Adivasi. Hoffnung und Kampf der indischen - Gossner Mission
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Bodenschätze:<br />
Reiches Land – Arme Bevölkerung<br />
Neben dem Reichtum aus den Teegärten verfügt<br />
Assam noch über die zweitgrößten Erdöl-<br />
<strong>und</strong> Erdgaslager Indiens, sowie über die<br />
dazugehörigen Raffinerien. Auf den Straßen<br />
begegnen einem ständig Tanklaster, die trotz<br />
ihrer gefährlichen Ladung überholen <strong>und</strong> die<br />
Gefahr missachten, die in <strong>der</strong> von Löchern<br />
übersäten Schotterpiste lauert. Einheimische<br />
vergleichen die Infrastruktur gerne mit <strong>der</strong><br />
im völlig verarmten B<strong>und</strong>esstaat Bihar <strong>und</strong><br />
sprechen von »Bihar-Verhältnissen«. Auch<br />
dort haben sich große Schwerindustrien angesiedelt,<br />
die die reichen Rohstoffvorkommen<br />
ausbeuten. Obwohl viel Reichtum vorhanden<br />
ist <strong>und</strong> viel Geld verdient wird,<br />
herrscht dort die größte Armut von ganz Indien,<br />
finden wir dort die höchste Kin<strong>der</strong>sterblichkeit,<br />
die größte Analphabetenrate<br />
<strong>und</strong> die schlechtesten Straßen. So zeichnen<br />
die »Bihar-Verhältnisse« in Assam ein ganz<br />
ähnliches Bild. Auch hier gibt es mehr als 60%<br />
Analphabeten, leben 63% <strong>der</strong> Menschen unter<br />
<strong>der</strong> Armutsgrenze.<br />
In Nachbarschaft <strong>der</strong> Stadt Tinsukia liegt<br />
<strong>der</strong> zweitgrößte Steinkohletagebau Indiens.<br />
Etwa 20.000 seit Menschengedenken dort<br />
ansässige <strong>Adivasi</strong> sind von dem Abbau betroffen<br />
<strong>und</strong> verlieren ihr Land. Weitere Dörfer<br />
im Umfeld sind in Mitleidenschaft gezogen,<br />
weil z.B. Ölschlamm in <strong>der</strong> Regenzeit<br />
das Gr<strong>und</strong>wasser verdirbt. Wi<strong>der</strong>stand <strong>und</strong><br />
Verhandlungen waren bislang vergeblich. Als<br />
sich vor drei Jahren eine organisierte Interessenvertretung<br />
gebildet hatte, wurde gezielt<br />
den Führern <strong>der</strong> Dörfer Arbeit angeboten,<br />
um den Betroffenen ihre Sprecher zu<br />
nehmen. Bei den Zurückgebliebenen wachsen<br />
die Hilflosigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unmut. Auf dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> solcher Ohnmachterfahrungen<br />
erklären sich auch Konflikte wie <strong>der</strong> zwischen<br />
den Bodos <strong>und</strong> den Santals: Gruppen, die seit<br />
Generationen friedlich miteinan<strong>der</strong> ausgekommen<br />
sind, werden plötzlich zu Konkurrenten<br />
angesichts von knapp gewordenem<br />
Lebensraum <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewährung von Min<strong>der</strong>heitenrechten.<br />
Die Eskalation von Gewalt<br />
hat allen Beteiligten geschadet. Zu Zehntausenden<br />
vegetieren sie nun in von <strong>der</strong> Armee<br />
geschützten Camps.<br />
Bergvölker<br />
In <strong>der</strong> Region von Karbianglong lebt das Volk<br />
<strong>der</strong> Karbi, das zu den sogenannten Bergvölkern<br />
(hill-tribes) gehört. Sie betreiben zum<br />
Teil bis heute Landwirtschaft an wechselnden<br />
Orten auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Brandrodung.<br />
