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Amerikanische Soldatinnen - Gewaltopfer der ... - Golf Dornseif

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<strong>Amerikanische</strong> <strong>Soldatinnen</strong>: <strong>Gewaltopfer</strong> <strong>der</strong> Kamera<strong>der</strong>ie?<br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Seit Juni· 2012 erregt ein Dokumentarfilm mit dem Titel THE INVISIBLE WAR grosses<br />

Aufsehen in den USA, weil er mit 97 Minuten Laufzeit erschütternde Zeugnisse von<br />

Vergewaltigungen, Misshandlungen und an<strong>der</strong>en Grausamkeiten vor Augen führt.<br />

Opfer sind sowohl <strong>Soldatinnen</strong> als auch Offizierinnen <strong>der</strong> US Army und Navy, aber die<br />

Täter zählen zum Kameradenkreis ihrer Einheiten, seien es gleichrangige o<strong>der</strong> höher<br />

gestellte Männer in Uniform.<br />

Das Militär in seiner Eigenschaft als geschlossene Gesellschaft (Zutritt verboten) hat<br />

bisher vermocht, jede Art strafrechtlicher Verfolgung durch die zivile Justiz und/o<strong>der</strong><br />

Kriegsgerichte konsequent zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Niemand verschafft den Opfern Genugtuung, sei sie seelischer und/o<strong>der</strong> materieller<br />

Natur. Erst <strong>der</strong> hier zitierte Dokumentarfilm THE INVISIBLE WAR (sinngemäß KRIEG IM<br />

SCHATTEN) hat über Nacht im Pentagon blankes Entsetzen ausgelöst und die Mauer<br />

des tödlichen Schweigens durchbrochen.<br />

Der (ehemalige) Secretary of Defense (Minister <strong>der</strong> Verteidigung) Leon Panetta hatte<br />

Gelegenheit, bereits am 14. April 2012 in einer Vorschau mit Politikern und<br />

Stabsoffizieren sowie Militär-Juristen die verfilmte Dokumentation kennen zu lernen.<br />

Wenige Tage später ordnete <strong>der</strong> Minister an, dass alle bekannt werdenden Fälle<br />

sexueller Gewalt innerhalb <strong>der</strong> Streitkräfte ausserhalb des Dienstweges einer neu zu<br />

schaffenden Untersuchungskommission berichtet werden müssen, die Unabhängigkeit<br />

garantiert. Hinzu kommen SPECIAL VICTIMS UNITS bei den Truppen-Kommandos.<br />

Gegenwärtig zirkuliert die Redensart in amerikanischen Militärkreisen: „Jede weibliche Angehörige<br />

unserer Streitkräfte, die im Irak o<strong>der</strong> in Afghanistan ihre Pflicht tut, geht ein hohes Risiko ein, von<br />

männlichen Kameraden vergewaltigt zu werden. Feindliche Kugeln <strong>der</strong> Taliban sind dagegen kaum<br />

<strong>der</strong> Rede wert!“ Dieser Zynismus verrät deutlich genug, welcher Macho-Geist unter Berufssoldaten<br />

<strong>der</strong> US Army (und an<strong>der</strong>er Waffengattungen) zu herrschen scheint.<br />

Der Film THE INVISIBLE WAR des renommierten Dokumentaristen Kirby Dick und seines Teams hat<br />

hervorragende Kritiken <strong>der</strong> amerikanischen Presse erhalten, aber keinerlei Prädikat in Hollywood, wo<br />

man sich um eine Bewertung drückt und jeden Kommentar wie <strong>der</strong> Teufel das Weihwasser scheut<br />

„aus kommerziellen Rücksichten“ (wie es hinter vorgehaltener Hand heisst). Lediglich Abstimmungen<br />

von Filmtheaterbesuchern lobten einhellig die Enthüllungen auf Zelluloid.<br />

1


In konservativ-reaktionären Kreisen <strong>der</strong> USA ist Produzent Kirby längst als „Nestbeschmutzer“<br />

verhasst, obwohl es an seinen Darstellungen nicht die geringsten Fehler gibt. Das Ministerium für<br />

Verteidigung in den USA schätzt, dass allein im Jahr 2011 knapp 23.000 Fälle sexueller Straftaten<br />

innerhalb <strong>der</strong> Streitkräfte vorgekommen sind. Etwa 20 Prozent aller weibliche Angehörigen <strong>der</strong><br />

Armee,Luftwaffe und Marine werden ständig sexuell belästigt (von Kameraden und Vorgesetzten). Am<br />

häufigsten betroffen ist die weibliche Altersgruppe zwischen 18 und 21 Jahren gemäss laufen<strong>der</strong><br />

Ermittlungen.<br />

Der Film stellt eine Reihe vergewaltigter und zusätzlich misshandelter Frauen in Uniform vor, die in<br />

Form von Interviews ihren Schicksalsweg mit sämtlichen furchtbaren Konsequenzen schil<strong>der</strong>n: Kori<br />

Cioca diente bei <strong>der</strong> Coast Guard und wurde von ihrem Vorgesetzten sowohl verprügelt als auch<br />

vergewaltigt.<br />

First Lieutenant Ariana Klay, Angehörige des US Marine Corps, einer sagenumwobenen Elite,<br />

Veteranin des Irak Feldzugs, geriet in die Gewalt eines ranghöheren Offiziers und dessen Freundes.<br />

Beide vergewaltigten die Offizierin und drohten ihr anschliessend mit Ermordung, falls sie nicht<br />

schweigen würde.<br />

Trina MacDonald erlebte den Zugriff einiger geiler Militärpolizisten im Marinestützpunkt Adak (Alaska)<br />

und musste mehrere Vergewaltigungen ertragen, nachdem ihr die Täter KO-Tropfen in ein Getränk<br />

gemischt hatten, um den Willen des Opfers zu brechen.<br />

(Filmplakat)<br />

Weitere Ermittlungen <strong>der</strong> Militärbehörden brachten zutage, dass ungefähr ein Prozent <strong>der</strong> männlichen<br />

Soldaten in <strong>der</strong> US Army (also 20.000 Köpfe) 2009 ebenfalls vergewaltigt wurden von ihren<br />

Kameraden.<br />

Während die Opfer sexueller Gewalt in <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft mühelos jede Polizeidienststelle<br />

aufsuchen können, um Anzeige zu erstatten und eine Strafverfolgung einzuleiten, sind die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> Streitkräfte in den USA gezwungen, den Dienstweg einzuhalten und sich an ihren<br />

nächsten Vorgesetzten zu wenden. Fast alle Kommandeure versuchen dann, beschwichtigend auf die<br />

Angelegenheit einzuwirken, den Fall zu verschleppen o<strong>der</strong> gar dringend anzuraten lieber den Mund<br />

zu halten „im Interesse <strong>der</strong> Einheit und <strong>der</strong>en Ruf“.<br />

2


Der Hinweis auf einen Makel bei späteren Beför<strong>der</strong>ungsaussichten usw. macht die Opfer ebenfalls<br />

mürbe. Zuletzt kommen versteckte Drohungen zur Sprache: das Opfer <strong>der</strong> Straftat „würde Schande<br />

über die ganze Truppe bringen durch die Anzeige“. Resigniert gibt <strong>der</strong> o<strong>der</strong> die Betroffene dann auf<br />

nach solcher Einschüchterung.<br />

Folgende Zahlen dürften von Interesse sein: Ab 2006 sind 95.000 Angehörige <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Streitkräfte (beide Geschlechter) „sexuell belästigt und/o<strong>der</strong> angegriffen“ worden. Über 86 Prozent<br />

aller betroffenen Soldaten (Männer wie Frauen) verschweigen, was ihnen wi<strong>der</strong>fahren ist und<br />

verzichten auf Meldungen an Vorgesetzte. Weniger als fünf Prozent sämtlicher sexueller Straftaten<br />

finden den Weg bis vor ein Militärgericht. Davon wie<strong>der</strong>um nur ein Drittel haben Haftstrafen in<br />

