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Lesen - Golf Dornseif

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Vergessene Kriegspilotinnen der US Air Force 1942/1944<br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

In den Kriegsjahren 1942 bis 1944 meldeten sich fast 2.000 amerikanische Zivilpilotinnen<br />

freiwillig zur US Air Force auf dem Flugplatz Avenger Field nahe Sweetwater (Texas), um<br />

ihrem Vaterland als Testfliegerinnen für Maschinen aller Klassen zu dienen.<br />

Sechs Monate nach der Rekrutierung formierte man umfassend ausgebildet die<br />

Organisation WOMEN'S AIRFORCE SERVICE PILOTS (auch WASP genannt).<br />

Technisch hochbegabte Zivilpilotinnen beherrschten nun innerhalb kurzer Zeit die<br />

Steuerknüppel Fliegender Festungen (B-29 Superfortress) ebenso zuverlässig wie das<br />

Cockpit eines blitzschnellen P-51 Mustang Jägers.<br />

Mehr als 70 dieser mutigen Frauen wurden im Einsatz getötet oder verwundet, obwohl<br />

sie nicht bewaffnet operierten. Niemand erinnert sich heutzutage mehr an „Those<br />

Wonderful Women in Their Flying Machines“ und der Dank des Vaterlands erwies sich<br />

als Fehlanzeige...<br />

Der Kurs aller WASPS wurde von zahllosen Vorurteilen sowie Diskriminierungen<br />

gekreuzt und behindert nach dem Macho-Motto „Frauen am Steuer, sei es am Boden<br />

oder in der Luft, machen bloss Unsinn!“ Die Historie lehrte jedoch bessere Einsichten.<br />

THE UNKNOWN HEROINES<br />

OF WORLD WAR II<br />

Tatsächlich sassen im Verlauf des Zweiten Weltkriegs 1.074 Amerikanerinnen in den Cockpits von<br />

Militärmaschinen. Es handelte sich dabei um Amateur-Pilotinnen aus der Bevölkerung, die einem<br />

Aufruf von Jacqueline Cochran folgten, sich der US Air Force für Unterstützungsaufgaben zur<br />

Verfügung zu stellen innerhalb der USA. Auf diese Weise konnten zahlreiche männliche Piloten der Air<br />

Force für den Kriegseinsatz an der Front freigestellt werden.<br />

Im Dezember 1941 zur Zeit des japanischen Überfalls auf Pearl Harbor besassen etwa 2.000<br />

Amerikanerinnen eine zivile Fluglizenz. Bis Mitte 1944 meldeten sich nach und nach 25.000<br />

Bewerberinnen bei der US Airforce als künftige Testpilotinnen. 1.830 wurden nach strengen<br />

Maßstäben ausgewählt entsprechend ihren Qualifikationen.<br />

Woher kamen jene couragierten jungen Frauen? Es waren Töchter reicher Park Avenue Familien mit<br />

Hochschulexamina, gut situierte Schauspielerinnen, Medizinerinnen, Fotomodelle, Studentinnen,<br />

Berufssportlerinnen, Warenhaus-Besitzerinnen und Schuhfabrikantinnen. 30 Jahre später erklärte<br />

eine von ihnen vor Journalisten: „Ich war keine Feministin, ich wollte einfach nur den Himmel<br />

stürmen!“ Experten haben errechnet, dass die Testpilotinnen damals insgesamt 60 Millionen<br />

Flugmeilen auf dem Buckel hatten.<br />

1


Was zählte zu den Stundenplänen der WASPS im einzelnen? Zahllose Überführungsflüge (ferry<br />

flights) zwischen den Flugzeugwerken und Flugstützpunkten der Airforce nah und fern mussten<br />

regelmässig erledigt werden, stets verbunden mit Erprobungsprotokollen. Pilotinnen mit Zielscheiben<br />

im Schlepp dienten der Ausbildung von Flak-Kanonieren, wobei ihnen oft genug die Splitter<br />

explodierender Geschosse um die Ohren zwitscherten.<br />

Andere Einsätze komplizierter technischer Art boten Gelegenheit, die Abwehr von Radar-Erfassungen<br />

durch den Gegner auszuspielen oder Bomber-Zielvorrichtungen mit dem sogenannten NORDEN-<br />

Gerät zu justieren. Versuche sollten das Einnebeln von eigenen Bodentruppen unter besonderen<br />

Umständen ausprobieren.<br />

Manchmal mussten schlafende Alligatoren mit Propellerwind von der Rollbahn verjagt werden, damit<br />

sichere Starts klappten. Um hoch über den Wolken jederzeit urinieren zu können, konzipierte man<br />

passende Trichter an Plastikbehältern, während die Herren der Schöpfung naturgemäss einfach in<br />

leere Konservendosen pinkelten. Wasser lassen in eisiger Höhenlage war kein Vergnügen...<br />

Es gab einen „Mile High Club“ diskreter Natur, wie Insiderinnen augenzwinkernd erzählten: In den<br />

MG-Kuppeln der B-25 Mitchell Bomber über Kansas mit Panorama-Ausblick nutzten lustbetonte<br />

Fliegerinnen ab und zu die günstige Gelegenheit, ihre männlichen Navigatoren spornstreichs zu<br />

verführen! Wer erfolgreichen Sex in Höhen über 5.000 feet nachweisen konnte mit Zeugen, durfte<br />

Klubmitglied werden!<br />

Hollywood nahm sich der tollkühnen Pilotinnen ebenfalls an und produzierte den Streifen LADIES<br />

COURAGEOUS im Jahr 1944 mit Loretta Young in der Rolle der Chefpilotin Jacqueline Cochran. Der<br />

Film ist längst verstaubt und vergessen.<br />

Die US Airforce bemühte sich um Idealmasse der Pilotinnen im Rahmen des Möglichen: Erwünscht<br />

war eine Körpergrösse von fünf Fuss und sechs Zoll, Gewicht 128 Pounds, Brustweite 35 Zoll. Hap<br />

Arnold, Commanding General of the Army Air Forces, unterstützte die Frauen stets nach besten<br />

Kräften.<br />

Unverhoffte Tragödien blieben nicht aus. An einem Herbstmorgen 1943 erfuhr Direktorin Jacqueline<br />

Cochran, Chefin des zunächst verspotteten „Luftzirkus flotter Bienen“, wie eine ihrer jungen Pilotinnen<br />

über North Carolina tödlich abgestürzt war: Die Untersuchung der Flugzeugtrümmer ergab, dass sich<br />

im Treibstofftank Reste von Zucker analysieren liessen. Handelte es sich um heimtückische Sabotage<br />

oder um einen Mordanschlag durch Frauenhasser? Die Ursache konnte nie aufgeklärt werden.<br />

Insgesamt fanden 38 Pilotinnen im Verlauf der Kriegsjahre den Tod.<br />

Graduation Ceremonies Avengerfield, Sweetwater (Texas)<br />

2


Wie Jacqueline Cochran ein Star wurde<br />

Im Oktober 1934 fand ein Flugwettbewerb statt, einzigartig in seiner Planung, der um die halbe<br />

Erdkugel führte: Start in Suffolk (Grossbritannien) mit Zielpunkt Melbourne (Australien). 10.000 Meilen<br />

mussten zurückgelegt werden.<br />

Mehr als 60.000 begeisterte Neugierige umsäumten die Royal Air Force Base in Mildenhall (Suffolk),<br />

um 20 Piloten der Spitzenklasse bewundern zu dürfen, die sich in das grosse Abenteuer stürzen<br />

wollten. Unter ihnen auch zwei Frauen, die 27 Jahre alte Amy Johnson, und eine Amerikanerin<br />

namens Jacqueline Cochran. Man erzählte sich respektvoll, dass die Amerikanerin „Meisterin des<br />

Blindflugs“ sei - allein auf ihre Instrumente angewiesen. Ihr beruflicher Hintergrund: Chefin eines<br />

grossen Kosmetiksalons in New York.<br />

Miss Cochrans Erwartungen an den Überflug mehrerer Erdteile wurden allerdings schnell enttäuscht,<br />

denn ihre GEE BEE Sportmaschine erlebte bereits in Bukarest (Rumänien) eine Bruchlandung mit<br />

Motorschaden und defekten Landeklappen.<br />

Jacqueline gab nicht den Mut auf und beteiligte sich 1935 in Los Angeles am Bendix Transcontinental<br />

Air Race mit einer Northrop Gamma. Am 20. Mai 1935 um Mitternacht knallte der Startschuss, und<br />

kurz danach breitete sich dichter Nebel vom Meer her aus. Einer der ersten Piloten zerschellte<br />

orientierungslos in Flammen. Unerschrocken wagte Cochran gegen drei Uhr früh trotzdem ihren<br />

eigenen Start und erreichte bei Morgendämmerung den Grand Canyon, besorgt wegen der<br />

Überhitzung ihres Motors. Kurz entschlossen wendete sie die Maschine und flog nach Los Angeles<br />

zurück, weil das Risiko zu gross geworden war.<br />

Am Tag der Arbeit (Labor Day) 1937 meldete sich Cochran wieder zum Bendix Wettbewerb an,<br />

diesmal als einzige Frau, wurde zur Siegerin erklärt mit einem Preisgeld von 2.500 US Dollar (in der<br />

Klasse für Frauen) und landete formal auf dem dritten Platz.<br />

Der Flugzeugbau in den USA erlebte jetzt grosse technische Fortschritte. Während die DC-2 1934<br />

noch den Markt beherrschte bei der abenteuerlichen Route zwischen England und Australien, machte<br />

mittlerweile die DC-3 von sich reden, weil sie hohe Sicherheitsansprüche verbunden mit Stabilität<br />

erfüllte. Der Weltmarkt stand den Amerikanern offen.<br />

Jacqueline Cochran beglückte jetzt alle ihre Landsleute mit immer eindrucksvolleren<br />

Geschwindigkeitsrekorden hoch über den Wolken: am 4. Dezember 1937 schaffte sie die Distanz<br />

zwischen New York und Miami in vier Stunden und 12 Minuten. Cochran hatte den Treibstoffverbrauch<br />

so raffiniert kalkuliert, dass sie mit den letzten Tropfen Benzin auf der Landebahn ausrollte.<br />

Obwohl Cochran 1937 beim Bendix Race nur den dritten Platz belegte, lag sie immerhin zwei<br />

Stunden und 30 Minuten hinter dem männlichen Sieger Frank W. Fuller, der eine P-35 flog, konstruiert<br />

von einem russischen Einwanderer, Alexander de Seversky.<br />

Jacqueline Cochran (1906 – 1980)<br />

zählte zu den berühmtesten<br />

Pilotinnen der USA neben Amalia<br />

Ehrhardt, die während eines<br />

Rekordversuchs im Pazifik<br />

vermisst wurde.<br />

3


Seversky bemühte sich, seine imposante Maschine an die US Army zu verkaufen bzw. an das US<br />

Army Air Corps jener Epoche, allerdings ohne Erfolg. Unterdessen verfolgte er aufmerksam die<br />

Karriere von Jacqueline Cochran. Das zündete in ihm eine originelle Idee:<br />

Der Russe wollte Cochran eine P-35 zum nächsten Air Race 1938 überlassen in Konkurrenz zu Frank<br />

Fuller. Seversky plante, zusätzliche Treibstofftanks in die P-35 für Cochran einzubauen und zwar in<br />

den Tragflächen. Das würde einen Non Stop Flug zwischen Los Angeles und Cleveland ermöglichen!<br />

Die umgebaute P-35 leistete überdies 1.200 PS (gegenüber 1.000 im ersten Typ).<br />

Das Bendix Air Race 1938 lockte mit einer Prämie von 24.000 US Dollar für den Gewinner. Neun<br />

Männer und eine Frau durften (nach einer strengen Vorauswahl) an den Start gehen, aber 21 hätten<br />

gern mitgemacht. Diesmal siegte Miss Jacqueline Cochran nach 2.042 Meilen Flug in acht Stunden,<br />

