sein blondes Haar klebte ihm<br />

im Gesicht. Ser Alban, sein Übungspartner, war ein sehr erfahrener<br />

Recke und nur ein Jahr jünger als <strong>der</strong> Maester. Er trug eine<br />

beschlagene Le<strong>der</strong>rüstung und <strong>der</strong> Schweiß lief ihm in Strömen<br />

über die Wangen. Seine Bewegungen wirkten koordiniert und<br />

zielsicher, aber trotzdem wurde er durch die wuchtigen Hiebe seines<br />

über 30 Jahre jüngeren Gegners in die Defensive gedrängt. Bevor es<br />

jedoch zu einer Entscheidung kam, schritt <strong>der</strong> Maester ein. Er hob<br />

die Arme, ebenso wie die Stimme.<br />

“Sers... bitte haltet ein... Ser Alban, Captain Brandon!”<br />

Fast schon wi<strong>der</strong>willig lösten sich die beiden voneinan<strong>der</strong> und sahen<br />

völlig außer Atem zu Patryk hinüber. Der Maester ging rasch auf sie<br />

zu.<br />

“Meine Herren, bitte, ich bin auf <strong>der</strong> Suche nach Lady Kara. Wo ist<br />

sie, es ist dringend!”<br />

Die beiden sahen sich einen Moment ratlos an, dann räusperte sich<br />

<strong>der</strong> ältere Ritter. “Soweit ich weiß, ist sie heute Morgen mit Lady<br />

Clarissa in den Wald geritten. Was gibt es denn, Maester?”<br />

58


Patryk wurde trotz <strong>der</strong> Hitze ein wenig bleich. Ausgerechnet jetzt<br />

das Ganze. Lord Corban, <strong>der</strong> Lord, aber eigentlich doch noch Erbe<br />

des Hauses, war vor zwei Tagen zur Hochzeit von Lord Butterwell<br />

aufgebrochen, und er hatte seine Frau, seinen ältesten Sohn, ebenso<br />

wie seinen Onkel mitgenommen. Der Rest des H<strong>of</strong>es würde bald<br />

Folgen, denn ein großes Turnier stand zu Ehren <strong>der</strong> Vermählung <strong>der</strong><br />

Butterwells an und dafür war die Einladungsliste ungleich größer.<br />

Natürlich war da noch Lord Aron selbst, zu dem <strong>der</strong> Maester hätte<br />

gehen können, <strong>der</strong> dem Recht nach amtierende Lord von Wynard’s<br />

Hold, doch... nun er war unpässlich. Eigentlich war er immer<br />

unpässlich, und zwar in allen Lebensbereichen. Seit dem er vor 15<br />

Jahren sein Bein verloren hatte, zog Aron sich immer weiter aus dem<br />

gesellschaftlichen Leben zurück, verließ sein Zimmer, geschweige<br />

denn die Burg kaum noch. Inzwischen wurde er in die alltäglichen<br />

Geschäfte des Hauses nur noch mit einbezogen, wenn es sich nicht<br />

vermeiden ließ. Lange hatten seine Kin<strong>der</strong> darunter gelitten, sie<br />

mussten mit ansehen, wie ihr Vater immer kühler und<br />

zurückweisen<strong>der</strong> wurde. Doch irgendwann setzte eine gewisse<br />

Gewöhnung ein und Corban und Kara verloren den Bezug zu ihrem<br />

Vater. Nur Brandon, <strong>der</strong> Bastard des Lords, konnte immer wie<strong>der</strong><br />

seine Aufmerksamkeit erlangen, etwas, dass <strong>der</strong> Maester nie<br />

verstanden hatte.<br />

Patryk hatte die Jahre über versucht dem Lord zu helfen, mit<br />

Kräutern und Tinkturen, mit Gebeten und Gesprächen, doch erreicht<br />

hatte er nichts. Lord Aron litt unter einem Nie<strong>der</strong>druck <strong>der</strong> Gefühle,<br />

er war missmutig, ihm fehlte <strong>der</strong> Antrieb, und in den letzten Jahren<br />

kam auch noch eine Art Verwirrtheit hinzu welche den Lord immer<br />

seltener fähig machte, sich in <strong>der</strong> Gegenwart von Adeligen<br />

aufzuhalten. Es war beinahe so wie bei den Tullys, den Lehnsherren<br />

<strong>der</strong> Calestris’, nur das Hoster Tully bedeutend älter als Aron war und<br />

59


Edmure Tully war wirklich ein guter Lord und Herrscher <strong>der</strong><br />

Flusslande.<br />

Wenn nun also Lord Aron unpässlich war, sein Sohn, sein Bru<strong>der</strong><br />

und sein Enkel fort waren, lag es an seiner Tochter, und wenn auch<br />

diese sich nicht im Hold aufhielt...<br />

Patryk strich seine Robe glatt. “Alban, Ihr müsst die Lady holen, ich<br />

bitte Euch. Wir haben Besuch, <strong>der</strong> nach Ärger riecht, Lady Kara<br />

muss sich das anhören. Reitet in den Wald und sucht sie.” Der<br />

Maester wandte sich an Brandon Rivers. “Hauptmann, bis Kara hier<br />

ist, müsst Ihr die Sache in die Hand nehmen. Zieht Euch rasch um<br />

und kommt zum Haupttor. Dort steht eine... Delegation des Hauses<br />

Godwynn mit einer...” Die Stimme des Maesters zitterte. “... geradezu<br />

unglaublichen For<strong>der</strong>ung. Und... sie sind bewaffnet. Kommt, Ser<br />

Brandon, ich bitte Euch, kommt! Und Ser Alban, eilt Euch ebenso!”<br />

"Ihr könnt ja nicht bei Sinnen sein Maester, bis ihr unseren<br />

Hauptmann wie<strong>der</strong> hergerichtet habt, sind unsere geschätzten Gäste<br />

in dieser Hitze schon dahin geschmolzen." Mit seinem typischen<br />

ansteckenden Schmunzeln verwies Ser Alban mit seinem<br />

Übungsschwert auf verschiedene Schrammen und blutige Kratzer<br />

im Gesicht des Hauptmannes.<br />

"Einen Dotraki könnt ihr so sicherlich beeindrucken, aber den<br />

Godwynns sollten wir doch einen würdevolleren Eindruck bieten.<br />

Führt die Gruppe in die Halle und bietet ihnen Speise und Trank.<br />

Sagt ihnen, dass unsere Herren zurzeit außer Landes sind und Lady<br />

Kara sich auf einem Jagdausflug befindet, doch bald zurück erwartet<br />

wird. Wenn sie keine Ruhe geben, lasst unseren liebenswürdigen<br />

Lord Aron auf sie los. Ich werde mich s<strong>of</strong>ort auf die Suche nach<br />

Kara begeben."<br />

Mit eiligem Schritt wandte sich Alban den Stallungen zu, als er sich<br />

noch einmal zum Hauptmann umdrehte. "Brandon vielleicht stellt<br />

ihr mit euren Männern in <strong>der</strong> Zwischenzeit sicher, das unsere Gäste<br />

60


mit ihren Waffen an sich halten, eine Abordnung dezent im<br />

Hintergrund sollte ausreichen."<br />

Auf einen Wi<strong>der</strong>spruch o<strong>der</strong> eine Anmerkung des jungen<br />

Hauptmannes wartete Ser Alban nicht mehr. Er hatte nie einen Hehl<br />

daraus gemacht, dass er mit <strong>der</strong> Bevorzugung des noch sehr jungen<br />

und in seinen Augen zu unerfahrenen Bastards des Lords ihm<br />

gegenüber bei <strong>der</strong> Besetzung des Hauptmannpostens nicht<br />

einverstanden war. Auch wenn er keine persönliche Abneigung<br />

gegenüber Brandon hegte, hatte Alban bisher keine Möglichkeit<br />

ausgelassen, sich über ihn hinweg zu setzen.<br />

Bei den Stallungen angekommen erblickte Alban zugleich seinen<br />

Knappe Aerias, <strong>der</strong> gerade dabei war, die Sättel zu pflegen. Alban<br />

hielt viel von seinem Knappen und es würde nicht mehr lange<br />

dauern, bis er seine Ausbildung für beendet erklären würde.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e beim Kampf zu Pferde war Aerias nichts mehr<br />

beizubringen. "Aerias! Mach die Pferde fertig, wir müssen Lady Kara<br />

suchen. Schnell!"<br />

Maester Patryk starrte dem Ritter hinterher. Ser Alban war schon<br />

beinahe so lange am H<strong>of</strong> wie er selbst und daher war ihr Umgang<br />

miteinan<strong>der</strong> <strong>of</strong>tmals gespickt von kleinen Eigenheiten und<br />

Formlosigkeit. Alban sah sich als ältester Ritter <strong>der</strong> Garde gerne als<br />

stellvertreten<strong>der</strong> Befehlshaber <strong>der</strong> Familie Calestris und wegen seiner<br />

charmanten Art nahm ihm das kaum jemand übel. Doch in dieser<br />

Situation fühlte sich Patryk auf die Füße getreten, immerhin war er<br />

<strong>der</strong> Maester.<br />

Allerdings... wenn er so Brandon Rivers, dem Bastard von Wynard’s<br />

Hold in das unsichere Gesicht sah, wurde dem Maester bange.<br />

Solange Brandon von seinen Soldaten umgeben war, strotzte er vor<br />

jugendlichem Übermut und Ehrwürdigkeit, ging es dagegen um<br />

61


<strong>of</strong>fizielle Familienangelegenheiten... nein, auf keinen Fall. Die Sache<br />

mit den Godwynns konnte eskalieren, was immer sie wollten, ihr<br />

Auftritt erschien einfach zu bedrohlich. Patryk zog Brandon am Arm<br />

hinter sich her zu den Stallungen.<br />

“Komm mein Junge, wir machen das an<strong>der</strong>sherum. Du wirst Lady<br />

Kara suchen gehen. Ser Alban! Ser Alban!” Er rief dem Ritter<br />

hinterher und versuchte seiner Gestalt die nötige Autorität zu<br />

verleihen. Alban sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.<br />

“Alban, ich habe es mir an<strong>der</strong>s überlegt, und keine Wi<strong>der</strong>rede jetzt.<br />

Ihr werdet die Godwynns in Empfang nehmen und sie im Auge<br />

behalten, das wird das Beste sein. Brandon kann Lady Kara holen.”<br />

Der Maester schob Brandon einem Pferd entgegen. “Nun macht<br />

schon, ich lasse eine Erfrischung in <strong>der</strong> großen Halle vorbereiten.”<br />

Brandon ha<strong>der</strong>te noch immer mit sich selbst, schließlich wollte er es<br />

allen beweisen, dass er zurecht die Position des Captains inne hatte,<br />

stattdessen hatte ihn sein verdammtes Unbehagen in<br />

Hausangelegenheiten mal wie<strong>der</strong> eine Gelegenheit gekostet.<br />

Glücklicherweise war es nichts ungewöhnliches, das Ser Alban ihn in<br />

diesen Angelegenheiten vertrat, was die Sache zumindest ein wenig<br />

entschärfte. Immerhin war Brandon klug genug gewesen, umgehend<br />

nach seiner Ernennung zum Captain, Alban um Hilfe zu bitten und<br />

ihn zum engsten Berater des Captains zu machen. Ser Alban hatte<br />

eingewilligt, jedoch nur unter <strong>der</strong> Bedingung ihn zum direkten<br />

Stellvertreter zu ernennen, was Brandon auch im Sinne des guten<br />

Willens und <strong>der</strong> Zusammenarbeit getan hatte. Natürlich würde<br />

Brandon auch weiterhin ein Auge auf ihn haben, denn Alban schien<br />

nach wie vor nicht verwunden zu haben, dass ein so junger<br />

Emporkömmling und noch dazu ein Bastard einfach so vor seine<br />

Nase gesetzt wurde. Dennoch schien auch Ser Alban es für Klug zu<br />

halten diese Abmachung als vertraulich zu behandeln. Immerhin<br />

62


war es er persönlich gewesen, <strong>der</strong> den Bastard im Schwertkampf von<br />

Anfang an unterrichtet hatte.<br />

Er schüttelte sich aus seinen Gedanken, kurz bevor Patryk und er bei<br />

den Stallungen angekommen waren.<br />

"Also gut... Dann werde ich eben nach Lady Kara suchen. Aber ich<br />

will zwei Begleiter haben. Sagt Errin und Bertam bescheid, sie sollen<br />

sich auf einen kurzen Ausritt vorbereiten, Maester. Ach und..."<br />

Brandon errötete leicht, als er an sich herunter sah. Blaue Flecken<br />

waren überall auf seinem Körper zu sehen und er klebte vor<br />

Schweiß und Staub. Und dann kam da noch seine lächerlich knappe<br />

Kleidung hinzu. "Maester? Ich kann doch nicht in diesem Aufzug<br />

vor eine Lady des Hauses treten! Erlaubt es die Zeit mich zumindest<br />

vorher einmal umzuziehen und etwas frisch zu machen?"<br />

Patryks Mund verzog sich zu einem dünnen Strich und nur<br />

wi<strong>der</strong>willig nickte er schließlich. "Also gut, mein Junge! Aber beeil<br />

dich, wir haben wirklich nicht viel Zeit!"<br />

Nicht einmal fünf Minuten später saß Brandon auch schon in einer<br />

etwas längeren St<strong>of</strong>fhose und einem kurzen Leinenhemd im Sattel<br />

seines Pferdes und ritt flankiert von den Rekruten Errin und<br />

Bertram den Hügel in Richtung des Waldes hoch, in dem Lady Kara<br />

für gewöhnlich zu jagen pflegte.<br />

63


Hengst neben ihrer Nichte her traben. Mit einem Lächeln sah sie in<br />

ihr genervtes Gesicht.<br />

“Clarissa. Ich habe dich schon so <strong>of</strong>t gebeten, mich nicht Tante zu<br />

nennen, dann fühle ich mich so alt. <strong>Das</strong> machst du auch nur, wenn<br />

du wütend bist. Was ist denn los? Hast du wirklich gedacht, das<br />

klappt beim ersten Mal? Vom Pferd auf ein bewegliches Ziel zu<br />

schießen ist wirklich schwer, ich habe ewig gebraucht, bis ich...”<br />

“Kara!” <strong>Das</strong> Mädchen strich sich übertrieben eine Strähne aus dem<br />

Gesicht. “Genau das ist es doch gerade! Ich hasse das alles und weiß<br />

gar nicht, warum ich das tun muss.”<br />

Kara sah sie verblüfft an. “Ich dachte du magst den Wald.”<br />

“Den Wald ja, gerne auch Spaziergänge darin, aber warum muss ich<br />

auf irgendwelche Tiere schießen und... und... sowas hier tragen?!”<br />

Sie zog sich an <strong>der</strong> Le<strong>der</strong>weste und <strong>der</strong> Leinenhose. “Ich sehe aus<br />

wie ein Junge!”<br />

Kara lächelte erneut. “In einem Kleid lässt es sich schlecht reiten,<br />

<strong>der</strong> viele St<strong>of</strong>f raschelt <strong>of</strong>t und verschreckt die Beute.”<br />

“Aber ich will nicht reiten und auch keine Beute! Wozu? Wir müssen<br />

uns nichts zu essen jagen, dafür haben wir... Männer. Ich bin eine<br />

Lady von Wynard’s Hold und mir reicht es schon, dass ich im<br />

Burgh<strong>of</strong> auf Zielscheiben schießen muss. Aber das hier ist wirklich<br />

zu viel. <strong>Das</strong> ist verrückt, welche Lady reitet in Hosen auf die Jagd<br />

mit Pfeil und Bogen, kennst du da ein hochgeborenes Beispiel,<br />

Kara?”<br />

Die Tochter von Lord Aron Calestris rollte mit den Augen. Nicht<br />

schon wie<strong>der</strong> die Prinzessinnen-Leier. “Oh, da gibt es sicher Einige.<br />

Außerdem ist das Schießen in unserem Haus eine Tradition. Amelia<br />

Calestris hat...”<br />

“Ja ja, ja, die Geschichte habe ich schon einhun<strong>der</strong>t Mal gehört.”<br />

Clarissa lenkte den Renner an einer Kreuzung nach rechts. “Nur weil<br />

65


irgendeine Ur-Ur-Großmutter von mir, die nichts weiter als die<br />

Tochter eines gewöhnlichen Ritters war, gerne mit dem Bogen<br />

gespielt hat, muss ich nun auch diesen Mist machen? Vergiss das,<br />

Tante, das ist jetzt vorbei.”<br />

Kara runzelte die Stirn. “Nun, es kann bestimmt nicht schaden,<br />

wenn man selbst dazu in <strong>der</strong> Lage ist, sich Nahrung zu erjagen o<strong>der</strong><br />

einen Feind mit Hilfe des Bogens zu besiegen, auch nicht als Frau<br />

und Lady. Hast du unser Wappen vergessen, Clarissa? Es...”<br />

“Bei den Sieben, Tante! Nicht das schon wie<strong>der</strong>! Unser Wappen, mit<br />

dem Bogen... es ist mir egal, was auf unserem Wappen ist, Wappen<br />

sind mir sowieso egal. Ich weiß, du siehst das an<strong>der</strong>s, du kennst die<br />

ganze Geschichte von Westeros, kennst jeden Ritter <strong>der</strong> letzten<br />

hun<strong>der</strong>t Jahre mit Namen und kannst über 300 Häuserwappen aus<br />

dem Stand zeichnen. Aber wozu das Ganze? <strong>Das</strong> frage ich nochmal.<br />

Ich brauche das nicht!”<br />

Kara war einen Moment sprachlos. Was hatte sie nur? Leicht war es<br />

mit Clarissa nie gewesen, sie hatte schon immer ihren eigenen<br />

sturen Kopf und ihre Vorstellungen, was ihr eigenes Schicksal<br />

anging, aber heute schien ihr Gemecker beson<strong>der</strong>s penetrant. Und<br />

sie war noch nicht am Ende...<br />

“Heraldik und Geschichte, pah. Ich werde bald einen großen und<br />

mächtigen Lord heiraten. Der hat Maester und Berater, die mir<br />

genau erzählen werden, welcher Lord welches Wappen trägt und<br />

welche Ritter in seiner Gefolgschaft sind. Mein Gemahl wird reich<br />

sein und mir seine Speisen auftischen, auf dass ich mir nie selbst<br />

etwas jagen muss. Und er wird eine Hun<strong>der</strong>tschaft an Rittern<br />

besitzen, die alle für mich kämpfen werden. Du siehst also, ich<br />

brauche diesen Unfug nicht lernen. <strong>Das</strong> einzige, was ich lernen<br />

muss, ist, wie ich eine gute Lady des Hauses sein kann, wie ich<br />

meinen Gemahl glücklich machen und ihm Nachwuchs schenken<br />

66


kann. Aber das kannst du mir natürlich nicht beibringen, Tante. Du<br />

bist schon so alt und hast noch immer keinen Mann.”<br />

Ihre Nichte musterte Kara von oben bis unten. “Vielleicht solltet du<br />

auch erst mal lernen, wie man eine gute Lady ist.”<br />

Es passierte recht selten, dass Kara die Fassung verlor und ihre gute<br />

Laune erlosch, doch dieses Mädchen, im Überschwang ihrer<br />

Hormone, hatte es geschafft. Die Gesichtsfarbe von Kara näherte<br />

sich dem rotgoldenen Ton ihrer Haare. “Weißt du Clarissa -<br />

vielleicht hast du Recht. Vermutlich kann ich dir nichts beibringen.<br />

Wenn du glaubst, die einzige Aufgabe einer Lady des Hauses ist es,<br />

ihrem Gemahl gefällig zu sein, dann sollten wir dich in ein Bordell<br />

schicken - von den Huren <strong>der</strong> ‘Pit <strong>of</strong> Lust’ in Miner’s Fortune kannst<br />

du sicher eine Menge lernen.”<br />

Clarissa schnappte hörbar nach Luft, warf ihrer Tante einen<br />

hasserfüllten Blick zu und gab ihrem Renner die Sporen. Kara biss<br />

sich auf die Unterlippe. Sie war wütend und es war ihr so<br />

rausgerutscht, aber sie hätte es nicht sagen dürfen, Clarissa war<br />

schließlich immer noch ein zwölfjähriges Mädchen. Und das<br />

schlimmste war: in Clarissas Aussagen steckte ein Funken Wahrheit.<br />

Kara war noch nie die typische Lady eines Adelshauses und sie<br />

wollte das auch gar nicht. Sie interessierte sich zwar für alles<br />

Höfische und fand die Adelsgeschichte von Westeros mit ihren<br />

Intrigen und Kriegen sehr spannend.<br />

Aber sie konnte sich für sich selbst gar nicht vorstellen, die Rolle<br />

einer Gattin eines Lords einzunehmen, so wie es sich ihr Vater für<br />

sie vorstellte. Es wäre vorbei mit <strong>der</strong> Freiheit, vorbei auch mit dem<br />

durchstreifen <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> und dem Klettern in den Bergen. Vorbei<br />

mit dem Unterricht in Heraldik, den sie ihren Neffen und Nichten<br />

gab, vorbei mit <strong>der</strong> Unbeschwertheit des Lebens. Sie würde Wynard’s<br />

Hold sogar verlassen müssen.<br />

67


Vorbil<strong>der</strong> unglücklicher Ehefrauen im Adel gab es genug, allen voran<br />

die Königin selbst, wenn man den Gerüchten glauben schenken<br />

konnte. Natürlich gab es auch die, die das Spiel <strong>der</strong> Throne selbst in<br />

die Hand nahmen und aus ihrer weiblichen Position heraus alle<br />

Register zogen. Man denke nur an die wilden Sandschlangen in<br />

Dorne o<strong>der</strong> die Dornenkönigin von Highgarden. Aber auch sowas<br />

konnte sich Kara nicht für sich vorstellen... sie wollte die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Zeiten lieber beobachten, als sie zu schreiben.<br />

Aber half es etwas, so zu denken und zu fühlen? Hatte die Königin<br />

eine Wahl gehabt? O<strong>der</strong> irgendwelche Töchter von Lords? Selbst die<br />

Rote Witwe von Coldmoat hatte damals keine Wahl gehabt und<br />

heiraten müssen. Eine theoretische Wahl gab es natürlich immer. Sie<br />

könnte ihre Sachen packen, ihrem Vater ins Gesicht spucken, und<br />

abhauen. Vielleicht ein Schiff nehmen nach Osten, in die freien<br />

Städte, o<strong>der</strong> sich bei den schweigenden Schwestern melden. Aber<br />

nein, das kam natürlich auch nicht in Frage.<br />

Kara seufzte und setzte Clarissa nach, die nun wutentbrannt schon<br />

außer Sichtweite geritten war. Es half alles nichts, sie würde bald<br />

heiraten müssen. Nachdem sie schon zwei Ehemänner überstanden<br />

hatte, folgte nun <strong>der</strong> dritte.<br />

Randall Fossoway, <strong>der</strong> Mann mit dem Apfel im Wappen, war ein<br />

guter Mann gewesen. Kara glaubte, dass sie ihn sogar geliebt hatte.<br />

Sie war 17 gewesen und er immerhin schon 28 Jahre alt, aber er war<br />

sehr höflich und respektvoll ihr gegenüber, lachte über ihre Scherze<br />

und war behutsam bei <strong>der</strong> Zeremonie des Bettens. Er hatte zwar<br />

klargemacht, was er von ihr erwartete, aber sie hätte sich vielleicht an<br />

dieses Leben gewöhnen können. Doch schon nach zwei Monaten<br />

stürzte Randall bei einem Jagdausritt vom Pferd und brach sich das<br />

Genick. Kara war bestürzt und voller aufrichtiger Trauer.<br />

68


Manfred Marbrand hingegen, <strong>der</strong> Mann, den sie 5 Jahre später<br />

heiraten sollte - länger konnte sie sich nicht mit <strong>der</strong> Ausrede <strong>der</strong><br />

trauernden Witwe davor drücken - war ein waschechter Mistkerl.<br />

Grob, hässlich und dumm. Glücklicherweise verlor er bereits kurz<br />

nach <strong>der</strong> Verlobung das Interesse an ihr, als er ihr eines Abends<br />

unsanft an die Brust fasste und verkündete, dass alles, was nicht<br />

über eine große Handvoll hinausging, wohl kaum erwähnenswert<br />

war. Und so brannte er durch, zur Peinlichkeit aller, mit <strong>der</strong><br />

vollbusigen Schankfrau aus einer Taverne in <strong>der</strong> Ashemark. Damit<br />

hatte sich das Thema erledigt und Kara dankte den <strong>Götter</strong>n dafür.<br />

Doch nun, erneut drei Jahre später, hatte Lord Aron einen neuen<br />

Ehemann für sie ausgesucht. So schwierig ihr Vater auch war und so<br />

wenig er sich eigentlich noch als Lord des Hauses eignete -<br />

bestimmte Entscheidungen überließ er seinem Erstgeborenen nicht,<br />

und die Verheiratung seiner Tochter gehörte dazu. Auch für<br />

Brandon, ihren Halbbru<strong>der</strong> und Bastard des Lords, suchte dieser seit<br />

dem Tod von Karas Mutter eine gute Partie, doch einen Bastard<br />

unterzubringen war deutlich schwieriger, als eine hübsche<br />

zweitgeborene Tochter. Die allerdings durch ihre Abneigung sich zu<br />

vermählen inzwischen das 25. Lebensjahr erreicht hatte und damit<br />

an Reiz verlor.<br />

Der Jungfrau sei Dank sah man es Kara nicht an und könnte sie<br />

etliche Jahre jünger schätzen. Sie h<strong>of</strong>fte inständig, dass ihr dieses<br />

Glück noch lange hold war, denn ihr nun geplanter Gatte war ganze<br />

sieben Jahre jünger als sie, <strong>der</strong> 18jährige Dalen aus dem Hause<br />

Hardyng. Kara hatte ihn noch nie gesehen, die<br />

Vermählungsabsichten wurden zwischen Lord Aron Calestris und<br />

Lord Harrold Hardyng aus <strong>der</strong> Ferne ausgetauscht und im<br />

anstehenden Turnier von Lord Butterwell sollten sich Kara und<br />

Dalen kennenlernen und die Verlobung besprochen werden. Maester<br />

Patryk sollte den Lord <strong>der</strong> Calestris bei den Verhandlungen<br />

69


vertreten, Aron selbst verließ den Hold nicht mehr. Und Kara selbst<br />

durfte dazu wie immer nichts sagen, wenn sie nicht den Zorn ihres<br />

Vaters auf sich lenken wollte. Aber vielleicht konnte sie ja den<br />

Maester beeinflussen, wenn sie in Whitewalls vor Ort waren.<br />

Bereits in zwei Tagen würde <strong>der</strong> ganze Hausstand <strong>der</strong> Calestris’<br />

nach Osten aufbrechen und Lord Corban, seinem Sohn Aidan und<br />

seinem Onkel Ceidroc folgen, die bei den Butterwells schon vor Ort<br />

waren, um die Hochzeit Lord Arnolds zu feiern, <strong>der</strong> sich nach dem<br />

Tod seiner Frau mit einem Mädchen <strong>der</strong> Freys vermählte. <strong>Das</strong><br />

Turnier, was danach folgte, war groß und spannend und dekadent,<br />

<strong>der</strong> Reichtum <strong>der</strong> Butterwells war weithin bekannt und viele Ritter<br />

erh<strong>of</strong>ften sich sicher einen großen Preis und Ruhm durch Siege im<br />

Tjostieren. Es würde ein tolles Turnier werden, und Kara hätte sich<br />

riesig darauf gefreut, wenn da die Sache mit <strong>der</strong> Verlobung nicht<br />

gewesen wäre...<br />

Kaum an <strong>der</strong> Hügelkuppe angekommen, kam dem jungen Brandon<br />

schon Lady Clarissa in verhältnismäßig hohem Tempo entgegen<br />

geritten. "Ho! Sachte, sachte junge Dame!" rief Brandon ihr<br />

entgegen. Erst jetzt schien sie die drei Reiter zu bemerken, die ihr<br />

entgegen kamen und sie stieß einen spitzen Schrei aus, ehe sie ihr<br />

Pferd zum stehen brachte.<br />

"Sag mal, Clarissa, weißt du zufällig wo deine Tante ist?"<br />

Wie aufs Stichwort war aus <strong>der</strong> Ferne ein besorgter Ruf zu hören,<br />

<strong>der</strong> nur von Kara stammen konnte.<br />

“Clarissa!”<br />

Bereits um <strong>der</strong> nächsten Waldbiegung traf sie auf ihre Nichte.<br />

Diese rutschte unruhig auf ihrem Sattel hin und her und zeigte<br />

anklagend auf drei berittene Männer.<br />

“Brandon hat mich erschreckt!”<br />

70


Kara brachte ihr Pferd zum stehen und sah ihren Halbbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

von zwei Waffenbrü<strong>der</strong>n begleitet wurde, fragend an. “Brandon, was<br />

ist denn los? Du bist ja ganz außer Atem.”<br />

Brandon blickte Kara ernst in die Augen. Förmlichkeiten gab es<br />

zwischen den Halbgeschwistern zumindest in privatem Umfeld<br />

nicht, schließlich waren sie quasi gemeinsam aufgewachsen.<br />

Brandon schluckte schwer ehe er mit <strong>der</strong> Sprache rausrückte.<br />

"Maester Patryk hat mich geschickt. Er sagte etwas von einer<br />

bewaffneten Gesandtschaft aus dem Hause Godwynn und einer<br />

unglaublichen For<strong>der</strong>ung! Jedenfalls hat er mich gebeten nach dir zu<br />

suchen und du sollst so schnell wie möglich diese Gäste in Empfang<br />

nehmen und sie anhören! Ser Alban heißt die Delegation <strong>der</strong>weil in<br />

Wynard's Hold willkommen..."<br />

Brandons Stimme überschlug sich fast. Er war es nicht gewohnt<br />

soviel Information in so kurzer Zeit zu überbringen. Meist<br />

beschränkte er sich auf kurze Befehle o<strong>der</strong> auf Botschaften, in <strong>der</strong><br />

Sprache die keiner Worte bedurften, son<strong>der</strong>n nur eines Schwerts.<br />

Einsatzbesprechungen o<strong>der</strong> besser gesagt Übungsabläufe ließen<br />

sich für gewöhnlich wesentlich entspannter planen.<br />

Er atmete deutlich hörbar aus und setzte sich in seinem Sattel etwas<br />

auf, um so bequemer zu sitzen. Brandons verschmitztes Lächeln<br />

erhellte nun sein Gesicht, er beugte sich etwas zu Kara vor und<br />

senkte seine Stimme. Gerade so, das nur Kara ihn verstehen konnte.<br />

"Vielleicht will er auch nur, dass du sie so schnell wie möglich von<br />

Albans... umwerfendem Charme erlöst."<br />

Kara legte ihre Stirn in Falten und musterte ihren Halbbru<strong>der</strong><br />

besorgt. “Brandon, das kann ich nicht lustig finden. Jetzt, wo Corban<br />

nicht da ist, müssen wir solche Sachen regeln. Wenn die<br />

71


Giftschlange bewaffnete Männer schickt, heißt das mit Sicherheit<br />

nichts Gutes. Auf, wir sollten uns eilen!” Sie lenkte ihr Pferd in<br />

Richtung Wynard’s Hold und sah ihre Nichte streng an.<br />

“Im Galopp, Clarissa, und keine Zickereien mehr. Wir sprechen<br />

später über das, was gerade passiert ist, ich denke, wir haben beide<br />

Dinge gesagt, die wir nicht so gemeint haben. Und jetzt los.” Kara<br />

lächelte schwach. “Es gibt ein paar Ritter zu bestaunen.”<br />

72


Taya<br />

An diesem Morgen weckten Cwelborn die Geräusche die vom H<strong>of</strong><br />

hoch in sein Zimmer drangen. Der morgendliche Wachwechsel, ein<br />

Krachen weil jemand was fallengelassen hatte, gefolgt von einem<br />

deftigen Fluchen, rissen ihn aus seiner Traumwelt. Es war noch<br />

dunkel draußen und die Sonne hatte sich noch nicht blicken lassen<br />

am Horizont.<br />

<strong>Das</strong> machte ihm aber wenig aus, ermöglichte es ihm doch seinem<br />

morgendlichen Ritual zu folgen, bevor die ganze Burg schon wach<br />

war. Er wusch sich kurz, zog seine helle Robe an und begab sich<br />

hinauf in den Turm zu den Raben.<br />

„Guten Morgen ihr beiden“ begrüßte er Feyn und Japa, die sein<br />

morgendliches Kommen noch aus <strong>der</strong> Zitadelle gewohnt waren und<br />

schon am Käfigtor warteten. Er nahm sie heraus und ließ sie eine<br />

Weile frei fliegen. Raben, auch wenn sie einem Maester gehörten,<br />

brauchten etwas Freiheit, sie verdienten besseres als nur eingesperrt<br />

zu sein. „H<strong>of</strong>fentlich wird Hill bald die Zeit haben den neuen Käfig<br />

anzufertigen“ dachte er bei sich. „Dieser hier mag als Hundezwinger<br />

getaugt haben, aber für Raben ist er zu klein und mit zu vielen<br />

Kanten.“ Er vergewisserte sich, dass alle Raben gut versorgt waren<br />

und machte sich dann auf den Weg in den großen Saal zum<br />

Frühstück.<br />

Auf dem Weg dorthin traf er auch Toolish den Haush<strong>of</strong>meister und<br />

sie wechselten einige freundliche Worte. Nachdem Rolfe ihn gestern<br />

auf dem H<strong>of</strong> angesprochen hatte, um medizinischen Rat für einen<br />

Freund zu erbeten, hatten sie später an dem Tag noch ein langes<br />

Gespräch geführt.<br />

73


Sie hatten schnell festgestellt, dass sie beide gut miteinan<strong>der</strong><br />

klarkommen würden.<br />

Rolfe schätzte vermutlich an ihm, dass er ihn wie einen<br />

gleichgestellten behandelte, etwas was wohl nicht <strong>of</strong>t vorkam. Die<br />

Soldaten spotteten ihn als „Münzendreher“, Lady Eleonore und ihr<br />

Neffe behandelten ihn wie Luft und <strong>der</strong> Septon sprach zu ihm wie<br />

zu einem nie<strong>der</strong>en Diener. Lediglich Lady Godwynn behandelte ihn<br />

mit Achtung, aber sie war natürlich viel zu hochstehend und Sir<br />

Logan war zwar auch stets freundlich, aber interessierte sich nur für<br />

Belange die seine Soldaten betrafen. Er aber hörte ihm einfach zu,<br />

während dieser von seinen Sorgen um seine Tochter, Sorgen um das<br />

Mauerstück was hinten an <strong>der</strong> Westmauer bröckelte, Probleme mit<br />

unverschämten Händlern, über die sich erschöpfenden Minen und<br />

vieles mehr redete.<br />

Er schätzte diesen Mann wie<strong>der</strong>um sehr. Nicht nur, weil er eine so<br />

ergiebige Informationsquelle war, dass er selbst soviel Details nicht<br />

in wochenlangem alleinigen Erkunden hätte ansammeln können,<br />

son<strong>der</strong>n weil er sich ernsthaft bemühte. Die Burg war sein Leben<br />

und alles in ihr schien ihm sehr wichtig zu sein. So absurd mancher<br />

seiner Sorgen auch wirkten, sie zeugten von jemandem <strong>der</strong> seinen<br />

Platz ihm Leben gefunden hatte und diesen mit Hingabe einnahm.<br />

Als sie den Saal betraten, sah er sich kurz um und stellte fest, dass<br />

wie schon am Tag zuvor Lady Godwynn und Lady Eleonore trotz<br />

<strong>der</strong> frühen Stunde schon anwesend waren. Sie nährten sich dem<br />

Tisch, verbeugten sich kurz vor den Damen und nahmen dann auf<br />

den ihnen zugeteilten Sitzen platz. Während des Frühstücks<br />

unterhielt er sich weiterhin lebhaft mit Rolfe über eine neue<br />

Methode beim Schürfen von Metallen und ob es lohnen würde sie zu<br />

nutzen. Als das Essen sich dem Ende zuneigte, wappnete er sich<br />

innerlich für das was jetzt kommen würde.<br />

74


Er gab Rolfe zu verstehen, dass er mit Lady Godwynn reden müsste,<br />

stand vom Tisch auf und begab sich zu ihrem Stuhl, neigte sich an<br />

ihr Ohr und sagte leise „Lady Godwynn verzeiht die Störung, aber<br />

ich habe die beiden von Euch gewünschten Tränke angefertigt und<br />

muss Euch dazu noch etwas sagen.“<br />

Taya nickte knapp und unterdrückte ein Lächeln. Sie spürte die<br />

Blicke <strong>der</strong> Anwesenden auf sich ruhen, beson<strong>der</strong>s den ihrer<br />

ehrwürdigen Tante, und erhob sich langsam.<br />

„Ich bitte Euch, mich zu entschuldigen. Ich habe mit dem Maester<br />

noch etwas zu besprechen.“<br />

Die gemurmelten Antworten vom Tisch her nahm sie kaum noch<br />

war. Mit raschen Schritten ging sie auf den Ausgang <strong>der</strong> Großen<br />

Halle zu, ein dünner, beige-farbener Seidenschal zog sanfte Linien in<br />

<strong>der</strong> Luft hinter ihr her und Cwelborn eilte ihr hinterher. Hinter einer<br />

Biegung hielt sie kurz inne und hob fragend eine Augenbraue.<br />

„Seid Ihr damit einverstanden, die Unterhaltung wie<strong>der</strong> in meinen<br />

Gemächern zu führen?“<br />

Cwelborn nickte kurz. „Ich werde dann die Tränke holen und in euer<br />

Zimmer kommen“ Er eilte von dannen und begab sich in sein<br />

alchemistisches Zimmer. Er h<strong>of</strong>fte er würde es beizeiten etwas<br />

ausbauen können, die Gerätschaften waren verglichen zu denen in<br />

<strong>der</strong> Zitadelle von keiner son<strong>der</strong>lich guten Qualität, aber sie würden<br />

vorerst genügen müssen.<br />

Er begab sich zu Lady Godwynns Zimmer in beiden Händen jeweils<br />

eine Flasche. Als er die Tür erreichte klopfte er kurz an. „Ich bin es,<br />

Maester Cwelborn“, und betrat das Zimmer auf ihr „Kommt herein,<br />

Maester“. Sie saß auf einem reich verzierten Stuhl mit ihrem Rücken<br />

zum Fenster, durch welches das morgendliche Sonnenlicht<br />

hereinflutete und den Raum in ein goldenes Licht tauchte. Für einen<br />

75


Augenblick wirkten <strong>der</strong> Raum und Lady Godwynn, als wären sie ein<br />

fast unwirklicher Teil einer an<strong>der</strong>en Welt.<br />

Taya setzt sich etwas auf und sah den Maester mit funkelnden<br />

Augen an. Ihr langes Haar war mit einer Klammer hochgesteckt und<br />

sie zog sich mit einer beiläufigen Geste das bernsteinfarbene Tuch,<br />

welches sie um die Brust geschlungen hatte, ein Stück höher. „Bitte,<br />

Maester Cwelborn, setzt Euch.“<br />

Er setzte sich auf den von ihr bedeuteten Platz und stellte die<br />

beiden Flaschen vor sich ab. „Ich habe Euch die beiden<br />

gewünschten Tränke gebracht. Einmal“ und damit reichte er ihr eine<br />

schlichte grüne Flasche „Mondtee, es sollte genug drin sein für 6-7<br />

Becher. Für mehr reichten bisher we<strong>der</strong> die Zeit noch die Zutaten,<br />

aber für den Anfang sollte es genügen. Ende <strong>der</strong> Woche sollte ich<br />

genug Zutaten für mehr haben so Ihr dessen bedürft.“<br />

Taya nickte mit einem süffisanten Lächeln. „<strong>Das</strong> sollte vorerst<br />

genügen.“<br />

Der Maester fuhr fort. „In dieser Flasche hingegen,“ er nahm die<br />

wesentlich kleinere, mit Silberstreifen verzierte Flasche in die Hand<br />

und betrachtet sie nachdenklich „ ist das zweite worum Ihr gebeten<br />

habt. Es ist ein Gift was ich gestern selber zusammengemischt<br />

habe.“<br />

Er hob den Kopf und schaute Lady Godwynn direkt an “Euer<br />

Wunsch ist kein so seltener und Ihr habt richtig gehört, man kann<br />

den Körper an Gift gewöhnen. Zumindest soweit, dass Ihr nur<br />

Übelkeit verspüren werdet, wenn an<strong>der</strong>e schon ihren letzten<br />

Atemzug aushauchen. Ihr euch in Krämpfen schmerzerfüllt am<br />

Boden winden werdet, während an<strong>der</strong>en schon fast <strong>der</strong> Körper<br />

76


zerfällt, so dass es vielleicht noch möglich ist, Euch mit einem<br />

Gegengift zu retten.<br />

Eines muss Euch aber bewusst sein, ist die Giftmenge zu hoch o<strong>der</strong><br />

wird gar ein Meister <strong>der</strong> Giftkunst auf Euch angesetzt, können Euch<br />

nur noch die Sieben retten. Es gibt Gifte die sind so tödlich und so<br />

schnell, vor denen kann man sich nicht schützen, weil selbst kleinste<br />

Mengen schon fatal sind.<br />

Solltet Ihr aber regelmäßig die Tränke zu Euch nehmen, solltet Ihr<br />

vor den normalen Giften bald geschützt genug sein, dass Ihr sie<br />

überlebt und ein fähiger Maester euch gesund pflegen kann.“<br />

Tayas Augen waren nun weit geöffnet und ihr verschmitztes Lächeln<br />

war einem nachdenklichen Gesichtsausdruck gewichen.<br />

„Mehr kann ich wohl nicht zu verlangen wagen. Dennoch scheint es<br />

mir eine lohnende Sache zu sein... allerdings seht Ihr aus, als ob<br />

gleich ein ‚aber‘ folgt, Maester. Wo ist <strong>der</strong> Haken an <strong>der</strong> Sache?“<br />

Er schaute sie sehr ernst an. „Es wird kein leichtes Unterfangen<br />

werden. Jemanden zu vergiften ist selbst mit meinem Wissen ein<br />

gefährliches Spiel. Weswegen ich auch noch eine Bedingung stellen<br />

muss. Nach Einnahme des Trankes werdet Ihr ein Gefühl <strong>der</strong><br />

Schwäche haben, Übelkeit bis hin zum Erbrechen, Kopfschmerzen<br />

und manchmal Fieber werden dazu gehören. Euer Körper wird sich<br />

dagegen wehren was ihr ihm einflößt. Es ist genug verdünnt, dass<br />

die Effekte nicht von langer Dauer sein sollten, aber sie werden<br />

auftreten. Es wird mit zunehmen<strong>der</strong> Gewöhnung immer weniger<br />

werden und erst dann wie<strong>der</strong> stärker werden, wenn ich die Dosis<br />

erhöhe o<strong>der</strong> neue Gifte hinzumische. Achtet also am besten darauf,<br />

dass Ihr wenn ihr den Trank nehmt, einige Zeit ungestört sein<br />

könnt.<br />

77


Taya atmete tief durch und sah einen Augenblick zur Decke. Trish,<br />

die das Zimmer geheimnisvoll und leise wie immer betreten hatte,<br />

stand mit aufgerissenen Augen da, war in einer Bewegung<br />

innegehalten und hing mit ihrem Blick an den Lippen des Maesters.<br />

Als ihr bewusst wurde, dass man sie mehr als gewöhnlich wahrnahm,<br />

errötete die Z<strong>of</strong>e, und machte sich wie<strong>der</strong> daran, einen Krug mit<br />

Trinkwasser zu füllen.<br />

Die Lady des Hauses musterte Cwelborn eine Weile, dann nickte sie<br />

wi<strong>der</strong>strebend. „Also schön, ich wäre bereit einen Versuch zu starten,<br />

schließlich hat alles seinen Preis. Wenn ich durch diese...<br />

Gewöhnung allerdings so beeinträchtigt werde, dass ich mein Haus<br />

nicht mehr führen kann...“ Sie beugte sich vor und sah Cwelborn mit<br />

einer beängstigenden Entschlossenheit an. „... dann werde ich das<br />

s<strong>of</strong>ort beenden. Ich darf nicht zulassen, dass jemand an<strong>der</strong>es hier<br />

das Ru<strong>der</strong> übernimmt, nur weil es mir zu schlecht geht. Ich h<strong>of</strong>fe,<br />

Ihr habt mich verstanden, Cwelborn. Es ist Eure Aufgabe dabei dafür<br />

zu sorgen, dass es nicht soweit kommt.“<br />

Taya entspannte sich wie<strong>der</strong> etwas und lehnte sich zurück. „Ich<br />

glaube, Ihr wolltet noch etwas hinzufügen... eine Art... For<strong>der</strong>ung?“<br />

Sie sah ihn abschätzend an und er nickte zögerlich.<br />

„Meine For<strong>der</strong>ung dient zu Eurem Schutz.“ Er nahm sich sichtlich<br />

zusammen. „Und ich muss darauf bestehen. Ihr seid die Herrin <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong>eien und <strong>der</strong> Burg, <strong>der</strong> Einwohner und von mir. Gift hat aber<br />

keine Herren, nur Opfer beson<strong>der</strong>s bei den ungeduldigen, den<br />

zuversichtlichen und denen die sich zu viel zumuten. Wenn es um<br />

dieses Gift und Eure Behandlung geht, gilt mein Wort ohne Wenn<br />

und Aber. Ansonsten kann ich Euch nicht helfen.“ Er erwi<strong>der</strong>te ruhig<br />

ihren Blick mit all dem Selbstvertrauen, welches er aufzubringen<br />

vermochte.<br />

78


Taya ließ ihren Atem langsam durch die Zähne entweichen. Es<br />

klang wie das Zischen einer Schlange. „Maester, wollt Ihr mir<br />

Verantwortungsbewusstsein absprechen? Glaubt Ihr, dass ich Euren<br />

Anweisungen nicht folgen kann?“<br />

Er fürchtete schon das schlimmste, aber er konnte in diesem Punkt<br />

einfach nicht nachgeben. Entgegen seiner Befürchtungen fing sie<br />

aber plötzlich an zu lächeln und ihre strahlend weißen Zähne hoben<br />

sich wun<strong>der</strong>schön von ihrem dunklen Teint ab. „Also gut, Maester.<br />

Ich werde das vorerst akzeptieren und genau auf Euch hören, wie<br />

Ihr es mir sagt und in dieser Sache ratet. Ich sehe, dass Ihr da in<br />

meinem Interesse handeln wollt. Und nun....,“ sie deutete auf die<br />

kleine verzierte Flasche, „dürften es genug <strong>der</strong> Worte darüber sein.<br />

Ich bin bereit. Hier und jetzt.“<br />

Ihr Lächeln täuschte ihn nicht darüber hinweg, dass er fast zu weit<br />

gegangen war. Er überlegte fieberhaft, wie er das würde Ausgleichen<br />

können. „Gut dann werden wir beginnen. Lasst eure Z<strong>of</strong>e zwei<br />

Becher zu uns bringen.“<br />

Cwelborn holte währenddessen aus seinem Umhang eine kleine<br />

durchsichtige Phiole, in <strong>der</strong> eine milchige Flüssigkeit enthalten war.<br />

„Ein Gegengift“ erklärte er ihr „<strong>der</strong> Trank ist zwar verwässert, aber<br />

Menschen reagieren unterschiedlich stark auf Gifte und sollte die<br />

erste Dosis zu stark sein, wird es Euch retten.“ Die Z<strong>of</strong>e brachte die<br />

beiden Becher und stellte sie vor ihm auf einen kleinen Tisch ab.<br />

Cwelborn nahm die Giftflasche und goss ihren Inhalt zu gleichen<br />

Teilen in die Becher ein. Ein süßlicher, aber irgendwie<br />

unangenehmer Duft füllte den Raum.<br />

„Lady Godwynn? Sucht bitte einen Becher aus, aber nehmt ihn noch<br />

nicht“.<br />

Sie tat worum er gebeten hatte und deutete auf den linken <strong>der</strong><br />

beiden Becher. Er nahm ihn in die Hand, schaute ihr tief in die<br />

79


Augen und leerte ihn dann in einem Zug. Er schloss die Augen wohl<br />

wissend, was gleich passieren würde. Fast s<strong>of</strong>ort überkamen ihn<br />

Übelkeit und stechende Schmerzen, aber die Dosis schien richtig<br />

gewesen zu sein. Nach einiger Zeit vergingen die Schmerzen wie<strong>der</strong><br />

und die Übelkeit blieb nur als dumpfes, undefiniertes Unwohlsein<br />

zurück. Als er die Augen wie<strong>der</strong> öffnete sah er, dass die Z<strong>of</strong>e<br />

sichtlich erschrocken war, während sich auf Lady Godwynns Gesicht<br />

hingegen lediglich Überraschung zeigte.<br />

Er sagte mit leiser Stimme „Wie ihr seht, es ist kein schönes<br />

Erlebnis. Jedes Mal wenn ich Euch das Gift zubereitet hab, werde ich<br />

Euch diese Wahl geben und ich werde jedes Mal als erster trinken,<br />

damit Ihr sicher sein könnt, dass euch keine Gefahr droht.<br />

Ein weiteres noch, ich werde diese Flasche nie aus meinen Augen<br />

lassen und das Gift immer nur in ihr abfüllen. Sollte euch jemand<br />

an<strong>der</strong>es sie bringen o<strong>der</strong> ich euch eine an<strong>der</strong>e anbieten, wisst ihr<br />

etwas stimmt nicht und ihr solltest um keinen Preis davon trinken.<br />

Wenn ihr trotzdem noch fortfahren wollt, nehmt den Becher und<br />

trinkt.”<br />

Einen Moment lang war Taya zu verblüfft, um ihm zu antworten. Sie<br />

hatte nicht damit gerechnet, dass er auch von dem Gift trinken<br />

würde, um so sein Schicksal mit ihrem zu verbinden. Seine Loyalität,<br />

die aus seinen Taten und seinem Plan sprach, rührte sie sogar etwas.<br />

Schließlich fand die junge Frau zurück zu ihrem Lächeln. „Ihr habt<br />

an alles gedacht, Maester, meinen Respekt. Nun denn… zum Wohl…<br />

h<strong>of</strong>fentlich.“<br />

Sie griff unsicher nach dem Becher und hielt ihn vor sich hoch. <strong>Das</strong><br />

Lächeln war augenblicklich wie<strong>der</strong> verschwunden, und auf Tayas<br />

Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Ihre Hand begann zu<br />

zittern und <strong>der</strong> Inhalt schwappte hin und her. Reiß dich zusammen,<br />

man könnte meinen, du hast das Zeug schon getrunken!<br />

80


Sie schloss die Augen und führte den Becher eilig zum Mund. Mit<br />

zwei bis drei hastigen Schlucken würgte sie den Inhalt hinunter und<br />

atmete aufgeregt. <strong>Das</strong> Zeug schmeckte bitter wie pure Galle und<br />

zuerst dachte sie, sie würde bis auf den wi<strong>der</strong>lichen Geschmack gar<br />

nichts spüren. Doch dann kam <strong>der</strong> Schmerz, ein ganz unglaublicher<br />

Schmerz. Es fühlte sich an, als würde ihr jemand ein glühendes<br />

Schwert in die Magengegend rammen.<br />

Taya riss die Augen entsetzt auf und schrie hoch und schrill. Dann<br />

krümmte sie sich zusammen und fiel von ihrem Sessel. Trish ließ vor<br />

Schreck den Krug fallen und er zerbarst in hun<strong>der</strong>te von Scherben.<br />

Der Maester beobachtete die Szene fasziniert und entsetzt zugleich,<br />

unfähig sich zu bewegen.<br />

Taya rappelte sich stöhnend wie<strong>der</strong> auf, als <strong>der</strong> Schmerz langsam<br />

nachließ. Sie spürte nun ein Brennen im Hals und begann zu<br />

keuchen. Die glühende Hitze nahm weiter zu und Schweiß lief ihr<br />

in Strömen über das Gesicht. <strong>Das</strong> Atmen fiel ihr immer schwerer, bis<br />

sie schließlich keine Luft mehr bekam. <strong>Das</strong> Gesicht <strong>der</strong> Lady<br />

verfärbte sich purpurn und sie riss sich hektisch den Schal vom<br />

Hals.<br />

Trish war nun herbeigesprungen, stand mit tränennassen Augen<br />

hinter Taya und gestikulierte wild in ihrer stummen und hilflosen<br />

Art, während Cwelborn nun endlich aus seiner Starre erwachte und<br />

panisch nach dem Gegenmittel griff.<br />

Doch dann sog Taya tief und pfeifend Luft ein. Ihr Brustkorb hob<br />

und senkte sich sehr rasch und sie begann sich zu beruhigen, als<br />

sich ihre Lunge wie<strong>der</strong> mit Luft füllte. Unwirsch schob sie die Z<strong>of</strong>e,<br />

die ihr aufhelfen wollte, beiseite, ebenso wie den Maester mit dem<br />

Gegengift. Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen.<br />

„Es… es ist schon gut… es geht wie<strong>der</strong>… Teufelszeug…“<br />

81


Sie richtete sich auf und atmete mit geschlossenen Augen einige<br />

Sekunden tief durch, und kam immer mehr zur Ruhe. Ihr<br />

gewickeltes Tuch hatte sich unter ihrem Schmerzenskrampf gelöst<br />

und so hoben sich ihre nackten Brüste im Takt ihrer Atmung immer<br />

wie<strong>der</strong> und glänzten im Licht <strong>der</strong> einfallenden Sonne.<br />

Die Hitze, die Taya im Hals gespürt hatte, schien nun in ihr immer<br />

tiefer zu wan<strong>der</strong>n. Sie erfüllte ihre Brust, so dass Taya das Gefühl<br />

hatte, ihre Brustwarzen würden kochen. Dann war diese<br />

unnatürliche Wärme in ihrem Magen und verursachte kurz ein<br />

Gefühl <strong>der</strong> Übelkeit. Schließlich kam sie in ihren Lenden an… eine<br />

Wärme, die nun kaum noch unangenehm war… eine Hitze, die sich<br />

in ihrem Schoß in pure Lust zu verwandeln schien. Vorsichtig<br />

berührte sie ihre Scham und rechnete fast damit, sich zu<br />

verbrennen… dieses Gefühl! Sie erschau<strong>der</strong>te und öffnete die Augen.<br />

Ihr Blick ließ den Maester einen Schritt zurückweichen. Er<br />

befeuchtete nervös seine Lippen.<br />

„Mylady… ich… seid Ihr… geht es Euch…“<br />

Taya setzte ein Lächeln auf, das anfangs noch etwas gequält wirkte,<br />

sich aber zunehmend entspannte. Sie zog sich die Klammer aus dem<br />

Haar und ließ es lang über ihre Schultern fallen.<br />

„Oh, es war schlimm, Cwelborn. Aber es wird wie<strong>der</strong> besser. Sieht so<br />

aus, als hättet ihr eure Arbeit gut gemacht, Maester. Und nun…“ Sie<br />

öffnete auch das zweite Tuch um ihre Lenden und ließ es zu Boden<br />

gleiten. Die pulsierende Hitze in ihrem Unterleib pochte<br />

unbeherrschbar. „… sollten wir testen, ob auch Euer an<strong>der</strong>es Gebräu<br />

hält, was es verspricht.“<br />

Ihre weißen Zähne blitzten auf, als sie ihn mit beiden Händen stieß<br />

und er zurück auf den Sessel fiel. Dann nahm sie sich den leeren<br />

82


Becher und schenkte sich einen Schluck aus <strong>der</strong> grünen Flasche ein.<br />

Cwelborn sah sie irritiert an. „Lady Godwynn, ich weiß nicht, ob…“<br />

„Taya. Lady Taya. Diesen Nachnamen konnte ich noch nie<br />

son<strong>der</strong>lich leiden.“ Mit einem lustvollen Blick kniete sich Taya vor<br />

ihn hin und schob langsam die Robe des Maesters nach oben. Ob<br />

<strong>der</strong> Hitze trug er nur eine kurze Leinenhose darunter, die Taya mit<br />

einem heftigen Ruck herunterzog. Leidenschaftlich begutachtete sie<br />

sein nun freiliegendes Gemächt, dann sah sie ihn an und beugte sich<br />

etwas zu ihm nach oben. Ihre kleinen festen Brüste berührten seinen<br />

Schoß zärtlich und Taya spürte, wie seine Männlichkeit zunehmend<br />

härter und größer wurde. Sie lächelte und strich weiter mit ihren<br />

harten Brustwarzen über seine nackte Haut, während sie seinem<br />

Gesicht immer näher kam.<br />

„So etwas lernt ihr nicht in Old Town, was Maester? Aber wenigstens<br />

funktioniert alles noch.“ Cwelborn beugte sich ein wenig zu ihr<br />

hinunter, er wollte sie küssen, doch Taya entzog sich ihm mit einem<br />

schelmischen Grinsen. Dann öffnete sie ihre Lippen und umschloss<br />

die Spitze seines Geschlechts mit ihrem Mund.<br />

Ihre langen Haare hingen herab und verbargen das Lustspiel, doch<br />

<strong>der</strong> Maester stöhnte leise auf, als Taya ihren Kopf immer wie<strong>der</strong> hob<br />

und senkte.<br />

Schließlich gab sie ihn frei und stand auf. Sie war groß und ihre<br />

Beine schienen nicht enden zu wollen. Verführerisch stieg sie über<br />

Cwelborn und setzte sich vorsichtig auf seinen Schoß. Die Hitze in<br />

ihren Lenden schien zu explodieren, als er in sie eindrang und sie<br />

schrie auf, beinahe noch lauter als vor einigen Minuten, als sie das<br />

Gift zu sich nahm.<br />

83


Taya bewegte sich auf ihm, ließ ihre Hüften kreisen, stieß<br />

schließlich immer heftiger vor und zurück, bis sich sein Saft in ihr<br />

ergoss. <strong>Das</strong> dritte Gebräu, was ihr mir heute verabreicht, Maester.<br />

Dann erhob sie sich von ihm und spürte, wie ihr die feuchte Wärme<br />

an den Schenkeln hinablief. Sie sah ihn noch einmal an, dann ging<br />

sie langsam zum Fenster hinüber. Taya drehte dem Maester den<br />

Rücken zu und verschränkte die Arme.<br />

„Es ist besser, wenn ihr nun geht. Wir verfahren weiterhin so, wie…“<br />

Sie hustete kurz und räusperte sich belegt. „… wie wir es besprochen<br />

haben. Ich… ich muss jetzt etwas ruhen, ich fühle mich nicht so<br />

gut.“<br />

Sie biss die Zähne zusammen und h<strong>of</strong>fte inständig, dass Cwelborn<br />

ohne viel Aufsehen verschwinden würde. Nachdem die wallende<br />

Hitze in ihrem Unterleib besänftigt war, fühlte sie sich müde und<br />

krank. Er tat ihr den Gefallen, und als die Tür zu ihrem Gemach ins<br />

Schloss fiel, beugte sie sich über ihre leere Waschschüssel und<br />

erbrach s<strong>of</strong>ort ihr Frühstück. Dann taumelte sie in ihr Bett und<br />

schloss müde die Augen, während Trish ihr ein kaltes Tuch auf die<br />

Stirn legte und die Waschschüssel entsorgte.<br />

84


Chuck<br />

Der alte Mann torkelte langsam die Straße entlang und schien dabei<br />

keine Aufmerksamkeit für seine Umgebung zu haben. Mal trat er in<br />

eine Pfütze aus Abfall, mal in einen Scheißhaufen o<strong>der</strong> was auch<br />

immer die Menschen vor ihre Haustür ausgekippt haben mögen.<br />

Einmal fiel er sogar vornüber in den Dreck und kam nur schwer<br />

hoch. Allerdings schien er mehr an <strong>der</strong> Unversehrtheit seines<br />

Holzbechers interessiert zu sein, als an seiner Eigenen. Die Straßen<br />

im Dorf waren nichts weiter als schlammige Gassen, die selbst<br />

durch die große Hitze nie richtig trocken wurden. Nur die<br />

Hauptstraße zur Burg war grob gepflastert und bot am Rand jeweils<br />

eine Rinne für die Abfälle.<br />

Im Vorbeigehen hörte <strong>der</strong> Mann ein Gespräch zwischen zwei<br />

Händlern. Einer <strong>der</strong> beiden kam anscheinend aus Riverrun und<br />

hörte dem ortsansässigen Händler zu, während er seine Geschichte<br />

darbot.<br />

“.... mit einem Schmied. Könnt ihr Euch vorstellen, was für eine<br />

Demütigung das für das Haus Godwynn war?”<br />

“Und was haben sie getan?”, fragte <strong>der</strong> Händler aus Riverrun<br />

ungläubig.<br />

“Den Gerüchten zufolge... Nichts. Die Verlobung wurde annulliert,<br />

aber das Gold hat das Haus Godwynn nie wie<strong>der</strong> gesehen.” Er<br />

beugte sich etwas näher an sein Gegenüber und sprach etwas leiser<br />

weiter. “Angeblich hat Lady Taya bereits eine Abordnung ihrer<br />

besten Schwerter geschickt um das Gold einzufor<strong>der</strong>n und …..”<br />

85


Der alte Mann hatte genug gehört und torkelte weiter, diesmal aber<br />

etwas schneller. Nach einigen Minuten erreichte er sein Ziel und<br />

wurde von seinen Kameraden bereits erwartet.<br />

“Schhhuck! Daaa bissu ja endlich,” stammelte Jones und prostete<br />

Chuck zu, während die an<strong>der</strong>en beiden nur betrunken da saßen und<br />

ihre Becher mit Wein füllten und in einem Zug leerten. Chuck setzte<br />

sich an den Tisch, nahm einen großen Schluck Wein und fing an,<br />

ihnen die Geschichte des Händlers zu erzählen…<br />

<strong>Das</strong> Gasthaus war nur zur Hälfte belegt und die Gäste waren alles<br />

an<strong>der</strong>e, als wohlhabende Menschen. Hier traf sich das gemeine Volk,<br />

ob Bettler, Hufschmied o<strong>der</strong> Hure. Die Ausstattung war einfach, es<br />

standen robuste große Holztische und ebenso primitive Holzstühle<br />

verteilt im Raum und je<strong>der</strong> nutzte sie, wie er wollte. An den Wänden<br />

waren große Holzbänke aufgestellt und einige wenige Zierobjekte<br />

schmückten die kalten Wände.<br />

Trotz einiger Fenster war es im Inneren zu dunkel, so dass <strong>der</strong> Raum<br />

permanent mit Öllampen erhellt werden musste und je<strong>der</strong> neue Gast<br />

erst einmal Zeit brauchte, um seine Augen an die Dunkelheit zu<br />

gewöhnen.<br />

Die seltsame Gestalt, die soeben das Gasthaus betrat, blickte sich<br />

langsam um und musterte die anwesenden Gäste sehr genau. Es<br />

schien so, als wäre er auf <strong>der</strong> Suche nach jemanden. Der Wirt<br />

bemerkte den Neuankömmling zwar, schenkte ihm aber keine<br />

Beachtung. Stattdessen scheuchte er seine Frau und seine zwei<br />

Töchter, die kaum älter als 10 o<strong>der</strong> 11 sein konnten, herum damit sie<br />

den Gästen ihr Essen und ihre Getränke bringen konnten.<br />

Erst als sich die Gestalt dem Wirt näherte, schenkte dieser ihr seine<br />

Aufmerksamkeit. Er vermochte nicht viel zu erkennen, da diese<br />

86


Person einen großen schwarzen Umhang trug und die Kapuze<br />

sowohl Kopf, als auch das Gesicht verdeckten.<br />

Für den Wirt waren solche Gestalten nichts Neues, aber dennoch<br />

bekam er jedes Mal das Gefühl, dass es gleich Ärger geben könnte.<br />

“Was zu Essen und drei Krüge Wein.” war das Einzige, was die<br />

Gestalt sagte. Sie legte ein paar Silberhirsche hin und setzte sich an<br />

einen größeren Tisch in <strong>der</strong> Ecke des Raumes, mit dem Gesicht zur<br />

Wand, während <strong>der</strong> Wirt verdutzt auf die Münzen schaute und dann<br />

geschwind in <strong>der</strong> Küche verschwand und seine Frau anbrülle, dass<br />

sie sich beeilen sollte.<br />

Wenige Augenblicke später torkelten Chuck, Jones, Barry und<br />

Whistler angetrunken in das Gasthaus. Chuck blieb jedoch abrupt<br />

nach <strong>der</strong> Tür stehen weil er in seinem Zustand nicht viel erkennen<br />

konnte, was seine Gefährten nicht ahnten und gegen ihn prallten.<br />

Chuck konnte dem nichts Entgegensetzen und fiel lautstark<br />

fluchend zu Boden, während die An<strong>der</strong>en nur schadenfroh lachten.<br />

Die Vier waren für den Wirt keine Unbekannten aber zu seiner<br />

Überraschung nahmen sie an dem Tisch des Fremden Platz und<br />

machten sich über das Essen und den Wein her.<br />

“Ihr kommt spät,” begann <strong>der</strong> Fremde, als nur noch <strong>der</strong> Wein übrig<br />

war. “Chuck wurde aufgehalten,” antwortete Whistler, <strong>der</strong> als<br />

Einziger noch bei relativ klarem Verstand war.<br />

“<strong>Das</strong> Einzige was ihn aufhält, ist er selber.”<br />

“Daaass nich' wahr!” entgegnete dieser abweisend und versenkte<br />

seine Nase wie<strong>der</strong> im Weinbecher.<br />

“Sei’s drum. War es wenigstens wichtig?” wollte <strong>der</strong> Fremde wissen.<br />

Whistler erzählte ihm daraufhin die Geschichte in Kurzform und<br />

87


übertrieb dabei natürlich maßlos, aber den Fremden schienen die<br />

genauen Details weniger zu interessieren. Stattdessen saß er einige<br />

Augenblicke schweigend da, bevor er schließlich antwortete.<br />

“Dann ist es also wahr. Nun gut.” er legte 16 Silberhirsche auf den<br />

Tisch, vier für jeden. “Ich möchte, dass ihr nach Miner‘s Fortune<br />

geht und euch dort umhört. Schickt mir einen Raben, solltet ihr<br />

etwas Brauchbares herausfinden und macht euch danach auf den<br />

Weg nach Riverrun. Ihr werdet dort bereits erwartet.”<br />

“Wie ihr wünscht.” antwortete Whistler und steckte das Silber ein.<br />

Der Fremde stand ohne ein weiteres Wort auf und ging, während<br />

Whistler und seine 3 Gefährten den Rest des Weines leerten und sich<br />

lautstark amüsierten. Er folgte <strong>der</strong> Straße nach Osten, dort gab es<br />

einen Kontaktmann in einem kleinen Dorf, nur ein paar Wegstunden<br />

entfernt. Von da aus konnte er seinem Herrn in aller Stille einen<br />

Raben schicken und ihm die Neuigkeiten mitteilen. Er fragte sich,<br />

was er von dieser ganzen Sache halten würde, o<strong>der</strong> ob es ihn<br />

überhaupt interessieren wird…<br />

88


Cwelborn<br />

Er lag auf seinem Bett aber <strong>der</strong> Schlaf wollte einfach nicht kommen.<br />

Den ganzen Tag hatte er es geschafft sich mit Arbeit abzulenken,<br />

aber jetzt wo er alleine war kehrten seine Gedanken wie<strong>der</strong> zu dem<br />

zurück was am Morgen passiert war.<br />

Die Idee von dem Gift selber zu trinken war ihm spontan<br />

gekommen, aber sie hatte <strong>of</strong>fensichtlich den richtigen Eindruck<br />

erweckt. Doch was dann folgte.. er hatte mit vielem gerechnet aber<br />

nicht damit, dass sie sich ihm hingeben… wobei nein das war<br />

irgendwie nicht das richtige Wort. Sie hatte nichts gegeben, sie hatte<br />

genommen was sie wollte. Etwas was ihm zuvor noch bei keiner Frau<br />

so passiert war, er konnte aber auch nicht bestreiten wie sehr es ihm<br />

gefallen hatte. Alleine bei dem Gedanken daran merkte er, wie sehr<br />

es ihn auf ein Neues erregte.<br />

„Schon wie<strong>der</strong>? Wirklich? Du bist ein Maester kein 15 jähriger Junge.<br />

Ein wenig mehr Selbstkontrolle vielleicht?“ schimpfte er innerlich<br />

mit sich selber.<br />

Da er gleichzeitig aber nicht ihren Anblick aus dem Kopf<br />

bekommen konnte, ihren wohlgeformten Körper, die Weichheit ihre<br />

Haut, wie sie mit ihm gespielt hatte, ihr lustvolles...<br />

Er gab den inneren Kampf einfach auf und verbrachte die nächsten<br />

Minuten damit sich selbst Abhilfe zu verschaffen.<br />

Nicht das er dem Schlaf jetzt näher gekommen war, so wie sein<br />

Herz jetzt klopfte und <strong>der</strong> Atem viel zu unruhig ging, aber immerhin<br />

würde er nicht mehr als Balanceakt über dem Bett schweben, wenn<br />

er sich auf den Bauch zu legen versuchte.<br />

89


Was ihm aber mehr Sorgen bereitete, war wie er sich gefühlt hatte als<br />

sie das Gift nahm. Es war das erste Mal gewesen, dass er eines seiner<br />

Gemische an einem Menschen außer sich selbst ausprobiert hatte.<br />

Ein Tropfen von dem einen Gift mehr, eine Spur von dem<br />

Pflanzenextrakt dort und sie wäre nicht lebend aus dem Zimmer<br />

gekommen o<strong>der</strong> vielleicht gelähmt gewesen, so unfähig zu sprechen<br />

wie ihre Z<strong>of</strong>e. Es war ein berauschendes Machtgefühl gewesen,<br />

gleichzeitig unglaublich verlockend aber auch grade deswegen so<br />

furchteinflößend.<br />

Er konnte besser den je verstehen, warum diese Kunst von vielen so<br />

begehrt und doch gefürchtet war. Je<strong>der</strong>, selbst ein halber Krüppel<br />

wie er, konnten damit einen Gegner vernichten durch einen simples<br />

Getränk, einen Tropfen in eine <strong>of</strong>fene Wunde, einen harmloser<br />

Kratzer mit einem Dorn und ohne jede Vorwarnung.<br />

Er vergrub sein Gesichts ins Kopfkissen<br />

„Was ein exzellenter Start als Maester.<br />

Tag eins.. du kommst an stellst fest <strong>der</strong> Septon verachtet dich, Taya<br />

ignoriert deinen Ratschlag und startet vielleicht einen Krieg<br />

deswegen und die nächste Verwandte von ihr will dich mit Blicken<br />

töten, weil du vorgeschlagen hast ihren Neffen mit <strong>der</strong> Familie ihres<br />

Erzfeindes zu verkuppeln.<br />

Tag zwei.. du gehst fast zu weit mit deiner For<strong>der</strong>ung Lady Taya<br />

gegenüber, bringst sie danach fast um, damit es abwechslungsreich<br />

bleibt brichst du deine Eide gegenüber <strong>der</strong> Zitadelle indem du mit<br />

ihr vögelst, oh und nebenbei stellst du fest, dass dir vergiften<br />

vielleicht zu viel Spaß macht und du Talent hättest einer dieser<br />

unheimlichen Giftmör<strong>der</strong> zu werden, die man dann vorsichtshalber<br />

verbrennen lässt. Genau so hatte ich mir das vorgestellt.. kann man<br />

an zwei Tagen mehr Fehler machen?."<br />

90


Er blieb noch ein paar Minuten so liegen, stand dann aber auf. Der<br />

Schlaf würde heute wohl eh nicht mehr kommen. Er brauchte ein<br />

paar Augenblicke bis er im Dunkeln die Kerze angezündet hatte.<br />

Draußen war alles ruhig, bis auf das leise Gelächter zweier Männer<br />

vielleicht ein paar <strong>der</strong> Nachtwächter, die sich über ihre neusten<br />

Eroberungen bei den Bauernmädchen erzählten. Vor sich sah er den<br />

immer noch mit Papieren und Büchern vollgestapelten Schreibtisch<br />

stehen. Er seufzte leise, wenn er eh schon nicht schlafen konnte,<br />

könnte er diese auch durchschauen und festlegen, welche davon an<br />

die Zitadelle geschickt werden sollten und welche ins Feuer<br />

gehörten.<br />

Die erste Stunde verbrachte er damit, sich durch die losen Blätter zur<br />

arbeiten. Maester Leran hatte viele Aufzeichnungen gemacht über<br />

die Burg, die Wetterlage und über Astronomie. Viele Notizen<br />

betrafen aber Aufgaben o<strong>der</strong> Ereignisse die schon lange zurück<br />

lagen. Er fand wenig in ihnen, was wirklich von Nutzen war o<strong>der</strong> er<br />

nicht schon über Rolfe erfahren hatte. Wirklich interessant waren<br />

eigentlich nur ein paar Wetterberechnungen für den nächsten Monat,<br />

eine recht genaue Karte <strong>der</strong> Umgebung auf <strong>der</strong> Maester Leran<br />

eingezeichnet hatte wo er welche Kräuter gefunden hat und zuletzt<br />

noch eine kleine Abhandlung über einige seiner Erfahrungen in <strong>der</strong><br />

Behandlung von Krankheiten.<br />

Danach widmete er sich den Büchern, aber auch da war auf den<br />

ersten Blick wenig Bemerkenswertes drunter. Einige Schriften zur<br />

Heilkunde, ein Geschichtsbuch und ein weiteres über die großen<br />

Häuser. Alles Werke die fast je<strong>der</strong> Maester als Privatbibliothek mit<br />

sich brachte, wenn er irgendwo eine Stellung antrat. Er würde sie bei<br />

nächster Gelegenheit zur Zitadelle zurück schicken lassen, wo sie<br />

vermutlich einem Novizen überlassen werden würden.<br />

Übrig blieben nur noch ungefähr ein dutzend vollgeschriebener<br />

Bücher, die wohl so etwas wie ein Tagebuch von Maester Leran<br />

91


darstellten. Eigentlich hatte er kein allzu großes Interesse dran sie<br />

zu lesen, aber es war eh noch mitten in <strong>der</strong> Nacht und im<br />

schlimmsten Fall würden sie ihm wohl beim einschlafen helfen<br />

können.<br />

Überraschen<strong>der</strong>weise waren sie fast interessanter als die restlichen<br />

Papiere. Es erleichterte ihn sehr zu lesen, dass auch Maester Lerans<br />

Ankunft nicht ganz fehlerfrei von statten gegangen war.<br />

Er hatte bei seiner Ankunft einem jungen Burschen im H<strong>of</strong><br />

aufgetragen sich ums Pferd zu kümmern und dann, als er diesem<br />

eine Ohrfeige geben wollte weil er sich weigerte, klärte ihn ein<br />

Soldat mit gezogenem Schwert auf, dass niemand dem jungen Lord<br />

schlagen würde.<br />

Was ihn aber nicht dran hin<strong>der</strong>te in späteren Jahren, beson<strong>der</strong>s nach<br />

dem Tod des alten Lord, eine enge und vertraute Beziehung zu<br />

Ulmar aufzubauen. Viele <strong>der</strong> Einträge handelten davon wie er ihm<br />

nicht nur wichtigen Rat gab, son<strong>der</strong>n auch bei fast jedem Fest,<br />

jedem Turnier und je<strong>der</strong> Reise als Freund dabei war.<br />

Cwelborn las sich weiter durch die unregelmäßigen Einträge, einige<br />

Teile schnell überspringend über an<strong>der</strong>en länger verweilend, bis<br />

dann in einem <strong>der</strong> Bücher ein Eintrag kam, <strong>der</strong> ihn beson<strong>der</strong>s<br />

aufmerksam werden ließ.<br />

4te Tag des 12te Monats 286<br />

Endlich habe ich Ulmar überzeugen können, dass er sich eine Frau<br />

suchen muss. <strong>Das</strong> Haus braucht einfach einen wirklichen Erben und<br />

jetzt wo sein Bru<strong>der</strong> nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist, muss er einfach<br />

einen Sohn zeugen. Wenn er jetzt nur noch auf mich hören würde<br />

und mich für ihn eine geeignete Verbindung auswählen lassen. Es<br />

gibt so viele gute Kandidatinnen die uns Vorteile bringen würden.<br />

92


Er in seinem Stolz will sich aber seine Frau selber aussuchen und<br />

natürlich will er nicht irgendeine, nein es muss eine aus Dorne sein<br />

in Andenken an die Familiengeschichte.<br />

Als ich ihm angeboten hab, dann in Dorne eine passende für ihn zu<br />

finden hat er nur gelacht und gesagt<br />

„Maester ich kenne euch jetzt lange genug. Ihr würdet mir eine<br />

perfekte Frau suchen, etwas älter, etwas gesetzter mit den richtigen<br />

Verbindungen, aber ich bin ein Mann in den besten Jahren ich<br />

brauche mehr. Wenn ich was Abgehangenes will, rufe ich den Koch<br />

herbei und lass mir was herrichten. Meine Frauen bevorzuge ich aber<br />

dann doch zart und blutig.“<br />

Mir war schon des längeren nicht verborgen geblieben, dass er bei<br />

seinen Huren die sehr jungen bevorzugte, aber für so etwas bezahlt<br />

man und hat seinen Spaß, aber ist doch keine Grundlage für eine<br />

Heiratspolitik. Ich h<strong>of</strong>fe er nimmt noch Verstand an und folgt nicht<br />

nur seiner Wollust.<br />

15te Tag im 4ten Monat 287<br />

Heute kam er aus Dorne zurück. Er hat sich tatsächlich ein kleines<br />

Mädchen gekauft. Mit stolzgeschwellter Brust hat er mir verkündet<br />

er hätte sie in einer Taverne in <strong>der</strong> er geschlafen hat gefunden und<br />

sie soll eine <strong>der</strong> „Sandvipern“ sein. Ihre Mutter hätte ihm das<br />

glaubhaft versichert. Natürlich hatte sie keinen Beweis und<br />

natürlich hat er sich auch noch gleich ein paar <strong>der</strong> echten Schlangen<br />

mitgenommen. <strong>Das</strong> Mädchen soll in kürze hier eintreffen. Die<br />

Mutter hat wohl darauf bestanden, dass sie noch bis zur Hochzeit<br />

bei ihr bleibt. Ich will gar nicht wissen, wie viel er für sie und ihr<br />

angebliche Abstammung bezahlt hat.<br />

93


23te Tag des 6ten Monats 287<br />

Vor ein paar Tagen ist die neue „Herrin des Hauses“ angekommen.<br />

Die Kleine sieht zugegeben hübsch aus und machte bei ihrer<br />

Ankunft einen fröhlichen Eindruck, aber für ein adelloses<br />

Bastardkind all die guten Möglichkeiten sich entgehen zu lassen...<br />

welch Verschwendung. Wenn es nach mir ginge, würde er seinen<br />

Spaß mit ihr haben und sie dann ins nächste Bordell verfrachten<br />

lassen. Mit dieser Heirat macht er sich nur zum Gespött <strong>der</strong><br />

Umgebung und senkt den Stand <strong>der</strong> Familie. Wie sehr ihm an ihr<br />

liegt kann man schon daran sehen, dass er die kleine .. oh nein<br />

inzwischen ja Lady Taya.. kaum das sie angekommen war, vor den<br />

Septon geschleift hat und dann sich direkt vom Festmahl<br />

verabschiedet hat mit <strong>der</strong> Begründung, dass er einen Erben zu<br />

zeugen habe.<br />

1ste Tag des 9ten Monats 287<br />

Lady Taya kam heute mal wie<strong>der</strong> zu mir und bat um einige Salben.<br />

Lord Ulmar hat sie schon wie<strong>der</strong> geschlagen, weil sie nicht gefügig<br />

genug war o<strong>der</strong> zu gefügig? Es ist manchmal schwer zu sagen. Er<br />

scheint es ihr übelzunehmen, dass sie noch nicht schwanger ist und<br />

beschwert sich abwechselnd bei mir darüber, dass sie zu unterwürfig<br />

ist o<strong>der</strong> nicht elanreich genug. <strong>Das</strong> sein Traum eines kleinen<br />

Mädchens aus Dorne welches ihn anhimmelt und am laufenden<br />

Band Kin<strong>der</strong> gebärt nicht funktioniert, scheint er als persönlichen<br />

Angriff zu empfinden und verletzt seinen Stolz. Aber gut er wollte es<br />

ja unbedingt so. Plötzlich brach sie dann neben mir in Tränen aus<br />

und fragte mich,<br />

94


„Maester Leran? Warum muss das Leben so sein? Könnt ihr nichts<br />

machen, damit er aufhört jede Nacht in mich....“ sie senkte den Kopf<br />

“und mich zu schlagen? Ich mache doch alles was er verlangt.“<br />

Ich wusste nicht so recht was ich darauf erwi<strong>der</strong>n sollte. Sicher<br />

momentan war es sicher nicht leicht für sie ihn zufrieden zu stellen,<br />

aber er hatte sie vor weit schlimmeren bewahrt. Welche Tochter<br />

einer Hure konnte schon damit rechnen von einem Lord geheiratet<br />

zu werden?<br />

„Lady Taya ihr werdet schon noch lernen ihn zu lieben und ihn<br />

glücklich zu machen. Seid froh, dass euch das Schicksal hierher<br />

verschlagen hat. In <strong>der</strong> Taverne eurer Mutter hättet ihr dasselbe mit<br />

jedem Mann machen müssen <strong>der</strong> vorbeikommt und ein paar<br />

Groschen über hat. Gebärt ihm bald ein Kind und er wird sich euch<br />

gegenüber besser verhalten. Er ist ein großer und reicher Mann <strong>der</strong><br />

einen Erben braucht und dafür hat er euch gekauft und teuer bezahlt<br />

und solange er nicht den Gegenwert erhalten hat, hat er jeden Grund<br />

dazu mit euch unzufrieden zu sein.“<br />

Sie weinte noch eine ganze Weile, bis ihr irgendwann die Tränen<br />

auszugehen schienen und ich erwartete sie dankbar zu sehen für<br />

meinen Ratschlag, aber als ich in ihre Augen sah.. auch wenn Lord<br />

Ulmar es noch nicht wusste, er hatte sich wirklich eine Viper<br />

eingefangen. Ihr Blick war so voller Verachtung für mich, es kostete<br />

mich viel Mühe ihm standzuhalten.<br />

„Danke Maester für eure.. Worte. Ich werde stets in Erinnerung<br />

behalten, was ihr mir gesagt habt“<br />

95


12te Tag im 12ten Monat 287<br />

Lord Ulmar ist Tod. Auch wenn wir <strong>of</strong>t an<strong>der</strong>er Meinung waren,<br />

Trauer ich um ihn, denn er war ein guter Freund, ein gerechter Lord.<br />

Warum konnte er es nicht einfach lassen? Er musste ja mit den<br />

Schlangen spielen.<br />

„Keine Sorge Maester, ihr kennt doch unsere Familiengeschichte.<br />

Die Schlangen würden mir niemals was tun, außerdem“ hier hatte er<br />

einen lüsternen Blick auf Lady Taya geworfen“ ich hab ja schon eine<br />

Schlange gezähmt, dann werden die hier mich auch nicht beißen.“<br />

So sehr kann man sich irren. Am ersten Tag bissen sie ihn nicht, am<br />

zweiten auch nicht, am dritten ließ er alle Vorsicht fallen und am<br />

vierten griffen sie ihn alle gleichzeitig an. Bis ich mit einem<br />

Gegengift zur Stelle sein konnte, war er schon längst Tod.<br />

<strong>Das</strong> abergläubische Volk wird jetzt vermutlich spekulieren, dass<br />

Lady Taya die Schlangen irgendwie auf ihn gehetzt hat, aber sie war<br />

zu dem Zeitpunkt bei mir und ich unterrichtete sie grade in lesen<br />

und schreiben.<br />

Ich muss aber zugeben, als ich ihr die Nachricht brachte Lord<br />

Ulmar sei Tod und das leichte Lächeln auf ihren Lippen sah, war<br />

auch ich mir eine Sekunde lang unsicher.<br />

14te Tag im 12ten Monat 287<br />

Es kommt wie ich erwartet hab, er ist noch nicht wirklich kalt und<br />

schon geht <strong>der</strong> Kampf darum los, wer jetzt das Haus anführen soll.<br />

Die Blutlinie ist mit Ulmars Tod an sich erloschen und ich mache<br />

mir Sorgen, wie es wohl mit dem Haus weitergehen soll. Lady<br />

Eleonore würde sich am liebsten an <strong>der</strong> Spitze sehen, aber seitdem<br />

96


ihr Mann enterbt wurde, ist ihr Anspruch eher schwach. Der Septon<br />

hat einen entfernten Verwandten von Lord Ulmar ins Spiel gebracht,<br />

<strong>der</strong> kurz davor steht seine Priesterweihen zu nehmen und sicherlich<br />

leicht von ihm beeinflussbar wäre. Zu allem übel hat auch schon<br />

Haus Lannister Boten gesandt, die auf eine baldige Lösung<br />

drängen, weil sie das „wichtige Grenzland“ nicht unbesetzt sehen<br />

wollen. Letztendlich werden wohl Ser Logan und Toolish den<br />

Ausschlag geben, wer es von den beiden wird.<br />

12te des 1sten Monats 288<br />

Einen Monat ist es jetzt her, dass Lord Ulmar gestorben ist und zu<br />

meiner Überraschung hat Lady Taya die Herrschaft übernommen.<br />

Irgendwie hat sie es verstanden sich die Loyalität von Ser Logan und<br />

Toolish zu sichern in <strong>der</strong> kurzen Zeit die sie hier ist. Scheint Lord<br />

Ulmar und ich haben sie wirklich unterschätzt. Mit dem Militär und<br />

dem Geld hinter ihr, mussten sich Lady Eleonore und <strong>der</strong> Septon<br />

zähneknirschend fügen, wenn sie es auch geschafft haben<br />

durchzusetzen, dass die Entscheidungen vorläufig vom gesamten<br />

Rat getr<strong>of</strong>fen werden. Angeblich weil Haus Lannister niemals ein so<br />

junges Mädchen als Herrin <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> akzeptieren würde. Wie ich<br />

die beiden kenne, werden sie jetzt jede Gelegenheit dort nutzen, um<br />

ihre Interessen auf Lady Tayas Kosten voranzutreiben und Ser<br />

Logan und Toolish werden alle Hände voll zu tun haben, das<br />

Schlimmste zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Immerhin in einer Handlung haben sie sie dann doch unterstützt.<br />

Lady Taya kam heute zu mir und hat mir zu verstehen gegeben,<br />

dass meine Pflichten von jetzt an rein auf die Heilung, Astrologie<br />

und ihrer Bildung beschränkt sind, da sie kein Interesse daran habe<br />

von mir Ratschläge in an<strong>der</strong>en Gebieten zu bekommen.<br />

97


Hier hörte Cwelborn auf zu lesen und dachte über das Gelesene<br />

nach. Er hatte gewusst, dass sie relativ jung hergekommen war, aber<br />

so jung? Er versuchte sich vorzustellen wie einsam es gewesen sein<br />

musste für ein kleines Mädchen, in ein völlig fremdes Land zu<br />

ziehen wo sie niemanden kannte, ohne Familie, ohne Freunde. In<br />

H<strong>of</strong>fnung auf einem ihr sicher erzählten Traumleben, an einem<br />

reichen H<strong>of</strong>, mit einem liebenden Mann und dann hier in <strong>der</strong><br />

Wirklichkeit gefangen zu sein. Frau eines Mannes <strong>der</strong> sie lediglich<br />

als Mittel zum Zweck ansah und sie nur gewählt hatte, weil er auf<br />

junge Mädchen stand. Dazu noch ein Maester <strong>der</strong> es ihr übelnahm,<br />

dass sie seiner Ansicht nach die falsche Wahl war und seinen<br />

Vorstellungen nicht entsprach.<br />

Es musste ein sehr harte Zeit für sie gewesen sein und er konnte<br />

nicht an<strong>der</strong>s als Mitleid für das Mädchen zu empfinden, welches sie<br />

mal gewesen war.<br />

Er wandte sich wie<strong>der</strong> dem Buch zu. Die wenigen nächsten Einträge<br />

zeigten eindeutig, dass sie ihre Aussage gegenüber Maester Leran<br />

ernst gemeint hatte. Es kam kein einziger Eintrag mehr über Reisen<br />

o<strong>der</strong> Teilnahmen an Besprechungen. Es drehte sich alles nur noch<br />

um private Belange, Notizen über Krankheiten, sein zunehmendes<br />

Alter und wie sehr er sich allein fühlte in einer Burg in <strong>der</strong> er nicht<br />

gebraucht wurde. Der einzige etwas längere Eintrag war auch sein<br />

letzter wenige Tag vor seinem Tod.<br />

5te des 11ten Monats 297<br />

Bald wird es soweit sein, ich merke wie mich das Alter immer<br />

schwächer werden lässt und wohl auch <strong>der</strong> Mangel an einer<br />

Aufgabe. Lady Taya hat ihre Worte wahr gemacht und mich nur<br />

98


noch mit einbezogen, wenn sie keine Wahl hatte. Ich hatte ihr auch<br />

angeboten mich zurückzuziehen um einen an<strong>der</strong>en Maester<br />

kommen zu lassen, aber davon wollte sie auch nichts hören.<br />

Vermutlich war ein Maester <strong>der</strong> zu alt war, um ernsthaft gegen sie zu<br />

bestehen gerade recht in <strong>der</strong> Zeit, in <strong>der</strong> sie selbst erst noch ihren<br />

Anspruch festigen musste.<br />

Ich beneide sie nicht um die Aufgaben die auf sie zukommen<br />

werden, Haus Lannister hätte gern das Land für sich selber, im<br />

umliegenden Raum gibt es genug Häuser die nichts dagegen hätten<br />

die Reste <strong>der</strong> Silberminen für sich zu beanspruchen und die<br />

Beziehungen zu Haus Calestris sind schon lange nicht mehr die<br />

besten..<br />

Es ist eine Schande, dass wohl kein Tropfen adliges Blut in ihr<br />

fließt, sie hätte eine starke Herrscherin werden können, so wird es<br />

sie immer zurückhalten.<br />

Wer auch immer mir nachfolgt und dies liest. Unterschätzt sie nicht<br />

so, wie ich es einst getan hab. Findet einen Weg, dass sie sich eurer<br />

Loyalität sicher ist, so wie sich Ulmar meiner sicher war. Wenn ihr<br />

das geschafft habt, seid ehrlich zu ihr, steht zu eurer Meinung und<br />

helft ihr, denn sie wird es dringend brauchen, wenn sie dauerhaft<br />

bestehen will. In den letzten zehn Jahren habe ich zu viele an<br />

diesem H<strong>of</strong> erlebt, die sich entwe<strong>der</strong> auf ihre Kosten bereichert<br />

haben o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Loyalität zu sehr von <strong>der</strong> Art war, die einem<br />