Militärgefängnissen zur Folge.<br />

Nach neueren Berichten hat (Nachfolger) Secretary of Defense Chuck Hagel veranlasst, dass Artikel<br />

60 des UNIFORM CODE OF JUSTICE eine Neufassung erhalten soll. Kommandeure dürfen<br />

demnach nicht mehr eigenmächtig Verfahren einstellen (bei Sexualstraftaten) und sind verpflichtet,<br />

die Akten <strong>der</strong> nächsten Instanz zu unterbreiten als Kontrollorgan. Die Alleinherrschaft des jeweiligen<br />

Kommandeurs soll konsequent ausgeschlossen werden.<br />

Chuck Hagel ergriff' diese Initiative, als man in Washington erfuhr, dass ein General <strong>der</strong> US Air Force<br />

auf dem Luftwaffen-Stützpunkt Aviano (Italien) Lieutenant Colonel James Wilkerson ungestraft<br />

davonkommen liess. Der hochrangige Offizier stand unter Anklage wegen einer Sexualstraftat, wurde<br />

verurteilt und durfte trotzdem wie<strong>der</strong> Dienst tun, weil <strong>der</strong> General ein Machtwort sprach. Diese<br />

Anmassung führte zu einer turbulenten Anhörung im Senat und <strong>der</strong> General musste seinen Abschied<br />

nehmen.<br />

Der Film geht in zahlreichen Interviews auf die Leidenswege <strong>der</strong> schwer geschädigten Frauen ein.<br />

Tragisch ist nicht zuletzt die Tatsache, dass viele vergewaltigte und/o<strong>der</strong> misshandelte Frauen im<br />

Militärdienst aus Familien stammen, in denen traditionell Väter, Brü<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e nahe Verwandte<br />

stolz auf ihre eigene Dienstzeit verweisen möchten, auf Orden und Ehrenzeichen. Nun ist eine Welt<br />

für solche Menschen zusammengebrochen.<br />

Kori Chioca war Angehörige<br />

<strong>der</strong> US Coast Guard und<br />

berichtete im Doku-Film über<br />

ihre Leidensgeschichte.<br />

© Docurama Films Ausschnitt<br />

3


Einige Zitate aus dem Film (und den darin enthaltenen Interviews) sind erschreckend. Kori: „Der Typ<br />

schlug mich mit <strong>der</strong> Faust immer wie<strong>der</strong> ins Gesicht. Das tat höllisch weh!“ - Miss Lee: „Der Kerl<br />

drückte seine durchgeladene und entsicherte Fünfundvierziger gegen meinen Kopf und liess die<br />

Waffe klicken. Jetzt steckte er eine Patrone in den Lauf und mein Tod war nahe!“ - Aussage Miss<br />

Teah: „Innerhalb von zwei Wochen hat man mich fünfmal vergewaltigt!“.<br />

Miss Valine zog sich durch die Vergewaltigung.Geschlechtskrankheiten zu wie Trichinosis und<br />

Gonorrhea. Ausserdem wurde sie schwanger. Sie sollte schweigen, sonst wäre ihr Leben keinen Cent<br />

mehr wert (sagte <strong>der</strong> Täter). Kori Cioca diente bei <strong>der</strong> Coast Guard, Lee Le Teff, Teah Bedney und<br />

Valine Demos zählten zur US Army. Tia Christopher, Hannah Sewell und Trina McDonald waren in <strong>der</strong><br />

Navy. Ariana Klay (Leutnant) arbeitete bei den US Marines.Alle genannten Frauen meldeten ihre<br />

Vergewaltigungen dem jeweiligen Kommandeur „ohne den geringsten Erfolg“.<br />

Die Strafanzeigen im militärischen Bereich hatten oft groteske Konsequenzen für die Opfer von<br />

Vergewaltigungen. Die Soldatin Andrea Werner berichtete ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, sexuell<br />

missbraucht worden zu sein. Daraufhin hat man ihr „Ehebrecherisches Verhalten“ zur Last gelegt,<br />

obwohl sie ledig war. Der Täter - als Ehemann - beklagte sich, er sei verführt worden und zwar zum<br />

Ehebruch „im gegenseitigen Einverständnis“ mit <strong>der</strong> Klägerin!<br />

Leutnant Elle Helmer zeigte ihren Vorgesetzten wegen Vergewaltigung an, Die Tat fand in <strong>der</strong><br />

Unterkunft des Marine Corps in Washington, D.C. statt. Das Verfahren endete mit „Einstellung wegen<br />

mangelhafter Beweise“. Danach klagte das Marine Corps gegen die Offizierin (aus Rache) und zwar<br />

„wegen unpassenden Benehmens eines Offiziers und Trunkenheit in <strong>der</strong> Öffentlichkeit“.<br />

Auch Leutnant Ariana Klay erlebte eiskalte Zurückweisung: „Machen Sie weiter so wie bisher als<br />

Marine-Offizier und vergessen Sie den Vorfall endlich!“ Sie wandte sich mit Unterlagen (Ärztliches<br />

Attest <strong>der</strong> Vergewaltigung, Sicherung von Spuren <strong>der</strong> Penetration und sonstige Verletzungen) an die<br />

Vorgesetzten und bekam bald Bescheid, dass „das Material verloren gegangen sei“. Etwas später<br />

tauchte das Belastungsmaterial wie<strong>der</strong> auf: diesmal beim Naval Criminal Investigative Service (NCIS),<br />

also bei <strong>der</strong> Marine-Kriminalpolizei. Der Fall galt aber jetzt offiziell als abgeschlossen.<br />

First Lieutenant Ariana Klay diente bei<br />

<strong>der</strong> Elite-Einheit Marines, wurde von<br />

zwei ranghöheren Offizieren vergewaltigt<br />

und mit Mord bedroht im Fall eines<br />

Verfahrens vor <strong>der</strong> Militärjustiz.<br />

© Courtesy of Cinedigm/Docurama Films<br />

4


Militärische Vergewaltigungen als Zeitvertreib?<br />

Die Militärbehörden räumten ein, dass 2010 insgesamt 3158 Fälle von sexuellen Übergriffen registriert<br />

werden konnten. Ein Sechstel führten zu Gerichtsverfahren. 175 Angeklagte erhielten Haftstrafen.<br />

Major General Mary Kay Kellogg, Director of the Sexual Assault Prevention and Response Office<br />

(Leiterin des Amtes zur Verhin<strong>der</strong>ung sexueller Übergriffe und zur entsprechenden Fürsorge) erklärte<br />

kürzlich, dass Opfer sexueller Straftaten im militärischen Bereich sich künftig mit Eingaben an das<br />

Büro des Defense Department's Attorney General wenden sollten.<br />

Fast 3.000 Eingaben zur Strafverfolgung sind dort registriert worden, ohne dass Verfahren eröffnet<br />

werden konnten: also ein totaler Misserfolg! Die kalifornische Kongressabgeordnete Jackie Speier<br />

schaltete sich ein und for<strong>der</strong>te Aufklärung von dieser militärischen Justizbehörde. Man antwortete ihr<br />

in lakonischer Kürze: „Wir haben Wichtigeres zu tun!“<br />

Myla Hai<strong>der</strong>, Vertreterin <strong>der</strong> Army Criminal Investigation Division, äusserte sich, dass die<br />

Untersuchung einer Vergewaltigung bisher „immer nur Männersache“ gewesen sei. „Man liess mich<br />

wissen, ich sei hier fehl am Platz und sollte lieber irgendwo als Sozialarbeiterin tätig werden“.<br />

Miss Hai<strong>der</strong> wurde vom eigenen Vorgesetzten vergewaltigt, einem Serientäter nach ihrem Wissen.<br />

„Nach fast 10 Jahren Dienstzeit hat man mich fristlos ohne Versorgungsansprüche entlassen, weil ich<br />

störte. In dieser Militärbürokratie gibt es nur zwei Auswege: Freitod o<strong>der</strong> Flucht irgendwohin in die<br />

