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Adivasi. Hoffnung und Kampf der indischen - Gossner Mission

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Überlegungen zu einer adivasigerechten Entwicklung<br />

Dr. Paul Singh, <strong>der</strong> Leiter des <strong>Mission</strong>szentrums <strong>der</strong> Ev.-Luth. <strong>Gossner</strong> Kirche, zieht eine nüchterne Bilanz<br />

<strong>der</strong> bisherigen (staatlichen) Entwicklungsarbeit in den <strong>Adivasi</strong>gebieten. Er plädiert für eine nachhaltige<br />

Entwicklung, die vor allem von Nichtregierungsorganisationen initiiert werden soll.<br />

26<br />

Vertreibung, Entwurzelung <strong>und</strong><br />

Ausbeutung <strong>der</strong> <strong>Adivasi</strong><br />

... Jharkhand ... bietet den Menschen mit<br />

Wald, Land <strong>und</strong> Wasser, sowie dem Charakter<br />

<strong>der</strong> Religion ausreichende Gr<strong>und</strong>lagen für<br />

den Lebensunterhalt. Trotz des Eindringens<br />

von Feinden <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en mit unterschiedlichen<br />

Motiven, blieben die Menschen in<br />

Jharkhand, die Ureinwohner, defensiv <strong>und</strong><br />

nahmen niemals eine Angriffshaltung ein,<br />

was ihre Bereitschaft zum Flüchten zeigt.<br />

Auch heute noch setzt sich das in Form von<br />

Vertreibungen o<strong>der</strong> auch freiwilliger Migration<br />

auf <strong>der</strong> Suche nach Arbeit, Nahrung <strong>und</strong><br />

Unterkunft fort, wobei die Meisten ihre Beson<strong>der</strong>heiten<br />

<strong>und</strong> ihre Identität verlieren. Mit<br />

dem Aufkommen <strong>der</strong> Globalisierung ist ihre<br />

Zukunft ungewiss.<br />

Jharkhand (übersetzt: Waldland), das mit<br />

grünen Wäl<strong>der</strong>n überzogen ist, bietet mehr<br />

als das, was <strong>der</strong> Name bezeichnet. Seine<br />

Geografie, Topologie <strong>und</strong> das tropische Gebiet<br />

stellt den Einwohnern, den <strong>Adivasi</strong>, die<br />

jetzt auch als Ureinwohner (indigene Bevölkerung)<br />

bezeichnet werden, ein natürliches,<br />

dauerhaftes <strong>und</strong> sicheres Obdach zur Verfügung.<br />

Zusätzlich haben die tropischen Bedingungen<br />

<strong>der</strong> Region viel zu ihrer Religion, Kultur,<br />

Gesellschafts- <strong>und</strong> Wirtschaftsform <strong>und</strong><br />

dem Lebensstil beigetragen. Urwald, Hügellandschaften<br />

<strong>und</strong> Flüsse mit Wasserfällen,<br />

sowie Teiche bieten den Menschen unzählige<br />

Lebensmöglichkeiten <strong>und</strong> ein friedliches <strong>und</strong><br />

fröhliches Leben, wenn auch mit vielen Beschwernissen.<br />

Der Schoß Jharkhands ist voll mit unterschiedlichen<br />

Bodenschätzen <strong>und</strong> Mineralien,<br />

aber <strong>der</strong> Bauch <strong>der</strong> Menschen bleibt leer. Die<br />

Bodenschätze ... Jharkhands zogen viele Eindringlinge<br />

<strong>und</strong> Migranten an, die auch das<br />

gute tropische Klima bevorzugten. Sie beuteten<br />

das Land <strong>und</strong> die Menschen von Jharkhand<br />

aus <strong>und</strong> plün<strong>der</strong>ten es zu ihrem Vorteil,<br />

zu ihrer Gunst, zu ihrem Ruhm <strong>und</strong><br />

Glanz. In <strong>der</strong> Anfangsphase waren sie einfache<br />

Plün<strong>der</strong>er <strong>und</strong> verwandelten sich später<br />

in Siedler <strong>und</strong> koloniale »Klein-Großmächte«<br />

o<strong>der</strong> auch in »Hüter <strong>der</strong> Entwicklung« ... Der<br />

