Ausgabe 4/2013 - Ghorfa

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31.12.2013 Aufrufe

SOUQ Branchen | Bildung Die arabischen Golfstaaten entdecken die Bildung als Rohstoff der Zukunft Gute Bildung entscheidet maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit von Staaten und die Zukunftschancen junger Menschen. Die GCC-Staaten haben das erkannt und investieren massiv in den Bildungssektor. Deutschen Anbietern eröffnen sich insbesondere in der Berufsausbildung hervorragende geschäftliche Chancen. men, wie die Tabelle zeigt, in der Primarstufe in Kuwait auf einen Lehrer nur 8,6 Schüler. In der Sekundarstufe liegt diese Relation sogar bei nur 7,8. Damit ist Kuwait im Vergleich zu den GCC-Staaten an der Spitze. Doch weisen auch die anderen Länder durchweg sehr günstige Relationen auf, legt man den globalen Durchschnitt von 24,2 (Primarstufe) bzw. 17,3 (Sekundarstufe) zugrunde. Auch gemessen an der Alphabetisierungsrate können die arabischen Golfstaaten auf überdurchschnittlich gute Ergebnisse verweisen. Der Anteil der über 15-jährigen in der Region, die lesen können, liegt bei annähernd 90 Prozent oder darüber. Der weltweite Durchschnitt beläuft sich der Weltbank zufolge auf 89 Prozent. Zweifellos ist das Niveau der allgemeinbildenden Schulen in der Region beachtlich. Auch die Ausbildung an den Hochschulen gilt als gut. Defizite werden jedoch beim Übergang in das Berufsleben offenbart. So drängt Jahr für Jahr eine wachsende Zahl junger Menschen auf die Arbeitsmarkt, die lediglich einen Schulabschluss haben. Denn ein etabliertes Berufsausbildungssystem wie in Deutschland gibt es bislang allenfalls in Ansätzen. Training nach deutschen Standards wird geschätzt, hier durchgeführt vom Kunststoff-Zentrum SKZ Von Dr. Ralf Neubauer Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) haben ihre Ausgaben für die Bildung ihrer jungen Bevölkerungen in den vergangenen Jahrzehnten massiv ausgeweitet. In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) nahm der Anteil der Bildungsausgaben an den gesamten Staatsaugaben beispielsweise von 10,4 Prozent im Jahr 1985 auf 25 Prozent im Jahr 2011 zu (siehe Tabelle). Ebenso imposant ist die Ausgabenexpansion in Saudi-Arabien. Dort stieg der Anteil der Bildungsausgaben im selben Zeitraum von 10,1 auf 19,3 Prozent und nahm seitdem weiter zu: Für das laufende Jahr sieht der saudische Haushalt Bildungsausgaben in Höhe von umgerechnet 54,5 Mrd. US-Dollar vor. Dies entspricht einem Anteil von 25 Prozent am gesamten Etat entspricht. Spitzenreiter bei diesem Indikator ist im Übrigen der Oman: In dem Sultanat entfallen mehr als 30 Prozent der Staatsausgaben auf den Bildungssektor. Die Bildungsoffensive, die in allen GCC-Staaten zu beobachten war, hat die Qualität der Schulbildung deutlich erhöht. Dies lässt sich unter anderem an der Relation von Schülern zu Lehrern festmachen. Beispielsweise kom- Es gäbe am Golf gravierende Probleme mit dem Qualifikationsniveau derjenigen jungen Menschen, die erstmals eine Beschäftigung aufnehmen wollen, stellt Mark Andrews von dem britischen Bildungsanbieter Pearson fest. Viele Schulabgänger, aber auch Universitätsabsolventen seien nicht in der Lage, ihr in vielen Jahren erworbenes Wissen am Arbeitsplatz anzuwenden. Zudem verfügten viele Hochschulabsolventen nicht über diejenigen Qualifikationen, die von den Arbeitgebern verlangt würden. Die Folgen sind bekannt. Vielen jungen Menschen bleibt nur der Gang in die Arbeitslosigkeit. Arbeitslosenquoten von 30 Prozent in der Gruppe der unter 30-jährigen sind in der Region keine Ausnahme. Andererseits wird händeringend nach qualifizierten Fachkräften gesucht. Sie müssen überwiegend im Ausland rekrutiert werden, obwohl es Ziel der Regierungen ist, zumindest die qualifizierten Arbeitsplätze mit einheimischen Fachkräften zu besetzen. In Saudi-Arabien wird eine „Saudisierung“ des Arbeitsmarktes angestrebt, in den VAE eine „Emiratisierung“. Foto: Kunststoff-Zentrum SKZ SOUQ / 4/2013 20