Herrscher schmeichelt aber nicht hilft.<br />

Cwelborn legte das Buch beiseite und dachte einen Augenblick<br />

darüber nach, was er mit ihnen jetzt anstellen sollte. Es war eine<br />

Vergangenheit die ihm nicht gehörte und er wollte Taya nicht in<br />

Verlegenheit bringen. Kurzerhand nahm er die Tagebücher und die<br />

veralteten Berichte, ging zum Kamin und machte ein großes Feuer<br />

mit ihnen. Es gibt einfach Wissen welches man sich erst verdienen<br />

99


muss. Er schaute eine Weile den Flammen dabei zu, wie sie die<br />

Papiere zerfraßen. Dann drehte er sich um, setzte sich an den<br />

Schreibtisch und griff nach einem leeren Tagebuch und fing an zu<br />

schreiben.<br />

100


Alban<br />

Seit geraumer Zeit wartete <strong>der</strong> Trupp des Hauses Godwynn nun<br />

schon vor den Toren, als eine Abteilung Bogenschützen auf den<br />

Mauern Aufstellung nahm. Kurze Zeit später öffneten sich unter<br />

einem lauten Knarren die großen hölzernen Flügel und ließen einen<br />

Blick in das Innere <strong>der</strong> Burg zu, wo Ser Alban Sanchez auf seinem<br />

prächtigen Rappen sitzend, einer weiteren Abteilung Fußsoldaten<br />

vorstand. Als die Flügel zum Stillstand kamen, setzte sich Ser Alban<br />

im langsamen Schritt in Richtung <strong>der</strong> Wartenden in Bewegung,<br />

gefolgt nur von seinem Knappen Arias und einem Offizier <strong>der</strong><br />

Wache. Alban hatte seinen kostbarsten Wappenrock angelegt,<br />

welcher neben dem Wappen des Hauses Calestris auch sein eigenes,<br />

einen flügelschlagenden schwarzen Schwan, zeigte. Er hatte den<br />

Einwänden des Maesters nach kurzem Überlegen nachgegeben und<br />

sich beeilt, den Gästen des Hauses Godwynns einen würdigen<br />

Anblick zu bieten. Patryk hatte zwar nicht erwähnt, wen ihre<br />

südlichen Nachbarn geschickt hatten, doch war dieser sich sicher,<br />

dass es keine einfachen Boten hatten sein können.<br />

Als die Tore den Blick auf den Trupp<br />

freigaben, erkannte Alban sogleich in<br />

<strong>der</strong>en vor<strong>der</strong>sten Reiter Ser Richard<br />

Logan, dem er schon auf so manchem<br />

Turnier begegnet war. In einem zweiten<br />

glaubte er außerdem Ser Ethan Cerdic<br />

erkennen zu können, <strong>der</strong> sich als<br />

gewandtem Schwertkämpfer bereits<br />

großem Ruhm erworben hatte, obwohl er noch jung an Jahren war.<br />

101


„Was führt euch soweit nördlich von eurer Schlangengrube Ser<br />

Richard? Wie ich hörte, hat <strong>der</strong> Glanz <strong>der</strong> Silver Keep zuletzt ein<br />

wenig nachgelassen. Sagt Herr Ritter, was will uns die Giftnatter aus<br />

Dorne kundtun, dass ihr in solcher Aufwartung unsere Tore<br />

aufsucht?“<br />

Die provokanten Worte entschärfte Ser Alban mit seinem<br />

ansteckenden Lächeln, doch war er dennoch ein wenig beunruhigt,<br />

als er in die grimmigen und entschlossenen Gesichter <strong>der</strong> Soldaten<br />

Godwynn’s blickte.<br />

Ser Richard Logan ließ sich von den herausfor<strong>der</strong>nden und<br />

provozierenden Äußerungen seines Gegenüber nicht beirren, o<strong>der</strong><br />

wusste dies geschickt zu verbergen. „Ser Alban, wie ich sehe wurdet<br />

ihr endlich zum Hauptmann beför<strong>der</strong>t.“ Er beobachtete sein<br />

Gegenüber. „Ah nein, verzeiht, wie ich gehört habe, wurde ja ein<br />

Bastard mit dieser vertrauenswürdigen Position betraut.“ Er machte<br />

eine kurze Pause und fuhr dann fort. „Die Gastfreundschaft des<br />

Hauses Calestris, lässt zu wünschen übrig mein Freund.“ Er blickte<br />

zu den Bogenschützen hoch. „Ein Dutzend Bogenschützen, <strong>der</strong><br />

Trupp hinter euch……, habt ihr Angst, dass wir die Burg<br />

einnehmen?“ Es gab Gelächter in den Reihen <strong>der</strong> Godwynns und <strong>der</strong><br />

Hauptmann wartete keine Antwort ab und fuhr fort. „Dürfte ich euch<br />

höflich bitten uns zu eurem Lord vorzulassen, wir müssen in<br />

dringlicher Angelegenheit mit ihm sprechen .“<br />

Ser Alban ritt mit seinem Streitross langsam vor und blieb auf <strong>der</strong><br />

Höhe von Ser Richard stehen. „Ihr könnt die Antwort auch von mir<br />

hören, geht wie<strong>der</strong> dahin zurück wo Ihr hergekommen seid.“<br />

„Ser Ethan und ich wurden angewiesen mit dem Lord persönlich zu<br />

sprechen und dafür zu sorgen, dass wir auch angehört werden“<br />

Antwortete <strong>der</strong> Hauptmann ernst.<br />

102


„Verzeiht, Lord Aron ist Moment gerade unpässlich.“ Antwortete Ser<br />

Alban gelassen.<br />

„Wir können auch den ganzen Tag darüber philosophieren, ob Ihr<br />

uns Einlass gewährt Ser Alban, o<strong>der</strong> wir reiten zurück und unsere<br />

Lady berichtet Lord Tywin Lannister, liebend gerne was sich<br />

zugetragen hat. Ich denke es wird schnell die Runde machen, dass<br />

Ihr <strong>of</strong>fizielle Gesandte mit einer Friedensflagge abweist. <strong>Das</strong> würde<br />

sich sicherlich auf euren guten Ruf abfärben, Ser.“<br />

Ser Ethan, <strong>der</strong> sich bisher im Hintergrund hielt, war etwas<br />

vorgeritten und setzte eine ernste Miene auf. “Ser Alban, verzeiht<br />

bitte Ser Richard seine Ungeduld,” sprach <strong>der</strong> Ritter ruhig und<br />

gelassen. “Wir sind zwei Tage in dieser Hitze geritten um eine<br />

äußerst wichtige Nachricht von Lady Taya zu überbringen und<br />

warten schon etwas zu lange vor Euren Toren. Wir reiten unter dem<br />

Friedensbanner und erwarten nur den angemessenen Respekt dafür.”<br />

Ser Alban musterte Ethan einen Augenblick, sah noch einmal zu Ser<br />

Richard und den Begleitern und wendete sich anschließend wie<strong>der</strong><br />

an Ethan. “Nun gut. Ihr sollt empfangen werden. Folgt mir.”<br />

Ser Alban wendete sein Pferd und gab den Bogenschützen ein<br />

Signal, worauf hin diese ihre Bögen runter nahmen und von <strong>der</strong><br />

Mauer verschwanden, während er selber langsam durch das Tor ritt<br />

und den Weg vorgab. Ser Richard und Ser Ethan folgten ihm<br />

umgehend und auch ihre Begleiter setzten sich nach und nach in<br />

Bewegung, wobei die Fußsoldaten <strong>der</strong> Calestris’ den Abschluss<br />

bildeten.<br />

Im H<strong>of</strong> <strong>der</strong> Burg angekommen, stiegen die Reiter von ihren Pferden<br />

und diese wurden von Knappen und Bediensteten in Empfang<br />

genommen. Ser Alban machte deutlich, dass lediglich Ser Richard<br />

und Ser Ethan sowie ihre Knappen und zwei Begleiter in <strong>der</strong> Halle<br />

103


erwünscht waren und <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Gesandtschaft an einem an<strong>der</strong>en<br />

Ort versorgt wird.<br />

Kyle Connour hatte seine Küchenbrigade in <strong>der</strong><br />

Hauptküche versammelt und lehnte sich mit dem<br />

Hintern und verschränkten Armen an eine <strong>der</strong><br />

Arbeitsflächen während er geduldig auf das<br />

Eintreffen <strong>der</strong> letzten Bediensteten wartete. Die<br />

Versammlung war ungewöhnlich klein und bisher<br />

waren lediglich zwei Bedienstete erschienen, die<br />

für die Küche eingeteilt waren. Der Rest <strong>der</strong><br />

Versammlung kümmerte sich um das Wohlergehen <strong>der</strong> Gäste und<br />

trugen Speis und Trank auf.<br />

Kyle wusste bereits, dass <strong>der</strong> ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> außergewöhnlichen<br />

Hitze zum Opfer gefallen war. Eigentlich sollte man meinen, dass<br />

gerade das Küchenpersonal mit diesen Bedingungen zu Recht<br />

kamen, gerade weil sie stets in großer Hitze mit durchgehend<br />

befeuerten Öfen arbeiteten. Dies schien jedoch etwas zu viel zu sein,<br />

wodurch sich das Personal nach getaner Arbeit nicht vernünftig<br />

erholen konnte. Doch was sollte man machen? Die Arbeit musste<br />

getan werden und irgendeiner <strong>der</strong> Hochgeborenen hatte immer<br />

irgendeinen beson<strong>der</strong>en Wunsch, <strong>der</strong> unverzüglich erfüllt werden<br />

wollte.<br />

"Also gut!" eröffnete <strong>der</strong> leitende Koch <strong>der</strong> Küchenbrigade, mit<br />

einem Seufzer, als er feststellte, dass die Anwesenden Bediensteten<br />

wohl nicht mehr wurden. "Ich habe gerade erfahren, dass eine<br />

Gesandtschaft <strong>der</strong> Godwynns eingetr<strong>of</strong>fen ist und wie es aussieht<br />

nimmt Ser Sanchez die Gäste in Empfang."<br />

Einige <strong>der</strong> Küchenbediensteten nickten bereits wissend, während<br />

an<strong>der</strong>e Kyle nur fragend ansahen. Durch den hohen Verschleiß an<br />

104


Arbeitskräften musste das Personal regelmäßig ausgetauscht<br />

werden. Die meisten <strong>der</strong> hier Anwesenden Bediensteten hatte man<br />

aus den Tavernen in Miner's Fortune ausgeliehen und waren daher<br />

nicht so recht mit den Gepflogenheiten und Arbeitsweisen einer<br />

H<strong>of</strong>küche vertraut.<br />

Kyle seufzte und wischte sich die Stirn. Eigentlich wollte er längst<br />

auf dem Weg nach Riverrun sein, um die höfischen<br />

Lebensmittellager wie<strong>der</strong> aufzufüllen, beson<strong>der</strong>s die spezielleren<br />

Zutaten, die in den Flusslanden sehr beliebt waren, gab es fast<br />

ausschließlich nur in Riverrun. Doch noch ehe er sein Pferd satteln<br />

konnte wurde er auch schon von einem Boten zurück gerufen, man<br />

brauche ihn dringend, bei dem wenigen Küchenpersonal das zur<br />

Verfügung stand.<br />

"Mit an<strong>der</strong>en Worten," fügte er noch hinzu als er in die Fragenden<br />

Gesichter <strong>der</strong> Neuankömmlinge sah. "Macht die Lager leer. Sucht<br />

euch die Sachen raus, die raus müssen bevor sie ungenießbar<br />

werden! Und macht flott! Wir wollen unsere verehrten Gäste nicht<br />

warten lassen und Ser Sanchez ist da sehr ungeduldig!"<br />

Zustimmendes raunen ging durch die Reihen <strong>der</strong> Bediensteten, als<br />

diese wie die Ameisen in Richtung <strong>der</strong> unterirdischen Lagerräume<br />

davon wuselten und Wein, Trauben, Käse und Schinken besorgten,<br />

um diese dann zu verarbeiten und auf Platten anrichteten, welche<br />

weitere Bedienstete schließlich in <strong>der</strong> großen Halle auftischten.<br />

Kyle feuerte sein Team gnadenlos und unerbittlich an und musste<br />

mitunter auch einige Bedienstete zusammenfalten, als diese allen<br />

Ernstes verdorbenen Käse rausschicken wollten. "Wollt Ihr unsere<br />

Gäste etwa vergiften?! Was glaubt Ihr, wer Ihr seid? Giftmischer?!<br />

Weg mit dem Scheiß, aber s<strong>of</strong>ort!"<br />

105


Alles in allem lief die Arbeit recht reibungslos und auch die neuen<br />

Bediensteten fügten sich schnell in den Arbeitsablauf ein, sodass es<br />

kaum zu Zwischenfällen kam. Kyle entspannte sich etwas und auch<br />

<strong>der</strong> Vorfall des jungen Knappen, <strong>der</strong> die Bediensteten umstieß<br />

konnte ihn nun mehr kaum aus <strong>der</strong> Ruhe bringen. Er war doch<br />

positiv überrascht und auch stolz, wie Reibungslos nun alles lief und<br />

dass ob des beson<strong>der</strong>en Drucks, <strong>der</strong> auf nur wenigen Schultern lag.<br />

Je nachdem, was für die Bediensteten nach dem Empfang für die<br />

Godwynns übrig blieb, hatte sich Kyle bereits etwas Beson<strong>der</strong>es für<br />

seine Leute überlegt.<br />

Arias war fasziniert von dem Schauspiel, welches sich ihm in <strong>der</strong><br />

großen Halle <strong>der</strong> Burg bot. Sein Herr Ser Alban Sanchez hatte sich<br />

mit den Rittern aus <strong>der</strong> Abteilung <strong>der</strong> Godwynns an <strong>der</strong> Tafel nie<strong>der</strong><br />

gelassen und verbrachte die Zeit in <strong>der</strong> sie auf Lady Kara warteten<br />

damit, aktuelle Ereignisse <strong>der</strong> benachbarten Adelshäuser zu<br />

besprechen. <strong>Das</strong> Gespräch war dabei von allerhand Nicklichkeiten<br />

geprägt, kleine gegenseitige Beleidigungen, die gerade noch harmlos<br />

genug waren, dass die Ehre es nicht gebot, einen <strong>of</strong>fenen Streit vom<br />

Zaun zu brechen.<br />

Arias bewirtete die Runde, „mit dem trockensten Wein und den<br />

salzigsten Speisen“ wie ihn Ser Alban aufgetragen hatte. Er sollte<br />

auch das Feuer in <strong>der</strong> Halle schüren, damit den Godwynns, in vollen<br />

Harnischen gekleidet, <strong>der</strong> Aufenthalt so unangenehm wie möglich<br />

war und dennoch niemand behaupten konnte, Ser Alban lies es als<br />

Gastgeber an den <strong>der</strong> Etikette gebietenden Aufmerksamkeiten<br />

fehlen. Nur waren eben diese Aufmerksamkeiten an einem heißen<br />

Sommertag wie den gegenwärtigen, mehr als unpassend. „Wir wollen<br />

Sie gar kochen, damit Lady Kara ein leichtes Spiel mit ihnen hat,<br />

106


wenn sie hier eintrifft“ hatte ihm Ser Alban mit einem Zwinkern<br />

gesagt.<br />

Gerade war Ser Alban dabei von vergangenen Turnieren zu erzählen,<br />

als er mitten im Satz anhielt und einen Pagen heran winkte, <strong>der</strong><br />

gerade die Halle betreten hatte.<br />

„Ser Ethan ihr rühmt euch doch ein großer Mann des<br />

Schwertkampfes zu sein? Ein Mann <strong>der</strong> Klinge, jemand von dem<br />

man wohl behaupten kann, dass sein <strong>Urteil</strong> über die Beschaffenheit<br />

eines Schwertes nun ja … Gehalt hat. Ich will euch meine neue<br />

Auftragsarbeit zeigen, die ich bei unserem Schmiedemeister<br />

angefor<strong>der</strong>t habe, eine Klinge, wie ihr sie feiner nicht werdet finden<br />

können!“<br />

Der Page trat mit dem Schwert in <strong>der</strong> Hand an Ser Ethan heran, <strong>der</strong><br />

dieses mit einem kurzen Blick abschätzte. Arias konnte es an Ethans<br />

Gesicht ablesen, dass dieser mit sich zu kämpfen hatte, die Wahrheit<br />

auszusprechen o<strong>der</strong> doch Ser Alban gegenüber höflich zu bleiben,<br />

<strong>der</strong> tatsächlich den Eindruck vermittelte, dass er von <strong>der</strong> Qualität<br />

des Schwertes überzeugt war. Äußerlich war es prächtig. Ein<br />

Silberner Griff und ein Gold verziertes Heft, welchem im Übergang<br />

zur Klinge das Wappentier Ser Albans, ein flügelschlagen<strong>der</strong><br />

schwarzer Schwan aus Obsidian aufgearbeitet war. Doch jemand <strong>der</strong><br />

sich mit Waffen auskannte, sah schnell dass es war, was es ist, eine<br />

Zierwaffe vollkommen ungeeignet zum Kampf, da sie viel zu schwer<br />

und nicht ausbalanciert war. Zudem war die Klinge sehr dünn,<br />

sodass sie bei einem kräftigen Hieb brechen musste. Für einen<br />

Kämpfer wie Ser Ethan musste sie komplett unbrauchbar sein.<br />

„Nun, was haltet ihr davon, ist es nicht ein Prachtstück, eine echte<br />

Meisterwaffe?“<br />

107


„Ich denke die Waffe spiegelt das wie<strong>der</strong>, was den Träger ausmacht.“<br />

Antwortete Ser Ethan ohne weitere Erläuterungen folgen zu lassen.<br />

„Ahahahaha, gut gesprochen Ser. Nun, ich denke ich werde es bei<br />

dem nächsten Turnier umgürten, und wer weiß … suchen … und<br />

euch finden. Dann können wir sehen, was euer <strong>Urteil</strong> wert ist.“<br />

Tatsächlich folgten dann mehrere Minuten, in denen Ser Alban<br />

schwieg und bei den Gästen schon H<strong>of</strong>fnung aufkeimte, ihr<br />

Gastgeber hätte nun endlich ausgesprochen. Doch im gleichen<br />

Augenblick schlug Alban so feste auf den Tisch dass das Geschirr<br />

schepperte und ein Becher klirrend zu Boden fiel.<br />

„Der Bogenschuss! Genauigkeit! Höchste Konzentration und<br />

Präzision. Die Fähigkeit ein Ziel, mag es still stehen o<strong>der</strong> sich<br />

bewegen, aus großer Entfernung zu treffen und nie<strong>der</strong> zu strecken!“<br />

Alban war bei den Worten aufgestanden und zu seinem Knappen<br />

gegangen. Er nahm Arias die Weinkaraffe aus <strong>der</strong> Hand und führte<br />

ihn ein wenig abseits und lies ihm einen Bogen bringen.<br />

„Ihr wisst, wir Calestris sind weithin dafür bekannt, Meister an<br />

diesem Tötungswerkzeug zu sein. Arias mein Knappe hier, will es<br />

euch zeigen…“<br />

Arias wurde sichtlich nervös, mit zittrigen Händen nahm er den<br />

Bogen und legte einen Pfeil in die Sehne. Er zielte auf eine Scheibe<br />

auf <strong>der</strong> gegenüberliegenden Wand, zielte lange und setzte doch<br />

noch einmal ab. Unsicher blickte er sich bei den Anwesenden um.<br />

Mancher schaute desinteressiert weg, an<strong>der</strong>e schmunzelten<br />

höhnisch, was Arias schwer belastete. Er musste schlucken. Arias<br />

nahm nun allen Mut zusammen, richtete den Bogen auf das Ziel<br />

und spannte die Sehne so feste wie er konnte. Krampfhaft versuchte<br />

108


er Ruhe in seinem Anschlag zu bringen. Kurz schloss Arias seine<br />

Augen und sammelte seine Konzentration. Dann lies er den Pfeil<br />

fliegen … und er traf.<br />

„Exzellent! Exzellent! Genau davon habe ich gesprochen. Ich habe<br />

mich immer gefragt ob es ein Unikat unseres Hauses ist o<strong>der</strong> ob<br />

sich noch an<strong>der</strong>en Orts so vortreffliche Bogenschützen finden wie<br />

dieser hier. Und ich kann euch versichern, wehrte Sers, Arias ist bei<br />

weitem nicht unser bester Schütze, vielmehr Durchschnitt. Seine<br />

Stärke ist <strong>der</strong> Lanzengang. Doch sagt, findet sich unter euch einer,<br />

<strong>der</strong> es mit ihm aufnehmen kann?“<br />

Seit dem Moment als Ser Alban das Godwynn-Gefolge am Tor<br />

empfangen hatte, war Eirik ganz begeistert von ihren Gastgeber,<br />

denn er verkörperte alle Tugenden, welche einen wahren Ritter in<br />

Eiriks Vorstellung auszeichneten. Würde, Souveränität, Witz und,<br />

nach allem was Ser Alban von sich selbst erzählt, Stärke. Wie gebannt<br />

hing Eirik schon die ganze Zeit während <strong>der</strong> die Versammlung in<br />

<strong>der</strong> großen Halle auf Lady Kara vom Hause Calestris wartete an Ser<br />

Albans Lippen, <strong>der</strong> eine Anekdote nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en vor zu tragen<br />

wusste. Vor allem waren es aber die versteckten Beleidigungen,<br />

Unverschämtheiten und Gemeinheiten, die Ser Alban geschickt<br />

anzubringen wusste, die es Eirik in <strong>der</strong> fremden Burg richtig<br />

heimelig machten.<br />

Und dann <strong>der</strong> Bogenschuss. Was war das für ein cleverer Spielzug,<br />

erst mit Ser Ethan wegen des bevorstehenden Turniers anzubandeln<br />

und anschließend in Form des einfachen Knappens Bogenschuss<br />

einen Fe<strong>der</strong>handschuh zu werfen, <strong>der</strong>, aufgehoben o<strong>der</strong> nicht, in<br />

jedem Fall eine weitere Beleidigung für die Godwynns war.<br />

Als <strong>der</strong> Pfeil das Ziel getr<strong>of</strong>fen hatte, war es für Eirik überhaupt<br />

keine Frage mehr, sogleich die Initiative zu übernehmen und sein<br />

109


Glück für das Hause Godwynn zu versuchen. Er stand also<br />

unverzüglich auf und erklärte<br />

„Lasst mich den kleinen Wettstreit zwischen den Häusern Calestris<br />

und Godwynn bestreiten, wäre es doch im höchsten Maße<br />

unsportlich, wenn sich ein Ritter mit einem Knappen misst.“<br />

Selbstredend wartete Eirik die Erlaubnis von Ser Ethan o<strong>der</strong> Ser<br />

Logen nicht ab und ging direkten Weges zu Arias, den Knappen, <strong>der</strong><br />

für die Calestris geschossen hatte. Eirik fühlte sich in diesem<br />

Moment so sicher, wie er sich noch nie bei einem Bogenschuss<br />

gefühlt hatte. Kein Zweifel und kein Zau<strong>der</strong>n lenkten ihn von<br />

seinem Weg ab. Vor seinem inneren Auge ging er den<br />

bevorstehenden Schuss genau durch, sah sich zielen, sah sich<br />

schießen und sah den Treffer. Er sah wie Ser Alban vor Schmach aus<br />

<strong>der</strong> Halle floh, wie er vom Godwynn-Gefolge umringt und bejubelt<br />

wurde. Er sah sich an <strong>der</strong> Spitze des Godwynn-Gefolges zurück zur<br />

Silver Keep reiten, wie er von Lady Taya zum Ritter geschlagen<br />

wurde, sie heiratete und wie er in <strong>der</strong> konsequenten Abfolge <strong>der</strong><br />

dann eintretenden Ereignisse schließlich gerechterweise auf dem<br />

eisernen Thron Platz nahm und über alle Königreiche herrschte. Mit<br />

an<strong>der</strong>en Worten, nachdem Eirik die letzten<br />

Tage bei brühen<strong>der</strong> Hitze im Sattel gesessen hatte und deshalb<br />

völlig ausgelaugt vor einigen Minuten gierig und im jugendlichen<br />

Leichtsinn drei Becher Wein geleert hatte, war Eirik bereits ziemlich<br />

angetrunken und kaum Herr seiner<br />

selbst.<br />

Bei Arias angekommen nahm er diesem den Bogen ab und prüfte<br />

zunächst die Waffe, als ob er vom Bogenschießen irgendeine<br />

Ahnung hätte. Mit einem Nicken urteilte Eirik, einen brauchbaren<br />

Bogen in <strong>der</strong> Hand zu halten und<br />

110


machte einige Zielübungen. Da er den kommenden Schuss im<br />

Geiste bereits erfolgreich absolviert hatte, traute sich Eirik direkt<br />

eine größere Schwierigkeit zu und ging ohne ein Wort zu sagen, drei<br />

große, von einem erstaunten Raunen <strong>der</strong><br />

Versammelten begleitete Schritte weiter vom Ziel weg.<br />

Eirik sammelte nun seine Konzentration und spannte den Bogen mit<br />

<strong>der</strong> ganzen Kraft, die sein junger Körper hergab. Ser Alban erkannte<br />

mit seiner Erfahrung s<strong>of</strong>ort, dass <strong>der</strong> Schuss nicht treffen konnte, da<br />

<strong>der</strong> Bogen für die zu bewältigende Distanz viel zu stark gespannt<br />

war und folglich Eirik sehr bald an den Armen zitterte und<br />

überhaupt keine mehr Chance hatte, sauber zu zielen.<br />

„Den trifft er nie.“ Kam es Ser Alban dann auch schließlich über die<br />

Lippen. Zwar sprach er leise und eigentlich auch nur für sich, doch<br />

da es in <strong>der</strong> Erwartung des Schusses ansonsten in <strong>der</strong> Halle absolut<br />

still war, drangen die Worte auch zu Eirik, so dass er in diesem<br />

Moment kurz aus seiner Siegesphantasie ausbrach und seine<br />

h<strong>of</strong>fnungslose Lage erkannte, in <strong>der</strong> er gerade steckte. Kurz schaute<br />

Eirik noch zum Tisch an dem die Versammelten saßen und lies<br />

dabei unbedacht den Bogen seinem Blick leicht folgen. Er sah in die<br />

vorwurfsvollen Gesichter des Godwynn-Gefolges und sah das<br />

spöttische<br />

Grinsen von Ser Alban, verlor dabei eine H<strong>of</strong>fnung und<br />

Körperspannung und plötzlich, als er sich gerade wie<strong>der</strong> dem Ziel<br />

zuwenden wollte, glitt ihm die Bogensehne aus den Fingern und <strong>der</strong><br />

Pfeil schnellte in Richtung des Ziels.<br />

Wenn Eirik das Ziel nur verfehlt hätte, hätte er unter den Umständen<br />

schon zufrieden sein können. Lei<strong>der</strong> sollte es bei einem einfachen<br />

Fehlschuss nicht bleiben. Da <strong>der</strong> Pfeil nicht gerade in Richtung des<br />

Ziels geschossen wurde, son<strong>der</strong>n nun mit einem gewissen Winkel<br />

111


auf die Wand hinter dem Ziel traf, prallte <strong>der</strong> Pfeil von <strong>der</strong> Wand ab<br />

und flog unkontrolliert weiter auf den Tisch, um den die<br />

Versammelten saßen, zu. Da <strong>der</strong> Pfeil aber die meiste Energie beim<br />

Aufprall verloren hatte, trudelte er mehr, als das noch gefährlich<br />

wurde und landete schließlich mit <strong>der</strong> Spitze auf Ser Ethan zeigend<br />

auf dem Tisch, nachdem er dort noch einen Weinbecher<br />

umgestoßen hatte, dessen Inhalt sich auf Ser Logans Hose vergoss.<br />

Ser Alban konnte nun nicht mehr an sich halten und fing, wie alle<br />

Anwesenden des Hauses Calestris, schallend an zu lachen und<br />

schlug dabei immerzu mit <strong>der</strong> flachen Hand auf die Tischplatte.<br />

Eirik war also nun völlig bedient und rannte vor Scham und unter<br />

Tränen aus <strong>der</strong> Halle, wobei er natürlich noch in einige Pagen lief,<br />

die weiteren Wein und gepökeltes Fleisch in die Halle trugen. Die<br />

Schmach hätte nicht größer sein können!<br />

112


Kara<br />

Kara erkannte s<strong>of</strong>ort, dass die Wachen in Alarmbereitschaft waren,<br />

als die kleine Gruppe aus drei Männern und zwei Frauen an <strong>der</strong><br />

großen und befestigten Burg ankamen. Sie ritten zur Großen Halle,<br />

vor <strong>der</strong> sie Maester Patryk bereits erwartete. Kara sprang behände<br />

vom Pferd und ging auf den Berater des Hauses zu. “Maester, was<br />

ist hier los? Brandon sagte mir, eine Delegation <strong>der</strong> Godwynns sei<br />

hier, bewaffnet und mit For<strong>der</strong>ungen. Was wollen Sie?”<br />

Patryk wischte sich den Schweiß <strong>der</strong> Mittagssonne von <strong>der</strong> Stirn.<br />

“Ich weiß es nicht, Mylady, nicht genau... ich habe nur Andeutungen<br />

vernommen, und... nein, es ist wohl besser, Ihr fragt sie selbst. Ein<br />

Dutzend von ihnen kam heute Morgen an, die Anführer dieses<br />

Trupps werden gerade von Ser Alban in <strong>der</strong> Großen Halle bei Laune<br />

gehalten und Kyle bewirtet sie mit Erfrischungen. Es handelt sich<br />

dabei um Ser Richard Logan, den Hauptmann <strong>der</strong> Garde <strong>der</strong><br />

Godwynns, sowie Ser Ethan Cerdic, dem Waffenmeister <strong>der</strong><br />

Schlange.”<br />

Kara steuerte auf das Eingangstor <strong>der</strong> großen Halle zu und atmete<br />

tief durch. “Ein eindeutiges Zeichen, wenn sie uns ihre besten<br />

Waffenmänner schickt, um ein Anliegen vorzutragen.” Sie wandte<br />

sich an Brandon. “Hauptmann, Ihr werdet mir ebenfalls in die Große<br />

Halle folgen. Ihr seid nicht nur für unsere Sicherheit zuständig,<br />

son<strong>der</strong>n gehört auch mit zur Familie. Allerdings möchte ich...” Kara<br />

dachte einen Moment nach und seufzte dann. “... dass Ihr Männer<br />

um die Halle postiert, ebenso dort, wo die an<strong>der</strong>en Godwynns sich<br />

gerade befinden. Sollte hier irgendetwas passieren o<strong>der</strong> aus dem<br />

113


Ru<strong>der</strong> laufen, will ich, dass sie alle festgenommen werden und<br />

solange im Kerker warten, bis mein Bru<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> am H<strong>of</strong>e ist. Ich<br />

habe nicht vor, mich überrumpeln zu lassen. Ich h<strong>of</strong>fe, Ihr habt mich<br />

verstanden, Hauptmann.”<br />

“Kann ich auch mit reinkommen?”<br />

Kara drehte sich überrascht zu Clarissa um. “Natürlich NICHT, das<br />

ist viel zu gefährlich.”<br />

“Aber Vater sagt, ich muss lernen, wie die Geschäfte des Hauses<br />

funktionieren, und wie soll ich das, wenn du mich bei<br />

Verhandlungen nicht dabei sein lässt?”<br />

Kara kaute nervös auf <strong>der</strong> Unterlippe und sah das hübsche Mädchen<br />

an. Lei<strong>der</strong> hatte sie da nicht ganz Unrecht. Wenn Clarissa Corban<br />

erzählte, dass Kara ihre Nichte in solchen Sachen fortschickte, wäre<br />

er sicher nicht erbaut. Außerdem war es wohl eher unwahrscheinlich,<br />

dass es zum Kampf kam, das konnte nicht das Anliegen <strong>der</strong> Männer<br />

<strong>der</strong> Godwynns sein.<br />

“Na schön... aber du wirst leise sein und nur zuhören, ich möchte<br />

kein Wort von dir vernehmen. Und bleib immer in meiner Nähe.”<br />

Bevor sie die Halle betrat, sah Kara noch einmal zum Hauptmann.<br />

“Komm gleich nach, wenn du deine Befehle verteilt hast, Brandon.<br />

Und bring Errin und Bertam mit.”<br />

Er nickte und verschwand in Richtung <strong>der</strong> Kaserne. Kara schloss die<br />

Augen, um sich kurz zu sammeln. Was konnten sie nur wollen? Gab<br />

es irgendwelchen diplomatischen Vorfälle in letzter Zeit?<br />

Vorkommnisse in den Flusslanden o<strong>der</strong> Unstimmigkeiten zwischen<br />

den Lannisters und den Tullys? Nein... nicht dass sie wüsste. Sie<br />

würde es wohl direkt erfragen müssen und wünschte sich, sie wäre<br />

nicht nur in einfaches Jagdle<strong>der</strong> gekleidet. Da zum Umziehen jedoch<br />

keine Zeit mehr bliebt, lief sie forschen Schrittes voran, Clarissa und<br />

Maester Patryk folgten ihr. Bevor Kara jedoch den Eingang in die<br />

114


große Halle passieren konnte, stieß sie unsanft mit einem jungen<br />

Mann zusammen, <strong>der</strong> wüst hinausrannte und die Lady des Hauses<br />

grob um rempelte. Kara landete auf dem Boden, während ihre<br />

Nichte vor Schreck aufschrie.<br />

“Au! Was zum...”<br />

Der Junge riss kurz seine tränenschwangeren Augen auf, und drehte<br />

sich dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren um und rannte weiter<br />

davon in Richtung <strong>der</strong> Stallungen. Patryk und Clarissa halfen <strong>der</strong><br />

jungen Frau rasch auf.<br />

“Tante Kara, ist Dir etwas passiert?”<br />

Sie rappelte sich auf und rieb sich die Kehrseite. “Es... geht schon<br />

wie<strong>der</strong>. Wer im Namen des Vaters war das?!”<br />

Clarissa warf dem Burschen einen Blick hinterher, doch er war<br />

nirgendwo mehr zu sehen. “Ich habe ihn hier noch nie gesehen, es<br />

muss zu den Godwynns gehören. Und er hat... geheult. Und<br />

außerdem...” <strong>Das</strong> Mädchen legte den Kopf schief und lauschte kurz.<br />

“Hörst du das?”<br />

Kara vernahm das laute Lachen, welches aus <strong>der</strong> großen Halle<br />

ertönte, auch und ihr Blick traf sich mit dem des Maesters. Doch<br />

dieser konnte nur ratlos mit den Schultern zucken. “Nun, wir werden<br />

gleich herausfinden, was das zu bedeuten hat. Kommt!”<br />

Als die drei den hohen Raum betraten, fiel Kara s<strong>of</strong>ort auf, dass die<br />

erh<strong>of</strong>fte Kühle nicht eintrat, son<strong>der</strong>n ihr stickige Luft<br />

entgegenschwappte. Sie wies einen <strong>der</strong> Pagen an, die Feuer zu<br />

löschen und fragte nach, wer diese Irrsinnigkeit angeordnet hatte.<br />

Doch die Antwort bekam sie kaum mit, da nun das Lachen<br />

verstummte und alle Augen <strong>der</strong> Anwesenden auf sie gerichtet<br />

wurden.<br />

115


Am großen Tisch hatten zur Rechten des Lordsitzes Ser Alban und<br />

sein Knappe Platz genommen, weitere Wachen standen im<br />

Hintergrund. Zur linken hatten sich die gehobenen Gäste <strong>der</strong><br />

Godwynns nie<strong>der</strong>gelassen, ein älterer, etwas verwegen aussehen<strong>der</strong><br />

Ritter, <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> zu seinem Schritt zu schauen schien, ein<br />

junger Kämpfer mit wachen, intelligenten Augen, aber einem<br />

Gesichtsausdruck als hätte er in eine Zitrone gebissen, sowie zwei<br />

weitere Soldaten, die aber nach Kara’s Vermutung nicht im<br />

Ritterstand dienten. Die Knappen <strong>der</strong> Godwynns waren an einen<br />

extra Tisch gebeten worden, und unterhielten sich leise. Alle tranken<br />

Bier o<strong>der</strong> Wein aus Zinnbechern und aßen Käse, gepökeltes Fleisch<br />

und Obst, welches Kyle <strong>der</strong> Koch zusammen mit zwei<br />

Küchenjungen aufgetischt hatte, jedoch schien einiges<br />

durcheinan<strong>der</strong>geraten zu sein, Kara nahm umgestürzte Becher und<br />

verschobene Teller wahr.<br />

Die Lady ging zum Kopfende <strong>der</strong> großen Tafel und sah, wie <strong>der</strong><br />

junge Ritter <strong>der</strong> Godwynns plötzlich verhalten lächelte. Ein Blick<br />

über ihre Schulter zeigte <strong>der</strong> rotblonden Frau ihre Nichte, wie sie<br />

keck ihre Brust in gera<strong>der</strong> Haltung vorgestreckt hatte und dem<br />

jungen Mann doch tatsächlich zuzwinkerte. Kara räusperte sich und<br />

warf Clarissa einen strengen Blick zu. Dann setzte sie sich auf den<br />

Platz des Lords von Wynard’s Hold und Ser Alban rutschte einen<br />

Sitz auf, damit Clarissa neben ihrer Tante sitzen konnte. Maester<br />

Patryk lies sich neben Aerias, dem Knappen von Ser Alban nie<strong>der</strong><br />

und beäugte die Gäste <strong>der</strong> Burg misstrauisch.<br />

Kara trank einen großen Schluck Wein, während sie erwartungsvolle<br />

Blicke auf sich ruhen spürte. Dann setzte sie sich auf und fixierte<br />

die beiden Ritter mit festem Blick.<br />

“Es scheint mir, die Herren haben sich prächtig amüsiert bisher, so<br />

will ich ohne Umschweife zur Sache kommen. Willkommen in<br />

116


Wynard’s Hold, ich bin Lady Kara Calestris, Tochter von Lord Aron<br />

und momentan Vorsitzende dieses Hauses. Ser Alban und Maester<br />

Patryk habt Ihr ja bereits kennengelernt.”<br />

Sie räusperte sich und wurde von einem Pfeil abgelenkt, <strong>der</strong> auf dem<br />

Tisch lag und direkt auf den jungen Godwynn-Ritter zeigte. Nach<br />

einem Moment <strong>der</strong> Irritation fuhr sie fort und wandte sich ob dieses<br />

merkwürdigen Fingerzeigs auch tatsächlich eher an ihn.<br />

“Wie Ihr vielleicht wisst, ist mein Vater... so krank, dass er die<br />

Geschäfte von Wynard’s Hold nicht mehr führen kann. Er überlässt<br />

diese Angelegenheiten meinem Bru<strong>der</strong>, doch auch dieser verweilt<br />

momentan nicht hier. Lord Corban ist als Gast bei <strong>der</strong> Hochzeit von<br />

Lord Butterwell zugegen. Um ehrlich zu sein wun<strong>der</strong>e ich mich,<br />

dass nicht auch Ihr, o<strong>der</strong> zumindest Eure Lady dort verweilt.<br />

Stattdessen schickt sie... ah, Hauptmann.”<br />

Kara unterbrach sich, als Brandon die Halle betrat. Er nickte erst ihr,<br />

dann allen Anwesenden zu und nahm zusammen mit seinen beiden<br />

Männern neben dem Maester Platz. Kara wandte sich wie<strong>der</strong> an die<br />

Ritter aus Silver Keep.<br />

“Wo war ich? Ach ja... Eure Lady schickt Euch also bei dieser Hitze<br />

zu uns, in einem Aufmarsch bewaffneter Männer, den man als<br />

provozierend beschreiben könnte. So frage ich Euch also: Was im<br />

Namen <strong>der</strong> Sieben ist Euer Begehr?” Sie lehnte sich zurück, presste<br />

die Fingerspitzen aneinan<strong>der</strong> und sah die beiden Ritter abwechselnd<br />

und abschätzend an.<br />

“Nun, wegen Eurer Gastfreundschaft sind wir sicher nicht hier,” kam<br />

die Antwort des Ritters, <strong>der</strong> dabei in Richtung von Ser Alban nickte.<br />

“Ich danke Euch für das Willkommen, Mylady, und entschuldige<br />

mich für unser unangekündigtes Auftauchen. Lady Taya ist lei<strong>der</strong><br />

117


verhin<strong>der</strong>t, deswegen wurde Ser Richard und meine Wenigkeit<br />

ausgesandt.” Die allgemeine Anspannung <strong>der</strong> Anwesenden lies jetzt<br />

etwas nach, was Ser Ethan nur Recht sein konnte. “Solltet ihr jedoch<br />

den Wunsch verspüren, mit einem Familienmitglied des Hauses<br />

Godwynn zu sprechen... Er ist Euch auf dem Weg herein sicher<br />

begegnet. Er hat jedoch keine Handlungsvollmacht für unser Haus,<br />

deshalb müsst ihr wohl mit uns vorlieb nehmen.”<br />

Ser Richard reichte <strong>der</strong> Lady anschließend das Dokument. Kara<br />

nahm das Schriftstück entgegen und taxierte den Ritter fest. Sie<br />

h<strong>of</strong>fte dadurch Würde und Haltung auszustrahlen, außerdem lenkte<br />

es sie davon ab, dass nun auf sie selbst die Augen aller Anwesenden<br />

gerichtet waren.<br />

“Familienmitglied des Hauses Godwynn... ihr meint das verheulte<br />

Bürschchen, was mich im Eingang <strong>der</strong> Halle umgerannt hat? Nun,<br />

wenn dieses Auftreten das Verhandlungsgeschick <strong>der</strong> Familie<br />

Godwynn wie<strong>der</strong>spiegelt, verstehe ich, dass die Schla... ich meine,<br />

die Lady Ihre Ritter geschickt hat. Und eines noch, Ser... Ser Ethan,<br />

ist das richtig? Bevor Ihr Euch über mangelnde Gastfreundschaft<br />

beschwert, sollten wir erst einmal klären, ob ein unangemeldeter,<br />

bewaffneter Trupp von Soldaten überhaupt als Gäste definiert<br />

werden sollte... aber vielleicht hilft uns ja dieses Dokument dabei<br />

weiter, diese Frage zu beantworten.”<br />

Kara’s Hände schwitzten und sie musste alle Willensstärke<br />

aufbringen, um nicht zu zittern, als sie das Siegel brach. Sie wusste,<br />

dass sie mit ihrem Auftreten ein Risiko einging. Zwar hatte sie Angst<br />

davor, zu unfreundlich zu sein und eine Verschlechterung von<br />

Hausbeziehungen zu riskieren, aber noch mehr Angst hatte sie<br />

davor, als Vertreterin des Hauses Calestris schwach, ängstlich o<strong>der</strong><br />

unsicher zu wirken, vor allem gegenüber <strong>der</strong> Schlange von Silver<br />

118


Keep. Sie wusste, dass so etwas auf Dauer noch schlimmere Folgen<br />

haben könnte. Und so wählte sie das kleinere Übel und h<strong>of</strong>fte ihre<br />

Sache richtig zu machen.<br />

Kara entrollte das Pergament und begann zu lesen. Ihre Stirn zog<br />

erst vor Konzentration sanfte Falten, dann weiteten sich ihre Augen<br />

ungläubig. Schließlich fasste sie sich wie<strong>der</strong>, lehnte sich zurück und<br />

schob den Brief Maester Patryk hinüber. “Und was soll das<br />

bitteschön sein? Ein Scherz?” Die kalten Augen des älteren Ritters,<br />

den sie Richard Logan nannten, zeigten Ihr, das es zumindest nicht<br />

so gemeint war.“ Also schön, nehmen wir mal einen Moment an, ich<br />

würde das ernst nehmen.”<br />

Sie wandte sich zu ihren Leuten am Tisch um. “In diesem<br />

Schriftstück steht die Behauptung, dass Urgroßmutter Amelia für<br />

eine Art Mitgift von... 3000 Drachen einem Lordsbru<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Godwynns versprochen war. Die Godwynns zahlten das Gold, doch<br />

die Verlobung musste gelöst werden, weil Amelia ihn angeblich mit<br />

einem Schmied betrog. Der Lordsbru<strong>der</strong> selbst soll sie in flagranti<br />

erwischt haben.”<br />

Sie sah wie<strong>der</strong> spöttisch zu den Rittern <strong>der</strong> Godwynns. “Woher ist<br />

dieses Dokument? Wer hat es geschrieben? Die Tinte scheint mir ja<br />

noch nicht einmal getrocknet zu sein.”<br />

Ser Ethan räusperte sich höflich. “Es ist ein Abschrift unseres<br />

Maesters, Mylady. <strong>Das</strong> Original ist über einhun<strong>der</strong>t Jahre alt, wurde<br />

kürzlich in unseren Archiven entdeckt und von unseren Gelehrten<br />

auf seine Echtheit untersucht. Es liegt zur freien Einsicht in Silver<br />

Keep.”<br />

Unsicherheit stahl sich in Kara’s Haltung. “Ach, ist das so? Und jetzt<br />

will Lady Taya also, dass wir nach so langer Zeit diese Summe<br />

zurückzahlen? Und ihr seid hier um das einzufor<strong>der</strong>n, wie?”<br />

119


Ser Ethan nickte lächelnd. “So ist es, Mylady.”<br />

Kara verstummte einen Moment. Sie brauchte Zeit, um zu überlegen<br />

und sah hilfesuchend zu ihrem Maester, <strong>der</strong> das Pergament gerade<br />

wie<strong>der</strong> vor sich abgelegt hatte. Er schüttelte zweifelnd den Kopf.<br />

“Lady Kara, von einem <strong>der</strong>artigen Gerücht habe ich noch nie gehört,<br />

so etwas zweifle ich stark an.”<br />

Ser Alban hatte sich halb erhoben und deutete anklagend auf die<br />

Gäste. “<strong>Das</strong> ist nicht nur Rufmord, son<strong>der</strong>n auch ein ganz dreister<br />

Versuch, uns um so viel Gold zu betrügen! Schenkt dem keinen<br />

Glauben, Lady Kara!.”<br />

Da sich auch Ser Logan erhoben hatte, sprang Kara schnell selbst<br />

auf und hob die Hände. “Meine Herren, immer mit <strong>der</strong> Ruhe! Wir<br />

wollen das jetzt nicht eskalieren lassen.”<br />

Brandon sah sie abwartend an. Kara bräuchte ihm bloß ein Zeichen<br />

zu geben und er würde alle Godwynns festnehmen lassen, das<br />

wusste sie. <strong>Das</strong> aber würde sicher Krieg bedeuten. Sie seufzte leise.<br />

Ihr Puls beschleunigte sich und sie nahm voller Scham und Ärger<br />

wahr, dass ihr Gesicht rot anlief. Sie hatte sich vorgenommen ganz<br />

ruhig zu bleiben, doch irgendwie war sie überrumpelt worden. Sie<br />

zwang sich mit aller Kraft weiterzureden, doch sie konnte keine<br />

Entscheidung treffen.<br />

Die Lage war angespannt. Ser Richard ertappte sich dabei, wie er die<br />

Hand, unbewusst auf sein Schwert legte, zog diese aber rasch<br />

wie<strong>der</strong> zurück. Dem erfahrenen Ritter war es unwohl, er rutschte auf<br />

seinem Stuhl hin und her. Die Tatsache, dass sie unter dem<br />

Gastrecht standen, beruhigte ihn etwas. Er horchte Lady Kara’s<br />

Ausführungen und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem<br />

Becher. Der Wein roch zwar stark nach pisse und verfaulter Essig,<br />

120


doch seine Kehle war durch die Hitze ohnehin schon sehr trocken.<br />

Ser Richard säuberte seinen Mund mit seinem Handrücken und<br />

wartete bis sein junges und gut ansehnliches Gegenüber fertig war.<br />

“Also gut. Ser Ethan, Ser Richard, auf ein Wort. Wie ich Euch schon<br />

erklärt habe, ist <strong>der</strong> eigentliche Lord <strong>der</strong> Burg nicht zugegen. Somit<br />

werden wir diese Angelegenheit jetzt auch nicht klären können. Ich<br />

schlage vor, Ihr kehrt zurück nach Silver Keep und ich forsche nach,<br />

ob an dieser Behauptung etwas dran sein könnte. Sobald Lord<br />

Corban wie<strong>der</strong> zugegen ist, werde ich ihn informieren und wir<br />

schicken Lady Taya unsere Antwort mit einem Raben.”<br />

Kara lehnte sich wie<strong>der</strong> zurück, schloss die Augen, atmete tief durch<br />

und h<strong>of</strong>fte inständig, dass die Ritter <strong>der</strong> Godwynns darauf eingehen<br />

würden.<br />

„Lady Kara, ich weiß nicht, weshalb Ihr uns in so einem harschen<br />

Ton empfangt.“ Der Ritter sprach langsam und ruhig, es hatte fast<br />

schon etwas Väterliches in <strong>der</strong> Stimme. Er machte eine kurze Pause<br />

und fixierte Ser Alban. „Seit wir hier angekommen sind, spüre ich<br />

eine gewisse Anspannung und Abneigung. Ich weiß beim besten<br />

Willen nicht weshalb.“<br />

„Vor was fürchtet sich das Haus Calestris? <strong>Das</strong> wir, eine Hand voll,<br />

die Burg einnehmen?“. Er schaute sich im Raum um. Ihr habt recht,<br />

wir sind in Voller Montur vor Eure Tore getreten, doch <strong>der</strong> Weg<br />

hierhin, ist in letzter Zeit nicht ganz ungefährlich geworden und es<br />

wäre schade gewesen, wenn die Botschaft seinen Empfänger nicht<br />

erreicht hätte.“ Der erfahrene Ritter lächelte elegant und fuhr fort.<br />

„So wie ich das sehe, würden die gut dreißig Soldaten im Saal und<br />

das Dutzend Bogenschützen im Obergeschoss, dafür sorgen, dass<br />

wir eure Antwort unserer Lady nicht mehr überbringen könnten. Ich<br />

denke keine Seite wünscht einen <strong>of</strong>fenen Konflikt. Wir sind unter <strong>der</strong><br />

121


Friedensflagge hierher geritten und meine Männer haben mit euren<br />

Männer Brot und Wein geteilt und stehen somit unter Gastrecht. Wir<br />

wären Lebensmüde, wenn wir dieses Recht missbrauchten.“<br />

Lady Kara schien immer noch auf eine Antwort zu waren. „Wir<br />

würden es vorziehen, hier zu warten, bis Ihr mit euren<br />

Nachforschungen fertig seid Lady Kara. Ser Ethan und ich haben<br />

diesbezüglich klare Anweisungen erhalten. Ich denke eine Woche<br />

sollte reichen, um die Nachforschungen abzuschließen.“ Ser Richard<br />

beendete den Satz mit einer bestimmenden, jedoch eleganten Art.<br />

Kara starrte den Mann mit <strong>of</strong>fenem Mund an. “Was?! Ihr wollt hier<br />

warten? Eine Woche?”<br />

Sie sah kurz zu ihren Leuten hinüber. Maester Patryk schüttelte nur<br />

den Kopf, während Ser Alban übertrieben mit den Augen rollte. Ser<br />

Richard Logan dagegen lehnte sich nur selbstgefällig zurück und<br />

dieser Ethan sah sie interessiert und abwartend an, ohne sich in<br />

dieser Sache einmischen zu wollen. Kara strich sich energisch eine<br />

Haarsträhne aus dem Gesicht.<br />

“<strong>Das</strong> ist völlig unmöglich, so lange werden wir Euch nicht<br />

beherbergen. Außerdem... habt Ihr nicht richtig zugehört, Ser? Lord<br />

Corban ist bei einer Hochzeit und garantiert nicht vor einer Woche<br />

zurück, außerdem findet im Anschluss ein Turnier statt, zu dem<br />

unser Hausstab nachreist. Denkt Ihr, wir lassen Euch solange hier<br />

zurück? Welch ein Irrsinn! Im Übrigen, Ser, um so eine Nachricht zu<br />

überbringen hätte ein Rabe durchaus genügt!”<br />

Logan zuckte nur desinteressiert mit den Schultern und griff nach<br />

einem Apfel. “Wir wurden persönlich geschickt und bleiben auch<br />

gerne länger, Mylady. So lange, bis wir eine gültige Antwort in dieser<br />

Sache erhalten. So lauten unsere Befehle.”<br />

122


Kara kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Warum mussten Corban und<br />

Ceidroc auch gerade jetzt außerhalb <strong>der</strong> Burg verweilen. War es<br />

vielleicht sogar Absicht, dass die Schlange ihre Männer ausgerechnet<br />

jetzt geschickt hatte? Wusste sie Bescheid und h<strong>of</strong>fte, die<br />

Zweitgeborene des Hauses Calestris so überrumpeln zu können?<br />

Dazu durfte es nicht kommen. Aber was blieb ihr üblich? Was sollte<br />

sie tun? Sie hinausschmeißen? Vielleicht lieber nicht... diesen<br />

Schlangenrittern könnte es in den Sinn kommen, sich den Geldwert<br />

in Miner’s Fortune zu holen. Kara fiel nur eine Sache ein, und vor <strong>der</strong><br />

empfand sie mehr Unbehagen als H<strong>of</strong>fnung.<br />

“Also schön, meine Herren, gebt mir ein paar Minuten Zeit. Ich<br />

entschuldige mich kurz, und wenn ich zurückkehre, erhaltet Ihr<br />

Eure Antwort.” Sie wandte ihren Blick an Ser Alban und ihren<br />

Halbbru<strong>der</strong>. “Alsweilen keine weiteren Provokationen, wenn ich<br />

bitten darf. Hauptmann, ihr werdet dafür sorgen, dass sich alle zu<br />

benehmen wissen.”<br />

Ohne die Chance einer Erwi<strong>der</strong>ung zu geben, stand Kara auf und<br />

verließ in eiligen Schritten die Große Halle von Wynard’s Hold.<br />

Brandon hatte ihren Wunsch befolgt und Wachen mit Schwertern<br />

und Bögen waren um das Gebäude postiert. Ein Gardist sah sie<br />

fragend an. “Mylady? Alles in Ordnung?” Sie nickte hastig. “Noch ja.<br />

Bleibt dennoch weiter in Bereitschaft.”<br />

Kara eilte weiter und betrat den breiten Westturm <strong>der</strong> Burg. Sie<br />

musste nach ganz oben und die Stufen flogen unter ihr hinweg.<br />

Ganz oben... auch ein Grund, warum er seine Gemächer selten<br />

verließ. Es wäre einfacher, ihn aus ebenerdigen Räumlichkeiten mal<br />

herauszubringen, aber er liebte es am Fenster zu sitzen und hinaus<br />

zu starren. Was immer er auch dort sah, <strong>der</strong> weite Blick über die<br />

Flusslande schien ihn zu beruhigen.<br />

123


Sie war ein wenig außer Atem als sie oben ankam. Kara klopfte erst<br />

vorsichtig, dann stärker, als sie keine Antwort erhielt. Schließlich<br />

öffnete sie die Tür und spähte hinein. Wie erwartet saß <strong>der</strong> alte<br />

Mann in seinem großen Sessel am Fenster. Eine Kammerdienerin,<br />

die beinahe genauso alt wie er selbst war, schenkte ihm gerade etwas<br />

Wein in einen Krug.<br />

“Vater, darf ich hereinkommen?”<br />

Aron drehte sich nicht um son<strong>der</strong>n sah weiter in den heißen<br />

Vormittag hinaus. “Diane, bist du es?”<br />

Kara schluckte. “Nein Vater, deine Tochter. Mutter ist... von uns<br />

gegangen, erinnerst du dich?”<br />

Der alte Lord hustete und rutschte nun auf seinem Sessel herum.<br />

“Ah, Kara. Mein Mädchen, was machst du hier? So ein weiter Weg,<br />

bei dieser Hitze... wie läuft es in <strong>der</strong> Ashemark?”<br />

Kara stutzte irritiert. Sie hasste es, wenn die Gespräche mit ihrem<br />

Vater so begannen, aber das taten sie inzwischen fast immer. “Vater...<br />

ich lebe nicht in <strong>der</strong> Ashemark, ich wohne hier auf Wynard’s Hold.”<br />

Die gelben Augen des Lords sahen sie verständnislos und etwas<br />

missbilligend an. “Aber dein Mann, <strong>der</strong> Fossoway...”<br />

“... ist tot. Gestürzt vom Pferd, bereits vor sieben Jahren.” Immer.<br />

Immer musste es um ihre Männer und eine Vermählung gehen,<br />

wenn sie miteinan<strong>der</strong> sprachen, Kara war es so leid.<br />

“Und Ser Manfred Marbrand?”<br />

“Ist mit einer an<strong>der</strong>en Frau durchgebrannt, Vater.”<br />

124


Aron hustete erneut und griff nach dem Becher. “Ja... richtig. Dieser<br />

Wurm. Aber <strong>der</strong> neue, den ich dir besorgte, von den Hardyngs, wie<br />

hieß er doch...”<br />

Kara unterbrach ihn ärgerlich. “Vater, ich habe jetzt keine Zeit für<br />

diesen Kram. Wir haben hier eine ernste Angelegenheit und ich<br />

muss mit dir darüber reden. Wanda, bitte lass uns allein.”<br />

Die Dienerin nickte und wollte gehen, doch Aron packte sie unsanft<br />

am Handgelenk.<br />

“Nein! Wanda bleibt hier, was ihr undankbaren Kin<strong>der</strong> mir zu sagen<br />

habt, kann sie auch hören. Muss ja etwas fürchterliches sein, wenn<br />

ihr damit zu mir kommt, anstatt alles selbst zu entscheiden, wie<br />

sonst.”<br />

Kara war von diesem vorwurfsvollen Ausbruch überrascht und<br />

schämte sich auch etwas. Sie beschloss, die alte Wanda im Zimmer<br />

zu lassen. Was konnte es schaden, außer ihr vertraute <strong>der</strong> alte Lord<br />

niemandem mehr.<br />

“Vater, ich...”<br />

“Auf einmal braucht ihr meine Hilfe, ja? Schickt dein Bru<strong>der</strong> dich<br />

vor, weil er sich selbst nicht traut?”<br />

“Er ist nicht anwesend, son<strong>der</strong>n verweilt auf einer Hochzeit. Vater,<br />

bitte... es geht um viel Gold und... um die Ehre unseres Hauses, auch<br />

um deine Ehre.”<br />

Er sah sie stumm an und trank einen großen Schluck aus dem<br />

Becher. “Dann lass mal hören, Mädchen.”<br />

Kara versuchte sich zu sammeln. Wie sollte sie es ihm erklären?<br />

“Vater, erinnerst du dich an deine Großmutter Amelia? Wer war ihr<br />

Gatte?”<br />

Er brauchte nicht lange zu überlegen. Die Vergangenheit war ihm<br />

immer schon mehr präsent als die Gegenwart gewesen, und das war<br />

125


Karas große H<strong>of</strong>fnung. “Natürlich, was für eine Frage. Sie brachte<br />

unserem Haus viel Ruhm und Ehre. Wenn du doch nur etwas von ihr<br />

geerbt hättest, Kara. Sie war mit Ser Thoran verheiratet. Er war zwar<br />

nur ein Bastard, aber ein großer Mann, wie viele Bastarde aus den<br />

Flusslanden. Denke an Blutrabe o<strong>der</strong> sieh nur deinen Bru<strong>der</strong><br />

Brandon an.”<br />

Kara schloss kurz die Augen und beschloss die Beleidigung einfach<br />

zu ignorieren. “Es gibt da jemanden, <strong>der</strong> behauptet, Amelia wäre<br />

einem an<strong>der</strong>en Mann versprochen gewesen, <strong>der</strong> damals Lord<br />

Wynard 3000 Golddrachen für die Vermählung mit seiner Tochter<br />

gezahlt hatte.”<br />

Arons Augen funkelten und wurden dann zu schmalen Schlitzen.<br />

“Wer behauptet das?”<br />

“Eine Delegation <strong>der</strong> Godwynns. Sie haben eine Abschrift<br />

mitgebracht, in <strong>der</strong> so etwas steht.” Kara beobachtete ungeduldig,<br />

wie ihr Vater den Becher leerte und sich von Wanda nachschenken<br />

ließ.<br />

“Die Godwynns also, soso... tja, Kara, es ist wahr. Großmutter hat mir<br />

davon erzählt.”<br />

Kara keuchte und sah Lord Aron vorwurfsvoll an. “Warum hast du<br />

uns nie davon erzählt?”<br />

Ihr Vater betrachtete sie ungerührt. “Warum sollte ich? Dieser Gnom<br />

von einem Godwynn hatte die Verlobung wie<strong>der</strong> gelöst, bevor es zu<br />

einer Hochzeit kam. Es ist also unwichtig.”<br />

Sie ging einen Schritt auf ihn zu. “<strong>Das</strong> sehen die Godwynns an<strong>der</strong>s.<br />

Sie sagen, Amelia hätte ihren Verlobten betrogen und for<strong>der</strong>n nun<br />

das Gold zurück.”<br />

Aron schleu<strong>der</strong>te voller Zorn den Becher von sich. “Eine Lüge! Eine<br />

dreiste Lüge! Sie hatte Ser Thoran erst später kennengelernt!”<br />

126


Kara sprach leise und vorsichtig, während Wanda mit einem<br />

vorwurfsvollen Blick den Becher wie<strong>der</strong> aufhob. Doch <strong>der</strong> Vorwurf<br />

schien <strong>der</strong> jungen Frau zu gelten, denn <strong>der</strong> Blick besagte “Ihr solltet<br />

ihn lieber nicht so aufregen.” Doch Kara hatte keine Wahl. “Es geht<br />

nicht um deinen Großvater, son<strong>der</strong>n um einen Schmied namens<br />

Thorge Crest, zumindest steht es so in dieser Erklärung. Mit ihm soll<br />

Amelia den Godwynn betrogen haben.”<br />

Ihr Vater regte sich keineswegs ab, sein Gesicht lief rot an.<br />

“Die vergifteten Worte einer Schlange, wie sie alle Godwynns sind,<br />

sollen die An<strong>der</strong>en sie holen! <strong>Das</strong> kann nicht wahr sein, Amelia<br />

Calestris hätte solch einen Betrug niemals begangen, niemals hätte<br />

sie sich befleckt mit dem Samen eines an<strong>der</strong>en, wenn sie<br />

versprochen gewesen wäre! Der Godwynn hat die Verlobung von<br />

sich aus gelöst, und deshalb muss auch nichts zurückgezahlt<br />

werden. Wo sind diese Lügner, etwa hier, in meiner Burg? Töte sie,<br />

töte sie alle, lass ihre Köpfe auf die Zinnen spießen, Wachen!<br />

WACHEN!”<br />

Kara trat einen Schritt vor und schlug ihrem Vater ins Gesicht.<br />

Wanda starrte sie entsetzt an, während Kara errötete. “Hör auf, Vater,<br />

HÖR AUF! Es ist nicht deine Verantwortung mehr, dieses Haus in<br />

einen Krieg zu stürzen o<strong>der</strong> es davor zu bewahren, es ist im Moment<br />

gerade meine! Und ich werde das so handhaben, wie ich es für<br />

richtig halte und eine Entscheidung treffen müssen, ich wollte<br />

lediglich deinen Rat. Aber wie es aussieht, lässt sich we<strong>der</strong> ihre<br />

Behauptung, noch deine Vermutung wirklich beweisen.”<br />

127


Zu ihrem Ärger füllten sich ihre Augen ein wenig mit Tränen, doch<br />

Lord Aron begann plötzlich lauthals zu lachen, so dass sie ihn nur<br />

verblüfft anstarren konnte. “Was... warum lachst du?”<br />

“Wie es aussieht, steckt in deinem kleinen süßen Arsch doch ein<br />

wenig Pfeffer. Vielleicht hast du ja mehr von Großmutter Amelia<br />

geerbt, als ich dachte. Du willst es lösen? Dann los, jammere nicht,<br />

und tu es! Und wenn du noch eine Aussage dazu willst, frag ihn<br />

doch.”<br />

“Wen?”<br />

“Na den Schmied!”<br />

Kara rollte mit den Augen. “Vater, <strong>der</strong> ist inzwischen genauso tot wie<br />

Amelia Calestris.”<br />

Aron riss den inzwischen wie<strong>der</strong> aufgefüllten Becher aus Wandas<br />

Händen. “Was bist du dumm, Mädchen. Natürlich ist sie tot, aber<br />

ich lebe und konnte dir etwas dazu sagen. Der Schmied Crest hat<br />

auch Söhne und die Schmiede gibt es immer noch. Der alte Horgas<br />

dürfte direkter Nachkomme sein, wenn jemand etwas davon weiß,<br />

dann vielleicht er. Frag ihn.”<br />

Kara betrachtete ihren Vater nachdenklich. Würde das etwas<br />

bringen? Sollte man überhaupt jemand an<strong>der</strong>es in diese prekäre<br />

Situation einweihen? Aber vermutlich war das eh egal, die Godwynns<br />

würden schon dafür sorgen, dass dieses Gerücht bald in aller Munde<br />

war. Aber selbst wenn dieser Schmied damals eine Affäre mit Amelia<br />

Calestris gehabt hatte, würde er es seinen Kin<strong>der</strong>n erzählt haben?<br />

Vielleicht... vermutlich aber eher nicht. Doch wenn die Crests davon<br />

nichts wussten, verstärkte es eher den Eindruck, dass es sich nur um<br />

ein Gerücht handeln könnte. Es war vermutlich besser als nichts.<br />

“Danke Vater, das könnte mir wirklich helfen.”<br />

128


Doch Aron hatte sich schon wie<strong>der</strong> seinem Fenster zugewandt.<br />

“Grüß Brandon von mir. Sag ihm, sein Vater ist stolz auf ihn. Ich<br />

sehe ihn manchmal im H<strong>of</strong> kämpfen, wie er dem alten Alban das<br />

Fell versohlt.”<br />

“Ja, Vater.” Sie verließ eilig das Zimmer und stieg den Turm hinab.<br />

In ihren Gedanken formte sich bereits die Entscheidung, die sie den<br />

Rittern <strong>der</strong> Godwynns mitteilen würde, und diesmal würde sie sich<br />

auf keine weitere Diskussion darüber einlassen, sie konnten es so<br />

akzeptieren, o<strong>der</strong> in den Kerker wan<strong>der</strong>n.<br />

Als Kara wie<strong>der</strong> in die Große Halle zurückkehrte, unterhielten sich<br />

die Männer in kleinen Gruppen leise, getrennt nach ihren Häusern.<br />

Clarissa warf diesem Ser Ethan immer wie<strong>der</strong> Blicke zu, während<br />

Maester Patryk wie<strong>der</strong> über dem Schriftstück brütete. Kara ging<br />

ohne Umschweife zum Sitz des Lords zurück und pochte mit einem<br />

Becher dreimal auf den Tisch, um sich Gehör zu verschaffen.<br />

“Werte Gesandte <strong>der</strong> Godwynns, Ser Logan, Ser Ethan... ich bin nun<br />

in dieser Sache zu einer Entscheidung gelangt, die nicht weiter<br />

verhandelbar sein wird. Eure Behauptung bleibt nach meinen<br />

Erkenntnissen und auch nach Rücksprache mit meinem Vater das,<br />

was sie ist: lediglich eine Behauptung. Es scheint allerdings bestätigt<br />

zu sein, dass dieser Lord eures Hauses damals Gold für eine<br />

Verlobung mit Amelia Calestris gezahlt hat, aber von sich aus dieses<br />

Verlöbnis wie<strong>der</strong> löste. Die Rückgabe des Goldes ist damit obsolet,<br />

da es seine eigene Entscheidung war. Sollte es jedoch einen Beweis<br />

geben, dass Lady Amelia Euren Lord wirklich mit einem an<strong>der</strong>en<br />

Mann betrogen hat und im Sinne des körperlichen Aktvollzuges ihr<br />

Verlöbnis entehrt hat, so werde ich mich dafür einsetzen, dass Lady<br />

Taya Godwynn ihr gefor<strong>der</strong>tes Gold erhält. Sollte jedoch<br />

129


herauskommen, dass an diesem Vorwurf des Betruges nichts dran<br />

ist, werdet ihr keine Münze von uns erhalten.”<br />

Sie machte eine kurze Pause, fuhr dann aber gleich fort.<br />

“Deshalb werden wir den Nachfahren des im Dokument<br />

beschuldigten Schmiedes befragen, vielleicht erhalten wir so mehr<br />

Klarheit. Selbiges steht Euch natürlich auch frei. Horgas Crest sollte<br />

mit seinen Waren wie üblich beim großen Turnier <strong>der</strong> Butterwells<br />

vor Ort sein, so dass die Gelegenheit günstig erscheint.”<br />

Kara verschränkte die Hände vor <strong>der</strong> Brust und sah die Ritter <strong>der</strong><br />

Godwynns zielstrebig an.<br />

“Dies ist meine gültige Antwort, Sers, teilt sie Eurer Lady mit. Solltet<br />

Ihr dennoch darauf beharren bleiben zu wollen, muss ich Euch<br />

mitteilen, dass Euer Status und Recht als Gast erlischt und ihr in den<br />

Zellen <strong>der</strong> Burg auf die Rückkehr von Lord Corban warten dürft.”<br />

Sie erhob sich, und ihre Nichte, sowie die an<strong>der</strong>en Angehörigen des<br />

Hauses Calestris taten es ihr gleich. “Unser Koch wird Euch mit<br />

Vorräten für den Rückweg ausstatten. Ich wünsche Euch eine<br />

sichere Reise.” Kara blickte zum Ausgang <strong>der</strong> Halle und wartete<br />

noch kurz, ob auf ihre Ansprache eine Erwi<strong>der</strong>ung erfolgte.<br />

“<strong>Das</strong> ist Alles?” fragte Ser Richard ungläubig und verärgert, als er<br />

von seinem Platz aufsprang. Gelassen erhob sich Ser Ethan von<br />

seinem Platz und legte seinem Freund die Hand auf den Arm um<br />

ihn zu beruhigen und wendete sich an ihre Gastgeberin. “Mylady,<br />

wir haben Euch eine Abschrift eines sehr alten Schriftstückes<br />

vorgelegt und unsere For<strong>der</strong>ung damit untermauert. Ihr hingegen<br />

habt nur eine Aussage Eures Vaters vorzuweisen.”<br />

130


Er bedachte Lady Kara mit einem langen abschätzenden Blick, bevor<br />

er fortfuhr. “Ich frage mich, wieso Euer Lord Vater nicht mehr die<br />

Geschicke des Hauses Calestris leitet. Würde er es tun, dann würde<br />

ich seinen Worten glauben schenken. So jedoch habt Ihr nichts<br />

vorzuweisen, was unsere For<strong>der</strong>ung entkräften würde.”<br />

Ethan konnte spüren, wie Ser Alban kurz vor einem weiteren<br />

verbalen Ausbruch stand und auch Lady Kara schien nicht sehr<br />

erfreut zu sein, seine Worte zu hören. Allerdings hatte er damit<br />

genau das erreicht, was er wollte, nämlich seine Gastgeber in die<br />

Defensive zu treiben. Der Ritter wusste, dass hier alles erreicht<br />

wurde, was man erreichen konnte.<br />

“Aber wie dem auch sei. Wir werden Eurer Bitte entsprechen und<br />

uns auf den Rückweg begeben, damit Lady Taya über alles<br />

informiert wird.”<br />

Ohne ein weiteres Wort verließ <strong>der</strong> Ritter gefolgt von Ser Richard<br />

und den Wachen die Halle und ging zu seinen restlichen Männern,<br />

welche sich mit Wein, Brot und Käse die Wartezeit etwas verkürzten.<br />

Diesmal war es an Clarissa, den Ritter <strong>der</strong> Godwynns mit <strong>of</strong>fenem<br />

Mund anzustarren, während ihre Tante ihm mit<br />

aufeinan<strong>der</strong>gepressten Lippen nachsah, als die Männer den Saal<br />

verließen. Die Bewun<strong>der</strong>ung des Mädchens für Ser Ethan hatte sich<br />

<strong>of</strong>fensichtlich in Abscheu gewandelt.<br />

“Kara, hat <strong>der</strong> Mann da gerade gesagt, dass ein dummes Stück<br />

Papier, von dem man nicht mal weiß ob es echt ist, mehr Gewicht<br />

hat, als Großvaters Wort?”<br />

Sie zögerte. Manchmal hatte sogar das Gebell eines Hundes mehr<br />

Gewicht als das Wort Lord Arons. Doch diesmal... Kara nickte. “Ja.<br />

Die Godwynns sind sehr unhöfliche Gäste gewesen.”<br />

131


“Und dumme ebenso”, fügte <strong>der</strong> Maester hinzu. “Ihr Papier beweist<br />

den Grund <strong>der</strong> Verlobungslösung natürlich ebenfalls nicht. Ein<br />

Betrug käme ihnen nur zupass.”<br />

Kara sah ihn an. “Wie dem auch sei, wir müssen das klären, und<br />

zwar schnell. Am besten wäre es, wenn wir als erstes mit dem<br />

Schmied sprechen.” Sie überlegte kurz. “Schickt einen Raben nach<br />

Whitewalls, Patryk. Mein Bru<strong>der</strong> muss...” Kara zögerte erneut. “...<br />

nein, nein besser nicht. Corban würde außer sich sein, es ist wohl<br />

besser, ich teile ihm das persönlich mit. Schickt stattdessen einen<br />

Raben zu meinem Onkel. Ceidroc, er wird besonnen handeln und es<br />

erst einmal für sich behalten. Er soll, sobald <strong>der</strong> Schmied Horgas<br />

Crest zum Turnier dort auftaucht, handeln. Ceidroc muss Crest<br />

aufsuchen und ihn ausfragen. Dann sind wir den Godwynns einen<br />

Schritt voraus.”<br />

Der Maester nickte und wandte sich sogleich zum gehen. Kara sah<br />

ihren Bru<strong>der</strong> an. “Brandon, bereite alles vor. Wir werden selbst<br />

übermorgen aufbrechen. Die Reise dauert sogar zu Pferd eine<br />

Woche, und ich möchte, dass uns Ser Alban natürlich begleitet. Aber<br />

lass vertrauenswürdige Männer hier, falls die Schlangen auf die Idee<br />

kommen, sich das Gold auf an<strong>der</strong>e Art und Weise während unserer<br />

Abwesenheit zu holen.”<br />

Kara nickte ihm zu und verließ den Saal. Sie hatte selbst noch einige<br />

Vorkehrungen zu treffen...<br />

“Packt an Verpflegung ein, was ihr braucht,” erteilte Ser Richard<br />

seine gewohnten Befehle. “Und macht Euch bereit zum Aufbruch.<br />

Knappen, bereitet die Pferde vor, weiter Vorräte für den Weg werden<br />

uns gestellt. Ich möchte in einer halben Stunde aufbrechen.”<br />

132


Ethan sah einmal quer durch den Raum und sah, dass alle Männer<br />

anwesend waren... bis auf einen. “Übernimm den Rest,” sagte er zu<br />

Ser Richard. “Ich suche meinen Knappen. Eine Geisel käme den<br />

Calestris sicher ganz Recht und wenn ihm was passiert, dann hab ich<br />

diese Eleonore am Hals.”<br />

Ser Richard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und nickte zur<br />

Bestätigung nur, während Ethan sich auf die Suche nach seinem<br />

Knappen begab. Er fand ihn kurz darauf in einer Ecke des großen<br />

Innenh<strong>of</strong>es und sprach ihm kurz etwas Mut zu, bevor sie zusammen<br />

aufbrachen. Dabei wurde <strong>der</strong> Trupp wie bei ihrer Ankunft von einer<br />

Abteilung Fußsoldaten begleitet und auf den Mauern standen<br />

überall verteilt ihre Bogenschützen.<br />

133


Aidan<br />

Vorsichtig setzte Aidan einen Fuß vor den an<strong>der</strong>en, trat so leise auf,<br />

wie er konnte, und drückte sich dabei so flach gegen die Wand wie<br />

möglich. Sein Ziel war in greifbarer Nähe, doch durfte er sich jetzt<br />

keinen Fehler erlauben. In dem halbdunklen Gang, in dem er sich<br />

befand, erschwerte sein dunkles Gewand eine Entdeckung, doch ihm<br />

war bewusst, dass die helle Haut seines Gesichtes wie ein<br />

Leuchtfeuer strahlen würde, sollte ein Beobachter in seine Richtung<br />

blicken.<br />

Dummerweise befanden sich in<br />

unmittelbarer Nähe gleich zwei mögliche<br />

Beobachter. Und was für welche! Sein Vater<br />

und dessen Onkel, Aidans Großonkel, dem<br />

<strong>der</strong> Junge schon seit viel zu langer Zeit als<br />

Page diente. Wie<strong>der</strong> einmal durchfuhr ihn<br />

<strong>der</strong> altbekannte Gedanke, dass in seinem<br />

Alter an<strong>der</strong>e junge Männer bereits den<br />

Ritterschlag erhalten hatten. Natürlich<br />

waren diese Ritter außergewöhnliche Kämpfer wie beispielsweise<br />

Jaime Lannister, <strong>der</strong> bereits mit fünfzehn Jahren zum Mitglied <strong>der</strong><br />

Königsgarde ernannt worden war.<br />

Aidan selbst war mittlerweile ein Jahr älter und <strong>of</strong>fiziell immer noch<br />

kein Knappe! Na gut... dachte er schulterzuckend ...eigentlich ist es<br />

ja nicht so schlimm, als Knappe hätte ich noch viel mehr Pflichten<br />

und müsste vielleicht mein Zuhause verlassen... Aber natürlich hätte<br />

es auch Vorteile, ein Knappe zu sein.<br />

Als eine <strong>der</strong> Dielen unter seinen Füssen leise knarrte, riss sich <strong>der</strong><br />

junge Adlige zusammen und konzentrierte sich wie<strong>der</strong> auf seine<br />

134


Aufgabe. Sein Vater und Onkel Ceidroc - natürlich keine korrekte<br />

Bezeichnung, aber sie hatte sich unter Corbans Kin<strong>der</strong>n so<br />

eingebürgert - standen immer noch vor ihm im Gang und redeten<br />

leise über irgendwas. Die Tür zu seiner Kammer lag keinen Meter<br />

mehr von ihm entfernt, doch wenn die beiden ihn hier erwischten,<br />

würden sie ihm die Ohren langziehen. Eigentlich sollte er nämlich<br />

schon den ganzen Nachmittag in seiner Kammer hocken und die<br />

Geschichte des Hauses Butterwell studieren. Was für eine öde<br />

Beschäftigung. Es sollte doch wirklich reichen, wenn er ihr Wappen,<br />

ihren Stammsitz und den aktuellen Lord des Hauses kannte. Aber<br />

nein, sein Vater bestand ja darauf, dass sein Sohn alles über die<br />

Geschichte ihrer Gastgeber wusste.<br />

Dabei war es heute doch so ein schöner Nachmittag gewesen, zwar<br />

heiß, aber das kümmerte den Jungen wenig. Aidan hatte seit seiner<br />

Ankunft auf Burg Whitewalls einige an<strong>der</strong>e Pagen und Knappen<br />

kennengelernt und wenn sie Zeit hatten, erkundeten sie gemeinsam<br />

die Gegend. Wenn sie Zeit hatten o<strong>der</strong> wenn sie sich einfach Zeit<br />

nahmen, so wie Aidan heute. Anstatt in <strong>der</strong> kleinen Kammer über<br />

trockener uralter Geschichte zu hocken, hatte er sich den an<strong>der</strong>en<br />

Jungen angeschlossen und gemeinsam waren sie zum Turnierplatz<br />

gegangen. Dort herrschte Hochbetrieb und die Arbeiten waren in<br />

vollem Gange. Für das Turnier, das auf die nahende Hochzeit<br />

zwischen Lord Arnold Butterwell und einer <strong>der</strong> unzähligen<br />

Freytöchter folgen würde, wurden Tribünen aus Holz errichtet,<br />

Kampfplätze ausgesteckt, Zelte aufgebaut und was sonst halt noch<br />

alles so dazugehörte.<br />

<strong>Das</strong> war doch viel interessanter und die Jungen machten sich einen<br />

Spaß daraus, sich vorzustellen, wie sie selbst hoch zu Ross über die<br />

Wiese galoppieren würden, um ihren Gegner im Tjost vom Pferd zu<br />

stoßen. Natürlich galt es auch, dabei das Herz einer holden Dame<br />

zu erobern, aber dieser Part interessierte Aidan irgendwie noch nicht<br />

135


so richtig. Er sah zwar die Vorteile einer guten Heirat, aber Liebe,<br />

Romantik und all <strong>der</strong> Quatsch... das konnte ihm gestohlen bleiben.<br />

Er musste sich zuhause schon genug davon von seinen jüngeren<br />

Schwestern anhören. Liebe war was für schwache Frauen, echte<br />

Männer kämpften gegen Banditen, Wegelagerer und die Feinde ihres<br />

Hauses!<br />

So war <strong>der</strong> Nachmittag in Träumereien und<br />

spaßigen Spielen dahingegangen, doch<br />

plötzlich erinnerte sich <strong>der</strong> junge Calestris, wo<br />

er eigentlich sein sollte. Bis zum Abendessen<br />

hatte er noch etwas Zeit, doch man wusste ja<br />

nie, auf einmal verlangte Onkel Ceidroc noch<br />

nach den Diensten seines Pagen o<strong>der</strong> sein Vater<br />

kam auf die Idee, seinem Sohn einen weiteren<br />

Vortrag darüber zu halten, wie viel man auf solch gesellschaftlichen<br />

Anlässen doch lernen konnte. Bei diesem Gedanken schnaubte<br />

Aidan leise.<br />

Plötzlich durchfuhr ihn ein sehr unschöner Gedanke und lies ihn<br />

erstarren. Was, wenn einer <strong>der</strong> beiden Männer bereits in seiner<br />

Kammer gewesen war und festgestellt hatte, dass er nicht dort war,<br />

wo er sein sollte? Wenn sie jetzt grade in diesem Moment darüber<br />

sprachen, wo er sich rumtreiben mochte?<br />

Kalter Schweiß brach ihm aus. <strong>Das</strong> wäre gar nicht gut. Doch die<br />

beiden Männer waren zu weit weg und sprachen zu leise<br />

miteinan<strong>der</strong>, die alltäglichen Geräusche <strong>der</strong> Burg um sie herum taten<br />

ihr übriges, so dass er die Worte <strong>der</strong> beiden nicht verstehen konnte.<br />

Er konnte seine Befürchtungen also we<strong>der</strong> bestätigen noch<br />

zerstreuen. Tja, da bleibt mir nur eins, weitermachen nach Plan.<br />

Aidan sammelte sich noch einmal, atmete tief ein und machte sich<br />

an die letzten paar Schritte. Nur nicht umdrehn, nur nicht<br />

136


umdrehn... dachte er wie ein Gebet, während er sich immer näher zur<br />

Tür seiner Kammer schlich. Da, endlich, konnte er die Hand nach<br />

dem Griff ausstrecken. Zum Glück hatte er sich im Vorfeld bereits<br />

davon vergewissert, dass sich die kleine Tür so gut wie geräuschlos<br />

in ihren Angeln drehte. Wie sich jetzt zeigte, war es eben immer gut,<br />

vorbereitet zu sein.<br />

Mit einem leisen Schaben schob er den Riegel zur Seite, öffnete die<br />

Tür einen Spalt breit und schlüpfte dann geschwind in seine<br />

Kammer. Grade noch konnte er sich zurückhalten, bevor er aus<br />

lauter Übermut und Erleichterung, ungesehen an den zwei<br />

vorbeigekommen zu sein, die Tür zuknallte. Stattdessen schob er sie<br />

leise zu und verriegelte sie wie<strong>der</strong>. Dann stand er erst einmal einige<br />

Augenblicke nur so da und ließ sein pochendes Herz etwas zur<br />

Ruhe kommen. Alles in Allem war das doch ein ganz erfolgreicher<br />

Nachmittag! dachte sich <strong>der</strong> junge Aidan mit einem verschmitzten<br />

Lächeln, bevor er sich vor dem alten Pergament mit <strong>der</strong> Chronik des<br />

Hauses Butterwell nie<strong>der</strong>lies.<br />

137


Eirik<br />

Am zweiten Tag <strong>der</strong> Reise war Ethan größtenteils in seinen<br />

Gedanken versunken und dachte noch einmal über das Gespräch<br />

nach. Lady Kara war wie erwartet sehr abweisend gewesen und hatte<br />

alles abgestritten. Ihr Vater hat allerdings bestätigt, dass die<br />

Verlobung gelöst wurde. Was ist, wenn auch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil richtig<br />

war, dass die Verlobung von dem Lord <strong>der</strong> Godwynns gelöst wurde<br />

und nicht, weil Lady Amelia ihn betrogen hat?<br />

Die Antwort könnte womöglich dieser Schmied liefern und man<br />

sollte ihn so schnell wie möglich ausfindig machen und befragen. Er<br />

fragte sich auch, was Lady Taya von alldem halten würde und<br />

musste zwangsläufig daran denken, was sie bei ihrem Aufbruch<br />

gesagt hatte…<br />

Da die Gesandtschaft <strong>der</strong> Godwynns auf ihrer Reise keine wirkliche<br />

Zeit zur Erholung hatte und die Sonne nach wie vor am Tage<br />

erbarmungslos brannte, dauerte <strong>der</strong> Heimweg zurück zur Silver<br />

Keep insgesamt etwas länger und es zeichnete sich ab, dass man erst<br />

zum Einbruch <strong>der</strong> Nacht das Tor <strong>der</strong> Festung erreicht haben werde.<br />

Außerdem verzögerte sich die Heimreise, da die kleine Schaar noch<br />

einige Höfe abzureiten hatte, um dort Burschen und Mädchen<br />

einzusammeln, welche die ehrenwerte Elenore plante, für eine<br />

eindrucksvolle Choreographie bei dem nahenden Turnier zu<br />

gebrauchen. So plante sie, dass die Godwynns in einer langen<br />

Kolonne zum Turnierplatz marschieren würden, die an einer<br />

Schlange, dem Wappentier <strong>der</strong> Godwynns, erinnern sollte und die<br />

Burschen würden allesamt mit großen Trommeln einen<br />

ohrenbetäubenden Krach schlagen, <strong>der</strong> den Rittern <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

138


Häuser Angst mach würde, während die Mädchen bunte<br />

Blütenblätter aus einem Korb werfen und so das Publikum<br />

verzaubern würden. Tatsächlich war Elenore bereits mehrere<br />

Wochen ununterbrochen damit beschäftigt gewesen, sämtliche<br />

Vorbereitungen zu treffen. Einzig ein letzter Baustein fehlte noch in<br />

ihrer Planung und um diesen wollte sie sich an eben diesen Abend<br />

kümmern, an dem auch die Gesandtschaft zurück erwartet wurde.<br />

Ser Ethan allerding missfiel nach den Strapazen jede zusätzliche<br />

Verzögerung und er wollte schnellstmöglich zurück zur Silver Keep<br />

gelangen, weshalb er kurzerhand seinen Knappen Eirik damit<br />

beauftragte, die Höfe abzureiten, während <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Gruppe<br />

direkt weiter zur Feste reiten sollte. Zu Ser Ethans Überraschung<br />

wi<strong>der</strong>sprach Eirik nicht und machte sich so gleich auf den Weg,<br />

ganz so, als hätte Eirik ebendies genauso vorgehabt. Wäre Ser Ethan<br />

nicht damit beschäftigt gewesen, sich im Gedanken Sätze zurecht zu<br />

legen, welche die wenig positiven Verhandlungsergebisse <strong>der</strong><br />

Hausvorsteherin Lady Taya erklären sollten, hätte er aus seinen<br />

Erfahrungen mit seinem Knappen heraus erkannt, dass er gerade<br />

eine Gelegenheit verpasst hatte, ein, je ach Betrachtungsweise,<br />

größeres Unglück zu vermeiden.<br />

Etwas später, es dämmerte bereits, saß die ehrenwerte Elenore<br />

zusammen mit ihren Z<strong>of</strong>en in ihrem Turmzimmer und stickte<br />

Ikonen <strong>der</strong> neuen <strong>Götter</strong> auf Tücher, die über Holzringe gespannt<br />

waren. Trotzdem das einige Kerzen neben Licht auch Wärme<br />

spendeten, dominierte die eisige Strenge <strong>der</strong> ehrenwerten Dame die<br />

Atmosphäre in dem Raum. Ein zaghaftes, kaum hörbares Klopfen<br />

durchbrach die nun stundenwährende Stille und ließ die<br />

Anwesenden aufhorchen.<br />

„Ja bitte?“<br />

139


Langsam, ganz langsam, folgten die Köpfe <strong>der</strong> Z<strong>of</strong>en dem sich wie<br />

in Zeitlupe bewegenden Türriegel, nur Elenore hielt ihren Blick auf<br />

ihre Stickerei gerichtet. Es verging einige Zeit, ehe die Tür geöffnet<br />

und <strong>der</strong> Gast die Raummitte erreicht hatte.<br />

„Ihr habt mich …“<br />

„Ich denke, wir werden zukünftig darüber gegenseitiges<br />

Einvernehmen finden müssen, dass ich in meinem Alter nicht mehr<br />

beabsichtige, auf irgendjemanden o<strong>der</strong> auf irgendetwas zu warten.“<br />

Endlich blickte Elenore auf und musterte ihren Besuch. Vor ihr<br />

stand ängstlich zitternd Tyrben, <strong>der</strong> fünfzehnjährige Stallbursche,<br />

den alle aufgrund seiner Akne Pebbleface nannten. Tyrben war<br />

zuletzt häufig mit dem Septon William Humble gesehen worden und<br />

galt seit dem als dessen Lustknabe, wodurch auch die ehrenwerte<br />

Dame auf ihn aufmerksam wurde, da sie für ihre Pläne jemanden<br />

wie ihn benötigte.<br />

„Dein Schweigen erweckt den Anschein einer Provokation. Ich lege<br />

dir nun wirklich nahe, mich nicht weiter zu reizen. Du weißt, dass<br />

ich mit dir alles machen kann, was mir in den Sinn kommt, um<br />

meine geschundenen Nerven zu beruhigen?“<br />

Elenore legte ihre Stickerei beiseite, stand auf und fuhr fort<br />

„Glaubst du, dass ich mit dir alles machen kann, was ich will?“ und<br />

Tyrben antwortete mit zittriger Stimme kaum hörbar „Ja ehrwürdige<br />

Dame.“<br />

„Und würdest mir bitte sagen, vorzugweise ohne diesen aufmüpfigen<br />

Ton, warum ich mit dir alles machen kann, was ich will?“<br />

Tyrben kam nicht dazu zu antworten. Elenore ging nun auf den<br />

verschüchterten Burschen direkt zu und ohrfeigte ihn heftig, was<br />

von einem spitzen Aufschreien <strong>der</strong> Z<strong>of</strong>en begleitet wurde.<br />

140


„Ganz einfach, weil es so ist.“ Gab Elenore die Antwort selbst und<br />

schickte sich wie<strong>der</strong> an, zurück zu ihren Lehnsessel zu gehen. Auf<br />

halbem Wege entschied sie sich jedoch um, ging zurück und weiter<br />

an Tyrben vorbei zu einem Wandregal und holte sich dort eine Rute<br />

hervor.<br />

„Zieh die Hose runter und beug dich dort hinten über den Stuhl.“<br />

Der Bursche konnte nur gehorchen, zog also blank, beugte sich vor<br />

und wurde ganz fürchterlich von <strong>der</strong> ehrenwerten Dame<br />

verdroschen. Erste das entsetzte Flehen <strong>der</strong> Z<strong>of</strong>en ließ Elenore<br />

schließlich einhalten und sie begab sich zurück zu ihrem<br />

Lehnsessel. In <strong>der</strong> Raummitte zurückgelassen stand <strong>der</strong> junge<br />

Tyrben ganz starr vor Angst, nur ein gelegentliches Schlurzen und<br />

das Zittern seines Kinns bewegten den geschundenen Körper.<br />

„Bei den Sieben jetzt hör endlich auf zu flennen! Ich kann dir<br />

überhaupt nicht so wehtun, wie dein Gesicht hässlich ist! Hast du<br />

überhaupt eine Ahnung davon, wie abstoßend du bist? Ich hatte<br />

Pläne mit dir, aber bei den Sieben, meine Fantasie reicht einfach<br />

nicht dazu aus, um mir dich bei dem vorzustellen, w<strong>of</strong>ür ich dich zu<br />

gebrauchen dachte.“<br />

Damit war nun auch <strong>der</strong> Grund für Elenores Verärgerung klar.<br />