10 Minuten, 31 Sekunden nonstop! Schlagzeilen verkündeten, dass die erste Pilotin einen<br />

Blindflugrekord bewältigen konnte. Diesmal blubberten in den Tanks bei der Landung nur knapp drei<br />

Gallonen, ausreichend für wenige Minuten Restflugzeit...<br />

Der Konstrukteur kam endlich ins Geschäft mit dem Militär und entwickelte die P-35 weiter zur P-47<br />

Thunderbolt, die im Zweiten Weltkrieg eine grosse Rolle spielen sollte. Eleanor Roosevelt empfing die<br />

hervorragende Pilotin im Weissen Haus und überreichte ihr die Harmon Trophy, höchste<br />

Auszeichnung für Piloten in den USA.<br />

WASP Pilotinnen vor ihrer B-17 Maschine im Winter 1943<br />

4


Jacqueline stammte aus ärmlichen Familienverhältnissen und war nichts weiter als ein barfuss<br />

laufendes Pflegekind im ländlichen Milieu von Northern Florida, wo Sägemühlen das Arbeitstempo<br />

bestimmten. Später zogen die Pflege-Eltern mit Jackie nach Georgia. In Columbus boten viele<br />

Baumwolle-Spinnereien Arbeit und Brot. Jackie schuftete als Achtjährige 12 Stunden in der<br />

Nachtschicht und durfte nach einem Jahr Probezeit als Vorarbeiterin 15 Kinder in der Spinnerei an<br />

den Webstühlen beaufsichtigen bzw. antreiben.<br />

Mit 13 Jahren bot sich Gelegenheit, Lehrling in einem Schönheitssalon zu werden und umfassende<br />

Ausbildung zu erhalten in den folgenden Jahren. Um 1925 beherrschte Jackie das Legen neuartiger<br />

Dauerwellen. Solche Prozeduren beanspruchten jeweils einen Tag je Kundin.<br />

Cochran entschloss sich alsbald, auf eigenen Beinen zu stehen und als Lehrmeisterin für<br />

Dauerwellentechnik in Alabama und Florida die dortigen Beauty Parlors auf Honorarbasis<br />

aufzusuchen. Eine Kundin empfahl Jackie überdies, noch zusätzliche Ausbildung in Krankenpflege<br />

anzustreben in einer örtlichen Klinik.<br />

Nach dem Examen engagierte ein Landarzt die ehrgeizige junge Frau als Assistentin in seiner Praxis<br />

unter bettelarmen Bevölkerungsschichten. Erschüttert vom Elend dieser Umgebung gab Jacqueline<br />

ihren Job auf und bewarb sich beim renommierten Unternehmen ANTOINE's in New York, einer Kette<br />

von Schönheitssalons mit hochrangigem Publikum.<br />

Im Sommer 1932 hatte Jackie Urlaub, raffte alle Ersparnisse zusammen und suchte eine<br />

Pilotenschule in der Umgebung auf, wo sie innerhalb drei Wochen den Abschluss schaffte und eine<br />

Fluglizenz ausgehändigt bekam.<br />

Cochran kündigte im Kosmetikladen, zog nach San Diego, California und überredete einen Fluglehrer<br />

der Marine, ihre Weiterbildung in die Hände zu nehmen.<br />

1932 ereignete sich beinahe ein Wunder im Privatleben Jackies: Sie lernte beim Lunch in einem Club<br />

zu Miami einen Multimillionär kennen, der sich ebenfalls für die weibliche Fliegerei begeisterte,<br />

heiratete ihn und bekam grosszügige Unterstützung beim Aufbau eines eigenen Kosmetik-<br />

Unternehmens. Mr. Floyd Boswick Odlum stammte wie Jackie aus einfachen Verhältnissen und<br />

wuchs in der Familie eines Methodisten-Predigers auf, bevor zäher Fleiss über ein Jura-Studium nach<br />

oben führte. 1928 im Alter von 36 Jahren besass Odlum ein Vermögen von sechs Millionen US Dollar.<br />

Die Heirat fand am 10. Mai 1936 statt und Jackie wurde über Nacht Eigentümerin der Firma<br />

Jacqueline Cochran Cosmetics, Inc. ohne weitere Geldsorgen.<br />

Jackies Idee: Pilotinnen auf Kriegskurs<br />

Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, schrieb Jacqueline Cochran spontan an Mrs.<br />

Eleanor Roosevelt, dass es höchste Zeit sei, um über den freiwilligen Einsatz von Zivilpilotinnen zur<br />

Unterstützung der US Air Force im Rahmen unbewaffneter Aufgaben nachzudenken. Die USA<br />

verhielten sich jedoch lange neutral und sahen tatenlos zu, wie die Deutschen nach und nach grosse<br />

Teile Europas unterjochten.<br />

Direktorin Jacqueline Cochran<br />

zeichnet die Pilotin Iris Critchell<br />

mit den AAF Silberschwingen<br />

aus, nachdem sie alle Examina<br />

mit Glanz bestanden hat in der<br />

Klasse 43-W-2.<br />

Schauplatz Avenger Field,<br />

Sweetwater in Texas 1943.<br />

5


Am 15. September 1940 beschloss der Kongress zögernd, erstmals in Friedenszeiten (innerhalb der<br />

USA) die Allgemeine Wehrpflicht zu verkünden und 800.000 Männer innerhalb eines Jahres zu den<br />

Waffen zu rufen. Zur gleichen Zeit sprach Jackie vor den Teilnehmerinnen einer Organisation<br />

amerikanischer Zivilpilotinnen (Club 99 genannt) während der New Yorker Weltausstellung und<br />

entwickelte ihre Vorstellungen von der Gründung eines weiblichen Piloten-Hilfskorps zur Entlastung<br />

der Luftwaffe. Es dauerte bis zum Frühling 1941, ehe die Pläne Gestalt annehmen durften.<br />

Ende März 1941 lernte Cochran während einer Konferenz im Weissen Haus General H.H. Arnold<br />

beim Lunch kennen, Chef des US Army Air Corps, sowie Mr. Clayton Knight, Beauftragter zur<br />

Unterstützung des British Air Transport Auxiliary Corps. Am 11. März 1941 genehmigte der Kongress<br />

ein sogenanntes Leih-Pacht-Gesetz (Lend-Lease Act) zur Versorgung der Briten mit Kriegsmaterial<br />

(auf Pump). Zunächst sollten zweimotorige Lockheed Hudson Bomber ausgeliefert werden, damit die<br />

Royal Air Force besser ihre englischen Küsten sowie Geleitzüge abschirmen konnte gegen deutsche<br />

Unterseeboote.<br />

Die in den USA produzierten Maschinen mussten nach Canada überstellt werden, weil es zum<br />

britischen Commonwealth gehörte und die USA nicht als Kriegspartei ins Scheinwerferlicht geraten<br />

wollten. Ab Canada war vorgesehen, die Bomber entweder zerlegt oder im Direktflug nach England zu<br />

befördern. Zuständig erschien in diesem Zusammenhang die Organisation British Auxiliary Corps.<br />

Verzweifelt suchte die ATA Piloten aus neutralen Staaten für die erforderlichen Überführungsflüge<br />

(ATA = Air Transport Auxiliary).<br />

General H.H. (Hap) Arnold war<br />

Chef des US Army Air Corps<br />

und unterstütze die Pilotinnen<br />

nach besten Kräften.<br />

Er verstarb 1950, während sein<br />

Sohn als Offizier weiterhin den<br />

WASPS auch nach Kriegsende<br />

die Treue hielt.<br />

6


General Arnold kam im Gespräch mit Cochran auf das Problem der Briten zurück und die<br />

abenteuerlustige Pilotin ging sofort darauf ein: „General, was kann ich mit meinen Girls tun, um<br />

auszuhelfen?“ In Montreal stiess der Vorschlag, Amerikanerinnen für Überführungsflüge nach England<br />

einzusetzen, allerdings auf kühle Zurückweisung. Mehrere Wochen herrschte Funkstille.<br />

Cochran beschloss daraufhin, einige gute Freunde anzusprechen, darunter Lord Beaverbrook, der<br />

britische Zeitungsverleger, was der Angelegenheit neuen Auftrieb verschaffte. Mitte Juni durfte<br />

Cochran in Montreal endlich ihre Pläne vorstellen und Testflüge absolvieren. Innerhalb von drei Tagen<br />

musste die Amerikanerin vor kritischen Beobachtern 60 Starts und Landungen durchführen, darunter<br />

10 im Blindflugverfahren.<br />

Ohne Fitness keine himmlischen Leistungen!<br />

7


Ärgerlich war dabei lediglich die Tatsache, dass die Testmaschinen keine Fussbremsen hatten,<br />

sondern nur Handbremsen, die grossen Kraftaufwand erforderten mit höllischem Muskelkater. Es<br />

wäre kein grosses Unterfangen gewesen, praktischere Fussbremsen einzubauen, doch der strenge<br />

Gutachter blieb stur. Pilotinnen ohne genügend Bizeps-Leistung in der Arm-Muskulatur könne man<br />

nicht gebrauchen!<br />

Höhere Instanzen fegten diesen Einwand allerdings rasch beiseite und Jackie durfte einen Lockheed<br />

Hudson Bomber von Montreal nach Prestwick (Schottland) fliegen, begleitet von einem Navigator-<br />

Kopiloten und Funker. Das weckte Neidgefühle bei den männlichen Piloten in Canada, die sich<br />

zurückgesetzt fühlten.<br />

Es kam zu einem grotesken Kompromiss: Cochran hatte allein das Kommando während des Flugs<br />

nach Grossbritannien, während Start und Landung in den Händen des Kopiloten liegen mussten.<br />

Nach 12 Stunden Flugzeit traf die Maschine zuverlässig in Schottland ein. Am 1. Juli 1941 kehrte<br />

Jackie in die USA zurück. Präsident F.D. Roosevelt empfing die junge Frau, um ihr zu danken, und<br />

erteilte sämtliche Vollmachten zur Formierung eines Corps von Zivilpilotinnen zur Unterstützung der<br />

US Air Force.<br />

Präsident Roosevelt übergab Jackie Cochran ein Empfehlungsschreiben, das sie im War Department<br />

dem Assistant Secretary of War for Air, Robert W. Lovett, übergeben sollte. Lovett engagierte Cochran<br />

als „Tactical Consultant“ ohne Bezahlung oder Planstelle und liess ihr ein Büro einrichten, wo sie sich<br />

mit sieben Helferinnen einquartieren durfte.<br />

Pilotin Francis Green gibt Gas im Cockpit ihrer B-17<br />

8


Das Team studierte die Personalakten von 2.733 lizenzierten Zivilpilotinnen, von denen 150 mehr als<br />

200 Flugstunden Praxis aufzuweisen hatten. Um mehr über die Qualifikationen der Frauen zu<br />

erfahren, verschickte man Fragebogen. Innerhalb weniger Wochen kamen 130 ausführliche<br />

Rückmeldungen mit der Post. Am 30. Juli 1941 erhielt General Arnold ein Memorandum mit dem Titel<br />

„Organization of a Woman Pilot's Division of the Air Corps Ferrying Command“.<br />

Jacqueline Cochran empfahl, zunächst eine kleine Gruppe Pilotinnen mit Überführungsflügen von<br />

Schulungsmaschinen ab Werk zu den Luftstützpunkten innerhalb der USA zu beauftragen. 90<br />

Probetage sollten ausreichen. Verlief alles zur Zufriedenheit, wäre als nächster Schritt der Aufbau<br />

einer Organisation für Pilotinnen anzupacken, um auch grössere Flugzeugtypen zu manövrieren.<br />

Rund 2.000 tüchtige Frauen standen bereit.<br />

Man wusste, dass sich zu jener Zeit sowohl in Grossbritannien als auch in der Sowjetunion zahlreiche<br />

