Adivasi. Hoffnung und Kampf der indischen - Gossner Mission
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Spirituelle Traditionen <strong>der</strong> <strong>Adivasi</strong> – Das Thema<br />
»Befreiung« in <strong>der</strong> Stammesdichtung<br />
Die Unterdrückung <strong>der</strong> <strong>Adivasi</strong> in Jharkhand hat religiös orientierte Befreiungsbewegungen hervorgerufen.<br />
Mammasi Ekka untersucht, wie sich die <strong>Hoffnung</strong> auf eine Befreiung von Unterdrückung in<br />
ihren Lie<strong>der</strong>n – exemplarisch in den Gebeten <strong>der</strong> Tana Bhagat Bewegung – ausdrückt.<br />
30<br />
Ein Wort zur Stammesdichtung<br />
Stammesdichtung o<strong>der</strong> -gesang spielt eine<br />
wichtige Rolle bei den Gemeinschaftsaktivitäten,<br />
die auch das Singen, Tanzen, religiöse<br />
Feiern <strong>und</strong> Feiern aus gesellschaftlichen<br />
Ansätzen einschließen. Sie alle sind<br />
ganzheitlich <strong>und</strong> innig miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en.<br />
Die Stammesgedichte existieren in den<br />
Sprachen des jeweiligen Stammes hauptsächlich<br />
in mündlicher Überlieferung. Deswegen<br />
kann die Gefahr von Än<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> sogar<br />
<strong>der</strong> Verletzung ihrer Bedeutung bei <strong>der</strong> Übersetzung<br />
ins Englische nicht ausgeschlossen<br />
werden. Die Anonymität des Lie<strong>der</strong>machers<br />
ist eine bemerkenswerte Erscheinung im<br />
Stammesgedicht. Das fehlende Streben <strong>der</strong><br />
Stammesmitglie<strong>der</strong>, sich selbst zu profilieren,<br />
ist eine bemerkenswerte Haltung. So haben<br />
h<strong>und</strong>erte <strong>und</strong> tausende Stammeslie<strong>der</strong>/-<br />
gedichte unter den verschiedenen Gemeinschaften<br />
<strong>der</strong> Stammesgesellschaft keinen<br />
Hinweis auf den Komponisten <strong>und</strong> spiegeln<br />
eine ununterbrochene Tradition wie<strong>der</strong>. Neben<br />
dem Gemeinschafts – o<strong>der</strong> Sozialcharakter<br />
<strong>der</strong> Dichtung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anonymität,<br />
ist die Symbolik das faszinierendste Merkmal<br />
<strong>der</strong> Stammesgedichte. Das folgende<br />
M<strong>und</strong>a Gedicht ist ein Beispiel für diese Symbolik:<br />
Der Mahul Baum<br />
Voll von Ästen <strong>und</strong> Blättern<br />
Wie schön er das Reisfeld aussehen ließ!<br />
Sie fällen den Mahul Baum<br />
Die fünf Brü<strong>der</strong>, rette ihn, rette ihn.<br />
Dieses M<strong>und</strong>a Jadur Lied deutet symbolisch<br />
auf den berühmten Mahul Baum hin. Das<br />
Thema ist gar nicht <strong>der</strong> Mahul Baum, was<br />
vielleicht von Leuten mit ökologischem Interessen<br />
leicht missverstanden werden kann.<br />
Eigentlich geht es um ein Mädchen, die weggeheiratet<br />
wurde. Wenn sie weg ist, wird das<br />
Dorf kahl aussehen. Und »sie« sind die Mitglie<strong>der</strong><br />
des Gefolges des Bräutigams. All`<br />
dies ist nicht direkt gesagt, aber wird verstanden.<br />
Die Brü<strong>der</strong> wollen nicht das Gefolge<br />
des Bräutigams vertreiben. Es ist nur ein<br />
gespielter Protest <strong>und</strong> eine Andeutung auf<br />
die Rolle des Bru<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Verteidiger <strong>der</strong><br />
Schwester in dieser Gesellschaft.<br />
Illustrationen: Gemälde aus dem Zyklus »Der Mythos von Chota Nagpur« von Jyoti Sahi<br />
Jede Dichtung enthält Gedanken. Und<br />
dieser Inhalt kommt vom Kontext, <strong>der</strong> aktuellen<br />
Lebenssituation <strong>der</strong> Leute, her. Ihre Kultur<br />
<strong>und</strong> Erfahrung sind durch ihre physische<br />
<strong>und</strong> soziale Umgebung eingeschränkt. Für<br />
Leute, die in o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nähe eines Dschungels<br />
leben, ist <strong>der</strong> Dschungel Leben. Noch<br />
mehr, <strong>der</strong> Dschungel ist ihre immer wie<strong>der</strong><br />
sprudelnde Quelle <strong>der</strong> Inspiration, eines <strong>der</strong><br />
häufigeren Themen in ihren Lie<strong>der</strong>n. Ein<br />
Oraon Lied/Gedicht geht zum Beispiel so:<br />
In Sommer brennt <strong>der</strong> Dschungel:<br />
alle Vögel verlassen den Dschungel.<br />
Schrecklich <strong>der</strong> Anblick.<br />
In Asar kommt <strong>der</strong> Regen;<br />
die verkrümmten Äste wachsen,<br />
die Vögel kehren wie<strong>der</strong> zum Dschungel<br />
zurück.<br />
W<strong>und</strong>erschön <strong>der</strong> Anblick.<br />
In späteren Zeiten hat die Stammesdichtung<br />
die Leiden <strong>und</strong> <strong>Hoffnung</strong>en des leidenden Volkes<br />
wi<strong>der</strong>gespiegelt. Armut, Hunger, Ausbeutung<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Leidensformen sind <strong>der</strong> Zustand,<br />
in dem sich die Stammesmitglie<strong>der</strong> von<br />
Chotanagpur <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Orten befinden.<br />
Das Jahrtausendgedicht <strong>der</strong> M<strong>und</strong>as von Chotanagpur<br />
drückt die Unruhe <strong>der</strong> Zeiten, das<br />
Leiden des Volkes mit ihrem Land in Flammen,<br />
die unterdrückte Leidenschaft <strong>und</strong> Gewalt<br />
ihrer Gefühle gegen die zeitgenössischen Feinde<br />
<strong>der</strong> M<strong>und</strong>a, Oraon <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Stammesgemeinschaften<br />
aus. Solche Gedichte, mit<br />
dem bäuerlichen Unterton <strong>der</strong> Stammesbewegung<br />
von Birsa M<strong>und</strong>a in den 1890ern,<br />
enthalten die Stimmung des Volkes, dass die<br />
Dikus, die fremden Tyrannen, in einem Waldbrand<br />
verbrannt <strong>und</strong> im Wasser des Flusses<br />
weggewaschen werden sollen. Ein Lied <strong>der</strong><br />
Birsa-Bewegung aus <strong>der</strong> Kolonialzeit zeigt die<br />
Gefühle des leidenden Volkes:<br />
Geplagt von Unterdrückung durch die<br />
Zamindars (Steuerverwalter), das Elend <strong>der</strong><br />
Leute wächst, das Land ist losgesagt.<br />
Fliege zum Bogen, Pfeil <strong>und</strong> Axt<br />
Für uns ist heute <strong>der</strong> Tod besser als Leben.<br />
Birsa Bhagwan ist unser Führer.<br />
Er ist für uns ins Land gekommen,<br />
Heute ...<br />
Lass uns bereit sein mit Köcher, Pfeil <strong>und</strong><br />
Schwert,<br />
Wir werden uns auf dem Dombari Hügel<br />
versammeln,