Aufgrund ihrer altersbedingten Sehschwäche hatte sie bislang die<br />

Akne des Burschen nicht wahrgenommen, son<strong>der</strong>n vielmehr nur die<br />

bereits stattliche Statue des Knaben. Diese, und die zweifelhafte<br />

Referenz als William Humbles Lustknabe, schien Tyrben <strong>der</strong> ideale<br />

Kandidat für Elenores Vorhaben zu sein.<br />

„Es nutzt nichts, es muss heute Abend geschehen und wir müssen<br />

uns wohl mit dieser grotesken Launen <strong>der</strong> Natur begnügen.“<br />

Sprach die ehrenwerte Dame mit einem resignierenden<br />

Schulterzucken. Glücklicherweise gehörte es zu Elenores<br />

vornehmlichen Fähigkeiten, schnell nach einem Schock wie das<br />

141


Gesicht des Stallburschen zu eine konstruktiven Haltung zurück zu<br />

finden. So wusste sie also genau, was nun als nächstes zutun war:<br />

„Du Bursche zieh dich aus und das rasch, wir wollen nicht noch<br />

mehr Zeit verlieren und du Mädchen geh und hol meine Schminke,<br />

wir wollen versuchen, wenigstens das Gröbste zu schattieren. Beeile<br />

dich, wir haben viel zu tun.“<br />

Eine zweite Z<strong>of</strong>e wies Elenore an, dafür zu sorgen, dass die<br />

Hausherrin Lady Taya in den nächsten Stunden nicht zu Bett gehen<br />

könne.<br />

Etwa zwei Stunden später- die Gesandtschaft <strong>der</strong> Godwynns war<br />

bereits eingetr<strong>of</strong>fen und hatte abgesattelt, dabei jedoch penibel<br />

darauf geachtet, kein Aufsehen zu erregen, denn die beiden Sers<br />

hatten sich überlegt, erst am Morgen Lady Taya zu berichten - irrte<br />

die ehrenwerte Elenore zusammen mit den Stallburschen Tyrben,<br />

den sie zusammen mit ihren Z<strong>of</strong>en in den vergangenen Stunden<br />

versuchte mit Schminke und feiner Kleidung einigermaßen<br />

ansehnlich zu verkleiden, durch die Gänge <strong>der</strong> Silver Keep auf <strong>der</strong><br />

Suche nach Lady Taya. Sie fanden diese wütend in Richtung ihrer<br />

Gemächer stapfen, nachdem diese in den vergangenen Stunden<br />

immer wie<strong>der</strong> zu irgendwelchen Nichtigkeiten gerufen wurde, die<br />

sie davon abhielten, sich schlafen zu legen.<br />

„Ah, liebes Täubchen, kommt her zu eurer lieben Tante. Ich habe<br />

euch schon überall gesucht und fürchtete, dass ihr euch bereits zu<br />

Bett begeben habt.“<br />

Elenore eilte rasch zu Lady Taya umarmte diese und bedeckte ihre<br />

Stirn mit einigen liebevollen Küssen. „Wir wollen den Sieben für<br />

diesen schöner Zufall danken, <strong>der</strong> euch in dieser lieblichen Nacht zu<br />

142


mir führt, denn wie ihr wisst, steht immer noch eine Entscheidung<br />

aus, die verkündet werden muss. Umso mehr, da in diesen Stunden<br />

die hohen Sers zurück erwartet werden.“<br />

Ein fernes, leises, aber nicht mehr zu leugnendes rhythmisches<br />

Geräusch ließ die drei kurz irritiert aufhorchen, ehe Elenore fortfuhr<br />

„Erinnert euch an meiner berechtigten Bitte: Mein Lieber Sohn<br />

Eirik, <strong>der</strong> von einem kleinen Knaben nun zu einem stattlich Mann<br />

heran gewachsen ist, dabei in seinem noch jungen Leben bereit so<br />

viele Prüfungen hat bewältigen müssen, wie sie den tapfersten<br />

unserer Ritter nicht auferlegt wurden, kräftig und schön, eloquent<br />

und tugendhaft, edel und anmutig, kurz ein wahres Juwel unseres<br />

Geschlechts, <strong>der</strong> sich nicht für den einfachen, son<strong>der</strong>n für den<br />

langen, beschwerlichen Weg entschieden hat um sich zu beweisen,<br />

<strong>der</strong>, obwohl es weit unter seinem Stande ist, das Handwerk eines<br />

Kriegers von <strong>der</strong> Pike an gelernt hat, als er, ohne auf seine eigenen<br />

Befindlichkeiten zu achten, aufopferungsvoll den Knappendienst bei<br />

unseren stets bemühten Ser Ethan annahm. Eben dieser Eirik, und<br />

hier bitte ich um eurer Einvernehmen, sollte nun endlich, nachdem<br />

er sich tausendfach bewährt hat, in den Ritterstand erhoben<br />

werden.“<br />

<strong>Das</strong> rhythmische Geräusch war nun deutlich als Trommelschlagen<br />

zu hören und in den letzten Minuten immer lauter geworden, also<br />

näher gekommen. Lady Taya war davon nachhaltig irritiert und hatte<br />

ihrer Tante kaum zugehört, wusste sie doch genau, was ihre Tante<br />

von ihr wollte, nachdem diese in den vergangenen Tagen keine<br />

Gelegenheit ausgelassen, um ihr Anliegen wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong><br />

vorzutragen. Lady Taya wollte sich endlich ein Bild von dem<br />

Geschehen draußen machen, das mittlerweile den Burgh<strong>of</strong> erreicht<br />

haben musste, wurde aber ein weiteres Mal von ihrer Tante<br />

143


vereinnahmt, die Lady Taya bei den Schultern fasste und weiter<br />

eindringlich auf die Hausherrin einredete<br />

„Ihr gabt zuletzt zu bedenken, dass man, wenn <strong>der</strong> Eirik selbst zum<br />

Ritter benannt, unser armer Ser Ethan so kurz vor dem Turnier<br />

keinen neuen Knappen finden würde. Doch schaut her, ich bringe<br />

euch den kräftigen Burschen Tyrben. Ein prächtiger Junge, <strong>der</strong> auch<br />

gar nicht so unerfahren ist, ist er doch zuletzt unserem Septon<br />

immer wie<strong>der</strong> zur Hand gegangen. Und seid nicht zu streng mit<br />

seinem Gesicht. Seht, das gröbste lässt sich abdecken und bald<br />

schon wird ihm ein Bart gewachsen sein und das schlimmste<br />

verstecken, seine Scham ist bereit üppig bewachsen, müsst ihr<br />

wissen. Und wer weiß, in ein paar Jahren, wenn alles vernarbt ist,<br />

entwickelt <strong>der</strong> Bursche vielleicht so etwas wie Charisma …“<br />

<strong>Das</strong> Trommeln hatte nun tatsächlich den Burgh<strong>of</strong> erreicht und war<br />

nun so laut, dass quasi die gesamte Burg zu dieser späten Stunde<br />

auf den Beinen war. Als nun neben dem Trommeln erst vereinzelt,<br />

dann beinahe im Chor Rufe wie „toll!“, „bravo!“, „hat man so was<br />

schon gesehen?!“, „nein! So was hat man noch nicht gesehen!“ laut<br />

wurden, gab es keinen Grund mehr, weiter im Inneren <strong>der</strong> Burg zu<br />

bleiben, auch wenn Lady Taya gerade hellhörig wurde und<br />

ergründen wollte, woher ihre Tante Kenntnisse über den<br />

Schambereich dieses Stallburschen hatte.<br />

Im Burgh<strong>of</strong> ereignete sich ein wahres Spektakel. Der H<strong>of</strong> war rund<br />

angelegt und Lady Taya und die ehrenwerte Elenore traten aus dem<br />

anliegenden Hauptgebäude direkt auf breites Mauerstück, welches<br />

durch eine Steintreppe mit dem H<strong>of</strong> verbunden war. Im H<strong>of</strong> hatten<br />

sich allerlei Bewohner <strong>der</strong> Silver Keep versammelt, von denen einige<br />

Fackeln entzündet hatten, sodass alles gut ausgeleuchtet war. Im<br />

Publikum standen außerdem alle hohen Herren des Hauses, so zum<br />

144


Beispiel Ser Ethan und Ser Richard o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Septon und <strong>der</strong><br />

Maester. Gut zwei Dutzend Knaben hatten sich in einem Kreis<br />

aufgestellt und schlugen kräftig auf ihren Trommeln.<br />

In <strong>der</strong>en Mitte befand sich Eirik, <strong>der</strong> auf dem<br />

Rücken eines Pferdes mit gigantischen<br />

Ausmaßen saß. Der Rappe musste wenigstens<br />

ein Stockmaß von einen Meter neunzig haben<br />

und wog sicherlich weit über eine Tonne. Es<br />

bestand kein Zweifel darüber, um welches Pferd<br />

es sich handelte. Nur ein Pferd in den Landen<br />

<strong>der</strong> Godwynns war für eben diese Größe<br />

bekannt und natürlich war auch das Publikum genau im Bilde. So<br />

rief dann schließlich einer „<strong>Das</strong> ist Marius! Kein Zweifel, <strong>der</strong> junge<br />

Herr Eirik hat es geschafft Marius zu zähmen! Seht nur jetzt reitet er<br />

einen Kreis!“ und „Ja, ich habe Marius schon mal geseh´n. Er hat es<br />

wirklich geschafft Marius zu reiten! Juhu, Juhu! Seht nur, jetzt lässt<br />

er ihn steigen, er lässt ihn steigen!“<br />

Marius war tatsächlich zu so etwas wie eine Legende geworden. <strong>Das</strong><br />

gigantische Pferd war im Besitz des H<strong>of</strong>herren Corbin, einen alten<br />

Ritter im Dienste <strong>der</strong> Godwynns, <strong>der</strong> sich auf seinem H<strong>of</strong><br />

zurückgezogen und sich in <strong>der</strong> Pferdezucht versucht hatte. Die<br />

Geburt des Rappen Marius war dabei ein echter Glückfall, <strong>der</strong><br />

Corbin über die Landesgrenzen hinaus berühmt machte. Natürlich<br />

war das Pferd heiß begehrt, doch war es dem alten Ritter selbst als<br />

Zuchthengst so wertvoll, dass er bislang jede Summe ausgeschlagen<br />

hatte. Außerdem galt <strong>der</strong> Hengst als nahe zu unreitbar. Eirik wusste<br />

allerdings, dass es etwas gab, das dem alten Corbin noch wertvoller<br />

war, als Marius, nämlich dessen Tochter. Es verlangte Eirik nicht<br />

sehr viel Mühe ab, das Pferd als Preis für sein Schweigen darüber<br />

auszuhandeln, dass die Tochter des alten Ritters nicht mehr<br />

145


unbefleckt war. Als ihm das Pferd zugesprochen wurde, war Eirik<br />

dann auch gerne bereit gewesen, einige Mittelchen aufzutreiben, die<br />

halfen, das kleine Leben aus dem Bauch <strong>der</strong> Tochter zu treiben, für<br />

dessen Erzeugung er sich selbst zuvor nicht zu schade war. Seinem<br />

ansonsten sehr einfühlsamen Wesen verdankte Eirik schließlich,<br />

dass er von Marius als Reiter akzeptiert wurde.<br />

<strong>Das</strong> Publikum tobte nach wie vor und kurz bevor den Bewohnern<br />

<strong>der</strong> Silver Keep die Superlativen ausgingen mit denen sie Eirik<br />

anriefen, schickte sich dieser an, das Spektakel zu dessen<br />

Höhepunkt zu führen. Plötzlich gab er dem Pferd die Sporen und<br />

trieb den riesigen Hengst direkt die steinerne Treppe zu seiner<br />

Stiefmutter und Lady Taya rauf. Vor Aufregung und Erschöpfung<br />

blähten sich die Nüstern des Rappen rhythmisch zum immer noch<br />

gegenwärtigen Trommelschlag, das Maul, ja <strong>der</strong> ganze Kopf war<br />

über und über mit weißem Schaum bedeckt. Und dann, als Eirik auf<br />

dem riesigen Rappen sitzend direkt vor Lady Taya zum Stehen kam,<br />

geschah etwas, dass man – so wurde es an den folgenden Tagen von<br />

den Zeugen dieses Ereignisses gerne beschrieben – so nun wirklich<br />

noch nicht gesehen hatte! In gespannter Erwartung darüber, was als<br />

nächstes passieren würde, schwiegen plötzlich die Trommeln und<br />

schwieg <strong>der</strong> gesamte H<strong>of</strong>, als dann völlig unerwartet und vor den<br />

Augen <strong>der</strong> versammelten Bewohner <strong>der</strong> Silver Keep <strong>der</strong> gigantische<br />

Hengst erst sein riesiges Maul zu einem lauten, unnatürlichen<br />

Wiehern, ganz so, wie man es noch nie gehört hatte, öffnete, dabei<br />

seinen enormen Kopf hin und her schüttelte, wodurch die junge<br />

Lady über und über mit Schwällen von Speichel des Pferdes bedeckt<br />

wurde und schließlich erneut direkt vor <strong>der</strong> Lady auf die<br />

Hinterhufen stieg.<br />

Mit <strong>of</strong>fenen Mün<strong>der</strong>n starrten die Bewohner herauf zu ihren<br />

Herrschaften und glaubten in diesen Moment Teil von etwas<br />

146


heiligem zu sein. Gute drei Meter über ihnen, vor dem Hintergrund<br />

eines vollen Mondes stand ihre Lady Taya, <strong>der</strong>en durch den Rotz des<br />

Pferdes beinahe transparente Seidenkleid die ganzen Vorzüge ihres<br />

attraktiven Körpers frei gab und <strong>der</strong>en nasse Haut, welche das<br />

Mondlicht reflektierte die Assoziation vom lange ersehnten Regen<br />

zuließ, da saß <strong>der</strong> nicht min<strong>der</strong> attraktive Eirik, von <strong>der</strong> langen Reise<br />

verschwitzt und verdreckt auf dem Rücken des von ihm gebändigten<br />

Ungeheuers Marius und um <strong>der</strong> ganzen Komposition die Krone auf<br />

zusetzten setzte plötzlich ein kräftiger Windstoß ein, <strong>der</strong> allen<br />

Anwesenden die in den vergangenen Wochen lange ersehnte<br />

Erfrischung bot, beinahe so, als wären die <strong>Götter</strong> selbst in diesen<br />

Moment gegenwärtig.<br />

Kurz, für die Bewohner <strong>der</strong> Silver Keep, die in diesen Moment nicht<br />

wussten, ob sie jubeln o<strong>der</strong> vor Freude weinen sollten, stand fest, vor<br />

ihnen Stand in diesem Moment die Lady und <strong>der</strong> Lord des Hauses<br />

Godwynn auf <strong>der</strong> Mauer. Lady Taya, die dies naturgemäß an<strong>der</strong>s<br />

sah, ging sobald es die Höflichkeit zuließ rasch zurück in das<br />

Haupthaus, während Eirik ein bisschen näher an den Burschen<br />

Tyrben heranritt, diesen in den Bauch trat, um schließlich über<br />

dessen Rücken die nicht unerhebliche Distanz vom Pfer<strong>der</strong>ücken<br />

zum Fußboden zu bewältigen. Abgesessen fiel er sogleich unter den<br />

Jubel des Publikums seiner Stiefmutter in die Arme, die selbst von<br />

dem Geschehenen ganz gerührt kaum die Tränen zurück halten<br />

konnte.<br />

Schließlich verlief sich die Menge und man war gespannt, wie das<br />

Ereignis im Folgenden von den Herrschaften eingeordnet wurde.<br />

Außerdem galt es ja auch, den Bericht <strong>der</strong> Gesandtschaft zu<br />

erfahren.<br />

Taya konnte es nicht fassen. Sie starrte abwechselnd zur johlenden<br />

Menge und zu dem riesigen Pferd, welches bedrohlich vor ihr<br />

aufragte, während ihr <strong>der</strong> Speichel dieses Untieres an den Beinen<br />

147


hinab rann. Was war das nur für ein Haus, was für eine Meute! <strong>Das</strong><br />

würden sie bezahlen, und ihre Tante an erster Stelle. Sobald diese<br />

Sache mit den Calestris erledigt war, würde sie sich dieser alten<br />

Wachtel entledigen, und zwar auf eine Weise, dass sie sich wünschen<br />

würde, sie hätte ihren verkrüppelten Mann schon längst zu den<br />

<strong>Götter</strong>n begleitet!<br />

Die junge Frau trat einen Schritt zurück, ihre Lippen bebten und<br />

ihre Augen füllten sich mit Tränen. Einen Moment lang tanzte sie<br />

auf <strong>der</strong> emotionalen Schneide und konnte sowohl in die eine o<strong>der</strong> in<br />

die an<strong>der</strong>e Richtung kippen. Doch ihr gelang es die Beherrschung<br />

zu wahren. Sie brach nicht in Tränen aus o<strong>der</strong> begann zu schreien.<br />

Stattdessen schloss sie für ein paar Sekunden die Augen, und als<br />

sich ihre Augenli<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> hoben, war ihr Blick eiskalt und mit<br />

Hass gefüllt. Sie sah sich um und fand als erstes Trish, die sie schon<br />

seit einigen Minuten schreckensstarr ansah, die Hände vor dem<br />

Gesicht, um das deutliche “O” ihrer Lippen zu verbergen.<br />

Als Trish den Blick ihrer Lady vernahm, raffte sie augenblicklich ihr<br />

Kleid und lief eiligst in die Burg zurück. Dann wandte sich Taya an<br />

ihren neuen Maester und an Ser Richard, <strong>der</strong> sich verlegen am Kopf<br />

kratzte. Ein Zischen einer Schlange gleich entfuhr ihrem Mund, so<br />

dass die beiden Männer erschrocken zu ihr aufsahen.<br />

“IHR! BEIDE! Sorgt dafür, dass dieser Zirkus hier<br />

VERSCHWINDET!” Die junge Frau hatte zornig einen Finger auf<br />

die beiden gerichtet und in <strong>der</strong> Vorwärtsbewegung ihres Armes hatte<br />

sich Rotz von ihrer Hand gelöst und klatschte Logan gegen die<br />

Rüstung.<br />

Dann ging sie ein paar Stufen hinab und griff mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand<br />

nach Ser Ethan, <strong>der</strong> dort völlig perplex in <strong>der</strong> Nähe gestanden hatte.<br />

“Und IHR, Ser, kommt mit mir, SOFORT! Wir haben miteinan<strong>der</strong> zu<br />

reden!”<br />

148


Ethan<br />

Nachdem Taya sich gedankenverloren ihre Hand am Umhang des<br />

Ritters abgewischt hatte, zog sie ihn hinter sich her. Ihr Gesicht war<br />

eine steinerne Maske, doch sobald sie die leeren Gänge <strong>der</strong> Burg<br />

betraten, platzte es aus ihr heraus. “Was FÄLLT Euch ein, nicht<br />

s<strong>of</strong>ort zu mir zu kommen, als Ihr zurückgekehrt seid,<br />

Waffenmeister? Ich wollte unverzüglich informiert werden!”<br />

Sie konnte es nun doch nicht verhin<strong>der</strong>n,<br />

dass ihr eine Träne hinablief. Während <strong>der</strong><br />

Ritter noch darüber nachdachte, wie er eine<br />

Entschuldigung am besten formulieren sollte,<br />

fuhr die Lady des Hauses auch schon fort.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Thema drängte sich erneut in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund, was Ser Ethan eine<br />

Rechtfertigung ersparte. “Eleonore, diese<br />

Hexe! <strong>Das</strong> ist alles ihr Werk! Habt Ihr das gesehen, Ser? Und alles<br />

nur wegen ihren stumpfsinnigen Sohnes, <strong>der</strong> Euer Knappe ist,<br />

wohlgemerkt! Wisst Ihr, was sie von mir wollte?!” Der Ritter<br />

schüttelte pflichtbewusst den Kopf. “Was sie immer will! Sie will,<br />

dass Eirik zum Ritter geschlagen wird, damit er eine wichtige<br />

Funktion an meinem H<strong>of</strong>e einnimmt, umso weiter den Druck zu<br />

erhöhen, dass ich ihn früher o<strong>der</strong> später eheliche. Diese Rotzgöre!”<br />

Bei dem letzten Wort sah sie angewi<strong>der</strong>t an sich selbst hinab.<br />

Inzwischen waren sie an Tayas privaten Gemach angekommen. Sie<br />

öffnete die Tür, zog den Ritter mit sich hinein, und schloss dann mit<br />

einem großen Schlüssel ab. Drinnen bereitete Trish gerade eine<br />

149


Badewanne vor und sah ängstlich zu den beiden auf. Taya beachtete<br />

sie gar nicht. “Und wisst Ihr, Ethan, wen die alte Hexe als seinen<br />

Nachfolger, also Euren neuen Knappen , vorgeschlagen hat?!” Ethan<br />

setzte sich auf einen mit einer unwirschen Handbewegung<br />

angebotenen Sessel und schüttelte erneut den Kopf. “Pebbleface!”<br />

Sie lachte hoch, aber freudlos auf, die nervöse Erschöpfung war nun<br />

aus <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> jungen Frau herauszuhören. “Pebbleface, <strong>der</strong><br />

Lustknabe des Septons, ein Stallbursche!”<br />

Taya zog sich ungeniert direkt vor dem Ritter aus und warf ihr<br />

nasses Kleid auf den Boden. Ihre nackte Haut darunter glänzte<br />

verführerisch und Ethan bemühte sich krampfhaft den Blick von<br />

ihren Brüsten o<strong>der</strong> ihrer Scham abzuwenden. Taya sah zu Trish und<br />

deutete auf das Kleid. “Verbrenn das... sobald es trocken ist.”<br />

Dann stieg sie in die Wanne und versank vollständig darin. Sie hielt<br />

die Luft an und tauchte. Die Sekunden verstrichen und gerade, als<br />

Ethan ein ungutes Gefühl bekam, erschien ihr Kopf wie<strong>der</strong> aus dem<br />

Wasser. <strong>Das</strong> dunkle Haar klebte ihr in Strähnen im Gesicht und als<br />

sie den Ritter nun anblickte, lächelte sie traurig.<br />

“Pebbleface. Wäre das nicht ein würdiger Knappe für meinen<br />

Waffenmeister? Aber eines sage ich Euch, eher erhebe ich ihn in den<br />

Ritterstand, als Eirik.”<br />

Trish war erneut an die Wanne getreten und begann die junge Frau<br />

nun einzuseifen, selbst das Haar wurde mir einer duftenden Lösung<br />

behandelt. “Und dann diese alberne Sache mit den Trommeln. Und<br />

dieses Pferd! Was für ein Ungetüm, was für ein Monster! Aber immer<br />

noch nur ein Pferd, was soll das für eine Leistung sein? Die Leute<br />

taten ja so, als hätte <strong>der</strong> Junge einen Drachen erlegt.”<br />

Taya tauche noch einmal kurz unter, um sich die Seife abzuspülen,<br />

dann erhob sie sich. <strong>Das</strong> Wasser lief in Strömen über ihre Haut<br />

zurück in die Wanne und die seltsame Mischung aus Kerzenschein<br />

150


und Mondlicht, welches durch ein Fenster fiel, erhellte die<br />

karamellfarbene Haut <strong>der</strong> Lady und ließ einen verführerischen<br />

Kontrast zu ihren dunklen Brustwarzen und dem schmalen Streifen<br />

dunklen Haares an ihrer Scham entstehen. Taya lächelte dem Ritter<br />

nun etwas entspannter zu und ließ sich von Trish ein Leinentuch<br />

geben, während sie aus <strong>der</strong> Wanne stieg.<br />

“Marius, das Pferd, und sein neuer Freund Eirik. Vielleicht sollte ich<br />

Pebbleface doch zum Knappen machen und Eirik dafür zum<br />

Stallburschen. Damit kennt er sich wenigstens aus.” Taya kicherte<br />

amüsierte und ging in langsamen Schritten auf den Ritter zu. <strong>Das</strong><br />

Handtuch hatte sie sich lediglich um die Schultern gehangen, ihre<br />

nassen und welligen Haare hingen tropfend darüber.<br />

“Doch nun zu Euch, Ser Ethan. Ihr...” Sie war dicht zu ihm<br />

gekommen, hatte ihn jedoch bislang nicht berührt. Jetzt rümpfte sie<br />

die Nase ein wenig, ohne dass ihr Lächeln verschwand. “... Ihr stinkt,<br />

Waffenmeister. Bei den Sieben, selbst in dieser leichten Rüstung<br />

müsst ihr durch den Ritt in dieser Hitze in mehr Schweiß getränkt<br />

sein, als dieses Pferd vorhin versabbert hat. Da...” Taya deutete zur<br />

Wanne hinüber. “Hinein mit Euch. <strong>Das</strong> Wasser ist warm und<br />

wohlriechend.” Sie zog ihn sanft auf die Füße, drückte ihn leicht in<br />

Richtung Wanne und nahm dann selbst auf dem Sessel Platz. Sie<br />

grinste neckisch und schlug die Beine übereinan<strong>der</strong>.<br />

“Und während Ihr badet, werde ich Euch beobachten und... zuhören.<br />

Erzählt mir, wie es bei den Calestris gelaufen ist, und vergesst nicht,<br />

ich will alles wissen, jedes Detail und jede Einschätzung von Euch,<br />

Ser.”<br />

Völlig überrumpelt stand Ser Ethan nun vor <strong>der</strong> Wanne und wusste<br />

nicht, was er als nächstes tun sollte. In seinem Kopf schwirrten noch<br />

die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> letzten Augenblicke herum, von dieser Dreistigkeit,<br />

mit <strong>der</strong> sein Knappe und seine Tante diesen Aufmarsch fabriziert<br />

151


haben und es an Peinlichkeit für Eirik und Lady Taya nicht<br />

schlimmer hätte kommen können. <strong>Das</strong> Ereignis war so absurd, dass<br />

<strong>der</strong> Ritter nur mit <strong>of</strong>fenem Mund zusehen konnte und keinerlei<br />

Regung zeigte, bis er schließlich von Lady Taya mitgeschleift wurde.<br />

Er versuchte die Gedanken zu verdrängen und blickte sich noch<br />

einmal zu Taya um. Mit einem verspielten Lächeln saß sie noch<br />

immer auf dem Sessel, das Leinentuch lediglich um ihre Schultern<br />

gelegt. Ethans Blick folgte ihren schlanken langen Beinen, hinauf zu<br />

ihrer Taille und ihren perfekten Brüsten und er spürte, wie ihm<br />

dabei das Blut in die Lenden und in den Kopf stieg.<br />

„Nun Ser, ich warte.“ sagte Taya sichtlich amüsiert, da ihr <strong>der</strong> Blick<br />

des Ritters nicht verborgen blieb. <strong>Das</strong> verpasste Ethan eine weitere<br />

Hitzewelle und einen knallroten Kopf und er fing an, nervös an<br />

seiner Rüstung zu hantieren. Es dauerte einige Augenblicke, bis er<br />

seine leichte Brustplatte abgenommen und mit einem lauten Knall<br />

auf den Boden fallen ließ.<br />

„Die Reise nach Wynard's Hold verlief problemlos“ begann <strong>der</strong><br />

Ritter mit nervöser Stimme seinen Bericht. „Wir hatten in Miner's<br />

Fortune die Nacht verbracht und waren in unseren besten<br />

Rüstungen vor ihrem Tor aufmarschiert und haben gewartet.“<br />

Als nächsten entledigte sich <strong>der</strong> Ritter des leichten Le<strong>der</strong>wamses,<br />

den er unter <strong>der</strong> Brustplatte trug und lies darauf auch das<br />

Leinenhemd folgen, während er die Begegnung am Tor mit Ser<br />

Alban und seinen Bogenschützen schil<strong>der</strong>te. Lady Taya beobachtete<br />

jede Bewegung und nah jedes Wort zur Kenntnis, bis <strong>der</strong> Ritter mit<br />

nacktem Oberkörper vor ihr stand.<br />

Auf seiner Haut glänzten noch Schweiß und Dreck im Schein <strong>der</strong><br />

Kerzen und Taya konnte jedes Detail sehen. Er hatte ausgeprägte<br />

152


Brust- und Bauchmuskeln und neben einer leichten Brust- und<br />

Bauchbehaarung waren auch einige Narben zu sehen. Allerdings<br />

waren diese nicht sehr auffällig, einer ernsthaften Verletzung konnte<br />

Ser Ethan bisher entgehen.<br />

„Ser Richard konnte dieser feindseligen Art von Ser Alban nichts<br />

entgegensetzen ohne einen Streit zu provozieren, aber Ser Alban<br />

erwies sich letztendlich <strong>der</strong> Vernunft zugänglich und eskortierte uns<br />

in die große Halle, wo wir den wi<strong>der</strong>wärtigsten Wein in Westeros<br />

serviert bekamen und dazu extrem salzige Kost.“<br />

Der Ritter entledigte sich seiner Stiefel, entfernte die leichten<br />

Beinplatten an seinen Unterschenkeln und legte alles neben die<br />

Brustplatte.<br />

„Es war abzusehen, dass Ser Alban versuchte, uns mit Wein zu<br />

benebeln, damit wir einen Nachteil bei den Verhandlungen hatten.<br />

Allerdings hatten sowohl Ser Richard, als auch ich dieses Spiel s<strong>of</strong>ort<br />

durchschaut. Nur Eirik hatte seinem Durst nachgegeben.“<br />

Mit sicherer Hand entledigte sich <strong>der</strong> Ritter nun auch noch seiner<br />

Hose und stand völlig nackt vor <strong>der</strong> Wanne. Da das Offensichtliche<br />

nicht mehr zu verbergen war, versuchte es <strong>der</strong> Ritter auch gar nicht<br />

erst und stieg langsam zu Taya gewandt in die Wanne.<br />

Glücklicherweise war sie randvoll und das Wasser verdeckte seine<br />

Erektion, was Ethan eine gewisse Erleichterung verschaffte.<br />

<strong>Das</strong> Wasser war warm und duftete anregend und er tauchte kurz<br />

unter, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu waschen. Taya saß<br />

im direkt gegenüber und diesmal Blickte ihr <strong>der</strong> Ritter direkt in die<br />

Augen, als er weiter erzählte. Er schil<strong>der</strong>te kurz und knapp die<br />

Höflichkeiten, welche Ser Alban mit den Rittern austauschte und<br />

danach die Falle mit dem Bogenschuss.<br />

153


Trish stand während dieser Zeit hinter <strong>der</strong> Wanne und schien etwas<br />

unsicher, was sie tun sollte. Lady Taya beachtete sie nicht und auch<br />

Ethan ließ sich nur die Seife von ihr geben und fing an, sich selber<br />

von Kopf bis Fuß einzuseifen.<br />

„Nach einiger Zeit tauchte dann Lady Kara auf. Sie hatte gerade die<br />

Aufsicht über die Festung, da ihr Bru<strong>der</strong> bei einer Hochzeit war. Sie<br />

hatte den Maester und den Bastard <strong>der</strong> Wache bei sich und niemand<br />

wollten zuerst glauben, dass unsere For<strong>der</strong>ung ernst gemeint war.“<br />

Er tauchte für einen Augenblick unter um sich die Seife von Kopf<br />

und Armen zu spülen und fuhr dann fort.<br />

„Natürlich wollte sie uns loswerden, aber Ser Richard bestand auf<br />

unserer Antwort, wie ihr es befohlen habt. <strong>Das</strong> führte dazu, dass sie<br />

für längere Zeit verschwand um die Vorwürfe zu untersuchen.<br />

Letztendlich kam sie mit einer Aussage ihres Vaters zurück, <strong>der</strong> man<br />

aber nicht trauen kann. Er hat die Leitung des Hauses Calestris<br />

nicht mehr in seiner Hand und Gerüchten zufolge soll er nicht mehr<br />

bei Sinnen sein.<br />

Laut seinen Worten hat Lord Stephan die Verlobung selber gelöst,<br />

einen Grund dafür nannte er jedoch nicht.“<br />

Abschätzend sah er Taya an und konnte für einen Augenblick lang<br />

die Augen nicht von ihr lassen, während er überlegte, wie er seine<br />

nächsten Worte wählen würde.<br />

„Lady Kara verwies uns auf einen direkten Nachfahren des<br />

betreffenden Schmiedes, mit dem Lady Amelia durchgebrannt ist.<br />

Sein Name ist Horgas Crest und laut Lady Kara wird er bei dem<br />

Turnier <strong>der</strong> Butterwells anwesend sein und von ihnen befragt<br />

154


werden. Zum Abschluss drohte sie uns, damit wir abreisen,<br />

daraufhin habe ich die Höflichkeit erwi<strong>der</strong>t indem ich den<br />

Wahrheitsgehalt <strong>der</strong> Aussage von einem verrückten alten Mann<br />

gegenüber unseren Dokumenten ernsthaft bezweifelt habe.<br />

Meiner Meinung nach müssen wir unbedingt diesen Schmied finden<br />

und befragen. Die Calestris' werden mit ihrem Hausstab zum<br />

Turnier reisen, aber ich denke, dass sie während unserer Rückkehr<br />

bereits einen Raben geschickt und nun einen zeitlichen Vorteil<br />

haben.“<br />

Tayas Blick ruhte einen Moment auf dem Ritter in <strong>der</strong> Wanne. Sie<br />

beobachtete, wie er sich Schweiß und Schmutz von <strong>der</strong> Haut wusch<br />

und wie das Seifenwasser seine breiten Schultern, seine Brust und<br />

seine Muskeln umspülte. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in<br />

ihrem Schoß aus, warm und for<strong>der</strong>nd, vielleicht ein wenig kitzelnd,<br />

doch sie verdrängte es vorerst und drehte den Kopf nachdenklich<br />

zur Seite. Ihre nassen Haare fielen über ihre Brust, die Warzen waren<br />

vor Kälte und vielleicht auch vor Erregung hart geworden. Wasser<br />

perlte vom Haar des dornischen Mädchens, lief über die Wölbungen<br />

ihres Körpers und sammelte sich in ihrem Bauchnabel.<br />

“So... und das war alles? Ich verstehe...” Ihr Blick wan<strong>der</strong>te zurück<br />

zum Ritter. “Eure Reise war nicht gerade ein Erfolg, Ser Ethan, ihr<br />

seid ohne das Gold heimgekehrt. <strong>Das</strong>s es so einfach werden würde,<br />

hatte allerdings niemand von uns geglaubt, nicht wahr?”<br />

<strong>Das</strong> Leinentuch lag feucht um ihre Schultern und sie zog es<br />

geistesabwesend zur Seite.“ Aber diese Lady Kara hat einen Fehler<br />

gemacht... vielleicht war es ein Glück, dass nur sie zu sprechen war.<br />

Sie hat vor den Ohren aller Beteiligten an diesem Treffen zugegeben,<br />

dass es diese Ehevereinbarung zwischen den Godwynns und den<br />

155


Calestris’ gegeben hat, wenn ich euch richtig verstanden habe? <strong>Das</strong><br />

braucht also nicht mehr bewiesen zu werden, das ist nun eine<br />

Tatsache. Jetzt kommt es nur darauf an eine Bestätigung zu finden,<br />

dass <strong>der</strong> Grund für die Lösung dieses Verlöbnisses <strong>der</strong> Betrug an<br />

dem Godwynn war durch ein Verhältnis mit einem an<strong>der</strong>en Mann.<br />

Ich bin sicher, das lässt sich einrichten... es werden doch ein paar<br />

Männer aufzutreiben sein, die sich mit ein wenig Überzeugungskraft<br />

an Geschichten erinnern, die ihnen über diese Sache von ihren<br />

Großvätern berichtet wurden, nicht wahr? Geschichten, die unsere<br />

Sicht <strong>der</strong> Dinge bestätigen werden, natürlich.”<br />

Ihr Lächeln verblasste einen Moment.“ Aber vielleicht müssen wir ja<br />

gar nicht lange suchen... vielleicht liefert uns dieser Schmied ja<br />

genau das, was wir brauchen. Und wenn nicht... nun, dann sehen wir<br />

weiter. Auf jeden Fall sieht es so aus, als müssten wir doch zu<br />

diesem Turnier gehen.”<br />

Taya seufzte.“ Ich hatte bisher kein Interesse daran, diesem Unsinn,<br />

bei dem sich Männer mit Stöcken von Pferden stoßen und nicht<br />

selten zur Belustigung aller verletzen, beizuwohnen, vor allem nicht<br />

bei dem alten Butterwell. Er ist ein arroganter alter Sack, dem sein<br />

Reichtum zu Kopf gestiegen ist. Ich habe gehört, er könnte<br />

mindestens <strong>der</strong> Großvater sein von dem Frey-Mädchen, welches er<br />

heiratet.”<br />

Sie befeuchtete ihre Lippen und versuchte den Gedanken an ihre<br />

eigene Hochzeit mit Lord Ulmar zu vertreiben.<br />

“Außerdem liegt White Walls tief in den Flusslanden, nichts treibt<br />

mich dort hin. Doch nun bleibt uns wohl keine an<strong>der</strong>e Wahl. Und<br />

meine Tante liegt mir schon seit Monaten damit in den Ohren, das<br />

wird sie eine Weile mundtot machen. Aber wir müssen uns beeilen,<br />

<strong>der</strong> Weg ist weit, das Turnier beginnt schon bald und die Calestris’<br />

haben einen Vorsprung. Am besten wir brechen morgen schon auf,<br />

156


spätestens übermorgen. Und nicht zu viele Leute, Ser. Je weniger wir<br />

sind, desto schneller kommen wir voran. Außerdem... nun, mir ist<br />

nicht wohl, wenn wir Silver Keep mit zu vielen Soldaten verlassen.<br />

Vielleicht ist das Ganze ja auch nur ein Trick <strong>der</strong> Schlampe <strong>der</strong><br />

Calestris’, um uns hinauszulocken...”<br />

Ethan hielt inne und sah sie überrascht an, doch Taya schüttelte<br />

bereits den Kopf. “Nein... eher unwahrscheinlich. Aber nicht<br />

unmöglich. Allerdings könnten die Umstände erfor<strong>der</strong>n, dass wir<br />

selbst aktiv werden, weil sich bestimmte... Dinge in White Walls<br />

ereignen und wir selbst Männer gegen Wynard’s Hold schicken<br />

müssen. Ja... das könnte sein. Deshalb muss die Streitmacht hier<br />

bleiben, Ihr müsst mich natürlich begleiten, Ser Ethan, Richard<br />

Logan ebenso. Aber gebt hier solange jemandem den Befehl, dem ihr<br />

vertrauen könnt, versteht ihr? Bereitet die Männer vor. Und sagt dem<br />

Maester, er soll uns ebenfalls begleiten und seine Raben mitnehmen.<br />

Wir könnten sie brauchen.”<br />

Ethan nickte und machte Anstalten, die Wanne zu verlassen, hielt<br />

dann aber inne, als er sah, dass Taya sich von dem Sessel erhoben<br />

hatte und auf ihn zuging. Sie lächelte verspielt.<br />

“Und was diese Sache mit Eirik angeht... nun, es ist Euer Knappe<br />

und somit seid Ihr es, dem ich die Entscheidung zu seinem<br />

Ritterschlag überlassen werde. Und das wird nicht so schnell<br />

passieren, nicht wahr, Ethan?”<br />

Er sank ein Stück in die Wanne zurück, als sie näher kam und sich<br />

zu ihm an den Badetrog kniete. Sie beugte sich vor und sprach leise,<br />

während sich ihre Brüste deutlich über dem Wannenrand<br />

abzeichneten. Die Spitze von Tayas rechtem Zeigefinger tauchte in<br />

157


das nach Rosenöl duftende Wasser und hinterließ sanfte Schlieren in<br />

<strong>der</strong> dünnen Oberfläche aus Seifenschaum.<br />

“Ihr könnt ihn und seine Mutter ja hinhalten, indem Ihr sagt, Ihr<br />

macht die Ernennung abhängig von seiner Leistung als Knappe<br />

beim kommenden Turnier... ich bin sicher, Eirik wird wie immer<br />

wenig Anlass zur Begeisterung geben. Schließlich kann auf so<br />

einem Turnier auch viel passieren... auch Unfälle...”<br />

Taya war jetzt ganz nah am Gesicht des Ritters, ihre nassen Haare<br />

glitten über die winzigen Bartstoppeln auf seiner Wange. Ihre<br />

Stimme war nur noch ein Flüstern, als sie ihre Hand eintauchte und<br />

tiefer führte.<br />

“Ihr werdet nicht zulassen, dass mir Eirik zum Gemahl gemacht<br />

wird, nicht wahr, Ethan? Ihr werdet mich davor bewahren und mich<br />

vor ihm und meiner schrecklichen Tante beschützen... so ist es<br />

doch? Versprecht es mir... versprecht mir, dass Ihr auf mich<br />

aufpasst...”<br />

Tayas Hand fand, was sie gesucht hatte und ihre Mundwinkel<br />

zuckten, als sie feststellte, dass <strong>der</strong> Ritter sein Schwert gezogen<br />

hatte. Eine mächtige Waffe, wie Taya beeindruckt feststellen konnte.<br />

Fasziniert umfasste sie es, während sie Ethan nicht aus den Augen<br />

ließ, und hob und senkte die Hand in sanften und langsamen<br />

Bewegungen.<br />

“Ihr habt mein Wort, Mylady.” flüsterte Ser Ethan, während sein Puls<br />

weiter in die Höhe schnellte. Er spürte ihren sanften Atem im<br />

Gesicht, ihre Haare, ihren Duft und ihre Hand an seinem Penis und<br />

sein Verlangen nach ihr wurde immer größer. “Ich lasse nicht zu,<br />

dass diese Beiden Euch etwas antun.”<br />

158


Er berührte ihre Wange sanft mit seiner Hand, seine Lippen waren<br />

nur noch einen Finger breit von den Ihren entfernt und er blickte ihr<br />

tief in die Augen. “Solange ich lebe wird Eirik niemals zum Ritter<br />

geschlagen...” Tayas sanfte Handbewegungen brachten ihn dazu,<br />

leise zu stöhnen und sie lächelte verführerisch. Ethan führte seine<br />

Hand sanft an ihren Nacken und zog ihren Kopf langsam heran um<br />

sie zu küssen. Doch kaum hatten sich ihre Lippen berührt, entzog<br />

sich Taya verspielt dem Kuss und richtete sich ein kleines Stück auf,<br />

ohne jedoch ihre Hand ruhen zu lassen.<br />

Mit einem verschmitzten Lächeln nahm er die Herausfor<strong>der</strong>ung an.<br />

Taya war keine Frau, die leicht zu haben war, aber sie war die<br />

Einzige, die <strong>der</strong> Ritter je wollte. “Wir sollten im Morgengrauen<br />

aufbrechen,” hauchte er ihr entgegen und richtete sich langsam auf,<br />

bis sein Oberkörper bis zum Bauchnabel aus dem Wasser ragte und<br />

er nun aufrecht in <strong>der</strong> Wanne saß. Er beugte sich ihr leicht entgegen,<br />

doch anstatt eines weiteren Versuches, sie zu küssen, beugte er sich<br />

etwas weiter.<br />

“Ser Richard ist <strong>der</strong> Einzige, <strong>der</strong> die nötige Erfahrung hat und dem<br />

ich vollkommen vertraue.” flüsterte er ihr ins Ohr. Sein Atem ging<br />

schwer und sein Bart kitzelte ihr an <strong>der</strong> Wange. “Es wäre<br />

vernünftiger, wenn er hier bleiben würde und das Kommando<br />

bekommt, bevor es noch Eure Tante an sich reißt.”<br />

Ethan vergrub seine Nase in ihren Haaren und sog langsam ihren<br />

Duft ein, während er mit seinen Fingerspitzen langsam vom Nacken<br />

abwärts über ihren Rücken strich. Seine an<strong>der</strong>e Hand tastete sich<br />

langsam über ihren Arm hin zum Hals und dann zu ihren Brüsten.<br />

Taya konnte ein leises stöhnen nicht verbergen, als seine Hand sanft<br />

159


über sie hinweg streifte und ihre harten Brustwarzen zwischen<br />

Daumen und Zeigefinger massierte…<br />

Taya schloss lustvoll die Augen und zuckte unter <strong>der</strong> Liebkosung<br />

ihrer Brüste wie elektrisiert zusammen. Warme Feuchtigkeit schoss<br />

in ihre Lenden und sie wurde von ihrer eigenen Erregtheit beinahe<br />

überrumpelt. Dann ließ sie die große, pulsierende Männlichkeit<br />

ihres Ritters los, nahm seinen Kopf in ihre Hände, drehte ihn zu<br />

sich und sah ihn direkt an.<br />

“Ser Richard... er wird uns begleiten, ich will ihn zu meiner<br />

Sicherheit. Sucht... sucht jemand an<strong>der</strong>en, es wird doch jemanden<br />

geben, <strong>der</strong> das übernehmen kann... sonst fragt Logan, soll er<br />

jemanden auswählen. Und jetzt...”<br />

Sie lächelte ihn verführerisch an.<br />

“... jetzt will ich davon nichts mehr hören. Jetzt will ich nur Euch...”<br />

Taya küsste ihn sanft auf die Lippen und er schnellte ungestüm mit<br />

seiner Zunge vor. Anfangs zog sie sich wie<strong>der</strong> ein wenig zurück,<br />

doch als er wie<strong>der</strong> begann ihre Brüste zu streicheln, ließ sie ihn<br />

gewähren und küsste ihn innig.<br />

Schließlich bäumte sich die Lady leidenschaftlich auf und stieg<br />

kurzer Hand zu Ethan in die Wanne. Der Trog war breit genug um<br />

sie beide zu fassen, zumal Taya zwar sehr groß, aber auch schlank<br />

war. Ungeduldig drängte sie sich ihm entgegen und das Wasser<br />

schwappte zu beiden Seiten aus <strong>der</strong> Wanne. Sie setzte sich über ihn<br />

und griff zwischen ihren Beinen wie<strong>der</strong> nach seinem Glied.<br />

Langsam und vorsichtig näherte sich ihr Schoß dem seinen,<br />

umgeben vom abkühlenden Wasser des Bades. Mit einem leichten<br />

Seufzen rieb sie die Spitze seiner Männlichkeit an ihrer Scham und<br />

ließ ihn so Stück für Stück in sich eindringen. Als er ihr schließlich<br />

160


Rand, während seine auf ihrem Rücken waren und sie fest an sich<br />

zog.<br />

Die feuchte Wärme um sie herum, das Gefühl seiner Haut an ihrer,<br />

<strong>der</strong> Geruch, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Luft lag, all das steigerte Tayas Erregung weit<br />

mehr als sie es vorgehabt hatte. Sie schloss die Augen und ließ sich<br />

einfach fallen. Immer schneller stieß sie ihr Becken vor und zurück,<br />

sie wollte ihn tief in sich spüren und die köstliche Reibung erzeugte<br />

ein kribbelndes Gefühl auf ihrem ganzen Körper. Entsetzt und<br />

fasziniert zugleich bemerkte die junge Frau, dass sie laut zu stöhnen<br />

angefangen hatte, doch es war ihr egal, gleich war es soweit, sie war<br />

nahe... so nahe... und dann... als sie es auf sich zukommen spürte<br />

und vor Ekstase inne hielt, stieß Ethan noch einmal zu, presste<br />

seinen Leib an ihren. Ein tiefes Seufzen entfuhr dem Ritter, als er<br />

sich in sie ergoss und Taya schrie auf, als sie schließlich kam.<br />

Sie atmete schwer und ihre Brust hob und senkte sich, während sie<br />

noch einen Moment auf ihm sitzen blieb und ihn eigentümlich<br />

ansah. Dann erhob sie sich von ihm, ein seltsames Gefühl <strong>der</strong> Leere<br />

überkam sie, als er aus ihr glitt.<br />

Sie stieg wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Wanne und trocknete sich erneut mit dem<br />

Leinentuch ab, ein zurückhaltendes Lächeln umspielte ihren Mund.<br />

Der Ritter sah ihr dabei zu und in seinen Augen lag pures Begehren,<br />

während sich sein Atem langsam normalisierte.<br />

Nachdem Taya sich von ihm erhoben hatte und aus <strong>der</strong> Wanne trat,<br />

fühlte sich <strong>der</strong> Ritter seltsam unvollständig. Noch vor einem<br />

Augenblick, auf dem Höhepunkt ihrer Lust, war für ihn alles<br />

perfekt. Er hatte sie seit ihrer ersten Begegnung begehrt und nun<br />

war es zur Wirklichkeit geworden. Insgeheim wünschte er sich, dass<br />

dieser Augenblick nie vorüber sein würde.<br />

162


Doch er wusste, dass es womöglich nicht noch einmal passieren<br />

würde und falls doch, dann darf niemand davon erfahren und es<br />

müsste im Verborgenen geschehen. Taya streifte ein leichtes<br />

Nachtgewand über und legte ihm das Leinentuch demonstrativ über<br />

die Sessellehne.<br />

“Du... Ihr... Ihr solltet Euch nun besser abtrocknen, wie<strong>der</strong> ankleiden<br />

und gehen, Ser. Es wäre nicht gut, wenn man uns so zusammen<br />

erblickt, o<strong>der</strong>... Vermutungen anstellt.” Sie lächelte entschuldigend.<br />

“Gewisse Subjekte in diesem Haus könnten das auf die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Weise gegen mich... gegen uns verwenden. Noch ist die Zeit<br />

<strong>der</strong> Vorsicht angesagt.”<br />

Langsam ging Taya auf das große Bett zu, welches in <strong>der</strong> Ecke ihres<br />

Gemaches stand und mit Seidenvorhängen geschmückt war. Trish<br />

begann bereits, dass Wasser vom Boden zu wischen und erst da<br />

begriff Ethan, dass sie die ganze Zeit im Raum gewesen sein musste<br />

und alles mitbekommen hatte. Er dachte natürlich keineswegs daran,<br />

dass sie etwas verraten könnte, schließlich genoss sie das volle<br />

Vertrauen von Lady Taya.<br />

Er trat aus <strong>der</strong> Wanne und näherte sich dem Sessel mit dem<br />

Leinentuch, wobei sämtliche Unsicherheit und Nervosität wie<br />

weggeblasen waren. Er spürte ihre Blicke auf seinem Körper und es<br />

störte ihn keineswegs. Er genoss es sogar und machte keine<br />

Anstalten, sich son<strong>der</strong>lich zu beeilen. Nachdem er sich getrocknet<br />

hatte, lies <strong>der</strong> Ritter das Leinentuch über den Sessel fallen und ging<br />

hinüber zu seinen Sachen, wobei er Taya seinen gesamten nackten<br />

Körper darbot.<br />

“Wir beide haben alles besprochen, Waffenmeister, Ihr wisst, worauf<br />

es ankommt. Morgen beim Frühstück werde ich unseren Plan zur<br />

Abreise verkünden, Ihr kümmert Euch um alles Weitere.”<br />

163


Katzengleich glitt die junge Frau durch die Seidentücher und legte<br />

sich auf ihre Schlafstätte. Ihre dunklen Augen beobachteten den<br />

Ritter dabei, wie er sich wie<strong>der</strong> ankleidete.<br />

<strong>Das</strong> Leinenhemd hatte eine volle Ladung Wasser abbekommen und<br />

er beschloss, es einfach liegen zu lassen. Stattdessen zog er seine<br />

Hose und seinen Le<strong>der</strong>wams an und danach die Stiefel. Er musste<br />

unfreiwillig die Nase rümpfen, da seine Sachen immer noch nach<br />

Schweiß und Dreck stanken und beschloss, diese umgehend in<br />

seinem Zimmer gegen Neue zu tauschen. Als letztes legte er seine<br />

Beinplatten und die Rüstung an und ging hinüber zu dem großen<br />

Bett.<br />

“Gute Nacht, mein edler Beschützer”, hauchte sie und funkelte ihn<br />

mit ihren dunklen Augen an. Ethan strich ihr sanft mit <strong>der</strong> Hand<br />

über die Wange, bevor er ihre Hand nahm und zärtlich küsste.<br />

“Gute Nacht, meine wun<strong>der</strong>schöne Herrin. Ich gehöre Euch, von<br />

Jetzt bis in alle Ewigkeit.” flüsterte <strong>der</strong> Ritter und entfernte sich<br />

langsam.<br />

Einem spontanen Gedanken folgend nahm er sich noch einen<br />

Becher mit Wein vom Tisch und eine leere Pergamentrolle. Damit<br />

verließ er Tayas Gemächer und es würde niemand Verdacht<br />

schöpfen, wenn er nicht gerade ein Ohr an <strong>der</strong> Tür gehabt hatte.<br />

164


Cwelborn<br />

Kaum war Lady Taya mit Sir Ethan im Inneren <strong>der</strong> Burg<br />

verschwunden, winkte Cwelborn Toolish, <strong>der</strong> wohl schon etwas<br />

ahnend näher gekommen war, zu sich und Sir Logan heran.<br />

„Ser Logan, Maester Cwelborn“ er nickt ihnen kurz zu „Lasst mich<br />

raten, wir sollen das ganze hier beenden?“.<br />

Cwelborn hatte seinen Blick auf Lady Eleonore und Eirik gewandt,<br />

die <strong>of</strong>fensichtlich den Moment genossen und sich noch ein wenig<br />

am Ende <strong>der</strong> Treppe in <strong>der</strong> allgemeinen Aufmerksamkeit sonnten. Er<br />

lachte humorlos "Ich glaub das hier wird noch lange nicht beendet<br />

sein Rolfe. Lady Taya wirkte nicht sehr glücklich."<br />

Toolish seufzte leise "Immerhin können wir es für heute Abend<br />

beenden. Wir werden wohl für alle hier Unterkunft finden müssen, es<br />

ist schon zu spät um sie zurück zu schicken. Auch wenn das unsere<br />

Vorratskammern mehr belasten wird als mir lieb ist."<br />

Er drehte sich um und rief in die Menge "Keira komm her" Kurz<br />

darauf erschien eine Dienstmagd und er gab ihr schnell und präzise<br />

Anweisungen, wie sie und die an<strong>der</strong>en Bediensteten Abendessen<br />

und Schlafstellen in einer <strong>der</strong> kleineren Hallen vorbereiten sollten.<br />

Inzwischen hatten sich auch Eleonore und Eirik in die Burg<br />

zurückgezogen und Lynda hatte Marius unter den vielen<br />

bewun<strong>der</strong>nden Blicken <strong>der</strong> Menge weggeführt. Er wandte sich<br />

wie<strong>der</strong> an Cwelborn "Maester? Ihr könnt hier nicht viel tun um Ser<br />

Logan und mir zu helfen. Aber wenn ihr etwas Zeit über habt, meine<br />

165


Tochter wollte noch mir euch reden, sie dürfte grad in den<br />

Stallungen sein.<br />

"Eure Tochter? Gut dann werde ich zu ihr<br />

gehen, dann kann ich auch gleich das<br />

prachtvolle Pferd noch von nahem<br />

bewun<strong>der</strong>n. Ser Logan? Falls ihr Zeit habt,<br />

mögt ihr heute Abend noch zu mir in den<br />

Turm kommen für einen kleinen Umtrunk?<br />

Toolish und ich wollten uns noch über ein<br />

paar anstehende Ausbesserungen an <strong>der</strong> Burg unterhalten und eure<br />

Gesellschaft und Wissen wären uns sehr willkommen. Auch weil wir<br />

natürlich gern von euch hören würden, wie die Sache bei den<br />

Calestris gelaufen ist."<br />

Ser Richard überlegte kurz, er war zwar müde von <strong>der</strong> Reise und<br />

hatte keine Lust, die ganze Geschichte zu erzählen, doch auch er<br />

hatte gewisse Pflichten, denen er sich nicht entziehen konnte. Doch<br />

vielleicht war das gerade gut, um den jungen Maester genauer unter<br />

die Lupe zu nehmen. „Wie Ihr wünscht Maester Cwelborn“ sagte <strong>der</strong><br />

Hauptmann knapp.<br />

"Gut dann treffen wir uns in.. sagen wir einer Stunde. Gibt euch das<br />

genug Zeit?". Beide gaben ihre Zustimmung und Cwelborn machte<br />

sich auf den Weg in den Stall. Hinter sich hörte er Ser Logan die<br />

ersten Anweisungen geben.<br />

Ser Richard winkte einen Mann in voller Montur herbei. Der große<br />

und stämmige Mann in Kettenhemd, hielt vor dem Hauptmann und<br />

salutierte. Der Offizier wurde von 6 Soldaten in Kettenrüstung, Speer<br />

und Schild begleitet, welche allesamt die Schlange auf rot-grünem<br />

Hintergrund des Hauses Godwynn trugen. „Was kann ich für euch<br />

tun Hauptmann?“ fragte <strong>der</strong> Offizier<br />

„Holt euch noch ein Dutzend weitere Soldaten und räumt den Platz.“<br />

166


„Zu Befehl!“ Der Offizier salutierte. Er wollte gerade kehrt machen,<br />

als Ser Logan noch etwas anfügte.<br />

„Außerdem, wo waren die Wachen, die Lady Taya hätten beschützen<br />

sollen? Als das Pferd sich aufbäumte, hätte sonst noch was passieren<br />

können. Der Platz ist voller Menschen und die Lady des Hauses<br />

wurde nicht bewacht?“ fragte Ser Richard aufgebracht und lauter als<br />

ihm lieb war.<br />

Der Offizier versuchte eine Erklärung zu finden. „Ser<br />

Richard….Ich…..es war so viel los und, und die Lady ist nicht gerne<br />

von Soldaten umgeben…“<br />

„Erspart mir eure Ausreden, wenn dies nochmals vorkommt, werde<br />

ich euch höchstpersönlich zur Rechenschaft ziehen. Habt Ihr mich<br />

verstanden?“<br />

„Ja ich habe verstanden Ser.“<br />

„Gut, und jetzt beseitigt dieses Chaos hier!“<br />

Der Offizier salutierte, drehte sich um und gab einem Soldaten einen<br />

Befehl, dieser stürmte vom Platz und <strong>der</strong> Rest folgte dem<br />

Befehlshaber.<br />

Ser Richard verließ den Burgh<strong>of</strong> und machte sich zu seinen<br />

Gemächern auf. Es schien ihm wie eine Ewigkeit vorzukommen bis<br />

er schließlich dort ankam. Er wies einer Z<strong>of</strong>e an heißes Wasser in<br />

den Holztrog einzulassen und ihm etwas zu essen zu bringen. Es<br />

ging einige Augenblicke und die Z<strong>of</strong>e kam mit Wein, etwas Speck,<br />

zwei gekochten Eiern, getrocknetem Fisch, Brot und einer<br />

dickflüssigen Zwiebelsuppe angerannt. Der Hauptmann bedankte<br />

sich, wies <strong>der</strong> Z<strong>of</strong>e an, dass er ihre Dienste momentan nicht mehr<br />

benötigte und fing an zu essen. Nachdem er satt war, zog er seine<br />

Kleidung aus und stieg in den dampfenden Trog. Sein Körper<br />

versank vollkommen im heißen Wasser und nur noch sein Kopf<br />

lugte hervor. Er schloss müde die Augen und überlegte sich, wie es<br />

weitergehen sollte…………<br />

167


Cwelborn betrat den Stall und s<strong>of</strong>ort schlug ihm <strong>der</strong> vertraute<br />

Geruch von Pferden entgegen. <strong>Das</strong> Haus Godwynn hatte einige<br />

schöne Tiere hier stehen, aber keines konnte sich mit dem Pferd<br />

messen, auf dem Eirik angekommen war. Ganz in ihre Arbeit<br />

versunken, war Lynda grade dabei das Pferd mit einem Schwamm<br />

abzuwaschen. Er näherte sich langsam den beiden bewusst so, dass<br />

seine Kette klimpern und sie vorwarnen würde. Sobald sie das<br />

Klirren gehört hatte, schaute sie auf und machte Anstalten den<br />

Schwamm beiseite zu legen.<br />

„Hört nicht auf wegen mir Lynda, das Pferd brauch eure<br />

Aufmerksamkeit mehr als ich grade. Selbst ich kann erkennen wie<br />

erschöpft es ist. Euer Vater meinte ihr wolltet mit mir sprechen?“<br />

Sie schien unschlüssig was sie genau tun sollte, nahm dann aber<br />

wie<strong>der</strong> das Abwaschen des Pferdes auf. „Ich wollte mich nur<br />

entschuldigen Maester, dafür wie es den Raben ergangen ist. Wenn<br />

es um Tiere mit vier Beinen geht, sei es Hunde, Schafe und ganz<br />

beson<strong>der</strong>s Pferde, werdet ihr im weiten Umkreis niemanden finden<br />

<strong>der</strong> besser mit ihnen umgehen kann. Wie man mit Raben aber<br />

umgeht ... es war aber auch niemand an<strong>der</strong>es hier, <strong>der</strong> es hätte besser<br />

machen können.“<br />

Beim letzten Teil schaute sie ihn geradezu herausfor<strong>der</strong>nd an. Dann<br />

schaute sie wie<strong>der</strong> aufs Pferd.<br />

„Ich wollte euch das nur sagen und h<strong>of</strong>fe die Raben werden sich<br />

erholen, ich weiß wie wichtig sie sind.“<br />

Er musste ein wenig lächeln über ihre Art sich zu entschuldigen<br />

„Mach dir keine Sorgen, die Raben brauchen nur ein wenig Pflege<br />

und Ruhe, aber ich weiß die Entschuldigung und deine Sorge um<br />

sie zu schätzen.“<br />

168


Er trat näher ans Pferd ran. „Es ist wirklich ein prachtvolles Tier“<br />

Lynda nickte „Ihr werdet kein besseres finden im weiten Umkreis.<br />

Ich hätte nie gedacht, dass Ser Corbin das Pferd rausgibt. Schon gar<br />

nicht an Eirik. Er hat noch nie viel von ihm gehalten, schon zu <strong>der</strong><br />

Zeit als er Ritter hier am H<strong>of</strong> war nicht, und das Pferd ist als<br />

Zuchthengst viel zu wertvoll. Wer weiß mit welchen Tricks....“ sie<br />

unterbrach sich schnell“ Verzeiht Maester ich wollte nichts<br />

andeuten.“<br />

Cwelborn schaute nachdenklich aufs Pferd, vielleicht würde es sich<br />

lohnen, sich bei Ser Corbin genauer zu erkunden wie das Pferd<br />

seinen Besitzer gewechselt hat. Er würde sich dazu gleich Rat von<br />

Toolish und Ser Logan dazu holen. Immerhin sollten die beiden den<br />

Ritter gut genug kennen, um einschätzen zu können ob es lohnen<br />

würde. Er schaute noch eine Weile Lynda dabei zu, wie sie sorgfältig<br />

und mit <strong>of</strong>fenkundiger Zuneigung sich weiter um das Pferd<br />

kümmerte.<br />

„Ich sollte jetzt aber besser wie<strong>der</strong> gehen, dein Vater und Sir Logan<br />

kommen noch gleich zu einem Umtrunk vorbei und“ er zwinkerte<br />

ihr zu“ ich sollte wohl besser schon den Wein bereitstellen.“<br />

Auf wem Weg zur Tür hielt er nochmal an.<br />

„Lynda? Ich bräuchte die Tage jemanden <strong>der</strong> mir dabei hilft, den<br />

neuen Rabenkäfig ordentlich aufzustellen. Jemand dem ich auch<br />

beibringen könnte wie man sich richtig um sie kümmert und <strong>der</strong><br />

ihre Versorgung übernimmt, wenn ich nicht in <strong>der</strong> Burg bin. Es wird<br />

nicht viel zusätzliche Arbeit machen, aber es ist eine Aufgabe die ich<br />

nur jemand anvertrauen möchte, <strong>der</strong> die Aufgabe ernst nimmt.<br />

Hättest du vielleicht Interesse? Man brauch dir nur beim Umgang<br />

mit dem Pferd zuzuschauen um zu sehen, dass ich niemand besseres<br />

finden könnte.“<br />

169


Erst antwortete sie nicht und er dachte schon sie würde vielleicht<br />

ablehnen, aber dann<br />

„Ich...ja gerne Maester Cwelborn“ in ihrem Gesicht spiegelte sich<br />

ihre Freude und auch ein wenig Stolz über das Angebot wie<strong>der</strong>.<br />

„Gut dann gebe ich dir Bescheid wenn <strong>der</strong> Käfig fertig ist und sobald<br />

deine an<strong>der</strong>en Pflichten es zulassen, werden wir ihn dann aufbauen<br />

und ich werde dich ein wenig in die Rabenkunde einweisen.“ Damit<br />

wandte er sich endgültig um und verließ den Stall in Richtung<br />

seines Turmes.<br />

In seinem Turm angekommen zog er sich eine neue Robe an und<br />

begann dann mit den Vorbereitungen. Der beste Ort für das<br />

Gespräch wäre wohl das Alchemie Zimmer überlegte er sich. Etwas<br />

größer und im Gegensatz zu seinem Zimmer genug Stühle. Er<br />

konnte ja schlecht Ser Logan o<strong>der</strong> Toolish bitten auf dem Boden zu<br />

sitzen. Außerdem würde es die richtige Mischung aus privat aber<br />

trotzdem nicht zu informell darstellen. Er begab sich runter ins<br />

Alchemie Zimmer und stellte mit bedauern fest, dass er erst was<br />

aufräumen müssen würde. Er war grad am Tränke brauen gewesen,<br />

als Eiriks Schauspiel anfing und deswegen standen noch überall die<br />

Werkzeuge und Zutaten rum. Also machte er sich ans Werk.<br />

Toolish unterdessen hatte alle Hände voll zu tun gehabt, bis endlich<br />

die Gäste alle versorgt und untergebracht waren. Auf seinem Weg<br />

zum Turm, traf er dann auch auf Ser Logan, <strong>der</strong> zwar immer noch<br />

erschöpft wirkte, aber auch sichtlich entspannter und dem Geruch<br />

nach Seife zu urteilen auch erheblich sauberer. Sie betraten beide<br />

den Turm und auf dem Weg nach oben sahen sie, dass die sonst<br />

verschlossene Tür zum Alchemie Zimmer weit <strong>of</strong>fen stand und<br />

Cwelborn drinnen herumeilte.<br />

„Maester Cwelborn? Sind wir zu früh?“<br />

170


„Ah Toolish, Ser Logan da seid ihr ja schon. Kommt herein, ich habe<br />

mir gedacht wir halten unser Gespräch hier ab, ich hab in meinem<br />

Zimmer ja nicht mal genug Stühle für uns alle.“<br />

Toolish betrat den Raum und schaute sich neugierig um. <strong>Das</strong><br />

Alchemie Zimmer hatte er nur sehr selten zu Gesicht bekommen,<br />

weil Maester Leran niemanden außer Lord Ulmar mit<br />

hineingelassen hat. Es war ein recht großer Raum dessen Wände mit<br />

Regalen versehen waren, die gefüllt waren mit Gefäßen<br />

unterschiedlichster Art, vielerlei Pflanzen und merkwürdig<br />

anmutenden Apparaturen. Dazu kam natürlich die notwendige<br />

Feuerstelle samt Aufhänge Vorrichtung und zentral den Raum<br />

dominierend, ein großer run<strong>der</strong> Tisch, von dem Cwelborn grad noch<br />

die letzten Gegenstände forträumte. Ein stark pflanzlicher Geruch<br />

hing in <strong>der</strong> Luft, wie als wenn man draußen im Wald stehen würde.<br />

Ungewohnt aber trotzdem fühlte er sich dadurch irgendwie belebt.<br />

„So Ser Logan? Setzt euch doch schon mal, dann gehen ich und<br />

Toolish noch kurz in meine Zimmer uns einen ordentlichen Wein<br />

holen. Ernste Themen sollte man nur bei einem guten Schluck<br />

besprechen.“ Sie holten kurz oben aus seinem Zimmer noch ein paar<br />

Becher und ein paar Flaschen mit gewürztem Wein. Toolish setzt<br />

sich dann auch an den Tisch, während Cwelborn ihnen etwas von<br />

dem Wein einschenkte. „Ich h<strong>of</strong>fe ihr werdet ihn mögen, ich habe<br />

die Flaschen extra aus <strong>der</strong> Zitadelle mitgebracht, für beson<strong>der</strong>e<br />

Anlässe. Eine <strong>der</strong> Vorteile unserer Gilde, wenn viele Männer gerne<br />

trinken und sich sowieso intensivst mit Pflanzenkunde beschäftigen,<br />

gibt das relativ schnell exzellente Weine und Schnäpse.“ Er schaut<br />

aufmerksam zu, wie die beiden vorsichtig den Wein probierten und<br />

lächelte, als er ihre erfreute Reaktion sah.<br />

171


„Nun gut aber lasst uns schnell anfangen, wir wollen ja Ser Logan<br />

nicht zu lange wach halten, ihr werdet ja sicher von eurer Reise<br />

erschöpft sein.“ Sie diskutierten erstmal einige Zeit über allgemeine<br />

Themen die anstanden. <strong>Das</strong> Turnier, einige Beschwerden wegen<br />

betrunkener Soldaten, die Instandsetzung <strong>der</strong> Straße zu den<br />

Silberminen, den nötigen Ankauf weitere Pferd und ähnliches. Bei<br />

einem großen Teil <strong>der</strong> Themen hielt sich Cwelborn zurück und warf<br />

nur hin und wie<strong>der</strong> einen Kommentare ein und schenkte regelmäßig<br />

Wein nach.<br />

Als die grundlegenden Themen durch waren, lenkte er aber das<br />

Gespräch gezielt auf die diplomatische Mission bei den Calestris.<br />

Ser Logan berichtete ausführlich was vorgefallen war und machte<br />

aus seiner Empörung über die feindselige und teils abfällig<br />

Behandlung die ihnen zuteil geworden war keinen Hehl.<br />

Cwelborn hingegen interessierten beson<strong>der</strong>s drei Aspekte <strong>der</strong><br />

Geschichte, einmal wer die Verhandlung geführt hatte und wie, die<br />

Unsicherheit auf Seiten <strong>der</strong> Calestris, ob die Ansprüche<br />

gerechtfertigt sind und vor allem auch ihre zumindest grundlegende<br />

Bereitschaft die Wahrheit herauszufinden. Nachdem Ser Logan auch<br />

noch umfassend berichtete hatte wie Eirik sich blamierte und dann<br />

aus dem Saal gelaufen war, klinkte er sich zum ersten mal wirklich in<br />

das Gespräch ein.<br />

„Immerhin scheint berechtigte H<strong>of</strong>fnung zu bestehen, dass wir nicht<br />

unbedingt einen Krieg führen müssen wegen <strong>der</strong> ganzen Sache. Die<br />

Calestris scheinen ja trotz ihrer Unverfrorenheit euch gegenüber,<br />

zumindest bereit <strong>der</strong> Sache auf den Grund zu gehen. Wie steht Ihr<br />

denn dazu Ser Logan? Falls <strong>der</strong> Schmied keine Auskunft gibt o<strong>der</strong><br />

wie zu vermuten eine zugunsten des Hauses Calestris, meint Ihr wir<br />

werden es trotzdem erkämpfen?“<br />

172


Ser Logan hob seinen Weinbecher, nahm einen großen Schluck<br />

davon und stellte den Becher wie<strong>der</strong> auf den Tisch. Er wartete noch<br />

einen Moment, bis er antwortete: „<strong>Das</strong> ist eine gute Frage.“<br />

Antwortete <strong>der</strong> Hauptmann. „Ich habe schon zur Besprechung, als<br />

Lady Taya uns das Schriftstück gezeigt hatte, meine Bedenken zu<br />

einer militärischen Lösung geäußert. Die Verluste wären zu groß<br />

und <strong>der</strong> Gewinn zu klein um uns die Golddrachen mit Gewalt zu<br />

holen. Wie gesagt theoretisch wäre es möglich, doch ich denke nicht,<br />

dass Lady Taya dieses Wagnis eingeht. Nichtsdestotrotz“, er machte<br />

eine kurze Pause und begutachtete nacheinan<strong>der</strong> die Anwesenden<br />

im Raum, „könnte es sein, dass wir uns trotzdem einer Konfrontation<br />

stellen müssen. Ich habe Lady Taya in letzter Zeit als äußerst<br />

aufbrausend und emotional erlebt. Es wird ihr nicht gefallen, was Ser<br />

Ethan ihr wohl inzwischen als Nachricht <strong>der</strong> Calestris überbracht<br />

hat. Ich h<strong>of</strong>fe sie ist weise und objektiv genug um die richtige<br />

Entscheidung zu treffen.“<br />

Der Kriegsveteran nahm erneut einen kräftigen Schluck aus seinem<br />

Weinbecher und lehrte diesen mit nur einem Schluck. Kurzerhand<br />

füllte er den Becher nach und genehmigte sich noch einen und<br />

wusch sich den Mund mit dem Handrücken, bevor er fortfuhr:<br />

„Doch falls ich den Befehl bekomme unsere Truppen zu sammeln<br />

und gen Norden zu marschieren, werde ich mich nicht wi<strong>der</strong>setzen<br />

und dem Befehl Folge leisten.<br />

Cwelborn wandte sich an Toolish „Dann sollten wir wohl besser<br />

morgen noch eine Liste machen, was wir im Falle eines Krieges an<br />

Vorräten und Heilkräutern brauchen werden. Ebenso solltet wir<br />

vielleicht noch überlegen, wo wir im Falle eines Falles angreifbar<br />

sind.“ Hier schaltetet sich auch Ser Logan wie<strong>der</strong> ein und sie<br />

unterhielten sich eine weitere Stunde über mögliche<br />

Angriffsvarianten <strong>der</strong> Calestris. Cwelborn machte sich<br />

173


währenddessen viele Notizen und versprach den beiden ihnen<br />

Abschriften davon zukommen zu lassen.<br />

„Jetzt gibt es aber noch einen Punkt den wir glaub ich besprechen<br />

müssen.. Eirik? Ich habe nichts dagegen, wenn er sich als edler<br />

Ritter präsentieren will, aber grade wenn sich <strong>der</strong> Konflikt mit dem<br />

Haus Calestris zuspitzt, können wir niemanden brauchen <strong>der</strong> auf<br />

eigene Faust agiert und interne Kämpfe auslöst, denn ihr habt Lady<br />

Taya gesehen, ich glaube nicht, dass sie das noch lange ignorieren<br />

wird o<strong>der</strong> kann, vor allem wenn er so weitermacht.<br />

Toolish nahm noch einen Schluck aus dem Becher „Ihr könnt es<br />

nicht wissen Maester, aber Lady Eleonore und Eirik versuchen schon<br />

lange ihn in Heiratsposition mit ihr zu bringen und sie werden<br />

damit auch nicht nachlassen. Grade Lady Eleonore will ihre Stellung<br />

hier stärken und wird alles unternehmen, um zu verhin<strong>der</strong>n, dass<br />

Lady Taya wenn an<strong>der</strong>es heiratet.<br />

Ser Logan nickte bedächtig, „Die Situation hat sich in den letzten<br />

Monaten zugespitzt. Ich habe Lady Eleonore seit längerem<br />

überwachen lassen und es gefällt mir gar nicht, wie sich die Lage zu<br />

Ihren Gunsten wendet. Seit dem Tod von Lord Godwynn, denken<br />

viele aus dem Volk, dass seine, um Jahren jüngere Witwe, ihre Hände<br />

im Spiel hatte.“ Logan machte eine kurze Pause, sah in die Runde<br />

und fuhr fort. „Lady Taya befindet sich momentan auf sehr dünnem<br />

Eis. Meine Spione berichten mir, dass unter dem Volk immer mehr<br />

Missstimmung und Zwiespalt herrscht. Ich will das Wort „Rebellion“<br />

nicht in den Mund nehmen, doch wenn wir die Situation nicht in<br />

den Griff bekommen, könnten wir vielleicht bald einer<br />

gegenüberstehen.“ Eine falsche Entscheidung und das Pulverfass<br />

könnte explodieren. Toolish sah zuerst zu Cwelborn hinüber, danach<br />

fixierte er Logan.<br />

174


„Ihr habt nicht ganz Unrecht Ser, ich habe die letzten Monaten<br />

ebenfalls meine Augen und Ohren <strong>of</strong>fen gehalten und teile Eure<br />

Bedenken. Wir müssen äußerst mit Bedacht vorgehen und Lady<br />

Eleonore weiter beobachten. Aus irgendeinem mir unerfindlichem<br />

Grund, schafft sie es Gehör unter dem Pöbel zu finden. Es werden<br />

sogar einzelne stimmen laut, die die Heirat von Lady Taya und Eirik<br />

for<strong>der</strong>n.“<br />

„Dieser nichtsnutzige kleine Bast……“ Logan schlug mit <strong>der</strong> Faust<br />

auf den Tisch, so heftig, dass sein Weinbecher beinahe umkippte.<br />

Am liebsten würde ich ihm seine Zunge herausreißen und diese den<br />

Hunden verfüttern, damit wir sein jämmerliches Gestammel nicht<br />

mehr ertragen müssen.“ Egal wie wir das anstellen, wir müssen bald<br />

etwas unternehmen. Ich lasse jedenfalls Lady Taya rund um die Uhr<br />

bewachen, auch wen sie dies nicht gerne sieht. Ich muss ja nicht<br />

sagen, was passiert, falls ihr etwas zustoßen sollte.<br />

Cwelborn sprach in besänftigendem Tonfall „Noch sind wir nicht<br />

soweit Ser Logan, außerdem wenn ihm etwas zustößt, könnte das<br />

genau den Effekt haben den wir vermeiden wollen.“<br />

Er schaute gedankenverloren in seinen Kelch. „Vielleicht gibt es aber<br />

etwas was uns helfen könnte. Ich habe mich eben ja mit eurer<br />

Tochter unterhalten Rolfe und sie deutete an, dass Eirik das Pferd<br />

niemals ohne weiteres bekommen hätte... Ihr kennt doch beide Ser<br />

Corbin bestimmt noch, scheint es euch wahrscheinlich, dass er es<br />

Eirik überlassen hätte?.<br />

Toolish schüttelte den Kopf. „Ich kann es mir nicht vorstellen, er<br />

verkauft eigentlich alle seine Pferde nur direkt an Lynda, weil er an<br />

ihr hängt und weiß, dass sie gut mit ihnen umgeht.<br />

175


Sie Logan nickt zustimmend „Er konnte ihn noch nie ausstehen. Er<br />

hat ihn immer für zu weich gehalten, zu sehr unter <strong>der</strong> Fuchtel<br />

seiner Mutter. Irgendwann hatte sich Eirik mal bei seiner Mutter<br />

über das harte Training mit ihm beschwert und sie hatte sich dann<br />

wie<strong>der</strong>um bei ihm empört gegeben. Die Folge davon war dann, dass<br />

er beim nächsten Appell vor versammelter Mannschaft und mit Lady<br />

Taya anwesend.. wartet wie hatte er das formuliert... genau er hat<br />

Eirik vortreten lassen und ihm dann gesagt er soll doch vielleicht<br />

lieber einen Berufswechsel vornehmen. Männer die ihr Leben am<br />

Rockzipfel ihrer Mütter verbringen wollen würden, wären als Z<strong>of</strong>en<br />

grade sehr gesucht. Dann könne er auch den an<strong>der</strong>en ersparen ihre<br />

kostbare Zeit damit zu verschwenden in zu trainieren, was sowieso<br />

unnütz wäre, da er bei seinen Fähigkeiten sich vermutlich beim<br />

Ritterschlag selber in die Klinge werfen würde.“ Hier lachte Ser<br />

Logan laut auf. „Ihr hättet sein Gesichtsausdruck sehen sollen und<br />

den von Lady Eleonore. Ihr könnt sicher sein, er hat ihm das Pferd<br />

nicht freiwillig gegeben.<br />

Könnten wir ihn dann hierher kommen lassen?“ fragte Cwelborn<br />

„Grade während des Turniers dürften ja auch Eirik und Lady<br />

Eleonore nicht hier sein“<br />

Ser Logan schüttelte den Kopf „Ich kenne den Alten gut genug. Er<br />

ist Stolz und nicht mehr hier im Dienste. Wenn ihr wirklich wollt,<br />

dass er euch was erzählt, solltet ihr an seinen H<strong>of</strong> gehen. Beson<strong>der</strong>s<br />

wenn Eirik sich das Pferd ergaunert hat.“<br />

„Würdet ihr mir denn eine Schreiben zur Einführung mitgeben?“<br />

fragte Cwelborn.<br />

Ser Logan nickte „<strong>Das</strong> kann ich machen, wobei“ er schaute Rolfe an<br />

„wenn ihr wirklich Zugang zu ihm wollte, nehmt Lynda mit. Sie hat's<br />

schon immer verstanden sein Herz zu erwärmen und er liebt sie fast<br />

wie eine Tochter. " dieser nickt zustimmend wenn auch durch den<br />

vielen Wein etwas fahrig.<br />

176


„Gut wenn ihr nichts dagegen habt Rolfe,<br />

werde ich eure Tochter mitnehmen. Ihr hattet<br />

ja zu Anfang erwähnt Ser Logan, dass wir noch<br />

neue Pferde brauchen, damit haben wir dann<br />

auch direkt einen guten Grund ihn<br />

aufzusuchen und zu schauen, ob wir mehr<br />

erfahren können. Aber genug für heute, ihr<br />

beide seid erkennbar müde und <strong>der</strong> Wein ist<br />

lei<strong>der</strong> inzwischen auch schon alle. Schauen wir was das Turnier uns<br />

so bringt und mein Besuch bei Lord Corbin, vorher können wir eh<br />

nicht viel weiter unternehmen“ Mit diesen Worten erhob Cwelborn<br />

sich und die an<strong>der</strong>en folgten ihm, wenn auch im Falle von Toolish<br />

leicht schwankend, zum Turmeingang. „Wir sehen uns dann beim<br />

Frühstück, schlaft gut Ser Logan und auch ihr Toolish“. Er sah ihnen<br />

noch nach, wie sie zu ihren Unterkünfte gingen und begab sich<br />

dann auch in sein Zimmer.<br />

177


Taya<br />

Taya keuchte, und ihr wurde schwindelig. Sie wankte, und als <strong>der</strong><br />

Maester einen Schritt auf sie zu trat, griff sie nach seinem Arm.<br />

Schmerzhaft bohrten sich ihre Fingernägel in Cwelborns Haut und<br />

er verzog das Gesicht, während die Lady wartete, dass die Übelkeit<br />

nachließ. Ihr Magen schien ein einziger, glühend heißer Sturm zu<br />

sein.<br />

Dann, nach wenigen Minuten, ließen die Beschwerden nach und<br />

Taya versuchte sich zu beruhigen. Nicht zum ersten Mal fragte sie<br />

sich, ob diese verfluchte Gewöhnungstherapie wirklich das richtige<br />

war, ob dieser junge Maester wirklich wusste, was er tat, und ob das<br />

alles diese Schmerzen wert war.<br />

Als sich die dornische Frau wie<strong>der</strong> im Griff hatte, ließ sie Cwelborn<br />

los und trat einen Schritt zurück. Sie trug an diesem Morgen, <strong>der</strong><br />

durch einige kleine Wölkchen nicht ganz so heiß wie die vorherigen<br />

war, ein leichtes Leinengewand, dessen einer Schulterträger während<br />

ihres krampfartigen Anfalls hinabgerutscht war. Gedankenverloren<br />

schob sie ihn wie<strong>der</strong> nach oben.<br />

“Maester... ich beginne diese Sitzungen zu hassen. H<strong>of</strong>fen wir, dass<br />

sich mein Körper allmählich daran gewöhnt.”<br />

Sie nahm auf einem Sessel Platz, während ihre gehörlose Dienerin<br />

hinter ihr das Bett bezog. Dann bedeutete Taya auch Cwelborn sich<br />

zu setzen. “Es gibt noch etwas an<strong>der</strong>es, über das ich mit Euch reden<br />

möchte. Es geht dabei nicht um... diese Sache von gestern Abend.<br />

Davon will ich vorerst nichts mehr hören, Ihr könnt Euch denken,<br />

wie ich zu dieser Sache stehe. Nein, ich will mit Euch über das Haus<br />

Calestris reden.” Taya nahm einen großen Schluck aus einem<br />

178


Weinbecher, dann fuhr sie fort. “Ser Ethan hat mich noch gestern<br />

Abend umfassend...” Sie lächelte kurz. “... informiert. Seid auch Ihr<br />

schon im Bilde?”<br />

Der Maester nickte. “Ja, Mylady. Ich habe die Lage mit Toolish und<br />

Ser Richard Logan erörtert.”<br />

Taya drehte sich zu Trish und bedeutete ihr in einer Art<br />

Gebärdensprache, dass sie neuen Wein holen sollte. Dann bot sie<br />

dem Maester auch einen Becher an.<br />

“<strong>Das</strong> ist gut. Nun, ich habe dazu folgende Entscheidung getr<strong>of</strong>fen.<br />

<strong>Das</strong> zögerliche und in meinen Augen unüberlegte Handeln dieser<br />

Lady von Wynard’s Hold hat uns in die Lage versetzt, diese Sache<br />

sauber zu unseren Gunsten zu regeln. Diese Verbindung zwischen<br />

unseren Häusern wurde <strong>of</strong>fiziell zugegeben, nun gilt es nur noch zu<br />

klären, unter welchen Umständen die Verbindung gelöst wurde und<br />

wer die Schuld daran trägt. Die vermutlich beste Informationsquelle<br />

dazu dürfte <strong>der</strong> Nachfahre des genannten Schmiedes sein, <strong>der</strong> auf<br />

dem Turnier in White Walls anzutreffen sein soll. Er ist als erster zu<br />

befragen, sollte er keine Antwort geben können, o<strong>der</strong>...”<br />

Sie räusperte sich kurz. “... o<strong>der</strong> die falsche, werden wir kurzer Hand<br />

entscheiden müssen, wie wir weiter vorgehen. Daher ist es aber<br />

nötig, vor Ort zu sein, ich will mit diesem Schmied persönlich reden.<br />

Entgegen meiner ursprünglichen Pläne, wird das Haus Godwynn<br />

Lord Butterwell demnach doch seine Aufwartung machen und wir<br />

werden das Turnier anlässlich seiner Hochzeit besuchen.”<br />

Taya nahm Trish eine neu gefüllte Karaffe ab, bedankte sich mit<br />

einem freundlichen Nicken und füllte beide Becher selbst. “Um<br />

keine Zeit zu verlieren, würde ich gerne so schnell wie möglich<br />

aufbrechen, heute noch. Nicht mit dem ganzen Tross, den kann<br />

meine Tante anführen, die mir eh mit diesem Turnier in den Ohren<br />

179


liegt, nein, nur eine kleine Gruppe von uns wird noch vor <strong>der</strong><br />

Mittagszeit losziehen. Euch will ich natürlich dabei haben, Maester,<br />

also rafft Eure Dinge bald zusammen, und vergesst den Giftvorrat<br />

nicht, damit wir die Gewöhnung auch während unserer Reise<br />

fortsetzen können. Uns begleiten werden Ser Richard, Ser Ethan,<br />

ihre Knappen, und Trish. Ich denke, in dieser Gruppe sollten wir<br />

schnell vorankommen, um vielleicht sogar noch von den Calestris in<br />

White Walls anzukommen. Der Festtross kann mit meiner Tante<br />

nachkommen, wobei ich die an<strong>der</strong>en Ritter und Soldaten lieber hier<br />

in <strong>der</strong> Silver Keep lassen möchte. Es könnte nötig sein, dass sie vor<br />

Ort gebraucht werden.”<br />

Die Lady des Hauses lehnte sich zurück und legte ihre<br />

Fingerspitzen aneinan<strong>der</strong>, während sie Cwelborn abschätzend ansah.<br />

“Ich habe vor, dies gleich beim Frühstück dem Rat des Hauses zu<br />

verkünden. Habt Ihr dazu noch einen Rat o<strong>der</strong> eine Anmerkung?”<br />

Der Maester schüttelte bedächtig den Kopf. “Momentan nicht,<br />

Mylady.”<br />

“Gut, dann begleitet mich am besten gleich in die große Halle.”<br />

Er nickte, und gemeinsam verließen sie die privaten Gemächer <strong>der</strong><br />

Lady von Silver Keep, Trish blieb vorerst allein zurück.<br />

Als sie in <strong>der</strong> Halle ankamen, saßen die obersten und wichtigsten<br />

Personen <strong>der</strong> Feste schon beinahe vollzählig versammelt an <strong>der</strong><br />

großen Tafel. Sie war reichlich gedeckt, doch niemand hatte mit<br />

dem Frühstück begonnen, solange Taya noch nicht anwesend war.<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> alte Septon wirkte ungeduldig, kam er sonst <strong>of</strong>tmals<br />

als letzter hinzu, war er beim Essen stets <strong>der</strong> erste.<br />

Die lebhaften Gespräche verstummten, als Taya mit Cwelborn hinter<br />

sich die Halle betrat. Sie setzte sich an den Kopf <strong>der</strong> Tafel, während<br />

<strong>der</strong> Maester neben Toolish Platz nahm. Als Septon Humble gerade<br />

180


nach einem großen Korb mit Brot greifen wollte, erhob sich Taya<br />

jedoch noch einmal und räusperte sich vernehmlich.<br />

“Bevor uns allen dieses Frühstück mundet, möchte ich noch eine<br />

Ankündigung verlauten lassen.”<br />

Taya sah in die Runde. Alle waren da. Die ach so ehrenwerte<br />

Eleonore ebenso wie ihr Mündel Eirik, Ser Richard, Ser Ethan,<br />

natürlich auch Rolfe Toolish mit seiner Tochter. Außerdem <strong>der</strong><br />

H<strong>of</strong>schmied Boran und eben William Humble und Maester<br />

Cwelborn. Sie alle sahen sie erwartungsvoll an, und Taya wusste<br />

nicht, ob sie sich mehr über das enttäuschte Gesicht des hungrigen<br />

Septons, o<strong>der</strong> über den verheißungsvollen Blick ihrer Tante ärgern<br />

sollte. Diese hatte Eirik mit einem Lächeln eine Hand auf die<br />

Schulter gelegt, als Taya ihre Ansprache begonnen hatte. Sie<br />

versuchte, sich davon nicht irritieren zu lassen.<br />

“Verschiedene Umstände... vor allem die Ereignisse um das Haus<br />

Calestris und ihre Golddrachen, die schon seit so langer Zeit uns<br />

gehören, machen es nötig, dass das Haus Godwynn nun doch,<br />

entgegen meiner ursprünglichen Absicht, am Turnier von Lord<br />

Butterwell in White Walls teilnimmt - o<strong>der</strong> diese Festivität zumindest<br />

besucht.”<br />

Ein Murmeln wurde laut und Taya genoss das irritierte Gesicht ihrer<br />

Tante. Einerseits schien sie enttäuscht zu sein, dass die Lady nicht,<br />

wie vermutlich erh<strong>of</strong>ft, die Verlobung mit Eirik verkündet hatte, auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite war sie erfreut, sich bei dem großen Turnier in<br />

den Flusslanden präsentieren zu können. Taya fuhr fort.<br />

“Es ist außerdem Eile geboten. Als... sagen wir mal, kleine Vorhut,<br />

werde ich zusammen mit dem Maester, Ser Ethan und Ser Richard<br />

181


ereits heute, noch vor <strong>der</strong> Mittagsstunde, aufbrechen.” Sie wandte<br />

ihren Blick zu den beiden Rittern. “Meine Herren, Ihr habt nach<br />

dem Frühstück noch zwei Stunden zeit, um Euch vorzubereiten,<br />

dann brechen wir auf. Ich plane außerdem, unsere Soldaten hier zu<br />

lassen, zumindest den größten Teil. Es kann sein, dass wir unsere<br />

Truppen... hier vor Ort brauchen. Benennt einen vertrauensvollen<br />

Anführer, während wir außerhalb <strong>der</strong> Keep verweilen.”<br />

Taya sah wie<strong>der</strong> zu den an<strong>der</strong>en am Tisch und fixierte auch kurz<br />

ihre Tante. “Der Rest, <strong>der</strong> am Turnier teilnehmen, o<strong>der</strong> vielmehr<br />

diesem Beiwohnen möchte, wird mit dem Festtross morgen<br />

aufbrechen. Ich bin sicher, meine Tante wird das im Griff haben,<br />

und rechtzeitig zum Beginn des Turniers in einer Woche in White<br />

Walls vor Ort sein.”<br />

Sie nickte, und machte Anstalten sich zu setzen, als ein<br />

Stimmengewirr losbrach und Taya mit hochgezogenen Brauen und<br />

ärgerlichem Blick in die Runde sah. Septon Humble verschaffte sich<br />

als erster Gehör. “Mylady, das sind sehr überraschende Neuigkeiten<br />

an diesem Morgen. Haltet Ihr es wirklich für sinnvoll, Euch so tief<br />

in die Flusslande zu begeben? Welchen Sinn soll das haben? Ihr<br />

solltet lieber in Sicherheit am H<strong>of</strong>e bleiben, und vor allem nicht in so<br />

einer kleinen Gruppe vorausreiten.”<br />

Taya rollte genervt mit den Augen. “Septon, zu diesem Turnier<br />

kommen viele große und kleinen Häuser, unter an<strong>der</strong>em auch die<br />

