Ausgabe 4/2013 - Ghorfa
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ägypten | Länderreport<br />
SOUQ<br />
Wirtschaft und Recht in Ägypten nach dem<br />
„Arabischen Frühling“<br />
Dr. Florian Amereller, LL.M.<br />
Rechtsanwalt und Partner, Amereller Rechtsanwälte<br />
Foto: Anja Smasal<br />
Mittelmeerhafen von Alexandria<br />
Ägypten wurde lange Zeit – vielleicht etwas<br />
übertrieben – als Tiger am Nil bezeichnet,<br />
ein Land in dem Stabilität, Liberalität und<br />
Investorenfreundlichkeit wesentlich stärker<br />
ausgeprägt waren als an vielen anderen Orten<br />
in der arabischen Welt. Zwar wurden die sozialistischen<br />
Marktstrukturen aus der Zeit Gamal<br />
Abdel Nassers nie ganz abgebaut, aber die<br />
Bedeutung Ägyptens als regionaler Produktionsstandort<br />
und regionale Wirtschaftsmacht<br />
nahm bis zum Jahre 2011 kontinuierlich zu.<br />
Bereits lange vor der Revolution im Jahre<br />
2011 hatte die ägyptische Regierung die<br />
wirtschaftliche Bedeutung und Triebkraft<br />
ausländischer Direktinvestitionen erkannt<br />
und sich hier deutliche Ziele gesetzt. Das<br />
hat sich auch nach der Revolution – oder<br />
vielleicht besser den Revolutionen – nicht<br />
geändert, nur sehen die wirtschaftlichen<br />
Eckdaten und die Währungsreserven heute<br />
leider etwas weniger rosig aus als vor 2011.<br />
Ägypten hatte sich bereits unter Mubarak<br />
auf einen wirtschaftlichen Reformkurs<br />
begeben, dessen anfängliche Wegmarken<br />
die Verabschiedung mehrerer Investitionsgesetze<br />
und eine grundlegende Reformierung<br />
des Gesellschaftsrechts bildeten.<br />
Seine Fortsetzung fand dieser Ansatz mit<br />
einer Novelle des Arbeitsrechts und einer<br />
Liberalisierung des Steuerrechts. Abgerundet<br />
wurden diese Maßnahmen zur Erhöhung<br />
der Attraktivität des heimischen<br />
Wirtschaftsmarktes mit dem Erlass eines<br />
neuen Wettbewerbsgesetzes, um bessere<br />
Rahmenbedingungen für die Entfaltung<br />
wirtschaftlicher Aktivitäten zu ermöglichen.<br />
Auch die Gerichte waren in Ägypten im<br />
Wesentlichen effizient und die Richter<br />
gut ausgebildet – gerade bei den neu geschaffenen<br />
„Wirtschaftsgerichten.“ Dessen<br />
ungeachtet bestanden Probleme bei<br />
der Rechtsverfolgung und der Gleichheit<br />
vor dem Gesetz. Die Folge war, dass oft nur<br />
eine kleine Gruppe führender Unternehmer<br />
ihre Rechte effizient verfolgen und<br />
für sie günstige Interpretationen von Gesetz<br />
oder Verträgen durchsetzten konnten.<br />
Auch die daraus resultierende Frustration<br />
von Teilen der Mittelschicht führte dazu,<br />
dass im Jahre 2011 die Revolution letztlich<br />
von breiten Schichten der Bevölkerung getragen<br />
wurde.<br />
Andererseits war Ägypten für viele ausländische<br />
Unternehmen ein exzellenter Standort,<br />
mit billigen und zum Teil immer besser<br />
ausgebildeten Arbeitskräften, in dem Ausländer<br />
grundsätzlich fair behandelt und bei<br />
entsprechend geschickter und kulturell angepasster<br />
Vorgehensweise durchaus erfolgreich<br />
operieren konnten. An vielen dieser<br />
Eckdaten hat sich bis heute nichts geändert,<br />
wobei die derzeitigen Hartwährungspro-<br />
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SOUQ / 4/<strong>2013</strong>