Pilotinnen im Kriegseinsatz als hervorragend qualifiziert präsentiert hatten. Genauer gesagt: die<br />

unerschrockenen Russinnen als Kampffliegerinnen gegen deutsche Ziele, die Engländerinnen als<br />

unbewaffnete „ferry pilots“ auf der Insel.<br />

In den USA und in Grossbritannien existierten längst Frauenhilfskorps im Dienst der Armee, Marine<br />

und Küstenwache. Die Engländerinnen durften überall hin fliegen, wo „Not am Mann“ den Ausschlag<br />

gab. Seltsamerweise schreckte plötzlich General Arnold vor seinem eigenen Fortschrittsglauben (mit<br />

emanzipatorischen Wurzeln) zurück und argumentierte, es seien „noch genügend männliche Piloten<br />

verfügbar“.<br />

In Wirklichkeit traute Arnold den wagemutigen Zivilpilotinnen nicht zu, mit riesigen „Fliegenden<br />

Festungen“ und sonstigen viermotorigen Kraftpaketen zuverlässig umgehen zu können. Eine weitere<br />

Ausrede lautete, die „Unterbringung und Verpflegung von Pilotinnen würde auf den Luftstützpunkten<br />

zu Problemen führen“.<br />

Als Trostpflaster rückte Generell Arnold mit einem Kompromissvorschlag heraus: Er sei<br />

einverstanden, wenn sich amerikanische Fliegerinnen dem British Air Transport Auxiliary Corps<br />

anschliessen möchten, weil die Engländer arg in Bedrängnis geraten seien beim Kampf gegen die<br />

Deutschen.<br />

Nelle Carmody sorgte als Amateur-Trompeterin für den Weckruf<br />

9


Einen anderen „Ausweg“ für flugtüchtige Pilotinnen bot die Civil Air Patrol in den USA. Mitte 1942<br />

sassen Amerikanerinnen an einigen Steuerknüppeln von Küstenwacht-Flugzeugen, um Ausschau<br />

nach deutschen Unterseebooten zu halten. Bald darauf ereignete sich die Katastrophe von Pearl<br />

Harbor und wischte viele Vorbehalte im Handumdrehen hinweg. Das Army Air Corps erhielt einen<br />

neuen Namen und zwar ARMY AIR FORCES (AAF).<br />

Brigadier General Robert Olds, verantwortlich für das Ferry Command (Überführungsflüge), rief<br />

plötzlich händeringend nach „weiblicher Verstärkung“ und hiess sämtliche brauchbaren Pilotinnen<br />

herzlich willkommen im Januar 1942. Jackie Cochran sass in einer Zwickmühle:<br />

Schäbige Ausbeutung über den Wolken<br />

Einerseits erwartete man von ihr, amerikanische Pilotinnen für einen 18 Monate dauernden Vertrag<br />

anzuwerben, der sie nach Grossbritannien führen würde, um dort das Personal der Überführungsflüge<br />

zu stärken. Andererseits brauchten die USA ihre Pilotinnen selber dringend infolge des japanischen<br />

Überfalls.<br />

Also flog Jackie Cochran nach England mit 25 freiwilligen amerikanischen Pilotinnen, um sie auf der<br />

Insel einzuarbeiten im Rahmen der ATA (Air Transport) Organisation. Fast gleichzeitig verhandelten<br />

Jackies Freundinnen mit hochrangigen Militärs in den USA, um den Aufbau eines weiblichen<br />

Fliegerkorps zu beschleunigen.<br />

Das war leichter gesagt als getan, denn die Pentagon-Bürokratie mit ihren arg verworrenen<br />

Zuständigkeitsbereichen erschwerte jeden vernünftigen Schritt vorwärts. Diskriminierung trat deutlich<br />

zutage: Männliche Ferry Pilots ziviler Herkunft sollten 19 bis 45 Jahre alt sein, doch die Grenzen bei<br />

Frauen lagen zwischen 21 und 35 Jahren (mit High School Examen). Bei den Männern genügte eine<br />

„bescheidenere“ Schulbildung: drei Jahre Secondary School, obwohl im guten Durchschnitt 10 th<br />

Grade Abschlüsse zur Norm gehörten.<br />

WASPS eilen zu ihren A-24 Maschinen: Start mit Schleppzielen<br />

10


Noch schlimmer: wegen der Knappheit an männlichen Zivilpiloten reichten jetzt zur Einstellung 200<br />

nachgewiesene Flugstunden (statt zuvor 300). Frauen mussten jedoch bei Bewerbungen mindestens<br />

500 Flugstunden in ihren Dokumenten vorzeigen. Nach wie vor überliess man den Pilotinnen bei<br />

Überführungsflügen nur kleine Schulungsmaschinen und Kurierflugzeuge leichter Bauart.<br />

Im Kongress fehlte es am nötigen Schwung, um die dringend gebotenen Rechtsgrundlagen für den<br />

Einsatz von Pilotinnen im Kriegsdienst auszuformen. Buchstäblich „hingen die Pilotinnen juristisch in<br />

der Luft“. Nichts war geregelt: Sold, Gesundheitsfürsorge, Pensionsansprüche, Unfallversicherungen,<br />

Uniformierung usw. usw. Das Women's Army Corps wäre gern bereit gewesen, die Pilotinnen in seine<br />

Reihen aufzunehmen, doch sträubten sich die Parlamentarier dagegen aus rätselhaften Gründen. Am<br />

liebsten hätten manche Bürokraten die Pilotinnen als „Zivilangestellte auf Honorarbasis“ (oder so<br />

ähnlich) missbraucht!<br />

Männliche Zivilpiloten im Dienst der Air Force verdienten 380 US Dollar monatlich, während die<br />

Frauen lediglich 250 US Dollar abkassieren durften. Ausserdem mussten Bewerberinnen zwei<br />

Empfehlungsschreiben mitbringen mit Hinweisen auf „charakterliche Vorzüge“. Männer brauchten das<br />

nie. Am 5.September entstand offiziell: THE WOMEN'S AUXILIARY FERRYING SQUADRON (auch<br />

WAFS genannt) mit Nancy Harkness Love als Chefin.<br />

In jenen Tagen kehrte Jackie Cochran aus England zurück und General Arnold hatte es plötzlich eilig,<br />

mit Cochrans Hilfe genügend Pilotinnen starten zu lassen. Am 15. September gab das War<br />

Department bekannt, dass zwei Organisationen mit Pilotinnen geschaffen werden sollten: einmal für<br />

Anfängerinnen und zum anderen für Fortgeschrittene mit höherer Qualifikation. Jacqueline Cochran<br />

widmete sich den „Küken“ im Women's Flying Training Detachment (WFTD). Die „alten Häsinnen“<br />

zählten fortan zur Air Transport Command Ferrying Division.<br />

1942 war ein fürchterliches Kriegsjahr für die Alliierten, weil der deutsche Vormarsch kaum<br />

aufzuhalten war und die Engländer in grösste Bedrängnis gerieten: Würde Hitler eine Invasion der<br />

Insel riskieren? In den USA musste man sich zusammenreissen und veraltete Vorurteile endlich<br />

ablegen (vor allem gegenüber Frauen).<br />

Britische Pilotinnen vom 15th Ferry Pool mit einer Spitfire<br />

11


Bereits 1941 hatte Cochran dem allmächtigen General Arnold vorgerechnet, dass sie 200 Pilotinnen<br />

brauche, um jeden Monat 850 AAF Schulungsmaschinen ab Werk zu Luftstützpunkten überführen zu<br />

lassen. (AAF Trainer Aircraft). 12.000 Ausbildungsflugzeuge sollten so schnell wie möglich die<br />

Fabrikhallen verlassen.<br />

Inmitten innenpolitischer Turbulenzen kam es zu einem zähen Ringen zwischen fortschrittlich<br />

denkenden bzw. handelnden Führungspersönlichkeiten und den frauenfeindlichen „Bremsern“ in<br />

sämtlichen Chefetagen ziviler oder militärischer Natur!<br />

In der Alltagspraxis von routinemässigen Überführungsflügen mussten sich die hoch qualifizierten<br />

Pilotinnen auch mit lächerlichen Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit (mutmasslich aus<br />

pseudomoralischen Gründen) abfinden. Um „Leib und Leben zu schützen“ - so hiess es offiziell - war<br />

es den Frauen strikt untersagt, Rückflug-Gelegenheiten „per Anhalter“ an Bord von Bombern zu<br />

nutzen oder in anderen (männlich besetzten) Militärmaschinen zurück zum eigenen Stützpunkt zu<br />

fliegen. Das bedeutete mit anderen Worten: qualvoller Zwang, mit der Eisenbahn oder mit<br />

Fernbuslinien lange Strecken zu überwinden unter würdelosen Bedingungen!<br />

Aus gegenwärtiger Sicht bzw. „Moralanschauung“ lässt sich diese groteske Arbeitsweise nach<br />

Dienstvorschrift nur dadurch erklären, dass man unbedingt „zu engen Kontakt zwischen Männern und<br />

Frauen“ im Flugdienst verhindern wollte (also sexuelle Annäherungen). Amerikanische Prüderie jener<br />

Epoche schien (trotz Kriegszeiten) unerschütterlich.<br />

Später wurden einige Vorschriften gelockert, jedoch nur unwesentlich. Zwar durften die Pilotinnen<br />

dann grössere Maschinen fliegen, etwa zwei- und viermotorige Bomber während Überführungen, aber<br />

auf keinen Fall „mit Männern an Bord“. In den überhitzten Gehirnen der Stabsoffiziere geisterte die<br />

fantasievolle Vorstellung, dass gemeinsame Flüge von Männern und Frauen zu „einem Sex Club<br />

Abenteuer ausarten könnten“.<br />

Im März 1943 befahl das Air Transport Command Flugverbot für alle Pilotinnen während ihrer<br />

Menstruationswoche. Laut Dienstvorschrift waren Starts untersagt „jeweils drei Tage vor Einsetzen der<br />

Menstruation bzw. bis drei Tage nach dem Ende dieses Zustands“. Nachzulesen im Handbook for<br />

Medical Examiners. In der Praxis kümmerte sich allerdings niemand um solche Anordnungen.<br />

Start frei für Nancy Batson an Bord ihrer P-47<br />

12


Ende Oktober 1942 kamen die ersten WAFS (Überführungspilotinnen) zum Einsatz. Man überliess<br />

ihnen funkelnagelneue L-4 Grashoppers, 65 PS Kuriermaschinen und andere Typen der Piper Aircraft<br />

Werke in Lock Haven, Pennsylvania. Die L-4 schaffte etwa 75 Meilen in der Stunde. Bei Gegenwind<br />

waren diese „Kaffeemühlen“ langsamer in der Luft unterwegs als unter ihnen der Autoverkehr auf den<br />

Fernstrassen. Trotzdem machte die Fliegerei einen Heidenspass...<br />

Ab November ging es allerdings über und unter den Wolken nicht mehr so fröhlich zu, denn jetzt<br />

mussten PT-19 Maschinen überführt werden, hergestellt von der Fairchild Engine and Airplane<br />

Corporation in Hagerstown, Maryland. Während die L-4 Trainer Cockpit-Kabinen hatten, sassen alle<br />

Piloten der PT-19 Typen „an der frischen Luft“.<br />

Barbara Erickson,<br />

WASP Squadron<br />

Commander, und Betty<br />

Tackaberry paradieren<br />

mit fliegenden Fahnen<br />

am Stützpunkt Long<br />

Beach, Californa.<br />

Sie gehörten zum<br />

AIR TRANSPORT<br />

COMMAND 1944.<br />

13


Nun gab es spezielle Kälteschutz-Kleidung für die Pilotinnen, mit der man sich kaum noch bewegen<br />

konnte wegen der eng anliegenden Einzelteile. Das Ziel: 650 Meilen nach Chattanooga, Tennessee.<br />

Zu Fuss war ein Watschelgang wie bei Enten auf der Rollbahn unvermeidlich. Im offenen Cockpit<br />

wurde es bald verdammt ungemütlich: Wind und Kälte forderten ihren Tribut. Die Maschinen<br />

besassen keine Funkausrüstung.<br />

Alle zwei Stunden stand eine Zwischenlandung auf dem Programm, um zu tanken und heissen Kaffee<br />

zu schlürfen. Acht Stunden Flugzeit insgesamt musste bewältigt werden. Total erschöpft, hungrig und<br />

durchgefroren fielen die müden Pilotinnen in Chattanooga schliesslich in ihre Hotelbetten.<br />