Anonymität!“ Einige Frauen, die im Film zu Wort kommen, versuchten sich aus Verzweiflung<br />

umzubringen, von Scham überwältigt.<br />

Nachdem Hannah Sewell vergewaltigt worden war und schwere Schädigungen ihres Rückgrats dabei<br />

erlitten hatte, rief sie ihren Vater an, Sergeant Major (Stabsfeldwebel) Jerry Sewell, <strong>der</strong> wenige Tage<br />

zuvor von einem Irak-Einsatz zurückgekehrt war. Sie fragte ihn: „Bin ich jetzt immer noch<br />

jungfräulich?“ Der Vater brach in Tränen aus und erwi<strong>der</strong>te „Du hast Dich nicht verän<strong>der</strong>t, denn <strong>der</strong><br />

Kerl hat Dir etwas gegen Deinen Willen gestohlen!“ Arianas Ehemann Ben, Captain <strong>der</strong> Navy,<br />

vermochte nur mit grosser Anstrengung seine Frau vor dem Freitod zu bewahren.<br />

Kori Chioca<br />

© Courtesy of Cinedigm/Docurama Film<br />

5


Brigadier General Loree Sutton,pensionierter Militär-Psychiater, kommentierte zum Film: „Das Militär<br />

faselt immer davon, dass wir eine Gemeinschaft von Brü<strong>der</strong>n und Schwestern bilden, sozusagen eine<br />

solide Familie. Wird das angebliche Vertrauensverhältnis durch Vorfälle zerstört, reichen die<br />

Verwundungen bis tief ins Innere jedes Menschenlebens, schädigen Geist und Seele für den Rest<br />

unseres Daseins, im besten Fall mit Vernarbungen. Die Verbrecher sind fast immer<br />

Wie<strong>der</strong>holungstäter auf Lebenszeit. Sie wissen, dass die Männergesellschaft sie deckt aus teuflischer<br />

Kamera<strong>der</strong>ie.“<br />

Der Vergewaltiger von Jessica Hinves hatte nichts zu befürchten, dient nach wie vor in <strong>der</strong> US Air<br />

Force und wurde kurze Zeit nach seiner Vergewaltigungstat - kaum zu glauben - als vorbildlicher<br />

Angehöriger <strong>der</strong> Luftwaffe mit dem Prädikat „Airman of the Year" ausgezeichnet! Der Vergewaltiger<br />

von Myla Hai<strong>der</strong> machte eine glänzende Karriere in einem grossen Wirtschaftsunternehmen <strong>der</strong> USA<br />

und nutzte die Gelegenheit, dort eine angestellte Sekretärin „flach zu legen“. Es kam zu keiner<br />

Anzeige und zu keiner Bestrafung des Mannes. Mutmasslich erhielt das Opfer Schweigegeld von <strong>der</strong><br />

Firma.<br />

Die Lage ist nach wie vor hoffnungslos nach dem Stand von 2013. Marine Captain Anu Bhagwait,<br />

Direktorin des Service Woman's Action Network, einer Hilfsorganisation für sexuell missbrauchte<br />

Frauen <strong>der</strong> amerikanischen Streitkräfte, sowie die Rechtsanwältin Susan Burke reichten<br />

versuchsweise eine Sammelklage ein im Interesse mehrerer vergewaltigter männlicher und weiblicher<br />

Militärangehöriger <strong>der</strong> USA. Das zuständige Gericht nahm den Fall nicht an mit <strong>der</strong> Begründung, dass<br />

„Vergewaltigung ein übliches Berufsrisiko im Militärdienst sei“.<br />

Der Film THE INVISIBLE WAR basiert auf ausführlichen Gesprächen mit etwa 150 betroffenen<br />

Frauen (und wenigen Männern), die im Dienst <strong>der</strong> Streitkräfte vergewaltigt worden sind. Der Film<br />

enthält eine Auswahl solcher Schicksale nach unterschiedlichen Gesichtspunkten (etwa ein Dutzend).<br />

Kori Cioca wurde beson<strong>der</strong>s übel mitgespielt, weil sie bei <strong>der</strong> Coast Guard von ihrem Vorgesetzten<br />

missbraucht und misshandelt werden konnte. Der Täter gab zu, die Frau geschlagen zu haben,<br />

bestritt jedoch eine Vergewaltigung hartnäckig. Seine Strafe: 30 Tage Urlaubssperre und Soldentzug.<br />

Das Opfer erlitt unheilbare Kieferverletzungen, aber die Navy zahlte keinen Cent für ärztliche<br />

Behandlung und Heilfürsorge. Nach <strong>der</strong> Filmpremiere meldete sich ein Ehepaar tief gerührt und bot<br />

an, alle medizinischen Kosten zu begleichen.<br />

Immer häufiger: Gehorsame farbige <strong>Soldatinnen</strong> <strong>der</strong> US Army<br />

6


Regisseur und Produzent Kirby Dick dokumentierte bereits 2004 in den USA den römischkatholischen<br />

Klerus-Skandal, den systematischen sexuellen Missbrauch von Kin<strong>der</strong>n durch Priester in<br />

kirchlichen Einrichtungen. Der fragliche Doku-Film heisst TWIST OF FAITH (Verlogenheit <strong>der</strong><br />

Glaubenslehre). In einem Kommentar hierzu heisst es unter an<strong>der</strong>em: „Kirche und Militär sind<br />

miteinan<strong>der</strong> verwandt durch den familiär konstruierten Zusammenhalt, <strong>der</strong> sich zwischen den<br />

Gläubigen einer religiösen Gemeinde ebenso bildet wie unter Soldaten einer beliebigen Truppe<br />

weltweit.“<br />

Eine amerikanische Psychiaterin verglich in dem Dokumentarfilm über Vergewaltigungen beim Militär<br />

die Ereignisse mit „einer Form von gewaltsamem Inzest“.<br />

Die Streitkräfte <strong>der</strong> USA weisen gegenwärtig eine Stärke von 1,4 Millionen Männern und Frauen auf<br />

mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von (fast immer sozial benachteiligten) Schwarzen, die<br />

über keine gute Schulbildung o<strong>der</strong> Berufspraxis verfügen und ihre letzte Zuflucht bei <strong>der</strong> Truppe zu<br />

finden hoffen. Ungefähr 200.000 <strong>Soldatinnen</strong> dienen in allen Waffengattungen. Ab 2001 hielten sich<br />

280.000 uniformierte Amerikanerinnen in Afghanistan und im Irak bei <strong>der</strong> Truppe auf. Rund 1.000<br />

erlitten Verwundungen und mehr als 150 fanden bisher dort den Tod durch Feindeinwirkung, Unfälle<br />

und sonstige Umstände.<br />

Der Film THE INVISIBLE WAR ist als Video Kassette im Angebot bzw. im Versand erhältlich:<br />

Cinedigm Entertainment and Docurama Films. Laufzeit eine Stunde und 97 Minuten: Email<br />

info@.chaincamera.com. (Kirby Dick). New Group Docurama Films, 902 Broadway FL 9, New York,<br />

N.Y. 10010 - USA.<br />

Power Frauen <strong>der</strong> US Army demonstrieren ihre Muckis!<br />

7


Sexuelle Übergriffe bei <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

Aus dem Jahresbericht 2012 (54. Bericht) des Wehrbeauftragten <strong>der</strong> Bundeswehr, veröffentlicht am<br />

29. Januar 2013 in Form einer je<strong>der</strong>mann zugänglichen Broschüre, ist kaum etwas Nennenswertes im<br />

Detail zu entnehmen.<br />

„Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit erlangten Berichte über die Vergewaltigung einer Soldatin in <strong>der</strong><br />

Heeresflieger-Waffenschule Bückeburg. Es wurden im Berichtsjahr in 50 Fällen BESONDERE<br />

VORKOMMNISSE mit sexuellem Bezug gemeldet. Darunter waren in 16 Fällen <strong>Soldatinnen</strong> Opfer<br />

und Soldaten Täter. Vergewaltigungen stellten in diesem wie auch in den voran gegangenen<br />