Bergbau <strong>und</strong> mit ihm verb<strong>und</strong>ene Siedlungen<br />

... haben sich negativ auf das Land <strong>und</strong><br />

die Menschen ausgewirkt, beson<strong>der</strong>s durch<br />

die Abholzung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>. Die Menschen <strong>der</strong><br />

Region wurden von ihrem Land, ihrer Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Gemeinschaft auf Gr<strong>und</strong> von<br />

Analphabetismus <strong>und</strong> Unwissenheit entfremdet.<br />

Nach ihrem Land, für das ihnen Entschädigungen<br />

o<strong>der</strong> Beschäftigungen als ungelernte<br />

Arbeiter gegeben wurden, konnten sie<br />

alles sehr schnell verlieren, weil sie keine<br />

Kenntnisse über wirtschaftliches Planen <strong>und</strong><br />

im Umgang mit Geld hatten. Die Region hat<br />

eine gewisse Entwicklung durch die Zuwan<strong>der</strong>er<br />

erfahren, aber die Söhne des Landes<br />

schufteten vergeblich <strong>und</strong> ihre Zerstörung<br />

scheint die natürliche Folge zu sein. Auf verschiedenartige<br />

Weise wurden sie auf Gr<strong>und</strong><br />

von Analphabetismus <strong>und</strong> Unwissenheit geplagt,<br />

mit Krankheiten, Arbeitslosigkeit <strong>und</strong><br />

Armut ...<br />

Entwicklungsprogramme schaffen<br />

eine neue Elite unter <strong>Adivasi</strong> <strong>und</strong> Dalits<br />

Dörfliche Gebiete haben den größten Anteil<br />

von <strong>Adivasi</strong> (scheduled tribes) <strong>und</strong> Dalits<br />

(scheduled castes). Obwohl seit <strong>der</strong> Unabhängigkeit<br />

einige Schritte zur Verbesserung ihrer<br />

Lebensqualität unternommen wurden,<br />

hat nur ein Bruchteil von ihnen davon profitiert.<br />

In dem Leben dieser Gemeinschaften<br />

kommen wirtschaftliche, soziale <strong>und</strong> rituelle<br />

Rückständigkeit zusammen. Sie leiden<br />

auch unter einem Mangel an Einfluss <strong>und</strong><br />

nehmen nicht so am sozialen Leben des Gebietes<br />

teil, wie an<strong>der</strong>e Gemeinschaften. Die<br />

Wohltaten <strong>der</strong> Entwicklung haben nur einige<br />

Gruppen <strong>der</strong> <strong>Adivasi</strong> <strong>und</strong> Dalits erreicht<br />

<strong>und</strong> unter ihnen auch nur eine gewisse Anzahl<br />

an Familien. Um die wirklich rückständigen<br />

<strong>Adivasi</strong> <strong>und</strong> Dalits haben die Früchte<br />

<strong>der</strong> Entwicklung einen Bogen gemacht. Das<br />

Ergebnis ist, dass unter ihnen eine neue Elite<br />

aufgestiegen ist, die dazu tendiert, die<br />

Entwicklung auf sich zu beschränken.<br />

Um dörfliche Entwicklung nachhaltig zu<br />

machen, ist es notwendig, Basiseinrichtungen<br />

(grass-root institutions) zu stärken <strong>und</strong> die<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Menschen an <strong>der</strong> ländlichen<br />