Wiederbelebungsversuche unter heissen Duschen weckten aber die Lebensgeister erfolgreich.<br />

Männlicher Hochmut ohne Grenzen<br />

Die WAFS wurden nach langer Wartezeit endlich mit eigenen Uniformen ausgestattet, was allerdings<br />

dazu führte, dass sie einmal wöchentlich an Paraden vor höheren Offizieren teilzunehmen hatten. Nun<br />

beherrschten die tüchtigen Pilotinnen zwar perfekt ihre fliegenden Untersätze, mussten aber noch<br />

schleunigst im Marschieren ausgebildet werden, denn der militärische Gleichschritt war absolut neu<br />

für sie.<br />

B-17 Pilotinnen Lockbourne Army Air Base Columbus, Ohio:<br />

Helen Dettweiler, Lucille Friesen, Mary Parker, Virginia Acher<br />

14


Ihr Drill Sergeant lehrte überdies, wie die Frauen das Kommando führen sollten in eigener Regie. Das<br />

wurde eifrig trainiert mit wechselnden Kameradinnen. Pannen konnten nicht ausbleiben: eines Tages<br />

liess eine Pilotin ihre Marschkolonne nichtsahnend in einen verschlammten Graben stolpern, weil sie<br />

das passende Kommando zum rechtzeitigen Schwenken nach rechts oder links „total vergessen“<br />

hatte und das Unheil nicht mehr verhindern konnte! Grosses Gelächter löste die Spannung inmitten<br />

solcher Sauerei.<br />

Als es so weit war, dass ein grösserer Vorbeimarsch mit beiden Geschlechtern zustande kommen<br />

sollte, klappte fast alles vorzüglich und einige Generäle luden beeindruckt die Schar der Pilotinnen<br />

zum Dinner im Offizierskasino ein. Sie hatten ihre Feuerprobe bestanden.<br />

Wie geringschätzig die Pilotinnen unter Umständen von hochmütigen Offizieren behandelt wurden,<br />

zeigt ein Erlebnis von Barbara Poole. Sie geriet mit ihrer PT-19 in eine Schlechtwetterfront über<br />

Georgia und hielt eine Notlandung auf dem nächsten Stützpunkt der US Army für angebracht.<br />

Auf dem kleinen Feldflugplatz marschierte sie schnurstracks in die Operations Baracke ohne<br />

Anmeldung, weil ihre Maschine kein Funkgerät aufwies. Barbara bat dort gleich um eine<br />

Übernachtungsmöglichkeit wegen der Wetterlage. Plötzlich stürmte der Kommandeur in das Büro und<br />

schrie die Pilotin an: „Junge Frau, verschwinden Sie gefälligst von meinem Rollfeld, aber sofort!“<br />

„Tut mir leid“, erwiderte Barbara Poole. „Ich muss hier bleiben wegen der Schlechtwetterfront, die<br />

keinen Weiterflug gestattet". Der Offizier beharrte auf dem Hinauswurf. Nun verlangte die Pilotin eine<br />

Telefonverbindung mit ihrer Einsatz-Zentrale New Castle Army Air Base. Nach wie vor trotzte der<br />

Kommandeur und wollte nicht glauben, dass es sich um eine militärisch angeordnete Überführung der<br />

PT-19 handelte. „Schluss mit dem Quatsch", donnerte er weiter. „Ich lass mich doch nicht von ein paar<br />

Girls verarschen!"<br />

Schliesslich verdrückte sich Barbara nach draussen, schob die Maschine in den nächsten offenen<br />

Hangar, nahm ihren Fallschirm mit dem Reisegepäck und suchte am Eingang zum Flugplatz nach der<br />

nächsten Bushaltestelle Richtung Stadt. Auf diese Weise fand die Pilotin doch noch ein kleines Hotel<br />

zur Übernachtung und schlich sich am folgenden Vormittag zurück auf das Rollfeld, um nach<br />

ausreichender Wetterbesserung durchzustarten. Camp Gordon, Georgia blieb ihr in kotzübler<br />

Erinnerung!<br />

Kniffliger Unterricht: wie zerlegt man einen Motor?<br />

15


In der Folgezeit waren die Überführungsflüge ab Werk Hagerstown längs der Ostküste in die<br />

Südstaaten und nach Texas kein Zuckerschlecken. Die Frauen entschieden sich zum attraktiven<br />

Formationsflug mit akrobatischer Präzision (nach dem Vorbild der Männer) und näherten alle<br />

Flügelspitzen zu einander bis auf wenige Zoll Distanz.<br />

Bei der Heimkehr holten sich die Pilotinnen oft einen Sonnenbrand halbseitig: mal rechts und mal<br />

links, abhängig von der Flugrichtung Kurs Norden oder Süden (im offenen Cockpit). Die<br />

Umrandungen der Schutzbrillen sorgten für weitere komische Bräunungseffekte, vergleichbar mit dem<br />

Make-Up von Circus Clowns. Ferry Pilots bekamen „auf Dienstreisen mit Übernachtungen“ sechs US<br />

Dollar Tagegeld.<br />

Die Schulungsmaschinen besassen weder Funkgeräte noch Ausrüstungen zum Blindflug und hatten<br />

stets offene Cockpits, sodass alle Langstreckenflüge bei Überführungen unter den schlechten<br />

Wetterbedingungen mit erheblichen Strapazen verbunden waren.<br />

Hinzu kam die militärische Geheimniskrämerei. Blieben Übernachtungen auf den Teilstrecken<br />

unvermeidlich, mussten die Pilotinnen chiffrierte Telegramme an ihren Heimatflugplatz verschicken.<br />

THREE bedeutete „Notlandung wegen Schlechtwetter“. In einer derartigen Situation telegraphierten<br />

die Fliegerinnen Betty und Barbara drei Tage hinter einander immer wieder THREE, weil es nicht<br />

aufklarte.<br />

In ihrer Trostlosigkeit lautete das dritte Telegramm: HEBREWS THIRTEEN EIGHT und verursachte<br />

Rätselraten in der Flugzentrale, bis jemand eine Bibel beschaffte und übersetzte, was „Hebräer 13,<br />

Vers acht“ bedeutete: „Jesus Christ - the same yesterday, and today, and forever“. Mit anderen<br />

Worten: Keine Wetterbesserung in Sicht!<br />

General Arnold und<br />

Jackie Cochran<br />

16


Fliegende Festungen in Frauenhänden<br />

Im Oktober 1943 entschied das Oberkommando der US Air Force, ungefähr 20 der erfahrensten<br />

Pilotinnen in „Fliegenden Festungen“ für künftige Überführungsflüge auszubilden auf der Lockbourne<br />

Army Air Base in Columbus. Die viermotorigen „Ungeheuer“ hatten eine Länge von 75 Fuss und eine<br />

Flügelspannweite von mehr als 100 Fuss. Alle dreiteiligen Propeller erreichten knapp 12 Fuss im<br />

Durchmesser.<br />

Ausbildungen an Bord einer FORTRESS sahen mindestens 130 Flugstunden vor sowie zahlreiche<br />

weitere Übungen auf dem Rollfeld. Wie fliegt man mit nur drei oder zwei funktionierenden Motoren im<br />

Notfall? Wie lassen sich die Monster geschickt am Boden manövrieren? Jeder Antrieb hatte 1.325 PS<br />

unter der Haube. Eine Fliegende Festung konnte 10 Stunden auf Kurs bleiben, ohne neu zu tanken.<br />

Die FORTRESS kostete je Exemplar etwa 300.000 US Dollar ab Werk.<br />

„Warum hat man ausgerechnet uns in die B-17 gesetzt?“ fragten die Teilnehmerinnen des Lehrgangs<br />

einander. Sie entdeckten eine originelle Antwort: „Weil wir alt genug und grosse Mädchen sind!“<br />

Unterricht am Zielgerät NORDEN für Bombenabwurf<br />

17


Those Wonderful<br />

Women<br />

In Their<br />

Flying Machines<br />

18


Tatsächlich lag die durchschnittliche Körpergrösse bei mindestens fünf Fuss und acht Zoll,<br />

umgerechnet 1.76 Meter. Einige Pilotinnen konnten sogar sechs Fuss aufweisen gleich 1.85 Meter<br />

Gardemass.<br />

Kleinere Pilotinnen hätten die vielfältigen Handgriffe und „Fusstritte“ im Cockpit der B-17 nicht<br />

bewältigen können, weil die Bomber auf männliche Flugzeugführer „zugeschnitten“ waren. Lieutenant<br />

Mitchell verstand es ausgezeichnet, als Instrukteur seinen Flugschülerinnen die Furcht vor den<br />

Festungen zu nehmen. Bald beherrschten die jungen Frauen jeden Griff (und Fusstritt) wie im Schlaf.<br />

Eine 25 Tonnen schwere Kiste zu schaukeln entwickelte sich allmählich zum (anstrengenden)<br />

Vergnügen...<br />

Drei Monate beanspruchte das Training mit der B-17 sowohl in der Luft als auch im theoretischen<br />

Unterricht und die Männer im Schulungsraum gewöhnten sich bald brummend an ihre neuen<br />

Kameradinnen. Blindflug nach Instrumenten erforderte höchste Konzentration, ebenso der<br />

Formationsflug. Es schlossen sich medizinische Experimente an, um die Höhentauglichkeit der<br />

Pilotinnen in Druck-Kammern zu testen. Ergebnis: flugtauglich bis über 35.000 Fuss Höhe!<br />

Notfall-Training (kurze Zeit ohne Sauerstoffmasken) erforderte gute Nerven in eisiger Höhe, gehörte<br />

jedoch auch zum Programm. Die Pilotinnen fühlten sich dabei wie Verirrte während einer<br />

Mondlandung wegen des getrübten Bewusstseins.<br />

Nachdem die Pilotinnen ihre Examen mit Fliegenden Festungen bestanden hatten, folgten ähnlich<br />

schwierige Einsätze zur Unterstützung der Ausbildung von Kanonieren der Flugabwehr. Die US Air<br />

Force benötigte umsichtige Führerinnen von Flugzeugen, die im Schlepp auf unterschiedlichen Höhen<br />

„fliegende Zielscheiben“ dirigierten, was mit Lebensgefahr verbunden war (bei Fehlschüssen).<br />

B-24 und B-26 Maschinen sollten als „Schlepper“ Dienst tun. Die älteste Ausbildungsstätte für<br />

Kanoniere an Flugabwehrgeschützen befand sich im Camp Davis, North Carolina. Dort kam es darauf<br />

an, rund 50.000 Offiziere und Mannschaften so schnell wie möglich treffsicher zu machen. 600<br />

männliche Piloten zogen Flakziele rund um die Uhr. Zu ihnen gesellten sich jetzt 25 Frauen.<br />

Nachts wurden die Schlepper-Maschinen durch Scheinwerfer angestrahlt. Die Piloten liessen<br />

ärmelförmige Musselinstoff-Gebilde hinter ihren Maschinen her flattern, etwa 20 Fuss lang, stets längs<br />

einer Küstenlinie. Zunächst verschossen die Kanoniere Leuchtspurmunition, anschliessend scharfe<br />

Granaten. Als Schlepper dienten A-24 Douglas Dauntless Maschinen, Bomber mit 1.000 PS Motoren.<br />

Mollig warm<br />

gerüstet für den<br />

Flug im offenen<br />

PT-19 Cockpit:<br />

November 1942<br />

19


Es stellte sich heraus, dass die Schlepper-Maschinen in einem verwahrlosten Zustand waren,<br />

unzulänglich gewartet mit allerlei Improvisationen (mangels neuwertiger Ersatzteile). So fehlten<br />

genügend Zündkerzen und Ersatzreifen. Die Qualität des Treibstoffs liess zu wünschen übrig (wegen<br />

zu niedriger Oktanzahl). Im Vergaser sammelte sich oft Wasser.<br />

Häufig waren männliche Piloten zu Notlandungen in den Sümpfen rings um Camp Davis gezwungen<br />

und die Pilotinnen sollten Rettungsflüge durchführen. Wurde ein Pilot am Boden entdeckt, warf man<br />

ihm einen ausgebreiteten Fallschirm zu als Markierung. Später kamen Boote zu Hilfe.<br />