Berichtsjahren eine Ausnahme war. Bei den meisten Taten handelte es sich um unangemessene<br />

Berührungen und mündliche sexuelle Belästigungen.“<br />

„Es ist nicht auszuschliessen, dass es über die bekannten Fälle hinaus eine Dunkelziffer gibt, weil<br />

betroffene <strong>Soldatinnen</strong> keine Meldung abgegeben haben. So kommt die Studie des<br />

Sozialwissenschaftlichen Instituts <strong>der</strong> Bundeswehr unter dem Titel TRUPPENBILD MIT DAME vom<br />

Jahr 2008 auf <strong>der</strong> Grundlage einer 2005 durchgeführten Befragung (anonym) zu dem Ergebnis, dass<br />

sexuelle Belästigungen von <strong>Soldatinnen</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr keineswegs eine zu vernachlässigende<br />

Erscheinung sind.“<br />

„Erkenntnisse zur aktuellen Situation sind von <strong>der</strong> angekündigten und bisher noch nicht erschienenen<br />

neuen Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts <strong>der</strong> Bundeswehr zur Situation von Frauen in <strong>der</strong><br />

Bundeswehr zu erwarten.“<br />

„Zum 31. Dezember 2012 dienten 18.494 Frauen in den Streitkräften <strong>der</strong> Bundeswehr, was einem<br />

Prozentsatz von 9,65 entspricht. Dazu gehören 1698 Berufssoldatinnen, 16.186 <strong>Soldatinnen</strong> auf Zeit<br />

und 610 freiwillig Wehrdienst Leistende.“<br />

Eine gut mit „Kopfputz“ getarnte Soldatin<br />

<strong>der</strong> Bundeswehr im Manöver,<br />

schussbereit dank Gesichtsbemalung:<br />

Derartige Public Relations Fotos sollen<br />

darüber hinweg täuschen, dass die<br />

Männergesellschaft keineswegs<br />

frauenfreundlich und einfühlsam zu<br />

reagieren pflegt.<br />

Erniedrigungen, Schikanen und sittliche<br />

Entgleisungen durch Vorgesetzte erregen<br />

Jahr für Jahr immer wie<strong>der</strong> Aufsehen.<br />

Die Verlockung, sexuelle Gewalt<br />

praktizieren zu können, ohne dabei etwas<br />

zu riskieren, erscheint vielen sogenannten<br />

Kameraden oft unwi<strong>der</strong>stehlich.<br />

Es ist höchste Zeit, das Frauenbild bei<br />

den Streitkräften (aller Nationen)<br />

konsequent zu korrigieren und Respekt<br />

statt Anmassung zu trainieren ...<br />

8


Nicht je<strong>der</strong> Pferdeschwanz gehört einem Vierbeiner<br />

Gepäckträgerinnen <strong>der</strong> Nation: trotzdem Keep Smiling!<br />

9


„Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat entschieden, dass die Bundeswehr die Kosten zur<br />

künstlichen Befruchtung einer Soldatin <strong>der</strong> Bundeswehr übernehmen muss. Allerdings hat die<br />

Bundeswehr beim Bundesverwaltungsgericht eine Gegenklage eingereicht, über die noch nicht<br />

entschieden worden ist.“<br />

Zum Führungsverhalten und Umgangston in <strong>der</strong> Bundeswehr zitiert <strong>der</strong> Wehrbeauftragte eine Reihe<br />

von Vorkommnissen in seinem jüngsten Bericht:<br />

Ein Kompaniefeldwebel erklärte nachweislich, wenn er zu einer Soldatin sage, sie sei ein Arschloch,<br />

dann meine er das auch genau so. Gegenüber einer Soldatin äusserte er wie<strong>der</strong>holt, um seine<br />

Unzufriedenheit mit ihren Leistungen zu betonen: „Oh Frau ... mir wächst 'ne Brust!“<br />

Eine Soldatin beschwerte sich über das Verhalten ihres Vorgesetzten, <strong>der</strong> zunächst Unterstützung bei<br />

<strong>der</strong> Ausbildung mit guten Ratschlägen auf freundschaftliche Weise angeboten hatte. Dann aber<br />

wie<strong>der</strong>holte er immer häufiger den Satz: „Zu viele Titten in einem Raum bringen nur Ärger in die<br />

Kaserne“.<br />

Zwei <strong>Soldatinnen</strong> beklagten, von ihrem Zugführer während <strong>der</strong> Grundausbildung mündlich sexuell<br />

belästigt worden zu sein. Bei <strong>der</strong> Grussabnahme fragte er eine dieser Untergebenen, ob sie schief<br />

gewachsen sei, denn sie stehe vor ihm nach links geneigt. Um das zu korrigieren, sollte sie ihre<br />

Brüste einzeln wiegen, denn eine sei offenbar zu schwer und müsse deshalb austariert werden.<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> Rekrutenausbildung in Schützenlöchern for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Zugführer von <strong>der</strong> Soldatin, sie<br />

solle wegen drohenden Regenwetters zwei Aushöhlungen für ihre Brüste buddeln, damit das<br />

Regenwasser besser abfliessen könne. Bei einer Übung mit Dauerlauf griff eine Soldatin wegen<br />

Seitenstechens an den Bauch und erklärte, dass ihr übel sei. Daraufhin erwi<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Vorgesetzte:<br />

„Soso, Sie sind wohl schwanger? Aber bestimmt nicht von mir!“<br />

Deutsche Pilotin <strong>der</strong> Luftwaffe:<br />

Freiheit über den Wolken<br />

10


Als eine Soldatin gesprächsweise erzählte, dass sie daheim zwei Katzen habe, konterte <strong>der</strong><br />

Zugführer: „Sieh mal einer an! Sie haben sogar drei Muschis zu füttern!“<br />

Dass sich Gewaltausbrüche aber nicht nur gegen <strong>Soldatinnen</strong> in <strong>der</strong> Bundeswehr richten, son<strong>der</strong>n<br />

auch Bestandteil <strong>der</strong> so oft gerühmten Kameradschaft sein können, beweist ein Vorfall, mit dem sich<br />

im Juni 2013 die Rostocker Staatsanwalt zu beschäftigen hatte.<br />

Die Anklage gegen sechs Angehörige <strong>der</strong> Bundesmarine lautete auf Meuterei. Die Männer, zwischen<br />

22 und 27 Jahren alt, fesselten während eines Auslandsaufenthalts im Hafen von Beirut (Libanon) an<br />

Bord ihres Kriegsschiffs einen vorgesetzten Bootsmann (Feldwebel), entkleideten ihn und pinselten<br />

auf dessen Unterschenkel den Schriftzug HIER WOHNEN DIE MONGOS.<br />

Die Anklage: zusätzlich Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung. Die Übergriffe fanden<br />

im Februar 2012 statt. Strafrahmen: sechs Monate bis zu fünf Jahren. Insi<strong>der</strong> berichten, dass mit <strong>der</strong><br />

Bezeichnung MONGOS eine Beschimpfung in Richtung MONGOLOID (schlitzäugig) gemeint sein<br />

dürfte, weil <strong>der</strong> Bootsmann vietnamesischer Herkunft sei.<br />

Im Gegensatz zu den Gepflogenheiten <strong>der</strong> amerikanischen Streitkräfte gibt es bei <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

keine Militär- und/o<strong>der</strong> Kriegsgerichte. Je<strong>der</strong> Soldat (bei<strong>der</strong>lei Geschlechts) kann hierzulande seinen<br />

Fall einem ordentlichen Zivilgericht bzw. einer zivilen Staatsanwaltschaft übergeben (unter Ausschluss<br />

des sogenannten Dienstwegs).<br />

Es sind allerdings für die Öffentlichkeit keinerlei Statistiken o<strong>der</strong> sonstige Unterlagen zugänglich, die<br />

Auskunft darüber geben, wieviele und welche Sexualstraftaten zum Nachteil weiblicher Angehöriger<br />

<strong>der</strong> Bundeswehr bisher aktenkundig bzw. abgeurteilt worden sind.<br />