Lannisters, es wird wohl kaum irgendeine Gefahr bestehen.<br />

Außerdem werden mein Hauptmann und mein Waffenmeister<br />

durchaus in <strong>der</strong> Lage sein, mich zu beschützen.”<br />

Der dicke Mann erhob sich schwerfällig und schien für einen<br />

Moment das Frühstück vergessen zu haben. “Dann... nun dann<br />

werde ich mit Euch reisen, Mylady! Ihr werdet den Beistand <strong>der</strong><br />

<strong>Götter</strong> brauchen.”<br />

182


Taya sah ihn verblüfft an und als sie das verhaltene Grinsen auf<br />

Ethans Gesicht entdeckte, musste sie selbst eines deutlich<br />

unterdrücken. “Schlagt Euch das aus dem Kopf, Septon William, seht<br />

Euch doch an.” Ihre Augen wan<strong>der</strong>ten über seinen mächtigen<br />

Bauch. “Ihr seid we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lage schnell, noch ausdauernd zu<br />

reiten, und beides könnte wichtig sein, um in dieser Sache einen<br />

Vorteil zu erlangen. Ihr reitet morgen mit meiner ehrenwerten<br />

Tante.”<br />

Humble knirschte mit dem Zähne und setzte zu einer Erwi<strong>der</strong>ung<br />

an, als sich Eleonore Godwynn mit lauter Stimme Gehör verschaffte.<br />

“Aber sicher wird Euch mein Eirik begleiten, meine Liebe,<br />

schließlich ist er Euer... nun, Euer...”<br />

Mit einer scharfen Geste schnitt Taya Ihrer Tante das Wort ab. Ihre<br />

Augen funkelten giftig. “Er ist <strong>der</strong> Knappe meines Waffenmeisters,<br />

und mehr nicht!” Sie seufzte übertrieben. “Und als solcher, wird er<br />

unsere kleine Gruppe tatsächlich begleiten, ebenso wie <strong>der</strong> Knappe<br />

von Ser Richard Logan und meine Z<strong>of</strong>e. Was diese Farce von gestern<br />

Abend angeht...”<br />

Taya biss die Zähne zusammen und schloss die Augen. Ihre spitzen<br />

Eckzähne waren in <strong>der</strong> hellen Morgensonne, welche die Halle durch<br />

die Fenster erhellte, deutlich zu sehen. “... dieses Thema wird zurzeit<br />

nicht weiter erörtert, wir haben wichtigeres zu erledigen. Außerdem<br />

gehört wohl deutlich mehr dazu, um <strong>der</strong> Lord von Silver Keep zu<br />

werden, als ein Pferd zu zähmen, ich bin schließlich keine Stute!”<br />

Bevor eine Erwi<strong>der</strong>ung anklingen konnte, fuhr Taya rasch fort. “Was<br />

die Ernennung Eiriks zum Ritter angeht... nun, ich kann Eure<br />

Intention verstehen und habe Euren Vorschlag, Tyrben, den<br />

Stalljungen, zum Nachfolger als Knappen von Ser Ethan zu machen,<br />

vernommen...”<br />

183


Ser Ethan machte bei dieser Bemerkung ein Gesicht, als hätte er in<br />

eine Zitrone gebissen, wobei <strong>der</strong> Septon aussah, als wäre ihm eine<br />

selbige gerade im Hals stecken geblieben. “... allerdings halte ich<br />

we<strong>der</strong> einen gemeinen Stallburschen für so eine Aufgabe geeignet<br />

o<strong>der</strong> angemessen, noch hat Eirik selbst sich in letzter Zeit mit<br />

rühmlichen Taten hervorgetan. Und ich rede dabei von seiner<br />

Aufgabe als Knappe, nicht als... Pferdeflüsterer.”<br />

Richard Logan lachte leise hinter vorgehaltener Hand und versuchte<br />

daraus ein halbherziges Husten zu machen. “Daher überlasse ich<br />

seinem Ritter, Ser Ethan die Entscheidung, wann Eirik so weit ist,<br />

um zum Ritter ernannt zu werden. Ich denke, seine Leistung als<br />

Knappe beim anstehenden Turnier, wird dabei auch eine Rolle<br />

spielen. Und jetzt...” Taya setzte sich und deutete unmissverständlich<br />

an, dass keine weiteren Diskussionen erwünscht waren. “... möchte<br />

ich frühstücken, ich habe heute noch einen langen Ritt vor mir.”<br />

Sie nahm sich demonstrativ eine Scheibe Brot und einen Apfel und<br />

auch die an<strong>der</strong>en begannen es ihr gleich zu tun. Nachdenklich<br />

schnitt Taya den Apfel in kleine Scheiben und bekam doch keinen<br />

Bissen hinunter, die momentane Situation und sicher auch das Gift<br />

hatten ihr den Appetit verdorben. Je früher sie losritten, desto<br />

besser... sie freute sich inzwischen auf das Turnier, sie war so vieles<br />

satt hier, ein Ortswechsel würde ihr gut tun.<br />

184


Kara<br />

Lady Kara Calestris ritt nachdenklich im vor<strong>der</strong>en Drittel des Zuges,<br />

<strong>der</strong> bereits früh und direkt nach einem schnellen Frühstück aus<br />

Wynard’s Hold in Richtung Whitewalls aufgebrochen war. Eine<br />

innere Unruhe trieb sie voran und sie wünschte, sie könnte schneller<br />

reiten. Aber so rasch ging das in einem Tross dieser Größe natürlich<br />

nicht. Fast 40 Personen waren aus <strong>der</strong> Burg von Miner’s Fortune<br />

aufgebrochen, darunter viele Ritter, Knappen, Soldaten und<br />

Bedienstete.<br />

Normalerweise wären es noch mehr gewesen, doch Kara hatte<br />

entschieden, dass ein Großteil <strong>der</strong> Streitkräfte zur Sicherheit in<br />

Wynard’s Hold verbleiben sollte. Sie traute den Godwynns nicht und<br />

wollte kein Risiko eingehen.<br />

Kara seufzte leise und blickte in den mit kleinen Wolken gespickten<br />

Himmel. Es würde ohne Zweifel wie<strong>der</strong> ein heißer Tag werden. Sie<br />

fragte sich, ob ihr Onkel Ceidroc den Raben schon erhalten hatte,<br />

und ob er vielleicht sogar schon mit dem Schmied hatte sprechen<br />

können. Sie würde sich in Geduld üben müssen, es würde noch<br />

einige Tage dauern, bis sie die Antwort darauf erfahren würde.<br />

Sie freute sich darauf, ihren Onkel zu sehen, natürlich auch auf<br />

Corban, ihren Bru<strong>der</strong> und Erbe von Lord Aron selbst. Doch sie hatte<br />

auch ein wenig Angst, wie sich diese Sache mit den Godwynns<br />

weiter entwickelte. Kara wusste, dass Ceidroc das Gedenken an Lady<br />

Amelia sehr verehrte. Was würde er zu diesen Vorwürfen sagen?<br />

185


Nach einer Weile vertrieb sie die sorgen und ihre Gedanken<br />

schweiften ab zu Aidan. Er war sehr stolz gewesen, als er als einziges<br />

Kind seine Eltern und seinen Großonkel zur Hochzeit begleiten<br />

durfte. H<strong>of</strong>fentlich wusste er sich zu benehmen.<br />

Kara holte einen Le<strong>der</strong>schlauch mit Wasser hervor und genehmigte<br />

sich einen Schluck. Ein ganzes Stück vor ihr ritt Brandon, und sie<br />

konnte erkennen, dass er gerade dasselbe tat. Sie lächelte. Brandon<br />

war ein guter Kerl, manchmal etwas unbeholfen, aber er hatte ein<br />

gutes Herz. Dennoch würde er für viele nie zur Familie gehören, und<br />

es war geradezu eine Ironie, dass die Hingabe seines Vaters dazu am<br />

meisten beigetragen hatte.<br />

“Einen Silberhirschen für einen Eurer Gedanken, Mylady.” Ser Alban<br />

Sanchez war von hinten an Kara herangeritten und ließ sein Pferd<br />

nun neben ihr her traben. Er lächelte aufmunternd. “Ihr macht so ein<br />

trübes Gesicht, was beschäftigt Euch?”<br />

Kara konnte nicht an<strong>der</strong>s, als zurückzulächeln. “So vieles, Ser, viel zu<br />

vieles. Wolltet ihr alle meine Gedanken wissen, würdet Ihr arm<br />

werden.”<br />

Der Ritter neigte ergeben das Haupt. “Um herauszufinden, was in<br />

<strong>der</strong> schönsten Lady westlich des Tridents vorgeht, wäre es das<br />

durchaus wert.”<br />

Er zwinkerte und Kara lachte herzlich. Sie mochte Alban sehr gern.<br />

Er war gutmütig und besonnen, stark und mutig, konnte aber auch<br />

gewitzt und verschlagen sein. Wenn er nur 20 Jahre jünger wäre...<br />

o<strong>der</strong> wenigstens 10... Kara hätte nicht ausgeschlossen, dass sie<br />

diesen Mann geheiratet hätte. Nun jedoch... war sie auf dem Weg<br />

nach Whitewalls, wo sie ihren zukünftigen Gatten kennenlernen<br />

sollte. Einen Jungen von 18 Jahren. Ihr fröhlicher Blick wurde wie<strong>der</strong><br />

von Sorgen umwölkt, doch bevor Ser Alban noch einmal nachfragen<br />

186


konnte, schob sich Eugene, Corbans drittältester Sprössling zwischen<br />

die beiden.<br />

“Tante Kara?” Sie sah ihn gespielt böse an. “Wie <strong>of</strong>t habe ich euch<br />

allen schon gesagt, ihr sollt das Wörtchen ‘Tante’ weglassen? Tanten<br />

sind... alt. Ich nicht.”<br />

Eugene grinste. “Stimmt. Du bist uralt.” Er rechnete kurz. “17 Jahre<br />

älter, das ist doch eine Ewigkeit.”<br />

Kara langte nach ihm und Eugene duckte sich lachend unter ihrem<br />

Griff weg. “Pass auf, dass du nicht vom Pferd fällst, du grünes<br />

Gemüse! Ist dir so langweilig, dass du dir vorgenommen hast, die<br />

Schwester deines Vaters zu beleidigen?”<br />

Eugene schüttelte den Kopf. “Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte<br />

etwas wissen zu dem Turnier, zu dem wir reiten. Arias hat gesagt,<br />

ich soll dich fragen, du kennst dich am besten mit diesen Dingen<br />

aus.”<br />

Kara nickte besänftigt. “Was willst du wissen?”<br />

“Eigentlich alles.” Der Junge zuckte mit den Schultern. “Ich weiß so<br />

gut wie gar nichts, außer dass das Turnier ist, weil <strong>der</strong> Lord heiratet.<br />

Wo ist Whitewalls überhaupt?”<br />

Kara lächelte. “White Walls liegt im Osten <strong>der</strong> Flusslande, wir<br />

werden eine Woche brauchen bis wir da sind und werden Riverrun<br />

und sogar Harrenhal passieren und auch die Kings Road<br />

überqueren.”<br />

Eugene machte große Augen. “Wow. So weit war ich noch nie von zu<br />

Hause weg, ich werde Blasen vom Reiten bekommen.”<br />

“Du wolltest ja nicht mit deinen Schwestern zusammen in <strong>der</strong><br />

Kutsche fahren, also beschwere dich nicht.” Sie zwinkerte, bevor sie<br />

187


fortfuhr. “Whitewalls ist <strong>der</strong> Sitz von Lord Arnold Butterwell. Kennst<br />

du sein Banner?”<br />

“Ja, es sind so Wellenlinien... in den Farben grün, gelb und weiß.”<br />

Kara nickte anerkennend. “Sehr gut, Eugene, genau so ist es. <strong>Das</strong><br />

Haus Butterwell ist ein sehr reiches Haus... das war es schon immer.<br />

Es stellte sich immer gut mit dem König, egal wer an <strong>der</strong> Macht war,<br />

ob Targaryen o<strong>der</strong> Baratheon. Damals in <strong>der</strong> Blackfyre-Rebellion<br />

ließ <strong>der</strong> Lord sogar seine beiden Söhne auf jeweils einer Seite<br />

kämpfen, nur um auch gewiss auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Sieger zu stehen.”<br />

Der Junge rümpfte die Nase. “Ich denke, das ist feige. Warum heißt<br />

die Burg Whitewalls, sind ihre Mauern wirklich weiß?”<br />

Kara strich sich eine rotblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. “Ja,<br />

das sind sie tatsächlich. Lord Arnold stellt genau wie seine Vorfahren<br />

gerne seinen Reichtum zur Schau, und sein Wohnsitz ist nur aus<br />

edelstem, weißen Gestein gebaut. Umgangssprachlich heißt die<br />

Burg sogar Milkhouse, da ihre Mauern so weiß wie Milch sind.”<br />

Eugene’s Augen wurden größer. “Toll! Darauf freue ich mich schon!<br />

Welche Ritter werden wir sehen?”<br />

Kara dachte kurz nach. “Oh, ich denke, wir werden die Ritter von so<br />

einigen Häusern aus den Flusslanden, dem grünen Tal und <strong>der</strong><br />

Weite sehen, sicher auch aus den Sturmlanden und vielleicht auch<br />

aus den Westlanden. Der Norden wird vermutlich wie so <strong>of</strong>t nicht<br />

kommen. Lord Butterwell ist nicht sehr beliebt, daher halten sich die<br />

Teilnehmer wahrscheinlich in Grenzen, aber er ist eben reich und<br />

dadurch nicht unbedeutend. Außerdem sind die Prämien, die er bei<br />

seinen Turnieren auslobt, immer recht üppig, so dass in <strong>der</strong> Regel<br />

auch Heckenritter wie die Fliegen angelockt werden.”<br />

“Wird auch <strong>der</strong> König dabei sein?” Kara lachte. “Oh, das bezweifle<br />

ich. König Robert lässt sich zwar selten ein Fest entgehen, aber ich<br />

denke, er mag am liebsten die, die er selbst veranstaltet und zu<br />

denen er nicht so weit reisen muss. Ich glaube nicht, dass er<br />

188


persönlich erscheint, dazu ist die Hochzeit von Lord Butterwell mit<br />

einem Frey-Mädchen wohl auch nicht wichtig genug.”<br />

Eugene sah enttäuscht aus. “Schade, ich hätte gerne die Königsgarde<br />

gesehen.”<br />

Seine Tante legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Keine Sorge, ich<br />

bin sicher, es wird trotzdem vor heroischen Kämpfern nur so<br />

wimmeln, nicht zuletzt wird ja auch dein Vater am Turnier<br />

teilnehmen. Außerdem...” Kara lächelte geheimnisvoll. “... kenne ich<br />

noch ein Detail, welches dir gefallen dürfte. Soll ich dir verraten, was<br />

<strong>der</strong> erste Preis beim Turnier sein wird?”<br />

Der achtjährige Junge nickte aufgeregt, als seine Tante<br />

verschwörerisch die Stimme senkte. “Ein Drachenei.”<br />

Eugene’s Mund klappte auf. “Ein echtes?”<br />

Kara nickte. “So wird es behauptet. Vor langer Zeit schenkte ein<br />

König <strong>der</strong> Targaryen dem damaligen Lord Butterwell für seine<br />

Dienste zwei Dracheneier. Eines davon verkündete er vor fast<br />

einhun<strong>der</strong>t Jahren auch als ersten Preis bei einem Turnier, doch es<br />

wurde von einem Unbekannten gestohlen und bis heute weiß<br />

niemand, wo es geblieben ist. Und das zweite Ei will Lord Arnold<br />

nun diesmal vergeben.”<br />

“Aber...” Eugene gestikulierte aufgeregt mit den Händen. “Aber ich<br />

dachte, es gibt keine Drachen mehr.”<br />

Kara lächelte zustimmend. “<strong>Das</strong> stimmt auch, Eugene. Der letzte<br />

Drache wurde von Aegon, dem Dritten seines Namens vor fast 200<br />

Jahren getötet und seitdem sind diese riesigen Echsen ausgestorben.<br />

Und selbst wenn es sich bei diesem Ei von Lord Butterwell um ein<br />

echtes handeln sollte, so ist es doch im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

schon längst zu Stein geworden.”<br />

Der Junge runzelte die Stirn. “Und was soll man dann damit?”<br />

189


Kara zuckte mit den Schultern. “Man kann eigentlich nichts damit<br />

anfangen. Es ist mehr ein... Symbol. Eine Macht aus vergangener<br />

Zeit, etwas Beson<strong>der</strong>es, etwas an<strong>der</strong>es als nur Gold, was man<br />

gewinnt. Lord Arnold Butterwell hat es als Preis ausgelobt, um mehr<br />

Turnierteilnehmer anzulocken. Wir werden sehen, ob er Recht<br />

behält.” Sie dachte kurz nach. “Vermutlich schon allein deshalb wird<br />

König Robert nicht zum Turnier erscheinen, <strong>der</strong> Preis dürfte ihn<br />

ärgern. O<strong>der</strong> er will das Ei gerade deshalb gewinnen, um es vor den<br />

Augen aller zu zerschmettern. Der König hasst alles, was an die<br />

Targaryen erinnern könnte.”<br />

Eugene nickte. Die Geschichte vom verrückten König <strong>der</strong><br />

Targaryens und Robert Baratheons Rebellion hatte er schon<br />

mehrmals gehört. “Wie funktioniert das bei dem Turnier eigentlich?<br />

Wird gelost, wer gegen wen antritt? Bekommt <strong>der</strong> Gewinner beim<br />

Lanzenreiten für jeden Gegner, den er besiegt, auch schon etwas?”<br />

Kara nickte. “Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich denke, Lord<br />

Butterwell wird die Teilnehmer über das Wappenschildsystem<br />

antreten lassen, das ist momentan sehr beliebt. Je<strong>der</strong> Ritter, <strong>der</strong> am<br />

Turnier teilnehmen möchte, hängt seinen Schild gut sichtbar an<br />

einen bestimmten Ort, meist an <strong>der</strong> Tribüne des Lords o<strong>der</strong> so. Wer<br />

einen an<strong>der</strong>en Ritter herausfor<strong>der</strong>n möchte, tippt mit seiner Lanze<br />

auf ein Schild, und <strong>der</strong> Besitzer muss gegen den Herausfor<strong>der</strong>er<br />

antreten. Der Sieger darf seinen Schild danach wie<strong>der</strong> anhängen, <strong>der</strong><br />

Verlierer muss ihn abnehmen. Irgendwann wird dann nur noch ein<br />

Schild dort hängen, und das ist <strong>der</strong> Gewinner des Turniers. Es wird<br />

natürlich einige Tage dauern, bis es soweit ist.” Sie nahm noch einen<br />

Schluck aus ihrem Wasserschlauch.<br />

“Wenn ein Ritter beim Lanzenreiten verliert, erhält <strong>der</strong> Gewinner<br />

seinen Besitz, also seine Rüstung, seine Waffen und sein Pferd.<br />

Allerdings hat <strong>der</strong> Verlierer das Recht, sich seine Dinge wie<strong>der</strong><br />

190


zurückzukaufen, was natürlich nicht so preiswert ist. Für die Ritter,<br />

die den größeren Häusern dienen ist das meistens kein Problem,<br />

aber für einen Heckenritter zum Beispiel kann das sehr schnell das<br />

aus bedeuten.”<br />

Eugene schwieg eine Weile, dann sah er Kara zufrieden an. “Danke,<br />

Tan... ich meine, Kara. Du weißt wirklich sehr viel.” Sie lachte.<br />

“Noch lange nicht genug.”<br />

“Denkst du, Vater hat eine Chance bei dem Turnier?”<br />

Kara lächelte erneut. “Lord Corban ist ausgezeichnet im Tjostieren<br />

und falls es auch einen Wettbewerb im Bogenschießen gibt, könnte<br />

sich Onkel Ceidroc ebenfalls hervortun.”<br />

Falls die beiden überhaupt noch in <strong>der</strong> Stimmung für das Turnier<br />

sind, fügte sie in Gedanken dazu. Eugene’s Blick erhaschte den<br />

Hauptmann <strong>der</strong> Calestris.<br />

“Wird Onkel Brandon auch antreten?”<br />

“Warum nicht? Am besten, du fragst ihn das selbst.”<br />

Eugene gab seinem Pferd die Sporen. “Ja, das mache ich!”<br />

Kara sah ihm lächelnd hinterher und fragte sich, was das Turnier für<br />

sie alle bringen würde. Den Freispruch einer Anschuldigung? Den<br />

Verlust von 3000 Golddrachen? Einen neuen Ehemann? Eine<br />

Turnierverletzung? Ein Drachenei? Vieles war möglich... und Kara<br />

betete zu den Sieben <strong>Götter</strong>n, dass sie alle wohl behalten wie<strong>der</strong><br />

nach Wynard’s Hold zurückkehren konnten.<br />

Der Tross hatte am frühen Nachmittag zu einer kurzen Rast<br />

gehalten, als die Sonne am höchsten stand, und erbarmungslos<br />

brannte. Einige Meter abseits vom Hauptlager trotzten an einem<br />

nahezu ausgedörrten Flussbett <strong>der</strong> junge Knappe Arias und einige<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en jungen Leute aus dem Gefolge <strong>der</strong> Calestris <strong>der</strong> Hitze<br />

und erprobten sich bei Ringkämpfen und Wurfspielen.<br />

191


Für Arias war es eine gute Zeit gewesen. Nachdem sich sein Sieg<br />

über den Godwynnburschen beim Bogenschießen herum<br />

gesprochen hatte, war er <strong>der</strong> Held von ganz Wynard’s Hold<br />

geworden, zumindest bei den gleichaltrigen. Ruhm, den er für sich<br />

zu nutzen wusste, da ihm nun die meisten Burschen aufs Wort<br />

folgten und die Mädchen ihn anhimmelten. Insbeson<strong>der</strong>e die dicke<br />

Elsbeth, ein Bauermündel aus einem <strong>der</strong> Gehöfte nahe Wynard’s<br />

Hold. Klar war sie als Bauerstochter seiner nicht würdig, doch wie<br />

auch die kleinen Törtchen, die er sich jetzt vom Kochgehilfen bei<br />

vielen Gelegenheiten aus <strong>der</strong> Küche stehlen lies, genügte sie ihm<br />

doch als kleine Freude für zwischendurch.<br />

Am meisten erfreute ihn jedoch <strong>der</strong> Gedanke an das bevorstehende<br />

Turnier. Lediglich als kleines Kind hatte er bisher den Wettkämpfen<br />

<strong>der</strong> Ritter beigewohnt, damals, als er noch bei seiner Familie im<br />

Dreiferkeltal gelebt hatte. Während seiner Dienstzeit bei Ser Alban<br />

Sanchez hatte es sich nicht ergeben, dass er ihm als Kappe bei<br />

einem Turnier hätte dienen können, da sich <strong>der</strong> in die Tage<br />

gekommene Ritter zuletzt von solchen als aktiver Kämpe<br />

ferngehalten hatte. Lediglich einmal hatte es die Gelegenheit<br />

gegeben, doch lag Arias damals im Fieberwahn, was er nur knapp<br />

überlebte.<br />

Doch dieses Turnier würde Ser Alban noch einmal bestreiten, aktiv<br />

und mit ganzem Kampfeswillen wollte er dem Hause Calestris zu<br />

großen Ehren gereichen. Dafür hatte er keine Kosten gescheut und<br />

sich eine neue Rüstung anfertigen lassen. Dazu ein strahlend<br />

silberner Maskenhelm, welcher seinem eigenen Antlitz nach<br />

empfunden worden war und dessen Haupt von einer schwarzen<br />

flügelschlagenden Schwanenfigur geziert wurde. Schwarze und<br />

flie<strong>der</strong>farbene Fe<strong>der</strong>n rundeten den prachtvollen Anblick ab. Arias<br />

192


war sichtlich stolz als er das Rüstzeug unter den bewun<strong>der</strong>nden<br />

Blicken <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Knappen auf einen <strong>der</strong> Wagen verladen hatte.<br />

Vielmehr freute er sich aber über eine Entdeckung die er bei<br />

gleicher Gelegenheit gemacht hatte. Aus einer <strong>der</strong> Kisten auf den<br />

Wagen, die Ser Alban gehörte, glaubte er ein Schild erkannt zu<br />

haben, das mit den drei braunen Ferkeln auf schwarzem Grund<br />

bemalt war, dem Wappen seiner Familie. War also das Turnier <strong>der</strong><br />

Zeitpunkt an dem er seine Waffen empfangen und zum Ritter<br />

geschlagen werden würde? Mit dem Bogenschuss hatte er sich doch<br />

bewiesen? Und passte nicht auch dazu, dass sein Vater zu dem<br />

Turnier reisen würde, wie er heute Morgen noch beim Belauschen<br />

eines Gespräches zwischen Ser Alban und einem an<strong>der</strong>en Ritter aus<br />

dem Gefolge erfahren hatte?<br />

Arias war so guter Laune, dass es ihn gar nicht groß kümmerte,<br />

wenn er beim Ringen von an<strong>der</strong>en zu Boden geworfen wurde, stets<br />

konnte er darüber lachen, sich aufraffen und mit dem nächsten<br />

Kämpfen. Die Mädchen beobachteten die Burschen aus dem kühlen<br />

Schatten einer kleinen Baumgruppe heraus, wobei sie dabei bemüht<br />

waren, beson<strong>der</strong>s desinteressiert zu wirken. Nur die dicke Elsbeth<br />

hielt sich nicht zurück, wenn es Arias doch einmal gelang, einen<br />

an<strong>der</strong>en nie<strong>der</strong> zu ringen. Es war gerade einer dieser Momente als<br />

Cerry, ein großer hagerer Junge und Gehilfe des Heroldes <strong>der</strong><br />

Calestris mit lauter Stimme sprach:<br />

„Da kommt <strong>der</strong> große Reiter Eirik von den Godwynns und er<br />

kommt auf Marius geritten, <strong>der</strong> Pferdebestie die niemand zuvor<br />

gezähmt hat!“<br />

„Dummer Hund!“<br />

193


Arias lief so schnell er konnte auf Cerry zu und streckte ihn mit<br />

einem Hieb nie<strong>der</strong>. Cerry war in Elsbeth verliebt und neidete Arias<br />

die <strong>of</strong>fensichtliche Anbie<strong>der</strong>ung seiner großen Liebe. Ein wun<strong>der</strong><br />

Punkt beim jungen Knappen, das wusste je<strong>der</strong> in Wynard’s Hold,<br />

war sein Talent zu reiten, vielmehr die Erwähnung, dass jemand<br />

an<strong>der</strong>es es besser konnte, als er. Cerry hatte die Nachricht von <strong>der</strong><br />

Tat schon den ganzen Tag verbreitet, doch stets unter vorgehaltener<br />

Hand und nie öffentlich. Arias wusste nicht, dass sich hinter dem<br />

Namen Eirik jene jämmerliche Gestalt verbarg, die erst so<br />

großspurig aufgetreten, doch nachdem er ihn<br />

Bogenschusswettbewerb bezwungen hatte, heulend aus <strong>der</strong> Halle<br />

gestürmt war. Vielmehr glaubte er, dass dieser Eirik ein großartiger<br />

Kämpfer sein musste, <strong>der</strong> größte und kräftigste den die Godwynns<br />

an ihren H<strong>of</strong> hatten und sicherlich <strong>der</strong> zukünftige Gemahl von Taya,<br />

<strong>der</strong> Giftnatter wie Ser Alban und an<strong>der</strong>e Hohe am H<strong>of</strong>e <strong>der</strong> Calestris<br />

die Vorsteherin des Hauses Godwynn nannten, <strong>der</strong>en Schönheit und<br />

Anmut jedoch weithin gerühmt wurde.<br />

„Hörst du, ich sage dieser Ser Eirik ist ein viel besserer Reiter als<br />

du!“<br />

Arias hatte sich auf Cerry gesetzt und drückte dessen Gesicht nach<br />

<strong>der</strong> erneuten Beleidigung mit ganzer Kraft in die staubtrockene Erde<br />

und wühlte ihm Erde und Wurzelzeug in Haare und Nacken. Als<br />

Cerry zu wimmern und schreien anfing, drückte Arias nur umso<br />

fester.<br />

Erst ein lauter Pfiff von einem Soldaten ließ ihn von Cerry ablassen.<br />

„Jungs genug jetzt, wir ziehen weiter!“<br />

194


Elenore<br />

Bereits bei den ersten Sonnenstrahlen des<br />

Tages herrschte eine aufgeregte Unruhe in<br />

<strong>der</strong> Silver Keep. Dabei waren die ganzen<br />

Dienstleute, Soldaten, Trommler und<br />

Blumenmädchen nicht etwa nervös o<strong>der</strong><br />

gar hektisch, man ließ sich vielmehr von<br />

<strong>der</strong> guten Laune <strong>der</strong> ehrenwerten Elenore<br />

anstecken, die von allen als erste auf den<br />

Beinen war und es sich nicht nehmen ließ,<br />

jede Truhe, die verladen, jede Uniform, die getragen und jeden<br />

Sattelriemen, <strong>der</strong> gespannt wurde, eigenständig zu prüfen.<br />

Dabei hatte sie für jeden ihrer Untertanen ein freundliches Wort<br />

parat und verlor nie die Übersicht, sodass sich alle sicher sein<br />

konnten, gut geführt zu werden und einer aufregenden Turnierzeit<br />

entgegen zu reisen. Elenores gute Laune war dabei schnell erklärt.<br />

Dadurch, dass Lady Taya bereits am Vortag in einer kleinen Gruppe<br />

abgereist war, hatte die ehrenwerte Elenore beinahe physisch<br />

greifbar das Gefühl, aufatmen zu können; sie konnte noch einmal<br />

nach langer Zeit Umstände erleben, wo sie die Geschicke in <strong>der</strong><br />

Silver Keep direkt lenken konnte. Wenn auch nur für einen Tag, so<br />

war - jedenfalls für Elenore - für diese kurze Zeit die natürliche<br />

Ordnung <strong>der</strong> Dinge wie<strong>der</strong> hergestellt.<br />

Der Zug, <strong>der</strong> sich sodann auch zeitig auf den Weg zum Turnierplatz<br />

in Riverrun machte, bestand neben den Trommlern und<br />

Blumenmädchen für die geplante, spektakuläre Choreographie beim<br />

Einzug auf den Turnierplatz, den begleitenden Soldaten und<br />

195


Dienstleuten für die Herrschaften auch aus Sternenschnuppe, den<br />

geweißelten und kunstvoll gezimmerten Wagen <strong>der</strong> ehrenwerten<br />

Elenore, welcher von vier kleinen weißen Ponys gezogen wurde. Am<br />

Ende des Zuges ritt <strong>der</strong> dicke Septon Humble mit schmollenden<br />

Mund, in die er sich aus Trotz und gegen die Peinlichkeiten <strong>der</strong><br />

frühen Stunden von Zeit zu Zeit ein Würstchen stopfte. Tatsächlich<br />

kostete es einige Mühen, dem Septon klar zu machen, dass er selbst<br />

wird reiten müssen, da auf Sternenschnuppe für ihn kein Platz sei.<br />

Von sich aus sah Humble es als klare Sache an, dass er die Reise<br />

neben <strong>der</strong> ehrenwerten Elenore auf <strong>der</strong>en Gefährt verbringen und<br />

die gemeinsame Zeit mit allerlei Intrigen und Streitgesprächen<br />

füllen würde. <strong>Das</strong> allerdings sah Elenore entschieden an<strong>der</strong>s! Als sie<br />

sah, wie sich <strong>der</strong> dicke Septon anschickte, auf ihren Wagen Platz zu<br />

nehmen, eilte sie schnell herbei und schimpfte unter den Gelächter<br />

<strong>der</strong> umstehenden Leute den Septon fort. "Wie könne er es wagen,<br />

sich bei einer trauernden Witwe einzuschleichen?", "Er sei ja<br />

sowieso viel zu fett für dieses Gefährt!", "Die Architekten <strong>der</strong><br />

Sternenschnuppe hätten Eleganz intendiert und keine groteske<br />

Komödie! Er würde die ganzen Proportionen zerstören", "denke er<br />

denn überhaupt nicht an die armen kleinen Tiere?" usw. - das waren<br />

noch die freundlichsten Äußerungen, die Elenore gebrauchte, um<br />

den Septon schnell von seinem Gedanken abzubringen, auf <strong>der</strong><br />

Reise nach Riverrun ihre Nähe o<strong>der</strong> gar die Mitfahrt in ihrem<br />

Wagen zu suchen. Man fand also für den Septon noch ein kräftiges<br />

Pferd, sattelte dieses und schaffte es schließlich mit den<br />

gemeinsamen Kräften von vier Dienern, den mächtigen Humble in<br />

den Sattel zu hieven.<br />

Die Reise nach Riverrun, als sie schließlich angetreten wurde,<br />

verlief recht ereignislos. Es wurde viel gesungen und die gute<br />

Planung <strong>der</strong> Elenore sorgte dafür, dass für jeden genügend Proviant<br />

196


vorhanden war, um in einem zügigen Tempo voran zu kommen,<br />

ohne, dass sich irgendjemand son<strong>der</strong>lich verausgaben musste. Die<br />

gute Laune, den Septon ausgenommen, hielt also während <strong>der</strong><br />

gesamten Reise an und es wurde in regelmäßigen Abständen ein<br />

dreifaches "Sie lebe hoch!" auf die ehrenwerte Elenore ausgerufen,<br />

die, ganz gerührt von <strong>der</strong> Begeisterung ihrer Untertanen, öfters mit<br />

den Tränen kämpfen musst. Die Reisegesellschaft und die<br />

ehrenwerte Elenore hatten sich also in einan<strong>der</strong> verliebt und man<br />

war beinahe betrübt, als am Horizont das Reiseziel Riverrun<br />

erkennbar wurde. Jetzt galt es also noch Aufstellung für die<br />

Einzugschoreographie einzunehmen, um ein letztes Mal für diese<br />

Reise die ehrenwerte Elenore mit Stolz zu erfüllen …<br />

197


Ethan<br />

Zufrieden lächelnd, mit seinen Gedanken noch bei dem vergangenen<br />

Abend, spazierte Ethan zur Stunde des Wolfes auf <strong>der</strong> Mauer von<br />

Silver Keep entlang. Er mochte diese Zeit, wenn es noch dunkel war<br />

und in einer klaren Nacht die Sterne zu sehen waren. Bis auf den<br />

Gesang von einigen Vögeln war nichts zu hören, die Burg schlief<br />

noch tief und fest und es waren noch einige Stunden bis zum<br />

Sonnenaufgang.<br />

Eine sanfte kühle Brise wehte dem Ritter entgegen, als er am<br />

Übungsplatz ankam und sich kurz mit den Wachen unterhielt, die<br />

das kleine Tor zum inneren Teil <strong>der</strong> Burg bewachten. Er war zwar<br />

nicht <strong>der</strong> Hauptmann <strong>der</strong> Wache, aber viele von ihnen hatte Ethan in<br />

den letzten Jahren selber ausgebildet und er fühlte sich auch für sie<br />

verantwortlich.<br />

Die nächsten Stunden verbrachte <strong>der</strong> Ritter mit einigen neuen<br />

Rekruten, welche erst seit kurzem im Dienste <strong>der</strong> Wache sind. Da sie<br />

noch nicht gut genug waren, um mit den altgedienten Soldaten zu<br />

trainieren, hatte <strong>der</strong> Waffenmeister beschlossen, sie morgens<br />

getrennt von den an<strong>der</strong>en Auszubilden. In voller Rüstung und mit<br />

abgestumpften Langschwertern vollzog das gute Dutzend Rekruten<br />

die verschiedensten Schritte eines Schwertkampfes. Ein<br />

Ausfallschritt folgte einer Parade, dann ein Hieb von oben, ein Hieb<br />

von unten... Ser Ethan nutzte die verschiedensten Kombinationen<br />

und mittlerweile waren sie so gut, dass nahezu alle Rekruten den<br />

richtigen Schritt machten und sich nicht mehr über den Haufen<br />

rannten.<br />

198


Kurz vor Sonnenaufgang waren sie <strong>der</strong>art erschöpft, dass niemand<br />

mehr aufrecht stehen konnte und die meisten sich auf ihre<br />

Schwerter stützen mussten. Einige wenige saßen bereits auf dem<br />

Boden und warteten darauf, dass <strong>der</strong> Waffenmeister das Training<br />

beendete.<br />

Aber diesmal tat er es nicht. Stattdessen ließ er einige Zielscheiben<br />

aufstellen und fing mit dem Bogenschießen an. Und obwohl die<br />

Soldaten ihre Rüstungen ablegen durften, traf im ersten Versuch<br />

nicht ein einziger Schuss das Ziel. <strong>Das</strong> än<strong>der</strong>te sich allerdings bei<br />

den folgenden Versuchen. Mit jedem Schuss wurden sie sicherer und<br />

bald landete nahezu je<strong>der</strong> Pfeil auf <strong>der</strong> Zielscheibe, wenn auch nicht<br />

immer im Zielkreis.<br />

Wenig später tauchte sein Diener auf und teilte ihm mit, dass es<br />

bald Zeit ist für das Frühstück. Da auch so langsam die an<strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wache auftauchten, übergab er einem <strong>der</strong> älteren<br />

Soldaten das Kommando und ging zurück in sein Zimmer, um sich<br />

umzuziehen.<br />

Für Ethan war es natürlich keine Überraschung mehr, was Lady<br />

Taya vor allen anwesenden verkündete. Dennoch machte er sich<br />

natürlich etwas Sorgen, da sie in <strong>der</strong> kleinen Gruppe nur zwei Ritter<br />

hatten, um sich zu verteidigen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite waren die<br />

Flusslande relativ sicher und auf <strong>der</strong> Riverroad kommt man zügig<br />

voran.<br />

Nach dem Frühstück befahl er seinem Knappen, s<strong>of</strong>ort die Pferde<br />

und die Verpflegung für den Weg zum Aufbruch fertig zu machen,<br />

während Ser Ethan selber zur Schmiede ging um mit Boran zu<br />

sprechen.<br />

Ser Richard war <strong>der</strong> Erste, <strong>der</strong> mit seinem Knappen zum Aufbruch<br />

bereit war und im H<strong>of</strong> wartete. Der Maester hatte zwei schwere<br />

Taschen mit Tränken und Zubehör mitgebracht und hatte damit zu<br />

kämpfen, diese auf sein Pferd zu laden. “Wartet, Maester. Ich helfe<br />

199


Euch.” ertönte eine zarte Stimme hinter ihnen. Cwelborn drehte<br />

seinen Kopf und erblickte Lynda Toolish, die gerade mit dem Pferd<br />

für Lady Taya den H<strong>of</strong> betrat. “Danke Lynda, das ist sehr nett von<br />

dir.” entgegnete <strong>der</strong> Maester erleichtert und zusammen konnten sie<br />

die Taschen schnell und sicher befestigen.<br />

Nur wenig später trafen dann auch die Lady des Hauses und Trish<br />

ein. Ihre Leinengewand vom Morgen hatte Lady Taya gegen eine<br />

eng anliegende Reiterhose und eine Bluse getauscht, dazu trug sie<br />

einen leichten Umhang mit dem Wappen des Hauses Godwynn. Ser<br />

Richard verzichtete wie<strong>der</strong> auf seine schwere Rüstung und hatte nur<br />

seine leichte Le<strong>der</strong>rüstung angelegt, während <strong>der</strong> Maester wie<br />

immer eine einfache Leinenrobe trug und sich darin sichtlich wohl<br />

fühlte.<br />

Wie immer war Eirik einer <strong>der</strong> Letzten. Aber diesmal war auch er nur<br />

einen Moment später auf seinem Pferd erschienen und hatte sich<br />

auch nicht zu extravagant gekleidet, was Lady Taya zufrieden zur<br />

Kenntnis nahm. Allerdings suchte sie vergeblich nach ihrem<br />

Waffenmeister und wurde etwas unruhig.<br />

“Eirik, wo ist Ser Ethan?”<br />

“Ich...” begann Eirik, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken,<br />

als ein Reiter den H<strong>of</strong> erreichte. Da die Sonne noch nicht sehr hoch<br />

stand, tauchte sie den Reiter für einen winzigen Moment in grelles<br />

weißes Licht und blendete die versammelte Gruppe, bevor <strong>der</strong> ganze<br />

Zauber verflog und Ser Ethan auf seinem Pferd preisgab.<br />

Als Lady Taya ihn näher betrachtete, konnte sie sich ein erstauntes<br />

Lächeln nicht verkneifen und gab den Befehl zum Aufbruch. Sie ritt<br />

voran, dicht gefolgt von ihrem Hauptmann und dem Maester.<br />

Danach folgte Ser Ethan und Trish und am Schluss waren die beiden<br />

Knappen. Sie durchquerten die Burg und das zugehörige Dorf bevor<br />

sie <strong>der</strong> Straße nach Norden folgten um bei Miner’s Fortune auf die<br />

200


Riverroad zu gelangen. Die Bewohner des Dorfes standen voller<br />

Verwun<strong>der</strong>ung am Rand und sahen ihnen nach, aber keiner von<br />

ihnen bemerkte die dunkle Gestalt, die kurz darauf auf ihr Pferd<br />

stieg und abseits <strong>der</strong> Straße unentdeckt <strong>der</strong> Gruppe folgte...<br />

Ser Richard und Cwelborn übernahmen für die ersten Meilen die<br />

Führung und unterhielten sich entspannt, während sich Lady Taya<br />

zurückfallen lies und neben ihrem Waffenmeister ritt.<br />

“Wie ich sehe, habt Ihr Euch für das Turnier eine neue Rüstung<br />

zugelegt.” begann sie mit einem entspannten Lächeln. “Sehr<br />

beeindruckend.”<br />

Aus <strong>der</strong> Nähe konnte sie jetzt sehen, dass Ser Ethan eine neue auf<br />

Hochglanz polierte Plattenrüstung trug, welche mit einigen<br />

Verzierungen versehen war und eine bronzefarbene Färbung hatte.<br />

Auf <strong>der</strong> Brust war das Banner des Hauses Cerdic zu sehen. Es zeigte<br />

einen türkisen Schild mit einem grauen Adler und darunter zwei<br />

Schwerter.<br />

“Es freut mich, dass sie Euch gefällt.” entgegnete Ethan stolz. “Ich<br />

habe sie vor einiger Zeit in Lannisport anfertigen lassen, für den Fall,<br />

dass ich an einem Turnier teilnehmen will. Boran hat sie gestern<br />

noch einmal geprüft. Allerdings hatte ich nicht mehr damit<br />

gerechnet, dass wir zu diesem Turnier reisen, weshalb mir keine Zeit<br />

blieb, mich an die Rüstung zu gewöhnen. Daher werde ich das auf<br />

dem Weg nach Whitewalls machen müssen.”<br />

“Macht das beim Tjosten denn einen großen Unterschied?” fragte<br />

Taya, während sie den Ritter anblickte. “Nein für die Tjost macht es<br />

keinen großen Unterschied, aber es ist sehr wichtig für den Buhurt.<br />

Und da sind meine Chancen höher, als bei <strong>der</strong> Tjost o<strong>der</strong> beim<br />

Bogenschießen.”<br />

“Aber ihr werdet doch an <strong>der</strong> Tjost teilnehmen, o<strong>der</strong>?”<br />

201


“Ja, das gebietet allein schon die Ehre.” Dann begann er breit zu<br />

grinsen. “Und um die Ehre des Hauses nicht zu schmälern werde<br />

ich wohl ein paar Duelle gewinnen müssen. Schon deswegen, damit<br />

ich mir später meine Rüstung zurück kaufen kann.”<br />

<strong>Das</strong> brachte Taya nun auch zum Lachen und die Beiden unterhielten<br />

sich noch eine Weile, bis die Gruppe einen kleinen Wald erreichte.<br />

An einem Bach machten sie eine kurze Rast und während die<br />

Knappen die Pferde ans Wasser führten, bereitete Trish etwas zu<br />

essen vor.<br />

Ausgeruht und gestärkt machte sich die Gruppe einige Zeit später<br />

wie<strong>der</strong> auf den Weg und als sie außer Blickweite waren, trat ihr<br />

Verfolger aus dem Schatten <strong>der</strong> Bäume und nahm den Lagerplatz in<br />

Augenschein. Er schien nach etwas Bestimmten zu suchen, wurde<br />

aber nicht fündig und so kehrte er wie<strong>der</strong> in den Schatten <strong>der</strong><br />

Bäume zurück, wo sein Pferd wartete...<br />

Sie durchquerten Miner’s Fortune und erreichten wenig später die<br />

Riverroad, welcher sie nach Osten folgten. Die Straße war hier breit<br />

und gut befestigt und sie trafen auf viele an<strong>der</strong>e Reisende. Die<br />

meisten von Ihnen waren einfache Händler, die ihre Waren zwischen<br />

den Dörfern und Riverrun verkauften, aber auch einige größere<br />

Gesellschaften waren in die gleiche Richtung unterwegs. Es handelte<br />

sich dabei um meist kleinere Häuser aus den Flusslanden o<strong>der</strong> aus<br />

den Westlanden, die mit ihrem Tross zum Turnier zogen und sich<br />

dabei nicht son<strong>der</strong>lich beeilten.<br />

Eirik versuchte natürlich s<strong>of</strong>ort mit seinem Wissen bei Lady Taya<br />

Eindruck zu schinden, indem er zu jedem Haus die komplette<br />

Geschichte Vortrug und dabei kein Detail außer Acht ließ. Ihr war<br />

deutlich anzusehen, was sie von <strong>der</strong> Idee hielt und einem kurzen<br />

Hilfe suchenden Blick konnte Ser Ethan nur mit einem mitleidigen<br />

Schmunzeln begegnen.<br />

202


“Eirik, genug davon!” sagte sie kurz darauf mit einem zornigen<br />

Blick. “Ich kenne diese Geschichten selber in und auswendig und<br />

wenn ich davon beeindruckt sein soll, dann hast du versagt.” Etwas<br />

entsetzt über diese Reaktion brach Eirik seinen Monolog<br />

verunsichert ab und sah die Frau unschlüssig an, während sich<br />

Ethan, <strong>der</strong> hinter ihnen ritt, ein Grinsen nicht verkneifen konnte.<br />

“Warum versuchst du es nicht bei deinem Ritter?” gab Taya dem<br />

Knappen zu verstehen und drehte sich noch einmal zu Ser Ethan<br />

um, jetzt ein schelmisches Grinsen im Gesicht. “Um deinen<br />

Ritterschlag zu erhalten, solltest du Ihn beeindrucken, nicht mich.”<br />

Schockiert von diesem Vorschlag hatte <strong>der</strong> Ritter keine Antwort<br />

parat und musste sich also den Rest des Tages von seinem Knappen<br />

beschwatzen lassen, während Lady Taya zufrieden die Gesellschaft<br />

von Ser Richard und dem Maester genoss.<br />

Auf halben Weg nach Riverrun erreichten Sie zur Dämmerung ein<br />

Gasthaus, wo sie die Nacht verbringen wollten. Es war ein sehr<br />

großes Haus aus Stein, nur das oberste <strong>der</strong> drei Stockwerke sowie<br />

das Dach bestanden aus Holz. Es war eines <strong>der</strong> bekannteren<br />

Gasthäuser an dieser Straße und neben dem Haupthaus gab es noch<br />

einige weitere Nebengebäude. Darunter mehrere Ställe für Pferde<br />

und Ochsen sowie ein Wohngebäude für die Inhaber und<br />

Angestellten.<br />

Nachdem die beiden Ritter kläglich gescheitert sind, an ein zweites<br />

Zimmer zu kommen, nahm Cwelborn die Sache in die Hand,<br />

während sich die an<strong>der</strong>en an einen großen Tisch setzten und etwas<br />

zu Essen und zu trinken bestellten.<br />

Sie saßen noch eine Zeit lang am Tisch und unterhielten sich über<br />

die verschiedensten Dinge. Als das Thema auf die ehrenwerte<br />

Eleonore wechselte, wurde das Gespräch etwas lauter und<br />

frustrierter, bei den Calestris’ als Thema lief es nicht an<strong>der</strong>s. In<br />

203


diesem Augenblick betrat eine Gestalt in einem schwarzen langen<br />

Gewand und mit Kapuze das Gasthaus und setzte sich in eine Ecke<br />

am an<strong>der</strong>en Ende des Raumes. Sie ließ sich einen Becher Wein<br />

bringen und lies ihren Blick durch den Raum schweifen, <strong>der</strong><br />

mehrfach bei <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Godwynns hängen blieb. Der Maester<br />

war <strong>der</strong> Erste, dem dies auffiel und nachdem sich alle an<strong>der</strong>en mehr<br />

als auffällig zu dieser Gestalt herumdrehten, war <strong>der</strong> Spuk auch<br />

wie<strong>der</strong> vorbei. Denn als <strong>der</strong> Becher Wein leer war, verschwand die<br />

Person wie<strong>der</strong> so schnell aus dem Gasthaus, wie sie gekommen war.<br />

Wenig später begaben sich alle zur Ruhe, da Lady Taya beschlossen<br />

hatte, am nächsten Morgen so früh wie möglich aufzubrechen und<br />

die kühlen Morgenstunden zu nutzen.<br />

Der Maester teilte sich ein Zimmer mit Ser Richard, während die<br />

beiden Knappen, unter heftigem Protest von Eirik, im Stall bei den<br />

Pferden übernachten mussten. Lady Taya und Trish bekamen das<br />

zweite Zimmer und Ser Ethan übernahm die erste Wache auf dem<br />

Flur, wobei er später von Ser Richard abgelöst werden sollte.<br />

Nachdem sich die beiden Männer in ihr Zimmer zurückgezogen<br />

hatten, klopfte Ser Ethan an die Tür des an<strong>der</strong>en Zimmers und<br />

wartete geduldig, bis Trish die Tür öffnete.<br />

“Ser Ethan, was kann ich für Euch tun?” fragte Taya mit einem<br />

warmen Lächeln, während sie sich zu ihm umdrehte. Sie hatte ein<br />

leichtes Seidengewand angelegt, welches ihren Körper perfekt<br />

betonte und ihre langen pechschwarzen Haare fielen frei auf ihre<br />

Schultern. Sie gingen langsam aufeinan<strong>der</strong> zu und blickten sich<br />

dabei direkt in die Augen. Als er ganz nah vor ihr stand, berührte er<br />

sanft ihr Gesicht und strich ihr über die Wange. “Ich will mich nur<br />

überzeugen, dass Euch nichts fehlt.” Dann beugte er sich leicht nach<br />

vorne um sie zu küssen, aber bevor sich ihre Lippen trafen, legte<br />

Taya einen Finger auf seine Lippen und stoppte ihn sanft.<br />

204


“Nun, ich weiß Eure Sorge zu schätzen...mein Ritter.” hauchte sie<br />

mit einem verführerischen Lächeln, während sie die an<strong>der</strong>e Hand<br />

auf seine Brust legte und ihn langsam nach hinten drängte. “Aber<br />

ihr könnt beruhigt sein, ich habe alles, was ich brauche.” Ethan war<br />

jetzt fast wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Tür angekommen und als ob Trish es bereits<br />

gewusst hätte, öffnete sie Selbige, während <strong>der</strong> Ritter auf einmal<br />

große Augen bekam und einen erstaunten Blick hatte. “Und Ihr,<br />

Ser... Eure Aufgabe ist es, heute Nacht wache zu halten und<br />

niemanden hier rein zu lassen.” Mit einem verspielten Lächeln<br />

drückte sie den Ritter wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Tür und lies ihn mit <strong>of</strong>fenem<br />

Mund da stehen, während Trish sie direkt vor seiner Nase wie<strong>der</strong><br />

schloss und absperrte....<br />

Nachdem Ser Richard nach ein paar Stunden seinen Freund immer<br />

noch verblüfft vor <strong>der</strong> Zimmertür von Lady Taya stehen sah, löste er<br />

diesen ab und übernahm den zweiten Teil <strong>der</strong> Wache.<br />

Glücklicherweise war es diese Nacht ruhig und so weckte <strong>der</strong><br />

Hauptmann am nächsten Morgen zuerst Ethan und Cwelborn und<br />

danach die Knappen, welche s<strong>of</strong>ort die Pferde bereit machten.<br />

Lady Taya und Trish waren da ebenfalls schon wach und es dauerte<br />

nur einige Minuten, bis sie zum Aufbruch bereit waren. Ser Ethan<br />

war bereits voraus gegangen und wartete bei seinem Pferd, als die<br />

an<strong>der</strong>en das Gasthaus verließen. Als sich sein Blick mit dem von<br />

Taya traf, sah er ein spöttisches Funkeln in ihren Augen, bevor sie<br />

auf ihr Pferd stieg und die Gruppe anführte.<br />

Sie legten bis Mittag den Großteil des Weges nach Riverrun zurück,<br />

wobei Eirik ihnen allen diesmal seine Monologe ersparte, aber mehr<br />

als einmal darauf verwies, dass er noch kein Frühstück hatte. Sie<br />

machten an diesem Tag jedoch eine größere Rast und hatten sich<br />

dafür einen kleinen See etwas abseits <strong>der</strong> Straße ausgesucht. Um ihn<br />

205


herum standen einige vereinzelte Baumgruppen und boten einen<br />

perfekten Platz, um sich im Schatten ein wenig von <strong>der</strong> Hitze<br />

auszuruhen.<br />

Neben frisch gebackenem Brot aus dem Gasthaus gab es noch<br />

gekochte Eier, Käse, weiße Bohnen und gebratenen Speck und<br />

nachdem sich alle gestärkt hatten, ruhten sie sich eine Weile aus. Ser<br />

Richard nutzte die Gelegenheit und legte seine Le<strong>der</strong>rüstung ab,<br />

bevor er mit seinen restlichen Klei<strong>der</strong>n ins Wasser ging und sich<br />

danach im Gras ausbreitete, damit die Sonne seine Sachen trocknen<br />

konnte.<br />

Nachdem sich die Hitze ein wenig gelegt hatte, brachen sie wie<strong>der</strong><br />

auf und erreichten Riverrun, als sich die Sonne ihrem Untergang<br />

neigte. Diesmal suchten sie sich ein Gasthaus, was etwas abseits <strong>der</strong><br />

Hauptwege lag. Es war recht groß, sauber und ordentlich. Der<br />

Besitzer war ein Mann Ende Fünfzig und begrüßte seine Gäste mit<br />

sehr viel Freundlichkeit und brachte s<strong>of</strong>ort eine große Platte mit den<br />

verschiedensten Gerichten und einige Karaffen Wein. Der Raum war<br />

prall gefüllt mit den verschiedensten Gästen und es herrschte eine<br />

ausgelassene Stimmung, von <strong>der</strong> sich die Godwynns gerne<br />

anstecken ließen.<br />

Als die Zeit weiter voran schritt, schickte Ser Richard die beiden<br />

Knappen nach draußen um sich noch einmal um die Pferde zu<br />

kümmern und ihr Lager vorzubereiten. Maester Cwelborn und Lady<br />

Taya hatte sich bereits vor einigen Minuten zurückgezogen und<br />

Trish war schon nach dem Essen hinauf gegangen, um das Zimmer<br />

vorzubereiten. Außer den beiden Rittern waren jetzt nur noch vier<br />

Fremde anwesend, die auf eben jene Situation gewartet haben und<br />

sich nun mit ernsten Mienen erhoben und unter ihren schäbigen<br />

Kutten ein Schwert zogen.<br />

206


Zielstrebig durchquerten Sie den Raum und drängten die beiden mit<br />

erhobenen Waffen in eine <strong>der</strong> Ecken. Der Hauptmann zog s<strong>of</strong>ort<br />

sein Schwert und nahm eine Verteidigungsposition ein, während <strong>der</strong><br />

Waffenmeister noch damit beschäftigt war, die Situation zu<br />

begreifen.<br />

„Was hat das zu bedeuten?“ fragte er mit Verwun<strong>der</strong>ung. „Wer seid<br />

Ihr und was wollt ihr von uns?“<br />

„Euren Kopf, Ser Ethan Cerdic.“ antwortete Jones gleichgültig. Die<br />

beiden Ritter sahen sich voller Verwun<strong>der</strong>ung an und konnten nicht<br />

glauben, was sie da eben gehört haben.<br />

Plötzlich fing Ser Richard an, lauthals zu lachen und steckte damit<br />

auch seinen Freund an.<br />

„Ich weiß zwar nicht, was er angestellt hat, aber ihr vier Witzfiguren<br />

werdet seinen Kopf sicher nicht bekommen.“<br />

„<strong>Das</strong> werden wir sehen!“ rief Chuck voller Zorn und stürmte blind<br />

nach vorne, sein Schwert für einen Hieb nach oben gerichtet. Für Ser<br />

Ethan war er jedoch kein angemessener Gegner und so machte er<br />

einen schnellen seitlichen Ausfallschritt, zog in <strong>der</strong> Bewegung sein<br />

Schwert und stieß es ohne zu zögern in den Unterleib des<br />

Angreifers. Noch ehe Chuck begreifen konnte, was eben passiert ist,<br />

sackte er zusammen und lag noch einige Augenblicke in einer<br />

Blutlache zuckend auf dem Boden, während seine Kameraden nun<br />

angriffen, um ihn zu rächen. Jones und Whistler gingen auf Ser<br />

Richard los, <strong>der</strong> zwar alle Angriffe parieren konnte, aber keine<br />

Gelegenheit hatte, selber in die Offensive zu gehen. Barry hingegen<br />

war <strong>der</strong> Beste Schwertkämpfer und nahm es alleine mit Ser Ethan<br />

auf, <strong>der</strong> nur mit einem Schwert kämpfte.<br />

207


„HALTET EIN!“ brüllte eine männliche Stimme nur einige<br />

Sekunden später und unterbrach damit den Kampf, bevor<br />

irgendjemand eine ernsthafte Verletzung erlitt. Maester Cwelborn,<br />

Lady Taya und Trish kamen die Treppe herunter gestürzt und<br />

blieben abrupt am Fuße stehen, als sich ihnen die Situation<br />

<strong>of</strong>fenbarte. In einer <strong>der</strong> Ecken standen sich Ser Richard und zwei<br />

Fremde mit gezogenen Waffen gegenüber, in <strong>der</strong> Ecke daneben<br />

stand Ser Ethan und Barry und dazwischen lag <strong>der</strong> leblose Körper<br />

von Chuck. Als sie jedoch zur Tür blickten, sahen sie die seltsame<br />

Gestalt, welche sie am vergangenen Abend schon einmal gesehen<br />

haben, mit Eirik als Geisel und einem Dolch an seiner Kehle.<br />

“Bitte entschuldigt den Eifer meiner Begleiter,” sprach <strong>der</strong> Fremde<br />

ruhig. “Es war nicht beabsichtigt, dass irgendjemand zu Schaden<br />

kommt, außer Euch natürlich, Ser Ethan.”<br />

Dann drehte er sich mit Eirik langsam zu Lady Taya und Cwelborn<br />

um, die noch immer am Fuße <strong>der</strong> Treppe standen. “Mylady,<br />

Maester... Bitte begebt Euch zu Ser Richard. Ihr habt mein Wort, das<br />

niemandem etwas passieren wird.”<br />

“Ihr scheint ja einiges über uns zu wissen.” bemerkte Ethan<br />

verärgert. “Darf ich erfahren, wer Ihr seid?”<br />

“Wer ich bin, spielt keine Rolle. Aber Ihr sollt wissen dass mich Euer<br />

Lord Vater geschickt hat.”<br />

“Mein.... Vater?” fragte Ethan vollkommen erstaunt. Sein Vater hatte<br />

ihn vor einigen Jahren verbannt, aber er hätte nie gedacht, dass er<br />

seinen Sohn tot sehen will. Der Gedanke ließ einen Zorn in dem<br />

Ritter aufsteigen, den er die letzten Jahre erfolgreich verdrängt hatte.<br />

208


“Reicht es dem alten Mann nicht, mich verbannt zu haben?” fragte er<br />

den Fremden wütend.<br />

Dieser antwortete ihm nicht und sah ihn nur wissend an und dann<br />

fiel es dem Ritter wie Schuppen von den Augen und er begann<br />

freudlos zu lachen, während seine Augen vor Zorn glühten. “Diese<br />

Hure hat also einen Sohn geworfen...” zischte Ethan verächtlich.<br />

Taya, Trish und Cwelborn waren in <strong>der</strong> Zwischenzeit bei Ser Richard<br />

angekommen und die Lage schien sich etwas zu entspannen. Barry<br />

hatte sich zu den an<strong>der</strong>en Beiden begeben und zu Dritt sorgten sie<br />

jetzt dafür, dass die Godwynns nichts Dummes machten.<br />

“Euer Lord Vater hat mir einen eindeutigen Auftrag erteilt. Entwe<strong>der</strong><br />

komme ich mit eurem Kopf zurück, o<strong>der</strong> meine Begleiter bringen<br />

ihm meinen Kopf.<br />

Ich habe Euch seit einiger Zeit beobachten lassen, Ser. Ich weiß<br />

nicht, warum Euch euer Vater verbannt hat, aber ihr seid ein<br />

ehrenvoller und pflichtbewusster Ritter... so wie ich.”<br />

Langsam nahm <strong>der</strong> Fremde seinen Dolch von Eiriks Kehle und lies<br />

ihn zu den an<strong>der</strong>en laufen, während er sich seiner Robe entledigte<br />

und darunter eine schwere Plattenrüstung zum Vorschein kam. Er<br />

zog sein Langschwert, welches an seinem Gürtel hing und stellte es<br />

mit <strong>der</strong> Spitze nach unten vor sich auf den Holzboden. Für ein<br />

einfaches Schwert aus Stahl war es reich verziert und trug am Knauf<br />

einen Adler, das Wappentier des Hauses Cerdic.<br />

Ser Ethan kannte den Ritter nicht, vermutete aber, dass es einer <strong>der</strong><br />

Besten im Dienste seines Vaters war.<br />

“In Ordnung” sagte <strong>der</strong> Waffenmeister schließlich. “Ihr wollt ein<br />

Duell und das sollt Ihr bekommen.”<br />

Er drehte seinen Kopf ein Stück und nickte in Richtung <strong>der</strong><br />

An<strong>der</strong>en. “Haltet Eure Schoßtiere zurück, ich gebe Euch mein Wort,<br />

dass sich keiner in den Kampf einmischen wird.”<br />

209


“Wie Ihr wünscht. Barry, begleitet die Godwynns nach draußen und<br />

steckt die Waffen weg. Niemand greif ein, ist das klar?”<br />

“Natürlich.” antwortete Barry und ging voraus, während Jones und<br />

Whistler ihre Waffen wegsteckten und ebenso das Gasthaus<br />

verließen, gefolgt von <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Godwynns. Trish und Eirik<br />

waren sichtlich verängstigt, während Cwelborn etwas verunsichert<br />

war und nicht wusste, was er von dem Ritter o<strong>der</strong> von Ser Ethan<br />

halten sollte. Lady Taya blickte dem Waffenmeister im vorbeigehen<br />

in die Augen und hatte einen ernsten und besorgten Ausdruck auf<br />

dem Gesicht, während Ser Richard ihm voller Zuversicht und einem<br />

Lächeln zunickte.<br />

Die Sonne war bereits untergegangen, spendete aber noch genug<br />

Licht. Die beiden Ritter standen sich mit gezogenen Waffen<br />

gegenüber und versuchten einan<strong>der</strong> einzuschätzen, bevor <strong>der</strong><br />

Fremde den ersten Schritt machte. Er nahm sein Schwert mit beiden<br />

Händen und holte nach links zum Schlag aus, während er die<br />

Entfernung zum Waffenmeister verkürzte. Der Hieb war brutal und<br />

perfekt ausgeführt und Ethan konnte ihn mit seinem kürzeren<br />

Schwert nur schwer blocken.<br />

Der Fremde ließ ihm jedoch keine Zeit und setzte nach. Es folgte<br />

ein Angriff nach dem an<strong>der</strong>en und drängte den Waffenmeister<br />

immer weiter zurück. Er merkte, wie ihn seine neue Rüstung<br />

behin<strong>der</strong>te. Sie war zwar auf ihn angepasst, aber es war ungewohnt,<br />

sich ihn ihr zu bewegen. Seine Bewegungen waren deshalb holprig<br />

und vorhersehbar, während <strong>der</strong> Fremde jede seiner Schwächen<br />

ausnutzte.<br />

Einige Schläge konnte Ethan nicht komplett abwehren und so trafen<br />

sie auf seine Rüstung und hinterließen Dellen und Kratzer, was<br />

seinen Zorn weiter verstärkte. Eine weitere Unachtsamkeit war es<br />

geschuldet, dass <strong>der</strong> Fremde einen Treffer an seinem linken Arm<br />

210


landen konnte, da wo seine Plattenrüstung ihn nicht schützen<br />

konnte und normalerweise ein Kettenhemd den Schutz bietet. Aus<br />

<strong>der</strong> Wunde quoll helles Blut und färbte schnell seinen ganzen Arm<br />

rot, während Ethan einen Fluch ausstieß. Er merkte, wie sein Zorn<br />

immer stärker wurde und bald darauf verlor er teilweise die<br />

Kontrolle darüber. Denn obwohl es mit seinem verletzten Arm<br />

unklug war, damit ein Schwert einhändig zu führen, zog er sein<br />

zweites Schwert und nahm es in die rechte Hand.<br />

Überrascht trat <strong>der</strong> Fremde einen Schritt zurück und nahm eine<br />

Verteidigungshaltung ein, da er nicht wusste, was sein Gegner<br />

vorhatte. Dieser jedoch ging nur langsam im Kreis um sein Ziel und<br />

fixierte ihn mit den Augen, während das Blut langsam von seiner<br />

linken Hand auf den Boden tropfte.<br />

Schließlich verlor <strong>der</strong> Fremde die Geduld und griff wie<strong>der</strong> an. Doch<br />

anstatt den Schlag zu blocken, lenkte <strong>der</strong> Waffenmeister diesen nur<br />

mit seinem linken Arm ab, was ihm dennoch einen höllischen<br />

Schmerz durch den Arm bis in die Schulter jagte. Zugleich griff er<br />

mit dem rechten Arm an und zwang den Fremden dazu, einen<br />

Schritt rückwärts zu machen, denn ansonsten hätte es ihn unter <strong>der</strong><br />

Schulter getr<strong>of</strong>fen, wo seine Rüstung wenig Schutz bot.<br />

Der Kampf wog einige Minuten hin und her und beide Kämpfer<br />

konnten keine ernsthaften Vorteile erringen, bis ein Zufallstreffer des<br />

Waffenmeisters den Fremden aus dem Gleichgewicht zwang. Die<br />

Gelegenheit nutzend deckte jetzt Ethan seinerseits den Gegner mit<br />

heftigen Angriffen ein und es gelang ihm, mehrere Treffer zu landen.<br />

Er konnte zwar mühelos die Angriffe eines Schwertes abwehren, aber<br />

dem Angriffen von zwei Schwertern war er nicht gewachsen.<br />

Der Fremde war jetzt bereits erschöpft und begriff langsam, dass er<br />

unterliegen könnte. Die Angst vor dem eigenen Tod verlieh ihm<br />

jedoch neue Kräfte und so griff er wie<strong>der</strong> mit einem Schrei an. Er<br />

war allerdings vorhersehbar und so konnte Ethan dem Schlag gut<br />

211


ausweichen und traf ihn in die Kniekehlen. Sein Gegner fiel jetzt auf<br />

die Knie und brach beinahe zusammen, konnte sich aber noch auf<br />

sein Schwert stützen.<br />

Völlig außer Atem und noch immer mit tropfendem Blut hielt Ser<br />

Ethan dem fremden Ritter sein Schwert an den Nacken. Dieser<br />

senkte nur den Kopf und erwartete seinen Tod, <strong>der</strong> jedoch nie kam.<br />

“Ich werde Euch nicht töten, Ser... nicht Heute.”<br />

Er steckte seine Schwerter weg und stellte sich vor den Ritter,<br />

welcher sich überrascht langsam erhob. “Sagt meinem Lord Vater,<br />

wenn er meinen Kopf will, dann soll er ihn persönlich holen... und<br />

jetzt geht.”<br />

Ohne weitere Worte drehte sich Ethan um und ging zu den an<strong>der</strong>en.<br />

Die Gehilfen des Ritters wichen misstrauisch zurück und halfen Ihm<br />

auf sein Pferd, bevor sie allesamt in <strong>der</strong> Nacht verschwanden.<br />

“Maester, ich könnte Eure Hilfe gebrauchen.” sagte Ethan an<br />

Cwelborn gewandt. Er blickte kurz zu Lady Taya, welche nur kurz<br />

nickte. “Natürlich, Ser. Trish, bitte hole mir eine Schüssel mit<br />

sauberem Wasser und meine Tasche mit den Verbänden.”<br />

Während die Vier in das Zimmer von Lady Taya gingen um den<br />

verletzten Arm zu versorgen, nahm <strong>der</strong> Hauptmann Eirik mit um<br />

seinen eigenen Knappen zu suchen. Sie fanden ihn kurz darauf<br />

gefesselt aber unverletzt im Stall und die beiden bekamen ihr<br />

eigenes Zimmer in dem Gasthaus.<br />

Kaum waren sie im Zimmer angekommen, bedeutete Cwelborn Ser<br />

Ethan sich hinzulegen.<br />

„Es ist doch nur ein Kratzer“ protestierte dieser s<strong>of</strong>ort, aber<br />

Cwelborn ließ keine Wie<strong>der</strong>worte zu.<br />

212


„Auch wenn ich euch dankbar bin, dass ihr die Reise für mich<br />

interessanter gestalten wollt, heißt das noch lange nicht, dass ihr<br />

meine Behandlungsmethoden entscheiden könnt.“<br />

Grade wollte Ethan wie<strong>der</strong> auffahren, als er das leichte Lächeln im<br />

Blick des Maester wahrnahm.<br />

„Es ist nicht meine erste Verletzung und es wird auch nicht meine<br />

letzte sein Maester“ sagte er dann in ruhigem Ton.<br />

„Hört gefälligst auf Maester Cwelborn“ warf Lady Taya scharf ein<br />

„ich brauche euch schnellstmöglich wie<strong>der</strong> ganz gesund.“<br />

„Ich weiß ich weiß, ihr seid ein erfahrener Krieger, aber“ Cwelborn<br />

hob leicht seinen ungelenken Arm an „das hier war auch nur eine<br />

Wunde und auch nur ein Schwerthieb. Ich h<strong>of</strong>fe auch, ihr hängt<br />

nicht zu sehr an diesem Hemd denn“ und mit diesen Worten Schnitt<br />

er es um die Wunde rum auf „es hat Löcher“. Ser Ethan war ein<br />

Moment irritiert über den amüsierten Tonfall in <strong>der</strong> Stimme des<br />

Maester, aber erkannte dann was dieser versuchte und rang sich zu<br />

einem Lächeln durch.<br />

In diesem Moment betrat Trish das Zimmer mit Cwelborns Taschen<br />

und dieser deutet ihr an sie abzustellen. Er wandte sich dann kurz an<br />

Lady Taya und sprach so leise zu ihr, dass Sir Ethan es nicht<br />

verstehen konnte „Würdet ihr vielleicht draußen warten o<strong>der</strong> unten<br />

nach dem rechten sehen? Männer und grad Krieger versuchen<br />

immer beson<strong>der</strong>s heldenhaft zu sein, wenn jemand anwesend ist den<br />

sie verehren. Mir hilft es aber mehr wenn ich seine Reaktionen sehen<br />

kann.“<br />

Die Lady des Hauses Godwynn sah ihren Maester erst verblüfft,<br />

dann ärgerlich an.<br />

213


“<strong>Das</strong> werde ich mitnichten tun, Cwelborn, ich bleibe. Ser Ethan kann<br />

seinen Gefühlen freien Lauf lassen, und glaubt mir, er hat damit in<br />

meiner Gegenwart keine Probleme.”<br />

Bei einem etwas spöttischen Lächeln ließ sie einen spitzen Eckzahn<br />

sehen, <strong>der</strong> Maester zögerte kurz, dann nickte er schulterzuckend. Er<br />

wandte sich wie<strong>der</strong> Ser Ethan zu und begann damit die Wunde zu<br />

reinigen.<br />

„So ihr habt also einen Vater <strong>der</strong> euch verbannt hat und nicht davor<br />

zurückschreckt euch Leute hinterherzuschicken um euch zu<br />

beseitigen? Mögt ihr mir erzählen, was es damit auf sich hat?<br />

Wenn ich schon in <strong>der</strong> Gesellschaft eines so gefährdeten Mannes<br />

bin, bin ich natürlich neugierig weswegen sein und damit auch<br />

unser Leben bedroht ist.“<br />

Sir Ethan war sich nicht so ganz sicher, ob <strong>der</strong> Maester dies ernst<br />

meinte o<strong>der</strong> ihn nur ablenken wollte. “Nehmt es mir nicht übel,<br />

Maester, aber dies ist eine Angelegenheit, die ich lieber für mich<br />

persönlich...”<br />

“Raus mit <strong>der</strong> Sprache, Ser. WAS hatte das zu bedeuten?”<br />

Taya hatte ihn mit scharfem Tonfall unterbrochen und ihr Gesicht<br />

drückte Ernsthaftigkeit aus.<br />

Mit einem resignierten Lächeln und gesenktem Kopf begann Ethan<br />

zu schil<strong>der</strong>n, was zwischen ihm und seinem Vater vorgefallen war<br />

und lies kein Detail aus. Er berichtete ihr von dem frühen Tod seiner<br />

Mutter und seiner Verlobung, davon, wie er dagegen rebellierte und<br />

den H<strong>of</strong> seines Vaters verließ.<br />

Als Ethan 20 Jahre alt war, hatte <strong>der</strong> Vater seiner Verlobten keine<br />

Geduld mehr und löste diese. Stattdessen wurde sie an einen<br />

an<strong>der</strong>en Lord verheiratet, was Ethan nur recht sein konnte. Seinen<br />

Vater hingegen hat das bei den an<strong>der</strong>en Häusern blamiert und so<br />

214


verbannte er seinen einzigen Sohn, welcher weiter durch die Län<strong>der</strong><br />

zog, bis er zufällig dem Hause Godwynn zu Hilfe eilte und Lady<br />

Taya traf.<br />

Da sein Vater jetzt jedoch eine neue Frau und einen Sohn hatte, war<br />

<strong>der</strong> Ritter nur noch ein Hin<strong>der</strong>nis und musste aus dem Weg geräumt<br />

werden, damit <strong>der</strong> Neugeborene <strong>der</strong> rechtmäßige Erbe des Hauses<br />

Cerdic wird.<br />

Taya nickte langsam, ihr Gesichtsausdruck hatte sich jedoch<br />

keineswegs entspannt.<br />

“Und was nun? Was soll ich mit Euch anfangen?”<br />

Sie biss die Zähne zusammen und ihre Worte bekamen einen<br />

zischenden Beiklang. “Ich habe genug eigene Probleme... da kann<br />

ich es nicht gebrauchen, dass die familiären Verhältnisse meines<br />

Waffenmeisters mich o<strong>der</strong> meine Mission in Gefahr bringen!” Die<br />

dornische Frau erhob sich und fegte wütend einen Krug von einem<br />

kleinen Tisch. “Wir wurden bedroht, Ser, wir alle, das hätte auch ins<br />

Auge gehen können. Diese verdammte Angelegenheit muss geregelt<br />

werden, und zwar s<strong>of</strong>ort, bevor man Euch noch weitere Attentäter<br />

auf den Hals schickt!”<br />

Sie hob hilflos die Arme, wan<strong>der</strong>te rastlos im Zimmer umher, bis sie<br />

ihn schließlich mit funkelnden Augen ansah.<br />

“Sagt mir also, was ich tun soll. Soll ich etwa Soldaten entsenden, die<br />

gegen euren Vater aufmarschieren? Soll ich Euch aus Eurer Pflicht<br />

an meinem H<strong>of</strong>e entlassen, bis Ihr Eure Dinge geklärt habt?”<br />

Ethan sah unglücklich zu Boden und schwieg. Cwelborn, <strong>der</strong><br />

währenddessen die Wunde gereinigt und die Blutung mithilfe<br />

einiger Kräuter und eines Verbandes zum erliegen gebracht hatte,<br />

215


äusperte sich leise. “Verzeiht, wenn ich meine Meinung dazu<br />

kundtue, Mylady...”<br />

“Hört auf Euch immer deshalb zu entschuldigen, Ihr seid mein<br />

Berater, und daher ERWARTE ich das von Euch.”<br />

“Natürlich, Mylady.” Der Maester räusperte sich erneut und musste<br />

wie<strong>der</strong> einmal feststellen, dass eine geladene Lady Taya eine<br />

instabile und gefährliche Mischung sein konnte. Vermutlich am<br />

gefährlichsten für sich selbst. Mit beschwichtigendem Tonfall fuhr er<br />

fort.<br />

“Soweit ich gehört habe, ist auch das Haus Cerdic zu dem Turnier<br />

eingeladen, und es würde mich wun<strong>der</strong>n, wenn eine so kleine<br />

Familie diese Gelegenheit verstreichen ließe. Die Chance, Ser Ethans<br />

Vater dort anzutreffen, ist also gegeben. Dort gäbe es dann die<br />

Gelegenheit, diese Sache ein für alle Mal zu klären. Entwe<strong>der</strong> durch<br />

Euch selbst, Ser, o<strong>der</strong> von Euch, Mylady. Der Anschlag auf den<br />

Waffenmeister des Hauses Godwynn ist schließlich ein Affront<br />

gegen ganz Silver Keep.”<br />

Taya dachte darüber nach. Dann nickte sie. “Ja... das wird wohl das<br />

Beste sein. Wir werden mit ihm reden und die Sache bereinigen.”<br />

Cwelborn lächelte, dann wandte er sich wie<strong>der</strong> Ethan und dem<br />

verletzten Arm zu. Er wies Trish an, ihm aus seiner Tasche Nadel<br />

und Faden zu reichen.<br />

„Wisst ihr, ich hatte auch mal vor Krieger zu werden, bis das mit<br />

meinem Arm passiert ist. Stattdessen habe ich gelernt wie ein edle<br />

Frauen zu nähen. Ich h<strong>of</strong>fe ihr wisst zu schätzen, dass ich sogar<br />

recht gut darin bin, wobei wir sicher Trish fragen könnten, falls ihr<br />

216


spezielle Muster wünscht. Ich fürchte ich kann nur die simplen<br />

anbieten.“<br />

Mit Trishs Hilfe führte er die Nadel geschickt die Wundrän<strong>der</strong><br />

entlang. Eine Prozedur die Sir Ethan ohne Klage über sich ergehen<br />

ließ, auch wenn er sichtlich bleicher wurde. Dann legte ihm<br />

Cwelborn noch einen feuchten Verband mit Kräutern an und einen<br />

weiteren normalen darüber. Er betrachtete seine Arbeit nochmals<br />

kritisch und nickte dann.<br />

„Die Verbände werden wir regelmäßig wechseln und auch wenn ihr<br />

das gar nicht gern hören werdet, ihr werdet euch bei dem Turnier<br />

raushalten. Tjosten und freie Zweikämpfe solltet ihr mit dem Arm<br />

nicht riskieren, sonst kann ich euch garantieren, dass die Wunde<br />

aufbrechen wird und ihr viel Blut verlieren werdet und dann werdet<br />

ihr den Arm sehr lange nicht mehr gebrauchen können.“<br />

Taya konnte die Bestürzung darüber in Ethans Augen sehen, doch<br />

sie sagte nichts. Stattdessen wartete sie, bis <strong>der</strong> Maester seine Arbeit<br />

beendet hatte. Wenn ihr fertig seid, Maester, lasst uns bitte alleine".<br />

Sie sah wie er sie beide kurz musterte und dann nickte. "Ich habe<br />

soweit getan was ich konnte." Er wandte sich zu Ser Ethan. "Ich<br />

werde euch gleich noch was zu Trinken und zu Essen raufbringen<br />

lassen." Dann nahm er seine beiden Taschen und ging aus dem<br />

Raum. Taya sah Ethan an.<br />

“Eure Geschichte ist traurig. Aber Ihr hättet bei den Lannisters in<br />

Casterly Rock bleiben können, o<strong>der</strong> in einem an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> großen<br />

Häuser. Bei eurem Talent mit dem Schwert hättet ihr es weit<br />

gebracht. Warum hier?”<br />

217


Der Ritter dachte einen Moment lang nach, bevor antwortete.<br />

“Als ich klein war, erzählte mir meine Mutter <strong>of</strong>t eine Geschichte. Sie<br />

handelte von einem aufgebrachten Ritter aus einem kleinen Haus,<br />

<strong>der</strong> sein ganzen Leben lang im Streit mit den Mitglie<strong>der</strong>n seines<br />

Hauses lebte. Ein Ritter, <strong>der</strong> keinen Frieden finden konnte, obwohl<br />

er einen starken Glauben an die Sieben hatte.”<br />

Er machte eine kurze Pause als Taya zu ihm ans Bett kam und sich<br />

neben ihn setzte.<br />

“Jahrelang kämpfte er mit seiner Unzufriedenheit und die einzige<br />

Befriedigung die er erlangte, bekam er durch den Kampf. Er wurde<br />

in seinem Haus bekannt und wurde gefeiert, aber er verspürte<br />

dennoch eine große Sehnsucht nach seinem inneren Frieden. Eines<br />

Tages begegnete er mit seinen Reitern einer Gruppe Ritter aus<br />

einem an<strong>der</strong>en Haus und half ihnen im Kampf. <strong>Das</strong> Haus wurde<br />

von einer starken Frau angeführt und als sich die Beiden<br />

begegneten, bat sie den Ritter, sich ihr anzuschließen, da sie selber<br />

nicht stark genug waren, um sich gegen all ihre Feinde zur Wehr zu<br />

setzen.<br />

Die Frau war mutig und wun<strong>der</strong>schön. Und sie war klug. Der<br />

aufgebrachte Ritter schwor sich selber, dass er für immer an ihrer<br />

Seite bleiben würde und alles in seiner Macht stehende tun wird um<br />

ihre Bürde zu erleichtern. Ab diesem Moment kamen ihre<br />

Bedürfnisse an erster Stelle und auf diese Weise lernte <strong>der</strong> Ritter die<br />

wahre Bedeutung davon, was es heißt, inneren Frieden zu finden.”<br />

Sie sahen sich lange in die Augen, bevor Taya ein sanftes Lächeln<br />

auf ihren Mund zauberte. “<strong>Das</strong> ist nicht wirklich eine alte<br />

Geschichte, o<strong>der</strong>?”<br />

218


Ein breites Grinsen zeigte sich jetzt bei dem Ritter als er antwortete.<br />

Nein... aber so war es einfacher, es zu sagen.”<br />

Sie beugte sich vor und küsste den Ritter auf die Stirn. “Ihr... solltet<br />

jetzt gehen und Euch ausruhen, Ser. Ihr müsst Euch so gut es geht<br />

erholen, wir haben noch einen langen Ritt vor uns.”<br />

Taya und Trish halfen ihm auf und er verließ mit<br />

schmerzverzerrtem Gesicht das Zimmer. Der nächste Morgen kam<br />

bald und alle in <strong>der</strong> Reisegruppe <strong>der</strong> Godwynns hatten eine<br />

unruhige Nacht hinter sich.<br />

Erwartungsgemäß fand <strong>der</strong> Ritter diese Nacht keinen Schlaf und so<br />

verbrachte er die Zeit mit Ser Richard im Gastraum. Er sah den<br />

Hauptmann als Freund und Mentor, aber wie jedem An<strong>der</strong>en hatte<br />

er auch ihm seine Vergangenheit verschwiegen, was ihm sehr Leid<br />

tat. Ser Richard jedoch tat es mit einer beiläufigen Bemerkung ab<br />

und zeigte Verständnis für die Situation des Waffenmeisters.<br />

Als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kamen, war es Zeit<br />

zum Aufbruch. Die Pferde waren bereits fertig und sie warteten nur<br />

noch auf Lady Taya, welche einige Augenblicke später mit einem<br />

leicht blassen Gesicht erschien.<br />

“Mylady, in Anbetracht <strong>der</strong> gestrigen Ereignisse schlage ich vor, dass<br />

wir den weiteren Weg bis Maidenpool auf dem Fluss zurücklegen.<br />

So sparen wir zwei Tage Zeit und Ser Ethan hat die nötige Ruhe für<br />

seinen Arm. Ich habe ein Schiff ausfindig gemacht, welches nur<br />

noch in Lord Harroway’s Town stoppt. <strong>Das</strong> sollte uns auch vor<br />

weiteren unliebsamen Überraschungen schützen.”<br />

219


Nach einem kurzen Moment stimmte Taya dem Vorschlag des<br />

Maesters zu und sie machten sich auf den Weg zum Hafen. <strong>Das</strong><br />

betreffende Schiff war ein größeres Handelsschiff, welches sogar<br />

über Ru<strong>der</strong>er verfügte. Die Pferde wurden unter Deck geführt und<br />

angebunden, da das Schiff nur halb beladen war, gab es genug Platz<br />

für alle. Eine Kabine für Lady Taya stand natürlich zur Verfügung,<br />

die an<strong>der</strong>en mussten sich aber mit einer Hängematte im Frachtraum<br />

begnügen o<strong>der</strong> direkt an Deck schlafen.<br />

Die Reise nach Maidenpool dauerte nur zwei Tage, wobei das Schiff<br />

Tag und Nacht fuhr und nur für ein paar Stunden in Lord<br />

Harroway’s Town halt machte, um noch einige Waren an Bord zu<br />

nehmen. Ser Logan verbrachte die meiste Zeit mit seinem Knappen<br />

beim Kampf-Training an Deck, wobei auch einige<br />

Besatzungsmitglie<strong>der</strong> freiwillig mitmachten und so für eine<br />

willkommene Abwechslung sorgten, während <strong>der</strong> Waffenmeister<br />

größtenteils alleine und in seine Gedanken versunken am Bug stand<br />

und auf den Fluss blickte.<br />

<strong>Das</strong> aufregendste Ereignis war kurz nach ihrer Ankunft bei<br />

Maidenpool. Von dort aus war es noch ein Dreitagesritt bis nach<br />

Whitewalls und nach einem Tag entdeckten Sie auf einer Ebene den<br />

Tross <strong>der</strong> Calestris, <strong>der</strong> gerade Rast machte. Um eine Entdeckung zu<br />

verhin<strong>der</strong>n machten Sie einen großen Bogen nach Osten und ritten<br />

dann so schnell wie möglich nach Whitewalls, was ihnen am Ende<br />

einen knappen Tag Vorsprung geben würde....<br />

220


Taya<br />

Kaum hatte Taya die große Burg erblickt, musste die kleine Gruppe<br />

des Hauses Godwynn auch schon ihr Tempo zügeln. Die<br />

Zugangsstraße nach Whitewalls wurde von Reitern und Karren<br />

bevölkert, die alle das Turnier zum Ziel hatten, und so musste man<br />

sich einem langsamen Strom anschließen, <strong>der</strong> unablässig auf das<br />

Anwesen Lord Butterwells zuhielt.<br />

Macht nichts, die Calestris kommen auch nicht schneller voran, im<br />

Gegenteil, sie stecken noch weit hinter uns.<br />

Noch während Taya gedankenverloren auf die strahlend weiße Burg<br />

zuritt, lenkte ein frem<strong>der</strong> Reiter sein Pferd neben die kleine<br />

Gesellschaft. Er saß auf einem prachtvollen Pferd, dessen Rüstzeug<br />

mit vielen Ornamenten verziert war, und die Rüstung des jungen<br />

Ritters strahlte prachtvoll in <strong>der</strong> Morgensonne. Er nahm seinen<br />

Helm ab, schüttelte sein langes, blondes Haar aus und grinste zu<br />

Taya hinüber, die ihn unverhohlen anstarrte.<br />

“Ein herrlicher Anblick, nicht wahr, Mylady?”<br />

Die dornische Frau zögerte. “Meint Ihr damit mich o<strong>der</strong> Euch, Ser?”<br />

Der Ritter lachte hell und klar und Ethan begann ihn argwöhnisch<br />

zu beobachten. “Um Eure Schönheit zu beschreiben, müssten die<br />

Dichter erst die passenden Worte erdenken. Nein, eigentlich meinte<br />

ich die Burg. Whitewalls.” Er nickte mit dem Kopf nach vorn und<br />

Taya folgte seinem Blick. “Oh. Ja, sehr hübsch.”<br />

Der junge Mann lachte erneut. “Hübsch? Sie ist grandios! <strong>Das</strong><br />

gemeine Volk nennt den Sitz Milkhouse, wegen seiner weißen<br />

Wände und Türme. Feinster weißer Stein, abgebaut im Tal von<br />

221


Arryn und mit großem Aufwand über die Berge bis hierher<br />

gebracht. Die Böden und Säulen im Inneren bestehen aus reinem,<br />

mit Gold durchzogenem Marmor. Man mag sich kaum vorstellen,<br />

was das gekostet haben muss.”<br />

Taya musste an die 3000 Golddrachen denken, mit denen sich wohl<br />

nicht mal ein Hun<strong>der</strong>tstel dieser Burg bezahlen ließe. “Ich kann es<br />

jedenfalls nicht. Ihr kennt Euch ja gut aus, Ser...”<br />

Der Ritter deutete eine Verbeugung auf seinem Pferd an. “Ser<br />

Rodon die Echse, so nennt man mich. Heckenritter aus den<br />

östlichen Königreichen.”<br />

Wie<strong>der</strong> entblößte <strong>der</strong> blonde Ritter eine Reihe strahlendweißer<br />

Zähne und hob seinen Schild, auf <strong>der</strong> eine grüne Eidechse auf<br />

sandfarbenem Grund prangte. Taya verzog das Gesicht, konnte ein<br />

Schmunzeln aber nicht verhin<strong>der</strong>n.<br />

“Die Echse... nicht gerade ein Name, <strong>der</strong> ruhmreiche Siege<br />

verheißen lässt.”<br />

Rodon lächelte unbeeindruckt. “Oh, ihr werdet staunen, Mylady. Ich<br />

höchstpersönlich werde das Turnier gewinnen. Außerdem scheint<br />

mir, wir stehen uns recht nahe. So unter Reptilien, meine ich.” Er<br />

deutete auf das Banner, welches Eirik ein Stück vor <strong>der</strong> Lady trug:<br />

die grüne Schlange auf goldenem Grund. Es sah tatsächlich dem<br />

des Heckenritters nicht ganz unähnlich. Taya hob die Nase, konnte<br />

aber den Blick nicht gänzlich von dem Heckenritter abwenden. “Nur<br />

in Euren Träumen, Ser. Für einen Heckenritter seht ihr allerdings<br />

äußerst betucht aus. Ich wette, es ist schon eine Weile her, dass ihr<br />

hinter einer Hecke übernachtet habt. Wie kommt das? Ihr werdet<br />

doch kein Raubritter sein?”<br />

222


Ser Rodon setzte ein gespielt betr<strong>of</strong>fenes Gesicht auf. “Mitnichten,<br />