Während der Schleppflüge mit Flakzielen wurde die Pilotin von einem Soldaten unterstützt, der im<br />

Heck an einer Kurbel das angehängte Objekt näher oder weiter weg regulierte. Es konnte nicht<br />

ausbleiben, dass die Kanoniere gefährlich nahe auf das Flugzeug zielten und feuerten statt den<br />

angehängten „Musselinschlauch“ ins Visier zu nehmen.<br />

Immer häufiger hatten die Pilotinnen das Gefühl, als Zielobjekte für ein fröhliches Tontauben-<br />

Schiessen abkommandiert zu sein, denn „im Schleppflug mit Windeln“ existierten offensichtlich<br />

keinerlei Sicherheitsvorschriften. Mit anderen Worten: die Männer an den Flugabwehr-Geschützen<br />

kümmerte es wenig, ob sie das mitgeschleppte Ziel (scherzhaft „Musselin-Windeln“ genannt) oder die<br />

zugehörige Maschine erwischten. Dann blieb den Frauen am Steuerknüppel keine andere Wahl als<br />

über Funk „Feuer sofort einstellen!“ durchzugeben.<br />

Komplizierte Nachtflugeinsätze folgten und das drohende Unheil nahm seinen Lauf angesichts<br />

mangelhafter und defekter Ausrüstung vieler Maschinen. Pilotin Marion Hanrahan und Mabel<br />

Rawlinson verloren im Blindflug die Orientierung. Mabels A-24 berührte mit dem Fahrwerk die Spitzen<br />

von Pinien am Strand nahe der Rollbahn und stürzte ins Sumpfgebiet ab. Das Flugzeug zerbrach in<br />

zwei Hälften, fing Feuer.<br />

Der begleitende Offizier (ein Ausbilder) wurde aus dem Wrack geschleudert und überlebte schwer<br />

verwundet. Pilotin Mabel fiel eingeklemmt im Cookpit den Flammen zum Opfer, weil sie sich nicht<br />

befreien konnte. Sachverständige ermittelten am Unfallort, dass die Kabinenhaube defekt war und<br />

keine Öffnung bzw. keinen Abwurf erlaubte wegen funktionsloser Scharniere!<br />

Hier lernen Pilotinnen Flugabwehr-Geschütze näher kennen<br />

20


Am folgenden Tag erschien Jacqueline Cochran, um die Unfallursachen und Beschwerden ihrer<br />

Pilotinnen zu erforschen. Sie stiess dabei auf zahllose Betriebsmängel und nachlässigen Service<br />

beim Bodenpersonal. Es offenbarte sich ein Skandal, der vertuscht werden sollte gemäss „Weisung<br />

von ganz oben“.<br />

Am Tag des tödlichen Unglücks hatten zwei Maschinen mitten im Einsatz Motorschaden, obwohl sie<br />

noch fabrikneu waren. Im Verlauf der letzten Monate ereigneten sich 11 Notlandungen, weil die<br />

Technik versagte. Die Fahrwerksreifen litten so stark unter Abnutzung, dass innerhalb eines Tages<br />

fünf „Plattfüsse“ bei Landungen zu registrieren waren. Fabrikneue Reifen gab es nicht, weil<br />

Fronteinsätze bevorzugt bedient werden mussten.<br />

Die Mechaniker räumten freimütig ein, dass sie sich „niemals in solche fliegenden Särge setzen<br />

würden“. Die abgestürzte Maschine von Mabel Rawlinson hatte 500 Flugstunden auf dem Buckel,<br />

ohne dass eine gründliche Überholung laut Vorschrift nachgewiesen werden konnte. Das bedeutete<br />

mehr als 200 Schleppflug-Missionen ohne Unterlass!<br />

Das nächste Opfer mangelhafter Wartung wurde die Pilotin Betty Taylor, die als Fluggast einen Militär-<br />

Geistlichen an Bord hatte und mit ihrer A-24 während des Anflugs zur Landung auf dem Rollfeld vom<br />

Motor im Stich gelassen wurde, sodass die Maschine plötzlich katapultierte und auf den Rücken<br />

krachte. Beide Insassen wurden zerquetscht.<br />

Kay Menges, eine Kameradin, schöpfte Verdacht, dass die Katastrophe kein Pilotenfehler zu sein<br />

schien, und erkundigte sich bei den Mechanikern des Wartungsdienstes, ob die A-24 irgendwelche<br />

Tücken aufwies. Es war kein Geheimnis, dass der Motor der A-24 lange Aufwärmzeiten vor dem Start<br />

beanspruchte, weil er sonst ins Stottern geriet und stehen blieb. Die Regulierung der Geschwindigkeit<br />

mit dem Gaspedal bereitete vielen Pilotinnen immer wieder Kummer, weil unberechenbare<br />

„Verzögerungen“ dabei vorkamen. Mit anderen Worten: die A-24 gehorchte nicht zuverlässig und hielt<br />

ihre Piloten zum Narren. Dass der Gashebel häufig klemmte, wurde zur Gewohnheit:<br />

Eine Überprüfung der Service-Dokumentation jener verunglückten A-24 offenbarte mehrmals den<br />

Hinweis STICKY THROTTLE (Gashebel klemmt). Repariert wurde aber garnichts. Ohne Zweifel<br />

mussten zwei Menschen deshalb sterben, weil die Wartung des Motors trotz dringender Mahnungen<br />

unterblieb wegen Schlamperei der Bodenmannschaften.<br />

Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, erhielten die Pilotinnen den Auftrag, den A-25 Hell Diver zu<br />

fliegen, einen Sturzkampfbomber mit 1.700 PS Antrieb, beliebt bei der Navy. Es kam jetzt darauf an,<br />

Sturzflug-Attacken auf die Flakstellungen zu simulieren. Kamera-Aufzeichnungen dienten zur<br />

Erfolgskontrolle.<br />

Lydia Lindner am Steuerknüppel fand dabei die Bewunderung aller Flak-Mannschaften wegen ihrer<br />

wagemutigen Kapriolen „rauf und runter“ mit dem Helldiver. An den folgenden Tagen verlangten die<br />

begeisterten Kanoniere immer wieder „ihre Pilotin“ zu sehen und mit ihr gemeinsam zu trainieren.<br />

Gute Planung<br />

ist der halbe<br />

Flug für Profis<br />

21


Englandflüge und Alaska waren tabu<br />

In der Woche vor Weihnachten 1943 kletterte Nancy Batson auf den einzigen Sitz ihrer ersten P-47<br />

Thunderbolt Maschine auf dem Stützpunkt Palm Springs, California. Es kam ihr so vor, als hocke sie<br />

jetzt in einem Fass, das die Niagara Fälle überwinden sollte. Nancy war bisher mit Schulflugzeugen<br />

vertraut (Trainer Aircraft), später zweimotorigen Frachtmaschinen, aber diese P-47 war ein „echter<br />

Durchknaller“.<br />

Es handelte sich damals um das grösste einmotorige Jagdflugzeug der US Air Force, 12.500 Pfund<br />

schwer und doppelt so gross wie die britische Spitfire. Die P-47 hatte 2.400 PS unter der Haube. Der<br />

Propeller verfügte über vier Flügel mit einer Spannweite von 13 Fuss. Wegen der abgerundeten<br />

Bauweise nannten viele Piloten die P-47 liebevoll „jug“ (Kruke) im Einsatz gegen deutsche<br />

Messerschmitt- und Focke-Wulf-Gegner.<br />

Am 1. Dezember 1943 wurde entschieden, dass Nancy Batson sowie neun andere Pilotinnen vom Air<br />

Transport Command die ATC Schulung auf Jägern absolvieren sollten. Jetzt - beim Start zum ersten<br />

Flug - rollte der Sechstonner gehorsam über die Piste zu seiner vorgeschriebenen Position. Nancy<br />

sah sich in eine Lage versetzt, als schaue sie aus dem Fenster eines zwei- oder dreigeschossigen<br />

Gebäudes.<br />

Der Aufstieg verlief mühelos und unglaublich sanft, wobei die Maschine auf den geringsten<br />

Fingerdruck jeweils sensibel reagierte. Die P-47 hatte einen Radius von wenigen hundert Meilen, weil<br />

sie eine „Spritfresserin“ war dank ihres Hochleistungsantriebs: der Jäger schluckte 60 Gallonen 100<br />

Oktan Treibstoff innerhalb einer Stunde. Ab 1944 erhielt die P-47 Zusatztanks (zum Abwerfen) für<br />

Langstrecken-Einsätze, wodurch sich der Radius auf 1100 Meilen vergrössern liess.<br />

USAF-Pilotin der<br />

Gegenwart im<br />

Düsenzeitalter<br />

22


Ab März 1944 lieferten die amerikanischen Flugzeugwerke verbesserte P-51 Mustang Langstrecken-<br />

Jagdmaschinen als Begleitschutz für B-17 und B-24 Bomber mit Kurs auf Berlin. Das bedeutete 1.200<br />

Flugmeilen zwischen England und dem Ziel (hin und zurück). Jede Maschine kostete 100.000 US<br />

Dollar (umgerechnet nach heutigem Kurswert fast eine Million Dollar). Die Überführungspilotinnen<br />

jener Zeit bewegten mehr P-39, P-40, P-47, P-51 und P-63 als alle anderen Typen.<br />

Nancy Love und Betty Gillies genossen das schrankenlose Vertrauen von General Tunner, der ihnen<br />

zutraute, fliegende Festungen von USA nach England zu Überführen, begleitet vom Navigator<br />

Lieutenant P.O. Frazer, der mit „Pappi“ angesprochen werden wollte als origineller Kauz. Zur<br />

Erhöhung der Flugsicherheit sollten einige Stops unterwegs eingelegt werden.<br />

Normalerweise verfolgte man die Route von Delaware nach Presque Isle, Maine und weiter nach<br />

Gander, Newfoundland, schliesslich bis Scotland. General Tunner wünschte eine besser abgesicherte<br />

Flugstrecke mit Stops in Goose Bay, Labrador (nach Presque Isle) sowie in Grönland und auf Island.<br />

Es verlief aber alles ganz anders: Am Sonntag, dem 5. September, kletterte des Team in Goose Bay<br />

an Bord zum Weiterflug und befasste sich mit dem üblichen Check-up. Plötzlich rannte der<br />

Kommandeur des Flugstützpunktes aufgeregt winkend auf die Maschine zu: Alle sollten sofort wieder<br />

aussteigen!<br />

General Barney Giles, AAF Chief of Air Staff, hatte ein Telegramm übermittelt im Auftrag von General<br />

Arnold und den Weiterflug nach Schottland untersagt. Die Fliegende Festung musste an eine<br />

männliche Mannschaft übergeben werden. Was steckte dahinter? General Arnold hatte auf einmal die<br />

Hosen gestrichen voll und fürchtete, dass „seinen Girls auf dem Langstreckenflug etwas zustossen<br />

könnte“.<br />

Es ging das Gerücht um, General Arnold glaubte allen Ernstes, die Pilotinnen könnten „irgendwo und<br />

irgendwie den Nazis in die Hände fallen“ (etwa beim Anflug kurz vor England). Überführungsflüge<br />

nach Fairbanks, Alaska waren den Frauen gleichfalls untersagt. In Fairbanks übergaben die USA<br />

regelmässig fabrikneue Maschinen an sowjetrussische Piloten mit Kurs über die Bering Strasse.<br />

Seltsamerweise hatte man höheren Orts keine Bedenken, die Pilotinnen in Schleppflugzeuge mit<br />

angehängten Zielen für Flak-Training zu setzen, wobei erfahrungsgemäss die tollpatschigen<br />

Kanoniere drauflos ballerten und oft genug das Schleppflugzeug arg beschädigten, ohne das<br />