Ein mysteriöser Fall sei an dieser Stelle herausgegriffen, <strong>der</strong> Grund zu (unbewiesenen) Spekulationen<br />

bietet und sich in jüngster Vergangenheit abgespielt hat, bekannt geworden durch die Tagespresse:<br />

Eine Offiziersanwärterin, die sich an Bord eines deutschen Kriegsschiffs vor <strong>der</strong> Küste<br />

Norddeutschlands zur Ausbildung befand, hatte nachts Wachdienst und war beim Eintreffen ihrer<br />

Ablösung in den frühen Morgenstunden spurlos verschwunden.<br />

Selbstbewusste Hubschrauber-Pilotin <strong>der</strong> US-Army ohne Furcht und Tadel:<br />

Viele junge Frauen in Uniform wissen sich erfolgreich zu wehren angesichts sexueller Übergriffe und<br />

beherrschen alle Praktiken <strong>der</strong> Selbstverteidigung in Notfällen.<br />

Das bedeutet keine Lebensversicherung, verleiht ihnen jedoch erhebliche Energie gegenüber<br />

Vergewaltigern jeden Ranges ...<br />

11


Der Leichnam jener jungen Frau geriet Wochen später in Fangnetze eines Fischtrawlers und wurde<br />

dadurch geborgen. Die Obduktion ergab als Befund „Tod durch Ertrinken“. Staatsanwaltschaftliche<br />

Ermittlungen schlossen Fremdverschulden aus und hielten Freitod o<strong>der</strong> Unfall für wahrscheinlich.<br />

Die Eltern <strong>der</strong> Offiziersanwärterin gaben sich jedoch mit diesem Ergebnis <strong>der</strong> Untersuchung nicht<br />

zufrieden und stellten eigene Nachforschungen an, gestützt auf bemerkenswerte Beobachtungen:<br />

Die junge Frau hatte sich kurze Zeit vor ihrem Verschwinden (telefonisch o<strong>der</strong> über Internet) mit ihrer<br />

Mutter in Verbindung gesetzt und darum gebeten, bei einer vertrauten Frauenfachärztin während des<br />

bevorstehenden Landurlaubs sogleich einen Beratungstermin zu vereinbaren (ohne nähere Angaben<br />

von Gründen).<br />

Dadurch resultierten folgende Spekulationen: Wurde die Soldatin an Bord von einem Mitglied <strong>der</strong><br />

Besatzung vergewaltigt und zum Schweigen erpreßt aus disziplinarischen Rücksichten? - Fühlte sich<br />

das mutmassliche Opfer einer solchen Tat schwanger und erstrebte so schnell wie möglich eine legale<br />

Abtreibung mit Unterstützung ihrer Ärztin am Heimatort? Geriet die junge Frau in Panik auf ihrem<br />

nächtlichen Wachtposten und suchte verzweifelt (wegen <strong>der</strong> Schande) den Freitod in den Wellen?<br />

O<strong>der</strong> wurde sie vielleicht vom Vergewaltiger unbemerkt über Bord gestossen?<br />

Alle diese Fragen sind nach wie vor unbeantwortet. Der Fall gilt als abgeschlossen.<br />

Offiziersanwärterinnen auf einem deutschen Segelschiff<br />

12


Mit viel Kraft Segel setzen: Seekadetten bei ihrer Ausbildung<br />

Von <strong>der</strong> Abiturienten zur Kapitänin: Träume können wahr werden<br />

13


Norwegen mobilisiert Amazonen-Streitmacht<br />

Einer fünfzehnjährigen Nachwuchspolitikerin <strong>der</strong> Linkspartei haben Norwegens Evastöchter seit Juni<br />

2013 zu verdanken, dass im hohen Norden ab 2015 die Allgemeine Wehrpflicht auch für die weibliche<br />

Jugend in Kraft treten soll, falls das Parlament im September 2013 zustimmen wird, woran niemand<br />

zweifelt. Allerdings siegten überraschend die Konservativen!<br />

Ingrid Marie Isachsen Sylte, Vorsitzende des Bezirks Trondheim <strong>der</strong> SOZIALISTIK UNGDOM (Jung-<br />

Sozialisten) hatte im März 2013 während des Parteitags dieser Sozialistischen Linkspartei einen<br />

entsprechenden Antrag eingebracht und so überzeugend begründet, dass die Partei ihr wohlwollend<br />

folgte.<br />

Es spielte sich innerhalb weniger Monate ein „Domino-Effekt“ ab, mit dem niemand gerechnet hatte,<br />

denn fast alle Parteien Norwegens (mit Ausnahme <strong>der</strong> Christdemokraten) jubelten. Mittlerweile<br />

erklärte sich das Parlament (bei fünf Gegenstimmen) mit <strong>der</strong> neuartigen „geschlechtsneutralen<br />

Wehrpflicht“ als Initiative einverstanden. Eine Verabschiedung des erfor<strong>der</strong>lichen Gesetzes ist im<br />

September 2013 vorgesehen, woran keiner mehr zweifelt.<br />

Norwegen hat eine Verteidigungsministerin, Anne-Grete Ström-Erichsen, und sie kommentierte<br />

vollmundig: „Wir feiern das hun<strong>der</strong>tjährige Jubiläum des Frauenwahlrechts in unserem Land. Es ist<br />

deshalb überfällig, dass Frauen auch beim Militär gleiche Rechte, Pflichten und Möglichkeiten zur<br />

Selbstverwirklichung geboten bekommen!“ Parteifreund und Aussenminister Espen Barth Eide tönte:<br />

„Ich bin stolz darauf, dass Norwegen als erstes Land die geschlechtsneutrale Wehrpflicht einführt“.<br />

Seit 1976 können Frauen in Norwegen freiwillig Militärdienst leisten. Im Jahr 2010 wurde eine<br />

Allgemeine Musterung <strong>der</strong> Achtzehnjährigen bei<strong>der</strong>lei Geschlechts eingeführt. Von 6.000 weiblichen<br />

Achtzehnjährigen, die 2011 als „wehrtauglich“ vor den Kommissionen standen, waren nur 700<br />

interessiert <strong>der</strong> einjährigen Grundausbildung ihr Vertrauen zu schenken.<br />

Mit neun Prozent wurde das vom Verteidigungsministerium formulierte Ziel, einen Frauenanteil von 15<br />

Prozent anzustreben (ab 2020 Vorgabe 20 Prozent) bisher verfehlt. Noch enttäuschen<strong>der</strong>: jeweils<br />

eine von fünf rekrutierten <strong>Soldatinnen</strong> bricht ihren Dienst vorzeitig ab „wegen sexueller<br />

Diskriminierung und Belästigung durch die Männer in Uniform“.<br />

Norwegerinnen im Wintermanöver: multikulturell gefärbt ...<br />

14


Die Jahrgänge <strong>der</strong> ab 1996 geborenen Jugendlichen umfassen in Norwegen etwa 60.000 männliche<br />

und weibliche Personen laut Statistik, von denen planmässig aber nur 9.000 (als Sollstärke) benötigt<br />

werden im Sinn <strong>der</strong> Wehrkraft-Vorstellungen. Am Eignungstest mit speziellen Anfor<strong>der</strong>ungen nehmen<br />

dann nur diejenigen teil, die sich bei <strong>der</strong> ersten schriftlichen „Musterungsetappe“ interessiert zeigten.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: In Wirklichkeit wird in naher Zukunft keine Norwegerin gegen ihren Willen zu den<br />

Waffen greifen müssen o<strong>der</strong> eine Uniform überziehen (solange Frieden herrscht?)<br />

Es sei die Frage gestattet, ob das NATO Mitglied Norwegen immer noch traumatisch belastet ist in<br />

<strong>der</strong> Erinnerung an die deutsche Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs o<strong>der</strong> ob man im<br />