Durch den Wechsel <strong>der</strong> Orte gab es<br />
kaum Schulbildung o<strong>der</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Betreuung.<br />
In den letzten 10 Jahren hat sich<br />
ein neues Selbstbewusstsein unter den Karbi<br />
herausgebildet. Sie beginnen sich anzusiedeln,<br />
stellen aber zugleich fest, dass ihr traditionelles<br />
Land oft schon besetzt ist, <strong>und</strong><br />
ihnen nur die Hügellagen bleiben. Die lukrativen<br />
Ackerflächen sind heute bereits mit Teegärten,<br />
Gummibaumplantagen o<strong>der</strong> aber mit<br />
Siedlungen <strong>der</strong> mehr als 600.000 Kleinbauern,<br />
die sich aus dem Arbeitskräfteüberschuss<br />
<strong>der</strong> Teegärten entwickelt haben, besetzt.<br />
Die Karbi erkennen das Unrecht, aber<br />
sind deshalb um so entschiedener, das verbliebene<br />
Land zu schützen, sich zu organisieren<br />
<strong>und</strong> ihre Lebensrechte anerkennen zu<br />
lassen.<br />
In dem <strong>Mission</strong>sgebiet <strong>der</strong> Evangelisch-<br />
Lutherischen <strong>Gossner</strong> Kirche sind über 300<br />
Familien <strong>der</strong> Karbi zum christlichen Glauben<br />
gekommen, weil sie in ihm eine Kraft gef<strong>und</strong>en<br />
haben, die sie bestärkt. Ihre Philosophie<br />
ist: »Wenn wir uns zusammenschließen <strong>und</strong><br />
etwas lernen können, dann können wir auch<br />
alles schaffen, was die an<strong>der</strong>en sonst tun: Fel<strong>der</strong><br />
bewässern, die uns ernähren <strong>und</strong> etwas<br />
Geld durch Teegärten o<strong>der</strong> Sammeln von<br />
Gummisaft verdienen.«<br />
Spezialisten für <strong>Hoffnung</strong><br />
Beim Besuch einer jungen Gemeinde <strong>der</strong><br />
<strong>Gossner</strong> Kirche beklagte ein Pfarrer: »Was<br />
kann die Kirche gegen die Armut tun? Wir<br />
haben doch keine geeigneten Spezialisten«!<br />
Sein Bischof hat nach einer kurzen Pause des<br />
Überlegens darauf erwi<strong>der</strong>t: »Aber wir haben<br />
die Spezialisten für <strong>Hoffnung</strong>! Wenn wir dem<br />
heiligen Geist <strong>und</strong> den Menschen etwas zutrauen,<br />
dann können wir sie ermutigen <strong>und</strong><br />
bestärken, miteinan<strong>der</strong> das Mögliche zu versuchen«.<br />
Das ist bei ihm nicht nur eine Redensart.<br />
Mit 120 Pracharaks (Gemeindehelfern)<br />
hat er ein Weiterbildungsprogramm<br />
verabredet, dass ihnen die Fähigkeiten für<br />
die lokale Entwicklungsarbeit vermitteln soll.<br />
»Das, was wir lernen wollen, das gibt es bereits<br />
unter uns. Wir müssen es nur erkennen<br />
<strong>und</strong> die Leute mit den richtigen Erfahrungen<br />
zu uns einladen <strong>und</strong> gemeinsam Perspektiven<br />
entwickeln«, meint <strong>der</strong> Bischof. Dieses<br />
Programm wird Unrecht <strong>und</strong> Armut in Assam<br />
nicht von heute auf morgen beseitigen. Es<br />
steht aber in <strong>der</strong> guten Tradition <strong>der</strong> kleinen<br />
Schritte in <strong>der</strong> <strong>Gossner</strong> Kirche, die die Beteiligten<br />
ohne neue Abhängigkeiten selbst gehen<br />
können.<br />
Bernd Krause,<br />
Indienreferent <strong>der</strong> <strong>Gossner</strong> <strong>Mission</strong><br />
Kohletagebau in Nordost-Assam<br />
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