Lady...”<br />

Er hob eine Augenbraue und Taya zögerte kurz, bevor sie<br />

antwortete. “Taya von Silver Keep, aus dem Hause Godwynn.”<br />

“... welch ein hübscher Name. Also Lady Taya, nein, ich bin kein<br />

Raubritter, aber meine Dienste als verschworenes Schwert sind<br />

begehrt und werden gut bezahlt. Doch was ist mit Euch? Ist das<br />

Haus Godwynn so klein, dass es sich nur eine Hand voll Belegschaft<br />

leisten kann? Ihr solltet einen reichen Lord heiraten, da gäbe es<br />

bestimmt Interessenten.”<br />

Taya errötete. “Ich... bin nur schon vorgeritten, <strong>der</strong> Tross meines<br />

Hauses kommt nach.”<br />

Ser Rodon lachte. “Ich wollte Euch nicht beschämen, bestimmt habt<br />

Ihr zahlreiche Diener und starke Ritter unter Euch. H<strong>of</strong>fentlich sind<br />

sie rechtzeitig hier, das Turnier beginnt übermorgen. Und ohne<br />

abfällig sein zu wollen...” Der Heckenritter warf einen Blick auf die<br />

Begleiter <strong>der</strong> Lady von Silver Keep. “... mit dem was Ihr anzubieten<br />

habt, werdet Ihr nicht weit kommen. Einen Invaliden und einen<br />

alternden Veteranen.”<br />

Ser Richard Logan hatte sich etwas zurückfallen lassen. Seine<br />

Stimme glich einem Knurren. “Dieser Veteran hat sich darauf<br />

spezialisiert, junge, arrogante Emporkömmlinge in glänzenden<br />

Rüstungen das Maul zu stopfen und vom Pferd zu stoßen. Und jetzt<br />

verzieht Euch, Heckenritter, Ihr habt die Lady genug belästigt.”<br />

Ser Rodons Grinsen bliebt unerschütterlich. “Oh, mit Eurem<br />

Wachhund ist nicht zu spaßen. Vielleicht trifft man sich beim Tjost,<br />

Ser Griesgram. Mylady, ich empfehle mich.”<br />

223


Er gab seinem Pferd die Sporen und verschwand in <strong>der</strong> Menge.<br />

Ethan sah ihm finster nach. “Diese großen Turniere ziehen immer<br />

viel Geschmeiß an.”<br />

Taya wirkte nachdenklich. Nach Geschmeiß sah <strong>der</strong> junge Bursche<br />

nun nicht gerade aus. Vielleicht war er etwas kühn. Sie nahm sich<br />

vor, die Leistung von Ser Rodon <strong>der</strong> Echse beim Turnier zu<br />

verfolgten.<br />

Nach einer halben Stunde erreichten sie endlich das Milkhouse, wie<br />

die Burg laut dem Heckenritter genannt wurde. Aus <strong>der</strong> Nähe<br />

betrachtet wirkte das Bauwerk noch beeindrucken<strong>der</strong>. Viele Gäste<br />

des Turniers waren schon vor Ort. Taya vermutete, dass sie schon<br />

zur Hochzeit angereist waren und ihre Zelte jenseits <strong>der</strong> glänzend<br />

weißen Mauern errichtet hatten. Je wichtiger das Haus, desto größer<br />

die Unterkunft, die aus vielen bunten St<strong>of</strong>fbahnen bestand.<br />

Zahlreiche Banner bewegten sich in einer leichten Morgenbrise,<br />

welche die sommerliche Hitze erträglich machte. Auf den Türmen<br />

war natürlich die weiß-gelb-grüne Wellenlinie <strong>der</strong> Butterwells zu<br />

sehen, aber Taya erkannte über den Zelten auch den Löwen <strong>der</strong><br />

Lannisters, die Rose <strong>der</strong> Tyrrells, die Forelle <strong>der</strong> Tullys und die<br />

Türme <strong>der</strong> Freys. Kleinere Häuser, wie Haus Mallister, ein silberner<br />

Adler auf purpurnem Grund, o<strong>der</strong> das Banner mit den Eicheln des<br />

Hauses Smallwood war <strong>der</strong> Lady ebenfalls bekannt, aber die meisten<br />

<strong>der</strong> bunten Fahnen sagten ihr nichts. Für die Heraldik hatte sich<br />

Taya nie mehr als nötig interessiert.<br />

Ihr eigenes Banner wurde von Eirik stolz emporgereckt und Taya fiel<br />

ein, dass es schwierig sein würde, hier eine<br />

Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Whitewalls selbst war sicher<br />

nur für die beson<strong>der</strong>en Gäste <strong>der</strong> Butterwells zugänglich und ein<br />

Zelt hatten sie nicht dabei, die Unterkünfte kamen erst mir dem<br />

Tross ihrer Tante.<br />

224


Als die Reisegruppe zu einem leeren Platz neben einem Zelt kam,<br />

dessen Banner grüne und braune Ahornblätter schmückte, ließ Taya<br />

halt machen. Maester Cwelborn kam neben sie geritten und sprach<br />

leise zu ihr. “Mylady, Ihr habt Eure... Therapie heute noch nicht<br />

vollzogen.”<br />

Er sah sie vielsagend an und sie verzog das Gesicht. “Muss das<br />

wirklich sein?”<br />

Er nickte mitfühlend. “Ich muss dazu raten, Mylady. Die<br />

regelmäßige Einnahme beschleunigt die Gewöhnung, Pausen<br />

verzögern diesen Prozess nicht unerheblich.” Taya seufzte. “Also<br />

schön, ich will nicht riskieren, dass es länger dauert als nötig. Gebt<br />

mir die Phiole.”<br />

Cwelborn sah sie irritiert an. “Was... was habt ihr vor?”<br />

“Na was wohl, ich suche mir ein stilles Plätzchen und schlucke das<br />

Zeug. Was dachtet Ihr denn?” Der Maester schüttelte den Kopf.<br />

“Nein Mylady, das...” Tayas Augen funkelten wild und ihre Stimme<br />

glich einem Zischen, so dass Ser Ethan neugierig zu ihnen<br />

hinübersah.<br />

“Macht gefälligst kein Aufsehen wegen dieser<br />

Sache, ich kann das Zeug auch alleine nehmen,<br />

ich vertrage es inzwischen besser. Her damit!” Er<br />

sah sie unglücklich an, händigte ihr dann aber die<br />

Flasche aus. Sie nickte und ließ sie in einen<br />

kleinen Le<strong>der</strong>beutel verschwinden. “Und jetzt...<br />

hallo, alle aufgepasst!”<br />

Die beiden Ritter, ihre Knappen, <strong>der</strong> Maester und<br />

Trish versammelten sich um die Lady, als sie<br />

begann ein paar Anweisungen zu erteilen. “Eirik, du hältst hier die<br />

Stellung. Halte das Banner gut sichtbar, hier wird unser Platz sein,<br />

des Hauses Godwynn. Trish?” Taya begann mit ihren Händen ein<br />

225


paar Gesten zu vollführen und sprach dabei langsam und deutlich.<br />

“Du wirst mit Ser Richards Knappen ein wenig zu Essen besorgen,<br />

wir müssen uns stärken. Maester?” Sie wandte sich an Cwelborn. “Ihr<br />

habt alle Papiere bei Euch, geht zum Turniermeister und meldet<br />

unser Haus <strong>of</strong>fiziell an. Tragt uns als Gäste <strong>der</strong> Butterwells ein.<br />

Logan? Ihr werdet Euch mal ein wenig umsehen hier... schaut doch<br />

mal, ob ihr nicht einen Lord o<strong>der</strong> Ritter findet, mit dem Ihr von<br />

früher gut gestellt seid und <strong>der</strong> uns für ein paar Nächte Unterkunft<br />

gewähren würde. Falls Ihr keinen Erfolg habt...” Taya warf ihm einen<br />

kleinen, klimpernden Beutel zu. “... kauft ihr für uns ein einfaches<br />

Zelt. Alles klar?”<br />

Ser Richard nickte pflichtbewusst. “Ich selbst werde mich hier auch<br />

ein wenig umsehen und vielleicht kann ich ja schon herausfinden,<br />

wo dieser Schmied seinen Stand hat o<strong>der</strong> entdecke das Zelt des<br />

Hauses Cerdic. Ser Ethan wird mich zu meinem Schutz begleiten. In<br />

zwei Stunden treffen wir uns wie<strong>der</strong> hier bei Eirik.”<br />

Mit diesen Worten stieg sie ab und band ihr Pferd an einen großen<br />

Querbalken und die an<strong>der</strong>en begannen es ihr gleich zu tun. Während<br />

Maester Cwelborn sich in Richtung des Milkhouse aufmachte und<br />

die Ritter begannen, das Gepäck abzuladen und um Eirik herum ein<br />

provisorisches Lager zu errichteten, verschwand Taya in einer<br />

kleinen Seitengasse zwischen zwei Zelten. Dort vergewisserte sie<br />

sich, dass ihr niemand zusah und schluckte rasch den Inhalt <strong>der</strong><br />

Phiole.<br />

Die Übelkeit übermannte sie und die junge Frau stöhnte auf, als <strong>der</strong><br />

heiße Schmerz ihr durch den Magen und Schoß fuhr. Aber sie war<br />

darauf vorbereitet und biss die Zähne zusammen. Keuchend wartete<br />

sie, bis <strong>der</strong> Schmerz nachließ, inzwischen ging es merklich schneller,<br />

als noch vor einer Woche. Dann verstaute sie die Phiole wie<strong>der</strong> in<br />

226


ihrer Tasche und versuchte sich zu entspannen. Als sie zu den<br />

an<strong>der</strong>en zurückkehrte, eilte Ethan auch schon auf sie zueilte.<br />

“Wo wart Ihr denn hin verschwunden, Mylady? Ich hatte Angst, in<br />

dieser Menge voll Menschen sei Euch etwas zugestoßen.”<br />

Taya lächelte ein wenig gequält. “Keine Sorge, ich wollte nur etwas<br />

nachsehen. Ab jetzt könnt ihr mich beschützen. Gehen wir los und<br />

sehen uns um. Achtet auf den Adler mit den zwei Schwertern<br />

ebenso, wie auf Schmiede, die ihr Handwerk anbieten.”<br />

Cwelborn nahm alles Notwendige aus seinen Taschen und machte<br />

sich auf den Weg zur Burg. <strong>Das</strong> Zeltlager war gut gefüllt und überall<br />

sah man Menschen hin und her eilen, lachend o<strong>der</strong> sich<br />

unterhaltend, eine Gruppe sichtlich angeheiterter Soldaten sangen<br />

mehr schräg als Recht zu den Klängen einer Laute ein Lied über<br />

"Fara die Bauersfrau". Er war keine 10 Schritte gegangen als aus dem<br />

Zelt an dem er grad vorbeiging, eine kichernde, leichtbekleidete Frau<br />

herausstürmte und ihn fast umwarf. „Oh verzeiht Maester“ sagte sie<br />

mit spöttischem Lächeln „ich wollte euch nicht zu nahe treten“ dann<br />

deutete sie einen Knicks an und verschwand wie<strong>der</strong> im Zelt bevor er<br />

auch nur etwas sagen konnte. Er setzt seinen Weg fort und nach<br />

einer Weile kam er wie<strong>der</strong> zur Straße die zur Burg führte. Hier<br />

kamen zum dem Treiben noch das Lärmen <strong>der</strong> Händler hinzu, die<br />

alle versuchten sich gegenseitig darin zu überbieten die Qualität<br />

ihrer Waren anzupreisen.<br />

Cwelborn schloss sich einfach <strong>der</strong> Menschenmenge an, die auf dem<br />

Weg zur Richtung <strong>der</strong> Burg waren und genoss das fröhliche hin und<br />

her, die vielen Farben, die Lebendigkeit um ihn rum.<br />

Dort war noch ein Wappen was er nicht kannte und unbedingt<br />

nachschlagen wollte, hier ein Stand <strong>der</strong> exotische Köstlichkeiten von<br />

jenseits dem Meer anbot, weiter vorne sah er Kin<strong>der</strong> mit <strong>of</strong>fenem<br />

227


Mund um einen Jongleur herum stehend, <strong>der</strong> seine im Sonnenlicht<br />

blitzenden Messer nicht nur in <strong>der</strong> Luft hielt, son<strong>der</strong>n damit auch<br />

noch einen Apfel nebenbei schälte.<br />

Nach einer Weile kam er vor den <strong>of</strong>fenen Toren <strong>der</strong> Burg an, wo<br />

einige Torwächter die ankommenden Menschen genauestens<br />

musterten. Im Burgh<strong>of</strong> herrschte genauso rege Geschäftigkeit wie<br />

vor <strong>der</strong> Burg. An einer Seite des H<strong>of</strong>es war ein Tisch vor dem<br />

mehrere Ritter standen und sich anscheinend für das Turnier<br />

anmelden wollten. Er wollte sich grad schon dort auch anstellen, als<br />

<strong>der</strong> Schreiber am Tisch ihn und seine Kette bemerkte und dem<br />

Jungen neben sich ein Zeichen gab. Dieser eilte auf Cwelborn zu<br />

und sprach ihn an „Ihr seid hier um euer Haus anzumelden<br />

Maester?“ Cwelborn nickte zustimmend. „Dann folgt mir bitte, das<br />

hier ist nur für die Heckenritter gedacht, <strong>der</strong> Lord Verwalter selbst<br />

nimmt die Anmeldung <strong>der</strong> Häuser entgegen.“<br />

Cwelborn folgte ihm in die Burg und was er dort erblickte, ließ ihn<br />

erstmal stehenbleiben und <strong>der</strong> junge Mann <strong>der</strong> dies wohl gewohnt<br />

war, wartet s<strong>of</strong>ort auf ihn. Solch eine Pracht hatte er in seinem<br />

Leben noch nicht gesehen, nicht umsonst galten die Butterwells als<br />

reich, denn das Innere <strong>der</strong> Burg war noch beeindrucken<strong>der</strong> als das<br />

Äußere. Überall aufs feinste verarbeiteter Marmor mit Goldfäden die<br />

ihn teils nur durchzogen, teils komplexe Muster bildeten, teure St<strong>of</strong>fe<br />

die an den Wänden hingen und man konnte sehen mir welch<br />

Kunstfertigkeit alles vom Boden über die Möbel bis hin zur Decke<br />

angefertigt worden war. Bei dem Gedanken was das gekostet haben<br />

dürfte wurde ihm ganz an<strong>der</strong>s.<br />

Aber er hatte eine Aufgabe zu erfüllen und er gab dem Jungen ein<br />

Zeichen ihn weiterzuführen. Nach ein paar Metern kamen sie an<br />

eine geschlossene Tür, an die <strong>der</strong> Junge klopfte.<br />

228


Ein dunkle Männerstimme sagte „Kommt rein“ und <strong>der</strong> Junge<br />

öffnete die Tür und ließ Cwelborn eintreten. <strong>Das</strong> Zimmer war nicht<br />

son<strong>der</strong>lich groß, aber mit ebenso viel Pracht eingerichtet wie alles<br />

was er bisher gesehen hatte. Er wandte sich dem stattlichen Mann zu<br />

und verbeugte sich leicht. „Lord Verwalter mein Name ist Maester<br />

Cwelborn und mir wurde gesagt ich sollte zur Anmeldung für das<br />

Turnier zu euch kommen.“ „Lasst die Förmlichkeiten ruhig sein<br />

Maester, wir dienen beide nur unseren Herren, ihr könnte mich<br />

Kergam nennen. Setzt euch doch“ er deutet auf einen Stuhl „kann<br />

ich euch etwas zu trinken bringen?“ Cwelborn schüttelte leicht den<br />

Kopf „Nun gut aber ihr werdet es mir sicher nicht verübeln, wenn<br />

ich mir etwas einschenke.“<br />

Er goss sich etwas Wein in ein Becher und sagte dann „Ich habe<br />

euch noch nicht gesehen bisher, daraus vermute ich mal ihr seid<br />

noch relativ neu bei eurem Haus?“ Cwelborn nickte „Dann lasst mal<br />

schauen“ er nahm eine Schriftrolle in die Hand „wenn ich so sehe<br />

wer schon da ist und wen wir noch erwarten... wer von diesen<br />

Häusern erst kürzlich einen Maester verloren hat, dann werdet ihr<br />

wohl das ehrenwerte Haus Godwynn und damit Lady Taya<br />

vertreten?“.<br />

Cwelborn lächelte leicht „Es ist nicht schwer zu sehen, warum ihr<br />

<strong>der</strong> Lord Verwalter seid.“<br />

„Ich schätze damit habt ihr eine interessante Stelle bekommen. Ist<br />

was dran an den Gerüchten die wir gehört haben wegen eurem Haus<br />

und dem Haus Calestris?“<br />

„Wir haben schriftliche Belege die aufzeigen, dass sie uns eine<br />

erhebliche Summe Geld schulden“ Kergam nickte bedächtig „Sie<br />

werden auch hier zum Turnier erwartet, ich h<strong>of</strong>fe wir werden<br />

keinerlei Streitigkeiten deswegen haben, ermahnt eure Männer noch<br />

Einmal, Kämpfe fernab des Platzes werden wir nicht tolerieren“.<br />

229


„Habt keine Bedenken, wir sind für das Turnier und die<br />

Feierlichkeiten hier und Lady Taya ist die letzte die eure<br />

Gastfreundschaft missbrauchen würde“<br />

„Es freut mich das zu hören Maester. Ansonsten ich gehe davon aus<br />

ihr kennt die Regeln des Turniers und den königlichen Preis den wir<br />

ausgelobt haben? Es sind bekannte Ritter hergekommen um ihn zu<br />

erlangen und es wird dem Haus viel Ehre einbringen welches<br />

obsiegt. Wenn ihr noch fragen habt, könnt ihr euch gerne je<strong>der</strong>zeit<br />

an mich wenden und ich weiß unser Maester Ingmar würde sich<br />

bestimmt auch freuen, wenn ihr ihm die Tage eure Aufwartung<br />

machen würdet.“<br />

„Eine Frage hätte ich noch.“<br />

„Nur zu.<br />

„Einer <strong>der</strong> Ritter die Lady Taya dienen, kommt aus dem Hause<br />

Cerdic und wir haben gehört, dass sein Vater auch herkommen will.<br />

Er würde ihn sicher gern wie<strong>der</strong>sehen und ich wun<strong>der</strong>te mich nur,<br />

ob das Haus schon eingetr<strong>of</strong>fen ist“ Kergam musste nicht lange<br />

nachdenken „Nein sie sind bisher noch nicht eingetr<strong>of</strong>fen, aber wir<br />

haben ja auch noch zwei Tage bis zum Turnierbeginn, sie werden<br />

sicher auch bald hier sein.“<br />

„Danke für eure Hilfe Kergam.“<br />

Kergam stand auf „Dann wünsche ich eurem Haus viel Glück beim<br />

Turnier.“<br />

Cwelborn ging zur Tür raus, wo <strong>der</strong> junge Mann immer noch auf<br />

ihn wartet und wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Burg rausführte. Als sie draußen<br />

angekommen waren, erkundigte er sich noch kurz bei ihm, wo die<br />

Gemächer des Maester sind und begab sich dann wie<strong>der</strong> zu ihrem<br />

Zeltplatz auf dem Eirik immer noch das Banner hochhielt.<br />

230


Ser Richard steckte den Geldbeutel ein und machte sich auf den<br />

Weg. Im Lager herrschte reges Treiben. Händler transportierten<br />

Getränke und diverse Speisen aus dem ganzen Land, die<br />

verschiedensten Häuser, waren mit dem Aufbau ihrer Pavillons<br />

beschäftigt. Große wie kleinere Lords waren vertreten und allesamt<br />

wollten ihr Haus von ihrer prächtigsten Seite präsentieren. Ser<br />

Richard klapperte jede Kneipe, jede Schenke und jedes Gasthaus in<br />

<strong>der</strong> Umgebung ab. Entwe<strong>der</strong> waren alle Zimmer schon belegt o<strong>der</strong><br />

bereits reserviert worden.<br />

Ser Richard lief den schmalen Weg entlang, versuchte den<br />

Menschenscharen so gut wie möglich auszuweichen und nach einem<br />

bekannten Gesicht o<strong>der</strong> Wappen zu suchen. Dann fand er, etwas<br />

abgelegen <strong>der</strong> Straße, ein Großes Zelt und davor prangte ein lilanes<br />

Einhorn auf weißem Untergrund. Ser Richard lief auf einen <strong>der</strong><br />

Wachen vor dem Zelt zu: „Verzeiht, könnt Ihr mir sagen wo ich Ser<br />

Erwin Horwelt finden kann?“ Der Wachmann musterte sein<br />

Gegenüber misstrauisch und es vergingen einige Augenblicke bis<br />

dieser antwortete:<br />

„Hauptmann Horwelt erreicht das Lager erst in zwei Tagen<br />

zusammen mit Lord Andros Brax.“<br />

„Wo ist Ser Brickston, <strong>der</strong> Waffenmeister Eures Hauses, kommt er<br />

auch erst in zwei Tagen?“<br />

„Ser Brickston ist seit einem Jahr tot.“ Antwortete <strong>der</strong> Soldat etwas<br />

bedrückt. Ser Richard riss die Augen weit auf. „Tot? Wie ist das<br />

passiert?“ fragte er entsetzt.<br />

„Er ist bes<strong>of</strong>fen von einem Turm gesprungen. Als man ihn gefunden<br />

hatte, nagten bereits die Straßenköter an ihm.“ Erklärte <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Soldat mit gleichgültiger Stimme.<br />

231


<strong>Das</strong> ergab für Richard keinen Sinn. Ser Brickston war kein Säufer er<br />

trank kaum etwas und war stets pflichtbewusst. „Wer hat hier in <strong>der</strong><br />

Zwischenzeit das Sagen?<br />

„Ser Anton Hires ist seitdem <strong>der</strong> neue Waffenmeister und ist hier<br />

momentan <strong>der</strong> Ranghöchste Offizier“ antwortete <strong>der</strong> zweite Soldat<br />

gelangweilt.<br />

<strong>Das</strong> darf doch nicht wahr sein. Ser Erwin Horwelt war ein<br />

gewissenhafter und Ehrvoller Mann, Richard hatte früher einige<br />

Male mit ihm Tjostiert und auch bei Besuchen von Lord Ulmar in<br />

Horntal tranken die beiden Hauptmänner auch gerne mal einen<br />

über den Durst. Ser Brickston war ebenfalls ein guter Mann. Ser<br />

Anton Hires jedoch, war genau das Gegenteil, gewissenlos,<br />

heimtückisch, machthungrig und sehr launisch. Eines Abends, als<br />

die Godwynns zu Besuch waren, provozierte Hires einen Streit mit<br />

einigen Soldaten <strong>der</strong> Godwynns. Als Ser Richard schlichten wollte,<br />

eskalierte die Situation und es kam zu einer wüsten Schlägerei.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis war eine zerstörte Kneipe, ein Dutzend gebrochene<br />

Knochen, noch mehr Platzwunden und ein gedemütigter Anton<br />

Hires. Auch wenn dieses Ereignis mehrere Jahre zurückliegt, schien<br />

es <strong>der</strong> damalige Offizier nicht vergessen zu haben. Es war dem<br />

erfahrenen Veteranen ein Rätsel wie so eine Person zum<br />

Waffenmeister eines Hauses aufsteigen konnte. Doch ihm wurde<br />

bewusst, was das vorzeitige Ableben des alten Waffenmeisters zu<br />

bedeuten hatte. Von den Brax dürften sie momentan keine Hilfe<br />

erwarten.<br />

Ser Richard wollte kehrt machen, als er eine tiefe Stimme hinter ihm<br />

hörte: „Na wenn das nicht <strong>der</strong> edle Ser Richard ist.“ Logan schloss<br />

die Augen und verfluchte sich, dass er nicht eher das Weite gesucht<br />

hatte. Er nahm tief Luft und drehte sich langsam um. „Ser Hires,<br />

welch unerwartetes Vergnügen euch zu sehen.“ Antwortete Richard<br />

232


mit gespielter Höflichkeit. „Ich möchte euch gratulieren, dass Ihr<br />

nun Waffenmeister seid.“<br />

„Spart euch das!“ Der Waffenmeister kam aus dem Zelt hervor, dicht<br />

gefolgt von vier Soldaten. Ser Hires war ein Mann von großer und<br />

stämmiger Statur. Er war fast einen Kopf grösser als Richard, hatte<br />

dünnes, schulterlanges, Haar und als er lächelte kamen seine gelben<br />

Zähne zum Vorschein.<br />

„Was für eine Fügung des Schicksals, dass ich Euch hier antreffe, er<br />

machte eine Pause, und dann noch alleine.“ Der stämmige Mann<br />

fasste sich an seinen Kiefer und fing an diesen zu reiben. „Euch habe<br />

ich es zu verdanken, dass ich keine Mahlzeit mehr genießen kann.“<br />

Er sah sein Gegenüber mit finsterem Blick an „Ich gedenke mich<br />

dafür zu revanchieren.“ Der Waffenmeister machte eine<br />

Handbewegung und die vier Soldaten umkreisten den Hauptmann<br />

<strong>der</strong> Godwynns.<br />

„Ser Hires, vergesst nicht, dass Ihr den Streit provoziert habt und als<br />

Erster einen meiner Soldaten angegriffen habt. Ich habe euch<br />

mehrmals gebeten aufzuhören, doch Ihr wolltet nicht hören. Genau<br />

so wie ich Euch erneut bitte nichts Unüberlegtes zu tun.“ Ser<br />

Richard legte seine linke Hand auf den Knauf seines Schwertes.<br />

„Hier sind überall Zeugen und ich nehme an Lord Brax wird nicht<br />

erfreut sein, dass jemand aus seinem Haus auf <strong>of</strong>fener Straße den<br />

Hauptmann <strong>der</strong> Godwynns angegriffen hat. Lord Butterwell wird<br />

ebenfalls nicht gut darauf zusprechen sein, wenn das Hochzeitsfest<br />

von so einem Zwischenfalls überschattet werden würde.“<br />

Der stämmige Mann lachte lauthals, „So wichtig seid Ihr nun auch<br />

wie<strong>der</strong> nicht, keine Sorge ich werde Euch nicht umbringen, doch<br />

einige gebrochene Knochen und ein zertrümmertes Bein, sollten<br />

233


Euch denke ich eine Lehre sein. Und ich habe hier genug Männer<br />

die bezeugen, dass ihr einen Streit angefangen habt.“<br />

Ser Richard sah sich um, er darf es nicht zu einem bewaffneten<br />

Kampf kommen lassen, <strong>der</strong> Erfahrene Kämpfer, könnte die vier<br />

Wachen vielleicht ausschalten, doch er würde das Haus Godwynn in<br />

Verruf bringen wenn er hier Blut vergießen würde. Geschweige<br />

denn, seine Unschuld beweisen, falls es wirklich tote geben würde.<br />

Ser Richard stand umringt da und begutachtete jeden einzelnen von<br />

den potentiellen Angreifern, ihm rann eine Schweißperle die linke<br />

Stirnseite herab. Es gab nur eine Möglichkeit, er musste fliehen…….<br />

Gerade als einer <strong>der</strong> Soldaten einen Sprung nach Vorne machen<br />

wollte, hallte eine laute und markante Stimme durch die Luft: „Was<br />

hat dies zu bedeuten?“<br />

„Diese Stimme……das ist doch nicht etwa….“ Ser Richard drehte sich<br />

um und sah einen stämmigen Mann mit Glatze, Vollbart und einem<br />

Wams worauf ein weißer Dachs auf grünem und braunem Grund<br />

gestickt war. In <strong>der</strong> Hand trug <strong>der</strong> Mann einen Großen<br />

Eisenhammer. Der Mann war in Begleitung von ein Dutzend<br />

Soldaten, welche ebenfalls dieselben Wappen trugen.<br />

„Veranstaltet Ihr eine kleines Privatfest zu dem ich nicht eingeladen<br />

wurde Ser?“ fragte <strong>der</strong> bärtige Mann in ruhigem aber<br />

bestimmendem Ton.<br />

„<strong>Das</strong> hat Euch nicht zu interessieren Ser, geht weiter Eures Weges“<br />

bellte Hires zurück.<br />

„Ich werde gehen ohne Frage, doch ich nehme den da mit“ er zeigte<br />

auf Richard. Der Waffenmeister blickte abwechselnd zu Richard und<br />

dann zum dicklichen Mann herüber.<br />

„Nein!!“ Schrie er laut, „Verschwindet jetzt o<strong>der</strong>…..“<br />

234


„O<strong>der</strong> was? jetzt bin ich aber gespannt“ fragte <strong>der</strong> rundliche Mann<br />

neugierig. Ihr wollt es also mit dem Haus Godwynn und dem Haus<br />

Lydden aufnehmen?“<br />

Nun schien Ser Hires zu begreifen, dass er zu weit gegangen ist,<br />

doch dies würde er natürlich nie zugeben.<br />

„Na gut!!“ „Er winkte seine Soldaten herbei, fixierte die beiden<br />

Männer mit düsterer Mine und zeigte mit seinem Zeigefinger auf<br />

sie „<strong>Das</strong> letzte Wort ist noch nicht gesprochen, das sage ich Euch!“<br />

und stampfte wütend davon.<br />

Ser Richard ging auf seinen vermeintlichen Retter zu: „Du bist<br />

dicker geworden…..“<br />

„Und du bist älter geworden. Aber scheinbar immer noch <strong>der</strong>selbe<br />

Dickkopf, <strong>der</strong> Ärger förmlich anzieht, wie Scheiße die Fliegen.“<br />

Beide standen einen Augenblick da und sagten nichts, ehe sie zu<br />

lachen anfingen und sich umarmten.<br />

„Isaac Finley, Schön dich zusehen alter Freund, du hast mir wie<strong>der</strong><br />

einmal den Arsch gerettet.“<br />

„Ist ja nichts neues, In was für eine Scheiße bist du diesmal<br />

hineingeraten?“ fragte Isaac neugierig.<br />

„Eine lange Geschichte, die ich dir gerne bei einem gemütlichen<br />

Bier erzähle, ich muss dir sowieso einen ausgeben, nach dieser<br />

Aktion.“<br />

Isaac lachte laut „<strong>Das</strong> bist du mir auch schuldig.“<br />

Ser Richard viel wie<strong>der</strong> ein weshalb er unterwegs war. „Isaac, ich<br />

muss dich erneut um einen Gefallen bitten, ich brauche dringend ein<br />

Zelt, es kann ein Einfaches sein. Unsere Gefolgschaft kommt erst in<br />

zwei Tagen und wir brauchen noch dringend eine bleibe für diese<br />

Zeit.“<br />

235


Horgas<br />

Taya wurde langsam müde und ungeduldig. Seid einer Stunde<br />

wan<strong>der</strong>te sie an Ser Ethans Seite über die staubigen Plätze und<br />

ausgedorrten Wiesen rund um Whitewalls. Sie hatten die<br />

Kampfarenen entdeckt, auch für das Lanzenreiten, die für die<br />

Adligen und unzählige Zelte <strong>der</strong> Gäste. Viele Händler, die allerlei<br />

Waren anboten und Gaukler, die die noblen Damen und Herren<br />

erfreuen wollten, wuselten umher, vom Haus Cerdic war jedoch<br />

keine Spur zu sehen. Gerade als Taya ihrem Begleiter den Vorschlag<br />

machen wollte zu Eirik zurückzukehren, blieb sie wie angewurzelt<br />

stehen, so dass Ethan gegen sie stieß.<br />

“Lady Taya, was...”<br />

“Da! Seht!” Sie deutete auf einen jungen Mann, <strong>der</strong> keine 20 Schritt<br />

von ihnen entfernt mit einem schweren Hammer auf einen Amboss<br />

schlug. Neben ihm war ein großes Schild auf einem Pfahl in den<br />

Boden gesteckt worden. Die Aufschrift lautete “Rüstungsschmiede<br />

Crest - Qualität zum fairen Preis seit 150 Jahren”. Ethan starrte mit<br />

<strong>of</strong>fenem Mund auf das Schild.<br />

“<strong>Das</strong> muss er sein! Wir haben ihn gefunden!”<br />

Taya nickte. “<strong>Das</strong> alte Weib ist uns hold. Kommt, wir ergreifen die<br />

Gelegenheit am Schopfe.”<br />

Die dornische Frau steuerte direkt auf den jungen Schmied zu und<br />

<strong>der</strong> Ritter folgte ihr. Als sie neben dem Amboss stand, hielt <strong>der</strong><br />

Mann inne und musterte sie von oben bis unten, ohne eine<br />

bewun<strong>der</strong>nde Mine aufzusetzen.<br />

237


“Mylady, was kann ich für Euch tun? Wenn ihr eine Auftragsarbeit<br />

für den Ser dort haben möchtet, so muss ich Euch sagen, dass wir<br />

schon ziemlich ausgebucht sind. Wir kommen mit den Aufträgen<br />

kaum noch nach.”<br />

Taya zeigte ein süßes Lächeln, was <strong>der</strong> Mann jedoch nicht erwi<strong>der</strong>te.<br />

“Keine Sorge, ich will nichts kaufen, ich benötige lediglich eine<br />

Auskunft. Ich muss dringend mit Horgas Crest sprechen, wisst Ihr,<br />

wo er sich aufhält?”<br />

Der Schmied sah sie abweisend an und Taya entspannte sich<br />

innerlich. Plötzlich war sie sich sicher, dieser Bursche würde ihr<br />

mitteilen, dass Horgas zu alt war, um noch zu Turnieren zu reisen,<br />

o<strong>der</strong> dass er schon tot war, und niemand könnte ihn mehr etwas<br />

fragen. Doch dann sagte er: “Was wollt Ihr von Großvater?”<br />

Taya zögerte. “Oh... es geht lediglich um eine Auskunft, es ist etwas<br />

Privates, was mit seinen Kindheitserinnerungen zu tun hat. Ich<br />

werde ihn ganz bestimmt nur kurz belästigen.”<br />

Der junge Mann schien mit sich zu ha<strong>der</strong>n, dann erlag er aber doch<br />

noch Tayas zugewandter Art. “Na schön, aber wirklich nur ein paar<br />

Minuten. Die Hitze macht Großvater schwer zu schaffen. Er ist dort<br />

hinten im Zelt und ruht sich aus.”<br />

Taya nickte und eilte dem Eingang eines weißen Zeltes entgegen.<br />

“Habt Dank, ich bin s<strong>of</strong>ort wie<strong>der</strong> weg.” Ethan wollte ihr folgen,<br />

doch <strong>der</strong> Schmied hielt ihn an <strong>der</strong> Schulter zurück. “Ihr nicht, es<br />

reicht, wenn die Lady dort hineingeht.” Der Ritter setzte zu einem<br />

Protest an, doch Taya lächelt ihn an und legte ihm eine Hand auf<br />

den Arm. “Schon gut, Ser, Ihr wartet hier und sorgt dafür, dass wir<br />

ungestört bleiben.”<br />

Ethan sah sie unglücklich an, dann nickte er wi<strong>der</strong>strebend und<br />

bezog neben dem Eingang Aufstellung. Taya betrat das Zelt und war<br />

238


überrascht, wie kühl es im Inneren war. Auf einer gepolsterten Bank<br />

saß ein alter Mann mit weißem Haar und kräftigem Bart, <strong>der</strong> einen<br />

Krug in <strong>der</strong> Hand hielt. Trotz seines Alters zeichneten sich noch die<br />

Muskeln an seinen Oberarmen deutlich ab, unverkennbar war dieser<br />

Mann ein Schmied gewesen.<br />

“Horgas? Horgas Crest?”<br />

“Aber ja. So komm doch näher, schöne Maid.”<br />

Seine Stimme war rau und kräftig und als Taya dichter an ihn<br />

herantrat, erkannte sie, dass seine Augen von Alter und Wein getrübt<br />

waren. Nichtsdestotrotz fixierten sie die Lady detailliert. “Welch<br />

Glanz in meinem bescheidenen Zelt. Zuerst dachte ich, mein Enkel<br />

hätte mir eine von den Huren besorgt, die hier überall während des<br />

Turniers ihre Dienste anbieten.” Er lachte pfeifend und<br />

weingetränkter Atem schlug Taya entgegen. Sie verzog den Mund.<br />

“Aber Ihr seht mir nicht danach aus. Was also wollt ihr von mir,<br />

wenn nicht meinen großen Hammer?”<br />

Er lachte erneut und Taya musste alle Willenskraft aufbringen, sich<br />

zusammenzureißen. “Nur eine Auskunft, Mylord. Sagt, erinnert Ihr<br />

Euch noch an Euren Großvater, Thorge Crest?”<br />

Der alte Mann hob den Becher, hielt dann aber inne und sah Taya<br />

unergründlich an. “Geht es etwa schon wie<strong>der</strong> um diese Geschichte<br />

mit <strong>der</strong> Schlampe von den Calestris?”<br />

Taya klappte <strong>der</strong> Kiefer nach unten. “Was? Aber woher wisst ihr...”<br />

“Vor ein paar Tagen war bereits schon jemand hier, ein etwas<br />

gereifter Lord. Er fragte mich, wie das damals mit meinem<br />

Großvater Thorge und Amelia Calestris war, ob etwas an den<br />

Gerüchten dran sein, dass die beiden etwas miteinan<strong>der</strong> hatten, und<br />

so weiter.”<br />

Tayas Augen wurden immer größer. Wie konnte das sein? Niemand<br />

hier sollte davon wissen, und die Calestris waren noch unterwegs.<br />

“Und... wisst Ihr etwas über diese Sache?”<br />

239


Horgas nickte, hustete giemend und schenkte sich nach.“ Aber<br />

sicher. Der alte Thorge hat <strong>of</strong>t genug davon erzählt. Er muss sie<br />

wirklich geliebt haben, diese Amelia, und sie hat ihm das Herz<br />

gebrochen. Hat so getan, als wollte sie etwas von ihm, hat ihm<br />

schöne Augen gemacht. Hat ihn natürlich nie rangelassen, aber es<br />

reichte, um den Eindruck zu schaffen, da wäre was. Für an<strong>der</strong>e<br />

zumindest, was ja auch das war, was diese Schlampe wohl im Sinn<br />

hatte.”<br />

Er trank und Taya runzelte die Stirn. “Ich verstehe nicht ganz...”<br />

“Nun, diese Amelia Calestris war wohl einem wi<strong>der</strong>lichen Zwerg<br />

versprochen, ein Podwyn o<strong>der</strong> Godspell o<strong>der</strong> so ähnlich. Als dieser<br />

die beiden zusammen sah, fuhr er aus <strong>der</strong> Haut und löste die<br />

Verbindung. Obwohl gar nichts zwischen den beiden passiert ist,<br />

und auch nicht passieren sollte. Amelia hatte ihr Ziel erreicht und<br />

ließ den armen Thorge fallen wie eine heiße Kart<strong>of</strong>fel. Tjaja, so sind<br />

die Frauen, teuflisch und durchtrieben.”<br />

Taya starrte ins Leere. Damit zerschlugen sich also ihre H<strong>of</strong>fnungen<br />

auf die 3000 Golddrachen, es war alles umsonst. Es gab keinen<br />

Betrug und auch keinen Ehebruch, das ganze war fingiert worden,<br />

und <strong>der</strong> Lord <strong>der</strong> Godwynns war darauf hereingefallen. “Habt... habt<br />

Ihr das auch dem an<strong>der</strong>en Mann so erzählt?”<br />

Horgas Crest nickte und hustete geräuschvoll. “Sicher, warum nicht?<br />

Er hat mir zum Dank für die Auskunft zwei Silberhirsche<br />

dagelassen. <strong>Das</strong> würde ich von Euch natürlich nie erwarten...<br />

allerdings...” Seine freie Hand schoss vor und ergriff Tayas<br />

Handgelenk. Sie keuchte auf vor Schmerz und Überraschung. “...<br />

allerdings könntet ihr ein wenig nett zu mir sein. Keine Sorge, Euren<br />

schönen Mund und Eure kleine Fotze will ich gar nicht, nur Eure<br />

Hand, die könnte mir rasch ein wenig Erleichterung verschaffen.”<br />

240


Wein lief ihm aus dem Mundwinkel in den Bart, als Taya ihm eine<br />

schallende Ohrfeige versetzte. “Hier habt Ihr meine Hand!”<br />

Doch Horgas begann nur wie<strong>der</strong> mit seinem pfeifenden,<br />

ungesunden Lachen, sein Griff lockerte sich kaum. Erst als Taya<br />

ihre Zähne in seinen Unterarm vergrub, fluchte er und gab sie frei.<br />

Wütend rieb sie ihr Handgelenk und spie auf den Boden. Der alte<br />

Schmied gestikulierte wild mit seinem Weinbecker. “Kleines<br />

Miststück, raus mir dir, elende kleine Natter, raus aus meinem Zelt!”<br />

Ohne weitere Erwi<strong>der</strong>ung drehte sich Taya um und lief zügig<br />

hinaus. Ethan sah ihr überrascht nach und musste sich beeilen, mit<br />

ihr Schritt zu halten und auch <strong>der</strong> junge Schmied blickte ihr<br />

misstrauisch hinterher. Eilig holte <strong>der</strong> Waffenmeister sie ein.<br />

“Mylady? Taya? Was ist passiert? Was hat er gesagt?”<br />

Taya zischte und verlangsamte ihren Schritt kaum. “Er ist ein alter,<br />

perverser Sack. Und was noch schlimmer ist: unser Anspruch auf<br />

das Gold scheint unberechtigt zu sein, und die Calestris wissen es<br />

vermutlich schon.”<br />

Ethan starrte sie an. “Was? Aber wie kann das sein?”<br />

Taya stieß einen Wutschrei aus. “Ich weiß es nicht! Aber es scheint<br />

so zu sein, das heißt, es würde nicht mal nützen, wenn wir den Alten<br />

verschwinden ließen, er...”<br />

“Da! Da ist sie! Halt! Haltet sie auf! Mör<strong>der</strong>!”<br />

Taya fuhr zusammen bei dem Ruf, <strong>der</strong> hinter ihr aus <strong>der</strong> Menge kam<br />

und drehte sich überrascht um. Was war da los? Dann erblickte sie<br />

den jungen Schmied <strong>der</strong> Crests, <strong>der</strong> mit dem Finger deutend auf sie<br />

zu gerannt kam.<br />

“Mör<strong>der</strong>!”<br />

241


Die dornische Frau war so perplex, dass sie erstarrte. Der kräftige<br />

Bursche prallte auf sie und schleu<strong>der</strong>te sie zu Boden. Sämtliche Luft<br />

wich aus Tayas Lunge und ihr wurde schwindelig. Ihr Leinenhemd<br />

riss an <strong>der</strong> Seite auf und ihre Le<strong>der</strong>tasche entleerte sich auf den<br />

staubigen Lehm. Eine Menge interessierter Zuschauer bildete einen<br />

Kreis um das Spektakel, als <strong>der</strong> Enkel von Horgas Crest über <strong>der</strong><br />

jungen Frau kniete und sie mit seinen großen Händen packte.<br />

Doch dann war endlich Ethan zur Stelle, er riss den Schmied von<br />

Taya herunter und verpasste ihm einen Tritt in die Seite, so dass <strong>der</strong><br />

Bursche laut aufschrie vor Schmerz. Blitzschnell hatte <strong>der</strong><br />

Waffenmeister auch schon ein Schwert mit <strong>der</strong> linken Hand<br />

gezogen.<br />

“Seid Ihr von Sinnen, Mann?!”<br />

“Mör<strong>der</strong>!”<br />

Der Schmied rappelte sich auf und Taya konnte sehen, dass er<br />

seinen Schmiedehammer hob und gefährlich zu schwingen begann.<br />

Er würde auf Ethan losgehen, soviel war klar, und Taya wollte rufen,<br />

wollte schreien, doch nichts als ein staubiges Krächzen entwand sich<br />

ihrer Kehle. Und dann wimmelte es auf einmal von bewaffneten<br />

Männern um sie herum. Jemand hatte die Garde <strong>der</strong> Butterwells<br />

gerufen und sie gingen mit Unruhestiftern bei ihrem Turnier nicht<br />

gerade zimperlich um. Dem Schmied wurde <strong>der</strong> Arm auf den<br />

Rücken gedreht und obwohl Ethan sein Schwert s<strong>of</strong>ort fallen ließ,<br />

wurde auch er unsanft gepackt. Langsam kämpfte sich nun auch<br />

Taya auf die Beine.<br />

Ein Mann mit schwarzem Umhang, vielleicht <strong>der</strong> Hauptmann,<br />

vermutete Taya, trat vor.<br />

“Was ist hier los?”<br />

242


Ethan antwortete als erster. “Dieser Mann dort hat uns hinterrücks<br />

angegriffen und die Lady ohne Vorwarnung und auf brutalste<br />

Weise...”<br />

“Mör<strong>der</strong>!” Der junge Schmied spie Gift und Galle. “Diese Frau hat<br />

meinen Großvater umgebracht, den ehrenwerten Schmied Horgas<br />

Crest!” Ein Raunen ging durch die Zuschauer und Taya starrte den<br />

Enkel fassungslos an. “Vor ein paar Minuten war sie bei ihm in<br />

seinem Zelt, da ging es ihm noch gut. Und dann rauschte sie<br />

plötzlich heraus und rannte fort. Ich habe s<strong>of</strong>ort nach Großvater<br />

gesehen, und da lag er, tot vor seiner Bank!”<br />

Der Hauptmann wandte sich an einen seiner Männer.<br />

“Überprüft das.”<br />

Zwei <strong>der</strong> Soldaten nickten und verschwanden in Richtung des Zeltes<br />

<strong>der</strong> Schmiede Crest. Taya kam humpelnd wie<strong>der</strong> auf die Beine und<br />

klopfte sich den Staub von <strong>der</strong> Kleidung. Endlich konnte sie auch<br />

wie<strong>der</strong> ihrer Stimme Gehör verschaffen. “Als ich Euren lüsternden<br />

Großvater eben verließ, war er noch sehr lebendig, das könnt ihr<br />

glauben!”<br />

“Lügnerin! Mör<strong>der</strong>in!”<br />

Der Hauptmann <strong>der</strong> Garde <strong>der</strong> Butterwells stellte sich zwischen<br />

Taya und den Schmied und sah die junge Frau ernst an. “Dann gebt<br />

Ihr zu, dass Ihr bei dem alten Horgas wart?”<br />

“Ja, schon, aber...”<br />

“Was wolltet Ihr von ihm?”<br />

Taya zögerte. “Nun, Ser... das ist ein wenig kompliziert. Es ging um<br />

eine... eine Auskunft.”<br />

Der Hauptmann wurde langsam ungeduldig. “Was für eine<br />

Auskunft? Erklärt Euch gefälligst ein wenig genauer, es geht hier um<br />

eine ernste Anschuldigung.”<br />

243


“Hauptmann?”<br />

Einer <strong>der</strong> Soldaten, die zum Zelt <strong>der</strong> Crests geeilt waren, salutierte<br />

steif.<br />

“Ja?”<br />

“Wir haben den Schmied Horgas Crest gefunden. Er ist wirklich tot,<br />

und das erst seit sehr kurzer Zeit. Außerdem... nun, wir haben noch<br />

keine Ursache gefunden. Keine Wunde, keine Verletzung. Nur einen<br />

Becher in seiner Hand. Vielleicht war es Gift.”<br />

Alle Augen richteten sich auf Taya. Schwarze Schlieren durchzogen<br />

ihr Sichtfeld und ihre Knie schienen mit heißem Sand gefüllt zu<br />

sein. <strong>Das</strong> durfte doch alles nicht wahr sein. Ser Ethan wollte sich<br />

losreißen und zu ihr gehen, doch zwei Soldaten hielten ihn fest.<br />

Inzwischen regte sich auch <strong>der</strong> junge Schmied wie<strong>der</strong>.<br />

“Mör<strong>der</strong>in! Giftmischerin!”<br />

Taya biss sich auf die Zunge, bis sie Blut schmeckte. Sie musste<br />

jetzt bei Sinnen bleiben. Sie räusperte sich und ihre Kehle fühlte sich<br />

an wie ein Reibeisen. “Ich... ich habe ihm nichts getan, er hat nur<br />

seinen Wein getrunken. Warum hätte ich ihn töten sollen, ich kannte<br />

ihn doch gar nicht. Ich bin Lady Taya aus dem Hause Godwynn,<br />

und ein Gast bei diesem Turnier. Dieser Horgas... er war alt...<br />

vielleicht hat sein Herz einfach beschlossen, stehen zu bleiben.<br />

“Lügnerin!”<br />

Der Hauptmann sah nachdenklich zwischen Taya und dem Enkel<br />

des Verstorbenen hin und her. “Nun, bis wir diese Angelegenheit<br />

geklärt haben...”<br />

244


“Ser!”<br />

Einer <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Soldaten hatte begonnen, Tayas verstreute<br />

Habseligkeiten einzusammeln und hielt nun die kleine Phiole hoch,<br />

die bei ihrem Sturz aus <strong>der</strong> Tasche gerollt war. Taya lief es eiskalt<br />

über den Rücken. Ein lautloses “Nein!” verließ ihre Lippen.<br />

Der Hauptmann nahm das Fläschchen entgegen, öffnete es und roch<br />

daran. Er hob eine Augenbraue und blickte Taya erbarmungslos an.<br />

“Tja, Lady Taya aus dem Hause Godwynn, ich bin zwar kein<br />

Experte, aber <strong>der</strong> Vater soll mich strafen, wenn hier kein Gift drin<br />

war. Wir werden das Beweisstück dem Maester von Lord Butterwell<br />

vorlegen. Bis auf weiteres muss ich Euch wegen des Verdachts des<br />

Mordes an Horgas Crest festnehmen und unter Arrest stellen. Ihr...”<br />

“Nein!”<br />

Ethan versuchte sich loszureißen, hatte aber keinen Erfolg. Seine<br />

Verletzung jagte ihm einen steckenden Schmerz durch den Arm und<br />

hin<strong>der</strong>te ihn daran, irgendetwas an<strong>der</strong>es zu unternehmen. Er musste<br />

hilflos und voller Zorn mit ansehen, wie sich seine Herrin zu<br />

verteidigen versuchte, aber ohne Erfolg blieb.<br />

Er sah zu, wie einer <strong>der</strong> Soldaten ein kleines Fläschchen aufhob und<br />

dem Hauptmann gab und verlor die Fassung, als sie sich nervös zu<br />

verteidigen versuchte. Es traf ihn direkt ins Herz, sollte sie<br />

tatsächlich zu so etwas fähig sein? Könnte sie einen unschuldigen<br />

Mann einfach kaltblütig umbringen?<br />

Die Welt um ihn herum fing an zu verschwimmen, alles passierte<br />

wie in einem Traum... er sah den Hauptmann, wie er irgendetwas<br />

sagte und sie mit seinem Blick bereits verurteilt hatte... blickte zu<br />

Lady Taya, wie sie geschockt mit aufgerissenen Augen da stand. Für<br />

ihn waren es nur noch unverständliche Geräusche. Durch die Hitze,<br />

245


seine Verletzung und diese schockierende Wendung <strong>der</strong> Ereignisse<br />

war er endgültig am Ende seiner Kräfte angelangt. Taya hatte die<br />

Augen weit aufgerissen. Dann begann sie zu laufen, so schnell sie<br />

konnte. Hände griffen nach ihr, doch sie wich ihnen aus.<br />

“TAYA, nicht!” schrie er ihr entsetzt hinterher, doch es war bereits zu<br />

spät.<br />

Einer <strong>der</strong> Soldaten schlug ihr auf den Hinterkopf und sie fiel vorne<br />

über in den staubigen Boden und blieb reglos liegen. Zwei Soldaten<br />

packten sie an den Armen und trugen sie gemeinsam fort,<br />

vermutlich direkt in das Verließ von Whitewalls. Erst als sie außer<br />

Sichtweite waren, gab <strong>der</strong> Hauptmann den Befehl, den Schmied und<br />

den Waffenmeister frei zu lassen.<br />

Mit teilnahmslosen, glasigen Augen sah Ethan noch immer in die<br />

Richtung, in <strong>der</strong> die Wachen verschwunden waren und es kamen<br />

ihm die ersten Tränen. Kraftlos, hilflos und verzweifelt sank er auf<br />

die Knie und wankte einen Moment vor und zurück. Der<br />

Waffenmeister hatte sich geschworen, die Frau, die er liebte, zu<br />

beschützen und wenn nötig sein Leben für sie zu geben. Doch er<br />

hatte sie auf ganzer Linie enttäuscht. Bei den Sieben, er wünschte<br />

sich, dass sie niemals zu diesem Turnier aufgebrochen wären... Er<br />

hatte sie in Riverrun in Gefahr gebracht und sie in die<br />

Angelegenheiten seiner Familie reingezogen und er konnte sie auch<br />

jetzt nicht beschützen.<br />

Dem Zusammenbruch nahe, mit dem leeren Le<strong>der</strong>beutel in <strong>der</strong><br />

Hand und mit tränenüberströmten Gesicht kniete <strong>der</strong> Ritter<br />

zusammengesunken auf dem Boden. Die umherstehenden<br />

Menschen bedachten ihn keines Blickes und verschwanden sehr<br />

schnell, nachdem die Soldaten verschwunden waren.<br />

246


Mit <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> Verzweiflung gelang es dem Ritter nach einiger<br />

Zeit, wie<strong>der</strong> auf die Beine zu kommen und sich in Richtung des<br />

Platzes zu begeben, an dem Eirik und die an<strong>der</strong>en vermutlich schon<br />

auf ihn warteten... seine Gedanken galten nur einem einzigen Ziel:<br />

Taya zu befreien und sich an all jenen zu rächen, die ihr das angetan<br />

haben...<br />

247


Logan<br />

Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, als Ser Richard mit<br />

dem Knappen im Schlepptau den Rest <strong>der</strong> Gruppe, zumindest einen<br />

Teil <strong>der</strong> Gruppe, erreichten.<br />

„Wo ist Ethan und Lady Taya, fragte <strong>der</strong> Hauptmann den Maester,<br />

welcher ebenfalls erst zurückgekommen sein musste.<br />

„Ich habe keine Ahnung Ser Richard, <strong>der</strong> Maester machte kurz eine<br />

Pause und überlegte kurz, denkt ihr es ist etwas passiert?“<br />

„<strong>Das</strong> habe ich nicht gesagt, es kann sein, dass sie noch unterwegs<br />

sind, doch es wird bald dunkel und es treiben sich nicht nur Ritter<br />

und Lords hier herum, außerdem hat sie die Zeit abgemacht und<br />

Lady Taya ist immer pünktlich.“ Ser Richard fasste sich mit seiner<br />

rechten Hand an sein Kinn, rieb es und verzog sein Gesicht, als hätte<br />

er auf einen Sauren Apfel gebissen.<br />

„Eirik, er fixierte den Burschen, Ihr und Brack stellt das Zelt auf<br />

wenn wir wie<strong>der</strong>kommen sollten wir eine Schlafgelegenheit haben.“<br />

Ehe Eirik irgendwelche Einwände hätte bringen können, fixierte Ser<br />

Richard den Maester. „Maester Cwelborn, währt Ihr so freundlich<br />

und wartet hier bis ich zurückkehre? Ich will den Platz ein wenig<br />

absuchen und mal sehen, ob wir den An<strong>der</strong>en begegnen.“ Cwelborn<br />

nickte um zu zeigen, dass er damit einverstanden war.<br />

Richard ging los und fing an zu suchen. Nach einer Weile, war er<br />

bereits über eine Stunde unterwegs, als er ein Gasth<strong>of</strong> erreichte. Ser<br />

Richard begutachtete den Namen des Gasth<strong>of</strong>es „die liebenden<br />

Schwestern.“ Ser Richard öffnete die Eichentür und trat in das<br />

Gasthaus. <strong>Das</strong> Gasthaus schien aus allen Nähten zu platzen. Alle<br />

248


Sitzgelegenheiten waren besetzt und die Schankdamen hatten es<br />

schwer, sich einen Weg durch die teils stark alkoholisierten Gäste zu<br />

bahnen. Überall waren Damen dabei die Männer zu verwöhnen. Der<br />

Hauptmann ging zum Tresen am an<strong>der</strong>en Ende des Einganges warf<br />

zwei Kupferhirsche hin und bestellte sich ein kleines Bier. Als er dies<br />

erhalten hatte, drehte er sich mit dem Rücken zur Theke, stützte<br />

sich etwas ab, nippte an seinem Becher und sah sich etwas um.<br />

Zweimal hatten ihm Frauen Ihre Dienste angeboten, doch Ser<br />

Richard lehnte jedes Mal höflich ab.<br />

Der Hauptmann war in Gedanken versunken, er hatte von Anfang an<br />

Bedenken, was die Begleitung von Lady Taya anbelangt hatte. Wenn<br />

es nach ihm gegangen wäre, wäre die Lady des Hauses mit den<br />

An<strong>der</strong>en des Hauses mitgereist. Doch Taya, hatte steht’s ihren<br />

eigenen Willen und keine Mauer dieser Welt schien ihrem Kopf<br />

standhalten zu können. Würde ihr etwas zustoßen, wäre dies seine<br />

Schuld. Am Totenbett von Lord Ulmar, als ihm das Schlangengift nur<br />

noch Minuten seines Lebens übrig ließ, musste <strong>der</strong> junge<br />

Hauptmann versprechen, dass er Taya…Lady Taya zu seinen<br />

Lebzeiten beschützen sollte und dies hatte er bei seiner Ehre und<br />

seinem Leben geschworen.<br />

„Hast du das etwa nicht gehört?? Die Schlangenhure wurde<br />

festgenommen“ Richard schreckte auf, links von ihm unterhielten<br />

sich drei Personen lautstark. „Du meinst doch nicht etwa Lady Taya<br />

Godwynn?“<br />

„Genau diese mein ich, Sie hat anscheinend den alten Horgas Crest<br />

vergiftet. Jetzt wartet sie in den Kerkern auf ihren Schuldspruch.“<br />

„Schade eigentlich, entgegnete ein an<strong>der</strong>er, ich hätte gerne ihre<br />

Möse geleckt, und ein wenig an ihr herumgespielt.“ Die drei lachten<br />

lautstark, bis <strong>der</strong> Erste von ihnen zu Boden sackte. Der zweite war<br />

249


schnell, das musste man ihm lassen, dieser machte einen Sprung<br />

nach Vorne und Schlug mit seiner Rechten, dann mit seiner Linken<br />

auf Ser Richard ein. Der erfahrene Kämpfer wehrte den ersten<br />

Schlag mit seinem linken Arm ab und wich dem zweiten Schlag<br />

gekonnt aus. Er bückte sich beim dritten Schlag und verpasste<br />

seinem Gegenüber einen harten Schlag in die Nieren. Der Mann<br />

Schrie laut auf und erhielt noch einen Schlag mitten ins Gesicht, was<br />

seine Schreie verstummen ließ, ehe auch dieser zu Boden ging. Ein<br />

lautes Krachen war zu hören, <strong>der</strong> Hauptmann fiel auf die Knie und<br />

ein stechen<strong>der</strong> Schmerz durchzog seinen Rücken. Er drehte sich<br />

rasch um und sah einen vierten Mann <strong>der</strong> gerade keine seine<br />

Sitzgelegenheit mehr hatte. „<strong>Das</strong> war ein Fehler“ sagte Richard und<br />

machte einen Satz nach Vorne. Der Angreifer, welcher von <strong>der</strong><br />

Schnelligkeit des erfahrenen Veteranen überrascht wurde, wollte ein<br />

Messer ziehen, doch Richard entwaffnete diesen blitzschnell und<br />

verpasste ihm einen Schlag mit dem entwaffneten Messerrücken auf<br />

den Hinterkopf.<br />

Der letzte <strong>der</strong> noch Stand zitterte am ganzen Körper, hatte ein Dolch<br />

gezogen und sah den Angreifer ängstlich an. Mittlerweile hatten die<br />

an<strong>der</strong>en Gäste den Tumult bemerkt und sind verstummt. Ser<br />

Richard nahm seinen Geldbeutel hervor, welcher er von Lady Taya<br />

erhalten hatte und warf diesen auf den Tresen. Der Beutel öffnete<br />

sich beim Fallen und einige Kupfer, diverse Silberhirsche und sogar<br />

fünf Golddrachen kamen rollten auf dem Tresen.<br />

„Der gestammte Abend geht auf mich, trinkt so viel Ihr könnt meine<br />

Herren.“ Schrie Ser Richard laut. Die Anwesenden johlten laut und<br />

erhoben ihre Trinkbecher, ehe es wie<strong>der</strong> lebendig wurde und<br />

weitergefeiert wurde, als wäre nichts passiert. Nun fixierte er den<br />

Mann mit dem Messer.<br />

250


„Was hat dies zu bedeuten Ser?! Warum habt Ihr uns angegriffen?“<br />

„Ich mache es Euch ganz einfach, erzählt mir alles, ich möchte jedes<br />

Detail wissen, wie es zur Verhaftung von Lady Taya gekommen ist,<br />

wenn mir gefällt was ich höre, lasse ich Euch in Ruhe. <strong>Das</strong> können<br />

Eure Freunde, er deutete auf die an<strong>der</strong>en Männer am Boden, nicht<br />

von sich behaupten“ Sagte <strong>der</strong> Hauptmann bestimmend und ruhig.<br />

„Von dieser Hure? Was habt ihr mit ihr zu schaffen?“ antwortete <strong>der</strong><br />

Mann mit dem Messer, scheinbar hatte er all seinen Mut<br />

zusammengerauft.<br />

„Falsche Antwort“ flüsterte Richard, <strong>der</strong> jetzt nur noch einen Schritt<br />

von seinem Gegenüber entfernt war. Wie ein Pfeil schoss sein rechter<br />

Arm Richtung linke Hand mit dem Messer. Der Knochen knackte,<br />

als hätte ein Kind einen Ast mit beiden Händen zerbrochen. Der<br />

Mann ließ das Messer fallen, schrie laut auf und Ser Richard packte<br />

diesen am Hals. „Ich frage das letzte Mal“<br />

Maester Cwelborn war gerade im aufgestellten Zelt, als Ser Richard<br />

eintrat und auf ihn zuging.<br />

„Ser?“ fragte dieser etwas verunsichert. Ser Richard packte den<br />

Maester etwas unsanft am Arm.<br />

„Ser Richard, Ihr tut mir weh,“ Der Hauptmann brauchte einen<br />

Moment ehe er den Arm des Maesters wie<strong>der</strong> losließ.<br />

„Maester Cwelborn, wir haben ein Problem, ein großes Problem.<br />

Könnt Ihr mir sagen, weshalb Lady Taya eine Phiole mit Gift dabei<br />

hatte? Und sagt mir nicht, dass Ihr als ihr Maester nichts davon<br />

wusstet…”<br />

251


Er schaute Ser Logan überrascht an und wollte grad zur Antwort<br />

ansetzen, als ein sichtlich mitgenommener Ser Ethan ins Zelt<br />

reinstürzte.<br />

„Sie haben Taya, wir müssen unsere Männer versammeln und sie<br />

befreien wir.. wir“ und fast wäre er gestürzt, wenn Ser Logan ihn<br />

nicht in letzter Sekunde aufgefangen hätte.<br />

„Setzt euch Ethan.“<br />

Cwelborn Schritt rasch zu seiner Tasche und holt eine kleine Flasche<br />

raus und brachte sie zu Ser Ethan, <strong>der</strong> sie mit einer unwilligen Geste<br />

wegdrückte und hektisch hervorstieß.<br />

„Ihr versteht nicht sie ist in Gefahr, sie wird beschuldigt diesen<br />

Schmied ermordet zu haben. Sie haben Gift bei ihr gefunden und sie<br />

versuchte zu fliehen, da haben sie sie nie<strong>der</strong>geschlagen und morgen<br />

werden sie sie bestimmt verurteilen... sie darf nicht sterben.. sie darf<br />

einfach nicht. Ich kann sie nicht..“<br />

Ser Logan warf einen Cwelborn einen bedeutungsschweren Blick zu<br />

und sagte dann „Trinkt was Maester Cwelborn euch gebracht hat.<br />

Ihr müsst euch erstmal etwas beruhigen und dann erzählt ihr uns<br />

genau was passiert ist.“<br />

Es sah eine Sekunde so aus, als würde Ser Ethan wie<strong>der</strong> auffahren<br />

wollen, aber dann warf er noch einen Blick in Ser Logans Richtung<br />

und plötzlich schienen ihn seine Kräfte zu verlassen. Er sackte<br />

sichtlich in sich zusammen, dann nickt er nur kurz und trank aus<br />

<strong>der</strong> Flasche des Maesters. Als er wie<strong>der</strong> sprach war seine Stimme<br />

leise und tonlos.<br />

„Wir sind auf <strong>der</strong> Suche nach meiner Familie gewesen, als wir<br />

plötzlich die Zelte und den Stand des Schmiedes gesehen haben, den<br />

Lady Taya sprechen wollte. Sie wollte die Gelegenheit direkt nutzen<br />

252


um mit ihm zu sprechen, bevor die Calestris ihn beeinflussen<br />

würden. Sie ging in das Zelt hinein, während ich mit seinem Sohn<br />

o<strong>der</strong> Enkel vor dem Zelt gewartet hab. Sie blieb nicht lange drin<br />

vielleicht eine Viertelstunde. Als sie rauskam war sie sehr wütend..<br />

ihr wisst ja wie sie sein kann, wenn was nicht nach ihrem Plan läuft.<br />

Anscheinend hat <strong>der</strong> Schmied die Version <strong>der</strong> Calestris bestätigt.<br />

Kaum waren wir ein paar Schritte gegangen hörten wir von hinten<br />

wen „Mör<strong>der</strong>“ rufen und uns griff <strong>der</strong> Schmied an mit dem ich vorm<br />

Zelt gewartet hatte und hat behauptet Lady Taya hätte seinen<br />

Großvater umgebracht. Kurz danach kamen auch schon die Wachen<br />

und nahmen uns gefangen. Sie vermuten sie hat ihn vergiftet und als<br />

sie dann auch noch eine Flasche gefunden haben mit Resten... dann<br />

wollte sie weglaufen und sie schlugen sie nie<strong>der</strong> und ich konnte<br />

nichts machen.... was wenn sie es wirklich getan hat? Was wenn sie<br />

sie verurteilen...“ Er ließ den Kopf hängen.<br />

Ser Logan schaute Cwelborn an „Womit wir wie<strong>der</strong> zu meiner Frage<br />

kämen Maester, was hat es mit dem Gift auf sich?“<br />

Ser Ethan schaute auf „Was meint ihr Logan?“<br />

„Glaubt ihr wirklich sie würde Gift mit sich rumschleppen und<br />

Maester“ er betonte den Titel “Cwelborn wüsste davon nichts, ich<br />

vermute er hat es ihr gegeben“.<br />

Ser Ethan schaute Cwelborn scharf an. „Stimmt das? Ist das Gift von<br />

euch? Habt ihr es ihr gegeben? Wozu?“<br />

Cwelborn überlegte kurz und nickte dann leicht mit dem Kopf. „Ja<br />

sie hat die Flasche von mir und ja sie hat Gift enthalten. W<strong>of</strong>ür es<br />

genau bestimmt war, ist nicht an mir zu sagen.“<br />

Ethan stand auf und zog sein Schwert „Treibt keine Spiele mit uns<br />

Maester, sagt wozu sie das Gift hatte“ Cwelborn schluckte ihm war<br />

bewusst, wie gefährlich die Situation geworden war.<br />

253


„Ethan legt das Schwert weg“ kam plötzlich die Stimme von Ser<br />

Logan in dem Tonfall, den man ihn sonst nur gegenüber den<br />

Soldaten anschlagen hörte. „Wenn ihr ihn erschlagt werdet ihr auch<br />

nicht mehr wissen. Außerdem landet ihr dann ebenfalls im<br />

Gefängnis und dann könnt ihr erst recht nicht mehr Lady Taya<br />

helfen. Maester Cwelborn wird uns alles sagen was wir wissen<br />

müssen nicht wahr Maester?“<br />

Cwelborn nickt „Verzeiht Ser Ethan, ich will keine Spiele mit euch<br />

treiben, aber ich bin von Lady Taya zum Schweigen verpflichtet<br />

worden und ihr könnt sicher verstehen, dass ich ihr Vertrauen nicht<br />

brechen werde. Was ich euch aber sagen kann, <strong>der</strong> Sinn und Zweck<br />

des Giftes hat nichts mit dem Schmied zu tun. Sie hatte schon<br />

welches von mir bekommen, bevor wir wussten, dass wir<br />

hierherkommen würde.“ Er dachte kurz nach „Könnte sie es dafür<br />

genutzt haben ihn zu vergiften? Sicherlich einen Mann in seinem<br />

Alter würde es vermutlich umbringen. Ich kann mir aber nicht<br />

vorstellen, dass sie jemanden umbringt und schon gar nicht so<br />

<strong>of</strong>fensichtlich.“<br />

Ser Ethan lachte lautlos. „Alles was ihr uns sagen könnt ist also, sie<br />

trägt regelmäßig Gift bei sich und könnte es genutzt haben um den<br />

Schmied zu töten?“ Er ließ sich wie<strong>der</strong> auf den Stuhl sinken. „Was<br />

machen wir jetzt? Wir können sie nicht befreien und ich .. „er<br />

schaute verächtlich auf seinen verwundeten Arm“ ich könnte nicht<br />

mal wirklich kämpfen, wenn wir es probieren würden.“<br />

Maester Cwelborn ergriff seine Tasche. „Ich werde zum Lord<br />

Verwalter gehen und versuchen mit ihm zu reden um in Erfahrung<br />

zu bringen wie die genaue Anklage lautet, ob wir sie sehen können<br />

und wie es weitergeht“.<br />

254


„Geht“ sagte Ser Ethan „vielleicht seid ihr dann wenigstens zu was<br />

nütze außer ihr Gift zu geben“.<br />

Cwelborn tauschte noch einen besorgten Blick mit Ser Logan aus<br />

<strong>der</strong> unmerklich nickte und begab sich dann auf den Weg zur Burg.<br />

Nach ungefähr zwei Stunden kam er wie<strong>der</strong>, sichtlich unzufrieden<br />

mit dem was er erreicht hatte. Als er das Zelt betrat, sah er Ethan<br />

schlafend auf dem Stuhl sitzen und Ser Logan bedeutet ihm vor das<br />

Zelt zu gehen.<br />

„Nachdem ihr gegangen seid, habe ich ihn mit etwas Wein abgefüllt<br />

und die Verletzung und Erschöpfung des Tages haben den Rest<br />

getan. Was habt ihr erfahren?“<br />

Cwelborn verzog das Gesicht. „Lei<strong>der</strong> nicht viel, erst wollten sie mich<br />

gar nicht erst vorlassen, aber mir ist gelungen sie davon zu<br />

überzeugen, dass ich als Maester des Hauses ein Anrecht darauf<br />

hätte.<br />

Was Ser Ethan berichtet hat stimmt soweit mit dem überein, was<br />

man mir dort erzählt hat. Vorläufig werden wir aber nichts machen<br />

können. Morgen Mittag wird die Anhörung stattfinden und es haben<br />

sich auch schon Vertreter des Hauses Lannister und Tully<br />

angekündigt. Erst dann werden wir wohl genau erfahren wie es um<br />

Lady Taya steht. Wir können vorerst nur h<strong>of</strong>fen, dass sich rausstellt<br />

wie er ermordet worden ist o<strong>der</strong> besser noch wer ihn ermordet hat.<br />

Ich kann zwar was das Gift angeht zu ihren Gunten aussagen, aber<br />

ich weiß nicht wieviel Wert den Worten das Maesters des Hauses<br />

zugemessen werden wird.“<br />

Ser Logan seufzte „Dann liegt es wohl vorläufig in den Händen <strong>der</strong><br />

Sieben. Wir können hier nichts machen und selbst wenn es uns<br />

gelingen würde sie zu befreien, wären wir damit nicht gerettet. Wir<br />

255


können keinen Krieg gegen die Butterwells und die Calestris und<br />

wer sich noch anschließen würde führen.“<br />

„H<strong>of</strong>fen auf die Sieben.. das einzige Mittel was denen bleibt die<br />

sonst keine Möglichkeiten haben. Ich werde auf jeden Fall mich jetzt<br />

auch hinlegen, damit ich morgen ausgeruht bin für was auch immer<br />

uns erwartet. H<strong>of</strong>fentlich wache ich morgen nicht mit Ser Ethans<br />

Schwert im Hals auf, ich glaub er mag mich grad nicht sehr“<br />

Ser Logan lächelte kurz. „Nehmt es ihm nicht übel, sein Schmerz<br />

sitzt tief, weil er..“<br />

„Verliebt ist?“ warf Cwelborn ein. “Er trägt seine Gefühle nicht grad<br />

gut verborgen mit sich rum. H<strong>of</strong>fen wir es wird ihm helfen und nicht<br />

zu Dummheiten verleiten, die ihr mehr schaden als nützen.“<br />

„Keine Sorge Maester ich werde ein Auge auf ihn halten.. schlaft<br />

gut.“<br />

Noch lange nachdem Maester Cwelborn schon ins Zelt<br />

verschwunden war, saß er noch draußen an einem Lagerfeuer,<br />

lauschte den Geräuschen des Lagers und überlegte was <strong>der</strong><br />

folgenden Tag wohl bringen würde.<br />

256


Kergam<br />

„Kommt, Mylady, von hier aus könnt ihr gut sehen.“ Dalen Hardyng<br />

war voller Eifer und schob einen ziemlich korpulenten Ritter auf <strong>der</strong><br />

Bank ein Stück zur Seite. „Verzeihung, Ser, aber meine Verlobte<br />

braucht einen Sitzplatz bei dieser Hitze. Seid so gütig und rückt ein<br />

Stück zur Seite.“ Der fette Mann rutschte grummelnd nach rechts<br />

und Kara errötete, als sie von ihrem jungen Begleiter auf den Platz<br />

gedrückt wurde.<br />

„Vielen Dank, Ser. Lord Dalen, ihr müsst wirklich nicht...“<br />

„Dalen, meine Holde, bitte nennt mich Dalen. Schließlich sind wir<br />

bald verheiratet, da können wir gewisse Förmlichkeiten hinter uns<br />

lassen. Und doch, Ihr müsst sitzen. Ihr seid eine zarte und so<br />

wun<strong>der</strong>hübsche Blume und sollt bei dieser Hitze nicht welken.“<br />

Kara biss sich auf die Unterlippe, als sie Clarissa hinter sich kichern<br />

hörte. Ungeachtet davon stellte sich Dalen hinter Kara auf, um ihr<br />

Schatten zu spenden und legte seine kräftigen Hände auf ihre<br />

Schultern. Sie war sich sicher, dass er von dort einen guten Blick<br />

direkt in den Ausschnitt ihres Kleides hatte und als Dalens Finger<br />

anfingen, ihre Schultern leicht zu massieren, begann Kara zu<br />

schwitzen und ihr Mund wurde trocken.<br />

Sie konnte es immer noch nicht fassen. <strong>Das</strong> Haus Calestris war am<br />

Morgen angekommen und noch bevor sie ihre Zelte neben dem von<br />

Corban und Ceidroc aufgebaut hatten, war Lord Harrold Hardyng<br />

mit seinem Sohn Dalen aufgekreuzt und hatte Kara an die<br />

Vereinbarung erinnert, die zwischen ihm und Aron Calestris<br />

257


getr<strong>of</strong>fen worden war: das Kennenlernen und die baldige Heirat<br />

zwischen Kara und Dalen.<br />

Kara war darauf vorbereitet und ihr war flau im Magen. Sie hatte<br />

keine Lust auf ein Verlöbnis und sie hatte auch etwas Angst vor dem<br />

Treffen mit ihrem zukünftigen Mann. Er war erst 18, ganze sieben<br />

Jahre jünger als sie. Was, wenn er sie ansah und das Gesicht verzog?<br />

Wenn er auch zu dieser Hochzeit gezwungen wurde und kein<br />

Interesse an einer älteren Frau hatte, wenn er sich junges,<br />

unschuldiges Blut wünschte? Was würde das für ihre Ehe bedeuten?<br />

Aber zumindest diese Befürchtung hatte sich schnell zerstreut.<br />

Dalen Hardyng war ein großer, stämmiger junger Mann mit<br />

krausem blondem Haar und furchtbar vielen Pickeln im Gesicht.<br />

Ohne diese wäre er wohl ganz hübsch gewesen, aber so machte er<br />

nicht viel Eindruck und wirkte noch jünger, als ihm seine Jahrestage<br />

bescheinigten.<br />

Dalen allerdings... war vom ersten Augenblick von Kara angetan.<br />

Alles an ihr gefiel ihm, ihre roten Haare, ihr athletischer Körper, ihr<br />

Wissen über Heraldik, ihre Reitkünste... wenn sie beson<strong>der</strong>s gut<br />

Kirschkerne spucken könnte, würde er vermutlich auch das<br />

vergöttern. Es schien Liebe auf den ersten Blick beim jungen<br />

Hardyng zu sein, und war Kara davon anfangs noch ungläubig<br />

irritiert, fühlte sie sich daraufhin sogar etwas geschmeichelt.<br />

Inzwischen allerdings ging ihr <strong>der</strong> junge Kavalier gehörig auf die<br />

Nerven und die Vorstellung, ihr restliches Leben mit ihm zu<br />

verbringen, jagte ihr ein Schau<strong>der</strong>n über den Rücken.<br />

Doch es blieb ihr nicht viel Zeit, weiter darüber nachzudenken. Ihr<br />

Bru<strong>der</strong> Corban verkündete den Neuankömmlingen seines Hauses,<br />

dass in ein paar Stunden eine öffentliche Anhörung stattfand. Es<br />

ging um die Anklage im Falle eines Mordes hier während des<br />

Turniers, inzwischen sprach das ganze Lager davon. Und <strong>der</strong> Name<br />

258


des Opfers ließ Kara erstarren – es war ausgerechnet <strong>der</strong> alte<br />

Schmied Horgas Crest. Den <strong>Götter</strong>n sei Dank hatte ihr Onkel noch<br />

vorher mit ihm sprechen können und Lord Corban war über diese<br />

Geschichte nun inzwischen auch im Bilde. Angeklagte war, und das<br />

war <strong>der</strong> Höhepunkt dieser Geschichte, die Schlange aus Dorne, Lady<br />

Taya Godwynn persönlich. Es hieß, sie solle den Mord mit Gift<br />

begangen haben und Lord Butterwell sei außer sich wegen dieses<br />

Vorfalls. Er hatte Angst, das sein Turnier und die Hochzeit durch<br />

diesen Mord in den Hintergrund rücken würden und wollte die<br />

Angelegenheit so schnell und auch so hart wie möglich hinter sich<br />

bringen.<br />

Und nun waren sie alle hier, in <strong>der</strong> sengenden Mittagshitze, auf dem<br />

Turnierplatz vor Whitewalls. Nicht nur die Angehörigen des Hauses<br />

Calestris, die sich überall um Kara herum nie<strong>der</strong>ließen, nein, auch<br />

die meisten an<strong>der</strong>en Lords und Ladies, Ritter und Knappen und<br />

sogar das nie<strong>der</strong>e Fußvolk wollte sich dieses Spektakel nicht<br />

entgehen lassen.<br />

Also drängte sich <strong>der</strong> Adel auf den Bänken und <strong>der</strong> Pöbel vor den<br />

Zäunen und starrte auf den Turnierplatz, <strong>der</strong> eiligst in eine Art<br />

Gerichtsh<strong>of</strong> umfunktioniert worden war. Auf einem großen Podium<br />

im Schatten eines kleinen Daches saß <strong>der</strong> Hausherr<br />

höchstpersönlich und sah auf alles herab. Neben ihm hatten die<br />

Lords <strong>der</strong> Häuser Lannister und Tully platzgenommen. Kara<br />

erkannte den rothaarigen Edmure aus Riverrun s<strong>of</strong>ort, ebenso wie<br />

den imposanten Kevan Lannister von Casterly Rock. Um sie herum<br />

schienen einige Berater zu sitzen. Direkt vor <strong>der</strong> kleinen Tribüne<br />

hatte ein älterer Mann Aufstellung bezogen und sprach mit einem<br />

jungen, kräftigen Burschen, <strong>der</strong> auf einem Schemel Platz genommen<br />

hatte.<br />

259


Eine kleine Gruppe, die zu einer Bank weiter vorn geführt wurde,<br />

erregte Karas Aufmerksamkeit. Sie kannte einige dieser Männer.<br />

Nicht den ganz vorne, vermutlich ein Maester, aber danach... das<br />

waren Godwynns. Sie entdeckte den selbstgefälligen Ser Richard<br />

Logan, ebenso wie den unverschämten Ser Ethan Cerdic. Und dann<br />

wurden auch schon Fanfahren geblasen und brachten die aufgeregte<br />

Menschenmenge zum Schweigen. Eine Art Herold hatte auf dem<br />

Podest <strong>der</strong> drei Lords Stellung bezogen und verkündete nun mit<br />

lauter Stimme:<br />

„Hiermit wird das Verfahren wegen des Mordes am wohlbekannten<br />

und geschätzten Waffenschmied Horgas Crest eröffnet. Den Vorsitz<br />

hat unser ehrenwerte Lord Arnold Butterwell, Protektor von<br />

Whitewalls und Organisator dieses Turniers. Ihm stehen zu Seite<br />

stehen sein Lehnsherr, Lord Edmure Tully, Wächter des Tridents,<br />

und Lord Kevan Lannister, <strong>der</strong> Schild des Westens.”<br />

Alle Anwesenden hatten sich von ihren Bänken erhoben und setzten<br />

sich erst wie<strong>der</strong>, als die drei geehrten Personen Platz genommen<br />

hatten. Der Herold fuhr fort.<br />

“Anklage wird erhoben gegen Lady Taya, aus dem Hause Godwynn,<br />

geborene Sand, Erbin und alleinige Gebieterin von Silver Keep. Die<br />

Beweisführung wird dargelegt durch den ehrenwerten Boros<br />

Kergam, Lord Verwalter von Whitewalls.”<br />

Kara sah, wie <strong>der</strong> ältere Mann, <strong>der</strong> mit dem jungen Burschen<br />

gesprochen hatte aufstand, sich vor den Lords verneigte und sich<br />

räusperte. “Habt Dank. Und nun... bringt die Angeklagte herbei.”<br />

Ein Raunen erhob sich, als zwei Wachen <strong>der</strong> Butterwells eine junge<br />

Frau auf den Platz brachten. Sie war in staubige, rote Leinentücher<br />

260


gekleidet und schien ein wenig zu wanken, während sie barfuß<br />

durch den Sand <strong>der</strong> Arena schritt. Ihr Blick war starr zu Boden<br />

gerichtet. Vor <strong>der</strong> Tribüne brachten die Wachen sie zum halten und<br />

Kergam sprach erneut.<br />

“Angeklagte Taya, aus dem Hause Godwynn. Euch wird<br />

vorgeworfen, den bekannten Schmied Horgas Crest gestern zur<br />

Abendstunde mit Hilfe von Gift ermordet zu haben. Ihr werdet die<br />

Gelegenheit haben, Euch dazu zu äußern, auch weitere Mitglie<strong>der</strong><br />

Eures Hausstandes sind zugegen.”<br />

Der Verwalter zeigte zu den Personen, die Kara bereits als Godwynns<br />

erkannt hatte. Dann sah er die dornische Frau wie<strong>der</strong> mit kaltem<br />

Blick an. “Doch zuerst kommen wir zur Beweisaufnahme. Ben Crest,<br />

Ihr seid <strong>der</strong> Enkel des Ermordeten. Was ist gestern Abend<br />

geschehen?”<br />

Kergam blickte zu dem jungen Mann auf dem Schemel. Dieser<br />

erhob sich und begann zu sprechen.<br />

“Tja... nun, also, ich arbeitete vor unserem Zelt und hatte viel zu tun.<br />

Wie haben viele Auftragsarbeiten noch vor dem Turnier zu erledigen,<br />

und... ja, dann kam diese Frau.” Kergam sah zu Taya. “Die<br />

Angeklagte?” Crest nickte. “Ja, richtig... in Begleitung eines Ritters...<br />

dem da.” Er deutete auf Ser Ethan, dessen Gesicht dunkler und<br />

düsterer wurde. Crest fuhr fort. “Großvater Horgas ruhte sich gerade<br />

in seinem Zelt aus, und die Frau wollte ihn sprechen. Sie sagte, es sei<br />

sehr dringend, eine private Angelegenheit... also ließ ich sie vor, in<br />

das Zelt.”<br />

Der Verwalter runzelte die Stirn. “Hat <strong>der</strong> Ritter auch das Zelt<br />

betreten?”<br />

“Nein, Mylord.”<br />

261


“Könnt Ihr Euch vorstellen, aus welchem Grund die Angeklagte mir<br />

Eurem Großvater sprechen wollte?”<br />

“Nein, Mylord.”<br />

Eine laute, klare Stimme erhob sich, keine zwei Meter von Kara<br />

entfernt. Sie zuckte überrascht zusammen. Es war Corban, ihr<br />

Bru<strong>der</strong>. “Mylords, verzeiht meine Einmischung, aber in dieser Frage<br />

kann ich vielleicht helfen.”<br />

Wie<strong>der</strong> kam ein Murmeln auf, als sich alle Augen dem Lord von<br />

Wynard’s Hold zuwandten. Auch Lady Taya hatte sich zu ihm<br />

umgedreht, und ihre Augen waren schreckensgeweitet. Kergam sah<br />

zu <strong>der</strong> Tribüne hoch und Lord Butterwell nickte. “Nur zu, Lord<br />

Calestris, wenn Ihr etwas zur Aufklärung dieses Verbrechens<br />

beitragen könnt...”<br />

Corban stand auf. “Seid kurzer Zeit... so kurz, dass nicht einmal ich<br />

davon persönlich etwas mitbekam... gibt es eine Uneinigkeit<br />

zwischen dem Haus Godwynn und dem Haus Calestris. Mylords, ich<br />

will Euch mit den Details nicht langweilen, in diesem Streit geht es<br />

um Gold wegen einer angeblich zu Unrecht gezahlten hun<strong>der</strong>t Jahre<br />

alten Mitgift. Der Anspruch ist sehr wage, doch es existiert ein<br />

Schriftstück, welches urplötzlich aus den tiefen Kellern <strong>der</strong><br />

Godwynns auftauchte und ihrer lahmenden Silbermine mit unserem<br />

Gold zu neuem Glanz verhelfen sollte.”<br />

Wie<strong>der</strong> ertönte ein Raunen und Kara nahm mit wachsendem<br />

Unwohlsein die finsteren Blicke wahr, die von <strong>der</strong> Godwynn-Bank in<br />

Richtung ihres Bru<strong>der</strong>s geschleu<strong>der</strong>t worden. Corban fuhr jedoch<br />

unbeirrt fort.<br />

“Der Schmied Horgas Crest war in dieser Sache ein mutmaßlicher<br />

Zeuge, da er die genauen Umstände kennen mochte und somit den<br />

Streit sogar entscheiden könnte. Wir waren bereit uns nach seiner<br />

262


Aussage zu richten, sollte sie den Anspruch <strong>der</strong> Godwynns<br />

bestätigen, und das Gold zu zahlen. <strong>Das</strong> wurde jedoch überflüssig.<br />

Mein Onkel Ceidroc befragte den Schmied Horgas Crest bereits vor<br />

vier Tagen, und dieser bestätigte ihm, dass die For<strong>der</strong>ung haltlos ist.<br />

Ich nehme also an, dass auch Lady Taya den Ermordeten befragen<br />

wollte und die Antwort dürfte ihr nicht gefallen haben.”<br />

Einer <strong>der</strong> Ritter von <strong>der</strong> Bank <strong>der</strong> Godwynns war aufgesprungen und<br />

deutete mit einem Finger nach oben. Er schrie. “<strong>Das</strong> sind nur<br />

Mutmaßungen! Und für diese Behauptung gibt es keinen Beweis!<br />

Schade, dass <strong>der</strong> alte Schmied tot ist und diese Version nicht mehr<br />

bestätigen kann, nicht wahr?!”<br />

Ceidroc war nun ebenfalls wütend hochgefahren und brüllte nicht<br />

min<strong>der</strong> laut zurück. “Wollt Ihr mich einen Lügner nennen, Ser?!”<br />

“Ruhe!” Kergam schlug mit einem kleinen Hammer auf einen<br />

Schild, um sich Gehör zu verschaffen. “Setzt Euch, Mylords, alle!”<br />

Der Verwalter sah wie<strong>der</strong> zum Enkel des Verstorbenen. “Ist das<br />

richtig, hat Lord Calestris Euren Großvater vor ein paar Tagen<br />

besucht?”<br />

Crest nickte. “Ja, Mylord. Er hat ebenfalls allein mit Horgas<br />

gesprochen.”<br />

“Also schön. <strong>Das</strong> mögliche Motiv ist zur Kenntnis genommen<br />

worden. Habt Dank, Lord Corban. Und nun berichtet weiter, Ben.<br />

Was ist dann passiert.”<br />

Der Schmied kratzte sich am Hinterkopf. “Nun... also die Frau war<br />

bei ihm im Zelt... einige Minuten... vielleicht auch eine halbe Stunde.<br />

Dann habe ich Stimmen gehört, wütende Stimmen. Vor allem von<br />

meinem Großvater. Er nannte sie eine Natter o<strong>der</strong> so, und sagte, sie<br />

263


solle verschwinden. Und das tat sie dann auch, sie rauschte von<br />

dannen, und ihr Ritter folgte ihr. Ich sah ihr noch einen Moment<br />

nach, dann ging ich in das Zelt, um nach Großvater zu sehen und<br />

fand ihn zusammengebrochen vor seiner Bank. Seine...”<br />

Die Stimme des jungen Burschen versagte etwas. Er tat Kara leid. “...<br />

seine Augen blickten starr an die Decke und er hatte Blut am<br />

Mundwinkel. Dann bin ich <strong>der</strong> Frau hinterher gerannt, um die<br />

Mör<strong>der</strong>in zu stellen. Und dann kam ja auch schon die Wache.”<br />

Kergam nickte. “Richtig... Ben, Ihr könnt Euch setzen. Hauptmann<br />

Torol, von <strong>der</strong> Garde von Whitewalls. Bitte erhebt Euch.”<br />

Ein großer Mann in prächtiger Rüstung stand auf. Nachdem ihn <strong>der</strong><br />

Kergam aufgefor<strong>der</strong>te hatte, seine Sicht <strong>der</strong> Dinge zu beschreiben,<br />

tat er genau dies.<br />

“Wir wurden gerufen wegen eines Streites. Zwei Männer würden<br />

kämpfen, so hieß es, also gingen wir dazwischen. Es handelte sich<br />

um den Zeugen Ben Crest und den Waffenmeister <strong>der</strong> Angeklagten,<br />

Ser Ethan Cerdic. Wir hörten uns die Vorwürfe des Schmiedes an<br />

und meine Männer konnten Horgas Crest tot in seinem Zelt<br />

auffinden, ohne die Spur einer Waffenwunde. Schließlich fanden wir<br />

noch bei den Habseligkeiten <strong>der</strong> Angeklagten ein verdächtiges<br />

Fläschchen.”<br />

Torol machte eine bedeutungsvolle Pause.<br />

“Es roch für mich nach Gift. Wir haben es später Maester Bronar<br />

übergeben. Konfrontiert mit diesen Tatsachen wollte die Angeklagte<br />

flüchten. Wir mussten sie nie<strong>der</strong>schlagen, um sie daran zu hin<strong>der</strong>n.”<br />