Reich <strong>der</strong> Fjorde sich von unheimlichen Mächten (Russland,Iran) langfristig bedroht fühlt? Norwegen<br />

sträubt sich konsequent gegen den Beitritt in die Europäische Union (aus Motiven diffuser Neutralität)<br />

und bringt auch keine Begeisterung für die EURO-Währung auf.<br />

Woher rührt also diese seltsame „UNISEX-Kampfbereitschaft“ des linken Lagers, die nahezu<br />

surrealistische Akzente setzt angesichts <strong>der</strong> Realität? Nähern sich rostige russische Unterseeboote<br />

vom Ausverkauf, besetzt mit Taliban Desperados, den zerklüfteten Fjorden zwecks Islamisierung <strong>der</strong><br />

Wikingertöchter früher o<strong>der</strong> später?<br />

Panzerfahrerin ohne Feindberührung?<br />

15


Armutszwänge und militante Gewissensbisse<br />

Anfang Mai 2013 machte eine amerikanische Soldatin Schlagzeilen in <strong>der</strong> Heimatpresse, weil sie zu<br />

10 Monaten Haft in einem Militärgefängnis <strong>der</strong> US Army verurteilt wurde wegen Fahnenflucht nach<br />

Kanada, um dem weiteren Kriegsdienst (laut Vertrag) im Irak zu entgehen. Private Kimberley Rivera,<br />

30 Jahre alt, Mutter von vier bereits geborenen Kin<strong>der</strong>n und eines noch ungeborenen Kindes beim<br />

Prozess, desertierte unter eigenartigen Umständen.<br />

Die junge Frau, offensichtlich psychisch belastet mit einem bescheidenen Intelligenzquotienten, hat<br />

einen schwerbehin<strong>der</strong>ten Ehemann (neben den Sprösslingen) zu ernähren und verpflichtete sich bei<br />

<strong>der</strong> US Army im Jahr 2007, um schnelles Geld mit Frontzulage zu machen, weil sie we<strong>der</strong> eine gute<br />

Schulbildung mit Abschluss noch eine ordentliche Berufsausbildung besass. In solchen Fällen hat sich<br />

die US Army seit vielen Jahren als Auffangbecken für gescheiterte (vornehmlich schwarze) Männer<br />

und Frauen empfohlen.<br />

Als die mehrfache Mutter nach ihrem ersten Dienstjahr im Irak auf Heimaturlaub fahren durfte, kam<br />

<strong>der</strong> Bescheid, dass anschliessend eine Weiterverwendung im risikoreichen Kriegsgebiet vorgesehen<br />

sei. Kurz entschlossen flüchtete Kimberley Rivera mit ihrer Familie nach Kanada, um dort politisches<br />

Asyl bzw. die Erlaubnis zum ständigen Aufenthalt zu beantragen (nach dem Vorbild zahlreicher<br />

Vietnam-Kriegsdienstverweigerer aus den USA).<br />

Das Verfahren zog sich über mehrere Instanzen jahrelang hin. Inzwischen hatten sich die innen- und<br />

aussenpolitischen Verhältnisse in Kanada einschneidend verän<strong>der</strong>t: Ein Regierungswechsel brachte<br />

erzkonservative Kräfte an die Macht, die „amerikafreundlich“ eingestellt waren und alle „Drückeberger<br />

von jenseits <strong>der</strong> Grenze“ endlich loswerden wollten. Eine Petition, unterzeichnet von 19.000<br />

mitleidigen Seelen, hinterliess keinen Eindruck in Richtung Gnadenerlass.<br />

Ende 2012 wurde die fahnenflüchtige Soldatin mit allen Angehörigen in die USA abgeschoben und an<br />

<strong>der</strong> Grenze <strong>der</strong> Militärpolizei übergeben. An<strong>der</strong>erseits leben nach wie vor zahllose Fahnenflüchtige im<br />

Untergrund Kanadas, ohne intensiv verfolgt bzw. aufgespürt zu werden in <strong>der</strong> Weite des Landes, wo<br />

man sich mühelos „verkrümeln“ kann mit etwas Geschick.<br />

<strong>Amerikanische</strong> Soldatin unter Schulkin<strong>der</strong>n im Irak<br />

16


Es ist anzunehmen, dass <strong>der</strong> Fall Rivera so viel Staub aufgewirbelt hat wie nie zuvor. Deshalb<br />

reagierte Premier Stephen Harper erbarmungslos mit <strong>der</strong> Ausweisung. Rückblickend ist allerdings.<br />

bemerkenswert, dass während des Vietnam Krieges amerikanische Verweigerer des Kriegsdienstes<br />

freudig von den liberalen Kanadiern aufgenommen wurden und sich dort sicher fühlen durften. Nach<br />

Friedensschluss wurden sie von Präsident Jimmy Carter grossmütig begnadigt.<br />

Vor dem Militärgericht versuchte sich die Angeklagte auf ungeschickte Weise zu verteidigen ohne<br />

qualifizierten juristischen Beistand. Ihre Argumente: Ein Militärgeistlicher <strong>der</strong> US Army im Irak hätte ihr<br />

geraten, auf keinen Fall zu desertieren o<strong>der</strong> eine Erklärung zur Kriegsdienstverweigerung als<br />

Gewissensgründen gegenüber Vorgesetzten abzugeben.<br />

Die Soldatin hatte dem Geistlichen versichert, sie sei nicht imstande „auf irakische Kin<strong>der</strong> zu<br />

schiessen, wenn ihr so etwas befohlen werde usw.“ Der Einwand fand kein Gehör „wegen seiner<br />

Absurdität“.<br />

Man schätzt, dass sich zur Zeit in Kanada ungefähr 200 amerikanische Deserteure befinden, die ihre<br />

Spuren sorgsam zu verwischen verstehen und nie wie<strong>der</strong> in die USA heimkehren möchten. Das fünfte<br />

Kind <strong>der</strong> Fahnenflüchtigen wird demnächst hinter Gittern in Fort Leavenworth geboren werden.<br />

Nach <strong>der</strong> „unehrenhaften Entlassung“ aus <strong>der</strong> US Army dürfte Kimberley Rivera ein Sozialfall werden:<br />

sie hat nichts weiter gelernt als schiessen und gehorchen ...<br />

Das psychologische Phänomen einer „Frontsoldatin mit fünf Kleinkin<strong>der</strong>n“ (als geplanter<br />

Karrieresprung) erscheint einzigartig im Zusammenhang mit <strong>der</strong> panikartigen Fahnenflucht und allen<br />

Konsequenzen ...<br />

Das Ehepaar Rivera vor <strong>der</strong> Gerichtsverhandlung<br />

17


Spiessrutenlauf einer Unterschicht Söldnerin<br />

Wer mit wachen Augen den Lebenslauf <strong>der</strong> fahnenflüchtigen Private First Class Kimberly Rivera<br />

verfolgt, die am 29. April 2013 von einem Militärgericht in Fort Carson, Colorado zu 14 Monaten Haft<br />

verurteilt wurde „wegen Kriegsdienstverweigerung im Irakeinsatz“, sollte sich zunächst einmal mit <strong>der</strong><br />

Herkunft jener unglückseligen Dreissigjährigen vertraut machen, die fünf Kin<strong>der</strong> und einen<br />

erwerbsunfähigen Ehemann zu unterhalten hat(te).<br />

Es drängen sich hierbei unwillkürlich historische Vergleiche in <strong>der</strong> Militärgeschichte auf, sei es<br />

hierzulande in Europa o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>swo. Im frie<strong>der</strong>izianischen Zeitalter - zum Beispiel - zogen die<br />

Werber systematisch übers Land und nisteten sich in den rustikalen Gastwirtschaften ein, um dort<br />

kräftige junge Burschen solange mit Schnaps und Freibier zu traktieren, bis sie (fast besinnungslos)<br />

ihr Handgeld kassierten und auf einem Pferdefuhrwerk in die nächste Garnison als „Freiwillige“ eines<br />

Söldner-Regiments weggekarrt wurden auf Nimmerwie<strong>der</strong>sehen.<br />

Was hat das mit Kimberly Rivera zu tun? Sehr viel im übertragenen Sinn: Das junge Mädchen wuchs<br />

in Mesquite, Texas auf, einem Vorort von Dallas, umgeben von Armut, ohne hinreichenden<br />