Schleppziel (ein schlauchähnliches Gebilde aus Musselinstoff) zu treffen. So etwas war in der Tat<br />

unverantwortlich und lebensgefährlich. Wie durch ein Wunder wurde damals kein Schleppflugzeug mit<br />

tödlichen Konsequenzen abgeschossen!<br />

Das Flugverbot nach Alaska offenbarte sich (durch eine Indiskretion) als „fauler Zauber“, wie man<br />

einem streng vertraulichen Befehl entnehmen konnte, der den Pilotinnen „zugespielt“ worden ist. Die<br />

Stabsoffiziere fürchteten keineswegs die Notlandung oder gar den Absturz von Pilotinnen über eisigen<br />

Gletschern ohne Rettungsmöglichkeiten (wie zunächst vermutet wurde). In Wirklichkeit dominierte die<br />

amerikanische Prüderie: einige hohe Offiziere glaubten die Pilotinnen könnten von den sexuell<br />

ausgehungerten Männerscharen in Alaska vergewaltigt werden ohne jeden Schutz vor Übergriffen ...<br />

Eines Tages erfolgte die überraschende Anordnung, alle Pilotinnen mit Pistolen Kaliber 45<br />

auszurüsten, angeblich zum Schutz der kostbaren und oft geheimen Fracht, was schwer verständlich<br />

erschien. Es gab ein Befehl, dass „unter besonderen Umständen bei Notlandungen die Maschinen<br />

zerstört werden sollten“.<br />

Ein bestimmter markierter Punkt am Flugzeugrumpf musste dann durch einige Pistolenschüsse<br />

getroffen werden, um die Maschine explodieren und in Flammen aufgehen zu lassen. Auf diese Weise<br />

gerate geheime Fracht nicht „in die Hände von Spionen und Saboteuren“. Diese Praxis gefiel den<br />

Pilotinnen überhaupt nicht, sodass sie am liebsten ihre entladenen Schusswaffen zwischen dem<br />

Fallschirm versteckten und die zugehörigen Patronen in der Handtasche verstauten.<br />

Bis zum Frühling 1944 hatte keine militärische Behörde es für nötig befunden, eine Uniform für die<br />

Pilotinnen entwerfen und in Serie schneidern zu lassen. Unter diesen Umständen gerieten die Frauen<br />

häufig in absolut lächerliche und diskriminierende Situationen!<br />

23


Als eine Pilotin sich in ihren Overalls in einem Waschraum des Flugplatzes frisch machen wollte,<br />

stiess sie zufällig auf eine Putzfrau beim Saubermachen. Mitleidig reagierte die Seniorin: „Ach du<br />

lieber Gott, jetzt sind die Männer so knapp geworden, dass unsere Weiber als Sanitär-Installateurin<br />

arbeiten müssen!“<br />

Nach einem anstrengenden Überführungsflug wollten mehrere Pilotinnen in New York Jack<br />

Dempsey's Restaurant und Bar aufsuchen. Der Barkeeper blickte die Frauen streng an und weigerte<br />

sich ihre Bestellung aufzunehmen: „Sorry, hier werden keine Frauen mit langen Hosen bedient!“<br />

Mundtrocken mussten sie durch eine Hintertür das sittenbewusste Lokal wieder verlassen.<br />

Kaum standen die Girls auf dem Broadway während der Suche nach einer freundlicheren Kneipe, als<br />

plötzlich der Manager atemlos hinter ihnen her gerannt kam, sich wortreich entschuldigte wegen des<br />

Versehens und alle Damen auf Kosten des Hauses zu jedem beliebigen Drink einlud und dazu eine<br />

herzhafte Mahlzeit servieren liess. Ein Offizier der Air Force, der an der Bar hockte, hatte noch<br />

rechtzeitig für Aufklärung gesorgt.<br />

Frauenbeine in Herrenhosen waren unmoralisch<br />

Im Frühjahr 1944 landeten einige WASPS in Americus, Georgia und nahmen den Bus zur Innenstadt,<br />

um Hotelzimmer zu buchen. Während die Pilotinnen die Hauptstrasse entlang schlenderten, hielt ein<br />

Streifenwagen der Polizei mit quietschenden Bremsen neben ihnen an. Man verlangte in barschem<br />

Ton zur Wache mitzukommen.<br />

Die Begründung der Festnahme lautete: „Nach Einbruch der Dunkelheit dürfen in dieser Gemeinde<br />

keine weiblichen Personen in langen Herrenhosen draussen herumlaufen“. Der Hinweis auf Overalls<br />

der Pilotinnen als Arbeitskleidung bzw. Uniform nutzte nichts. Dann sperrte man die ertappten<br />

Sünderinnen in eine Zelle „wegen öffentlicher Missachtung von Sitte und Anstand“.<br />

Schliesslich gelang es, den Sheriff zu einem Telefonanruf auf dem Flugplatz zu bewegen, um die<br />

Behauptungen der Fliegerinnen zu überprüfen: „Wir haben hier ein paar Girls verhaftet, die sich als<br />

Offiziere der Air Force ausgeben und höchst verdächtig sein dürften“, brüstete sich der Polizei-Chef.<br />

Ohne eine Erklärung abzuwarten, beendete er abrupt die Telefonverbindung.<br />

Lästiger<br />

Papierkram<br />

vor dem Start<br />

24


Gegen zwei Uhr früh durften die Frauen noch einmal telefonieren und wählten die Rufnummer ihrer<br />

Chef-Pilotin Nancy Love in Cincinnati, Ohio. Sie lag im Tiefschlaf und reagierte bestürzt. Love<br />

verlangte den Sheriff zu sprechen und „machte ihn lautstark zur Sau“, worüber sich die Häftlinge<br />

köstlich amüsierten. Prompt fuhren Polizisten alle Pilotinnen zurück zum Luftstützpunkt, allerdings<br />

ohne sich zu entschuldigen.<br />

Um das Verhalten der Polizei und Barkeeper zu verstehen, muss man sich in die sogenannten<br />

Moralvorstellungen der amerikanischen Bevölkerung während der Kriegsjahre versetzen. Mit anderen<br />

Worten: Frauen in langen Hosen nach Einbruch der Dunkelheit in der Öffentlichkeit waren mit dem<br />

Geruch von Prostitution behaftet!<br />

Ausserdem vermied das Department of War neben der US Air Force jede Art von Publicity, um die<br />

Bevölkerung mit der Existenz dieser freiwilligen Pilotinnen im Dienst der Streitkräfte durch<br />

Berichterstattung in der Presse vertraut zu machen. Die Tätigkeit der WASPS sollte „quasi geheim“<br />

bleiben aus nicht näher bekannten Gründen.<br />

Nach dem tödlichen Absturz mehrerer Pilotinnen wurde ihnen die letzte militärische Ehre verweigert,<br />

weil es sich „formal um Zivilistinnen handelte mit Honorarauftrag“ im Rahmen der US Air Force. Keine<br />

Flagge auf den Särgen, keine Bestattung mit Ehrenformation und Salutschüssen, keine Orden und<br />

Ehrenzeichen, keine Übernahme der Begräbniskosten usw. Die überlebenden Pilotinnen empörten<br />

sich über so viel Herzlosigkeit.<br />

Während der Sommermonate 1944 überführten die Frauen des WASP Air Transport Command so<br />

viele Maschinen wie nie zuvor: 1.280 im Juli und 1.049 im August. In Long Beach waren etwa 80<br />

Pilotinnen stationiert. Am 20.September 1944 empfing die WASP P-47 Schwadron eine besondere<br />

(und seltene) Ehrung in der Republic Aircraft Fabrik zu Evansville, Indiana. Innerhalb zweieinhalb<br />

Jahren erreichten dort 10.000 Thunderbolt Kampfmaschinen die Endmontage. Nun knallten die<br />

Champagnerkorken siegesbewusst.<br />

Im Herbst 1944 war die Hälfte aller Piloten bei Überführungsflügen innerhalb der USA weiblich. Sie<br />

besorgten 75 Prozent der vorkommenden Transfers gewissenhaft. Bereits im März 1944 hatten 541<br />

Pilotinnen ihre Examina bestanden dank umfassender Weiterbildung. Weitere 500 waren noch mit<br />

ihrer Ausbildung befasst. Avenger Field, Sweetwater, Texas führte alle Fäden zusammen. Die<br />

Warteliste verzeichnete 1.200 Bewerberinnen hoher Qualifikation.<br />

In der Wüste Kaliforniens östlich Bakersfield erprobte man den Einsatz moderner Kettenfahrzeuge der<br />

US Army mit Flugabwehrkanonen für den Einsatz in Europa, wozu wiederum geeignete Zielscheiben-<br />

Flugzeuge benötigt wurden. Das Testgelände der gepanzerten „half tracks“ (Kombination von<br />

Kettenantrieb und normaler Lenkung mit Autoreifen) ähnelte einer Mondkrater-Szenerie und die<br />

Kanoniere wurden während der Fahrt wie auf einer Achterbahn geschüttelt. Wie konnten sie trotzdem<br />

genau zielen lernen?<br />

Immer wieder kamen aus den Funkempfängern die Stimmen der Zielscheiben-Pilotinnen, vielfach<br />

etwas beunruhigt: „Aufpassen, Leute, ich habe jetzt schon vier Löcher im Schwanz und schmiere bald<br />

ab, wenn das so fortgesetzt wird“ Auch bei diesem Training zogen die Maschinen eigenartige<br />

Schläuche aus Musselinstoff hinter sich her.<br />

Kameradschaftliches Verhalten zwischen männlichen und weiblichen Piloten tröstete über manche<br />

Kränkung hinweg. Dolores Meurer und zwei andere WASPS, eingesetzt als „Schlepperinnen“ beim<br />

Flak-Training, sassen in der Offiziersmesse mit männlichen Piloten beim Essen auf einem<br />

Luftstützpunkt. Plötzlich tauchte ein Steward auf und erklärte, die Pilotinnen sollten sich gefälligst an<br />

einen anderen Tisch setzen im Casino. Nun erschien der Colonel bei seinen Männern und versicherte<br />

kaltschnäuzig: „Ich kann keine Weiber an meinem Esstisch leiden. Das ist unmilitärisches<br />

Benehmen!"<br />

Ab April 1944 konnten endlich blaue Uniformen an die Pilotinnen ausgegeben werden im Offiziersrang<br />

(Lieutenant) und das Sozialprestige in den Clubs der höheren Chargen stieg beträchtlich. WASP<br />

Barbara Erickson wurde als erste Pilotin wegen hervorragender Leistungen mit einer Air Medal<br />

ausgezeichnet. Bescheiden legte sie die Auszeichnung in eine Schublade ihrer Unterkunft.<br />

25


Geriet eine Pilotin in Schwangerschaftsnöte, war es Sache der jeweiligen Geschwader-Chefin sich<br />

diskret um eine Möglichkeit zur Abtreibung zu bemühen. Das war eine ungeschriebene Regelung, die<br />

zur Verschwiegenheit verpflichtete. Adressen hilfsbereiter Mediziner lieferte die Air Force bereitwillig.<br />

Einige Flugplätze verfügten sogar über abgeschlossene Zimmer mit mehreren Betten, um Sex<br />

zwischen Männern und Frauen unauffällig zu ermöglichen, falls sich hoch über den Wolken keine<br />

Gelegenheit bot.<br />

Das Lieblingslied der emanzipierten WASPS hatte folgenden Wortlaut:<br />

I just called up to tell you that I'm rugged but right!<br />

A rambling woman, a gambling woman, drunk every night.<br />

A porterhouse steak three times a day for my board,<br />

That's more than any decent gal can afford!<br />

l've got a big electric fan to keep me cool while I eat,<br />

A tall handsome man to keep me warm while I sleep.<br />

I'm a rambling woman, a gambling woman and BOY am I tight!<br />

I just called up to tell you that I'm rugged but right!<br />

HO-HO-HO-Rugged but right!<br />

Bis zum Juni 1944 hatten 23 Pilotinnen im Einsatz den Tod gefunden. Über das Jahr 1944 verteilt kam<br />

dabei jeden Monat eine Pilotin ums Leben. In fast allen Fällen zählten mechanische Ursachen zu den<br />