264


Es ging wie<strong>der</strong> ein Murmeln durch die Zuschauerreihen. Kara<br />

blickte mit <strong>of</strong>fenem Mund zu <strong>der</strong> Lady von Silver Keep, die immer<br />

noch zu Boden starrte. <strong>Das</strong> schien alles eindeutig zu sein und<br />

nachvollziehbar. Unglaublich, was diese Schlangenfrau getan hatte.<br />

Allerdings war es auch sehr unvorsichtig. Ihn zu töten und dann<br />

einfach aus dem Zelt zu marschieren... nicht gerade clever. Vielleicht<br />

war es ja im Affekt passiert... doch normalerweise geschahen<br />

Giftmorde nicht im Affekt.<br />

Lord Verwalter Kergam entließ den Hauptmann <strong>der</strong> Garde wie<strong>der</strong>.<br />

Als nächstes rief er Bronar, den Maester <strong>der</strong> Butterwells auf, und<br />

auch dieser berichtete bereitwillig. Er war schon alt und seine<br />

Stimme fast so dünn wie sein Haar. “In <strong>der</strong> Phiole, die mir<br />

Hauptmann Torol gebracht hat, war ohne Zweifel ein Gift, auch<br />

wenn ich nicht mehr zu sagen vermag, welches es gewesen ist. Der<br />

Schmied Horgas Crest ist an einem Gift gestorben, die Zeichen sind<br />

eindeutig und es gibt keinen Hinweis auf eine an<strong>der</strong>e Todesursache.<br />

Allerdings habe ich etwas Ungewöhnliches an seinem Unterarm<br />

entdeckt. Es scheint... eine Art Biss zu sein.”<br />

Wie<strong>der</strong> das Raunen und Kergam zeigte sich selbst überrascht. “Ein...<br />

ein Schlangenbiss?” Alle Augen richteten sich erneut auf Taya und<br />

diesmal sah sie verzweifelt auf. Bronar wiegte sein altes Haupt<br />

zweifelnd hin und her. “Es sieht mir mehr nach dem Biss eines<br />

Menschen aus. Ob er mit <strong>der</strong> Todesursache in Zusammenhang steht,<br />

kann ich nicht sagen.”<br />

<strong>Das</strong> Murmeln wurde unruhiger und Kara konnte immer wie<strong>der</strong><br />

Wortfetzen wie “Natter”, “dornische Viper” und “menschliche<br />

Schlange” vernehmen. Kergam bat wie<strong>der</strong> einmal um Ruhe und ließ<br />

den Maester sich wie<strong>der</strong> setzen. Dann wandte er sich direkt an die<br />

Angeklagte.<br />

265


“Lady Taya, Ihr habt nun die Anklage, die Beweise und die Fakten<br />

gehört. Bekennt Ihr Euch schuldig? Habt Ihr etwas zu Eurer<br />

Verteidigung vorzutragen?”<br />

Ruhe kehrte ein, so still, dass sie beinahe in den Ohren wehtat. Je<strong>der</strong><br />

wollte die Erwi<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Angeklagten hören. Viele Sekunden<br />

verstrichen, bis sie endlich antwortete.<br />

“Wozu soll das gut sein? Ihr habt längst über mich geurteilt.”<br />

Kergam sah sie zornig an. “Dürfen wir das als Eingeständnis<br />

werten?”<br />

“Nein!” Die dornische Frau hatte die Schultern gestrafft und trotz<br />

ihrer verhärmten Erscheinung strahlte sie ein wenig Würde aus.<br />

“Nein, ich bin unschuldig! Ich habe Horgas Crest nicht umgebracht.<br />

Es ist richtig, dass ich ihn wegen des Disputes mit den Calestris’<br />

aufgesucht habe, und ja, seine Antwort hat mir nicht gefallen. Aber<br />

es wäre nicht nur dumm gewesen ihn dort und auf diese Weise zu<br />

töten, es wäre auch sinnlos gewesen. Er sagte mir, dass er sein<br />

Wissen bereits einem Lord <strong>der</strong> Calestris’ weitergegeben hatte, es<br />

wäre also zu spät gewesen.” Sie atmete tief durch. “Es stimmt auch,<br />

dass wir einen kleinen Streit hatten. Dieser alte Perversling wollte,<br />

dass ich ihm seinen morschen Zweig hobel.”<br />

Entsetztes Gemurmel kam auf und Ben Crest schrie auf vor Zorn.<br />

Kergam sah aus, als würde er <strong>der</strong> Lady am liebsten eine Ohrfeige<br />

verpassen. Im letzten Moment schien er sich zu besinnen. “Ihr<br />

solltet Eure giftige Zunge lieber hüten, Angeklagte, das wird Euch<br />

kein Wohlwollen einbringen.”<br />

Taya starrte ihn störrisch an. “Ich glaube nicht, dass das jetzt noch<br />

etwas ausmacht. Und ich habe ihn dennoch nicht getötet.”<br />

266


Lord Edmure Tully hatte sich auf <strong>der</strong> Tribüne erhoben und sprach<br />

mit ärgerlicher Stimme.“ Mylady, was ist mit dieser Phiole?”<br />

Sie sah wie<strong>der</strong> zu Boden. “Es stimmt... es ist meine Phiole und es<br />

war ein Giftextrakt enthalten. Aber ein abgeschwächtes, ich brauche<br />

es für eine... persönliche Therapie, ich nehme es selbst ein.”<br />

Murmeln und vereinzelt auch Lachen war aus dem Publikum zu<br />

hören, doch Taya sah nicht auf.<br />

“Mein Maester wird das bestätigen können.”<br />

Kergam sah sie spöttisch an. “Da bin ich sicher. Gestern hat er mir<br />

noch bestätigt, dass es keinen Ärger mit Eurem Haus und Euch<br />

selbst geben wird. Ist das alles, was Ihr zu sagen habt? Nichts, was<br />

die Vorwürfe entkräften könnte?”<br />

Taya sah ihn kalt an. “Wenn die Wahrheit nicht ausreichend ist, habe<br />

ich nichts weiter zu sagen.”<br />

“Wie bedauerlich... für Euch.”<br />

Der Lord Verwalter wandte sich <strong>der</strong> Bank zu, auf denen die wenigen<br />

Zugehörigen des Hauses Godwynn saßen.<br />

“Möchte noch jemand des Hauses <strong>der</strong> Angeklagten das Wort<br />

erheben, bevor die Lords und Vorsitzenden dieser Anhörung ihre<br />

Entscheidung beraten und verkünden werden?”<br />

Aus dem Augenwinkel sah er wie Ser Ethan aufspringen wollte, um<br />

das Wort zu ergreifen. In letzter Sekunde hielt ihn Ser Logan jedoch<br />

zurück und sprach eindringlich auf ihn ein. Cwelborn stand<br />

kurzentschlossen selber auf. Ihm war noch nicht ganz klar was er<br />

267


sagen würde, aber immerhin würde er nicht in eine Wuttirade<br />

verfallen wie Ser Ethan.<br />

"Ich bitte darum gehört zu werden Lord Verwalter"<br />

Dieser schaute ihn kurz und eindringlich an und nickte dann.<br />

"Cwelborn, Maester des Hauses Godwynn hat das Wort" verkündete<br />

er mit lauter Stimme.<br />

"Als erstes möchte ich mich bei dem Haus Calestris entschuldigen.<br />

Es war nicht unsere Absicht euch <strong>der</strong> Lüge zu bezichtigen, wie es<br />

h<strong>of</strong>fentlich auch nicht die eure war uns selbiges zu unterstellen mit<br />

euren Worten. Sicherlich könnt ihr wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hier auch<br />

verstehen, dass es für uns eine schwierige Situation ist und unter<br />

an<strong>der</strong>en Umständen hätte Ser Ethan seine Gefühle sicher besser<br />

unter Kontrolle gehabt."<br />

Er verbeugte sich kurz vor den Calestris und wandte sich wie<strong>der</strong> an<br />

den Lord Verwalter.<br />

"Es scheint <strong>of</strong>fensichtlich zu sein, dass Lady Godwynn schuldig ist.<br />

Sie kam zum Schmied, verbrachte Zeit alleine mit ihm, versuchte vor<br />

den Wachen zu fliehen und hatte auch noch eine Flasche bei sich in<br />

<strong>der</strong> wohl Gift gewesen ist. All dies sind klare Zeichen ihrer Schuld ...<br />

will man uns glauben machen. Es ist sicher die leichteste Lösung,<br />

die schnellste, die vielen gefallen würde. Es ist aber nicht die ganze<br />

Wahrheit.<br />

Fangen wir mit Horge Crest dem Schmied an. Lord Calestris hat<br />

schon erklärt, warum Lady Godwynn ein Interesse daran hatte mit<br />

ihm zu reden. Viele mögen daraus schließen, dass seine Antwort, die<br />

nicht zu unseren Gunsten ausgefallen ist, Grund genug für einen<br />

Mord wäre. Wozu aber ihn ermorden? Vielmehr wozu überhaupt mit<br />

268


ihm reden wenn wir nicht bereit waren, genau wie das Haus<br />

Calestris, seine Aussage zu akzeptieren?<br />

Uns war bekannt, dass das Haus Calestris bereits Familienmitglie<strong>der</strong><br />

vor Ort hatte, die ihn wahrscheinlich vor unsere Ankunft würden<br />

befragen können. Es stand auch zu vermuten, dass die Familie Crest<br />

sich eher <strong>der</strong> Familie Calestris verpflichtet fühlen würde, immerhin<br />

ging es um eine Liebesbeziehung zwischen ihnen.<br />

Warum ihn also nicht einfach direkt und diskret ermorden lassen,<br />

wenn es uns nur um die Mitgift ging und nicht um Gerechtigkeit?<br />

Warum persönlich einen Mord begehen bei dem man danach s<strong>of</strong>ort<br />

verhaftet wird, wenn man für etwas Kleingeld genug Mör<strong>der</strong><br />

beauftragen kann?<br />

Die Antwort ist leicht, weil Lady Godwynn nie einen Mord geplant<br />

hat, we<strong>der</strong> eigenhändig noch durch an<strong>der</strong>e.<br />

Sicher wird irgendwer mich gleich fragen wer es sonst gewesen sein<br />

könnte. Darauf kann ich nur sagen, ich weiß es nicht. Ich weiß nur,<br />

dass es Lady Godwynn nicht war. Die Frage nach dem Täter ist eine<br />

die vielleicht sein Enkel beantworten kann. Vielleicht hatte er<br />

Schulden o<strong>der</strong> einen verärgerten Kunden o<strong>der</strong> hat mit <strong>der</strong> Frau eines<br />

an<strong>der</strong>en Mannes geschlafen.<br />

"Wie könnt ihr es wagen so über meinen Großvater zu reden?"<br />

erklang es von <strong>der</strong> Tribüne.<br />

Cwelborn erkannte den Schmied Crest . "Ich wage es, weil jemand<br />

diese Fragen stellen muss und schon längst hätte stellen sollen. Habt<br />

ihr jemals darüber nachgedacht wer es sonst hätte sein können? Wer<br />

euren Großvater tot sehen wollte, bevor ihr Lady Godwynn<br />

willkürlich angegriffen habt? Wer entkommen wird, wenn ihr sie für<br />

ein Verbrechen verurteilt, was sie nicht begangen hat?"<br />

269


"Sie kam aus dem Zelt und er lag tot darin, was brauche ich noch für<br />

Beweise und ihr habt es doch eben gehört er wurde vergiftet und<br />

man hat die Flasche mit Gift bei ihr gefunden" er warf ihr einen<br />

hasserfüllten Blick zu.<br />

"Seht ihr Crest ich habe als Maester viel Zeit damit verbracht Gifte<br />

zu studieren und das Gift welches in <strong>der</strong> Flasche war, war ein von<br />

mir hergestelltes daher kann...".<br />

Hier unterbrach <strong>der</strong> Lord Verwalter Cwelborn "Ihr habt das Gift<br />

hergestellt? Dann wisst ihr welches Gift es war? Was Horge Crest<br />

umgebracht hat?"<br />

Cwelborn schüttelte den Kopf "Ich weiß nicht welches Gift Horge<br />

Crest umgebracht hat, auch wenn ich gern bereit bin mich und mein<br />

Wissen zur Verfügung zu stellen um Maester Bronar zu helfen es<br />

rauszufinden. Ich weiß aber welches Gift in <strong>der</strong> Flasche war, die ihr<br />

bei Lady Godwynn gefunden habt. Genauer gesagt welche Gifte, es<br />

ist eine abgeschwächte Mischung verschiedener Arten. Es ist ein<br />

Trank den sie täglich zu sich nimmt, um weniger anfällig für sie zu<br />

werden. Ich kann gerne Maester Bronar eine Liste mit allen Zutaten<br />

geben und wenn ihr wollt, könnt ihr zu unserem Lager schicken. Im<br />

Zelt dort werdet ihr in meinen Taschen noch mehr Flaschen damit<br />

finden. Genug für die Dauer <strong>der</strong> Reise und des Turniers."<br />

Der Lord Verwalter stellte seine nächste Frage "Warum glaubt ihr,<br />

dass das Gift nicht einfach benutzt wurde um Horge Crest zu<br />

töten?"<br />

"Der simpelste ist <strong>der</strong>, die Dosis des Giftes ist für Lady Taya<br />

bestimmt. Schaut sie euch genau an. sie ist zwar recht groß, aber<br />

270


auch sehr schlank. Horge Crest hingegen war nicht nur groß,<br />

son<strong>der</strong>n auch sehr kräftig gebaut. Er hätte eine erheblich größere<br />

Menge von dem Gift zu sich nehmen müssen, damit es ihm hätte<br />

gefährlich werden können. Wobei ich mich dann auch Frage, wie hat<br />

sie es ihm verabreicht? Sie wird ihn wohl nicht überwältigt haben<br />

und das Zelt ist nicht wirklich groß genug, um es heimlich irgendwo<br />

in sein Trinken schütten zu können."<br />

"Könnte sie nicht einfach ein an<strong>der</strong>es Gift bei sich gehabt haben?"<br />

konterte <strong>der</strong> Lord Verwalter<br />

"Schaut euch die Flasche an, wenn es eine von meinem war, werdet<br />

ihr an ihrem Boden ein Zeichen vorfinden. Ich markiere sie alle mit<br />

einem Raben <strong>der</strong> eine runden Scheibe im Schnabel hält"<br />

Der Lord Verwalter lies die Flasche bringen und schaute sie an "Euer<br />

Zeichen ist vorhanden, das würde aber Lady Godwynn nicht dran<br />

hin<strong>der</strong>n, ein an<strong>der</strong>es Gift mitzubringen o<strong>der</strong>?"<br />

Cwelborn nickte "Sicher könnte sie das, aber ebenso gut könnte <strong>der</strong><br />

Schmied Crest nach Lady Godwynns Weggang ins Zelt gegangen<br />

sein, seinen Großvater vergiftet und dann versucht haben ihr die<br />

Schuld anzuhängen."<br />

"Ihr Schwein wir könnt ihr sowas behaupten, ich hätte meinen<br />

Großvater niemals etwas angetan" rief Crest wutentbrannt.<br />

Cwelborn wandte sich ihm zu "Vielleicht.. vielleicht auch nicht,<br />

wenn wir Schuld aber rein nach Vermutungen verteilen, habt ihr<br />

ebenso guten Grund und Möglichkeiten gehabt die Tat zu begehen.<br />

Immerhin bedeutet <strong>der</strong> Tod eures Großvaters, dass ihr jetzt mehr<br />

von dem Geschäft habt".<br />

271


"Ich sollte euch alle Knochen..." fing Crest an<br />

"<strong>Das</strong> ist alles schön und gut Maester, aber die Sache mit dem Gift<br />

welches sie selber trinkt, wirkt wie eine sehr gelegen kommende<br />

Ausrede und sie erklärt auch nicht, warum Lady Godwynn meinte<br />

weglaufen zu müssen." fuhr <strong>der</strong> Lord Verwalter im dazwischen.<br />

"Nicht? Sie fürchtet genug um ihr Leben um eine schmerzhafte<br />

Giftkur zu machen, wir wurden grade erst auf dem Weg zum<br />

Turnier angegriffen, hier wurde sie von Crest nie<strong>der</strong>geworfen und<br />

mit einem Hammer bedroht und erkannte, dass man ihr einen Mord<br />

anhängen würde. Wie hätte sie eurer Meinung nach sonst reagieren<br />

können? Wir reden hier von einer jungen Frau und keinem in<br />

Kriegen gestählten Kämpfer".<br />

Der Lord Verwalter schaute ihn ein wenig herablassend an "Sie mag<br />

keine Kriegerin sein, aber sie leitet ein Haus. Außerdem hatte sie die<br />

Möglichkeit sich zu äußern, ihre Sicht <strong>der</strong> Dinge darzustellen. Wie<br />

ihr selber erlebt hat, haben wir von ihr nur Trotz und Verweigerung<br />

erfahren."<br />

"Hätte es ihr denn helfen können? Bei einem Verfahren was am<br />

nächsten Tag angesetzt wurde? Ohne zu schauen ob es an<strong>der</strong>e<br />

Verdächtige gibt? Während lediglich sechs Mitglie<strong>der</strong> ihres Hauses<br />

hier verweilen? Ihr habt doch selber gehört das Gemurmel von<br />

Schlangenmensch als <strong>der</strong> Maester den Biss erwähnte, wie Crest sie<br />

am liebsten s<strong>of</strong>ort verurteilt sehen will, wie das Haus Calestris<br />

andeutete die negative Antwort hätte ihr nicht gefallen. Würdet ihr<br />

an ihrer Stelle daran glauben fair behandelt zu werden. "<br />

272


<strong>Das</strong> Gesicht vom Lord Verwalter verfinsterte sich "Wollt ihr etwa<br />

damit sagen, dass Lord Butterwell einen Unschuldigen verurteilen<br />

würde? <strong>Das</strong> wir nicht willens sind die Wahrheit herauszufinden?"<br />

"Ich spreche hier grade weil ich daran glaube, dass ihr ein<br />

ehrenhafter Mann seit Kergam und sicher bin, dass ihr ebenso wie<br />

Lord Butterwell sehen könnt, dass ihre Schuld alles an<strong>der</strong>e als<br />

feststeht. Wenn ihr sie nicht freisprechen wollt, bitte ich euch gebt<br />

uns zumindest etwas Zeit damit wir rausfinden können, wer <strong>der</strong><br />

wahre Schuldige ist."<br />

"Wir danken euch für eure Aussage Maester Cwelborn und werden<br />

euren Worten die gebührende Aufmerksamkeit schenken" antwortete<br />

<strong>der</strong> Lord Verwalter abrupt.<br />

Cwelborn verstand, dass seine Aussage damit beendet worden war.<br />

Er setzte sich wie<strong>der</strong> auf seinen Platz und tauschte mit Ser Logan<br />

einen besorgten Blick. Er wusste nicht, ob er irgendetwas bewirkt<br />

hatte, aber er hatte es versuchen müssen.<br />

"Bravo, bravo!" Eirik hielt es, nachdem er <strong>der</strong> Verteidigungsrede des<br />

Maester aufmerksam zugehört und bei jedem neuen entlastenden<br />

Argument eifrig genickt hatte, nicht mehr auf seiner Bank, weshalb<br />

er aufsprang und klatschend die Sekunden <strong>der</strong> erwartungsvollen<br />

Stille füllte, welche sich einstellte, als <strong>der</strong> Maester <strong>der</strong> Godwynns<br />

seinerseits wie<strong>der</strong> Platz genommen hatte. Lei<strong>der</strong> hatte Eirik dabei<br />

den Zeitpunkt verpasst, zu dem man hätte einen authentischen<br />

Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Rede und seinen Jubelarien finden<br />

können, so dass es nur noch wie ein schlechtes Schauspiel wirkte.<br />

Entsprechend reagierte das versammelte Publikum irritiert und<br />

verstört, teils auch erheitert, was sich in einem defusen Raunen<br />

ausdrückte. Sowohl <strong>der</strong> strafende Blick Kergams, als auch ein<br />

273


kräftiger Zug von Ser Richards linker Hand, mit seiner rechten<br />

versuchte er im Reflex verschämt sein Gesicht zu verstecken,<br />

zwangen Eirik zügig wie<strong>der</strong> Platz zu nehmen.<br />

An dem noch vereinzelt hörbarem Lachen im Publikum merkte er<br />

dann auch bald selbst die Wirkung seiner Tat, entschied jedoch für<br />

sich, dass er es durchaus ehrlich meinte, weshalb er auch als einziger<br />

<strong>der</strong> Godwynns erhobenen Hauptes die Blicke <strong>der</strong> Versammlung<br />

aushielt.<br />

'Es müsse ja doch alles in <strong>der</strong> rechten Reihenfolge geschehen: Erst<br />

musste er selbst zu Rang und Namen kommen und Lady Taya<br />

ehelichen. Die Schlachtung seines Weibes würde er dann überdies<br />

gerne selbst besorgen' dachte Eirik für sich selbst, während er, auch<br />

um sich und sein Jubel in einem eher bedeutungslosen Schein zu<br />

setzen, beiläufig sich daran machte, seine Kleidung zu Recht zu<br />

zupfen und unschuldig mal hierhin und mal dorthin schaute.<br />

Nach kurzer Zeit hatten sich dann alle Versammelten wie<strong>der</strong><br />

beruhigt und die Verhandlung sollte nun in eine entscheidende<br />

Phase kommen …<br />

Lord Verwalter Boros Kergam fuhr sich entnervt durch die Haare.<br />

“Wenn sich dann alle, die es angeht, zu diesem Fall geäußert haben...<br />

werden sich die Lords zur Beratung kurz zurückziehen. Die<br />

<strong>Urteil</strong>sverkündung erfolgt in ein paar Minuten.”<br />

Kara sah sich um, als das Gemurmel <strong>der</strong> Zuschauer wie<strong>der</strong><br />

anschwoll. Viele standen kurz auf, bewegten sich aber nicht zu weit<br />

von ihrem Platz weg. Niemand wollte das <strong>Urteil</strong> verpassen. Ein<br />

<strong>Urteil</strong>, welches nach Karas Einschätzung nicht gut ausgehen dürfte<br />

für die Lady Godwynn. Der Maester hatte gut gesprochen, mehr wie<br />

274


ein politischer Berater, als ein Maester. Kara musste an Lord Varys<br />

denken, die Spinne aus King’s Landing. Er war ähnlich wortgewandt.<br />

Aber Worte konnten die Fakten und Tatsachen nicht ausgleichen,<br />

und auch wenn es Unsicherheiten gab, die Beweise sprachen einfach<br />

gegen die Frau aus Dorne.<br />

Die Lady <strong>der</strong> Calestris beobachtete, wie die Lords <strong>der</strong> Häuser<br />

Butterwell, Tully und Lannister diskutierten, auch Kergam und <strong>der</strong><br />

alte Maester Bronar standen bei Ihnen.<br />

Dalen, <strong>der</strong> für einige Minuten verschwunden war, tauchte nun<br />

wie<strong>der</strong> auf und reichte Kara einen kleinen Krug. “Etwas Wein für<br />

Euch, Mylady. Trinkt, bei dieser Hitze ist das wichtig.”<br />

Kara nickte und nippte an dem Getränk. “Danke Mylord, doch<br />

Wasser wäre wohl weiser. Der Wein steigt bei diesen Temperaturen<br />

schnell zu Kopf.”<br />

Der junge Hardyng wollte gerade etwas erwi<strong>der</strong>n, als erneut Ruhe<br />

innerhalb des Publikums einkehrte. Kergam schlug mit seinem<br />

kleinen Hammer und Lord Arnold Butterwell hatte sich erhoben,<br />

gebieterisch in das Publikum starrend. Es war soweit, die Lords<br />

hatten sich entschieden.<br />

Als das Rumoren <strong>der</strong> Zuschauer zu einem Flüstern geworden war,<br />

sprach <strong>der</strong> Hausherr mit gut vernehmbarer Stimme. Er wandte sich<br />

dabei nicht an das Publikum, son<strong>der</strong>n direkt an die Angeklagte, die<br />

vor <strong>der</strong> Tribüne so klein und verletzlich wirkte wie ein Kind.<br />

“Lady Taya, aus dem Hause Godwynn. Hört nun das <strong>Urteil</strong>, welches<br />

ich in Beratung meiner Lehnsherren zu treffen entschieden habe.”<br />

Er räusperte sich und Kara erkannte, dass die dornische Frau zu<br />

zittern begann.<br />

275


“Euer Maester hat gut gesprochen und versucht, die Beweise für<br />

irrelevant und ungültig zu erklären, ebenso wie das Motiv zu<br />

verwässern. Schaut man jedoch hinter seine geschickten Worte,<br />

bleibt nicht viel übrig. Horgas Crest war ein wichtiger Zeuge in<br />

diesem Streit, und es hätte auch sein können, dass er zu Gunsten<br />

Eures Hauses aussagt, Mylady, daher musste er erst befragt werden.<br />

Er sagte jedoch entgegen Eurer Interessen aus, auch wenn sich das<br />

nun nicht mehr beweisen lässt. Aber es gibt keinen Hinweis darauf,<br />

dass jemand an<strong>der</strong>es den Schmied ermordet haben könnte, niemand<br />

<strong>der</strong> ein Motiv o<strong>der</strong> die Gelegenheit dazu hatte - außer Euch. Der<br />

Vorwurf, Ben Crest könne selbst <strong>der</strong> Täter sein, ist geradezu infam.<br />

Ohne seinen Großvater wird er die Schmiedearbeit nicht bewältigen<br />

können, die hier auf ihn wartet und er wird große Verluste machen.<br />

Ungehörige und unsinnige Spekulationen bringen uns nicht weiter.<br />

Nur die Fakten.”<br />

Butterwell hob die kleine Phiole hoch, so dass sie je<strong>der</strong> sehen<br />

konnte.<br />

“Niemand kann noch sagen, was in diesem Fläschen gewesen ist,<br />

und die Behauptung, <strong>der</strong> Inhalt wäre <strong>der</strong> gleiche wie <strong>der</strong> in den<br />

an<strong>der</strong>en Phiolen, die Euer Maester da hervorgezaubert hat, ist auch<br />

nicht mehr als das: eine Behauptung. Er hatte genug Zeit um eine<br />

Scharade vorzubereiten. Es ist sogar möglich, dass Ihr ihn getäuscht<br />

habt.”<br />

Taya sank sichtlich vor den Augen <strong>der</strong> Zuschauer in sich zusammen.<br />

Lord Butterwell fuhr unbeirrt fort.<br />

“<strong>Das</strong> gleiche gilt für die Sache mit <strong>der</strong> Gifttherapie... ich frage Euch,<br />

Mylady, würdet Ihr das glauben an meiner Stelle? O<strong>der</strong> würdet Ihr<br />

276


nicht eher auch den Beweisen trauen und annehmen, dass das Gift<br />

über den Weinkrug des alten Schmiedes in sein Blut gelangt ist?”<br />

Butterwell warf einen despektierlichen Blick zu dem Maester <strong>der</strong><br />

Godwynns hinüber.<br />

“Wer mit Gift tötet, wählt selten den Weg des gewaltsamen<br />

Einflößens, Maester, dann wäre ein Schwert doch einfacher. Und<br />

wenn Ihr denkt, es sei eine Schwierigkeit einen alten Mann heimlich<br />

zu vergiften, so solltet Ihr einmal ein paar Geschichtsbücher wälzen.”<br />

Er wandte sich wie<strong>der</strong> an Taya.<br />

“Ihr h<strong>of</strong>ft, dass wir diesen abenteuerlichen Erklärungen und<br />

Ausreden Glauben schenken. Euch Glauben schenken, <strong>der</strong><br />

Angeklagten, <strong>der</strong>en Name nicht das erste Mal mit einer Vergiftung<br />

in Verbindung gebracht wird, und Eurem sehr jungen Maester, <strong>der</strong><br />

noch keine Gelegenheit hatte, seinen Leumund zu beweisen. Und<br />

das obwohl die Tatsachen gegen Euch sprechen.”<br />

Butterwell hielt kurz inne und atmete tief durch.<br />

“So Leid es mir tut, Mylady. <strong>Das</strong> kann ich nicht. Und ich werde nicht<br />

zulassen, dass ihr mit Eurer Tat mein Ansehen, meine Hochzeit o<strong>der</strong><br />

mein Turnier befleckt und dann glimpflich davonkommt. Hiermit<br />

befinde ich Euch des Mordes an Horgas Crest für schuldig und<br />

verurteile Euch zum Tode durch den Strang. <strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> wird morgen<br />

bei Sonnenaufgang vollstreckt. Ich sehe keinen Grund, das länger<br />

hinauszuzögern und den Turnierablauf dadurch zu stören.”<br />

Ein Tumult brach los. Die Leute riefen durcheinan<strong>der</strong>, viele<br />

klatschten, beson<strong>der</strong>s laut Dalen hinter ihr, und Ben Crest jubelte<br />

277


efriedigt. Lady Taya war zusammengebrochen und hockte auf den<br />

Knien im Staub <strong>der</strong> Arena. Ihre Ritter und Knappen waren<br />

aufgesprungen und schrien aufgeregt. Kara beobachtete die Lords<br />

auf <strong>der</strong> Tribüne. Sie alle nickten sich zu und schienen zufrieden zu<br />

sein. Butterwell vermutlich, weil er auf seinem Hoheitsgebiet Stärke<br />

zeigen konnte. Edmure Tully, als sein Lehnsherr dürfte er das genau<br />

so empfinden. Aber die Lannisters? Sie sollten sich mit dieser<br />

Entscheidung nicht allzu wohl fühlen, schließlich ging es bei den<br />

Godwynns um ihre Vasallen, o<strong>der</strong> nicht?<br />

Kara sah, wie sich die dornische Frau wehrte, als die Soldaten sie<br />

wie<strong>der</strong> wegführen wollten. Sie rief irgendetwas und Butterwell sah<br />

sie ärgerlich an. Kergam schlug wie<strong>der</strong> mit dem Hammer und die<br />

Zuschauer verstummten erneut, überrascht, dass das Spektakel noch<br />

nicht vorüber war. Es dauerte ein paar Minuten, bis es so still war,<br />

dass man Lady Taya verstehen konnte.<br />

“Mylords! Je<strong>der</strong> Lord, jede Lady und je<strong>der</strong> Ritter, <strong>der</strong> eines<br />

Verbrechens angeklagt wird, hat das Recht auf ein Gottesurteil! Und<br />

ich habe vor, mich auf dieses Recht zu berufen!”<br />

Ben Crest sah irritiert drein. “Was heißt das?”<br />

Butterwell seufzte. “Eigentlich überrascht es mich ja nicht. <strong>Das</strong><br />

Schicksal <strong>der</strong> Lady wird durch einen Kampf bestimmt. Jede Seite<br />

wählt einen Ritter, <strong>der</strong> für sie kämpft, und unter dem Willen <strong>der</strong><br />

<strong>Götter</strong> erhält <strong>der</strong> Sieger recht.”<br />

Crest schien darüber nicht glücklich zu sein und Lord Kevan<br />

Lannister beugte sich vor und sprach leise mit Butterwell. Dalen<br />

räusperte sich hinter Kara. “Ich bin sicher, einer <strong>der</strong> ver<strong>der</strong>bten<br />

Ritter dieser Schlangenfrau wird gerne für sie sterben, und danach<br />

sie selbst. Manchmal ist das Gottesurteil sinnlos, wenn die <strong>Götter</strong><br />

umsonst zu urteilen bemüht werden.”<br />

278


Butterwell sprach nun wie<strong>der</strong> und er hatte ein unangenehmes<br />

Lächeln aufgesetzt. “Die Bitte sei Euch gewährt. Doch als Lord, auf<br />

dessen Boden dieses Unrecht geschehen ist, bestehe ich auf ein<br />

<strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben. Dieses Recht habe ich. Es scheint mir <strong>der</strong> Tat und<br />

<strong>der</strong> turnierlichen Umgebung angemessen zu sein.”<br />

Erneuter Tumult brach los, diesmal irritierter im einfachen Volk, und<br />

überraschter unter den Adeligen. Auch Dalen runzelte die Stirn.<br />

“Was ist denn ein <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben?”<br />

Kara drehte sich zu ihm um. “<strong>Das</strong> ist eine an<strong>der</strong>e Form des<br />

Gottesurteils. Uralt und selten verlangt, <strong>der</strong> letzte Fall, den ich kenne,<br />

fand vor einhun<strong>der</strong>t Jahren statt. Die ‘Prüfung <strong>der</strong> Sieben’ kam mit<br />

den Andalen und ihren sieben <strong>Götter</strong>n über das schmale Meer. Bei<br />

jedem Gottesurteil bitten Kläger und Angeklagter die <strong>Götter</strong>, ein<br />

<strong>Urteil</strong> über sie zu fällen. Die Andalen glaubten, wenn auf je<strong>der</strong> Seite<br />

sieben Kämpfer fechten, würden die solchermaßen geehrten <strong>Götter</strong><br />

mit größerer Wahrscheinlichkeit eingreifen und dafür sorgen, dass<br />

ein gerechtes Ergebnis erzielt wird.”<br />

Dalen schien noch immer nicht zu verstehen. “Die Schlangenfrau<br />

muss gegen sieben Ritter antreten?”<br />

Kara rollte mit den Augen. “Nein, es müssen sieben Ritter o<strong>der</strong><br />

Lords gegen sieben an<strong>der</strong>e Ritter o<strong>der</strong> Lords kämpfen. An<strong>der</strong>e sind<br />

nicht erlaubt.”<br />

<strong>Das</strong> Problem für Lady Taya dürfte sein, genug Kämpen zu finden,<br />

die für sie kämpfen, dachte Kara. Und <strong>der</strong> Frau aus Dorne schienen<br />

gerade die gleichen Gedanken durch den Kopf zu gehen. Sie schrie,<br />

um sich Gehör zu verschaffen.<br />

“Lord Arnold, was passiert, wenn ich nicht genügend Ritter finde,<br />

die für mich kämpfen wollen?”<br />

279


Butterwell lächelte dünn. “Wenn eine Sache gerecht ist, werden gute<br />

Männer dafür kämpfen. Wenn Ihr keine Kämpfer finden könnt,<br />

Mylady, liegt es daran, dass Ihr schuldig seid. Könnte etwas<br />

<strong>of</strong>fensichtlicher sein? Morgen früh bei Sonnenaufgang werden wir<br />

sehen, welchen Recken sich für Eure Seite eingefunden haben, um<br />

gegeneinan<strong>der</strong> zu reiten. Und ich bin sicher, es wird nicht an<br />

mutigen Streitern mangeln, die sich für die Ehre des jungen Crest<br />

einsetzen wollen?”<br />

Die Frage war laut, vernehmbar und augenscheinlich an alle in<br />

Hörweite gestellt. Hauptmann Torol war ohne zu zögern<br />

aufgestanden.<br />

“Mylord, ich werde die Ehre von Ben Crest im Namen <strong>der</strong> Sieben<br />

verteidigen.”<br />

Butterwell nickte und Kara zuckte zusammen, als direkt hinter ihr<br />

eine laute Stimme ertönte. “Ich, Dalen Hardyng, Erbe von Redfield,<br />

werde an Eurer Seite kämpfen! Die Schlangenfrau hat versucht, das<br />

Haus meiner Verlobten durch Verrat und Mord zu betrügen. Ich<br />

stehe für die Gerechtigkeit ein!”<br />

Dalen erntete Applaus, doch Kara zischte ihn an. “Seid Ihr von<br />

Sinnen?! <strong>Das</strong> ist ein Kampf um Leben und Tod!”<br />

Er lächelte nachsichtig. “Keine Sorge, Mylady. Ich bin ein erfahrener<br />

Kämpfer und die <strong>Götter</strong> werden mich schützen. Bei so einer Sache<br />

ist viel Ehre zu gewinnen, und ich glaube nicht, dass einer dieser<br />

beiden armen Ritter da auf <strong>der</strong> Bank mich verletzen könnte.<br />

Außerdem denke ich nicht, dass es überhaupt soweit kommt.<br />

Niemand mit Verstand würde für die Schlange kämpfen.”<br />

280


Ein weiterer Kämpe hatte sich erhoben, ein Ritter mit dem Zeichen<br />

<strong>der</strong> Lannisters. “Mein Name ist Ser Forley Prester, und ich erhebe<br />

ebenfalls mein Schwert für den Schmied!”<br />

“Ich ebenfalls! Ser Karyl Vance, Ritter im Dienste des Hauses Tully!”<br />

Je<strong>der</strong> Freiwillige erhielt donnernden Beifall. Dann trat für ein paar<br />

Sekunden Stille ein. Schließlich erhob sich ein älterer Mann. “Ich<br />

werde ebenfalls für Euch kämpfen, Crest. Ich und mein Hauptmann.<br />

So kann ich eine persönliche Angelegenheit mit <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

<strong>der</strong> Sieben verbinden.”<br />

Kara kramte in ihrem Gedächtnis. Wer war dieser Mann? Sein Wams<br />

zeigten einen grauen Adler auf türkisem Grund. Haus... Cerdic? Ja,<br />

das mochte sein, aus den Westlanden, wenn sie sich nicht irrte. Ein<br />

kleines, unbedeutendes Haus. Was wohl den Lord dazu bewegte,<br />

selbst am <strong>Urteil</strong>skampf teilzunehmen? Kara zählte in Gedanken<br />

rasch durch. Sechs Kämpfer hatten sich bereits gefunden, und <strong>der</strong><br />

siebte erhob sich auch soeben: es war <strong>der</strong> älteste Sohn von Lord<br />

Arnold persönlich, Willem Butterwell.<br />

Diese ganze Anhörung war eine Farce. Die Lords hatten sich ihre<br />

Meinung schon vorher gebildet und <strong>der</strong> Pöbel interessierte sich<br />

mehr für eine Hinrichtung, als für Details. Dieser aufgeblasene Lord<br />

Calestris hatte nichts als Hörensagen vorzubringen, doch <strong>der</strong><br />

Schaden war bereits angerichtet und es bestand nicht mehr die<br />

geringste Chance, dass Lady Taya für unschuldig befunden wird.<br />

Ethan war nicht son<strong>der</strong>lich überrascht, als Lord Butterwell<br />

zustimmte, aber als er ein <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben verlangte, wurde er<br />

stutzig. Seit mehr als einhun<strong>der</strong>t Jahren wurde es nicht mehr<br />

durchgeführt. Dennoch war es ein Glücksfall, denn obwohl die<br />

Risiken höher waren, bestand auch eine größere Chance, das Feld als<br />

Sieger zu verlassen. Denn es war nicht nur ein Zweikampf, son<strong>der</strong>n<br />

begann zu Pferde mit Lanzen.<br />

281


Mit zusammengepressten Lippen und einem düsteren Blick wartete<br />

er darauf, dass sich die Ritter für den Schmied meldeten. Natürlich<br />

würde sich hier niemand finden, <strong>der</strong> freiwillig für Lady Taya<br />

einstehen würde, ausgenommen Ser Richard und er selber.<br />

Hauptmann Torol war <strong>der</strong> Erste. Überheblich, arrogant und darauf<br />

aus, sich durch einen Sieg auszuzeichnen. Er würde leicht aus <strong>der</strong><br />

Fassung zu bringen sein und dann wäre es ein leichtes Spiel mit<br />

ihm.<br />

Der nächste Freiwillige war noch ein halbes Kind. Vor ihm erkannte<br />

Ethan Lady Kara Calestris, und ihrem Gesichtsausdruck zufolge<br />

kannte sie den Lord und war nicht son<strong>der</strong>lich begeistert von seiner<br />

Idee. Als Lord hat er vermutlich eine gute Grundausbildung<br />

genossen, aber ihm fehlte die Erfahrung.<br />

Aber Ethan erkannte noch etwas an<strong>der</strong>es in ihm. Er wollte sich<br />

unbedingt vor Lady Kara beweisen und den Ruhm des Sieges<br />

genießen. Bei dem Gedanken daran musste <strong>der</strong> Ritter unfreiwillig<br />

schmunzeln, erinnerte ihn <strong>der</strong> junge Lord doch an ihn selber. Er<br />

würde anfangs überheblich und aggressiv auftreten, bei dem ersten<br />

Rückschlag allerdings panisch reagieren und danach unvorhersehbar<br />

sein.<br />

Ethan nahm sich vor, ihn nicht zu unterschätzen. Ser Forley Prester<br />

und Ser Karyl Vance waren beide bekannte und ehrenvolle Ritter.<br />

Die Tatsache, dass auch ein Lannister gegen die Godwynns in den<br />

Kampf zieht, spricht schon für sich. Sie waren beide kampferprobt<br />

und hatten schon echte Schlachten geschlagen. Durch ihre<br />

Erfahrung und ihr Können sind sie bisher die schwierigsten Gegner<br />

und <strong>der</strong> Waffenmeister war sich nicht sicher, wie man diese beiden<br />

besiegen sollte. Als sich <strong>der</strong> nächste Freiwillige meldete, gefror ihm<br />

das Blut in den A<strong>der</strong>n. “Ich werde ebenfalls für Euch kämpfen, Crest.<br />

Ich und mein Hauptmann. So kann ich eine persönliche<br />

Angelegenheit mit <strong>der</strong> Gerechtigkeit <strong>der</strong> Sieben verbinden.”<br />

282


Diese Stimme konnte nur einem gehören…<br />

seinem Vater. Langsam drehte er seinen Kopf<br />

in die Richtung, aus <strong>der</strong> die Stimme kam und<br />

seine Miene wurde immer dunkler. Dort stand<br />

er nun, in Begleitung von Ser Gereon Wells,<br />

den er bereits aus Riverrun kannte. Verbittert,<br />

alt und mit schneeweißen Haaren war Lord<br />

Cerdic nur noch ein Schatten seiner selbst. Als<br />

sich ihre Blicke trafen, konnte <strong>der</strong><br />

Waffenmeister den Hass in seinen Augen erkennen und obwohl er<br />

seinen Vater fast genauso sehr hasste, empfand er doch Mitleid mit<br />

dem alten Mann. Den Tod seiner Frau und Ethans Mutter hatte er<br />

nie überwunden und wurde von Tag zu Tag, Jahr zu Jahr immer<br />

verbitterter. Mit Ethan würde <strong>der</strong> letzte Rest vom Antlitz <strong>der</strong> Welt<br />

verschwinden, <strong>der</strong> seinen Vater noch an sie erinnern könnte. Lord<br />

Cerdic versuchte nur auf seine Weise mit dem schmerzlichen Verlust<br />

zurecht zu kommen und dafür hatte Ethan auch ein gewisses<br />

Verständnis.<br />

Nach einem Augenblick wendete sich sein Vater von ihm ab und<br />

verschwand in <strong>der</strong> Menge, während <strong>der</strong> Ritter ihm hinterher sah.<br />

<strong>Das</strong>s sich <strong>der</strong> Sohn von Lord Butterwell als letzter meldete, ging<br />

jedoch an ihm vorbei.<br />

<strong>Das</strong> Publikum johlte und klatschte und ging dann auseinan<strong>der</strong>. <strong>Das</strong>s<br />

das Turnier morgen mit einem <strong>Götter</strong>urteil eröffnet werden würde,<br />

auch noch mit einem <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben, bei denen sich 14 Recken im<br />

Lanzenritt und Bodenkampf bis zur Aufgabe o<strong>der</strong> bis zum Tode<br />

duellieren würden, damit hatte niemand gerechnet.<br />

Auch Kara erhob sich nun und sah wie<strong>der</strong> zu ihrem zukünftigen<br />

Ehemann. “Dalen, ich weiß, Ihr seid stark und auf <strong>der</strong> Suche nach<br />

Ruhm und Ehre, und vielleicht wollt Ihr mich auch beeindrucken.<br />

Aber seid versichert: das braucht Ihr nicht. Ich habe schon einen<br />

283


Ehemann verloren, und auch wenn wir uns kaum kennen, möchte<br />

ich nicht...”<br />

Der Erbe von Hardyng lachte laut. “Mylady, ich weiß Eure Sorge zu<br />

schätzen, aber Ihr denkt doch nicht wirklich, dass irgendeine Gefahr<br />

besteht. Sollte es wirklich zu einem Kampf kommen, habt Ihr nicht<br />

gesehen, wer an meiner Seite kämpft? Der junge Butterwell hat<br />

schon zwei Turniere gewonnen, sein Hauptmann sieht mehr als<br />

fähig aus. Ser Forley ist sogar schon mit dem Königsmör<strong>der</strong> geritten<br />

und Lord Vance ist ein wahrer Hühne. <strong>Das</strong> ganze wird ein großer<br />

Spaß.”<br />

Nur für die Schlangenfrau nicht, dachte Kara, als sie beobachtete,<br />

wie Soldaten die kleine, in roten Tüchern gekleidete Gestalt auf die<br />

Füße zerrten.<br />

So endet es also, dachte Taya. <strong>Das</strong> ganze war so absurd... wie hatte<br />

sie in diese Situation nur hineingeraten können? Es sah ja schon fast<br />

nach einem abgekarteten Spiel, nach einer Falle aus. Aber warum?<br />

Und von wem? Den Cerdics? Den Calestris’? Den Lannisters? Ihrer<br />

Tante?<br />

Sie wusste nicht mehr was sie denken sollte, und es war auch egal.<br />

Sie würde sterben, niemand würde für sie kämpfen, außer vielleicht<br />

Ethan und Ser Richard. Am besten wäre es, wenn sie sich bereits auf<br />

ihren Tod vorbereitete...<br />

“Es geht zurück, Angeklagte, Ihr verbringt Eure letzte Nacht in <strong>der</strong><br />

Zelle.”<br />

284


Grobe Hände griffen fest zu und zwei Soldaten zogen sie auf die<br />

Füße. Und dann sah sie noch einmal auf, in das selbstgefällige<br />

Gesicht von Butterwell und sein dünnes Lächeln. Und in das<br />

johlende Grinsen des verdammten jungen Schmiedes. Und Zorn<br />

durchwog sie wie eine gewaltige Flutwelle. “Nein!” Sie machte einen<br />

Satz nach vorn und riss sich los. Einer <strong>der</strong> Soldaten zog überrascht<br />

ein Kurzschwert, doch Taya hob abwehrend die Hände. Dann sah sie<br />

zu Lord Arnold empor. “Lord Butterwell! Bitte, bevor Ihr mich<br />

zurückbringen lasst, ich möchte ein paar Worte mit meinem Maester<br />

wechseln. Ich glaube, das steht einer Todgeweihten zu.”<br />

Der Lord zögerte und nickte dann mürrisch. “Nun gut, aber schnell.”<br />

Cwelborn, <strong>der</strong> die Szene verfolgt hatte, eilte schnell auf sie zu.<br />

“Mylady, was...”<br />

Sie packte ihn an <strong>der</strong> Robe und zog ihn dicht an sich heran. “Hört<br />

zu, Maester, hört mir genau zu, wenn Ihr Eure erste Herrin nicht<br />

morgen verlieren wollt!” Cwelborn nickte stumm und Taya überlegte<br />

fieberhaft, die Gedanken schossen ihr wie wild durch den Kopf.<br />

Dann fuhr sie fort.<br />

“Es wird sehr schwer, jemanden zu finden, <strong>der</strong> für mich kämpft,<br />

geradezu unmöglich. Butterwell, <strong>der</strong> Herr dieses Turniers, wird<br />

jeden, <strong>der</strong> sich auf meine Seite stellt, mit Ungnade strafen, von<br />

seinem Lehnsherren Tully ganz zu schweigen. Die Lannisters sehen<br />

das als Möglichkeit mich loszuwerden und Silver Keep zu<br />

übernehmen, von dieser Seite wird auch niemand kommen.”<br />

Hass stieg in ihre Augen und ihre Stimme wurde einem Zischen<br />

gleich. “Wir haben Logan und Ethan, sorgt dafür, dass er kämpfen<br />

kann! Dann müsst ihr die beiden Knappen zu Rittern ernennen, da<br />

nur Ritter bei dem <strong>Urteil</strong> für mich eintreten dürfen. Ja, schaut mich<br />

nicht so an, auch Eirik! In <strong>der</strong> Not kann je<strong>der</strong> Ritter einen Mann<br />

dazu ernennen und den Schwur abnehmen, Logan soll das machen!<br />

Damit hätten wir vier...” Sie überlegte kurz. “Dann... es ist gewagt<br />

285


und Ihr habt wenig Zeit, aber... schaut Euch die Calestris’ an. Wer<br />

gehört zu ihrem Haus, welche Ritter und Knappen haben sie beim<br />

Turnier? Welche Söhne, Bastarde, Brü<strong>der</strong> gibt es? Sucht ein<br />

passendes Opfer, jemand <strong>der</strong> Ruhm ersucht o<strong>der</strong> Anerkennung, o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> seinem Haus helfen will, und erklärt ihm folgendes: wenn ich tot<br />

bin, wird meine Tante Silver Keep übernehmen und die Sache mit<br />

dem Gold weiterverfolgen. Da <strong>der</strong> alte Schmied tot ist, gibt es keine<br />

Beweise mehr, und sie werden es ewig mit ihr zu tun haben... es sei<br />

denn, diese Person kämpft beim <strong>Urteil</strong> für mich. Dann würde ich<br />

auf jeden Fall diese For<strong>der</strong>ung vergessen und die Calestris nie<br />

wie<strong>der</strong> deswegen behelligen.”<br />

Taya seufzte. “Vielleicht klappt es. Ihr könnt alles versprechen, einen<br />

Ritterschlag o<strong>der</strong> eine Position an meinem H<strong>of</strong>. Und für die<br />

restlichen zwei, die noch bis zu den sieben fehlen...”<br />

“<strong>Das</strong> reicht! Führt sie ab!” Butterwells Stimme war streng und die<br />

Soldaten gehorchten. Sie packten wie<strong>der</strong> zu und schleiften Taya in<br />

Richtung des Milkhouse. Verzweifelt rief sie Cwelborn letzte Worte<br />

zu.<br />

“Vielleicht ein Heckenritter... o<strong>der</strong>...ich weiß nicht... Maester!<br />

Versucht Euer bestes!”<br />

Ihre letzten Worte klangen noch in seinen Ohren nach, als er sich<br />

eiligst zum Rest ihrer Gruppe begab. Die an<strong>der</strong>en schauten ernst<br />

drein und Trish war am weinen. Ser Ethan trat auf ihn zu und wollte<br />

grad sprechen, als er eine abwehrende Geste machte "Lasst uns<br />

erstmal zu unserem Zelt zurückgehen, hier ist kein guter Ort um<br />

uns zu besprechen.<br />

Dann drehte er sich zu Trish um und nahm ihre Hände in die seinen<br />

und wartete, bis sie ihn anschaute. "Wir werden sie nicht sterben<br />

286


lassen Trish, wir werden alles was in unsere Macht steht tun, damit<br />

sie den Tag morgen überlebt". Sie schaute ihn lange an und nickte<br />

dann leicht und beruhigte sich etwas. Er nahm sie beim Arm und<br />

ihre kleine Schar machte sich auf zum Zelt.<br />

"Maester? Können wir jetzt sprechen?" hörte er Ser Ethan hinter<br />

sich. Er wandte sich ihnen zu und machte dann eine Kopfbewegung<br />

in Richtung <strong>der</strong> beiden Knappen "Ihr beiden geht zum Zelteingang<br />

und haltet Wache, damit wir ungestört bleiben. Ich glaube zwar<br />

nicht, dass Jemand was versuchen wird, aber wir sollten auf<br />

Nummer sicher gehen. " Die beiden schauten zu Logan hinüber <strong>der</strong><br />

unmerklich nickte und sie gingen vors Zelt.<br />

"Lady Taya hat mir aufgetragen die fehlenden Ritter zu finden. Was<br />

heißt, ihr müsst die beiden Knappen noch zu Rittern schlagen. Es<br />

ist nicht optimal, aber sie sind das Beste was wir momentan an<br />

Möglichkeiten haben." Die beiden schauten wenig erfreut drein, aber<br />

nickten dann.<br />

"Als nächstes muss ich euch was fragen Ethan und bitte bei eurer<br />

Liebe zu Taya.."<br />

Ethan wich einen Schritt zurück. "Ihr wisst?"<br />

"Wir sind nicht blind Ethan" warf Logan ein "was ihr für sie<br />

empfindet ist ungefähr so gut versteckt, wie die Kette eines Maester.<br />

Ethan schaut ein wenig geschockt drein und Cwelborn fuhr fort "<br />

seid ihr einem Kampf gewachsen? Überlegt euch eure Antwort gut.<br />

Es rettet Lady Taya nicht, wenn ihr euch heldenhaft opfert und nach<br />

<strong>der</strong> ersten Runde tot am Boden liegt. Ich kann euch noch etwas<br />

geben, was euch helfen wird eine Zeitlang die Schmerzen zu<br />

ignorieren, aber ich kann euch nicht bis morgen heilen."<br />

287


Ethan bewegte nachdenklich seinen verletzten Arm "Ich kann und<br />

ich werde und ich muss kämpfen. Sie wird nicht sterben, weil ich sie<br />

im Stich lasse. Vertraut mir Maester, ich werde nicht <strong>der</strong> erste sein<br />

<strong>der</strong> fällt und ihr braucht mich."<br />

Cwelborn schaute hinüber zu Ser Logan <strong>der</strong> ein zustimmendes<br />

Zeichen machte "Ethan hat recht, wir brauchen ihn. Selbst mit<br />

seiner Verletzung wird er vermutlich besser kämpfen. als die beiden<br />

Knappen zusammen. "<br />

"Gut dann werde ich mich heute nochmal um eure Wunde kümmern<br />

und morgen vor dem Turnier werde ich euch etwas zu Essen geben,<br />

was euch helfen wird. Haben wir sonst noch Möglichkeiten<br />

jemanden zu finden <strong>der</strong> uns hilft? Selbst mit euch und den beiden<br />

Knappen seid ihr nur zu viert."<br />

Ser Logan schaut auf und sagte "Ich habe als ich das Zelt besorgt<br />

hab einen alten Freund von mir getr<strong>of</strong>fen, ich weiß nicht ob er für<br />

uns kämpfen würde, aber er kennt bestimmt noch jemanden von<br />

seinen Leuten <strong>der</strong> sich beweisen will. Wenn es auch schwer wird<br />

jemanden zu so einem Waffengang zu überreden."<br />

"Wenn Worte nicht reichen, hat Lady Taya auch genehmigt, dass<br />

wird Gold und Position an unserem H<strong>of</strong> versprechen. Versucht es<br />

einfach, wenn wir bis morgen keine drei weiteren finden, ist sie<br />

sowieso tot"<br />

"Wenn wir Geld und Position ausloben dürfen, gibt es vielleicht noch<br />

wen. Erinnert ihr euch noch an den Ritter <strong>der</strong> mit Lady Taya<br />

gesprochen hatte? Kurz vor unserer Ankunft? Er schien ziemlich von<br />

ihr beeindruckt und ist ein Heckenritter <strong>der</strong> gegen Geld kämpft.<br />

288


Wenn ich jetzt nur noch wüsste wie er hieß." Ser Logan rieb sich die<br />

Stirn.<br />

"Meint ihr diesen Schönling? Mit <strong>der</strong> verzierten Rüste?" warf Ethan<br />

ein "Seid ihr sicher, dass wir ihn dazu holen wollen?"<br />

"Habt ihr eine bessere Idee Ser Ethan?" fragte Cwelborn.<br />

Dieser seufzte leicht. "Nicht wirklich, immerhin kann ich mich noch<br />

dran erinnern, dass er eine grüne Echse auf braunem Grund als<br />

Wappen hatte. Wir sollten ihn also finden können.<br />

"Gut" sagte Cwelborn "dann haben wir ja alle unsere Aufgaben.<br />

Logan ihr schaut ob ihr über euren Freund noch einen Streiter<br />

finden könnt. Ethan ihr sucht mit den Knappen nach dem<br />

Heckenritter. Wenn das erledigt ist, macht die beiden Knappen zu<br />

Rittern.<br />

"Und was werdet ihr machen Maester?" fragte Ser Ethan.<br />

"Ich?" sagte Cwelborn mit einem müden Lächeln "ich werde<br />

schauen, ob ich nicht Hilfe am unwahrscheinlichsten aller Orte<br />

erlange. Ich werde zu den Zelten von Haus Calestris gehen und<br />

versuchen sie zu überzeugen, dass sie Lady Taya lebend<br />

bevorzugen."<br />

289


Aerias<br />

Missmutig schaute <strong>der</strong> junge Knappe Aerias Lund den Pferden beim<br />

Weiden in einem kleinen Gatter am Rande des Turnierplatzes zu.<br />

Vor wenigen Stunden war seine Stimmung noch nicht so getrübt, als<br />

<strong>der</strong> Tross <strong>der</strong> Calestris das Turnierlager erreicht hatte und ihm die<br />

ganze Pracht <strong>der</strong> versammelten Ritter, die sich hier eingefunden<br />

hatten, entgegenschlug und sein Meister Ser Alban Sanchez zu<br />

jedem Ritter den sie passierten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an ihnen vorbei ritt, etwas<br />

zu sagen hatte. All die bunten Fahnen und Banner, die funkelnden<br />

Waffen und Rüstungen hatten etwas Magisches an sich und zogen<br />

den jungen Knappen sogleich in ihren Bann.<br />

Wie an<strong>der</strong>s und vor allem ernüchternd<br />

war da das Wie<strong>der</strong>sehen mit seinem Vater.<br />

Während seiner ganzen Zeit bei den<br />

Calestris hatte er seine Familie nicht mehr<br />

gesehen und was in seinen Erinnerungen<br />

von seinen Verwandten übrig geblieben<br />

war, war von dem Schleier einiger wenigen<br />

guten Erinnerungen getrübt, die ihm all<br />

die Jahre mit Wehmut zurückließen, aber<br />

auch voller Vorfreunde auf eben jenes Treffen h<strong>of</strong>fen ließen, was er<br />

nun wenige Stunden zuvor hinter sich gebracht hatte.<br />

Von dem großen und starken Mann aus seinen Erinnerungen war<br />

rein gar nichts übrig geblieben. Viel mehr war <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> ihm<br />

gegenüber getreten war ein körperliches Wrack, gebückt und fett,<br />

andauernd am Husten mit einem wi<strong>der</strong>lichen Auswurf, den er stets<br />

kommentieren musste. Es war <strong>der</strong> komplette Gegensatz zu <strong>der</strong><br />

290


Szenerie, welche das Turnier bot. Seine schlechten Manieren<br />

erinnerten Aerias daran, warum er überhaupt erst zu den Calestris in<br />

Ausbildung geschickt worden war, er sollte wenn er wie<strong>der</strong> auf das<br />

Gut <strong>der</strong> Familie im Dreiferkeltal zurück kehren würde, ein höfisches<br />

Flair etablieren, eine Aufgabe, die ihm nach dem Treffen mit seinem<br />

Vater ganz und gar unmöglich erschien.<br />

Es blieb nur wenig Zeit um ein paar Worte zu wechseln, da die<br />

Lords <strong>der</strong> Calestris kurz nach <strong>der</strong> Ankunft auf dem Turnierplatz zu<br />

einer Anhörung gerufen wurden, an <strong>der</strong> auch sein Vater teilnahm.<br />

Um was es ging wusste Aerias nicht, er hatte eh genug mit dem<br />

Aufbau <strong>der</strong> Zelte, sowie dem Versorgen <strong>der</strong> Schlachtrösser seines<br />

Herren zutun.<br />

All dies war jedoch nicht <strong>der</strong> Grund, warum sich sein Gemüt so<br />

verfinstert hatte. Bevor die hohen Herren zu <strong>der</strong> Anhörung gegangen<br />

waren, hatte Ser Alban Sanchez Aerias aufgetragen die Kiste zu<br />

holen, in welcher <strong>der</strong> Knappe die Waffen und Rüstungen vermutet<br />

hatte, die ihm zu seiner Schwertleite zukommen sollten. Er hatte<br />

geglaubt, dass er, wo nun einmal sein Vater mit anwesend war, ihm<br />

hier auf diesem Turnier <strong>der</strong> Ritterschlag erwartet hätte. Schließlich<br />

hatte er sich bei dem Bogenschusswettbewerb mit den Godwynns<br />

bewährt. Doch <strong>der</strong> Inhalt <strong>der</strong> Kiste entpuppte sich lediglich als<br />

Geschenk für seinen Vater. Ein neues Kettenhemd, ein mit dem<br />

Wappen <strong>der</strong> Lunds bemalter Rundschild, sowie eine mit einem Eber<br />

Kopf verzierte Streit-axt.<br />

Ser Alban hatte die Überraschung bemerkt, als Aerias die Sachen<br />

seinem Vater überreichen sollte, und Aerias war so töricht ihm<br />

ehrlich zu antworten, als dieser nach dem Grund gefragt hatte.<br />

Hohn und Spott war alles was er erntete. Er solle sich nicht<br />

lächerlich machen, er wäre noch lange nicht dazu bereit, Ritter zu<br />

sein und solle sich lieber um das Lager kümmern. Doch er war<br />

291


ereit! Niemand in Wynard's Hold konnte ihm im berittenen Kampf<br />

das Wasser reichen, davon war Aerias überzeugt und mit nun mehr<br />

bald 17 Jahren war er auch im richtigen Alter. Musste er erst<br />

jemanden töten um sich zu beweisen? Er hatte nicht wenig Lust<br />

seinen Herren zu töten o<strong>der</strong> auch seinen wi<strong>der</strong>lichen Vater, <strong>der</strong> sich<br />

munter an den Schmähungen beteiligt hatte.<br />

Wütend schlug er nach einem Zaunpfeiler, heftig genug, damit eines<br />

<strong>der</strong> Pferde aufschreckte und weg galoppierte.<br />

„Hey Vorsicht! Pass auf was du machst Bursche!“ Der Ruf des nahe<br />

stehenden Stallmeisters riss Aerias aus seinen Gedanken und er lies<br />

seinen Blick über die Umgebung schweifen. Zwischen den einzelnen<br />

Lagern konnte er einen <strong>der</strong> Ritter <strong>der</strong> Godwynns ausmachen, die<br />

Wynard's Hold vor wenigen Tagen aufgesucht hatten.<br />

Du weißt, dass ich bereit dazu bin Ritter zu sein, Euch gegenüber<br />

habe ich mich mehr als bewiesen! Denn wir treffen unser Ziel!<br />

Aber was dachte er da, solange es Ser Alban geben würde, würde er<br />

wohl nie seine Sporen bekommen, dafür war er ihm wohl ein viel zu<br />

nützlicher Diener. Und würde er dann zu seinem Vater ins<br />

Dreiferkeltal zurückkehren? Wohl kaum, da erwartete ihm wenig<br />

mehr als ein paar Hütten voller Hinterwäldler! Vielmehr wollte er <strong>der</strong><br />

Pracht eines großen H<strong>of</strong>es angehören und viele Streitrösser besitzen,<br />

eine Frau von hohem Stand ehelichen und sich im Kampf<br />

auszeichnen.<br />

All dies schien nun in weiter Ferne gerückt und Aerias Blick richtete<br />

sich wie<strong>der</strong> auf die Pferde vor ihm…<br />

292


Logan<br />

Der Hauptmann schritt rasch durch die vielen Zeltreihen. Er hatte<br />

seinen Überwurf mit dem Wappen <strong>der</strong> Godwynns abgelegt, um<br />

nicht weiter aufzufallen. „Es muss einfach klappen“ dachte er sich.<br />

Es dauerte eine Weile, bis er sein Ziel erreichte. Er machte vor einem<br />

Großen Zelt halt, vor dem Eingang hing ein Großes Wappen, einen<br />

weißen Dachs auf grünem und braunem Grund. Ein kleiner<br />

rundlicher Mann, gab einigen Soldaten Befehle, bis dieser Ser<br />

Richard erblickte. „Was tust du denn hier?“ fragte er und schritt auf<br />

Ser Richard zu.<br />

„Ich hatte einen etwas herzlicheren Empfang erwartet.“ Der robuste<br />

Mann packte Ser Richard am Arm und nahm ihn zur Seite so, dass<br />

sie etwas versteckt waren. „Du weißt nicht was los ist, Lord Lydden<br />

hat jeglichen Kontakt mit jemanden von deinem Haus verboten. Er<br />

fürchtet den Zorn <strong>der</strong> Lannisters auf sich zu ziehen und in Ungnade<br />

zu fallen, viele tun es ihm gleich.“ sagte er mit leiser Stimme.<br />

„Nun, was dies betrifft, Logan hustete künstlich, wir bräuchten noch<br />

Leute die für uns kämpfen.“<br />

Sein gegenüber riss die Augen auf: „Ich glaube du bist wahnsinnig<br />

mich um so etwas zu bitten. Du meinst für euch sterben……..Mal<br />

davon abgesehen, dass ich den Schwur meinem Lord gegenüber<br />

breche und für euch kämpfen würde, gegen wen würden wir<br />

antreten?“ Isaac Finley wartete eine Antwort von Ser Richard nicht<br />

ab und beantwortete diese selber: „Hauptmann Torol, ein fähiger<br />

und erfahrener Krieger, Ser Forley Prester von den Lannisters und<br />

Ser Karyl Vance <strong>der</strong> Tullys, beide ebenfalls kampferprobt und<br />

293


ernstzunehmende Gegner. Dalen Hardyng kenne ich persönlich<br />

nicht und Lord Cerdic sieht aus, als sollte man ihn nicht<br />

unterschätzen. <strong>Das</strong> größte Problem ist aber Willem Butterwell, wer<br />

wird sich freiwillig dem Sohn des Gastgebers und Erbe von<br />

Whitewalls in den Weg stellen?“ Ser Richard schwieg. Isaac<br />

schüttelte den Kopf, „Ich kann dir lei<strong>der</strong> nicht helfen mein Freund.“<br />

„Doch……“ Isaac machte eine Pause, „ich wüsste da vielleicht noch<br />

etwas…..komm mit aber beeil dich“<br />

Ser Richard folgte seinem Freund, ohne zu wissen wohin ihn dieser<br />

führte. Sie gingen um das Lager herum und blieben vor einem<br />

selbstgebauten Käfig stehen. Darin waren Drei Männer in Ketten<br />

gelegt. Ser Isaac Finley machte eine Handbewegung und die zwei<br />

Wachen, die zuvor den Holzkäfig bewachten, verschwanden. Ser<br />

Richard sah seinen Freund an und schüttelte den Kopf: „Jetzt bist du<br />

aber verrückt……“<br />

„Wieso? Hast du eine an<strong>der</strong>e Wahl? Du wirst niemanden finden, <strong>der</strong><br />

für dich kämpft und dies ist deine….eure…. einzige Chance“<br />

Der Hauptmann begutachtete die Männer im Käfig nacheinan<strong>der</strong>:<br />

„Ist jemand von euch im Umgang mit dem Schwert geübt?“ fragte er<br />

verzweifelt. Logan hätte dies nie in Erwägung gezogen, doch er<br />

konnte jeden kampffähigen Mann brauchen und selbst dann war die<br />

Chance gering, den morgigen Tag zu überleben.<br />

Ein kräftig gebauter Mann im Käfig spuckte aus: „Vielleicht, wer will<br />

das wissen?“<br />

„Ich, sag schon ja o<strong>der</strong> nein.“ Fragte Ser Richard erneut.<br />

Sein gegenüber kniff die Augen zusammen und spuckte erneut auf<br />

den Boden: "Falls du wissen willst, ob ich jemandem schon die<br />

Kehle durchgeschnitten habe, dann ist die Antwort ja.“ Der Mann<br />

lächelte verstohlen und zeigte seine gelben Zähne.<br />

294


Ser Richard flüsterte einen Augenblick mit Isaac Finley, ehe er sich<br />

wie<strong>der</strong> dem Gefangenen zuwandte: „Gut du kämpfst morgen beim<br />

<strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> sieben für mich!“ Der muskulöse gefangene fing lauthals<br />

an zu lachen: „HAHAHAHA, du musst verrückt sein alter Mann,<br />

dass auch nur in Erwägung zu ziehen. Ich habe die Wachen<br />

sprechen hören was da los war, ich lasse mich doch nicht<br />

abschlachten!“<br />

Ser Richard überlegte kurz, ehe er den Gefangenen mit böser Mine<br />

fixierte: „So wie ich das Sehe, hast du genau 2 Möglichkeiten. Mein<br />

Freund hier, er zeigte auf Isaac Finley, hat mir erzählt, er habe euch<br />

aufgegriffen, als ihr einen Soldaten <strong>der</strong> Butterwells getötet habt und<br />

in ein Lagerhaus einbrechen wolltet. So wie ich das sehe, wäre Lord<br />

Butterwell gar nicht angetan, wenn er wüsste, dass Ihr das wart. Ich<br />

denke er würde euch hängen lassen.“ „O<strong>der</strong> er lässt Euren Kopf<br />

aufspießen“ wandte Isaac ein.<br />

„Kämpft Ihr aber morgen für mich schenke ich euch die Freiheit und<br />

10 Golddrachen als kleinen Obolus.“ Mittlerweile ist dem<br />

Gefangenen das Lachen vergangen. Er schielte durch die Holzstäbe<br />

und wägte seine Möglichkeiten ab.<br />

„Grml………nun gut ich werde für dich kämpfen alter Mann.“<br />

Isaac Finley legte eine Hand auf Richards Schulter. „Ich wünsche<br />

dir viel Glück mein Freund du wirst es brauchen.“ Gemeinsam mit<br />

dem Gefangenen machte sich Ser Richard auf den Rückweg.<br />

Mittlerweile hatte die Abenddämmerung eingesetzt und Richard<br />

überlegte sich, wie er den An<strong>der</strong>en beibringen soll, dass ein<br />

Verbrecher für sie kämpfen wird......<br />

295


Cwelborn<br />

Nachdem ihre Besprechung beendet war, macht sich Cwelborn sich<br />

auf den Weg. Es würde schwer werden die Calestris dazu zu<br />

bewegen zu helfen, immerhin war Lady Tayas Tod nur zu ihrem<br />

Vorteil. Irgendwie würde er diese Ansicht än<strong>der</strong>n müssen. Er schritt<br />

gedankenversunken zum breiten Weg <strong>der</strong> zur Burg führte.<br />

Zwischendurch hörte er immer wie<strong>der</strong> Gesprächsfetzen, die sich um<br />

Lady Taya und vor allem das kommende Gottesurteil drehten. Wie<br />

zu erwarten war die geläufige Meinung, dass Lady Taya ihre<br />

gerechte Strafe bekommen und das Gottesurteil zwar unnötig aber<br />

bestimmt ein toller Kampf werden würde. Wie üblich schien die<br />

Vorfreude auf einen blutigen Kampf bei den meisten Menschen<br />

mehr Interesse hervorzurufen, als <strong>der</strong> genaue Grund dafür.<br />

Sobald er den großen Weg erreicht hatte, schaute er sich suchend<br />

um. Nirgends konnte er das Banner <strong>der</strong> Calestris direkt sehen. Er<br />

fragte einige Menschen aus <strong>der</strong> vorbei strömenden Menge, bis ihm<br />

schließlich ein junger Mann den Weg zeigen konnte, da er selber mit<br />

einem Korb voller Brot dahin unterwegs war. Bei den Zelten<br />

angekommen, verabschiedeten sie sich voneinan<strong>der</strong> und Cwelborn<br />

überlegte sich was er jetzt machen sollte. Er könnte vielleicht einfach<br />

Ritter o<strong>der</strong> Knappen ansprechen und h<strong>of</strong>fen einen für sich zu<br />

gewinnen, aber er zweifelte daran, dass jemand sich gegen den<br />

direkten Willen von Lord Calestris stellen würde. Besser wäre es<br />

wohl zuerst zu versuchen den Lord selber zu überzeugen.<br />

Er schaut sich zwischen den Zelten um und entdeckte letztendlich<br />

ein recht großes vor dem natürlich zwei Wachen standen. Die<br />

296


Chancen dürften recht gut stehen, darin Lord Calestris vorzufinden.<br />

Er richtetet seine Kleidung nochmal zurecht, brachte die Kette gut<br />

sichtbar vorn an und trat erhobenen Hauptes auf das Zelt zu.<br />

„Halt, wer seid ihr“ sprach ihn die erste Wache an, als er nur noch<br />

wenige Schritte von ihnen entfernt war. Er war ein großer, schlanker<br />

Mann mit wachsam blickenden Augen. Bevor Cwelborn aber<br />

antworten konnte sprach <strong>der</strong> zweite Wächter. Er schien geradezu das<br />

Gegenstück des an<strong>der</strong>en Mannes zu sein. Klein und gedrungen, ließ<br />

ihn seine muskulöse Figur und breites Gesicht eher wie einen Bullen<br />

als einen Mann wirken. „Erkennst du ihn nicht Will? Es ist <strong>der</strong><br />

Meister des Hauses Godwynn. Klare Erkennungszeichen ein<br />

verkrüppelter Arm und die Tendenz mit vielen Worten einen<br />

vergessen lassen zu wollen, dass seine Herrin nicht mal vor einem<br />

kaltblütigen Giftmord zurückschreckte, nur um von uns Geld<br />

erpressen zu können.“ Er spuckte abfällig aus.<br />

Der erste Wächter ergriff wie<strong>der</strong> das Wort „Stimmt es? Seid ihr <strong>der</strong><br />

Maester von Haus Godwynn?“<br />

Cwelborn nickte nur. „Dann wisst ihr auch, dass ihr wenig Freunde<br />

hier habt. Also was wünscht ihr?“<br />

Der an<strong>der</strong>e Wächter schaltete sich wie<strong>der</strong> ein bevor Cwelborn<br />

antworten konnte „Falls ihr gekommen seid um für Gnade o<strong>der</strong> Hilfe<br />

zu betteln, spart euch die Worte, sie werden hier genau sowenig<br />

Eindruck schinden können, wie heute Morgen bei <strong>der</strong> Anhörung.<br />

O<strong>der</strong> seid ihr etwa gar „und dabei funkelten seine Augen boshaft<br />

auf“ etwa schon auf <strong>der</strong> Suche nach einem neuen Herrn? Wenn ja<br />

wir haben schon einen Maester und er verteidigt keine<br />

heimtückischen Mör<strong>der</strong>“.<br />

Cwelborn musterte den Wächter kurz abschätzend und wandte sich<br />

wie<strong>der</strong> dem ersten zu.<br />

„Ich bin im Auftrag von Lady Taya Godwynn hier, um Lord Calestris<br />

eine wichtige Nachricht zu überbringen“.<br />

297


Dieser nickte kurz „Hern geh rein und melde Lord Calestris, dass<br />

<strong>der</strong> Maester eine Unterredung wünscht.“<br />

Dieser blickte unwillig auf „Wir sollten ihn einfach wegschicken<br />

Will. Lord Calestris will eh nicht gestört werden. Außer „er musterte<br />

den Maester“ er könnte uns natürlich etwas als Ausgleich für unsere<br />

Mühen geben. Wie viel ist euch das Leben eurer Herrin Wert<br />

Maester? Eine kleine Entschädigung, weil wir ignorieren wer ihr seid<br />

o<strong>der</strong> wie wäre es wenn diese hübsche Z<strong>of</strong>e eurer Herrin uns ein<br />

wenig die Zeit vertreibt? <strong>Das</strong> Leben ihrer Herrin sollte ihr das wohl<br />

Wert sein o<strong>der</strong>?.“<br />

Kaum hatte er geendet fuhr ihn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Wächter scharf an. „Du<br />

wirst jetzt s<strong>of</strong>ort ins Zelt gehen und Lord Calestris die Nachricht<br />

überbringen und du kannst froh sein, wenn ich das hier nicht dem<br />

Hauptmann melde und du dann die nächsten Wochen doppelte<br />

Wachschichten bekommst.“<br />

Nach einem zornerfüllten Blick an ihn und an Cwelborn,<br />

verschwand Hern ins Zelt. Kurze Zeit später kam er wie<strong>der</strong> heraus<br />

und sagte ihm mürrischen Tonfall „Lord Calestris empfängt euch<br />

jetzt Maester“<br />

Cwelborn betrat das Zelt, welchem anzusehen war, dass die Calestris<br />

mit ihrem ganzen Gefolge schon da waren. Es war von innen mit<br />

erlesenen Möbeln und Pelzen ausgelegt und zeigte deutlich, welch<br />

guten Gewinn die Eisenminen abwarfen. In dem Zelt war auch Lord<br />

Calestris, sein Onkel Sir Ceidroc und eine Frau die aufgrund <strong>der</strong><br />

Ähnlichkeit zu Lord Calestris nur seine Schwester sein konnte.<br />

Lord Calestris winkte ihn heran „Kommt herein Maester...Cwelborn<br />

war es o<strong>der</strong>? Eure Rede zu ihrer Verteidigung war nicht schlecht,<br />

aber es war jedem klar, dass sie Schuld ist. Daran konntet auch ihr<br />

nichts än<strong>der</strong>n. Mich interessiert natürlich jetzt aber, was Lady<br />

Godwynn von uns wünscht? Wir sind nicht die Ankläger und ich bin<br />

mir nicht sicher, was sie von uns wollen könnte.“<br />

298


„Wir erh<strong>of</strong>fen uns von euch die Neutralität des Hauses Calestris,<br />

dass ihr mir die Erlaubnis gebt unter euren Rittern und Knappen<br />

jemanden zu werben, <strong>der</strong> morgen für unsere Sache kämpft und dass<br />

Lady Calestris ihren Verlobten überzeugt sich zurückzuziehen und<br />

nicht am Kampf teilzunehmen.“<br />

Einige Sekunden herrschte absolute Stille, dann brach <strong>der</strong> Ser<br />

Ceidroc in schallendes Gelächter aus. „Wirklich sonst nicht?“ er stieß<br />

seinen Neffen an „Ich dachte immer Maester war ein so ernsthafter<br />

Beruf und dann das. Wie wäre es wir schicken ihr noch einen<br />

Fresskorb ins Gefängnis mit edlen Weinen. Vielleicht sollte ich sie<br />

auch noch heiraten, wo sich unsere Familien anscheinend so gut<br />

verstehen.“<br />

Lord Calestris musterte Cwelborn eine Weile und sprach dann „Ihr<br />

wisst mein Onkel hat nicht ganz unrecht, warum sollte wir euch die<br />

Erlaubnis geben? Warum sollte meine Schwester ihren zukünftigen<br />

um diesen großen Gefallen bitten? Lady Godwynn ist schuldig und<br />

ihre Versuch auf unsere Kosten ihrem Haus Geld zu verschaffen<br />

würde durch ihr Ableben auch hinfällig. Was hätten wir davon, wenn<br />

wir euch helfen?<br />

„Ihr würdet Alternativen vereiteln, die für euer Haus langfristig<br />

gesehen viel unangenehmer wären.“ antwortete Cwelborn.<br />

„Sollen wir das als Drohung verstehen Maester?“ unterbrach Ser<br />

Ceidroc scharf.<br />

„Nein,“ antwortete Cwelborn ruhig“ als den Rat eines Mannes <strong>der</strong><br />

viel Zeit damit verbracht hat, die Geschichte des Landes zu<br />

299


studieren und euch aufzeigen kann, warum von allen Herrschen auf<br />

Silver Keep Lady Godwynn die für euch angenehmste ist.“<br />

Lord Calestris deutet auf einen Stuhl ihm gegenüber „Setzt euch, es<br />

hat den Anschein als wäre eure „Botschaft“ mehr eine Verhandlung<br />

und sowas kann bekanntlich länger dauern. Onkel seit so gut und<br />

schenkt unserem Gast etwas ein, mit trockenem Hals redet es sich<br />

schlecht.“ Dieser schenkt Cwelborn etwas Wein ein und stellt sich<br />

dann neben seinen Neffen „Also gut wir hören euch zu Maester.“<br />

Cwelborn nahm einen langen Schluck vom Wein und sprach „Ihr<br />

habt sicherlich recht, dass momentan <strong>der</strong> Tod von Lady Godwynn<br />

euch gelegen kommen würde. Doch bedenkt die Folgen.<br />

Momentan hat Lady Godwynn euch um die Klärung gebeten wie es<br />

um die Mitgift steht und warum sie nicht zurückgezahlt wurde.“<br />

„Gebeten? Sie hat eine bewaffnete Gesandtschaft geschickt, um uns<br />

einzuschüchtern und eine Antwort zu erzwingen. Genau zu dem<br />

Zeitpunkt wo mein Bru<strong>der</strong> weit weg weilte.“ sagte Lady Calestris.<br />

„Die Abwesenheit eures Bru<strong>der</strong>s war uns zu dem Zeitpunkt nicht<br />

bekannt und meines Wissens sind unsere Gesandten ohne euch ein<br />

Leid zu tun und ohne Zwischenfall wie<strong>der</strong> abgereist zufrieden mit<br />

eurer Versicherung, dass ihr <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nachkommen würdet<br />

falls <strong>der</strong> Schmied zu unseren Gunsten ausgesagt hätte. Waren die<br />

Boten vielleicht unglücklich gewählt für eine klärende Nachricht<br />

zwischen Nachbarn? Vielleicht, aber wie man ja an <strong>der</strong> Anhörung<br />

sehen konnte, wer sich im Recht wähnt, ist manchmal vielleicht<br />

nicht so diplomatisch o<strong>der</strong> fair wie er sein sollte.“<br />

„Nicht das sie hier viel diplomatischer geworden wären, sie hätten<br />

auf uns warten können und wir hätten dann gemeinsam zum<br />

300


Schmied gehen können. Dann hätten es Zeuge gegeben zu dem was<br />

<strong>der</strong> Schmied Thorge zu sagen hatte.“ antwortete Lord Calestris. Der<br />

Maester nickte leicht „ <strong>Das</strong> wäre vielleicht klüger gewesen, aber ich<br />

bin nicht hier um Lady Godwynn o<strong>der</strong> unsere Ritter von Schuld<br />

freizusprechen o<strong>der</strong> euch davon zu überzeugen von nun an in großer<br />

Freundschaft mit ihnen zu verkehren, son<strong>der</strong>n zu zeigen wie viel<br />

schlimmer es ohne sie werden könnte. Eines möchte ich vorneweg<br />

anmerken Lady Godwynns einziger Grund für die Geldfor<strong>der</strong>ung<br />

war das Schreiben welches unser Septon gefunden hat. Sie will also<br />

nur das Geld, welches ihr dem Schreiben und den Traditionen nach<br />

zustünde. Ein sicherlich nicht ritterlicher Grund, aber ein auch<br />

relativ harmloser. Stirbt sie morgen, stirbt die For<strong>der</strong>ung aber nicht<br />

mit ihr denn es wird es zwei Möglichkeiten geben, wer ihr auf Silver<br />

Keep folgt.<br />

Da hätten wir Möglichkeit eins in Form von Lady Eleonore.“ Lord<br />

Calestris blickte kurz auf. „Genau die“ nickte Cwelborn“ , die Frau<br />

<strong>der</strong> euer Vater im sicherlich ritterlichen Kampf den Mann<br />

verkrüppelt hat und somit nicht nur den Rang verwehrt <strong>der</strong> ihr ihrer<br />

Meinung nach zusteht, die Möglichkeit Silver Keep rechtmäßig zu<br />

Erben, son<strong>der</strong>n auch zwang kin<strong>der</strong>los zu verbleiben. Kommt sie an<br />

die Macht wird es bei <strong>der</strong> Mitgift Sache nicht mehr um Geld gehen,<br />

son<strong>der</strong>n um eine Frau die über viele Jahre Hass und Verbitterung<br />

gegen euer Haus angesammelt hat und Lady Godwynn bestimmt<br />

innerhalb kürzester Zeit zum Märtyrer stilisieren wird. Ein weiteres<br />

Opfer eurer Machenschaften.<br />

Sie wird ironischerweise dann im Tod bei ihren Untertanen beliebter<br />

sein, als sie es jemals lebend vermochte. Lady Eleonore wird euch<br />

sicherlich niemals direkt angreifen, aber ihr werdet für den Rest<br />

ihrer Tage und vielleicht sogar <strong>der</strong> ihres Neffen im Haus Godwynn<br />

einen Feind haben, <strong>der</strong> immer und überall versuchen wird euch zu<br />

schaden.<br />

301


Möglichkeit zwei Haus Lannister übernimmt Silver Hold direkt o<strong>der</strong><br />

vergibt es an einen ihrer treusten Vasallen, um die Grenzlande und<br />

die Minen unter direkter Kontrolle zu haben. Was meint ihr was <strong>der</strong><br />

neue Besitzer als erstes einfor<strong>der</strong>n wird? Nur das dieser nicht ein<br />

kleines relativ unbedeutendes Haus ist, son<strong>der</strong>n dann die volle<br />

Unterstützung des Haus Lannisters hat. Würde es bei keinerlei<br />

lebenden Zeugen noch was ausmachen ob ihr wirklich im Recht<br />

seid?<br />

Lord Calestris schaute ihn nachdenklich an „Und die Alternative?<br />

Was ist wenn Lady Godwynn am leben bleibt? Euch ist schon klar,<br />

dass wenn ich auch nur anfangen soll darüber nachzudenken, ihr mir<br />

garantieren müsst, dass die Frage um die Mitgift <strong>of</strong>fiziell erledigt<br />

wird und ihr keinerlei For<strong>der</strong>ungen an uns habt“<br />

Cwelborn nickte „Lady Godwynn hat mir zugesagt, dass sie bereit ist<br />

die Ansprüche aufzugeben, wenn sie dank eurer Mithilfe den<br />

morgigen Tag überlebt.“<br />

„Meine Schwester wird sicher gern mit ihrem Verlobten reden, aber<br />

natürlich können wir nicht dafür garantieren, dass er sich von <strong>der</strong><br />

Sache abbringen lässt, immerhin kämpft er für die Gerechtigkeit und<br />

unsere Familienehre.<br />

Eure an<strong>der</strong>e Bitte, einen unserer Ritter werben zu dürfen, bringt<br />

mich aber natürlich in ein Dilemma. Wie könnte ich guten<br />

Gewissens einem meiner Ritter befehlen sich euch anzuschließen<br />

und damit gegen den <strong>of</strong>fenkundigen Willen von Lord Butterwell<br />

vorzugehen?“ Er schaute nachdenklich auf seinen Weinbecher.<br />

„Wenn Ihr jedoch jemanden in diesem Lager findet, <strong>der</strong> bereit ist für<br />

Euch und Eure Herrin zu kämpfen - aus welchem Grunde auch<br />

immer - so werde ich keine Einwände erheben. Mehr kann ich Euch<br />

allerdings nicht entgegenkommen, entwe<strong>der</strong> das genügt, o<strong>der</strong> die<br />

Schlange wird sicher sterben und wir werden uns mit den<br />

302


Konsequenzen arrangieren." Cwelborn war sich bewusst, dass er hier<br />

nicht mehr würde erreichen können. "Verlasst uns jetzt Maester“<br />

sagte Lord Calestris“ ihr habt unsere Antwort und noch viel zu tun,<br />

wenn ihr eure Herrin retten wollt. Ich weiß nicht, ob ich euch<br />

wirklich Glück dafür wünschen will, aber ich kann respektieren, dass<br />

ihr es versucht.“<br />

Cwelborn stand auf und hielt auf dem Weg nach draußen kurz vor<br />

Lady Calestris nochmal an.<br />

„Mylady ich bitte ich euch, redet mit eurem Verlobten. Überzeugt<br />

ihn, sich aus dem Kampf herauszuhalten. Ich kann euch dafür<br />

nichts bieten, aber ich h<strong>of</strong>fe ihr habt Milde in eurem Herzen für eine<br />

Frau die zu unrecht verurteilt wurde und <strong>der</strong>en einzige Schuld bisher<br />

ist, als Kind gegen ihren Willen in ein fremdes Land verheiratet<br />

worden zu sein und versucht zu überleben.<br />

Er verbeugte sich vor ihr und ging weiter.<br />

"Eines würde mich noch interessieren Cwelborn" sagte plötzlich<br />

Lady Calestris hinter ihm. "Warum gebt ihr euch solche Mühe?“.<br />

Cwelborn drehte sich zu ihr um „Ich bin Maester von Haus<br />

Godwynn es ist meine Aufgabe, meine Funktion.“ sagte er ohne zu<br />

zögern. „Schiebt nicht euren Aufgabe vor. Ihr seit erst seit kurzer<br />

Zeit Maester bei Haus Godwynn und ihr werdet es auch sicherlich<br />

bleiben, wenn sie morgen verlieren sollte.“<br />

Er lächelte sie leicht an „Dann wird euch auch sicherlich nicht<br />

überzeugen, wenn ich euch sage ich mache es um <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

zu dienen“.<br />

Sie schüttelte nur den Kopf „We<strong>der</strong> euren Beruf noch eure Ideale<br />

will ich hören. Warum sorgt ihr euch, es ist in eurem Gesicht so klar<br />

zu sehen, wie die Sonne am Himmel. Liebt ihr sie? Ist es das?“<br />

Er schaute sie lange an und sie sah wie sich Traurigkeit in seinem<br />

Gesicht breit machte „Ich habe schon einmal jemandem<br />

303


unschuldiges nicht helfen können Mylady, jemanden <strong>der</strong> mir sehr<br />

nahe stand und das will ich nicht nochmal erleben müssen“. Damit<br />

wandte er sich endgültig um und verließ das Zelt.<br />

„Verflucht! Wie<strong>der</strong> ein Ritter hatte ihm klar gesagt, dass er sein Hals<br />

nicht für Lady Godwynn riskieren würde, nicht wenn solch illustren<br />

Kämpfer dran beteiligt waren. Jeden den er befragt hatte, war<br />

entwe<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Aussicht auf die Gegner die Lust vergangen o<strong>der</strong><br />

war dem Haus Godwynn gegenüber zu feindselig eingestellt. Er war<br />

sich sicher, dass er sich bei einigen sogar Prügel eingefangen hätte,<br />

wenn da nicht die Kette des Maesters gewesen wäre. Seine Stellung<br />

gebot immerhin soviel Respekt, dass ihm das erspart geblieben war.<br />

Irgendwer musste doch unzufrieden o<strong>der</strong> dumm genug sein um sich<br />

von Geld und Versprechungen blenden zu lassen. Es konnte doch<br />

nicht sein, dass im Haus Calestris wirklich je<strong>der</strong>..“<br />

Aerias schlen<strong>der</strong>te mit trotziger Mine, die Arme vor <strong>der</strong> Brust<br />

verschränkt, durch das Lager <strong>der</strong> Calestris und hatte sich schon<br />

wie<strong>der</strong> fast gänzlich mit seinem Knappendasein abgefunden, als er<br />

tief in seinen Gedanken versunken direkt in den Maester <strong>der</strong><br />