Schulabschluss o<strong>der</strong> eine qualifizierte Berufsausbildung. Der Vater erlitt einen Arbeitsunfall und<br />

konnte nur noch ab und zu als Tagelöhner ein paar Dollar mit Aushilfsjobs nach Hause bringen. Die<br />

Mutter musste drei Töchter und einen nutzlosen Ehemann durchfüttern, ausserdem zwei Söhne.<br />

Das war praktisch unmöglich, weil sie sich nur noch im Rollstuhl bewegen kann: Diabetes,<br />

Bluthochdruck, schwere Schäden am Rückgrat. Kimberly arbeitete als Siebzehnjährige in <strong>der</strong><br />

niedrigsten Lohngruppe beim Unternehmen WAL-MART in Mesquite.<br />

Eines Tages suchten mehrere Rekrutenwerber <strong>der</strong> US Army die darbende Familie ungebeten auf,und<br />

versprachen ihr das Blaue vom Himmel, falls sich die gesunde und kräftige Tochter Kimberly mit<br />

zahlreichen Vergünstigungen zum Militärdienst entschliessen möchte. Dann wären sämtliche<br />

finanziellen Probleme im Handumdrehen gelöst!<br />

Die Hilfsarbeiterin unterschrieb den vorgelegten Vertrag und wurde zum Eintritt bei den „Army<br />

Reserves“ (Reseristen) vorgemerkt. Am 14. Juli 2001 folgte die Einberufung zur Grundausbildung.<br />

(Basic Training) in Fort Jackson, South Carolina. Weihnachten 2001 (nach nur drei Monaten<br />

Dienstzeit) meldete sich die Reservistin schwanger und wurde freigestellt.<br />

Kanadier protestieren gegen die Auslieferung von Kimberly<br />

18


Jetzt zerplatzten die Versprechungen <strong>der</strong> Rekrutenwerber wie eine Seifenblase: Weil Kimberly nur<br />

Reservistin war, also nicht zum aktiven Dienst <strong>der</strong> US zählte, gab es lediglich verkürzte Leistungen.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: keine kostenlose Krankenfürsorge, keine zahnärztlichen Leistungen usw.<br />

Erneut bemühte sich die werdende Mutter um einen Job bei WAL-MART im Rahmen ihrer<br />

Leistungsfähigkeit. Im Verlauf <strong>der</strong> nächsten zwei Jahre brachte sie zwei Kin<strong>der</strong> zur Welt, einen<br />

Jungen und ein Mädchen. Nun lebten alle zusammen gedrängt im Haus <strong>der</strong> Eltern. Die<br />

Rekrutenwerber hatten (unter an<strong>der</strong>em) die „Finanzierung eines College Studiums“ zugesagt, doch<br />

davon konnte jetzt keine Rede mehr sein!<br />

Ehemann und Kindesvater Mario Rivera ist arbeitsunfähig wegen eines Rückenleiden,<br />

Nervenschädigungen, Depressionen (seit fünf Jahren). Hinzu kommt als weitere Diagnose eine<br />

Fettleber mit zunehmendem Versagen. Ursache: Übergewicht, fehlende Diät-Disziplin!<br />

Kimberly Rivera sitzt zur Zeit mittellos in einer Strafanstalt <strong>der</strong> US Army und hat keinen Anspruch auf<br />

Wehrsold o<strong>der</strong> sonstige Leistungen gemäss ihrer Verurteilung, die „Unehrenhafte Entlassung“ nach<br />

Strafverbüssung einschliesst (ungefähr zum Jahreswechsel 2013/2014).<br />

(Es sei an dieser Stelle die Frage gestattet, warum ein Ehepaar in hoffnungslosen und verzweifelten<br />

finanziellen Verhältnissen - offensichtlich gedankenlos - fünf Kin<strong>der</strong> in die Welt setzt, ohne für den<br />

Nachwuchs sorgen zu können, angewiesen auf Wohltätigkeitsorganisationen in einem Staat, <strong>der</strong><br />

keine Sozialfürsorge kennt?)<br />

In ihrer Zwickmühle endloser Existenznöte erinnerte sich Mrs. Rivera an den „Notgroschen US Army“:<br />

Im aktiven Dienst winkten Arbeitsplatz-Garantie, Prämien bei längerer Verpflichtungszeit, Zulagen für<br />

Wohngeld und Ernährung <strong>der</strong> Familie, Klei<strong>der</strong>geld, medizinische Rundum-Versorgung usw.<br />

Im Januar 2006 suchte die junge Frau in ihrer Ratlosigkeit ein Rekrutierungsbüro <strong>der</strong> US Army auf<br />

und unterschrieb Verpflichtungen zum aktiven Dienst. Das bedeutete: Unterhaltszahlungen <strong>der</strong> Armee<br />

zugunsten <strong>der</strong> ganzen Familie und zwar unbeschränkt!<br />

Die Plakatierung als Ikone<br />

<strong>der</strong> amerikanischen<br />

Kriegsdienstverweigerer in<br />

Kanada wirkte sich<br />

strafverschärfend auf das<br />

Urteil beim Prozess wegen<br />

Fahnenflucht aus.<br />

Die Militärjustiz fühlte sich<br />

gezwungen, ein Exempel zu<br />

statuieren und abschreckend<br />

auf Riveras Provokationen zu<br />

reagieren ...<br />

19


Man schickte die „berechnende Glücksritterin“ zum Abschluss <strong>der</strong> Grundausbildung diesmal nach Fort<br />

Leonard Wood März 2006, wo die Vorbereitung auf den LKW-Führerschein folgte. Neue<br />

Dienstanschrift: G Company, 2-17 Field Artillery, Second Brigade Combat Team, Second Infantry<br />

Division, Fort Carson, Colorado. Hartes Training danach im Death Valley, California und in <strong>der</strong><br />

Wüstenlandschaft Colorado Rockies.<br />

Im Oktober 2008 zeigte das Militär sein „wahres Gesicht“ und verfrachtete die Rivera Truppe Richtung<br />

Irak. Die junge Mutter sollte als Kontrollposten die dort verkehrenden Zivilisten auf Waffen und<br />

Sprengstoffgürtel untersuchen in <strong>der</strong> Forward Operation Base, ebenso Fahrzeuge gleich welcher Art.<br />

In einem Interview erzählte die Soldatin unter an<strong>der</strong>em: „Am 21. Dezember 2006 wollte ich meine<br />

Kammer aufsuchen und zuhause anrufen, um mit meinem Mann zu sprechen. Kaum hatte ich die<br />

Telefonzentrale erreicht, als auch schon mehrere Salven Mörsergranaten unseren Stützpunkt trafen,<br />

nur etwa drei Meter von meinem Standort entfernt. Ein Schrapnell hatte das Fenster meiner<br />

Unterkunft durchschlagen und mein Kopfkissen auf dem Bett zerfetzt. Um ein Haar wäre es um mich<br />

geschehen gewesen ...“<br />

Die aufgeschreckte Soldatin begann über den Sinn o<strong>der</strong> Unsinn des Kriegs im Irak nachzudenken<br />

und suchte einen Fluchtweg für sich und ihre Angehörigen zu ersinnen. Im Januar 2007 bekam<br />

Private Rivera zwei Wochen Heimaturlaub, besprach die Gewissensnot und beschloss (mit <strong>der</strong><br />

ganzen Familie) „wegen Kriegsdienstverweigerung“ in Kanada Asyl zu beantragen.<br />

Erste Kontakte durch die Organisation WAR RESISTERS CAMPAIGN im Nachbarstaat kamen<br />

zustande. Dann packten alle ihr Hab und Gut ins Auto mit den Kin<strong>der</strong>n und überquerten die Rainbow<br />

Bridge am 18. Februar 2007, um in Toronto neue Wurzeln zu schlagen.<br />

Es blieb nichts an<strong>der</strong>es übrig, als einen komplizierten Instanzenweg zu beschreiten und mehrere<br />