Transformation zu för<strong>der</strong>n. Diese Institutionen<br />

sollen den Menschen nicht übergestülpt,<br />

son<strong>der</strong>n von ihnen geschaffen werden, um auf<br />

die Bedürfnisse einzugehen <strong>und</strong> die Alltagsprobleme<br />

zu lösen. Die Menschen vor Ort<br />

sollen sie betreiben. Auf diesem Wege soll<br />

lokale Führung (lea<strong>der</strong>ship) aufgebaut werden.<br />

Die gegenwärtigen Panchayats (Gemein<strong>der</strong>äte)<br />

versprechen nicht viel Beteiligung <strong>der</strong> Menschen,<br />

da sie in den meisten B<strong>und</strong>esstaaten<br />

von <strong>der</strong> dörflichen Elite besetzt werden <strong>und</strong><br />

die ärmeren Bevölkerungsschichten keine<br />

Stimme beim Prozess <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />

haben. Das gleiche passiert mit den Genossenschaften<br />

auf verschiedenen Ebenen.<br />

Die Genossenschaften werden politisiert <strong>und</strong><br />

von politischen Führern benutzt, um sich zu<br />

bereichern. Sie wurden auch durch eine zu<br />

starke Gängelung durch die Behörde für Kooperativen<br />

abgewürgt. Deshalb sind diese beiden<br />

Institutionen, die einige Jahre zuvor als<br />

Instrumente des sozialen Wandels auf dem<br />

Land gepriesen wurden, dabei gescheitert,<br />

Gutes herbeizubringen. Es ist notwendig, die<br />

Gedanken darauf zu richten, sie effektiver <strong>und</strong><br />

zielbewusster zu machen <strong>und</strong> sie an die Bedürfnisse<br />

<strong>der</strong> Armen auf dem Land anzupassen.<br />

Die Dinge än<strong>der</strong>n sich, aber sehr langsam,<br />

was den Entwicklungsprogrammen anzulasten<br />

ist, die die Aufgabe haben, jedes<br />

Jahr eine begrenzte Anzahl an Familien in<br />

jedem Gebiet über die Armutsgrenze zu heben.<br />

Das Programm für ländliche Beschäftigung<br />

hat ihnen eine dringend benötigte Hilfe<br />

gegeben. Das Nationale Programm für<br />

Erwachsenenbildung hat in ähnlicher Weise<br />

die Aufmerksamkeit auf die <strong>Adivasi</strong> <strong>und</strong><br />

Dalits gerichtet <strong>und</strong> eine dringend benötigte<br />

Bewusstseinsbildung geleistet. Es hat ihnen<br />

auch Lese-, Schreib- <strong>und</strong> Rechenfähigkeiten<br />

vermittelt <strong>und</strong> ihre praktischen Sachkenntnisse<br />

verbessert. Allerdings ist die Zahl<br />

<strong>der</strong> Menschen, die von diesen Programmen<br />

erreicht werden, sehr gering.<br />

Benachteiligung von Frauen<br />

Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit muss auch den<br />

Frauen im ländlichen Umfeld gegeben werden.<br />

In je<strong>der</strong> Hinsicht hinken die Frauen den<br />

Männern nach, obwohl die Indische Verfassung<br />

gleiche Rechte <strong>und</strong> Privilegien für Männer<br />

<strong>und</strong> Frauen vorsieht. Eine Reihe von Sozialverordnungen<br />

wurden gemacht, um die<br />

verschiedenen Zwänge zu entfernen, die ihre<br />

Entwicklung behin<strong>der</strong>n. In den ländlichen<br />

Gebieten beträgt die Alphabetisierungsrate<br />

von Frauen weniger als 18 Prozent. Sie ist<br />

wesentlich geringer als <strong>der</strong> nationale Durchschnitt<br />

... Infolge <strong>der</strong> Tatsache, dass unsere<br />

Gesellschaft von Männern dominiert wird,<br />

haben Frauen unter unterdrückenden Strukturen<br />

zu leiden. Es gibt erhebliche Unterschiede<br />

in dem Ernährungszustand von Männern<br />

<strong>und</strong> Frauen. Mädchen unterliegen einer Vernachlässigung<br />

in Bezug auf Ernährung <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung. Die Müttersterblichkeit<br />

in den dörflichen Gebieten von Jhar-khand<br />

ist weiterhin sehr hoch.<br />

Obgleich Frauen viel zu den wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> dem Gutgehen <strong>der</strong> Fa-

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