Godwynns lief und mehr vor Schreck als vor dem tatsächlichen<br />

Zusammenstoß rücklinks auf den staubigen Boden fiel.<br />

„Heh! Keine Augen im Kopf?! Pass doch auf! Aua! Verdammt,<br />

unverschämt!“<br />

Aerias war noch gänzlich mit seinen Flüchen und dem Reiben seines<br />

gestoßenen Hinterns beschäftigt und realisierte erst nach einem<br />

kurzen Augenblick, wem er den Sturz zu verdanken hatte.<br />

„Na glaubt ihr nur weil ihr ein Maester seid, euch gehört hier <strong>der</strong><br />

ganze Weg? Was wollt ihr überhaupt hier? Is´es euch in euren Lager<br />

zu giftig geworden? Hehehe.“<br />

304


Aerias hatte sich wie<strong>der</strong> gesammelt und machte sich daran<br />

aufzustehen. Oben angekommen musste er feststellen, dass er bei<br />

dem Maester <strong>der</strong> Godwynns nicht viel zu bestellen hatte, stand<br />

dieser doch die ganze Zeit über regungslos mit einem leichten<br />

Lächeln vor ihm und verunsicherte ihn zunehmend.<br />

„Glaubt wohl ihr könnt euch hier alles erlauben?! Aber das sage ich<br />

euch, wenn ich erst ein Ritter wäre, dann wäret ihr freiwillig bei Seite<br />

gegangen, das sage ich euch! `Könnt euch gar nicht vorstellen, wie<br />

ihr gekuscht wärt. Aber wer achtet schon auf ´nen Knappen? Die<br />

ganzen Godwynns hab´ ich beim Bogenschießen besiegt und dabei<br />

bin ich mit Lanze und Pferd noch so viel besser. Ja was glaubt denn<br />

ihr? Sogar Ser Alban könnte ich besiegen!“<br />

Da vom Maester immer noch keine an<strong>der</strong>e Erwi<strong>der</strong>ung als sein<br />

leichtes Lächeln kam, fing Aerias an, zu glauben was er sagte und<br />

fand zuletzt sogar so viel Mut, dass er während seines letzten Satzes<br />

an den Maester heran getreten war und ihn mit dem rechten<br />

Zeigefinger mehrmals auf die Brust stach, dann, als er geendet<br />

hatte, zwei Schritte zurück ging, sich in den Rücken legte und die<br />

Fäuste in die Hüften stemmte.<br />

„Was wollt ihr überhaupt von mir? Wohl kaum mich zum Ritter<br />

schlagen. Hähä, das wäre auch zu schön! Steht da nur und glotzt<br />

mich an wie ein blödes Rindvieh! Aber das sage ich euch, im<br />

Augenblick würde ich alles tun, um hier weg zu kommen. Ich<br />

unterhalte mich ja sogar mit einem Godwynn, da sieht man, wie weit<br />

es mit mir gekommen ist. Also was wollt ihr o<strong>der</strong> kann ich jetzt<br />

endlich wie<strong>der</strong> meinem schnöden Knappendienst nachkommen?“<br />

305


Bevor Cwelborn was sagen konnte, ergoss sich jener in einer Tirade<br />

an Flüchen die je<strong>der</strong> Fischersfrau Ehre gemacht hätten. Kaum hatte<br />

dieser ihn bemerkt, versuchte er mehr schlecht als recht sein<br />

Hinfallen durch eine Mischung aus Herausfor<strong>der</strong>ung und Trotz zu<br />

überspielen. Cwelborn hatte in seiner Jugend zu viel Zeit mit den<br />

Soldaten seines Vaters verbracht, um sich dadurch auch nur<br />

ansatzweise aus <strong>der</strong> Ruhe bringen zu lassen, etwas was den Jungen<br />

erheblich mehr zu verwirren schien, als wenn er ihn eine Runde<br />

zusammengestaucht hätte. Einen guten Effekt hatte es auf jeden<br />

Fall, denn was er von dem jungen Mann hörte, ließ ihn ein stilles<br />

Dankgebet an die Sieben schicken.<br />

Von sich selbst überzeugt, unzufrieden und wenn er nicht zu viel<br />

prahlte und es im Sattel länger aushielt als auf seinen Beinen,<br />

vielleicht sogar ein tauglicher Kämpfer. Sicherlich nicht <strong>der</strong><br />

strahlende Ritter, <strong>der</strong> es Ser Ethan und Ser Logan würde abnehmen<br />

können einen Großteil des Kampfes bestreiten zu müssen, aber<br />

vielleicht taugte er lang genug als Ablenkung um von Nutzen zu<br />

sein.<br />

„Knappendienst?“ Er musterte den jungen Mann auffällig von oben<br />

bis unten. „Mit eurer Statur solltet ihr doch eigentlich schon längst<br />

Rüstung tragen, grad wenn eure Worte stimmen und hier beim<br />

Turnier für das Haus Calestris Ehre und Ruhm gewinnen.<br />

Dieser warf ihm einen trotzigen Blick zu „<strong>Das</strong> sollte ich auch, ich<br />

bin besser als ein guter Teil von denen, aber man gibt mir ja keine<br />

Möglichkeit. Nur weil ich nicht vor jedem Ritter kusche, vor einem<br />

Maester verbeuge und mit jedem dahergekommenen Händler lieb<br />

Kind machen will, halten sie mich für nicht ritterlich genug. Pah<br />

könnt ihr euch das vorstellen? Seht uns beide an, warum sollte ich<br />

mich entschuldigen, wenn ihr mich umrennt? Nur weil ihr einen<br />

306


Maesterkette tragt und 'nen krüppeligen Arm habt? Ich bin ein<br />

exzellenter Kämpfer und könnte euch je<strong>der</strong>zeit nie<strong>der</strong>werfen, da<br />

gehört es sich doch, dass ihr mir Platz macht.“ Er macht eine<br />

abfällige Geste „Denen passt es in Wirklichkeit nur nicht, dass sie<br />

von wem besiegt werden, <strong>der</strong> nicht aus einem uralten<br />

Adelsgeschlecht stammt.“<br />

Cwelborn nickt zustimmend „<strong>Das</strong> Gefühl kenn ich nur zu gut. Ich<br />

hatte während meiner Zeit in <strong>der</strong> Zitadelle einen Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ewig<br />

davon sprach wie er <strong>der</strong> Bastard eines reichen Lords sei und wir ihn<br />

deswegen doch bedienen sollten und welch glorreiche Zukunft er als<br />

Maester in King's Landing vor sich haben werde. Glücklicherweise<br />

werden Maester nach Können ausgewählt und nicht danach was ihr<br />

Urgroßvater vor 16 Generationen vollbracht hat. Weswegen ich zum<br />

Maester wurde und er die Latrinen in <strong>der</strong> Zitadelle putzt.. was auch<br />

seinem Talent entsprach. Wir nennen ihn bis heute „Mylord Klo“.<br />

Dann fing er an lauthals zu lachen und wie erh<strong>of</strong>ft fiel Arias schnell<br />

ein.<br />

„Sagtmal wie heißt ihr eigentlich?“ „Arias Lund“ sagte <strong>der</strong> junge<br />

Mann inzwischen weit weniger feindselig. „Wisst ihr warum ich hier<br />

im Lager bin Arias?“. Dieser nickte „Es geht durchs ganze Lager das<br />

ihr versucht jemanden für das Turnier morgen zu gewinnen. Die<br />

Wetten stehen 15:1 gegen euch. Euer Haus ist hier nicht son<strong>der</strong>lich<br />

beliebt und keiner von denen hier ist eh gut genug um es mit euren<br />

Gegnern morgen aufzunehmen“.<br />

Cwelborn machte ein betrübtes Gesicht. „Es ist wirklich eine<br />

Schande. Da prahlen all diese adligen Männer mit ihrer Herkunft,<br />

ihrem Ehrencode wie sie die unschuldigen Beschützen würden und<br />

was tun sie? Retten sie eine unschuldige Frau und nehmen Geld und<br />

Stellung an unserem H<strong>of</strong> an? Nein! Wisst ihr warum? Weil sie nicht<br />

zu ihrem Kreis gehört, sie ist kein alter Landadel. Sie ist<br />

307


eingeheiratet worden, hat nach dem Tode ihres Mannes nicht wie es<br />

sich gehört klein beigegeben son<strong>der</strong>n ihre Stellung behauptet und<br />

jetzt glauben alle es wäre eine bequeme Methode sie loszuwerden.<br />

Ihr braucht nur mal zu sehen wer auf beiden Seiten kämpfen wird.<br />

Bei uns haben wir Ser Ethan ein Ritter aus kleinem Haus <strong>der</strong> sich<br />

durch seine Waffenkunst bewiesen hat. Ser Logan ein Veteran vieler<br />

Kämpfe, Heckenritter .. Männer zwar ohne alten Adel aber mit<br />

Willen und Können. Wir werden vielleicht sogar unseren Knappen<br />

eine Chance geben. Sie sind gut und welch bessere Chance sich uns<br />

und allen an<strong>der</strong>en gegenüber zu beweisen, als so ein paar<br />

überhebliche Adelige aus dem Sattel zu heben. Trotzdem einen<br />

hätten wir noch gebrauchen können, aber wenn wie ihr sagt eh<br />

niemand mit dem können hier ist...“<br />

„Ihr könntet mich antreten lassen. Was eure Knappen können, kann<br />

ich schon lange. Dem einen von euren Eirik habe ichs ja schon<br />

gezeigt und ihr werdet besseres brauchen als ihn, um Morgen zu<br />

siegen. Natürlich hätte das aber auch seinen Preis.“<br />

Cwelborn nickte leicht „Natürlich Talent muss belohnt werden. Wir<br />

würden euch zum Ritter schlagen, wenn ihr in unsere Dienste<br />

wechselte und Ser Logan davon überzeugen könnt, dass ihr ein guter<br />

Kämpfer seid.“ Ihm war klar, dass Arias jetzt versuchen würde mehr<br />

rauszuschlagen, aber <strong>der</strong> Ritterschlag war auch nur als Kö<strong>der</strong><br />

gedacht gewesen.<br />

„Den müsst ihr mir ja eh geben, damit ich überhaupt teilnehmen<br />

darf.“ Man konnte geradezu sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete“<br />

Ich dachte an Geld, Haus Godwynn hat reiche Silberminen und eine<br />

Stellung wäre nicht schlecht. Irgendwas wie ein Hauptmann, wo ich<br />

ein paar Leute befehligen kann.. oh und natürlich ein Einzelzimmer<br />

in <strong>der</strong> Burg und eine Frau.“<br />

Cwelborn verzog seine Miene als wäre er grade über den Tisch<br />

gezogen worden. „Ihr wisst hart zu verhandeln. Fast als wärt ihr ein<br />

308


Lannister. Nun gut wir schlagen euch zum Ritter. Nachdem ihr<br />

morgen gesiegt habt, wird euch Lady Godwynn reich entlohnen. Je<br />

mehr Ritter ihr besiegt desto dankbarer wird sie sein.. wer weiß<br />

vielleicht gefallt ihr ihr ja sogar. Ihr wärt nicht <strong>der</strong> erste Mann <strong>der</strong><br />

eine Frau errettet und damit ihre Gunst gewinnt. Was die Position<br />

angeht... das wird Ser Logan sicherlich erleichtert sein, ihm war das<br />

tagelange ausfüllen an Papieren, Wachpläne erstellen und die<br />

Kontrollgänge alle zwei Stunden langsam fürs Alter eh zu viel. Er hat<br />

die letzten 3 Monate an keiner Jagd teilnehmen können, weil er<br />

immer die Soldaten kontrollieren musste.“<br />

<strong>Das</strong> Einzelzimmer für euch sollte nicht schwer sein, wir finden<br />

bestimmt einen schönen Platz für euch und eine dankbare Frau zu<br />

finden, nachdem ihr siegreich vom Turnier zurückkehrt war noch<br />

nie eines Ritters Problem.“<br />

Arias lauschte ihm gebannt und ihm schien zu gefallen was er<br />

hörte... bis auf den Teil mit dem Papierkram. „Ich hatte bei <strong>der</strong><br />

Stellung an einen etwas aktiveren Aufgabe gedacht. Ich könnte<br />

vielleicht einen Trupp Männer befehligen die Raubritter aufspüren<br />

o<strong>der</strong> auf Überfälle ziehen. Ich will natürlich dem Hauptmann auch<br />

nicht seine Stellung nehmen“<br />

Cwelborn lächelte in sich hinein „Sicher wir werden für euch eine<br />

passende Stellung finden.<br />

Dann seid so gut und packt eure Sachen und kommt zu unserem<br />

Zelt. Ser Logan wird sich dann um euch kümmern.“<br />

Nachdem <strong>der</strong> Arias gegangen war, schüttelte er leicht den Kopf. <strong>Das</strong><br />

war besser gelaufen als er geh<strong>of</strong>ft hatte. Eine Menge vage<br />

Versprechungen <strong>der</strong>en Einhaltung man von seinen morgigen<br />

Fähigkeiten als Kämpfer würde abhängig machen können. Seine<br />

größte H<strong>of</strong>fnung aber blieb Lady Calestris. Wenn sie es schaffte<br />

309


ihren Verlobten zu überreden fernzubleiben, würde es mit Glück gar<br />

nicht erst zum Kampf kommen. Lei<strong>der</strong> lag dies nicht in seiner<br />

Hand, er konnte lediglich zum Zelt zurückkehren und h<strong>of</strong>fen, dass<br />

was sie heute erreicht hatten würde genügen sollte es zum Kampf<br />

kommen.<br />

310


Eirik<br />

Eirik zitterte am ganzen Körper vor Aufregung, o<strong>der</strong> besser vor<br />

Freude, bei dem was er gerade hören durfte. Eigentlich war ihm von<br />

seinem Herren Ser Ethan aufgetragen worden, sich zusammen mit<br />

dem Knappen von Ser Richard um das Lager <strong>der</strong> Godwynns am<br />

Rande des Turnierfeldes zu kümmern, während die Herrschaften<br />

über die momentane Lage beratschlagten. Mit Ser Richard´s<br />

Knappen alleine gelassen, stellte Eirik jedoch schnell klar, dass er<br />

überhaupt nicht die Absicht habe, sich am Lagerbau zu beteiligen,<br />

jetzt, wo es doch galt, Familienangelegenheiten zu belauschen.<br />

Auf die Einwände des an<strong>der</strong>en Knappens fand Eirik mit einer<br />

Drohgebärde schnell die passende Antwort, mit <strong>der</strong> er dann auch<br />

wie<strong>der</strong> klar stellte, dass er überhaupt <strong>der</strong> prächtigste unter allen<br />

Knappen sei und so wie so alleine durch seine körperlich Präsenz<br />

allen Mitmenschen so viel Schuld abringen musste, dass diese sich<br />

eigentlich nur glücklich schätzen durften, für ihn die ihm<br />

aufgetragenen Dienste zu erledigen, damit Eirik selbst ganz in <strong>der</strong><br />

Erfüllung seiner höheren Bestimmung aufgehen konnte. Langsam<br />

und tunlichst leise, bewegte er sich also aus seinem Versteck heraus<br />

und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.<br />

‚Konzentration, das hast du alles schon tausendmal im Gedanken<br />

durchgespielt‘ sprach er zu sich selbst und begann sich nun mit<br />

jedem Meter den er zwischen sich selbst und den sich noch<br />

beratenden Herrschaften brachte, von einer heimlich gebückten in<br />

einer ritterlich stolzen Körperhaltung zu erheben.<br />

311


„Juhuuhuuuu!!!“ kam es mit ehrlicher Freude aus dem tiefsten<br />

Inneren seines Herzens und er packte sich den nächst besten, ein<br />

Knabe von etwa 13 Jahren, und drückte ihn fest an seine Brust.<br />

„Na, was ist? Willst du dir ein paar Groschen verdienen?“ Fragte<br />

Eirik den verdutzten Jungen, <strong>der</strong> sich nach einen kurzen Moment<br />

des Sammelns auch durchaus interessiert zeigte.<br />

„Du kennst den Weg zwischen hier und Riverrun? Ja? Dann lauf so<br />

schnell du kannst die Straße entlang. Du wirst recht bald meine<br />

Mutter, die ehrenwerte Dame Elenore von <strong>der</strong> Silver Keep finden, die<br />

sehr bald schon hier eintreffen wird. Berichte ihr von meinem<br />

bevorstehenden Ritterschlag, sie wird wissen, was zu tun ist. Hast du<br />

alles verstanden? Ja? Na dann nimm die paar Groschen. Meine<br />

Mutter wird dir die dreifache Summe zahlen, wenn du dich beeilst,<br />

hörst du? Und jetzt lauf!“<br />

Gerade als <strong>der</strong> Junge los laufen wollte, überkam Eirik noch das ihm<br />

tief eingebrannte Misstrauen und er griff den Burschen grob ans<br />

Ohr und zog, bis diesem die Tränen kamen.<br />

„Und wenn dir einfallen sollte, nicht zu meiner Mutter zu laufen,<br />

finde ich dich und dann gibt´s noch mehr hiervon!“ sprach´s und<br />

schlug dem Jungen mit <strong>der</strong> flachen Hand an den Kopf, dass dieser<br />

beinahe sein Gleichgewicht verlor.<br />

Der Knabe lief schließlich los und sollte die nahende Elenore<br />

tatsächlich bald erreichen …<br />

312


Einige Zeit später befahl Ethan den beiden Knappen, nach diesem<br />

Heckenritter Ausschau zu halten. Die Knappen gingen so schnell sie<br />

konnten zu jedem Zelt und prüften jedes Wappen, das sie sehen<br />

konnten, während <strong>der</strong> Ritter in den Gasthäusern und Gassen suchte.<br />

Anfangs wagte er noch, nach dem Heckenritter zu fragen. Doch<br />

nach <strong>der</strong> Anhörung war selbst <strong>der</strong> Waffenmeister jedem bekannt und<br />

so erntete er nur Spott und Beleidigungen. Wie konnte er auch<br />

erwarten, dass ihm irgendjemand helfen würde.<br />

Es vergingen einige Stunden, bevor sich Ethan wie<strong>der</strong> mit seinen<br />

Knappen traf. Doch auch sie hatten den Ritter nicht finden können.<br />

Eirik schlug die gleiche Feindseligkeit <strong>der</strong> Menschen entgegen, was<br />

vermutlich auf seinen protzigen Umhang mit dem Wappen <strong>der</strong><br />

Godwynns zurück zu führen war. Brack Brownbwell allerdings hatte<br />

mehr Erfolg gehabt. Ihm war nicht anzusehen, welchem Haus er<br />

diente und seine Umgangsformen waren auch ausgeprägter, als bei<br />

Eirik.<br />

Mehrere Bedienstete, aber auch einige Ritter hatten den<br />

Heckenritter gesehen und wussten, wo er sein Zelt aufgeschlagen<br />

hatte. Es war etwas abseits <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Zelte in einer ruhigen Ecke.<br />

Als <strong>der</strong> Knappe jedoch dort eintraf, war nur das leere Zelt mit dem<br />

Wappen noch da. Von dem Ritter gab es keiner Spur und niemand<br />

wusste, wohin er verschwunden ist. Und so blieb auch seine Suche<br />

erfolglos.<br />

Ethan spürte, wie er langsam verzweifelte und blickte nur starr zu<br />

Boden. Er musste Taya um jeden Preis retten, aber er wusste nicht,<br />

wie. Es schien so, als würde sich alles gegen Ihn und seine Begleiter<br />

wenden.<br />

“Was ist mit an<strong>der</strong>en Heckenritter? Hier sollten doch mehr sein, als<br />

nur dieser Eine.” warf <strong>der</strong> Knappe von Ser Richard ein.<br />

313


Die Idee war nicht schlecht, dachte Ethan und für einen Moment<br />

hatte er wie<strong>der</strong> etwas H<strong>of</strong>fnung.<br />

“<strong>Das</strong> ist eine gute Idee. Geh zur Anmeldung für die Heckenritter<br />

und lass dir eine Liste mit Namen und Wappen geben. Hier,” er<br />

übergab dem Knappen einen kleinen Beutel mit Golddrachen,<br />

“benutze es, falls du die Liste nicht freiwillig bekommst. Und sage<br />

nicht, von welchem Haus du kommst.”<br />

Der Knappe verstand s<strong>of</strong>ort, worauf es ankam und machte sich auf<br />

den Weg. Ethan dachte darüber nach, dass zumindest er die<br />

Ritterwürde verdient hätte, s<strong>of</strong>ern sie das hier überlebten. Von Eirik<br />

jedoch hielt er so wenig, dass er sich wünschte, genug Heckenritter<br />

o<strong>der</strong> Stallburschen zu finden, denn sonst wäre er gezwungen, den<br />

Knappen wirklich zum Ritter zu schlagen.<br />

Zu seiner Überraschung kam Brack schon bald mit <strong>der</strong> Liste zurück<br />

und er hatte auch kein Gold ausgeben müssen. Also machten sich<br />

die Drei auf den Weg und suchten jeden auf <strong>der</strong> Liste auf.<br />

Ethan versuchte alles in seiner Macht stehende, um sie zu<br />

überzeugen, für das Haus Godwynn in den Kampf zu ziehen, aber<br />

die meisten lehnten ab. Teilweise wollten sie einfach nicht für eine<br />

Mör<strong>der</strong>in kämpfen, aber viele wollten auch wegen <strong>der</strong> Gegner nicht<br />

antreten. Ein Lord, <strong>der</strong> Sohn von Lord Butterwell, zwei<br />

kampferprobte Ritter aus großen Häusern und zwei Hauptmänner<br />

waren keine einfachen Gegner.<br />

Die Godwynns hatten zu diesem Zeitpunkt einen alten Hauptmann<br />

und einen Verletzten Ritter vorzuweisen, was in <strong>der</strong> Tat nicht sehr<br />

viel war.<br />

Am späten Nachmittag kehrten Ethan und die Knappen mit düsterer<br />

Miene zum Zelt zurück und wurden bereits von Cwelborn und dem<br />

314


Hauptmann erwartet, <strong>der</strong>en Blicke auch nicht son<strong>der</strong>lich viel<br />

H<strong>of</strong>fnung machten.<br />

“Konntet Ihr etwas erreichen, Ser?” fragte Cwelborn den<br />

Waffenmeister, nachdem sich alle mit einem Becher Wein an einen<br />

Tisch gesetzt hatten.<br />

“Wir konnten Drei Heckenritter finden, die bereit gewesen wären, für<br />

den richtigen Preis zu kämpfen. Der Erste wollte neben 1000<br />

Golddrachen auch Eirik als seinen… Lustknaben haben.”<br />

Cwelborn und Ser Richard starrten den Waffenmeister mit<br />

verdutzten Blicken an.<br />

“Der zweite Ritter war auf den ersten Blick zwar in Ordnung und<br />

ich wollte schon darauf eingehen, als eine ältere Frau auf mich zu<br />

kam und uns erklärte, dass dieser Ritter nur ein Scharlatan ist. Er<br />

nimmt das Gold und gibt bei <strong>der</strong> ersten Gelegenheit auf, um nicht<br />

verletzt zu werden und um sich mit dem Gold davon zu machen. Ihn<br />

können wir also auch vergessen.”<br />

Ethan konnte sehen, wie auch bei den an<strong>der</strong>en die Laune sank. Viel<br />

H<strong>of</strong>fnung gab es nicht mehr.<br />

“Letztendlich habe ich einen Ritter gefunden, <strong>der</strong> für uns kämpft. Er<br />

wollte 100 Golddrachen im Voraus und noch einmal 100 danach.<br />

Nach allem, was ich bisher von ihm sah, ist er ein sehr guter<br />

Kämpfer, aber hat einen zwielichtigen Charakter. Seine Bedingung<br />

war auch, dass er Rüstung und Gold <strong>der</strong> Gegner behalten darf, die er<br />

erschlägt. Und meine Rüstung wollte er ebenso, ich konnte ihn aber<br />

überzeugen, dass ich sie erst nach dem <strong>Urteil</strong> übergebe...”<br />

315


Cwelborn lies die Worte einen Moment wirken, bevor er darauf<br />

antwortete.<br />

„„Mir ist relativ egal wen er plün<strong>der</strong>n möchte o<strong>der</strong> ob er bei seinen<br />

Freunden beliebt ist. Gewinnt ihr morgen dank seiner Hilfe den<br />

Waffengang, ist er den Preis allemal wert und wenn nicht... werdet<br />

ihr die Rüstung nicht mehr brauchen und ironischerweise er sie<br />

nicht einfor<strong>der</strong>n können. Außerdem wir brauchen jeden Mann, wie<br />

ihr wisst war ich bei den Calestris in <strong>der</strong> H<strong>of</strong>fnung bei ihnen noch<br />

Unterstützung zu gewinnen und.." er erzählte ihnen alles was<br />

passiert war, von seinem Gespräch mit den Lord Calestris und seiner<br />

gescheiterten Suche nach einem Ritter <strong>der</strong> für sie kämpft und seiner<br />

letztlichen Notrekrutierung eines weiteren Knappens.<br />

"Wie ihr seht wir können kaum noch wählerisch sein, wenn wir sie<br />

retten wollen".<br />

"Meint ihr Lady Calestris wird uns helfen können?" fragte Ser Ethan<br />

"Es ist schwer zu sagen Ethan. sie schien nicht völlig unsympathisch<br />

für meine Bitte zu sein, aber ob sie soweit gehen würde aktiv zu<br />

unseren Gunsten sich zu verwenden und ob sie überhaupt genug<br />

Einfluss auf ihren Verlobten hat.. ich kann es nicht sagen. Wir<br />

dürfen unsere H<strong>of</strong>fnungen wohl nicht darauf setzen son<strong>der</strong>n<br />

müssen davon ausgehen, dass es morgen zum Kampf kommt.<br />

Ser Logan nickte mit sorgenvoller Miene und berichtete dann wie es<br />

ihm ergangen war, von dem vergeblichen Bemühen Hilfe zu finden<br />

und wie als letzter Ausweg einen Verbrecher in Dienst genommen<br />

hatte.<br />

„Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages mal das Haus mithilfe<br />

von Knappen und Verbrechern würde beschützen müssen.“ sagte er<br />

und seufzte. „Sollten wir aber morgen gewinnen, sage ich euch eines,<br />

ich suche mir eine warme, willige Frau und werde dann lauter kleine<br />

316


Söhne in die Welt setzen. Denn die <strong>Götter</strong> müssen uns dann sehr<br />

gesonnen sein.“<br />

„Bis dahin liegt noch einiges vor uns Ser Logan und wir sollten<br />

besser schauen, dass wir die <strong>Götter</strong> nicht zu sehr in Versuchung<br />

führen uns übel mitzuspielen. Ich werde gleich erstmal noch einen<br />

Brief an Lady Eleonore aufsetzen. Sie sollte nah genug sein, damit<br />

sie ein Bote noch erreicht. Vielleicht bekommen wir mit etwas Glück<br />

doch noch einen weiteren erfahrenen Kämpfer o<strong>der</strong> zumindest etwas<br />

mehr Präsenz falls etwas schiefgehen sollte.“<br />

„Sie weiß schon Bescheid“ erklang es vom an<strong>der</strong>en Ende des Zeltes<br />

in dem Eirik gelangweilt mit dem an<strong>der</strong>en Knappen und dem<br />

inzwischen angekommenen Arias Lund rumstand. „Ich hab ihr<br />

s<strong>of</strong>ort Bescheid gesagt, dass ich zum Ritter geschlagen werde und<br />

an dem Turnier teilnehmen.“<br />

„Du hast was?“ fragte ihn Ser Ethan in einer Mischung aus<br />

Überraschung und aufkommenden Zorn.<br />

„Dir ist nie in den Sinn zu kommen uns vorher was zu sagen? Hast<br />

du wenigstens Lady Eleonore gesagt sie soll sich beeilen, weil wir<br />

Hilfe brauchen?“ Eirik schaute ihn verletzt an. „Natürlich habe ich<br />

das, wie soll sie mir sonst beim Turnier zusehen können? Sie wird<br />

sicher bald hier sein“. Ser Ethan wandte sich von ihm ab und sagte<br />

mit kalter Stimme „Wenn das hier vorbei ist, werden wir darüber<br />

noch sprechen.“<br />

Ser Logan verdreht die Augen und Cwelborn schüttelte nur leicht<br />

den Kopf. „Gut immerhin können wir darauf zählen, dass sie bald<br />

eintreffen. In einer Hinsicht hat er Recht, Lady Eleonore wird sicher<br />

nicht seinen großen Auftritt verpassen wollen. Ser Logan? Ihr schaut<br />

euch bitte diesen Knappen <strong>der</strong> Calestris an und stellt fest, ob er so<br />

317


gut ist wie er von sich behauptet. Danach geht mit ihnen los und<br />

besorgt noch Pferde und Rüstungen für sie. Schlimm genug, dass<br />

wir mit halben Kin<strong>der</strong>n antreten, sie sollten wenigstens mehr als nur<br />

ihre St<strong>of</strong>fhemden tragen. Ser Ethan wir beide werden uns gleich<br />

erstmal eure Wunde ansehen. Wenn all das erledigt ist, schlagt die<br />

Jungen zu Rittern. H<strong>of</strong>fen wir ihre glorreiche Zeit hält langer als nur<br />

diese eine Nacht an.<br />

Ser Logan wandte sich an Ser Ethan. „Sobald ihr versorgt seid und<br />

wir zurück sind, lasst uns mit den Jungen noch was trainieren.<br />

Vielleicht können wir ihnen ein zwei unangenehme Überraschungen<br />

morgen noch ersparen.<br />

Ser Ethan nickt nur und er begab sich mit Cwelborn zu dessen<br />

Taschen. Dort untersuchte dieser seine Wunde. „Soweit ist sie bisher<br />

ganz ordentlich verheilt, auch wenn ihr bestimmt eine Narbe<br />

behalten werdet. Ich kann euch jetzt schon sagen, er wird euch<br />

Schmerzen bereiten und ihr solltet vermeiden den Arm zu belasten“<br />

Ethan lachte laut auf „Ich fürchte die an<strong>der</strong>en Ritter werden wenig<br />

Rücksicht darauf nehmen Maester. Außerdem ich bin ein Ritter, ich<br />

kann das durchstehen, grade für sie“.<br />

Cwelborn schaute kurz zu ihm auf und nickte dann nur. „Ich weiß,<br />

verzeiht es sind die Reflexe eines Heilers. Natürlich habt ihr wenig<br />

Einfluss darauf und ich wollte auch nicht eure Standhaftigkeit<br />

anzweifeln.“<br />

Ser Ethan winkte ab „Es gibt nichts zu verzeihen Maester ihr habt ja<br />

Recht, nur die Situation erlaubt mir keine Rücksichtnahme auf die<br />

Wunde. Außerdem eigentlich muss ich mich entschuldigen, ich war<br />

nicht ganz fair zu euch. Ich weiß euer Bemühen um Taya zu<br />

schätzen. Es war einfach...ich bin ein Ritter und zu sehen wie sie<br />

angeklagt wurde und all mein Kampftraining plötzlich so nutzlos<br />

318


war und...“ Er schaute Cwelborn nachdenklich an „Wisst ihr<br />

irgendwie bin ich über morgen erleichtert. Der Kampf wird sicher<br />

hart und ich weiß nicht ob ich ihn überleben werde, aber kämpfen<br />

hat auch was Klares, Einfaches. Es gibt nur mich und den Feind und<br />

alles an<strong>der</strong>e wird unwichtig.“<br />

„Mein Vater hat mir auch geraten Soldat zu werden“ antwortete<br />

Cwelborn nach kurzem Zögern „er sagte mir immer, dass alles<br />

an<strong>der</strong>e nur zu Komplikationen führen werde. Als Soldat wüsste man<br />

wenigstens immer wer <strong>der</strong> Feind sei und was die eigene Aufgabe<br />

wäre. Wenn nicht die Sache mit meinem Arm passiert wäre, würde<br />

ich vielleicht statt euren Arm zu verbinden jetzt grade irgendwo<br />

Wache schieben unter den aufmerksamen Blicken von jemandem<br />

wie Ser Logan.“<br />

„Irgendwie kann ich mir das nur schwerlich vorstellen Maester<br />

Cwelborn. Was hat denn euer Vater dazu gesagt, dass ihr Maester<br />

geworden seid? Ich vermute er ist trotzdem stolz auf euch?“<br />

Cwelborn hielt kurz inne „Er hat es lei<strong>der</strong> nie erfahren. Er wurde<br />

ermordet bevor ich es ihm sagen konnte.“<br />

Mit einer letzten Handbewegung zog er den Verband fest und stellte<br />

sich auf. „So genug mit <strong>der</strong> Vergangenheit ihr habt morgen einen<br />

schweren Kampf vor euch. Ich werde mich jetzt noch im Lager<br />

umsehen, ob ich eine Möglichkeit finde um etwas Medizin<br />

anzurühren, damit ich euch morgen etwas gegen die Schmerzen<br />

geben kann.<br />

Ethan stand langsam auf und reckte seinen Arm in verschiedene<br />

Richtungen „Es wird schon gehen Maester, aber habt Dank. Ich<br />

werde dann draußen den Platz vorbereiten gehen, damit Logan und<br />

ich gleich den Jungen noch zeigen können, dass auch wenn wir sie<br />

zu Rittern machen, sie noch viel zu lernen haben.<br />

319


Ser Logan hatte die jungen Knappen auf einem Platz hinter dem<br />

Zelt <strong>der</strong> Godwynns versammelt, um zu sehen wie es um <strong>der</strong>en<br />

kämpferischen Fähigkeiten bestellt war. Sich seiner Schmach immer<br />

noch bewusst, hatte Eirik Pfeil und Bogen links liegen gelassen und<br />

sogleich zum Übungsschwert gegriffen. Breitbeinig stellt er sich auf<br />

und begann einen Schattenkampf, bei dem er jeden seiner Schläge<br />

mit einem lauten Zischen begleitete. Die an<strong>der</strong>en Knappen, Brack<br />

und Aerias, folgten dem Beispiel und vielen ebenfalls in das Zischen<br />

mit ein.<br />

„Ah ja, sehr beeindruckend, aber wie wäre es, wenn ihr es mal<br />

miteinan<strong>der</strong> versucht? Brack, Aerias, ihr fangt an!“<br />

Vorsichtig umkreisten sich die beiden Knappen und tauschten erste<br />

Schläge aus, die aber keinen <strong>der</strong> beiden in Bedrängnis brachten.<br />

„Na kommt schon!“<br />

Brüllte Eirik die beiden an und schleu<strong>der</strong>te einen Klumpen Dreck<br />

auf Aerias Kopf, <strong>der</strong> sichtlich erschrocken zusammen zuckte und für<br />

einen Moment aus seiner Konzentration gerissen war. Einen kurzen<br />

Moment, denn Brack zu nutzen wusste, als er sich mit lautem<br />

Gebrüll auf seinen Gegner stürzte, mehrere Treffer landen, und<br />

diesen schlussendlich zu Boden zwingen konnte.<br />

„Unfair!“ keuchte Aerias, doch Logan hatte kein Erbarmen. „Steh<br />

wie<strong>der</strong> auf! Versuch es noch einmal!“<br />

„Aber meine Hand blutet!“<br />

Wütend stampfte Logan auf den Knappen zu, packte ihm unsanft in<br />

den Nacken und brachte ihn wie<strong>der</strong> auf die Füße.„ Glaubt ihr dass<br />

das hier ein Spiel ist? Ihr kämpft morgen um euer Leben! Um unser<br />

aller Leben! Also reißt euch alle mal zusammen und gibt mir<br />

wenigstens eine kleine H<strong>of</strong>fnung, dass wir das morgen überstehen!<br />

Eirik kämpf du jetzt mit Brack!“<br />

320


Da die beiden schon <strong>of</strong>t mit einan<strong>der</strong> trainiert hatten, war <strong>der</strong>en<br />

Darbietung sogleich deutlich ansehnlicher, wobei Brack einige<br />

Gelegenheiten ausließ, einen Treffer zu landen, um Eirik besser<br />

aussehen zu lassen. Nachdem er seinen Kratzer versorgt hatte,<br />

gesellte sich auch Aerias wie<strong>der</strong> zu den Kämpfenden, nun deutlich<br />

entschlossener.<br />

Nach den Schwertkampfübungen lies Logan sich noch die<br />

Reitfertigkeiten <strong>der</strong> Knappen vorführen und hier musste er doch<br />

zugeben, dass ihn Aerias und Eirik zu beeindrucken wussten, was er<br />

natürlich nicht öffentlich zugab. Dann, am späten Nachmittag,<br />

suchte er mit Brack und Aerias noch den Waffenschmied auf um<br />

den beiden eine Rüstung zu kaufen, welche Eirik schon seit längeren<br />

sein Eigentum nennen konnte. Doch für mehr als einen<br />

Kettenpanzer und einfachen Topfhelm für jeden reichte das Geld<br />

nicht mehr. Beide würden einen Waffenrock <strong>der</strong> Godwynns über den<br />

Kettenpanzer tragen, außerdem hatte Aerias noch den Rundschild<br />

geklaut, <strong>der</strong> als Geschenk an seinem Vater gedacht war, um bei den<br />

Kampf seine Herkunft aus dem Hause Lund zu zeigen.<br />

Anschließend versammelten sich wie<strong>der</strong> alle im Zelt <strong>der</strong> Godwynns,<br />

wo zu später Stunde <strong>der</strong> Ritterschlag erfolgen sollte. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

Eirik konnte man seine Unzufriedenheit, wegen des wenig<br />

feierlichen Rahmens ansehen, doch je näher <strong>der</strong> endscheidende<br />

morgige Tag nähe rückte, wuchs auch die Anspannung bei allen aus<br />

dem Godwynn Gefolge und so beschränkte sich <strong>der</strong> Akt auf das<br />

nötigste. Ser Logan schritt die Reihe <strong>der</strong> knienden Knappen ab und<br />

berührte <strong>der</strong>en Schulter mit seiner Schwertspitze. Abschließend<br />

stimmte Maester Cwelborn noch alle mit eindringlichen Worten auf<br />

den morgigen Kampf ein.<br />

321


Kara<br />

“Dalen, ich bitte Euch, wollt Ihr es Euch nicht doch noch einmal<br />

überlegen? Lasst dieses <strong>Götter</strong>urteil ohne Euch stattfinden, zieht<br />

Euch davon zurück.”<br />

Der junge Lord aus dem Hause Hardyng sah seine Verlobte mit<br />

einer Mischung aus Belustigung und Verärgerung an, während ihm<br />

ein Knappe in seine Rüstung half. “Lady Kara, ich sagte es Euch<br />

gestern schon: ich sehe keine Veranlassung dazu. Diese Sache ist<br />

gerecht und dem Willen <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> unterworfen, sie wird unter den<br />

Augen ehrbarer Leute stattfinden. Meine Teilnahme ist nicht nur<br />

eine Pflicht, son<strong>der</strong>n eine Chance.”<br />

Kara seufzte und trat dichter an ihn heran. “Dafür wird es noch<br />

genug an<strong>der</strong>e Gelegenheiten geben, Mylord. Bitte, bleibt an meiner<br />

Seite, wir sehen uns das Spektakel von <strong>der</strong> Adelsbank aus an und<br />

danach jubele ich Euch lieber bei dem Turnier zu.”<br />

Dalen zog seine Augenbrauen zusammen, wodurch die Pickel auf<br />

seiner Stirn noch deutlicher hervortraten. Er zog sich seinen<br />

Wappenrock über, das rot-weiß karierte Muster wirkte sehr erhaben.<br />

“Ihr irritiert mich sehr, schöne Lady. Nun sagt mir, warum wollt Ihr<br />

mir die Teilnahme ausreden? Ist es weil Ihr Euch um mich sorgt?<br />

O<strong>der</strong> wollt Ihr gar die Schlange vor ihrem Schicksal bewahren?”<br />

Kara errötete und schwieg einen Moment. Als Dalen an sein Pferd<br />

trat, sah sie ihn an. “Es ist… vielleicht ein wenig von beidem. Bei so<br />

einem Turnier kann viel passieren… und ich habe schon einmal<br />

einen Ehemann verloren.”<br />

322


Der junge Hardyng lachte. “<strong>Das</strong> wird diesmal nicht passieren. Ich<br />

bin gut vorbereitet, ich werde nicht verlieren. Außerdem denke ich<br />

immer noch, zu meinem Bedauern und Eurer Erleichterung, dass<br />

die Schlange ohne Kampf hingerichtet wird, weil sich nicht genug<br />

Ritter für sie einfinden werden.”<br />

Kara schüttelte zweifelnd den Kopf. “Da wäre ich mir nicht sicher.<br />

Der Maester <strong>der</strong> Godwynns scheint das an<strong>der</strong>s zu sehen und hat<br />

sogar einen unserer Knappen rekrutiert. Er wird die Männer schon<br />

zusammenbekommen, und wenn er sie kauft.”<br />

“Pah!” Dalen stieg mit Schwung auf sein Pferd. “Was für Kämpfer<br />

sollen das schon sein? Männer, die für Geld für eine Verbrecherin<br />

kämpfen. Heckenritter und ähnliches Gesocks… Nun, dann wird es<br />

vor <strong>der</strong> Hinrichtung eben doch einen Kampf geben. Aber solche<br />

Männer kämpfen ohne Mut und Herz und die <strong>Götter</strong> werden sie für<br />

ihre Gier bestrafen. Doch ich muss zugeben, ich verstehe nicht, dass<br />

Euer Bru<strong>der</strong> so nachsichtig war und dem Maester <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong>in<br />

erlaubt hat, jemanden anzuheuern. Und auch Euer Ansinnen<br />

verstehe ich nicht. Taya Godwynn ist schuldig, ohne Zweifel.”<br />

Kara räusperte sich leise. “Es… sieht so aus, aber ganz sicher bin ich<br />

mir nach <strong>der</strong> Verhandlung gestern nicht. Es bleibt die Möglichkeit<br />

ihrer Unschuld, und ich möchte nicht am Tod einer Unschuldigen<br />

beteiligt sein. Und ich möchte auch nicht, dass mein Verlobter es<br />

ist.”<br />

Dalen lächelte nachsichtig, als er sich den Helm aufsetzte. “Ihr seid<br />

etwas naiv, Mylady. Und vergesst nicht: das <strong>Urteil</strong> spreche nicht ich,<br />

son<strong>der</strong>n die <strong>Götter</strong>. Und wenn sie unschuldig ist, werden wir es<br />

erfahren.” Dalens Knappe reichte ihm sein großes Schild und eine<br />

Kriegslanze. Sie war kürzer als die gängigen Turnierlanzen, dafür<br />

robuster und mit einer tödlichen Stahlspitze versehen. “Außerdem<br />

323


würde die Schlange durch meinen Rücktritt nicht gerettet werden.<br />

An meiner Stelle würden sich s<strong>of</strong>ort hun<strong>der</strong>te an<strong>der</strong>er mutiger<br />

Männer melden und gegen die Godwynns reiten. Daher, Lady Kara,<br />

ist es dafür eh viel zu spät. Ein Rücktritt, unmittelbar vor dem<br />

Kampf, würde lächerlich aussehen.”<br />

Er wendete das Pferd in Richtung Turnierplatz. “Ihr dürft mir von<br />

<strong>der</strong> Tribüne aus zuwinken, Mylady, und mich nach meinem Sieg auf<br />

beson<strong>der</strong>e Weise belohnen.”<br />

Dalen ritt von dannen und Kara sah ihm noch einige Augenblicke<br />

schweigend hinterher. Dann begab sie sich zum Rest ihrer Familie,<br />

um sich mit ihnen gemeinsam als Zuschauer zum <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben<br />

zu begeben.<br />

Als <strong>der</strong> Zeitpunkt zum Aufbruch gekommen war, überprüften Logan<br />

und Ethan noch einmal die Rüstungen <strong>der</strong> ehemaligen Knappen.<br />

Auch wenn für sie nicht viel H<strong>of</strong>fnung bestand, den Kampf zu<br />

überleben, geschweige denn zu gewinnen, so sollten Sie doch<br />

wenigstens mit einer brauchbaren Ausrüstung antreten.<br />

Es war kurz nach Sonnenaufgang und sie alle hatten bereits ein<br />

ausgiebiges Frühstück zu sich genommen. Den ehemaligen<br />

Knappen war es anzusehen, dass sie nervös waren. Aber <strong>der</strong><br />

Waffenmeister konnte nicht sagen, ob es Angst, o<strong>der</strong> Übermut war.<br />

Nacheinan<strong>der</strong> traten Sie vor und Logan und Ethan halfen ihnen in<br />

ihre Rüstungen, bevor auch die beiden erfahrenen Ritter ihre<br />

eigenen Rüstungen anlegten. Maester Cwelborn hatte sich gut um<br />

die Verletzung des Waffenmeisters gekümmert. Der Verband war<br />

jetzt so fest, dass er den Arm problemlos bewegen konnte, ohne dass<br />

die Gefahr bestand, dass sie erneut aufbrechen würde. Allerdings<br />

hatte dies den Nachteil, dass sein Arm auch stark schmerzte, was er<br />

324


nicht? Und sie WAR unschuldig, das wusste Taya mit Gewissheit.<br />

Vielleicht… nun, vielleicht retteten die <strong>Götter</strong> sie also doch?<br />

Irgendwie? Obwohl sie mit diesem gläubigem Haus verheiratet<br />

worden war, maß Taya von jeher selbst den <strong>Götter</strong>n eher wenig<br />

Aufmerksamkeit bei und gestand ihnen auch wenig Einfluss zu, was<br />

sie natürlich niemals laut äußern würde. Septon Humble würde<br />

keifen wie ein Rohrspatz. Humble… dieser fette Säufer! Wenn man<br />

es sich recht überlegte, war das Ganze seine Schuld! Wäre er nicht<br />

mit diesen verfluchten Schriften aufgetaucht mit <strong>der</strong> angeblichen<br />

Schuld <strong>der</strong> Calestris, wäre das alles nie passiert. Sollte sie je nach<br />

Silver Keep zurückkehren, würde er dafür büßen!<br />

Aber würde sie je zurückkehren? Gab es wirklich eine Chance, dass<br />

die <strong>Götter</strong> den Kampf zu ihren Gunsten beeinflussten? Sie glaubte<br />

es nicht, sie hielt diesen Gedanken für lächerlich, WOLLTE ihn für<br />

lächerlich halten… aber er wurde unweigerlich zu einem Strohhalm<br />

<strong>der</strong> H<strong>of</strong>fnung, den sie nicht unterdrücken konnte.<br />

Nach einer halben Stunde erhielt sie ein reichhaltiges Frühstück -<br />

eine Henkersmahlzeit, wie sie dachte - und wurde dann von zwei<br />

Wachen <strong>der</strong> Garde von Lord Butterwell abgeholt.<br />

“Es ist soweit, Mylady. <strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> beginnt in Bälde.”<br />

Ohne sich zu wi<strong>der</strong>setzen o<strong>der</strong> auch nur ein Wort zu sagen, folgte<br />

Taya den Soldaten bis zum Turnierplatz. Eine überwältigende<br />

Menge an Zuschauern hatte sich bereits eingefunden, und als Taya<br />

erkannt wurde begannen die Leute zu fluchen, zu schimpfen und<br />

mit faulem Obst nach ihr zu werfen. Die junge dornische Frau ließ<br />

das alles teilnahmslos über sich ergehen. Ihr war übel vor Aufregung<br />

und Gram und sie war sich nicht sicher, ob sie ihr Frühstück lange<br />

bei sich behalten können würde. Ihr Platz war seitlich <strong>der</strong> Tribüne,<br />

326


wo die Wachen direkt neben ihr standen. Ganz oben hatten sich die<br />

obersten Lords <strong>der</strong> Häuser Butterwell, Lannister und Tully<br />

eingefunden, tuschelten miteinan<strong>der</strong> und starrten sie zwischendurch<br />

an.<br />

Dann erhob sich Lord Verwalter Boros Kergam und schlug wie<br />

gestern auf eine Glocke, um Ruhe zu erbitten und sich Gehör zu<br />

verschaffen. “Wir haben uns hier auf dem Turnierplatz vor<br />

Whitewalls eingefunden, um unter den Augen <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> ihr <strong>Urteil</strong><br />

zu empfangen - das <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben!”<br />

Lautes Rufen und Klatschen ertönte und Kergam wartete, bis wie<strong>der</strong><br />

Ruhe eingekehrt war. “Ihr <strong>Urteil</strong> wird richten über die Schuld <strong>der</strong><br />

wegen Mordes Angeklagten Lady Taya Godwynn von Silver Keep.”<br />

Der Lord Verwalter machte eine bedeutungsvolle Pause.<br />

“<strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> Sieben findet in Form eines Turnierkampfes statt.<br />

Sieben Kämpfer reiten gegen sieben Kämpfer. Fällt ein Ritter, kann<br />

er den Kampf auf dem Boden fortsetzen. Er scheidet als Verlierer<br />

aus dem Kampf aus, wenn er aufgibt, bewusstlos wird o<strong>der</strong> stirbt.”<br />

Wie<strong>der</strong> ein lautes Murmeln aus den Reihen <strong>der</strong> Zuschauer. Kergam<br />

fuhr fort. “Stehen zum Schluss nur noch Ritter <strong>der</strong> Anklage auf dem<br />

Turnierfeld, ist die Schuld von Lady Godwynn bewiesen und sie<br />

wird anschließend für ihr Verbrechen gehängt.” Zustimmende Rufe<br />

erklangen, die Taya einen Schau<strong>der</strong> über den Rücken jagten. “Sollte<br />

ein Streiter <strong>der</strong> Verteidiger als letzter übrig sein, wird die Lady von<br />

<strong>der</strong> Anklage freigesprochen und darf unbehelligt gehen.”<br />

Taya sah auf und erblickte Cwelborn. Er saß neben Trish auf einer<br />

Seitenbank <strong>der</strong> Tribüne und seine Augen versuchten Trost zu<br />

spenden und Zuversicht auszustrahlen. Auch wenn es ihm nicht<br />

327


ganz gelang, nickte Taya ihm dankbar zu. Dann liefen ihr die Tränen<br />

hinunter.<br />

Kergam fuhr unbeirrt fort und begann nun die Teilnehmer<br />

aufzurufen. “Für die Anklage bestreiten folgende mutige Recken<br />

unter den Augen <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> den <strong>Urteil</strong>skampf: Willem Butterwell,<br />

Sohn des Turniergastgebers Lord Arnold von Whitewalls!”<br />

Tosen<strong>der</strong> Applaus brandete über das Turnierfeld und Lord Willem<br />

ritt erhaben heran, seinen prächtigen Schild zierten die typischen<br />

Wellenlinien.<br />

“An seiner Seite kämpfen… Lord Karyl aus dem Hause Vance,<br />

verschworen den Flusslanden und Riverrun.”<br />

Ein älterer, kräftiger Mann wurde von einem schwarzen Hengst<br />

getragen, das Kampfgeschirr seines Tieres zeigte ein Wappen, dass<br />

aus grauen Drachen und gelben Augen zu bestehen schien. Kergams<br />

Stimme fuhr zügig fort.<br />

“Ser Forley Prester, ehrenhafter Ritter am H<strong>of</strong>e Casterly Rocks.”<br />

Forleys Statur war klein, aber hart. Er hatte eine auffällig eingedellte<br />

Nase, ebenso wie eine Glatze und einen braunen Bart. Sein<br />

Waffenrock zeigte einen roten Stier und <strong>der</strong> Ritter trug einen<br />

gehörnten Helm.<br />

“Lord Dalen Hardyng, <strong>der</strong> junge Lord aus dem Tal von Arryn.”<br />

Die Rüstung dieses pickelgesichtigen Hünen glänzte in <strong>der</strong><br />

Morgensonne. Taya sank mit jedem Recken, <strong>der</strong> gegen sie antrat, ein<br />

Stück weiter in sich zusammen.<br />

“Hauptmann Dak Torol, Anführer <strong>der</strong> Garde von Whitewalls.”<br />

Wie<strong>der</strong> Applaus aus dem Publikum, mehrere Soldaten jubelten dem<br />

328


Hauptmann zu. “Und abschließend Lord Eros aus dem Hause<br />

Cerdic, mit seinem Hauptmann Ser Gereon Wells.”<br />

Noch bevor Ethans Vater auf seinem Pferd bei den an<strong>der</strong>en<br />

angekommen war, sprang plötzlich Ben Crest von seinem Platz auf<br />

<strong>der</strong> Tribüne auf und rief laut hörbar. “Ich danke den tapferen<br />

Helden, dass sie für die Ehre meiner Familie eintreten und <strong>der</strong><br />

Mör<strong>der</strong>in meines Vaters Gerechtigkeit bringen werden. Mögen die<br />

<strong>Götter</strong> über Euch wachen, Lords und Sers.”<br />

Zustimmendes Gemurmel begleitete die jungen Schmied, als er sich<br />

wie<strong>der</strong> setzte. Kergam räusperte sich und fuhr fort.<br />

“Und nun die Kämpfer <strong>der</strong> Verteidigung. Wen haben wir denn da…”<br />

Er nahm eine Schriftrolle entgegen, die ihm Maester Cwelborn<br />

reichte, und las vor. “Ser Richard Logan, Hauptmann des Hauses<br />

Godwynn, und <strong>der</strong> Waffenmeister Ser Ethan Cerdic…”<br />

Kergam zögerte einen Moment, als er den Namen “Cerdic” erneut<br />

verlas. Logan und Ethan kamen herangeritten, ihre Gesichter<br />

wirkten hart und übermüdet. Wie<strong>der</strong> stiegen Taya Tränen in die<br />

Augen… es würde wohl das letzte Mal sein, dass sie die beiden<br />

lebend sah. Diese Trauer allerdings würde sie selbst nur kurz in sich<br />

tragen müssen, und das war ihr irgendwie ein Trost. Kergams tiefe<br />

Stimme fuhr fort.“... nun, dann sind da noch… die Ritter… Ser Brack<br />

Brownbell, Ser Eirik Hetherspoon und Ser Arias Lund, die… aber das<br />

ist ja…”<br />

Der Lord Verwalter hielt inne, als die drei ehemaligen Knappen<br />

heranritten. In ihren Rüstungen, die ihnen so ungewohnt waren,<br />

wirkten die Jungen verloren und die Zuschauer wurden unruhig.<br />

Kergam sah wütend zu Cwelborn hinüber. “Diese Jungen habt Ihr<br />

auf dem Gewissen, Maester! Sie werden nicht eine Runde<br />

überleben!”<br />

329


Cwelborn sah den Verwalter von Whitewalls distanziert an. “Mylord,<br />

mir wäre es bedeutend lieber, wenn es nicht nötig gewesen wäre, sie<br />

in den Kampf zu schicken. Aber dieses… Gericht hier hat sich gegen<br />

die logische Vernunft eines Freispruches entschieden.”<br />

Kergam wandte seine Augen wie<strong>der</strong> missbilligend <strong>der</strong> Schriftrolle zu.<br />

“Euer Gewissen wird dadurch belastet, nicht meines. Nun, also, die<br />

letzten Namen auf <strong>der</strong> Liste wären dann… Ser Siron… äh… nur Ser<br />

Siron…”<br />

Ein kräftiger Mann ritt heran. Er sah schmutzig aus und stank und<br />

als er laut lachte, entblößte er faulige Zähne. “Ja schaut nur, ihr<br />

Hurenböcke, ich bin ein SER! Verneigt Euch!”<br />

Ethan schlug eine Hand vor das Gesicht und Cwelborn errötete<br />

leicht. <strong>Das</strong> Publikum begann Siron auszubuhen, doch dieser lachte<br />

nur weiter. Taya schluckte hörbar, als Kergam weiterlas. “Und… um<br />

diese Farce hier zu beenden… gibt es noch Ser Bogril Tolko.”<br />

Taya reckte den Hals, um den letzten ihrer Ritter zu sehen, doch<br />

niemand erschien. Kergam räusperte sich.<br />

“Ich sagte, Ser Bogril Tolko!”<br />

Die Zuschauer murmelten und jetzt wandte sich auch Logan<br />

suchend um, während sich Ethan ein Stück von seinem Pferd<br />

hinunterbeugte und aufgeregt mit Cwelborn sprach.<br />

“Bogril Tolko? Ist dieser Ritter anwesend?”<br />

Ein Mann aus dem Publikum rief laut hörbar.<br />

“Ist das nicht dieser Heckenritter?”<br />

An<strong>der</strong>e antworteten.<br />

“Ja. Ich glaube, er versteckt sich immer unter einer Hecke, wenn es<br />

gefährlich wird!”<br />

Lautes Gelächter.<br />

“H<strong>of</strong>fentlich habt ihr ihm nicht zu viel bezahlt!”<br />

330


Erneutes Lachen und auch die obersten Lords auf ihrer Tribüne<br />

schienen sich zu amüsieren. Taya wurde langsam schwarz vor<br />

Augen, als Kergam wie<strong>der</strong> das Wort ergriff.<br />

“Nun… wenn dieser Ritter nicht am Gottesurteil teilnimmt, kann <strong>der</strong><br />

Kampf nicht stattfinden und Lady Tayas Schuld wird mit ihrer<br />

Hinrichtung ein Ende finden.”<br />

Ethan begann sich panisch umzusehen, eine Hand am Schwert.<br />

Logan ritt auf den Turnierplatz, seine Stimme donnerte durch die<br />

Reihen. “Einen Ritter! Wir brauchen einen Ritter, <strong>der</strong> sich nicht vor<br />

einem Kampf fürchtet und Ruhm, Ehre und Gold zu schätzen<br />

weiß!”<br />

Kergam schüttelte nur den Kopf und die Zuschauer lachten wie<strong>der</strong>.<br />

Logan hob die Faust. “<strong>Das</strong> kann ich nicht glauben! Will denn<br />

niemand…”<br />

“Doch. Ich.”<br />

Eine helle und klare Stimme durchschnitt das Gelächter und Ruhe<br />

kehrte ein, als sich die Köpfe nach dem Sprecher umdrehten. Es war<br />

ein drahtiger junger Mann mit blondem Haar und einer glänzend<br />

weißen Rüstung. Er lächelte grimmig von seinem stattlichen Pferd<br />

hinunter und auf seinem Schild zeigten sich Wellenlinien in den<br />

Farben gelb, weiß und grün.<br />

“Nein!” Lord Arnold Butterwell war aufgesprungen. “Malvin, ich<br />

verbiete es. Du wirst nicht antreten, erst Recht nicht für die<br />

Schlange!”<br />

Der junge Lord sah ihn wütend an. “Oh doch, Vater, dies ist die<br />

Sache <strong>der</strong> <strong>Götter</strong>, du kannst es nicht bestimmen. Es ist mein Recht<br />

daran teilzunehmen, und ich werde dir beweisen, dass ich ebenso<br />

viel wert bin wie Willem!”<br />

331


Der eben genannte Butterwell, augenscheinlich <strong>der</strong> ältere Bru<strong>der</strong> von<br />

Malvin, sah erst erschrocken, dann finster drein. Lord Arnold lief<br />

puterrot an. “Ich sage nein! Du zählst erst sechzehn Jahrestage und<br />

bist noch lange nicht so weit wie dein Bru<strong>der</strong>!”<br />

Malvin ließ sich nicht beirren. “<strong>Das</strong> erzählst du mir schon mein<br />

ganzes Leben. Niemals werde ich so gut, so stark, so klug wie<br />

Willem sein. Heute beweise ich dir das Gegenteil!” Damit schloss er<br />

das Visier seines Helmes und lenkte das Pferd in Richtung des<br />

Turnierplatzes. Die Aufregung im Volk war so groß, dass sogar <strong>der</strong><br />

Schrei von Lord Arnold übertönt wurde. Kergam sah sich unsicher<br />

um und eilte dann zum alten Butterwell auf die Tribüne, wo bereits<br />

die Lords Tully und Lannister auf ihn einredeten.<br />

Logan ritt zu Lord Malvin hinüber und verbeugte sich auf seinem<br />

Pferd. “Mylord… es ist mir eine Ehre. Ich danke Euch vielmals…”<br />

“Schweigt!” Malvin drehte ihm nicht einmal den Kopf zu. “Ich<br />

mache das we<strong>der</strong> wegen Eures lächerlichen Aufrufes, noch weil ich<br />

die Schlange für unschuldig halte.”<br />

Logan wirkte brüskiert, zog sich dann aber ohne ein weiteres Wort<br />

zu den an<strong>der</strong>en zurück. Inzwischen war Kergam wie<strong>der</strong><br />

zurückgekehrt und bat mit klangvollen Schlägen auf die Glocke um<br />

Ruhe.<br />

“Ruhe! Der letzte Kämpfer für das Haus Godwynn wird also Lord<br />

Malvin Butterwell, zweiter Sohn des Gastgebers von Whitewalls sein.<br />

Und so möge das <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> beginnen. Mylords und Sers,<br />

nehmt Eure Aufstellung ein!”<br />

Auf dem Turnierplatz war genug freie Fläche, dass sieben Ritter<br />

nebeneinan<strong>der</strong> gegen sieben an<strong>der</strong>e tjostieren konnten. Willem<br />

Butterwell nahm etwa 60 Meter von seinem Bru<strong>der</strong> entfernt an <strong>der</strong><br />

gegenüberliegenden Seite des Platzes Aufstellung. Er hatte sich<br />

Malvin als Gegner ausgesucht.<br />

332


Neben Willem gingen die an<strong>der</strong>en Kämpfer in Stellung. Taya<br />

beobachtete, wie nacheinan<strong>der</strong> Hauptmann Torol, Dalen Hardyng,<br />

Lord Cerdic und sein Hauptmann, Lord Vance und Ser Prester<br />

heranritten und sich kampfbereit machten. Lanzen wurden in<br />

Stellung gebracht, Visiere geschlossen und Taya beobachtete voller<br />

Anspannung und Furcht, gegen wen ihre Kämpfer anreiten würden,<br />

als auch sie Stellung bezogen.<br />

Nachdem die Streiter zum Turnierplatz aufgebrochen waren, galten<br />

die Gedanken von Ser Ethan nur noch dem bevorstehenden Kampf.<br />

Er interessierte sich nicht für die Menschen am Rand, die sie<br />

verfluchten und beleidigten und musterte stattdessen jeden<br />

einzelnen Gegner, als diese vorgestellt wurden. Dieser vorlaute<br />

Schmied war ihm inzwischen völlig egal, er hatte mit seinem Vater<br />

mittlerweile ein an<strong>der</strong>s Ziel für seinen Hass und seine Wut.<br />

Der Gestank dieses ehemaligen Gefangenen riss ihn aber dennoch<br />

ungewollt aus seiner Konzentration und <strong>der</strong> Waffenmeister hatte<br />

Mühe, seinen Brechreiz unter Kontrolle zu halten. Als dann auch<br />

noch <strong>der</strong> letzte Ritter fehlte, sah er ratlos zur Tribüne, wo sich Taya<br />

und Cwelborn befanden, die ihm aber nicht die geringste H<strong>of</strong>fnung<br />

geben konnten. Als er dann doch langsam Panik bekam und hilflos<br />

in <strong>der</strong> Menge suchte, ergriff <strong>der</strong> Hauptmann das Wort und wie<br />

durch ein Wun<strong>der</strong>, fand sich auch ein Ritter, <strong>der</strong> für die Godwynns<br />

antreten würde. Scheinbar war er nicht <strong>der</strong> Einzige, <strong>der</strong> ein<br />

familiäres Problem zu klären hatte.<br />

Als sich alle einen Augenblick später beruhigt hatten, begann die<br />

Aufstellung. Dieser neue Ritter, Ser Malvin, hatte sich seinen Bru<strong>der</strong><br />

als Gegner ausgesucht. <strong>Das</strong> sollte ihm nur Recht sein, einer <strong>der</strong><br />

333


gefährlicheren Gegner war somit gebunden. Er hatte Ser Logan am<br />

Abend zuvor gesagt, wen er sich als Gegner aussuchen würde.<br />

Der Waffenmeister ritt langsam an <strong>der</strong> Tribüne vorbei und nickte<br />

Cwelborn mit entschlossenem Blick zu, bevor er sein Pferd vor Lady<br />

Taya zum stehen brachte. Es brauchte keine Worte für das, was er ihr<br />

sagen wollte. Er sah ihr nur direkt in die Augen, bevor er sie<br />

zuversichtlich anlächelte und sein Pferd wendete. Im leichten<br />

Galopp überquerte er den gesamten Turnierplatz und stellte sich Ser<br />

Karyl Vance gegenüber…<br />

Am Morgen des Kampfes war Aerias schon früh aufgestanden und<br />

hatte sich seine Ausrüstung zurecht gelegt. Doch viel wichtiger war<br />

es ihm, zusätzliche Zeit auf dem Rücken des Pferdes zu verbringen,<br />

dass er ins Feld führen würde. Seine Wahl war auf eine eher kleine<br />

Stute gefallen, mit unscheinbarem Charakter, die aber aufgrund ihrer<br />

geringen Statue sehr wendig war. Für gewöhnlich bevorzugte Aerias<br />

große Pferde mit einem ausgeprägten eigenen Willen, doch<br />

bedürfen solche Pferde eben auch eine längere Zeit um mit ihnen<br />

vertraut zu werden, Zeit, die für den bevorstehenden Kampf nicht<br />

zur Verfügung stand. Doch bei dem Pferd seiner Wahl merkte er<br />

schnell, dass es ihm keine großen Schwierigkeiten bereiten, son<strong>der</strong>n<br />

willentlich seinen Kommandos folgen würde.<br />

Als Aerias zum Zelt <strong>der</strong> Godwynns zurückgekehrt war, legte er<br />

zusammen mit den an<strong>der</strong>en Jungrittern unter dem strengen Blick<br />

von Ser Logan seine Rüstung an und gurtete seine Waffen.<br />

Zusätzlich zu Schwert und Lanze befestigte er noch einen<br />

Rabenschnabel am Sattel seines Pferdes, eine Waffe, die unter<br />

Rittern zwar verpönt war, die aber gegen einen Kämpfer in schwerer<br />

Rüstung verheerenden Schaden anrichten konnte, da ein kräftiger<br />

Schlag mit <strong>der</strong> flachen Seite Panzerplatten deformieren und dem<br />

334


Träger somit in seiner Beweglichkeit einschränken konnte, während<br />

ein Kämpfer mit <strong>der</strong> spitzen Seite, welche <strong>der</strong> Waffe mit ihrer<br />

schnabelartigen Form ihren Namen gab, tiefe Löcher in die Rüstung<br />

zu schlagen vermochte. Sein alter Lehrmeister Ser Alban hatte ihm<br />

stets vorgehalten, dass diese Waffe, wie an<strong>der</strong>e, die einfachen<br />

Werkzeugen nachempfunden waren, niemals die Wahl eines<br />

ehrbaren Ritter sein konnte, denn dieser würde immer ein Schwert<br />

vorziehen. Doch Aerias hatte bei einer Kampagne gegen<br />

umherziehende Wilde mit eigenen Augen gesehen, was eine solche<br />

Waffe gegen schwergepanzerte Truppen anrichten konnte, wenn sie<br />

nur mit genügend Kraft zum Einsatz gebracht würde.<br />

So gerüstet, war <strong>der</strong> junge Ritter an <strong>der</strong> Seite seiner neuen Gefährten<br />

auf das Feld geritten, den sieben Rittern <strong>der</strong> Anklage gegenüber.<br />

Nun, berauscht von Adrenalin und Angst musterte er seinen Gegner,<br />

Ser Gereon Wells, dem Hauptmann des Hauses Cerdic und wartete<br />

auf das Startkommando…<br />

Mit je<strong>der</strong> Minute die <strong>der</strong> Tag andauerte, wurde Eirik unruhiger. Er<br />

war mit <strong>der</strong> Gesamtsituation unzufrieden. Zwar war er nun Ritter,<br />

aber was nutze das schon, wenn seine Stiefmutter, die ehrenwerte<br />

Elenore, nicht zu Gegen war und schlimmer noch, er hatte<br />

überhaupt nichts Passendes anzuziehen. Die Rüstung, die er nun<br />

trug, bestand aus dem Brustpanzer, welchen er zu seinem<br />

sechszehnten Geburtstag von seiner Stiefmutter geschenkt<br />

bekommen hatte und ansonsten aus am Vorabend eilig zusammen<br />

gekauften Teilen, die mehr im Sinne ihrer ursprünglichen,<br />

schützenden Aufgabe als zweckmäßig bezeichnet werden konnten,<br />

als dass sie dabei halfen, die Würde und den Anmut seiner<br />

Körperhaltung zu unterstreichen, mit <strong>der</strong> er auf den Rücken seines<br />

335


massiven schwarzen Hengstes Marius sitzend, das beste versuchte,<br />

um sein Erscheinungsbild zu retten. Zuletzt kam dann auch noch<br />

echte Nervosität hinzu, die sich bis zur Angst steigerte in dem<br />

Moment, als er zusammen mit seinen beiden jungen Gefährten auf<br />

den Turnierplatz gerufen wurde.<br />

Die Reaktion des Publikums gefiel Eirik indes überhaupt nicht.<br />

Wurde er überhaupt mit einer Reaktion bedacht, so war dies Hohn<br />

und Spott und damit gestaltete sich sein erster Auftritt als Ritter<br />

ganz und gar nicht so, wie er es sich überlegt hatte.<br />

Glücklicherweise hatte er sich bei seinen Überlegungen nicht alleine<br />

auf das Publikum verlassen und noch einiges vorbereitet, mit dem er<br />

ganz sicher schon vor dem ersten Lanzenstechen für Aufsehen<br />

sorgen wollte.<br />

Beide Gruppen näherten sich bereits <strong>der</strong> jeweils gegenüberlegenden<br />

Seite des Turnierplatzes, als Eirik seinem Pferd die Sporen gab und<br />

direkt auf Lady Taya zutrabte. Ein Raunen ging durch das Publikum<br />

und man sah sich fragend und erstaunt an. Bei Lady Taya<br />

angekommen, stieg Eirik von seinem Pferd, hob sein Topfhelm von<br />

seinem Haupt und kniete direkt vor ihr nie<strong>der</strong>. Lady Taya wusste mit<br />

dieser Geste eben so wenig anzufangen, wie das Publikum und <strong>der</strong><br />

Lord Verwalter Kergam wollte Eirik schon auf seinen Platz rufen, da<br />

langsam Unruhe im Publikum aufkam. Eirik selbst war ganz<br />

verwun<strong>der</strong>t, auch hier hatte er sich ganz an<strong>der</strong>e Reaktionen<br />

ausgemalt und nicht einmal für sein Gesicht erntete er hier auf dem<br />

Turnierplatz Beifall. Dabei hatte er sich extra an diesem Morgen mit<br />

blauer Farbe den siebenseitigen Stern des Glaubens über sein<br />

gesamtes Gesicht gemalt, ein wahres Kunstwerk, welches sich lei<strong>der</strong><br />

unter dem Topfhelm gänzlich in seinem Schweiß aufgelöst hatte und<br />

er mit einem Wort eigentlich nur noch ziemlich dreckig<br />

dreinschaute.<br />

336


Bevor das Publikum ausfallend ihm gegenüber wurde, stieg Eirik<br />

wie<strong>der</strong> auf sein Pferd, gab diesem abermals die Sporen und<br />

galoppierte scharf am Publikum vorbei direkt auf die sieben<br />

gegnerischen Ritter zu. Die Erde bebte unter den mächtigen<br />

Schritten des Hengstes und endlich zollte das Publikum Eirik ein<br />

wenig Respekt, wich vor dem massigen Pferd zurück und lies<br />

diesmal ein erstauntes Raunen erklingen.<br />

Gute 20 Meter vor den Gegnerischen Rittern hielt Eirik an und lies<br />

Marius einmal steigen. Er musterte kurz die sieben Ritter <strong>der</strong><br />

Anklage, während er selbst von diesen spöttisch grinsend gemustert<br />

wurde. Ohne ein Wort zu sagen, zog Eirik sein Schwert und zeigte<br />

mit <strong>der</strong> Spitze auf Ser Dak Torol, den Anführer <strong>der</strong> Garde<br />

Whitewalls. Sodann wendete er wie<strong>der</strong> und ordnete sich neben<br />

seinen Kampfgefährten ein. Der Kampf konnte nun endlich<br />

losgehen …<br />

Kara kaute nervös an ihrer Unterlippe. Mit einer Mischung aus<br />

Faszination und Entsetzen hatte sie beobachtet, wie sich erst die so<br />

ungleich gemischte wie ungeeignete Gruppe von Helden <strong>der</strong><br />

Schlange am Turnierplatz eingefunden hatten, ebenso wie das dann<br />

folgende Drama um die Söhne des Gastgebers. <strong>Das</strong> alles war<br />

spannen<strong>der</strong> als je<strong>der</strong> Wettkampf, dem die junge Lady je<br />

beigewohnte, und zwar noch bevor das eigentliche Turnier<br />

begonnen hatte.<br />

Als sich die letzten Recken <strong>der</strong> Godwynns ihren Kontrahenten<br />

gegenüberstellten, stand auf einmal die Angeklagte, Lady Taya, auf,<br />

sprang auf das Pferd von Ser Ethan Cerdic zu, und zog sich hoch,<br />

bevor eine <strong>der</strong> Wachen nach ihr greifen konnte. Dort öffnete sie das<br />

Visier des Ritters und küsste ihn. Kara hörte einige Damen in <strong>der</strong><br />

Umgebung seufzen und einige Herren abschätzig lachen. Die Lady<br />

aus dem Hause Calestris runzelte die Stirn. Nachdem <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

337


junge Mann - war er nicht einer <strong>der</strong> Knappen gewesen, als die<br />

Godwynn-Delegation nach Wynard’s Hold gekommen war? - vor<br />

seiner Lady auf die Knie gegangen war und nach diesem Beweis <strong>der</strong><br />

Zuneigung gegenüber ihrem Waffenmeister, zweifelte Kara nicht<br />

daran, dass Lady Tayas Männer ohne zu zögern in den Tod reiten<br />

würden. Zumindest die meisten von ihnen, und genau dieses<br />

Schicksal würde sie wohl erwarten.<br />

Endlich hatten die Wachen die Herrin von Silver Keep wie<strong>der</strong> unter<br />

Kontrolle und zerrten sie zurück zu ihrem Platz. Ser Ethan wirkte<br />

etwas verstört und klappte rasch sein Visier wie<strong>der</strong> hinab. Kara<br />

bezweifelte, dass ihm seine Lady gerade einen Gefallen getan hatte.<br />

Es war für alle an <strong>der</strong> Zeit sich zu konzentrieren. Sie mussten stark<br />

und aufrecht reiten, ihre Gegner anvisieren und die tödlichen<br />

Kriegslanzen gut festhalten. Bei einem Turnier zielte man auf den<br />

Schild des Gegners und versuchte ihn vom Pferd zu stoßen, bevor<br />

die eigene Lanze zerbarst, aber hier war es an<strong>der</strong>s. Die Kriegslanzen<br />

waren schwer und stabil, und man zielte mit ihren metallenen<br />

Spitzen auf den Körper des gegnerischen Reiters, um ihn zu<br />

verletzen o<strong>der</strong> zu töten. Kara fragte sich, ob sich alle Teilnehmer<br />

dieser Tatsache bewusst waren, beson<strong>der</strong>s auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />

Schlange. Sie sah zu ihrem Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ihren unbehaglichen Blick<br />

erwi<strong>der</strong>te. Es wurde ernst und es würde Blut fließen. Und alles nur<br />

wegen dieser 3000 Golddrachen. Ein letztes Mal begutachtete sie die<br />

Paarungen, bevor die Streiter aufeinan<strong>der</strong> zustürmen würden.<br />

Willem Butterwell gegen Malvin Butterwell. Dak Torol gegen Eirik<br />

Hetherspoon. Dalen Hardyng gegen Brack Brownbell. Lord Cerdic<br />

gegen Siron. Gereon Wells gegen Arias Lund. Karyl Vance gegen<br />

Ethan Cerdic. Und Forley Prester gegen Richard Logan.<br />

So würden die Begegnungen sein, zumindest beim ersten<br />

Aufeinan<strong>der</strong>treffen. Danach war alles <strong>of</strong>fen. Manche würden noch<br />

338


oben sitzen und einen neuen Anlauf starten. An<strong>der</strong>e würden zu<br />

Boden gestürzt sein und sich dort neue Gegner suchen. Und einige<br />

würden vielleicht schon nach einer Runde tot sein o<strong>der</strong> verletzt<br />

aufgeben. Aufgeben… das wäre sicher das einfachste, vor allem für<br />

die Gruppe <strong>der</strong> Schlange. Versuchen den ersten Tjost zu überleben,<br />

und dann aufgeben, o<strong>der</strong> einfach reglos im Dreck liegen bleiben.<br />

Lady Taya würde dafür allerdings mit dem Leben bezahlen, warum<br />

also sollten sie dann überhaupt antreten… außer… nun, außer<br />

diejenigen, die erst zu Rittern gemacht wurden für diesen Kampf.<br />

Diese könnten aufgeben und hätten zwar ihre Herrin verloren, aber<br />

einen Ritterstitel gewonnen. Die Ritter auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Ankläger<br />

würden jedenfalls nicht so leicht ihr Haupt und Knie beugen, zu<br />

groß wäre die Schande bei dieser Überlegenheit.<br />

Kara schreckte aus ihren Gedanken hoch, als eine Fanfare ertönte<br />

und die Ritter ihren Pferden die Sporen gaben. Vierzehn Kämpfer<br />

rasten aufeinan<strong>der</strong> zu und begannen langsam die Lanzen zu senken,<br />

um ihre Kontrahenten anzuvisieren…<br />

Nachdem Taya wie<strong>der</strong> mit Gewalt zu ihrem Platz geführt worden<br />

war, krallten sich ihre Hände ineinan<strong>der</strong> vor Anspannung und Angst.<br />

In den nächsten Sekunden würde sich ihr Schicksal entscheiden, ihr<br />

Schicksal, und das <strong>der</strong> einzigen Menschen, die ihr etwas bedeuteten.<br />

Dann ertönte die Fanfare und die Pferde rasten aufeinan<strong>der</strong> zu,<br />

Lanzen senkten sich in vollem Galopp. Schon jetzt konnte man die<br />

Unterschiede sehen zwischen guten und schlechten Reitern und<br />

Rittern, einige schwankten auf ihren Pferden und manche Lanzen<br />

zitterten unsicher.<br />

Staub erhob sich von dem trockenen Turnierfeld, als Hufe darüber<br />

donnerten und Taya erhob sich, um überhaupt noch etwas sehen zu<br />

können. S<strong>of</strong>ort spürte sie die feste Hand eines Wächters auf ihrer<br />

Schulter, und dann krachten die ersten Gegner auch schon<br />

339


gegeneinan<strong>der</strong>. Furchtbares Schreien und Wiehern war zu hören,<br />

klirren von Metall und splittern von Holz.<br />

So gut wie es ging versuchte Taya etwas zu erkennen, ein Blick auf<br />

die Ritter zu erhaschen, um den Kampfverlauf beobachten zu<br />

können.<br />

Der junge Butterwell, <strong>der</strong> für sie kämpfte… Malvin war sein Name…<br />

hatte es tatsächlich geschafft, seinen älteren Bru<strong>der</strong> vom Pferd zu<br />

stoßen. Doch als er sein eigenes Tier wenden wollte, strauchelte es<br />

und er fiel ebenfalls zu Boden. Schnell rappelte er sich wie<strong>der</strong> auf<br />

und zog ein Schwert, während Willem ebenfalls wie<strong>der</strong> auf die Füße<br />

kam und einen Morgenstern in den Händen hielt.<br />

Siron, <strong>der</strong> so aussah als hätten die Godwynns ihn direkt aus <strong>der</strong><br />

Gosse aufgegabelt, schrie wild und hielt die Lanze fest, als er auf<br />

Ethans Vater traf. Doch er war ein schlechter Reiter, und als seine<br />

Lanze auf das Schild Lord Cerdic’s prallte, hob es ihn ebenso aus<br />

dem Sattel, wie seinen Kontrahenten. Beide Ritter landeten im Staub<br />

und versuchten sich schnell wie<strong>der</strong> kampfbereit zu machen. Aus<br />

dem Schild des Lords war ein großes Stück herausgebrochen, so<br />

dass es ihn kaum noch schützte, und Siron schien zu humpeln, als<br />

sie ihre Schwerter zogen und aufeinan<strong>der</strong> zugingen.<br />

Und dann zerriss ein gellen<strong>der</strong> Schrei den Kampfeslärm. Brack<br />

Brownbell, Ser Richards ehemaliger Knappe, hatte seine Lanze zu<br />

stark gesenkt. Sie traf das Pferd seines Gegners, Lord Dalen<br />

Hardyng, in die Flanke und riss sie auf. Hardyngs Kriegslanze<br />

jedoch bohrte sich in die Mitte von Bracks Körper und spießte ihn<br />

regelrecht auf. Er stürzte zu Boden und auch Hardyng fiel von<br />

seinem blutenden und sterbenden Pferd. Als sich <strong>der</strong> junge Lord<br />

wie<strong>der</strong> aufgerappelt hatte, erlöste er mit seinem Schwert als erstes<br />

sein Ross von den Todesqualen, und dann tat er das gleiche mit<br />

Brack, <strong>der</strong> wimmernd auf dem Boden lag, mit einer Lanze durch<br />

340


seine Körpermitte. Als <strong>der</strong> ehemalige Knappe tot war, erhob sich<br />

Hardyng, und sah sich bereits nach einem neuen Gegner um.<br />

Taya schloss die Augen, als sie sich mit Tränen füllten. Sie wollte das<br />

nicht mehr mit ansehen. Aber konnte sie wirklich wegsehen? Sie riss<br />

sie wie<strong>der</strong> auf und suchte nach Ethan. Was war mit Ethan?!<br />

Der junge Ritter Aerias hielt mit aller Entschlossenheit auf seinen<br />

Gegner zu, die er aufbringen konnte. Doch je näher die<br />

Kontrahenten auf einan<strong>der</strong> zu galoppierten, desto mehr wuchsen die<br />

Zweifel im Kopf des Jungen. Dies war kein Übungsritt wie er ihn<br />

kannte, hier war er flankiert von kampferprobten Recken wie Ser<br />

Ethan Cerdic und Ser Richard Logan. Männer die wie ihre Gegner<br />

Schlachten geschlagen und Töten zu ihrer Gewohnheit haben<br />

werden lassen. Und das wurde Aerias nun mit einem Mal klar, als er<br />

in die kalte stählerne Fratze seines Gegenübers blickte, auch hier<br />

und jetzt würden Menschen sterben.<br />

Die Lanze, die von Ser Gereon Wells ungewöhnlich hoch gehalten<br />

wurde, traf ihn mit voller Wucht an <strong>der</strong> Stelle seines Schildes, wo das<br />

oberste <strong>der</strong> drei Ferkel seines Hauswappens aufgemalt war. <strong>Das</strong><br />

Holz des Schildes barste in alle Richtungen davon und die Lanze,<br />

kaum in ihrer Wucht gebremst, schlug auf <strong>der</strong> Höhe von Aerias<br />

Nase in den Helm ein. Allein die Tatsache, dass beim Durchstoßen<br />

des Schildes auch die metallene Spitze <strong>der</strong> Lanze abgebrochen war<br />

und lediglich <strong>der</strong> Stupf <strong>der</strong> Waffe Aerias Kopf traf, rettete dem<br />

Ritter sein Leben. Aerias selber, verfehlte sein Ziel klar, konnte den<br />

Stoß aber noch gerade abfangen und sich im Sattel seines<br />

Streitrosses halten. Benommen und von Sinnen ritt er zum Ende des<br />

Turnierplatzes und riss sich keuchend den zerbeulten Helm vom<br />

Kopf. Blut strömte ihm aus <strong>der</strong> Nase, die von dem Aufschlag völlig<br />

341


deformiert war. Kurz wurde ihm schwarz vor Augen und er konnte<br />

sich erst im letzten Moment in die Mähne seines Pferdes festgreifen<br />

um einen Absturz zu vermeiden.<br />

Er blickte sich um, gerade in dem Moment, als Ser Dalen Hardyng<br />

den jungen Ritter Brack erschlug, begleitet von den entsetzten<br />

Schreien des Publikums. War es das wert? Sollte er hier sein Leben<br />

lassen? Er blickte zu <strong>der</strong> Frau, <strong>der</strong>en Schuld o<strong>der</strong> Unschuld <strong>der</strong><br />

Anlass dieses Kampfes war. Er hatte die Leidenschaft in Ser Ethans<br />

Augen gesehen, als sie ihm vor Kampfbeginn geküsst hatte, die<br />

Ehrerbietung, die Ser Eirik ihr erbracht hatte. Es konnte für Aerias<br />

keinen Zweifel in <strong>der</strong> Loyalität <strong>der</strong> Godwynn Ritter ihrer Herrin<br />

gegenüber bestehen, doch galt das auch für ihn? Was hatte er von<br />

<strong>der</strong> Frau zu erwarten, die sich angstvoll in ihren Stuhl krallte?<br />

Sein Blick viel auf seinen Vater und seinen ehemaligen Lehrmeister<br />

Ser Alban Sanchez, die beide aufgesprungen waren und besorgt auf<br />

das Kampfesfeld blickten. Würde er sie enttäuschen? Zweifellos,<br />

wenn er den Kampf jetzt abbrechen und vor all den Zuschauern hier<br />

um Gnade betteln würde.<br />

Aerias Blick viel auf den Waffenstän<strong>der</strong>, welcher an <strong>der</strong> Startseite <strong>der</strong><br />

Vertreter <strong>der</strong> Anklage aufgebaut war. Mit lauten Schreien trieb er<br />

sein Pferd dorthin und griff nach einem Speer und stellte sich dann<br />

wie<strong>der</strong> Ser Gereon Wells gegenüber. Seine Angst und seine Zweifel<br />

waren nun beiseite gefegt, er würde kämpfen, er würde reiten und<br />

streiten!<br />

„Bei den neuen und den alten <strong>Götter</strong>n!“<br />

Immer noch benommen von dem vorherigen Lanzentreffer, fiel<br />

Aerias die Koordinierung seiner Bewegungen sichtlich schwer.<br />

342


Dennoch versuchte er sich im entscheidenden Moment auf seinen<br />

Plan zu konzentrieren. Vergebens. Zwar schleu<strong>der</strong>te er den Speer in<br />

die richtige Richtung, doch hatte er dem Wurfgeschoß zu wenig<br />

Winkel mitgegeben, sodass dieser wenige Meter vor dem Pferd<br />

seines Gegners in den Boden schlug.<br />

Ein Raunen ging durch die Reihen <strong>der</strong> Zuschauer, als Aerias trotz<br />

<strong>der</strong> Tatsache, dass er nun ohne jede gezogene Waffe war, weiterhin<br />

im vollen Galopp auf seinen Gegner zuhielt. Doch dann scheute das<br />

Pferd von Ser Wells, als Aerias‘ Speer in den Boden schlug, und stieg,<br />

sodass <strong>der</strong> überraschte Hauptmann vom Pferd herunter fiel. Ein<br />

Moment, den <strong>der</strong> junge Ritter hätte nützen können, doch war er<br />

immer noch so sehr auf die Einhaltung seines Planes fokussiert, das<br />

er seiner Chance nicht gewahr wurde und stattdessen – immer noch<br />

in dem Glauben, das sein Gegner auf ihn weiter zureiten würde – zu<br />

einem waghalsigen Ausweichmanöver ansetzte, bei dem er sich auf<br />

die dem Gegner abgewandte Seite seines Pferdes herunter hängen<br />

lassen wollte, um so gänzlich aus <strong>der</strong> Trefferzone zu verschwinden.<br />

Dieses Manöver hatte Aerias früher bei seiner Reitausbildung bis zur<br />

Perfektion beherrscht, doch waren dies nun an<strong>der</strong>e Umstände. Zum<br />

einen, war sein jetziges Pferd solche Bewegungen nicht gewöhnt,<br />

und zum an<strong>der</strong>en war <strong>der</strong> junge Ritter weiterhin zu stark von dem<br />

ersten Treffer benommen, als das er die Bewegungen angemessen<br />

hätte ausführen können.<br />

<strong>Das</strong> Resultat war, dass Aerias seinen Halt verlor, und beinahe<br />

gleichzeitig wie Ser Wells zu Boden ging. Dieser hatte sich schnell<br />

erholt und wütend zu seiner Axt gegriffen. Doch auch für Aerias<br />

ging <strong>der</strong> Sturz glimpflich aus, da er ohne weitere Verletzung wie<strong>der</strong><br />

auf die Beine kam. Glücklicherweise, war sein Pferd nicht allzu weit<br />

entfernt zum Stehen gekommen, sodass er nach einem kurzen<br />

Sprint, seiner speziellen Waffe, dem Rabenschnabel, habhaft werden<br />

konnte, welcher an einer Schlaufe am Sattel befestigt war. Mit dem<br />

343


Rabenschnabel in <strong>der</strong> rechten und seinem Schwert in <strong>der</strong> linken<br />

Hand stellte er sich nun dem Hauptmann entgegen.<br />

„Da ist dem edlen Ritter wohl sein Pferd verloren gegangen, wie?!<br />

Euch will ich nun aus eurem Panzer schälen und allen hier zeigen,<br />

dass sich da drunter nichts weiter befindet, als die schlotternden<br />

Knie eines alten, fettwanzigen Feiglings!“<br />

Während er die Worte sprach, schlug er kräftig seine Waffen<br />

gegeneinan<strong>der</strong>, nun klarer bei Sinnen, und marschierte auf seinen<br />

Gegner zu.<br />

„Hier wird eure letzte Stunde geschlagen haben, Ser Ritter, hier<br />

werdet ihr unter meinen Schlägen nie<strong>der</strong> gehen!“<br />

Seelenruhig wartete Hauptman Wells als sich Aerias vorsichtig<br />

näherte. Doch sobald <strong>der</strong> junge Ritter in Reichweite <strong>der</strong> mächtigen<br />

zweihändig geführte Axt des Hauptmanns kam, explodierte dieser<br />

förmlich und lies eine ganze Serie von weitausholenden Schlägen<br />

auf Aerias nie<strong>der</strong>regnen. Völlig Überrascht von <strong>der</strong> Geschwindigkeit,<br />

mit welcher Wells seine Waffe zu führen vermochte, war Aerias in die<br />

Defensive gedrängt. Zwei Schlägen konnte er gerade noch<br />

ausweichen, einen dritten zur Seite hin ablenken, doch als <strong>der</strong><br />

deutlich kräftigere Hauptmann zu einem vierten Schlag ausholte,<br />

war Aerias nur noch in <strong>der</strong> Lage, sein Schwert schützend nach oben<br />

zu reißen. Wells schwang seine Axt in einem Bogen weit über seinen<br />

Kopf und lies die zur Abwehr erhobene Klinge wie ein dünnes<br />

Stöckchen zersplittern. Aerias‘ einziges Glück war, dass er die<br />

Richtung <strong>der</strong> Axt noch leicht abän<strong>der</strong>n konnte, sodass sich das<br />

Klingenblatt statt in den Kopf lediglich in den linken Arm des Rittes<br />

grub.<br />

344


Ein lang gezogener schmerzerfüllter Schrei entfuhr Aerias Lippen,<br />

<strong>der</strong> nun völlig ohne Deckung seinem Gegner gegenüberstand, kaum<br />

noch in <strong>der</strong> Lage sich auf den Beinen zu halten. Siegessicher holte<br />

Wells nun zum finalen Schlag aus, doch hielt er noch einmal kurz<br />

inne, um den jungen Ritter mit einem spöttischen Lachen zu<br />

verhöhnen.<br />

Mit all seiner verbliebenen Kraft sprang Aerias nun vorwärts und<br />

trieb seine verbliebene Waffe, den Rabenschnabel, in den Hals seines<br />

Gegners, <strong>der</strong> von dieser Attacke vollkommen überrascht war. Blut<br />

schoss aus <strong>der</strong> klaffenden Wunde, den die Waffe hielt was sie<br />

versprochen hatte, das spitze Ende hatte kein Problem, den Panzer<br />

zu durchschlagen und in den Körper ein zu dringen. Leblos sackte<br />

<strong>der</strong> Körper des Hauptmanns zusammen.<br />

Zwar war Eirik noch nie ein Turnier geritten und den Lanzengang<br />

kannte er nur aus Spaßkämpfen mit an<strong>der</strong>en Knappen, doch hatte er<br />

sich bei je<strong>der</strong> sich bietenden Gelegenheit die Kämpfe an<strong>der</strong>er Ritter<br />

angeschaut und sich dadurch genau überlegt, wie er sich im<br />

Ernstfall verhalten würde.<br />

Er ritt nicht direkt im vollen Galopp los, son<strong>der</strong>n steigerte Marius´<br />

Schrittfrequenz langsam aber stetig, um dann kurz vor dem<br />

Zusammenstoß plötzlich förmlich zu Explodieren, wodurch er sich<br />

versprach, seinem Gegner jede Chance zu nehmen irgendwelche<br />

Berechnungen anzustellen.<br />

Tatsächlich verrechnetete sich Eirik und war letztlich völlig<br />

unvorbereitet, als es zum Zusammenstoß kam. Die eigene Lanze<br />

hatte er noch gar nicht auf sein Ziel gerichtet, als er im letzten<br />

Moment wenigstens sein Schild hoch zog, um das schlimmste zu<br />

verhin<strong>der</strong>n. Dieser letzte Reflex hatte ihm wohl sein Leben gerettet.<br />