Auslösern der Abstürze (also mangelhafte Wartung, defekte Funktionsteile usw.). Fehlerhaftes<br />

Verhalten der Frauen blieb die seltene Ausnahme, wie Untersuchungen zeigten.<br />

Unfreiwillig komische Anzeige<br />

aus den USA Kriegsjahren:<br />

„Sehnsucht bringt Deinen<br />

Liebsten nicht schneller<br />

zurück in die Heimat!<br />

BESORG DIR EINEN<br />

KRIEGSJOB!<br />

Das nächste Arbeitsamt<br />

wartet auf deinen Besuch ...“<br />

26


Ann Baumgartner lernte eine geheime Teststation der US Air Force kennen, wo sie unter anderem<br />

erbeutete deutsche Messerschmitt und japanische Zeros ausprobieren durfte. Sensationell erschien<br />

jedoch das erste amerikanische Düsenflugzeug im Versuchsstadium, die YF-59. Im Sommer 1944<br />

begegneten amerikanische Bomber während ihrer Angriffe auf Ziele im deutschen Reichsgebiet ab<br />

und zu den ersten deutschen Messerschmitt Düsenjägern, die blitzschnell auftauchten, feuerten und<br />

abdrehten. Ohne Zweifel hatte das Düsenzeitalter gerade begonnen!<br />

Militärischer Anschluss unerwünscht<br />

Zur gleichen Zeit röhrten die neuartigen deutschen V-2 Raketen über die Dächer Londons mit einer<br />

Geschwindigkeit von 350 Meilen in der Stunde, unerreichbar für normale Jagdflugzeuge. Man nannte<br />

sie damals DOODLE BUGS (Dudelkäfer) mit grimmigem Humor. Die Briten setzten einen Twin Jet<br />

Gloster Meteor gegen die V-2 ein, allerdings mit geringem Erfolg.<br />

Im Herbst 1944 hatte Ann Baumgartner, eine 21 Jahre alte New Yorker ehemalige Journalistin und<br />

damalige Zivilpilotin der WASPS, das Vergnügen, eine YF-59 fliegen zu dürfen, zumindest kurze Zeit<br />

im Test. Hoch oben durfte sie einige Salven mit den Maschinenkanonen abfeuern. Es war ein<br />

grossartiges Erlebnis, begrenzt auf 30 Minuten.<br />

Im Februar 1944 präsentierte die AAF dem Kongress eine Gesetzesvorlage zur „Militarisierung“ der<br />

WASPS, denn das Women's Army Corps (WAC) war bereits ein Jahr zuvor „militärisch eingebunden“<br />

worden mit den gleichen Rechten und Pflichten für beide Geschlechter (Sold, Heilfürsorge,<br />

Ruhestandsbezüge, Prämien usw.). Sogleich regte sich erbitterter Widerstand bei den Veteranen-<br />

Organisationen (American Legion), die ihre bisher exklusive Männerposition gefährdet sahen. Wollte<br />

man überzählige männliche Piloten in die Arbeitslosigkeit abschieben? Das Parlament reagierte nicht.<br />

General Arnold erschien vor dem House Committee on Military Affairs zur Anhörung in Washington,<br />

D.C. und lobte seine Pilotinnen in den höchsten Tönen mit eindrucksvollem Zahlenmaterial. Danach<br />

entwickelte sich eine hitzige Debatte darüber, ob die Pilotinnen zahllosen männlichen Kollegen die<br />

Existenzgrundlage rauben würden in naher Zukunft. General Arnold blieb eisern: Seine Pilotinnen<br />

waren fast allen männlichen Konkurrenten qualitativ deutlich überlegen, was er beweisen konnte!<br />

1945 zählte das Women's Army Corps 150.000 Frauen, die WAVES hatten 100.000 Angehörige, die<br />

SPARS der Coast Guard 13.000 Frauen in Uniform. Nicht zu vergessen 23.000 Women Marines. Die<br />

Navy rühmte sich im April 1945, dass ihr Hauptquartier inzwischen zur Hälfte „weiblich besetzt“ sei.<br />

Als die ersten Pilotinnen im September 1942 verpflichtet wurden, waren Überführungspiloten derart<br />

knapp, dass man sogar Siebzehnjährige zum Schnellkurs akzeptierte. Damals kursierte der Scherz:<br />

„Die nehmen bald auch Orang Utangs mit High School Diplom“. WACS und WASPS konnte man<br />

schlecht gegeneinander aufrechnen in puncto Qualifikation.<br />

WACS mussten mindestens 21 Jahre alt sein bei Bewerbungen, während WASPS bereits mit 18<br />

Jahren Zugang zur Fliegerei fanden dank ihrer tadellosen Diplome. WACS durften keine Kinder unter<br />

14 Jahren haben bei der Einstellung. Pilotinnen war es erlaubt, daheim Kleinkinder bei den Vätern<br />

oder Grosseltern zurück zu lassen.<br />

Organisatorisch war auch von Bedeutung, dass es 1942 noch keine selbständige US Air Force gab,<br />

sondern nur das Army Air Force Corps. Zu erinnern ist - vergleichsweise - an den berühmten Glenn<br />

Miller mit seinen Musikern bei der Truppenbetreuung: offiziell US Army Air Force Band. Das Air Corps<br />

entstand um 1912 als „Auswuchs“ des Army Signal Corps in den USA. General Arnold hatte damals<br />

fliegen gelernt. Erst 1947 existierte eine getrennte US Air Force.<br />

Die Wutausbrüche der Männerwelt machten sich nach wie vor auf hässliche Weise Luft. WASP Jill<br />

McCormick sass in der Halle eines Hotels in der Stadt Raleigh, las ein Buch und wartete auf ihren<br />

Heimflug Kurs New Castle, Delaware. Plötzlich umringte sie eine Schar uniformierter Männer, die<br />

losbrüllten: „Verzieh Dich heimwärts, WASP, wir finden Dich zum Kotzen! Dein Weiberverein sollte<br />

endlich aufgelöst werden, denn er ist überflüssig. Verdufte endlich, Du blöde Votze!“<br />

27


Jill raffte sich erschrocken auf und floh in die Damen-Toilette des Hotels, erreichte aber nur die Tür.<br />

Dort schlug man auf sie ein. Ein Offizier trat dazwischen und rief: „Lasst die Pilotin in Ruhe! Sie ist<br />

eine von uns Fliegern, verdammt nochmal!“ Jetzt verzogen sich die Kerle maulend, und der Offizier<br />

versuchte sie zu beruhigen. Schliesslich traf der Zubringerbus zum Flugplatz ein.<br />

Im Kongress wendete sich des Blatt und die Unterstützung der WASPS reichte nicht aus, um ein<br />

hilfreiches Gesetz durchzuboxen. Als Kompromiss sollten ausgebildete Pilotinnen vorläufig weiter<br />

beschäftigt werden, während die Rekrutierung künftiger Pilotinnen für überflüssig erachtet wurde. Um<br />

den WASPS in der Legislative zum Sieg zu verhelfen, fehlten im Parlament zuletzt 19 Stimmen.<br />

Am 3. 0ktober 1944 waren WASPS auf 90 Luftstützpunkten innerhalb der USA stationiert. Abends<br />

fanden sie nach ihren Landungen überall gleichartige offizielle Briefe vor, die nichts Gutes vermuten<br />

liessen. Absender: AAF Hauptquartier in Washington, D.C. Jacqueline Cochran teilte mit:<br />

„General Arnold hat angeordnet, dass das WASP Programm beendet werden muss mit Wirkung vom<br />

20. Dezember 1944. Beigefügt ist eine Botschaft des Generals an alle Pilotinnen mit einer Erklärung<br />

der Umstände im einzelnen.“ Viele Frauen brachen in Tränen aus.<br />

Der General liess in seiner Botschaft durchblicken, dass die bald heimkehrenden männlichen Piloten<br />

nicht brotlos gemacht werden dürften und dass deshalb die Pilotinnen auf ihre Jobs leider verzichten<br />

müssten. Zuletzt schrieb er: „Ich danke Euch allen und wünsche Euch allezeit eine glückliche<br />

Landung im ferneren Leben“. Im Kreis der Pilotinnen nahm man solche Formulierungen als blanken<br />

Hohn auf. Die Männerwelt hatte sich wieder einmal verschworen, um Frauenrechte einzudämmen.<br />

Inspektion von<br />

Fallschirmen durch<br />

WAC Angehörige<br />

28


Zahlreiche Pilotinnen schickten jetzt ausführliche Bewerbungsschreiben an die grössten<br />

Flugzeugwerke, um eine Position als Test-Pilotinnen zu ergattern, aber sie erhielten nur Absagen, weil<br />

die Produktion wegen des bevorstehenden Friedensschlusses stark gedrosselt wurde. Wenige<br />

männliche Piloten reichten den Unternehmen fortan.<br />

Ob es geeignete Jobs in China oder Südamerika gab? Die Botschaft Boliviens reagierte auf originelle<br />

Weise: Wenn die Bewerberin ihr eigenes Frachtflugzeug als Mitgift einbringen würde, sei ein<br />

Engagement durchaus denkbar. Eine preisgünstige C-47 wäre also willkommen gewesen.<br />

In einem Beitrag in der New York Times erläuterte Jacqueline Cochran, dass die arbeitslosen<br />

Pilotinnen vielleicht als Agrar-Fliegerinnen im Einsatz gegen Heuschrecken und andere Schädlinge<br />

noch Chancen hätten, bei Firmen für Luftbild-Aufnahmen oder als technische Ausbildungskräfte. Die<br />

kommerzielle Fluggesellschaft Trans World Airline wäre interessiert gewesen, ehemaligen Pilotinnen<br />

als Stewardessen zu beschäftigen, niemals aber im Cockpit der Männer (weil die Passagiere kein<br />

Vertrauen zu Frauen als Pilotinnen hätten). Ausbilderinnen am sogenannten Link-Trainer (Simulator)<br />

waren gelegentlich im Gespräch oder als Unfall-Forscherinnen in der Luftfahrt nach Katastrophen (im<br />

Dienst von Versicherungen).<br />

Entlassung ohne Würde und Respekt<br />

Die Civil Aeronautics Administration (sinngemäss Flugsicherungsanstalt) zeigte sich interessiert,<br />

ehemalige Pilotinnen als Fluglotsen im Tower umzuschulen. Wohin man auch blickte, Arbeitsplätze “in<br />

der Luft“ hatte keine Institution anzubieten. Mary Parker bekam eine Chance beim Roten Kreuz auf<br />

einer Pazifik-Insel bei den „Flying Doctors“.<br />

Kontrolle der<br />

Ersatzreifen für<br />

Flugzeuge: oft<br />

mangelhafte Qualität<br />

29


Am 20.Dezember 1944 produzierte der NBC Kommentator Robert St. John eine Farewell-Sendung,<br />

um die WASPS zu ehren: „Heute sagen überall in den USA die Pilotinnen einander Lebewohl mit<br />

Tränen in den Augen und einem Gruss an die männlichen Kameraden auf dem Rollfeld. Sie geben<br />

ihre Fallschirme zurück und klopfen ihren geliebten Maschinen noch einmal anerkennend auf die<br />

Flügel. Diesen Frauen schnürt der Abschied die Kehlen zusammen, während sie ihre Uniformen<br />

ablegen und in Zivilkleidung schlüpfen. An Weihnachten treffen sie bei ihren Familien ein, aber das<br />

wollen sie ja garnicht“...<br />

„Ich habe unsere Fliegerinnen kennen gelernt. Es sind intelligente junge Frauen, aufrichtig und<br />

hochbegabt. Sie haben hervorragende Leistungen vollbracht unter lebensgefährlichen Bedingungen.<br />

Heute morgen habe ich mit Washington telefoniert und erfahren, dass es keine Verabschiedung mit<br />

einer Zeremonie geben wird, nicht die geringste offizielle Danksagung unserer Regierung. Tausend<br />