Hilfsorganisationen um Unterstützung zu bitten. Im November 2008 gebar die Deserteurin ihr drittes<br />

Kind, Tochter Katie. Zu jener Zeit lebten in Kanada etwa 50 amerikanische Kriegsdienst-Verweigerer<br />

im Untergrund. Formal betrachtet waren es keine Deserteure, son<strong>der</strong>n AWOL US WAR RESISTERS,<br />

sinngemäss „Kriegsdienstverweigerer <strong>der</strong> US Army in Abwesenheit ohne Urlaubsschein“.<br />

Weihnachtskarte <strong>der</strong> Riveras aus Kanada an<br />

alle Freunde und Unterstützerkreise nah und<br />

fern:<br />

FOR HAPPIER RIVERA FAMILY HOLIDAYS<br />

Der Fall Rivera wirbelte immer mehr Staub auf<br />

in den Medien und brachte die kanadischen<br />

Behörden dadurch in Zugzwang, um dem<br />

mächtigen Nachbarn USA gefällig zu sein ...<br />

20


Folglich verweigerte Mrs. Rivera ebenfalls den Kriegsdienst aus Gewissensgründen (Conscientious<br />

Objector). Mehrere Versuche, legal einwan<strong>der</strong>n zu dürfen, wurden nacheinan<strong>der</strong> abgewiesen. Es<br />

drängten Auffor<strong>der</strong>ungen, umgehend Kanada zu verlassen o<strong>der</strong> zwangsweise deportiert zu werden<br />

in die USA.<br />

Der Gesundheitszustand <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> verschlechterte sich erheblich unter dem Stress <strong>der</strong> Eltern:<br />

Christian wurde depressiv, ebenso Rebekka, Katie spricht nicht mehr, Gabriel verweigert die<br />

Nahrungsaufnahme.<br />

Ein RIVERA FAMILY SUPPORT FUND in Verbindung mit <strong>der</strong> Organisation COURAGE TO RESIST<br />

sammelt Geld- und Sachspenden zugunsten <strong>der</strong> verarmten Angehörigen und verweist darauf, dass<br />

„alle finanziellen Zuwendungen steuerlich absetzbar sind“. Das Haus <strong>der</strong> Grosseltern ist mit<br />

Hypotheken belastet, die abgestottert werden müssen, um einen Hinauswurf zu vermeiden. Der Fund<br />

konnte inzwischen Spenden in Höhe von 6.000 US Dollar verzeichnen.<br />

Die Deportation aus Kanada nach USA (in Handschellen) fand am 30. September 2012 statt. Nach<br />

Überschreitung <strong>der</strong> Grenze zum Staat New York übernahm die Militärpolizei sogleich den weiblichen<br />

Häftling zur Verwahrung in Fort Drum bzw. im Ortsgefängnis für vier Tage. Anschliessend kamen<br />

Abholer von Fort Carson, Colorado zur Übergabe.<br />

Nach <strong>der</strong> erzwungenen Trennung reiste <strong>der</strong> Ehemann mit den Kin<strong>der</strong>n im Auto nach Mesquite, Texas<br />

zu den Verwandten. Das Kind Christian leidet inzwischen an ADHD (Konzentrationsschwäche,<br />

Aufmerksamkeitsdefizit, volkstümlich Zappelphilipp Diagnose). Wegen Geldmangel hat die Familie<br />

keinerlei Krankenversicherung und kann keine Mediziner bezahlen.<br />

Mrs. Rivera im Zentrum einer Friedensdemonstration<br />

21


„Es müssen neun Personen insgesamt „durchgefüttert“ werden in <strong>der</strong> Grossfamilie ohne Einkommen!<br />

Man ernährt sich hauptsächlich von billigem Reis und Mais. Die Kin<strong>der</strong> brauchten Schuluniformen,<br />

sodass unsere letzten Ersparnisse dafür verwendet werden mussten. Wir haben keine Rücklagen für<br />

Treibstoff, um das Familienauto benutzen zu können.“ (Aussagen des Ehemanns in einem TV-<br />

Interview).<br />

James Branum, Anwalt <strong>der</strong> Soldatin, äusserte sich: „Ja, meine Klientin suchte einen Feldgeistlichen<br />

auf und gestand ihm ihre Gewissensnot. Sie sei nicht imstande, auf Befehl Iraker abzuknallen o<strong>der</strong> als<br />

Kontrollorgan selbständig zu schiessen zur Gefahrenabwehr. Mit dieser Erklärung wurde die Soldatin<br />

zum Sicherheitsrisiko für die US Army wegen Unzuverlässigkeit.“<br />

„Der Feldgeistliche lehnte jede weitere Diskussion schroff ab und belehrte die Frau nicht über ihre<br />

Rechte und Pflichten gleichermassen. Er hätte ihr mitteilen müssen, dass sie gemäss AR 600-43<br />

(Army Regulation) das Recht hatte, aus Gewissensgründen den Wehrdienst nachträglich zu<br />

verweigern und dies protokollieren zu lassen. Ein schwer wiegendes Versäumnis!“<br />

Das Urteil lautete auf 14 Monate Haft nach dem Schuldspruch, zu verbüssen in einem Gefängnis <strong>der</strong><br />

US Army,obendrein Unehrenhafte Entlassung. Es kam jedoch eine Absprache zwischen den<br />

Prozessbeteiligten zustande mit dem Ergebnis, dass nur 10 Monate hinter Gittern verbracht werden<br />

müssen (pre-trial agreement genannt).<br />

Die Rechtslage <strong>der</strong> in Kanada lebenden Kriegsdienstverweigerer ist nach wie vor ungeklärt. Seit 2008<br />

sind 11 Entscheidungen von amerikanischen Bundesgerichten gefällt worden (Court of Appeal<br />

Decisions) zugunsten amerikanischer Kriegsdienstverweigerer in Kanada. Mit an<strong>der</strong>en Worten: die<br />

Männer dürfen in Kanada bleiben!<br />

Innenpolitisch herrschen in Kanada nach wie vor komplizierte Verhältnisse wegen <strong>der</strong> Parteienstruktur<br />

mit ständig wechselnden Mehrheiten und/o<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heiten. Entwe<strong>der</strong> man trotzt dem Pentagon o<strong>der</strong><br />

unterwirft sich dem übermächtigen Nachbarn ...<br />

(Es bleibt festzustellen, dass eine lebensuntüchtige Familienstruktur katastrophale Konsequenzen<br />

provozierte mangels Verantwortungsbewusstsein seelischer und materieller Natur. Ebenso prekär<br />

erscheint aber auch noch <strong>der</strong> „Lockruf gewissenloser Rekrutenwerber unter den Armen und<br />

Hoffnungslosen“. Das Elend <strong>der</strong> vorgestellten Familie dürfte nach <strong>der</strong> Haftentlassung weitere Kreise<br />

ziehen ...)<br />

Inzwischen ist durch Organisationen zur Wahrung von Menschenrechten bekannt geworden, dass die<br />

Delinquentin angeblich „Psycho-Terror“ ausgesetzt sei und nachts in einer ständig beleuchteten Zelle<br />

zu schlafen gezwungen ist, weil - nach Mitteilung <strong>der</strong> US Army Mediziner - eine „erhöhte Gefahr des<br />

Freitodversuchs“ bestehe. Die ärztliche Betreuung <strong>der</strong> Hochschwangeren wird als mangelhaft<br />

beschrieben. ÄÄÄ<br />

22


Erstveröffentlichung: Oktober 2013<br />

Dieser Artikel wird bereitgestellt auf: http://www.golf-dornseif.de<br />

Dieser Artikel kann gerne – unter Nennung <strong>der</strong> Quelle – zu wissenschaftlichen und privaten Zwecken<br />

verwendet werden. Die kommerzielle Veröffentlichung des Artikels – auch auszugsweise – ist nur mit<br />

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Der Artikel ist nach besten Wissen und Gewissen ohne die Verletzung von Rechten Dritter erstellt<br />

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