Die Lanze seines Gegners traf mit einer solchen Wucht auf Eiriks<br />

Schild, dass dieser in tausend Teile zerbrach und die eiserne<br />

345


Lanzenspitze letztlich nicht daran hin<strong>der</strong>n konnte, Eiriks Schildarm<br />

einmal komplett längs aufzuschlitzen.<br />

Eirik schrie laut auf, Tränen schossen ihm aus den Augen. Dann<br />

überkam ihn die blanke Wut auf sein Gegner, dem Hauptmann von<br />

Whitewalls. Er wurde rasend und es beherrschte nur noch ein<br />

Gedanke sein Handeln: er wollte Blut sehen, Torols Blut. Er würde<br />

ihn Aufspießen, den Kopf abschlagen, ausweiden, bis <strong>der</strong> gesamte<br />

Turnierplatz von Torols Innereien bedeckt war. <strong>Das</strong>s Eirik kein<br />

Schild mehr hatte, war ihm völlig gleichgültig, auch seine Verletzung<br />

spürte er nicht. Eirik wendete sein Pferd und stellte dankbar fest,<br />

dass Hauptmann Torol bereits wie<strong>der</strong> auf ihn zuritt. Ohne<br />

Verzögerung spornte Eirik sein mächtiges Pferd zum vollen Galopp<br />

an und raste auf sein Gegner zu. Dabei schrie er unentwegt, als ob<br />

er besessen wäre, seine Lanze hatte er jetzt feste auf Torol gerichtet<br />

…<br />

"BASDAAAAAAARD!!!!!!"<br />

In dem Moment, als Eiriks Lanze auf Hauptmann Torols Brust traf,<br />

schien es, als konzentrierte sich die gesammelte Wut <strong>der</strong> Menschheit<br />

auf eben diesen Punkt. Kein Schild, keine Erfahrung, kein neuer und<br />

kein alter Gott konnten verhin<strong>der</strong>n, dass Eirik genau in diesen<br />

Moment die eine Schwachstelle in Torols Verteidigung fand und<br />

seinen Gegner heftig von dessen Pferd fegte. Der Hauptmann fiel<br />

dabei unkontrolliert auf seine linke Schulter und rollte noch einige<br />

Meter über den Turnierplatz.<br />

Eirik selbst trabte auf seinem mächtigen Hengst Marius noch einige<br />

Schritte weiter, um für einen finalen Ansturm einige Meter zwischen<br />

sich und seinem Gegner zu bringen, als er plötzlich bemerkte, wie er<br />

346


den Halt auf dem Pfer<strong>der</strong>ücken verlor. S<strong>of</strong>ort hielt er und rutschte<br />

samt seines Sattelzeugs von Marius.<br />

Durch seine Raserei und das Adrenalin völlig benebelt, brauchte<br />

Eirik einige Sekunden, um die Situation genau zu erfassen.<br />

Scheinbar hatte Hauptmann Torols Lanze Marius´ Flanke noch<br />

gestreift, als <strong>der</strong> Hauptmann von seinem Pferd fiel. Dabei hatte die<br />

Lanze nicht nur eine blutende Verletzung hinterlassen son<strong>der</strong>n auch<br />

den Riemen des Sattels angeschnitten, sodass dieser nach den<br />

wenigen Schritten, die Eirik noch weiter geritten war, riss.<br />

"BASDAAARD!!! WUAAAAA!!!!"<br />

Eirik war außer sich und schrie unentwegt vor sich hin. Hauptmann<br />

Torol hatte sich <strong>der</strong>weil wie<strong>der</strong> aufgerappelt, zog sein Schwert und<br />

humpelte langsam in Eiriks Richtung. Der linke Arm des<br />

Hauptmanns hin schlaff an dessen Seite und war scheinbar<br />

gebrochen o<strong>der</strong> ausgekugelt. Eirik zog nun auch seinerseits sein<br />

Schwert, doch anstatt sich dem Kampf mit dem Hauptmann zu<br />

stellen, ging Eirik zu Torols Pferd, das nach dem letzten Lanzengang<br />

nur unweit von Eirik zum Stehen kam und dort, kampferprobt wie es<br />

war, vom sonstigen Geschehen auf dem Turnierplatz unbeeindruckt<br />

begann zu grasen.<br />

Da Eirik für den Moment aufgehört hatte zu schreien und das Pferd<br />

des Hauptmann sogar zur Beruhigung kurz tätschelte, zuckte dieses<br />

nur kurz nervös zusammen, als Eirik direkt neben das Pferd trat,<br />

fand jedoch schnell wie<strong>der</strong> Vertrauen in die Situation und verhielt<br />

sich ansonsten still. Gerade, als das Pferd wie<strong>der</strong> zum Grasen den<br />

Kopf senkte, zog Eirik plötzlich und mit seiner ganzen Kraft seine<br />

Schwertklinge von unten gegen den Hals des Pferdes, dass dieses<br />

beinahe direkt den Kopf verlor. Eiriks Klinge trat bei den<br />

347


Schwerthieb allerdings auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Halswirbel wie<strong>der</strong> seitlich<br />

aus den Hals, um dann in einer Abwärtsbewegung einen tiefen<br />

seitlichen Schnitt über die Schulter des Pferdes zu ziehen. <strong>Das</strong> so<br />

getr<strong>of</strong>fene Pferd rannte erschrocken noch einige Meter davon, brach<br />

aber dann bald aufgrund <strong>der</strong> starken Verletzung zusammen und<br />

verendete qualvoll wiehernd auf dem Turnierplatz.<br />

Dann wandte sich Eirik wie<strong>der</strong> dem Hauptmann Torol zu; er nahm<br />

sein Schwert in beide Hände, hob es weit über seinen Kopf und<br />

rannte schreien auf seinen Gegner zu.<br />

"BASDAAAAARD!!!!!!!!!!!!"<br />

Schockiert und gedemütigt, hatte sich Hauptmann Torol wie<strong>der</strong><br />

aufgerappelt und beobachtete seinen Gegner Eirik. Er wollte nicht<br />

noch einmal den Fehler begehen, den Jüngling zu unterschätzen, <strong>der</strong><br />

ihn gerade aus dem Sattel gestoßen hatte, doch rechnete sich Torol<br />

im Schwertkampf deutlich bessere Chancen aus. Schließlich war von<br />

dem jungen Godwynn bisher nur bekannt, dass er ein<br />

hervorragen<strong>der</strong> Reiter war. Was Torol dann jedoch mit ansehen<br />

musste, brach all den verbliebenen Kampfesmut des Hauptmannes.<br />

Eirik von Raserei erfasst, schlachtete erst Torols Streitross nie<strong>der</strong><br />

und stürmte dann mit erhobenen Schwert und den wildesten<br />

Flüchen auf seinen Gegner zu. <strong>Das</strong> war nicht <strong>der</strong> unerfahrene<br />

Bursche, den sich dieser vorgestellt hat, das war <strong>der</strong> personifizierte<br />

Wahnsinn!<br />

Vollkommen entmutigt stolperte Torol zurück, eher er sein Visier<br />

hochklappte und mich brüchiger Stimme, dem entgegen<br />

stürmenden Eirik zurief:<br />

348


"Haltet ein, Ser, ich sehe, ich bin Euch unterlegen. Ihr tragt den Sieg<br />

davon, ich gebe auf."<br />

Lieber wollte er jetzt den Kampf abbrechen, wo er glaubte seinen<br />

Gegner noch mit Worten erreichen zu können. Er hatte Berserker<br />

bereits auf dem Schalachtfeld kämpfen sehen und wusste, dass es<br />

hier nur um Leben o<strong>der</strong> Tod gehen würde, würde Eirik im Eifer des<br />

Gefechts erst all seine Kontrolle verlieren, Ein Preis, den er bei<br />

dieser Sache nicht bereit war zu zahlen.<br />

Eiriks Ansturm stoppt jäh, als er seinen Gegner erreicht hatte, und<br />

Torol war dankbar, dass er <strong>of</strong>fenbar gehört wurde. Einige Sekunden<br />

blickte Eirik immer noch mit hocherhobenem Schwert und<br />

weitaufgerissenen Augen auf den Hauptmann nie<strong>der</strong>, eher er mit<br />

einem wilden Schrei dessen Waffe wegtrat und auf den nächsten<br />

Gegner zu rannte.<br />

„BASTARD!!!“<br />

Tränen kullerten von seinen Wangen, als <strong>der</strong> gebrochene<br />

Hauptmann vom Turnierfeld kroch. Würde er zukünftig gefragt<br />

werden, wer dieser Eirik war gegen den er heute gekämpft hatte,<br />

würde er sagen, dass er vielleicht noch kein Berg sei, aber doch<br />

sicherlich eine neue Erhebung unter den Rittern Westeros.<br />

Er spürte das Adrenalin, das durch seine A<strong>der</strong>n jagte. Spürte jeden<br />

Herzschlag, <strong>der</strong> lauter und lauter wurde. Er saß auf seinem Pferd,<br />

bereit auf seinen Gegner zu stürmen und alles daran zu setzen, ihn<br />

zu besiegen. Doch es war noch nicht soweit, alles wartete gespannt<br />

auf das Signal.<br />

Der Waffenmeister schloss seine Augen und konzentrierte sich, seine<br />

Atmung wurde flacher und regelmäßiger, während sein Puls weiter<br />

349


aste. Seine Gedanken waren noch bei Taya, wie sie ihn gerade noch<br />

geküsst hatte, wechselten dann jedoch zu seinem Gegner und riefen<br />

eine Wut in ihm hervor, die er auch schon in Riverrun verspürt hatte.<br />

Dann ertönte das Signal und es begann. Ethan öffnete die Augen<br />

und fixierte s<strong>of</strong>ort mit einem eiskalten Blick Ser Karyl Vance,<br />

während er seinem Pferd die Sporen gab. Er interessierte sich in<br />

diesem Moment nicht für seine Mitstreiter, je<strong>der</strong> war hier auf sich<br />

selbst angewiesen.<br />

Sein Pferd galoppierte so schnell es konnte auf den Ritter zu, seine<br />

Lanze war zielgenau auf die Brust des Gegners gerichtet. Die<br />

Zuschauer hielten bei diesem Spektakel den Atem an und alle<br />

schreie waren verstummt.<br />

Ser Ethan war an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Godwynns und traf als Erster auf<br />

seinen Gegner, doch die an<strong>der</strong>en folgten keine Sekunde später. Sein<br />

Pferd war schnell, zu schnell. Der Kampf zu Pferde und mit <strong>der</strong><br />

Lanze war nie seine Stärke gewesen und so verschätzte er sich.<br />

Anstatt die Körpermitte von Ser Karyl Vance, traf seine Lanze nur<br />

das Schild und wurde von diesem fast harmlos abgelenkt.<br />

Glücklicherweise hatte sein Gegenüber ebenso wenig Glück.<br />

Überrascht von <strong>der</strong> hohen Geschwindigkeit, mit <strong>der</strong> Ethan auf ihn<br />

zukam, gelang ihm nicht einmal ein Streiftreffer.<br />

Von <strong>der</strong> Berührung mit <strong>der</strong> Lanze erschüttert, verlor <strong>der</strong><br />

Waffenmeister kurz die Kontrolle über sein Pferd und prallte mit<br />

dem Ritter zusammen. Er spürte die Erschütterung, als die<br />

gewaltigen Pferde gegeneinan<strong>der</strong> prallten und verlor den Halt. Er<br />

prallte gegen das Schild von Ser Karyl Vance, begleitet von einem<br />

hellen Krachen <strong>der</strong> Rüstungen. Der Aufprall presste ihm die Luft aus<br />

den Lungen und während sich <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Ritter problemlos auf<br />

dem Pferd halten konnte, stürzte Ethan zu Boden, konnte sich aber<br />

gerade noch abrollen.<br />

350


Der Waffenmeister rappelte sich auf und blickte sich um. In dem<br />

Staub konnte man nicht weit sehen, aber er konnte gerade noch<br />

erkennen, wie sein Gegner ohne zu zögern wendete und auf ihn zu<br />

ritt.<br />

Seine Verletzung schmerzte sehr stark, aber er konnte den Schild<br />

noch halten und zog mit <strong>der</strong> rechten Hand ein Schwert. Ein<br />

zuversichtliches Lächeln zeigte sich unter dem Visier von Ser Ethan,<br />

als er sich erneut seinem Gegner stellte. Er hatte den ersten Ansturm<br />

überlebt und war jetzt in seinem Element. Mit Schwert und Schild<br />

hatte er schon viel zu <strong>of</strong>t gekämpft und sein Gegenüber hatte keine<br />

Lanze mehr.<br />

Ohne zu zögern wendete Vance sein Pferd und gab ihm die Sporen.<br />

Es beschleunigte mit einer Geschwindigkeit, als wäre <strong>der</strong> Ritter auf<br />

seinem Rücken leicht wie eine Fe<strong>der</strong>. Dennoch konnte er sehen, was<br />

das Tier für eine Kraft aufbrachte. Die gewaltigen Muskeln spannten<br />

sich mit jedem Schritt an und trieben es vorwärts, während sein<br />

Atem in schneller Folge aus seine Nüstern geblasen wurde und den<br />

Staub in <strong>der</strong> Luft verwirbelte.<br />

Vance hatte nach dem Verlust seiner Lanze keine Waffe gezogen und<br />

sein Schild hielt er auch nur locker am Arm. Mit hassverzerrtem<br />

Gesicht wollte er den Waffenmeister einfach über den Haufen reiten<br />

und seine Chancen standen dafür nicht schlecht.<br />

Ser Ethan stand mit erhobenem Schild und dem Schwert in <strong>der</strong><br />

Hand im Sand des Turnierplatzes und wartete, bis sein Gegner in<br />

Reichweite war. Der Sturz vom Pferd hatte ihn etwas mitgenommen<br />

und sein Schildarm schmerzte weiterhin sehr stark. Seine Rüstung<br />

war leicht verbeult und eine Menge Sand hatte sich inzwischen in<br />

ihrem Inneren angesammelt, was zwar nicht hin<strong>der</strong>lich, aber<br />

teilweise sehr unangenehm war.<br />

351


Zufrieden bemerkte <strong>der</strong> Waffenmeister, dass sein Gegenüber noch<br />

keine Waffe gezogen hatte und bei dem Tempo und <strong>der</strong> Entfernung<br />

wird er das auch nicht mehr tun können. Als dem Ritter jedoch klar<br />

wurde, was Vance vor hatte, jagte ein heftiger Adrenalinstoß durch<br />

seinen Körper und lies sein Herz rasen. Es blieb keine Zeit um sich<br />

eine passende Strategie auszudenken und so blieb ihm nichts<br />

an<strong>der</strong>es übrig, als dem heranstürmenden Pferd ausweichen.<br />

Kurz vor dem Zusammenprall sprang <strong>der</strong> Waffenmeister mit aller<br />

Kraft zur Seite und rollte sich über die rechte Schulter ab, um nicht<br />

unter die Hufe des Pferdes zu geraten. Lei<strong>der</strong> hatte sein Gegner<br />

damit gerechnet und versuchte noch im letzten Augenblick, die<br />

Richtung des Pferdes zu än<strong>der</strong>n.<br />

Krachend prallte Ethan mit <strong>der</strong> Schulter auf dem Sandboden auf,<br />

während die Vor<strong>der</strong>hufe des Pferdes direkt neben ihm auf den<br />

Boden donnerten und die Erde um ihn herum zum Beben brachten.<br />

<strong>Das</strong> Pferd hatte ihn gerade um Haaresbreite verfehlt. Da es jedoch<br />

im vollen Galopp war, hob es die Vor<strong>der</strong>hufe den Bruchteil einer<br />

Sekunde später wie<strong>der</strong> an und traf damit direkt den Arm des Ritters,<br />

den er noch nicht nachziehen konnte, und wirbelte ihn samt Schild<br />

zur Seite. S<strong>of</strong>ort spürte er den Schmerz, <strong>der</strong> sich den gesamten Arm<br />

bis in die Schulter zog, konnte aber nichts dagegen tun.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hatte er sich nunmehr fast auf den Rücken<br />

gerollt und seinen Schwertarm wie<strong>der</strong> frei. Auf gut Glück machte er<br />

damit einen bogenförmigen Hieb nach oben, in <strong>der</strong> H<strong>of</strong>fnung, den<br />

Ritter, o<strong>der</strong> das Pferd zu treffen. Erstaunlicherweise hatte er Dieses<br />

und traf das Pferd an den Hinterläufen, konnte aber nicht erkennen,<br />

wie stark.<br />

Wiehernd versuchte sich das Pferd nach dem Treffer auf den Beinen<br />

zu halten, schaffte aber nur noch ein paar Schritte, bevor es mit den<br />

Hinterbeinen einbrach. Ser Karyl Vance saß immer noch fest im<br />

352


Sattel, aber das half ihm in diesem Augenblick recht wenig. Sein<br />

Reittier fiel unkontrolliert auf die Seite und riss den Ritter mit sich.<br />

Ethan war noch immer dabei, sich vom Boden zu erheben, als er die<br />

Erschütterung spürte, als das Pferd keine fünft Meter von ihm<br />

entfernt zu Boden fiel, gefolgt von einem lauten Knacken und einem<br />

gellenden Schrei.<br />

Jetzt wie<strong>der</strong> auf den Beinen und weiter mit Schwert und Schild<br />

bewaffnet ging <strong>der</strong> Waffenmeister direkt zu seinem Gegner, <strong>der</strong><br />

unter seinem wiehernden Pferd eingeklemmt war. Sein Visier war<br />

<strong>of</strong>fen und Ethan konnte sowohl Angst, als auch Hass in ihnen<br />

erkennen. Verzweifelt versuchte er, an ein Schwert zu kommen,<br />

welches aus einer <strong>der</strong> Satteltaschen ragte, als <strong>der</strong> Waffenmeister<br />

immer näher kam…<br />

Er sah ausdruckslos zu, wie Ser Karyl Vance mit schmerzverzerrtem<br />

Gesicht versuchte, an sein Schwert zu kommen und bemerkte<br />

beiläufig, dass ein Bein des Ritters unter dem Körper des Pferdes<br />

eingeklemmt und stark verdreht war.<br />

Da Ser Vance unter diesen Umständen keineswegs mehr in <strong>der</strong> Lage<br />

war, Ethan ernsthaft zu gefährden, än<strong>der</strong>te Dieser die Richtung und<br />

schritt auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Seite des Pferdes entlang. Mit zwei gut<br />

gezielten Hieben erlöste er das Tier und <strong>der</strong> erschlaffte Körper<br />

begrub den Ritter nun endgültig, was Dieser mit einem weiteren<br />

Schrei quittierte.<br />

Kaltherzig trat <strong>der</strong> Waffenmeister jetzt auf die an<strong>der</strong>e Seite um dem<br />

Ritter den Rest zu geben, als dieser aus purer Verzweiflung endlich<br />

sein Schwert zu fassen bekam und panisch nach Ethan schwang.<br />

Überrascht von dieser Schnelligkeit blieb keine Chance, den Schlag<br />

abzuwehren o<strong>der</strong> ihm auszuweichen und so traf das Schwert den<br />

verletzten Arm, direkt über dem Schild.<br />

353


Obwohl <strong>der</strong> Hieb nicht stark war, konnte Ethan den Arm vor<br />

Schmerzen eine Weile nicht belasten und war auch gezwungen, den<br />

Schild fallen zu lassen. Mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand jedoch schlug er aber<br />

wütend und mit aller Kraft auf den am Boden liegenden Ritter ein<br />

und es gelang ihm, seinen Gegner nach einigen Schlägen zu<br />

entwaffnen. Er holte noch einmal weit aus und zielte dabei auf den<br />

freiliegenden Hals, bis er sich eines Besseren besann und dem Ritter<br />

lediglich seine Schwertspitze entgegen hielt.<br />

“Ihr seid besiegt, Ser. Welches Schicksal wählt Ihr?”<br />

Vor Schmerzen stöhnend hob Ser Karyl Vance seinen Arm und<br />

öffnete damit sein Visier. Die Anstrengung und die Qualen des<br />

Kampfes waren ihm deutlich anzusehen und in seinen Augen<br />

spiegelte sich die Demütigung wie<strong>der</strong>, die er durch diesen Kampf<br />

erfahren hatte.<br />

“Ich gebe auf, Ser. Der Krieger ist mein Zeuge, Ihr habt mich<br />

besiegt.”<br />

Ohne weitere Worte zog Ethan sein Schwert zurück und hob seinen<br />

Schild auf, den er gerade so mit seinem verletzten Arm halten<br />

konnte. Die Schmerzen waren immer noch sehr stark, jedoch wurden<br />

sie langsam erträglicher, o<strong>der</strong> zumindest bildete sich das <strong>der</strong><br />

Waffenmeister ein.<br />

Einen neuen Gegner zu finden, fiel Ser Ethan nicht schwer.<br />

Nachdem Ser Karyl Vance den Kampf aufgegeben hatte, erblickte er<br />

Lord Hardyng, welcher schon einige Zeit auf dem Schlachtfeld<br />

umher lief.<br />

354


Richard hatte seit längerem nicht mehr an Turnieren teilgenommen.<br />

Außerdem war das Schwert seine favorisierte Waffe und irgendwie<br />

musste er sich diesen Vorteil zu nutze machen und seinen Gegner in<br />

den Nahkampf am Boden zwingen. Die Zuschauer wurden noch<br />

lauter, als die Kämpfer sich einan<strong>der</strong> näherten, doch <strong>der</strong> Hauptmann<br />

blendete alles um sich aus. Er sah nur sein Gegenüber, welcher mit<br />

zielen<strong>der</strong> Lanze auf ihn zuritt. Ser Richard zielte mit seiner Lanze<br />

auf den Brustkorb von Ser Forley Prester und hielt seinen Schild<br />

bereit. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis die beiden sich<br />

endlich trafen.<br />

Es ging alles sehr schnell, Prester zielte ebenfalls auf die Brust des<br />

Hauptmannes. Der Ritter Traf Richard zuerst, im letzten Moment<br />

konnte er sein Schild auf Brusthöhe hieven, um den Schlag<br />

abzuwehren. Der Schlag war hart und Richard spürte einen<br />

stechenden Schmerz in seinem linken Arm. Der Hauptmann traf<br />

Prester hingegen an <strong>der</strong> Schulter, sodass dieser die Lanze fallen ließ.<br />

Etwas zog an Richards linken Arm und schon fand er sich am Boden<br />

wie<strong>der</strong>. Die Lanze steckte in seinem Schild, dieses Gewicht hatte ihn<br />

runtergezogen. Er war einen Moment lang durch den Aufprall<br />

benommen, fasste sich aber blitzschnell wie<strong>der</strong> und löste die<br />

Le<strong>der</strong>riemen des Schildes. Geistesgegenwärtig stand er auf und zog<br />

sein Langschwert.<br />

Von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Schlachtfeldes hörte er ein lautes Schreien<br />

und die Menge, welche wie<strong>der</strong> jubelte, doch er hatte keine Zeit um<br />

sich umzuschauen. Prester wendete das Pferd und ritt schnurstracks<br />

auf seinen Gegner zu, in <strong>der</strong> linken Hand ein Schild und in <strong>der</strong><br />

Rechten einen Streitkolben. Prester hatte seinen Helm weggeworfen<br />

und Ser Richard konnte ihm direkt in die Augen blicken. Er sah<br />

keinerlei Furcht, Ser Forley Prester war bereit für die gerechte Sache<br />

zu sterben.<br />

355


"Dann werde ich ihm diesen Wunsch erfüllen," flüsterte Richard und<br />

machte sich bereit.<br />

Prester ritt geradewegs auf Ser Richard zu. Nicht mehr lange und er<br />

würde sein Ziel erreicht haben. Der Hauptmann <strong>der</strong> Godwynns<br />

suchte hektisch seine Umgebung ab, irgendwas was ihm helfen<br />

würde. Da sah er die Lanze am Boden liegen. Geistesgegenwärtig<br />

steckte er sein Schwert in die Scheide und sprintete los, gefolgt von<br />

Prester, <strong>der</strong> nur noch wenige Meter entfernt war. Der Ritter packte<br />

die Lanze, legte den Anfang <strong>der</strong> Lanze vor seinen Fuß am Boden<br />

und zielte auf den heranstürmenden Angreifer. Diese schien zu<br />

bemerken, was Richard vorhatte, nichtsdestotrotz ritt er<br />

unbekümmert weiter und schwang seinen Streitkolben. „Mutig...Eitel<br />

o<strong>der</strong> Fromm?“<br />

Als das Pferd in Lanzenreichweite war, versuchte Prester ein<br />

Seitenmanöver durchzuführen und das Pferd knapp an <strong>der</strong> Lanze<br />

vorbeizubringen, doch <strong>der</strong> erfahrene Kämpfer riss die Lanze zur<br />

Seite des Pferdes und legte all sein Gewicht auf seinen rechten Fuß,<br />

welches gegen die Lanze hielt. <strong>Das</strong> arme Pferd hatte keine Chance,<br />

die Lanze durchbohrte den Brustkorb und den Hals, die Lanze glitt<br />

wie ein heißes Messer durch Butter. <strong>Das</strong> Pferd wieherte und schrie,<br />

durch die Wucht konnte Richard die Lanze jedoch nicht mehr halten<br />

und das sterbende Tier riss ihn mit zu Boden. Einige Augenblicke<br />

war ihm schwarz vor Augen. Er hörte von weitem Schreie und<br />

Kampflärm. Reiss dich zusammen, sagte er sich. Ihm wurde wie<strong>der</strong><br />

klar vor Augen.<br />

Richard lag am Boden, sein Helm sowie Schild hatte er beim Sturz<br />

verloren. Er versuchte aufzustehen, als sein linkes Knie schmerzte.<br />

Der Hauptman fiel wie<strong>der</strong> hin. Mühsam rappelte er sich auf und <strong>der</strong><br />

356


Schmerz ließ ein wenig nach, doch schwer belasten konnte er es<br />

nicht mehr. Ser Forley Prester, <strong>der</strong> sich mittlerweile ebenfalls wie<strong>der</strong><br />

gefasst hatte, suchte nach seinem Streitkolben, welcher er beim Sturz<br />

verloren hatte.<br />

Blitzschnell zog Richard sein Langschwert und rannte auf Prester<br />

zu……Es war eher ein humpeln als ein Sprint, doch mit jedem<br />

Schritt, schien <strong>der</strong> Schmerz mehr und mehr zu verblassen. Es ging<br />

nicht nur um Ehre und Stolz, o<strong>der</strong> den Namen seiner Herrin und<br />

ihres Hauses wie<strong>der</strong>herzustellen………Es ging um sein Leben und so<br />

wollte er es nicht zu Ende gehen lassen.<br />

Richard stürmte auf seinen Gegner zu, fest entschlossen diesen zu<br />

töten, wenn er es musste. Plötzlich jedoch schien es auf dem<br />

Turnierplatz eine Unebenheit zu geben, welche Richard beim<br />

Anstürmen nicht bemerkt hatte. Er trat hart zu Boden und sein Knie<br />

machte sich wie<strong>der</strong> bemerkbar, er verlor das Gleichgewicht und viel<br />

unsanft auf den Boden. <strong>Das</strong> Publikum jauchzte und johlte,<br />

verfluchtes Gesindel, wenn ich könnte würde ich mir jeden<br />

einzelnen von euch Dreckspack vorknöpfen. Doch viel mehr Zeit,<br />

um zu überlegen, wie <strong>der</strong> Hauptmann von Mund zu Mund lief und<br />

die Zungen rausriss, blieb ihm nicht mehr. Prester hatte die Zeit<br />

genutzt, um seinen Streitkolben zu finden und rannte auf den am<br />

Boden liegenden Ritter zu.<br />

Richard wusste nicht, wie Prester so schnell bei ihm sein konnte,<br />

doch das war jetzt nicht von Bedeutung. Der Hauptmann rappelte<br />

sich rasch auf und musste gleichzeitig den ersten Hieb mit dem<br />

Morgenstern mühsam parieren. Einem weiteren Schlag wich er<br />

gekonnt aus und schlug selber mit seinem Langschwert zu, welcher<br />

von Prester abgewehrt wurde. Blitzschnell machte <strong>der</strong> Kämpfer <strong>der</strong><br />

Lannisters einen Satz nach vorne und schwang seinen Morgenstern<br />

357


in die Richtung seines Gegners. Richard lehnte sich mit seinem<br />

Oberkörper etwas zurück und ließ den Morgenstern knapp vor<br />

seinem Gesicht vorbeigleiten. Einige Angriffe parierte er, an<strong>der</strong>en<br />

wich er aus. Der kampferprobte Veteran <strong>der</strong> Godwynns stand einem<br />

überaus erfahrenen Kampfer gegenüber. Richard versuchte seinen<br />

Gegner zu analysieren und eine Schwachstelle zu finden, doch dies<br />

gestaltete sich alles an<strong>der</strong>e als einfach. Normalerweise war es selten,<br />

dass ein Ritter den Morgenstern als favorisierte Waffe aussucht.<br />

Nicht nur, dass die Waffe unter den Rittern als „unritterlich und<br />

verpönt“ galt, <strong>der</strong> Morgenstern benötigte zudem viel Kraft und<br />

Ausdauer. Hinzu kommt, dass <strong>der</strong> Kämpfer im Vergleich zu einem<br />

Gegner mit einem Kurz o<strong>der</strong> Langschwert weniger agil war.<br />

Ser Prester verstand es vorzüglich diese ungeschrieben Gesetze neu<br />

zu definieren. Die meist, über drei Kilogramm schwere Hiebwaffe,<br />

lag dem Kämpfer <strong>der</strong> Lannisters gut in <strong>der</strong> Hand. Er schwang seinen<br />

Morgenstern ohne Mühe o<strong>der</strong> ein Zeichen <strong>der</strong> Anstrengung. Richard<br />

<strong>der</strong> sein Langschwert beim Schied <strong>der</strong> Godwynns perfekt<br />

abgestimmt hatte und seine Waffe fast genau ein Kilogramm wog,<br />

konnte keinen Vorteile aus <strong>der</strong> Waffenwahl ziehen.<br />

Prester führte eine Kombination aus Hieb und Stichbewegungen<br />

aus, welche Richard nacheinan<strong>der</strong> abblockte und merkte, wie er<br />

zunehmend in die Defensive gedrängt wurde. Prester ließ kurz von<br />

seinem Gegner ab und schnaufte heftig. Mittlerweile dauerte <strong>der</strong><br />

Kampf einige Minuten und Richard war froh um die kurze<br />

Verschnaufpause, denn auch er war außer Atem. Um die harten<br />

Schläge mit dem Morgenstern zu parieren, musste <strong>der</strong> Hauptmann<br />

entscheidend mehr Kraft aufwenden, als bei einem gewöhnlichen<br />

Schwertkampf.<br />

358


„Ihr Kämpft gut Ser Prester, gebt auf und ich werde Euer Leben<br />

verschonen“ sagte Richard mit selbstsicherer und nach Luft<br />

schnappen<strong>der</strong> Stimme. Sein Bein schmerzte, doch er versuchte sich<br />

nichts anmerken zu lassen.<br />

„Spart Euch das Ser Richard. Ihr seid ein Verräter und Ihr, sowie<br />

Eure Hure werden bald Geschichte sein. Zuerst hole ich mir Euren<br />

Kopf danach den Eurer Herrin. Die <strong>Götter</strong> sind auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />

Gerechten“ Entgegnete <strong>der</strong> Lannister, immer noch Luft holend .<br />

„Nun Gut, wie Ihr wollt.“ Richard machte einen Satz nach Vorne und<br />

stürzte sich erneut auf seinen Gegner.<br />

Stahl hämmerte auf Stahl, Richard war in die Offensive gegangen<br />

und deckte Forley Prester mit Schwerthieben ein. Der erfahrene<br />

Veteran verfiel in eine Art Raserei und vernachlässigte für einen<br />

kurzen Augenblick seine Verteidigung. Sein Gegenüber nutzte die<br />

Schwachstelle s<strong>of</strong>ort aus. Er ballte seine linke Hand zur Faust und<br />

schlug blitzschnell zu. Er traf Richard in <strong>der</strong> linken Gesichtshälfte.<br />

Der Godwynn machte einen Großen Schritt nach links, um einen<br />

tödlichen Schlag auf seinen Kopf zu entfliehen, spuckte Blut und<br />

griff erneut an. Der Schlag schien ihn noch wüten<strong>der</strong> zu machen.<br />

Nach einigen Minuten war Prester nur noch in <strong>der</strong> Defensive und<br />

parierte einen Schlag nach dem An<strong>der</strong>en. Den nächsten Schlag von<br />

oben, wehrte <strong>der</strong> Lannister mit seinem Morgenstern ab, einem<br />

Seitenhieb wich er knapp aus und einen Weiteren parierte er wie<strong>der</strong>.<br />

Richard setzte mit einer Abfolge von Angriffen nach und brachte<br />

Prester schwer in Bedrängnis. Als er zurückweichen wollte,<br />

strauchelte er und kam aus dem Konzept. Richard nutzte die<br />

Gelegenheit, sammelte all seine verbliebene Kraft und fokussierte<br />

diese auf den „Einen Schlag“. Prester parierte den Hieb, doch <strong>der</strong><br />

Morgenstern brach beim Schaft ab. Der Godwynn hob sein Schwert<br />

359


mit beiden Händen über seinen Kopf und wollte den Kampf ein für<br />

alle Mal beenden, als Prester die Hände hob und laut aufschrie: „Ich<br />

gebe auf Ser! Waffenlos bin ich Euch unterlegen!“<br />

Einen Augenblick lang, sah sich <strong>der</strong> Gewinner versucht so zu tun, als<br />

hätte er die Kapitulation nicht gehört und Rache für seinen<br />

getöteten Knappen zu nehmen, dieser jedoch entschied sich<br />

Schlussendlich dennoch dagegen.<br />

„Verschwindet!! Ehe ich es mir an<strong>der</strong>s überlege!“<br />

Aerias hatte seinen ersten Menschen getötet. Allerdings blieb keine<br />

Zeit, darüber nach zu denken. Ein kurzer Blick über den<br />

Turnierplatz <strong>of</strong>fenbarte ihm, dass an<strong>der</strong>en Ort noch gekämpft<br />

wurde. Ganz in seiner Nähe, hatte gerade Ser Ethan seinen Gegner<br />

besiegt, Aerias entschloss sich, sich an die Seite des erfahreneren<br />

Kämpfers zu stellen, um gemeinsam den nächsten Gegner an zu<br />

gehen…<br />

Staub wirbelte vom trockenen Boden des Turnierplatzes auf, als die<br />

Schwerter des neu ernannten und übel riechenden Ser Siron und<br />

Ethans Vater, Lord Cerdic, immer wie<strong>der</strong> aufeinan<strong>der</strong>prallten. Siron<br />

hatte viel Wucht, aber Cerdic war <strong>der</strong> geübtere Kämpfer, und so<br />

konnte er sein Gegenüber schon bald mit einer Finte und zwei<br />

geschickten Hieben entwaffnen. S<strong>of</strong>ort duckte sich <strong>der</strong> ehemalige<br />

Gefangene, hob zwei volle Hände trockene Erde auf und schleu<strong>der</strong>te<br />

sie dem Lord gegen den Helm. Dieser wich irritiert und hustend<br />

zurück und Siron trat ihm wuchtig das Schwert aus <strong>der</strong> Hand. Dann<br />

riss er ihn zu Boden, beide wälzten sich ringend und schlagend<br />

durch den Staub und je<strong>der</strong> versuchte die Oberhand zu gewinnen.<br />

360


Willem Butterwell schlug mit einem schweren Morgenstern immer<br />

wie<strong>der</strong> nach seinem Bru<strong>der</strong>, ein Treffer hätte mit Sicherheit schwere<br />

Verletzungen zur Folge gehabt. Doch Malvin war jünger und<br />

schneller, er wich geschickt aus und stach immer wie<strong>der</strong> zu, auf <strong>der</strong><br />

Suche nach einer ungeschützten Stellen in <strong>der</strong> Rüstung seines<br />

Gegners. Schließlich fand er sie, direkt nach einem missglückten<br />

Hieb unter Willems Arm. Malvin ließ das Schwert vorschnellen und<br />

die Spitze versank tief im Fleisch seines Bru<strong>der</strong>s. Willem Butterwell<br />

ließ schreiend seine Waffe fallen und stürzte zu Boden. Der Junge<br />

trat triumphierend über ihn und richtete sein Schwert drohend auf<br />

seinen Kopf, doch Willem schob sein Visier nach oben und schrie<br />

wimmernd.<br />

“Ich gebe auf! Ich gebe auf! Du Mistkerl hast mich abgestochen!”<br />

Blut strömte aus <strong>der</strong> Wunde. Malvin spuckte auf den Boden, sah<br />

herausfor<strong>der</strong>nd zu seinem Vater und wandte sich dann ab. Dalen<br />

Hardyng hatte das Geschehen auf <strong>der</strong> Suche nach einem neuen<br />

Gegner beobachtet und stellte sich Malvin Butterwell nun in den<br />

Weg, doch dieser winkte ab und ließ sein Schwert fallen.<br />

“Vergesst es, Lord Dalen, was ich zu beweisen hatte, habe ich<br />

bewiesen. Der Rest geht mich nichts an, ich bin raus aus diesem<br />

Spektakel. Sucht Euch einen an<strong>der</strong>en Gegner.”<br />

Hardyng nickte erleichtert, er war nicht scharf darauf gewesen<br />

gegen <strong>der</strong> Sohn des Gastgebers anzutreten, und ließ den Blick nach<br />

einer an<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ung schweifen, während Malvin den<br />

Platz verließ.<br />

Hin und her ging es bei Lord Cerdic und Siron. Sie drückten sich<br />

voneinan<strong>der</strong> weg, dann wie<strong>der</strong> fielen sie aufeinan<strong>der</strong>, ab und zu traf<br />

361


ein Panzerhandschuh einen Helm. Schließlich sah es so aus, als<br />

würde Siron die Oberhand gewinnen. Er saß auf dem Lord und<br />

schlug Beulen in seinen Helm. Cerdics Gegenwehr ließ nach und<br />

Siron riss ihm siegessicher den Helm vom Kopf. Laut tönend lachte<br />

<strong>der</strong> ehemalige Gefangene.<br />

“Nun, Mylord, was ist euch lieber? Soll ich Eure adelige Fresse zu<br />

Brei schlagen, o<strong>der</strong> gebt ihr auf und küsst mir meinen<br />

Gossenhintern?”<br />

Blitzschnell zog Cerdic einen Dolch hervor und rammte ihn Siron in<br />

den Hals. “Sterbt einfach, Abschaum!”<br />

Leblos fiel Siron von dem Lord ab, während sich dieser mühsam<br />

erhob. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, begann er auf sein<br />

Pferd zuzulaufen.<br />

Entschlossen und kampfbereit ging Ethan auf Lord Hardyng zu,<br />

während von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> junge Aerias ebenfalls zu<br />

Hardyng ging. Der Waffenmeister war nicht son<strong>der</strong>lich überrascht,<br />

dass sein Gefährte ebenfalls siegreich aus dem ersten Duell hervor<br />

ging und war auch über jede Unterstützung froh. In <strong>der</strong> Überzahl<br />

sollte auch dieser Gegner schnell fallen, denn die Anstrengungen<br />

und Verletzungen aus dem ersten Kampf waren bereits deutlich zu<br />

spüren.<br />

Ohne zu zögern griff <strong>der</strong> junge Lord mit seinem Schwert an und<br />

zeigte dabei, dass er im Umgang mit <strong>der</strong> Waffe bereits sehr geübt<br />

war. Ser Ethan hatte jedoch einiges an Erfahrung und so beschränkte<br />

er sich Anfangs darauf, die Angriffe zu parieren um seinen Gegner<br />

besser einschätzen zu können. Nach einigen Augenblicken bemerkte<br />

362


er im Augenwinkel, dass Aerias bisher Abstand hielt und den Kampf<br />

beobachtete.<br />

Der Kampf <strong>der</strong> beiden Ritter schien ausgeglichen, sodass Aerias<br />

glaubte <strong>der</strong> Aufmerksamkeit des erfahrenen Kempen entgehen zu<br />

können, doch machte zum einen seine bereits miserable Verfassung<br />

– Aerias war <strong>der</strong>art gezeichnet, das er nur noch unter einem<br />

permanenten Stöhnen über den Turnierplatz schlürfen konnte – wie<br />

auch die Zurufe des Publikums diesen Plan schnell zunichte.<br />

Aerias schaffte es, sich auf Sprungreichweite an die Kämpfenden<br />

anzunähern. Vermutlich wartete er auf eine günstige Gelegenheit,<br />

um einen schnellen Schlag in den Rücken von Hardyng<br />

auszuführen. Und diese Gelegenheit soll er bekommen, dachte sich<br />

<strong>der</strong> Waffenmeister mit einem grimmigen Blick.<br />

Im Bruchteil einer Sekunde ging er nun zum Angriff über und<br />

deckte den jungen Lord Hardyng mit Schlägen ein und drängte ihn<br />

damit in die Defensive. Überrascht, aber standhaft, verteidigte sich<br />

dieser, während er langsam zurück wich.<br />

Noch einmal nahm Aerias alle Kraft zusammen, umschloss das Heft<br />

seines Rabenschnabels mit beiden Händen und sprang mit einem<br />

wilden Schrei in den Rücken Ser Hardyngs. Da dieser jedoch<br />

je<strong>der</strong>zeit <strong>der</strong> Gefahr gewahr blieb, war es ihm ein leichtes, <strong>der</strong><br />

Attacke adäquat zu begegnen. Mit einem gewaltigen Schlag seines<br />

Schildes traf er den jungen Ritter noch im Flug, sodass dieser<br />

mehrere Meter zur Seite geschleu<strong>der</strong>t wurde. Der vormals kräftige<br />

Kriegsschrei wandelte sich zu einem schmerzverzerrten Heulen, dass<br />

jedem <strong>der</strong> Zuschauer ins Mark fuhr und dem Atem stocken lies.<br />

Eine Blutfontäne begleitete Aerias Flug, als dessen Nase von dem<br />

Einschlag des Schildes in Fetzen gerissen wurde.<br />

363


Den Aufschlag auf den Boden hatte er schon gar nicht mehr<br />

mitbekommen, da er schon zuvor das Bewusstsein verlor. Der<br />

Kampf war für Aerias hier vorbei. Er hatte seinen ersten Gegner mit<br />

Hilfe des Rabenschnabels besiegt, und <strong>der</strong> Maester <strong>der</strong> Godwynns<br />

sollte nach Beendigung des Kampfes die Nase des Ritters wie<strong>der</strong><br />

soweit richten können, dass sie als solche erkennbar blieb, jedoch<br />

<strong>der</strong>art verbogen, dass sie nun <strong>der</strong> Spitze seiner Waffe glich. Von da<br />

an war <strong>der</strong> junge Ritter allen Ortes als Aerias Rabenschnabel<br />

bekannt.<br />

Mit erstaunten und weit aufgerissenen Augen beobachtete <strong>der</strong><br />

Waffenmeister, wie <strong>der</strong> junge Ritter mit nur einem einzigen<br />

Schildschlag ausgeschaltet wurde. Doch obwohl es tragisch war,<br />

einen Kameraden im Kampf zu verlieren, wurde <strong>der</strong> Ritter davon<br />

nicht aufgehalten und versuchte nun selber, diese Situation zu<br />

nutzen.<br />

Ohne Deckung und noch mitten in <strong>der</strong> Drehung war es für Hardyng<br />

unmöglich, sich gegen den kommenden Angriff zu verteidigen. <strong>Das</strong><br />

Schwert von Ser Ethan bohrte sich direkt unter dem Arm durch<br />

seine Rüstung. Geschockt drehte er den Kopf zu seinem Angreifer<br />

und in seinen Augen konnte Ethan sehen, dass Lord Hardyng noch<br />

nicht begriffen hat, was passiert war.<br />

Mit aller Kraft stieß <strong>der</strong> Waffenmeister nun die Klinge tiefer in den<br />

Körper des Gegners und helles rotes Blut quoll in großen Mengen<br />

aus <strong>der</strong> Wunde. <strong>Das</strong> Schwert zerbrach die Rippen und zerstörte<br />

einen Lungenflügel, während Hardyng ihn im Schock nur anstarrte<br />

und seine Waffen fallen lies, bevor er wortlos zusammen sackte und<br />

mit einem dumpfen Schlag auf den Boden traf.<br />

Keuchend, pfeifend und mit einem schmerzverzerrtem Gesicht<br />

versuchte sich <strong>der</strong> Lord zu erheben.<br />

364


"Mein Großvater, Ser Humphrey Hardyng,” keuchte er und spuckte<br />

dabei eine Menge Blut. “Er nahm am letzten großen <strong>Götter</strong>urteil teil<br />

in Aschfurt, und er ließ sein Leben für die gerechte Sache. Wenn es<br />

nun auch mein Schicksal sein sollte... aber so weit ist es noch nicht!"<br />

Mit einer Hand griff er nach seinem Schwert als Stütze, mit <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en hielt er sich die Wunde zu, aus welcher ein nicht enden<br />

wollen<strong>der</strong> roter Strom floss und die Rüstung, aber auch den Sand<br />

unter ihm, in ein helles Rot färbte.<br />

“Ihr seid ein Narr,” entgegnete <strong>der</strong> Waffenmeister außer Atem. “Hier<br />

gibt es keine Gerechtigkeit, für die man sterben könnte. Gebt auf,<br />

Ser!”<br />

“Niemals!” zischte Hardyng verächtlich. “Die Sieben entscheiden<br />

über mein Schicksal und ich werde nicht davonlaufen.” Mit Mühe<br />

schaffte es <strong>der</strong> junge Lord, sein Schwert zu heben und machte sich<br />

zum Kampf bereit. Seine freie Hand presse er fest auf die Wunde<br />

und h<strong>of</strong>fte, die Blutung damit etwas eindämmen zu können.<br />

“Wie ihr meint.”<br />

Ser Ethan lies erschöpft seinen Schild in den Sand fallen und<br />

bereitete sich auf den Angriff vor. Er verspürte eine große<br />

Erleichterung in seinem verletzten Arm und war froh, dass er ihn<br />

momentan nicht brauchen würde.<br />

Der Waffenmeister überwand den Abstand zwischen ihnen mit<br />

einem großen Schritt und griff an. Die Hiebe waren nicht mehr so<br />

kräftig wie zu Beginn des Kampfes, aber sie brachten Hardyng in<br />

große Probleme. Er versuchte sie abzulenken, denn selbst ein<br />

einfacher Block gelang ihm nicht mehr. Aber auch das war<br />

vergebens, nach einigen wenigen Schlägen gelang es dem<br />

365


Waffenmeister, seinem Gegner das Schwert aus <strong>der</strong> Hand zu<br />

schlagen, worauf hin dieser erschöpft auf die Knie sank.<br />

Ethan hielt ihm sein Schwert an die Kehle und hatte fast Mitleid.<br />

“Ich bitte Euch noch einmal, Ser. Gebt auf und werft Euer Leben<br />

nicht weg.”<br />

“Nein. Die <strong>Götter</strong> haben mein Schicksal besiegelt.” Es fiel Hardyng<br />

schwer zu atmen und er musste mehrmals Blut husten. Jetzt wusste<br />

auch Ethan, dass er den Tag nicht überleben würde, auch wenn er<br />

jetzt noch aufgeben würde. Zögerlich ging er um seinen Gegner<br />

herum und stellte sich hinter Hardyng.<br />

Er packte mit beiden Händen sein Schwert und stellte es senkrecht<br />

in seinen Nacken, als von <strong>der</strong> Tribüne ein gellen<strong>der</strong> Schrei ertönte,<br />

<strong>der</strong> die Zuschauer und Kämpfer bis ins Mark erschauern ließ.<br />

Es war Lord Harrold Hardyng. Kreidebleich stand er an <strong>der</strong><br />

Abgrenzung <strong>der</strong> Tribüne und Ethan sah das blanke entsetzen in<br />

seinen Augen, als er das Schwert mit aller Kraft in den Körper von<br />

Dalen Hardyng trieb und bis zu seinem Herzen stieß. Innerhalb<br />

weniger Sekunden war das Leben komplett aus dem jungen Lord<br />

gewichen und nachdem <strong>der</strong> Waffenmeister sein Schwert heraus zog,<br />

fiel <strong>der</strong> leblose Körper nach vorne in den Sand.<br />

Jetzt war nur noch ein Gegner im Kampf, und das war sein Vater….<br />

Als er plötzlich das wilde Geschrei von Ser Eirik vernahm, erhöhte<br />

Lord Cerdic seine Geschwindigkeit um sein Pferd zu erreichen, den<br />

für den <strong>of</strong>fenbar wahnsinnig gewordenen Kämpfer <strong>der</strong> Godwynns<br />

hatte er noch eine Überraschung parat. Als er das Pferd erreicht<br />

hatte, konnte er mit einem beherzten griff ans Zaumzeug gerade<br />

noch verhin<strong>der</strong>n, dass das immer nervöser werdende Tier Reißaus<br />

366


nahm. In einer Satteltasche fand er schließlich worauf er aus war;<br />

ein kleine handliche Armbrust, die er sich als Versicherung mit auf<br />

das Turnierfeld gebracht hatte. Vorausschauen<strong>der</strong> Weise hatte er die<br />

Armbrust bereits gespannt in die Tasche gelegt, sodass er lediglich<br />

einen Bolzen aus eben dieser fischen musste, um dem schreienden<br />

Irrsinn in seinem Rücken ein schnelles Ende zu bereiten.<br />

Siegesgewiss wollte sich Cerdic gerade umdrehen, um sein Ziel<br />

anzuvisieren, als er ein zischendes Geräusch vernahm und sogleich<br />

von etwas mit solcher Wucht getr<strong>of</strong>fen wurde, dass es ihn um 180°<br />

herumwirbelte und nur <strong>der</strong> Leib seines Pferde ihn davor bewahrte,<br />

zu Boden zu stürzen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte er auf<br />

seine getr<strong>of</strong>fene linke Schulter hinab, wo nur noch <strong>der</strong> Griff eines<br />

Dolches zu sehen war. doch er hatte schnell wie<strong>der</strong> die Fassung<br />

zurück erlangt, um sich wie<strong>der</strong> auf seinen Gegner zu konzentrieren.<br />

Überrascht stellte Cerdic fest, dass dieser für einen Moment<br />

verstummt war, und mehr noch; dass Eirik zu Fall gekommen war<br />

und sich auf den Platz wälzte.<br />

Mit einem breiten Grinsen nahm Cerdic nun seinen Gegner mit <strong>der</strong><br />

Armbrust ins Visier, um dann geschockt festzustellen, dass diese<br />

we<strong>der</strong> gespannt noch geladen war. Schnell wurde dem Ritter klar,<br />

dass er wohl in dem Moment, als er getr<strong>of</strong>fen worden und herum<br />

gewirbelt war an dem Abzug <strong>der</strong> Waffe gekommen sein musste und<br />

Eirik glücklicherweise dennoch getr<strong>of</strong>fen hatte.<br />

Schnell wollte er nun sein Werk vollenden und die Armbrust erneut<br />

schussbereit machen, als ein tiefer, stechen<strong>der</strong> Schmerz in seiner<br />

linken Schulter ihn in seinen Bewegungen stoppen lies. Verzweifelt<br />

vernahm er im Augenwinkel wahr, dass sich Eirik wie<strong>der</strong><br />

aufgerichtet hatte und den Bolzen, welcher aus seinem rechten<br />

Oberschenkel ragte, abbrach und verächtlich zur Seite schleu<strong>der</strong>te.<br />

367


„BASTARD!!!“<br />

So schnell er konnte humpelte Eirik auf Cerdic zu, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um<br />

versuchte, seine Schmerzen soweit zu unterdrücken, dass er die<br />

Armbrust wie<strong>der</strong> laden konnte.<br />

Als <strong>der</strong> Bolzen in Eiriks Oberschenkel getr<strong>of</strong>fen hatte durchdrang<br />

<strong>der</strong> Schmerz seinen ganzen Körper und befreite ihn von seiner<br />

Raserei. Eirik hatte etwas Vergleichbares in seinem Leben noch<br />

nicht erlebt. Menschen getötet hatte er in seinem Leben schon<br />

einige, angefangen bei seinem Vater als er zwölf Jahre alt war. <strong>Das</strong><br />

neue an diesem <strong>Götter</strong>urteil war, dass diesmal auch sein Leben in<br />

realer Gefahr war. Nun, da er wie<strong>der</strong> bei klarem Verstand war,<br />

benötigte er einige Sekunden, um sich seiner Situation gewahr zu<br />

werden. Die schmerzende und blutende Wunde an seinem Arm<br />

erinnerte ihn an seiner ersten Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Dak Torol.<br />

Sein schmerzendes rechtes Bein mit dem er unterbewusst stetig<br />

weiter auf Lord Cerdic zu humpelte erinnerte ihn schließlich an sein<br />

zweites Gefecht, welchem er nun eine Entscheidung zuführen wollte.<br />

Eirik war sich seines Sieges sicher. Der alte Lord Cerdic, Vater seines<br />

Ausbil<strong>der</strong>s Ethan, war ganz darauf fixiert seine Armbrust zu laden,<br />

was ihm sichtlich schwer viel, da er seinen durch Eiriks Dolch<br />

ausgeschalteten linken Arm kaum noch benutzen konnte. Um zu<br />

demonstrieren, dass er die Situation beherrschte und Lord Cerdics<br />

Leben ganz in seinen Händen lag, wollte Eirik nun den alten Lord<br />

vorführen und verspotten. Lei<strong>der</strong> viel ihm <strong>der</strong>zeit keine passende<br />

Beleidigung ein und er beschränkte sich darauf, einige Grimassen zu<br />

schneiden, überlegen seine Brust als Zielscheibe anzubieten und<br />

schließlich sein Hintern in Richtung des Lords hin und her zu<br />

wackeln.<br />

368


Lord Cerdic indes war für die gewonnen Sekunden dankbar und<br />

hatte es nun schließlich geschafft, seine Armbrust zu spannen und<br />

einen neuen Bolzen einzulegen. Er setzte also an und zielte; Eirik<br />

selbst hatte sich wie<strong>der</strong> umgedreht und war nun so weit an Lord<br />

Cerdic herangetreten, dass er diesem mit seinem Schwert stellen<br />

konnte.<br />

"Vollidiot"<br />

bemerkte <strong>der</strong> Lord trocken und wollte den Abzug seiner Armbrust<br />

betätigen, gerade in dem Augenblick, als Eiriks Schwert auf die<br />

Armbrust schlug. Der Schuss löste sich und striff Eiriks rechte<br />

Wange. Die Armbrust viel kaputt zu Boden, sodass Lord Cerdic<br />

unbewaffnet vor Eriks Schwert stand.<br />

"Ich ergebe mich .." kam es den alten Cerdic leise über die Lippen,<br />

doch Eirik war von <strong>der</strong> neuerlich Verletzung wie<strong>der</strong>um so wütend<br />

geworden, dass er mit seinem Schwert zu einem letzten tödlichen<br />

Schlag ausholte, <strong>der</strong> aber im letzten Moment von einem lauten und<br />

beherzten Zuruf von Ser Logen, welche die beiden erreicht hatte,<br />

gestoppt wurde.<br />

Eirik besann sich, lies es sich aber nicht nehmen, seinerseits auf <strong>der</strong><br />

rechten Wange des besiegten Lord Cerdics einen Schmiss zu<br />

hinterlassen. <strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> war also nun durch Eiriks Hand<br />

besiegelt.<br />

Regungslos beobachtete <strong>der</strong> junge Waffenmeister das Ende des<br />

Kampfes. Eirik, dieser vorlaute und arrogante Junge hatte zwei<br />

Kämpfe gewonnen und dabei anscheinend keine schweren<br />

Verletzung davongetragen. Nur Logans beherztem Eingreifen war es<br />

zu verdanken, dass er im letzten Moment inne hielt und seinen Lord<br />

369


Vater am Leben lies. Ethan fühlte sich irgendwie erleichtert, denn<br />

auch wenn er seinen Vater hasste, so wünschte er ihm dennoch nicht<br />

den Tod.<br />

So wie auch die an<strong>der</strong>en anwesenden Lords und Adelsleute konnte<br />

Lord Cerdic nicht fassen, dass das <strong>Götter</strong>urteil auf diese Weise<br />

endete. Er wurde von einem Knappen gedemütigt, <strong>der</strong> nun auch<br />

noch anfing, lauthals zu lachen. Es hat ihn nicht interessiert, was<br />

diese Schlange verbrochen hatte, er wollte diese Gelegenheit nutzen,<br />

um sich seinen ungeliebten Sohn endgültig zu entledigen und die<br />

Chancen standen wahrlich gut. Kampferprobte Ritter und<br />

Hauptmänner traten gegen Knappen und Verbrecher an und hätten<br />

sie vernichten müssen. Stattdessen wurde einer nach dem an<strong>der</strong>en<br />

besiegt, was den Hass auf seinen Sohn nur noch verstärkte.<br />

Doch auch Eros Cerdic war zu Mitgefühl fähig, wenngleich er es nur<br />

selten zeigte. Für ihn war Loyalität die wichtigste Tugend und das<br />

hatte er seinem Sohn auch von Anfang an beigebracht. Deshalb traf<br />

es ihn umso mehr, als dieser sich von seinem Vater und seinem Haus<br />

abgewendet hat, denn es gab ihm das Gefühl, versagt zu haben.<br />

Doch hier auf dem Turnierplatz sollte sich das än<strong>der</strong>n. Als er sah,<br />

mit welcher Leidenschaft sein Sohn für die Schlange eintrat, wie sie<br />

ihm jetzt nach dem Sieg um den Hals fiel und dann gemeinsam mit<br />

dem Ritter den Platz verließ, realisierte er langsam, dass er vielleicht<br />

doch nicht versagt hatte. Ethan hatte seinen Platz gefunden und<br />

damit auch eine Familie, <strong>der</strong> seine Loyalität galt…<br />

Ungläubig starrte Kara Calestris ebenso wie alle an<strong>der</strong>en Lords und<br />

Ritter <strong>der</strong> Adelshäuser auf den Turnierplatz und nahmen zur<br />

Kenntnis, wie <strong>der</strong> letzte Recke <strong>der</strong> Anklage aufgab. Niemand hatte<br />

damit gerechnet, es hätte eine Schlachtung <strong>der</strong> zum Teil jungen und<br />

370


unerfahrenen Godwynns durch kampferprobte Ritter geben sollen,<br />

doch es war an<strong>der</strong>s gekommen. Die <strong>Götter</strong> hatten an<strong>der</strong>s<br />

entschieden, eine an<strong>der</strong>e Erklärung gab es nicht.<br />

Aber immerhin, es gab auf beiden Seiten einige schlimme<br />

Verletzungen, beson<strong>der</strong>s um den älteren Jungen <strong>der</strong> Butterwells<br />

sollte man sich Sorgen machen, und vier Männer waren tot. Darunter<br />

auch Dalen Hardyng, Kara’s angedachter Ehemann. Sie hatte<br />

versucht ihn davon abzubringen, aber er wollte sich beweisen.<br />

Ausgerechnet dieser Ser Ethan hatte ihm den Todesstoß verpasst,<br />

doch die Lady empfand we<strong>der</strong> Trauer noch Wut. Sie fühlte sich<br />

seltsam leer und wie betäubt von diesem grotesken Schauspiel.<br />

Hauptmänner, die von Knappen besiegt wurden. Brü<strong>der</strong>, die genau<br />

so gegeneinan<strong>der</strong> antraten, wie Vater und Sohn. Von diesem <strong>Urteil</strong><br />

<strong>der</strong> Sieben würde noch lange gesprochen werden, und Kara<br />

bezweifelte, dass das nun folgende Turnier irgendetwas<br />

Vergleichbares würde bieten können.<br />

“Nein! Betrug! Ungerechtigkeit!”<br />

Der Schrei des jungen Schmiedes riss Kara aus ihren Gedanken. Er<br />

war aufgesprungen und vor Zorn gerötet, anklagend deutete Ben<br />

Crest auf die Godwynns. Lord Butterwell sah aus, als würde er ihm<br />

am liebsten zustimmen und sein Lord Verwalter schien das Ganze<br />

immer noch zu verdauen. Die Godwynns schienen ihren Sieg aber<br />

nun realisiert zu haben und reagierten auf Crest auf ihre eigene<br />

Weise. Der ehemalige Knappe <strong>der</strong> Godwynns begann höhnisch zu<br />

lachen und auch die an<strong>der</strong>en beiden Ritter streckten siegreich ihre<br />

Hände in den Himmel. Lady Taya riss sich von ihren Bewachern los<br />

und stürmte ihnen entgegen, sie umarmte erst Ser Ethan, dann auch<br />

die beiden an<strong>der</strong>en Sieger des Kampfes. Und das gemeine Volk? Es<br />

klatschte. Zuerst zögerlich, dann tosend und jubelnd, so sehr sie die<br />

371


Schlange vorher auch verachtet hatten. Kara glaubte nicht, dass die<br />

Lady viele Sympathien gewonnen hatte, schuldig o<strong>der</strong> nicht, aber <strong>der</strong><br />

Wille <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> hatte sie verschont und die Leistung und <strong>der</strong> Mut<br />

ihrer Kämpfer verdiente Anerkennung. Und während so das einfache<br />

Publikum klatschte, taten es die großen Lords nicht unbedingt. <strong>Das</strong><br />

Ergebnis schien vielen nicht zu gefallen.<br />

Endlich verschaffte sich auch Kergam gehör. “Ruhe! Ich bitte um<br />

Ruhe! <strong>Das</strong> <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong> ist vollstreckt. Lady Taya wird somit von<br />

allen Vorwürfen des Mordes freigesprochen und darf Whitewalls<br />

nach freiem Willen verlassen. Außerdem…”<br />

Eine aufgeregte Stimme unterbrach den Lord Verwalter. “Raub!<br />

Mord! Diebstahl!”<br />

Kergam verstummte und das Publikum begann zu murmeln. Ein<br />

Gardist war an Butterwell herangetreten und war außer. Der Lord<br />

des Milkhouse schien bereits selbst mit den Nerven am Ende zu<br />

sein. “Was?! Wovon redest Du, Soldat?”<br />

Der Gardist versuchte sich zu sammeln. “Während dieses<br />

<strong>Götter</strong>urteils ist jemand in den Ostturm eingedrungen, hat die<br />

Wachen getötet und das Drachenei gestohlen! Es ist verschwunden!”<br />

Kara klappte <strong>der</strong> Mund auf und Butterwell war kurz vor einer<br />

Ohnmacht. In hohen Tönen kreischend deutete er auf die<br />

Godwynns. “Sie! <strong>Das</strong> waren Sie! Es war von Anfang an ihr Plan, mein<br />

Drachenei zu stehlen! Nehmt sie in Gewahrsam!”<br />

Ein Tumult brach in den Reihen <strong>der</strong> Zuschauer aus und kein Soldat<br />

machte Anstalten, irgendjemand festzunehmen. Und während die<br />

Lords Tully und Lannister dem tobenden Gastgeber zu vermitteln zu<br />

versuchten, dass alle angereisten Godwynns hier beim Turnier waren<br />

und niemand von ihnen das Ei hatte stehlen können, machten sich<br />

372


die beschuldigten fort vom Turnierplatz. Der Maester stütze den<br />

humpelnden Knappen, während die Schlange ihrem jungen Ritter<br />

einen Arm um die Taille legte und ihn zusammen mit ihrer Z<strong>of</strong>e<br />

stützte. Ser Richard Logan hatte sich den verletzten Aerias über die<br />

Schulter geworfen und ging wankend, aber stolz und aufrecht voran.<br />

Es musste einige Zeit vergangen sein, seit Aerias und die an<strong>der</strong>en<br />

Ritter <strong>der</strong> Godwynns die Unschuld Lady Tayas im <strong>Urteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Götter</strong><br />

erstritten hatten. Jedenfalls stellte <strong>der</strong> junge Ritter fest als er<br />

erwachte, dass er sich nicht mehr auf dem Turnierplatz befand<br />

son<strong>der</strong>n auf einer Barre festgebunden war.<br />

Langsam gewann Aerias die Kontrolle über seine Sinne zurück, sah<br />

Wolken vorüberziehen, vernahm Gesprächsfetzen und spürte leichte<br />

Erschütterrungen <strong>der</strong> pferdegezogenen Barre auf <strong>der</strong> mäßig<br />

ausgebauten Straße. Der Versuch sich aufzurichten wurde jäh von<br />

einem Schwindelanfall gestoppt, doch kurz darauf vernahm er eine<br />

Hand an seiner Schulter. Es war <strong>der</strong> Maester <strong>der</strong> Godwynns, <strong>der</strong><br />

Aerias beruhigend anlächelte.<br />

„Hier trink das, es wird helfen.“ Vorsichtig richtete Maester<br />

Cwelborn den Kopf des jungen Ritters auf und flößte ihm eine<br />

trübe, bitter schmeckende Flüssigkeit ein. „Schlaff nun wie<strong>der</strong>.“<br />

Allmählich erlangte er seine Erinnerungen zurück; den Tadel seines<br />

alten Lehrmeisters Ser Alban Sanchez wegen seiner mangelnden<br />

Loyalität und das stolze Funkeln in dessen Augen, als er von Aerias‘<br />

Kampf berichtete. Die Gratulationen seines Vaters und <strong>der</strong> guten<br />

Zusprüche seiner Kampfgefährten.<br />

373


Ein Gedanke erhellte das Gemüht des jungen Ritters jedoch ganz<br />

beson<strong>der</strong>s: Die Vorstellung wie er als strahlen<strong>der</strong> Held und Sieger<br />

die Halle <strong>der</strong> Godwynns betreten würde und all die Versprechungen<br />

einfor<strong>der</strong>n würde, die ihm vor dem Kampf gemacht wurden…<br />

Zufrieden grinste er den Maester an, „Gold…“ war das einzige was er<br />

noch sagen konnte, eher das Elixier ihn wie<strong>der</strong> einschlafen lies.<br />

374


Epilog<br />

Zwei Tage später befanden sich alle angereisten Mitglie<strong>der</strong> des<br />

Hauses Calestris im Strom <strong>der</strong>er, die Whitewalls wie<strong>der</strong> verließen. Es<br />

ging nur langsam voran, die Wege waren verstopft von Wagen und<br />

Reitern, die alle nach Hause in den Osten o<strong>der</strong> Süden von Westeros<br />

wollten.<br />

Nachdem <strong>der</strong> Hauptpreis des Turniers gestohlen worden war und<br />

<strong>der</strong> älteste Sohn <strong>der</strong> Butterwells aufgrund seiner Verletzung ein Bein<br />

verloren hatte, war das Turnier schließlich abgesagt worden. Kara<br />

war nicht traurig darum und sehnte sich nach dem Wald und den<br />

Bergen um Wynard’s Hold zurück. Clarissa ritt neben ihr heran. Sie<br />

machte ein mitfühlendes Gesicht. “Tante? Es tut mir Leid, dass du<br />

schon wie<strong>der</strong> jemanden verloren hast, den du heiraten wolltest.”<br />

Kara lächelte mühsam. “Solltest, Rissa, das ist ein Unterschied. Und<br />

Danke, aber dein Beileid ist nicht notwendig, auch wenn es mir Leid<br />

um ihn tut. Ich kannte ihn kaum und hatte keine Gelegenheit ihn<br />

kennenzulernen. Er war jung, stark und mutig, aber auch etwas<br />

selbstverliebt und starrsinnig.”<br />

“Und er hatte Pickel”, sagte Kara’s junge Nichte und grinste<br />

verhalten. Ihre Tante schüttelte nachsichtig den Kopf.<br />

“Es kommt eine Zeit, da ist das Aussehen und das Kampfgeschick<br />

nicht mehr oberste Priorität bei <strong>der</strong> Auswahl eines Mannes, s<strong>of</strong>ern<br />

du als Dame überhaupt eine Auswahl hast. Der Charakter und die<br />

Güte spielen eine ungleich wichtigere Rolle.”<br />

Clarissa lachte. “Vielleicht, wenn man so alt ist wie du! Vorher aber<br />

vergnügt man sich am besten mit den hübschen und starken.”<br />

375


“Dein Mundwerk wird dich noch eines Tages die Zunge kosten.”<br />

Kara lächelte, gab dem Mädchen einen scherzhaften Hieb gegen die<br />

Schulter und ritt mit ihr Seite an Seite dem Flussland entgegen.<br />

Einige Tage später, als die Godwynns den halben Weg nach Silver<br />

Keep geschafft hatten, saß <strong>der</strong> Waffenmeister mit Ser Richard und<br />

einem Krug Wein an einem <strong>der</strong> Tische in dem Gasthaus, wo sie die<br />

Nacht verbrachten. Die meisten Bediensteten schliefen in ihren<br />

Zelten außerhalb, aber die ehrenwerte Eleonore, Lady Taya sowie<br />

die verletzten Ritter hatten sich in den Zimmern einquartiert.<br />

“Schon seltsam,” bemerkte <strong>der</strong> Hauptmann trocken. “Brack hatte<br />

wirklich das Zeug zu einem guten Ritter und er hätte sich im<br />

Nahkampf sicher behaupten können.”<br />

“Und keiner hätte gedacht, dass Eirik mit einem Schwert umgehen<br />

kann und zwei erfahrene Ritter besiegt. Auf Eirik!”<br />

Der Waffenmeister hob symbolisch seinen Becher und stieß mit<br />

seinem Freund an.<br />

“Auf Brack!”<br />

“Jetzt müssen wir uns wohl neue Knappen suchen.” begann Ethan<br />

nach einigen Augenblicken. “Ich hab wenig Lust, meine Sachen<br />

noch länger selber zu tragen.”<br />

Da konnte Logan sich nicht mehr zurückhalten und fing an zu<br />

lachen. “Vor allem muss auch Eirik einen Knappen bekommen.<br />

Immerhin ist er jetzt ein Ritter.”<br />

“Bei den <strong>Götter</strong>n, wem kann man so etwas zumuten?” antwortete <strong>der</strong><br />

Waffenmeister grinsend. “ Den Ritterschlag werden wir wohl noch<br />

bitter bereuen….”<br />

376


Ser Richard nahm noch einen kräftigen Schluck aus einem Bierkrug,<br />

bevor sich <strong>der</strong> Hauptmann verabschiedete und sein Zimmer für die<br />

Nacht aufsuchte. <strong>Das</strong> Zimmer war klein und bescheiden, doch es<br />

gab ein Bett und ein Dach über dem Kopf. Der Hauptmann warf<br />

noch drei große Holzscheite in den Kamin, wo ein kleines Feuer<br />

lo<strong>der</strong>te, entledigte sich seiner Klei<strong>der</strong> und zog sich sein<br />

Nachtgewand über. Müde legte er sich ins Bett und ließ das<br />

Geschehene nochmals in seinem Inneren Auge Revue passieren.<br />

Der Kampf war mittlerweile einige Tage vorüber, doch <strong>der</strong> erfahrene<br />

Kämpfer erinnerte sich noch an jedes Detail. Als das <strong>Götter</strong>urteil<br />

beendet war, hatte keiner <strong>der</strong> Anwesenden mit diesem Szenario<br />

gerechnet. Es war klar, dass die Godwynns schuldig waren und dafür<br />

zur Rechenschaft gezogen werden, so zumindest sah es zu Beginn<br />

aus. Ser Richard hatte Aerias, <strong>der</strong> immer noch ohnmächtig war, über<br />

die Schultern gehievt und ging in Richtung <strong>der</strong> An<strong>der</strong>en. In <strong>der</strong><br />

Menge erkannte er einige Gesichter. <strong>Das</strong> Gefolge <strong>der</strong> Godwynn<br />

schien endlich angekommen zu sein. Der Hauptmann sah das<br />

Gesicht von Ser William Bonhawl, welcher in Abwesenheit von<br />

Richard o<strong>der</strong> Ethan das Kommando über die Garde innehatte.<br />

Zeitgleich brach in <strong>der</strong> Menge ein Tumult aus, nach dem die<br />

Nachricht des gestohlenen Drachenei die Runde machte. Wachen<br />

<strong>der</strong> Butterwells rannten umher und lösten die Versammlung auf. Ein<br />

verärgerter Mob, unter <strong>der</strong> Führung des Schmiedes, schien die<br />

Gunst <strong>der</strong> Stunde ausnutzen zu wollen und marschierte wütend auf<br />

Lady Taya zu und schien ein eigenes <strong>Urteil</strong> fällen zu wollen. Ser<br />

Richard gab Ser Bonhawl ein Zeichen und dieser kam rasch mit gut<br />

drei Dutzend Soldaten <strong>der</strong> Godwynn’s angerannt und eskortierte die<br />

Lady und die restlichen Anhänger des Hauses sicher zu ihren Zelten<br />

zurück.<br />

377


Ethan ging am Zimmer von Richard vorbei und hielt vor <strong>der</strong> Tür<br />

kurz inne und presste sein rechtes Ohr an die Tür. Er hörte ein<br />

lautes schnarchen, schüttelte den Kopf und ging mit einem lächeln<br />

von dannen.<br />

Eirik verbrachte die Rückreise liegend im Wagen seiner Stiefmutter,<br />

<strong>der</strong> ehrenwerten Elenore. Sowohl sich selbst, als aber auch seinem<br />

Pferd den mächtigen Marius wollte er nach dem anstrengenden<br />

<strong>Götter</strong>urteil schonen, hatten doch beide am Ende einige<br />

Verletzungen davon getragen. Neben ihn saß Elenore, die eifrig<br />

dabei war, die Rückreise zu nutzen, um die Wogen zwischen ihr und<br />

Eirik wie<strong>der</strong> zu glätten. <strong>Das</strong>s Elenore nämlich nicht rechtzeitig zum<br />

<strong>Götter</strong>urteil den Turnierplatz erreicht hatte, wollte Eirik seiner<br />

Stiefmutter nicht vergeben; jedenfalls tat er so, war aber eigentlich<br />

viel zu stolz und eingenommen von sich selbst, als dass er an<br />

irgendjemanden sonst einen Gedanken verschwenden wollte.<br />

„Vielleicht möchtest du deiner lieben Mutter nochmal erzählen, wie<br />

du den Vater von Ser Ethan vor allen bloß gestellt hast?“ versuchte<br />

Elenore nach einigen Stunden des Schweigens ein Gespräch<br />

anzufangen und wusste, dass Eirik genau wie bei den fünf Malen<br />

davor darauf anspringen würde.<br />

„<strong>Das</strong> war leicht“ antwortete Eirik gespielt gelangweilt, reckte und<br />

streckte sich und zuckte plötzlich schmerzerfüllt zusammen, als die<br />

Wunde an seinem Arm aufgrund <strong>der</strong> allzu heftigen Streckbewegung<br />

wie<strong>der</strong> aufriss.<br />

„Was ist, hast du Schmerzen? Eilig, du da ruf mir den Septon her.<br />

Nun lauf doch!“ Schnell rannte einer <strong>der</strong> Trommlerburschen zum<br />

Septon, <strong>der</strong> sich vollkommen genervt zum gefühlten hun<strong>der</strong>tsten<br />

378


Mal zum Wagen <strong>der</strong> ehrenwerten Elenore aufmachte, um h<strong>of</strong>fentlich<br />

ein letztes Mal den jungen Ser dazu mahnte, sich möglichst wenig<br />

zu bewegen, falls er eine schnelle Heilung seiner Wunden wünschte.<br />

„<strong>Das</strong> wird eine aufregende Zeit, die nun vor uns steht liebster Eirik“<br />

begann schließlich die ehrenwerte Elenore nach einer weiteren<br />

Stunde, die ansonsten schweigend verbracht wurde.<br />

„Einen Knappen und einige Diener werden wir für dich finden<br />

müssten. Es gibt einfach Dinge, um die sich ein Ritter nicht mehr zu<br />

kümmern hat. Außerdem wird sich Lady Taya bald einmal zu dir<br />

bekennen müssen, schließlich hast du das <strong>Götter</strong>urteil quasi alleine<br />

entschieden. Da sehe aber bereits Bewegung. Ist dir auch<br />

aufgefallen, wie <strong>of</strong>t Lady Taya in letzter Zeit die Nähe von Ser Ethan<br />

sucht? Geradezu plump, wie das naive Ding versucht dich<br />

eifersüchtig zu machen und allen Glaube zu machen, dass sie<br />

irgendeine an<strong>der</strong>e Wahl hat, als unser Spielgegenstand zu sein,<br />

jedenfalls so lange, bis sie dir einen Sohn geschenkt hat. Ach ja,<br />

mein lieber Eirik, freunde dich mit den jungen Ritter Aerias an, wir<br />

können ihn als Verbündeten gebrauchen … „<br />

Eirik indes war wie<strong>der</strong> eingeschlafen und schlummerte den Schlaf<br />

des großen Siegers <strong>der</strong> Godwynns.<br />

Gedankenverloren ritt Taya auf <strong>der</strong> großen Straße Richtung Westen.<br />

Es waren viele Reisende unterwegs und auch ihr eigener Tross hatte<br />

nun eine beachtliche Größe, seitdem ihre ehrenwerte Tante zu ihnen<br />

gestoßen war. Die zu-späte Tante, nannte sie sie inzwischen, wie den<br />

zu-späten Wal<strong>der</strong> Frey.<br />

379


Taya war noch am Leben. Etwas, woran sie vor zwei Tagen nicht<br />

gewagt hatte zu glauben. Und so ganz fassen konnte sie es immer<br />

noch nicht. Ihre Gruppe hatte tatsächlich gesiegt, wie hatte das<br />

passieren können? Konnte das mit rechten Dingen zugehen? War es<br />

einfach nur unverschämtes Glück?<br />

Glück… ja vielleicht. Gerechtigkeit… bestimmt. Sie war schließlich<br />

unschuldig, ob ihr das nach dem Kampf mehr Menschen glaubten,<br />

als vorher, bezweifelte sie allerdings. Aber letztendlich kam es nur<br />

darauf an, dass sie lebte. Und sie hatte einen Preis dafür zahlen<br />

müssen…<br />

Der arme Brack war tot. Logan und Ethan waren verletzt worden,<br />

aber sie würden gesund werden. Musste Taya ihnen jetzt für ewig<br />

dankbar sein, dass sie ihr Leben gerettet hatten? Ihnen, und viel<br />

schlimmer noch… Eirik?<br />

Natürlich musste Dankbarkeit sein. An<strong>der</strong>erseits war es die Pflicht<br />

eines jeden Ritters, für seinen Lord o<strong>der</strong> seine Lady zu sterben.<br />

Wenn man als Führer seines Hauses damit anfangen musste, jedem<br />

seiner Kämpfer nach <strong>der</strong> Schlacht einzeln zu danken, käme man zu<br />

nichts an<strong>der</strong>em mehr. Nein, das war eine Selbstverständlichkeit.<br />

Logan würde seinen Lohn durch die Anerkennung erhalten, <strong>der</strong><br />

Ruhm <strong>der</strong> mit diesem Sieg in seinem Alter einherkam, war kaum<br />

aufzuwiegen. Für Ethan würde sie sich etwas… Spezielles einfallen<br />

lassen. Taya lächelte bei diesem Gedanken.<br />

An<strong>der</strong>s war es bei diesem Eirik Rabenschnabel… ausgerechnet ein<br />

Knappe <strong>der</strong> Calestris… und nun ein Ritter. Er war durch Gier zu<br />

seinem Edelmut getrieben worden, Gier nach Gold und Ruhm.<br />

Beides würde sie ihm geben müssen. Ruhm als Ritter ihrer Garde,<br />

und Gold… nun, ein wenig. Viel besaß sie eh nicht mehr, ihre<br />

H<strong>of</strong>fnung auf die 3000 Goldstücke hatte sich zerschlagen.<br />

380


Diese ganze Reise war ein einziger Fehlschlag, ein Desaster, welches<br />

Beinahe mit ihrem Tod geendet hätte. Sie hatte nur dabei verloren,<br />

wenn bloß dieser dämliche Septon nicht mit dem alten Pergament<br />

gekommen wäre! Und zu allem Überfluss benahm sich nun auch<br />

noch Eirik wie <strong>der</strong> größte Held aller Zeiten und es würde ihr in<br />

Zukunft noch ein größeres Ärgernis sein, seine Avancen<br />

zurückzuweisen, beziehungsweise die Bemühungen seiner<br />

Ziehmutter. Er hatte gut gekämpft, ohne Zweifel, aber mehr konnte<br />

sich niemand vorstellen, ohne einen ausgeprägten Würgereiz zu<br />

bekommen. Eher würde sie sich an Cwelborn wenden, um eine<br />

Überdosis Gift zu erhalten.<br />

Cwelborn… auch er würde eine Belohnung erhalten, er hatte das<br />

hervorragend organisiert. Aber was Eirik anging… für ihn hatte sich<br />

die Lady <strong>der</strong> Godwynn schon etwas Spezielles ausgedacht. Sie<br />

grinste breit und Ser Ethan, <strong>der</strong> neben ihr ritt, sprach sie an. “Freut<br />

mich, dass ich wie<strong>der</strong> Freude in Eurem Gesicht lesen kann, Mylady.”<br />

Sie sah ihn an. “Mein Vater sagte einst: findest du in <strong>der</strong> dunkelsten<br />

Stunde keinen Gedanken mehr, <strong>der</strong> dein Herz erhellt, dann lasse<br />

dich gleich begraben.”<br />

Ethan schien darüber nachzudenken, allerdings war es möglich, dass<br />

es mehr darum ging, wen Taya wohl mit ihrem “Vater” meinte. Die<br />

Frau aus Dorne fuhr ungeachtet fort. “Und es kam mir <strong>der</strong> Gedanke,<br />

wie wir… ich… erst in diese verfluchte Situation gelangen konnte.<br />

Habt Ihr eine Theorie, Ser?”<br />

Bevor <strong>der</strong> Waffenmeister antworten konnte, kam ein Junge auf<br />

einem Esel herangeritten und hielt neben Taya Trab. “Hey, seid Ihr<br />

Lady Schlange?”<br />

Ethan hatte die Hand schon an seinem Schwertknauf. “Was fällt dir<br />

ein, du verdammter…”<br />

“Schon gut, Ser Ethan. Was willst du, Bursche?”<br />

381


Der Junge holte eine Papierrolle hervor. “Hier… ich habe eine<br />

Nachricht für Euch, Lady.”<br />

“Von wem?”<br />

Der Junge zuckte die Schultern. “Keine Ahnung. Es war ein Ritter<br />

mit einer grünen Eidechse auf dem Schild, und er hat mir einen<br />

Silberhirschen dafür gegeben. Aber wenn Ihr den Brief nicht wollt,<br />

schmeiße ich ihn weg, ich habe mein Geld.”<br />

“Ser Rodon, die Echse!”<br />

Ethan sah überrascht und misstrauisch aus, aber Taya nahm das<br />

Papierstück zögernd entgegen. “Danke. Und jetzt verschwinde, du<br />

kleine Kanaille.”<br />

Der Junge blieb zurück und Ethan ritt näher an Taya heran. “Was<br />

kann denn dieser Heckenritter von Euch wollen?”<br />

Taya hatte den Zettel schon entfaltet und las ihn mit gerunzelter<br />

Stirn. Ihr Mund klappte auf. Dann reichte sie das Papier wortlos an<br />

ihren Waffenmeister. Dieser las die Worte mit wachsendem<br />

Erstaunen.<br />

Werte Lady Taya Godwynn,<br />

Tochter aus Dorne und <strong>der</strong> Viper.<br />

Ich bedauere sehr, dass Ihr meinetwegen einen solchen Ärger hattet.<br />

Es war nicht leicht, den Schmied zum richtigen Zeitpunkt zu<br />

vergiften, so dass es Euch angehängt werden konnte. Jedoch war es<br />

die perfekte Ablenkung, ein solches Spektakel verschaffte mir die<br />

günstige Gelegenheit, das Drachenei zu nehmen.<br />

382


Oh nein, es war kein Diebstahl, das Ei wird ihrer rechtmäßigen<br />

Besitzerin zugeführt werden. Und falls Euer Weg Euch irgendwann<br />

einmal nach Pentos führt, fragt nach Magister Illyrio Mopates. Er<br />

wird Euch für Euer Leiden bei Whitewalls entlohnen.<br />

Doch waret Ihr nie in Gefahr. Ich habe den Sieg Eurer Mannen in<br />

den Flammen gesehen und <strong>der</strong> Herr des Lichts hat Euer Leben<br />

verschont. Betet auch Ihr zu R’hllor, so werdet Ihr Erleuchtung<br />

finden und ein glänzendes Licht in einer düsteren Zukunft sein.<br />

Ser R.<br />

Ethan sah auf. “Was… was ist das für ein Quatsch? Soll das heißen,<br />

dieser Bastard von einem Heckenritter hat das alles inszeniert, um<br />

das Drachenei zu stehlen? <strong>Das</strong>… also das ist doch… wir müssen<br />

zurück und diesen Brief Lord Butterwell zeigen!”<br />

Der Waffenmeister war rot vor Aufregung und Zorn, doch Lady Taya<br />

seufzte nur und schüttelte den Kopf. “Wer würde uns das schon<br />

glauben? Den Zettel kann je<strong>der</strong> geschrieben haben. Aber wer soll<br />

dieser Herr des Lichts sein? R’hllor?”<br />

“Herr des Lichts, Herz des Feuers, Gott <strong>der</strong> Flammen und Schatten,<br />

o<strong>der</strong> auch: <strong>der</strong> Rote Gott.” Maester Cwelborn war unbemerkt<br />

herangeritten und hatte ihr Gespräch mit angehört. Taya sah ihn<br />

fragend an. Der Gelehrte machte eine wegwerfende Geste. “Ein<br />

383


heidnischer Kult, <strong>der</strong> in Essos sehr beliebt ist. Aber in Westeros hört<br />

man kaum von ihm.”<br />

Noch bevor Cwelborn ausgesprochen hatte, ging das Papier ohne<br />

erkennbaren Grund in Flammen auf. Ethan schrie überrascht auf<br />

und ließ das verkohlte Stück fallen. Taya sah Cwelborn nachdenklich<br />

an.<br />

“Heidnisch o<strong>der</strong> nicht, ich will mehr darüber erfahren. Sobald wir<br />

zurück in Silver Keep sind, tragt Ihr mir alles darüber zusammen,<br />

was ihr finden könnt, Maester...”<br />

384


Appendix<br />

<strong>Das</strong> Haus Calestris<br />

• Lord Aron - Oberhaut des Hauses<br />

• Ser Ceidroc - Bru<strong>der</strong> von Lord Aron<br />

• Ser Corban - Erbe des Hauses<br />

• Lady Kara - Schwester von Ser Corban<br />

• Ser Brandon Rivers - Bastard von Lord Aron und Hauptmann<br />

<strong>der</strong> Wache<br />

• Aidan - Soh von Ser Corban<br />

• Clarissa - Tochter von Ser Corban<br />

• Eugene - Sohn von Ser Corban<br />

• Brenda - Tochter von Ser Corban<br />

• Ser Alban Sanchez - Ritter<br />

• Aerias Lund - Knappe von Ser Alban<br />

• Patryk - Maester <strong>der</strong> Calestris<br />

• Dana Wells - Haush<strong>of</strong>meisterin<br />

• Firuna - Septa <strong>der</strong> Calestris<br />

• Florence Waters - Stallmeister<br />

• Edirc <strong>der</strong> Stumme - Waffenschmied<br />

385


• Mary Blackstone - Tochter <strong>der</strong> Haush<strong>of</strong>meisterin von Riverrun<br />

• Ser Thoran Rivers ein Bastard aus dem Hause Darry<br />

• Elia - eine Händlerin aus <strong>der</strong> freien Stadt Lorath<br />

• Diane - aus dem Hause Refort<br />

• Geneva - aus dem Hause Merryweather<br />

• Kyle Connour - Koch<br />

386


<strong>Das</strong> Haus Godwyn<br />

•<br />

Lord Ulmar - verstorbenes Oberhaupt und Ehemann von Lady Taya<br />

Lord Perrin - verstorbener Bru<strong>der</strong> von Lord Ulmar und Ehemann<br />

von Lady Elenore<br />

Lady Taya - Oberhaut des Hauses<br />

Lady Elenore - Witwe und Ziehmutter von Eirik<br />

Eirik Hetherspoon - Sohn von Elenores verstorbener Schwester<br />

Ser Richard Logan - Hauptmann <strong>der</strong> Wache<br />

Ser Ethan Cerdic - Waffenmeister<br />

Cwelborn - Maester <strong>der</strong> Godwynns<br />

Rolfe Toolish - Haush<strong>of</strong>meister<br />

Lynda Toolish - Tochter von Rolfe und Stallmeisterin<br />

William Humble - Septon <strong>der</strong> Godwynns<br />

Boran Hill - Schmied<br />

Holly Beltbuckle - Köchin<br />

387


Nebenfiguren<br />

gemeines Volk<br />

Jones - Informant für Ser Gereon Wells<br />

Whistler - Informant für Ser Gereon Wells<br />

Barry - Informant für Ser Gereon Wells<br />

Chuck - Informant für Ser Gereon Wells<br />

Horgas Crest - ehemaliger Waffenschmied<br />

Ben Crest - freier Waffenschmied, Enkel von Horgas Crest<br />

Siron - Gefangener, Kämpft für die Godwynns<br />

Bedienstete<br />

Trish - persönliche Kammerz<strong>of</strong>e von Lady Taya Godwynn, taubstumm<br />

Kergam - Lord Verwalter des Hauses Butterwell<br />

Lieutenant Errin - Mitglied <strong>der</strong> Garde von Wynard's Hold<br />

Lieutenant Bertram - Mitglied <strong>der</strong> Garde von Wynard's Hold<br />

Tyrben/Pebbleface - Stallbursche und Lustknabe von Septon Humble<br />

Brack Brownbwell - Knappe von Ser Richard Logan<br />

Bronar - Maester <strong>der</strong> Butterwells<br />

Ritter<br />

Ser Corbin - alter Ritter im Dienste des Hauses Godwynn, züchtet<br />

Pferde<br />

Ser Isaac Finley - Hauptmann des Hauses Lydden<br />

388


Ser Anton Hires - Waffenmeister des Hauses Brax<br />

Ser Erwin Horwelt - Hauptmann des Hauses Brax<br />

Ser Brickston - ehemaliger Waffenmeister des Hauses Brax<br />

Ser Gereon Wells - Ritter im Dienste des Hauses Cerdic<br />

Ser Torol - Hauptmann <strong>der</strong> Garde von Whitewalls<br />

Ser Forley Prester - Ritter im Dienste <strong>der</strong> Lannister, Kämpft für Crest<br />

Ser Karyl Vance - Ritter im Dienste <strong>der</strong> Tullys, Kämpft für Crest<br />

Ser Bogril Tolko - Raubritter, Kämpft für die Godwynns<br />

Lords<br />

Lord Willem Butterwell - Sohn von Lord Arnold Butterwell, Kämpft<br />

für Crest<br />

Lord Eros Cerdic - Oberhaupt des Hauses Cerdic, Vater von Ser<br />

Ethan Cerdic<br />

Lord Andros Brax - Oberhaupt des Hauses Brax<br />

Lord Butterwell - Oberhaupt des Hauses Butterwell, Veranstalter des<br />

Turniers<br />

Lord Dalen Hardyng - Verlobter von Kara Calestris, Sohn von Harrold<br />

Hardyng<br />

Lord Harrold Hardyng - Oberhaupt des Hauses Hardyng<br />

Lord Mads Lund - Oberhaupt des Hauses Lund<br />

389

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