Frauen verschwinden irgendwohin auf Nimmerwiedersehen, weil der Kongress nichts für sie übrig<br />

hat!“<br />

Die Pilotinnen kehrten in Elternhäuser heim, die ihnen fremd geworden waren. In Wohnungen, die leer<br />

standen, weil der Ehemann im Krieg gefallen war. Sie fanden sich in Kleinstädten wieder, wo niemand<br />

Verständnis für ihren seelischen Zustand aufzubringen imstande war. Mit anderen Worten: sie fanden<br />

sich nicht mehr im Leben zurecht.<br />

Manche suchten Zuflucht im Alkohol oder in einer Depression. Eine WASP wählte den Freitod aus<br />

Verzweiflung. Einige reisten nach Alaska, nach Mexiko oder gar Europa, um einen neuen Sinn für ihr<br />

Leben zu entdecken. Viele heirateten nahezu wahllos, um auf andere Gedanken zu kommen, was<br />

selten lange glückte.<br />

1947 organisierten ehemalige WASPS ein Treffen zum Wiedersehen der früheren Freundinnen in<br />

Washington, D.C., aber es kam niemand. Erst 1972 klappte es zum 30. Jahrestag in Sweetwater,<br />

Texas. Man beschloss feierlich, künftig alle zwei Jahre wieder zusammen zu kommen. 1976 standen<br />

800 Adressen für Einladungen zur Verfügung nach intensiven Erkundigungen. Dann war Hot Springs,<br />

Arkansas an der Reihe.<br />

Eine Pilotin der WASPS, die 1928 das Fliegen erlernt hatte, also ein Jahr nach Lindberghs Alleinflug<br />

über den Atlantik, kutschierte mit ihrer Maschine allein nach Hot Springs zum Velda Rose Hotel<br />

Meeting. Dazwischen waren fast 50 Jahre verstrichen...<br />

Sechs Wochen vor diesem Treffen, am 10. September 1976, entschloss sich der Senat in<br />

Washington, D.C. nach schier endlosem Zögern, die WASPS formal als „World War 2 Veterans<br />

anzuerkennen im Sinn des Gesetzes“ ohne entsprechende Privilegien (Renten, Krankenversicherung<br />

usw.) Die veränderte Gesetzgebung kam unter anderen auch Polen und Tschechen zugute, die im<br />

Weltkrieg auf alliierter Seite gekämpft hatten.<br />

Vier Tage später stoppte das House of Representatives aber die Aktion des Senats. Der<br />

Kriegsteilnehmerverband American Legion wehrte sich heftig dagegen, dass „Zivilistinnen wie diese<br />

Pilotinnen gleiche Vorrechte geniessen sollten wie richtige Kriegsteilnehmer“. Die Legion<br />

argumentierte, dass allerlei Gruppierungen jetzt ihre uferlosen Forderungen anmelden könnten:<br />

Kriegskorrespondenten der Presse, Männer der Handelsmarine, die Leute der Civil Air Patrol usw.<br />

Wieder einmal musste die Angelegenheit auf die lange Bank geschoben werden in der Hauptstadt.<br />

General Arnold starb 1950, aber sein Sohn unterstützte leidenschaftlich das Anliegen der WASPS.<br />

Am 15. März 1977 gelang der Durchbruch: WASP BILL H.R.3277 fand die Zustimmung des<br />

Parlaments, zumindest der Frauen.<br />

Der Streit ging also weiter bis zum 4. November. Kurz vor Mitternacht genehmigte der Senat H.R.<br />

8702 (als Kompromiss). Am 23.November 1977 unterzeichnete Präsident Jimmy Carter kurz vor dem<br />

Thanksgiving Tag den „Veterans Status of Women's Air Force Service Pilots of WW2“. Das bedeutete<br />

ehrenvolle Entlassungsurkunden für die alt gewordenen Pilotinnen ... reichlich spät. Sonst garnichts!<br />

30


Einige statistische Daten zum Schluss<br />

Es bewarben sich mehr als 25.000 Zivilpilotinnen bei den amerikanischen Streitkräften in den<br />

Kriegsjahren ab 1942. 1.830 kamen in die engere Wahl und etwa 31 Prozent mussten alsbald wieder<br />

verabschiedet werden, weil ihre Tauglichkeit nicht den hohen Ansprüchen genügte. Acht Prozent<br />

wollten aus unterschiedlichen Motiven ihre begonnene Ausbildung nicht fortsetzen.<br />

1.074 Frauen bestanden alle Examina, umgerechnet 59 Prozent der Auszubildenden. Von den 1.074<br />

ausgezeichneten Pilotinnen blieben 900 WASPS im Dienst bis zur Auflösung der Organisation Ende<br />

1944 (gleich 84 Prozent aller examinierten Frauen).<br />

Insgesamt flogen die Pilotinnen 60 Millionen Meilen im Auftrag der Army Air Forces mit 38 Ausfällen<br />

(Tod, Unfälle usw.) Auf jeweils 16.000 Flugstunden kam ein Unfall. Statistisch gesehen hatten die<br />

Pilotinnen nicht mehr bzw. nicht weniger Unfälle zu registrieren als ihre männlichen Kollegen (mit<br />

geringfügigen Abweichungen).<br />

Einstellungsvoraussetzungen: Alter 21 bis 35 Jahre. Abschlusszeugnis einer High School. Zivilflug-<br />

Lizenz zum Führen von Maschinen mit maximal 200 PS. Nachweis von mindestens 500<br />

einwandfreien Flugstunden. Staatsbürgerschaft der USA. Erfahrung im Langstreckenflug innerhalb<br />

der USA. Mindestgrösse 60 Zoll. Bestätigung der Flugtauglichkeit durch einen Facharzt. Intensive<br />

Befragung durch einen Offizier der US Air Force.<br />

1.102 WASP Pilotinnen gliederten sich folgendermassen: 29 Prozent unter 21 Jahren, 57 Prozent in<br />

der Altersgruppe 22 bis 27, 11 Prozent waren 28 bis 32 Jahre alt und drei Prozent älter als 32 Jahre.<br />

Im Jahr 1944 wurden 1.066 Pilotinnen ausgebildet mit auffälligen Defiziten im Vergleich zu früheren<br />

Jahrgängen:<br />

18 bis 20 Jahre Beginn - Ausbildung<br />

Fluguntauglich danach<br />

Kündigungen, freiwillig<br />

Medizinisch untauglich<br />

Examinierte<br />

21 bis 25 Jahre Beginn - Ausbildung<br />

Fluguntauglich danach<br />

Kündigungen, freiwillig<br />

Medizinisch untauglich<br />

Examinierte<br />

26 bis 30 Jahre Beginn - Ausbildung<br />

Fluguntauglich danach<br />

Kündigungen, freiwillig<br />

Medizinisch untauglich<br />

Examinierte<br />

31 bis 35 Jahre Beginn - Ausbildung<br />

Fluguntauglich danach<br />

Kündigungen, freiwillig<br />

Medizinisch untauglich<br />

Examinierte<br />

93<br />

20<br />

3<br />

2<br />

68<br />

649<br />

183<br />

63<br />

11<br />

392<br />

243<br />

102<br />

31<br />

11<br />

99<br />

81<br />

44<br />

11<br />

6<br />

20<br />

22 Prozent<br />

3 Prozent<br />

2 Prozent<br />

73 Prozent<br />

28 Prozent<br />

10 Prozent<br />

2 Prozent<br />

60 Prozent<br />

42 Prozent<br />

12 Prozent<br />

5 Prozent<br />

41 Prozent<br />

54 Prozent<br />

14 Prozent<br />

7 Prozent<br />

25 Prozent<br />

31


Die 1943 ausgebildeten Pilotinnen schnitten besser ab als die späteren Freiwilligen 1944 in den<br />

oberen Altersklassen. Die zum Beginn des Programms ausgebildeten Pilotinnen brachten jedoch in<br />

der Regel grössere Erfahrungen als Zivilistinnen mit, hatten also eine umfangreichere Flugpraxis<br />

aufzuweisen. Fazit: künftig sollte die Altershöchstgrenze zur Ausbildung 28 Jahre betragen.<br />

Es wurde errechnet, dass die Ausbildung einer Pilotin etwa 12.000 US Dollar kostete. Der an die<br />

Auszubildenden gezahlte Sold betrug monatlich nominal 150 US Dollar (mit Überstundenausgleich<br />

etwa 172.50 US Dollar im Monat). Im Einsatz als Überführungspilotinnen zahlte die Regierung mit<br />

Überstunden ungefähr 300 US Dollar monatlich je Pilotin. Für die Unterkunft auf den Flugplätzen<br />

wurden monatlich 20 US Dollar abgezogen. Die Honorierung einer Pilotin entsprach somit ungefähr<br />

dem Sold eines Second Lieutenant in der US Air Force mit Flugzulagen. Nach längerer Dienstzeit gab<br />

es allerdings keine finanziellen Aufstiegsmöglichkeiten.<br />

Virginia Achser setzt den<br />

Kurs als Navigator an<br />

Bord einer B-17 Flying<br />

Fortress: 10 Stunden<br />

Flugzeit von Columbus,<br />

Ohio nach Houston,<br />

Texas heisst der Befehl.<br />

32


Für die Uniformierung sollten die WASPS aus der eigenen Tasche etwa 100 US Dollar zahlen. Jeweils<br />

sechs Pilotinnen mussten sich ein Zimmer teilen, was teilweise qualvolle Enge bedeutete. Zu den<br />

Gründen für Kündigungen gehörten: Höhenangst, andere Lebensplanung, körperliche Leiden,<br />

Depressionen, Seekrankheit bzw. Luftkrankheit, Schwangerschaft bei verheirateten Pilotinnen,<br />

Asthma, Klaustrophobie, Erschöpfung.<br />

Als die Organisation der WASPS Ende 1944 aufgelöst wurde, kamen folgende statistische Daten<br />

zustande:<br />

150 Kündigungen, freiwillig 14.00 Prozent<br />

9 Disziplinarische Kündigungen 0.81 Prozent<br />

27 Todesfälle 2.45 Prozent<br />

919 einsatzbereite Pilotinnen 83.12 Prozent<br />

1.102 Pilotinnen 100.00 Prozent<br />

Der hohe Prozentsatz freiwilliger Kündigungen ist auf die Job-Unsicherheit zurück zu führen, weil sich<br />

der Kongress beharrlich weigerte die Pilotinnen (wie die Männer) offiziell in die US Air Force<br />

aufzunehmen mit allen üblichen Versorgungsansprüchen auf lange Sicht. WASPS durften jederzeit<br />

kündigen.<br />

Die Unfallstatistik verrät, dass 402 Flugunfälle dokumentiert wurden. 35 dieser Unfälle gleich neun<br />

Prozent endeten tödlich. (Männliche Piloten erlebten in der gleichen Berichtszeit unter den gleichen<br />

Umständen 11 Prozent tödliche Flugunfälle). WASPS hatten 38 Todesfälle. Die meisten dieser Unfälle<br />

ereigneten sich während der Überführungsflüge (Ferrying Division ATC). Beim Einsatz in Fliegenden<br />

Festungen gab es keine Unfälle trotz 30.000 Flugstunden mit viermotorigen Maschinen.<br />

Cartoon USA 1944:<br />

„Rechts schwenkt …<br />

Marsch!“ -<br />

Flucht in der Ehe<br />

als Notausgang für<br />

arbeitslose Girls,<br />

bisher noch in<br />

flotter Uniform ...<br />

33


Quellen<br />

Keil, S.V.W.: The Unknown Heroines of World War 2<br />

New York, N.Y. 1990<br />

USAF Museum<br />

US Air Force<br />

The Women's Air Force Service Pilots Organisation (WASP)<br />

Final Report on Women Pilot Program by Jacqueline Cochran 1944/45<br />

Photos by Keil Collection, USAF Museum, Abbate, Batson Crews<br />

401 st ASF WAC Band 1944<br />

34


Erstveröffentlichung: August 2013<br />

Dieser Artikel wird bereitgestellt auf: http://www.golf-dornseif.de<br />

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