Bildung | Branchen SOUQ Doch die Regierungen steuern dagegen. Sie haben erkannt, dass gerade auch die Berufsbildung über die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften und die Zukunftschancen ihrer jungen Bevölkerungen entscheidet. Exzellente berufliche Bildung ist als Rohstoff der Zukunft mindestens ebenso wichtig wie die reichen Vorkommen an Kohlenwasserstoffen (Öl und Gas). Foto: Technical Trainers College (TTC) Riyadh So wurde laut iMOVE, der Initiative des Bundesbildungsministeriums, in Saudi-Arabien bereits im ersten Fünf-Jahres-Entwicklungsplan im Jahr 1970 der beruflichen Bildung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Als der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zunahm, wurde 1980 per königlichem Dekret die „General Organization for Technical Education and Vocational Training“ gegründet. Im Jahr 2007 wurde die Institution in „Technical and Vocational Training Corporation“ (TVTC) umbenannt. Der Schwerpunkt der TVTC liegt heute auf generellen Trainings und On-the-Job-Schulungen. Zudem bezieht die Organisation die privaten Firmen ein, die von diesen Maßnahmen profitieren. Die TVTC fördert entsprechend auch Investitionen in diesem Sektor. Verschiedene private und staatliche Institutionen bilden aus. So gibt es so genannte Industrial Vocational Institutes. Dort dauert die Ausbildung bis zu drei Jahre. Am Ende steht ein Abschluss, der dem der „Secondary General School“ gleichwertig ist. Außerdem gibt es Technical Studierende im Technical Trainers College (TTC) Riyadh arbeiten an einem Telekommunikationsnetzwerk Colleges, die in drei bis vier Jahren zu einem Diplom führen. In diesem Rahmen sind Spezialisierungen in Fächern wie Energietechnik, Mechanik, Chemie, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Umwelt- und Agrotechnik möglich. Das bestehende Ausbildungssystem ist aber nicht so dimensioniert, dass es alle Schulabgänger aufnehmen kann, die nicht ein Studium an einer Hochschule beginnen. Aktuelle Zahlen liegen nicht vor, doch wurden laut TVTC im Fiskaljahr 2009 von 237.600 Bewerbern für öffentliche Programme nur 74.700 – also etwa ein Drittel – angenommen. In privaten Programmen kamen zudem 88.000 junge Menschen unter. Insgesamt wurden damit nur etwa die Hälfte aller Bewerber „versorgt“. Aus der Misere werden jetzt Konsequenzen gezogen. Wie die staatliche Institution „Colleges of Excellence“ (CoE) kürzlich angekündigte, soll die Kapazität der Berufsausbildung in dem Königreich in den kommenden zehn Jahren von 110.000 auf mehr als 400.000 Auszubildende erweitert werden. Die tragende Rolle sollen dabei internationale Bildungsanbieter übernehmen. Sie sollen auf der Basis von Public Private Partnership (PPP) 26 Colleges aufbauen und diese unabhängig betreiben. Reguliert, finanziert und beaufsichtigt werden die Colleges von CoE. Diese Institution ist im gemeinschaftlichen Eigentum des Human Resources Development Fund (HRDF) und der TVTC. Es tut sich also etwas in der saudischen Berufsausbildung. Doch besteht auch in den Generalsekretär empfängt eine irakische Delegation Der Generalsekretär der Ghorfa Abdulaziz Al-Mikhlafi empfing am 08. Oktober 2013 eine Delegation des Zentrums für Irakstudien (CIS) der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Die 17-köpfige Delegation wurde von Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir, Direktor des Zentrums für Irakstudien, geleitet. Die 17 Delegationsmitglieder nehmen derzeit an einem einmonatigen „Higher Education Faculty&Staff Training Program“ in Deutschland teil. Ziel des Ghorfa-Besuchs war ein Austausch über die deutscharabischen und insbesondere deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen. Zu den besprochenen Themen gehörten die Rolle Deutschlands in der europäischen Wirtschaft sowie die Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der arabischen Welt. 21 SOUQ / 4/2013

Bildung | Branchen<br />

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Doch die Regierungen steuern dagegen. Sie<br />

haben erkannt, dass gerade auch die Berufsbildung<br />

über die Wettbewerbsfähigkeit ihrer<br />

Volkswirtschaften und die Zukunftschancen<br />

ihrer jungen Bevölkerungen entscheidet. Exzellente<br />

berufliche Bildung ist als Rohstoff<br />

der Zukunft mindestens ebenso wichtig wie<br />

die reichen Vorkommen an Kohlenwasserstoffen<br />

(Öl und Gas).<br />

Foto: Technical Trainers College (TTC) Riyadh<br />

So wurde laut iMOVE, der Initiative des Bundesbildungsministeriums,<br />

in Saudi-Arabien<br />

bereits im ersten Fünf-Jahres-Entwicklungsplan<br />

im Jahr 1970 der beruflichen Bildung viel<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Als der Bedarf an<br />

qualifizierten Arbeitskräften zunahm, wurde<br />

1980 per königlichem Dekret die „General<br />

Organization for Technical Education and<br />

Vocational Training“ gegründet. Im Jahr 2007<br />

wurde die Institution in „Technical and Vocational<br />

Training Corporation“ (TVTC) umbenannt.<br />

Der Schwerpunkt der TVTC liegt heute auf<br />

generellen Trainings und On-the-Job-Schulungen.<br />

Zudem bezieht die Organisation die<br />

privaten Firmen ein, die von diesen Maßnahmen<br />

profitieren. Die TVTC fördert entsprechend<br />

auch Investitionen in diesem Sektor.<br />

Verschiedene private und staatliche Institutionen<br />

bilden aus.<br />

So gibt es so genannte Industrial Vocational<br />

Institutes. Dort dauert die Ausbildung bis<br />

zu drei Jahre. Am Ende steht ein Abschluss,<br />

der dem der „Secondary General School“<br />

gleichwertig ist. Außerdem gibt es Technical<br />

Studierende im Technical Trainers College (TTC) Riyadh arbeiten an einem Telekommunikationsnetzwerk<br />

Colleges, die in drei bis vier Jahren zu einem<br />

Diplom führen. In diesem Rahmen sind Spezialisierungen<br />

in Fächern wie Energietechnik,<br />

Mechanik, Chemie, Informations- und Kommunikationstechnik<br />

sowie Umwelt- und Agrotechnik<br />

möglich.<br />

Das bestehende Ausbildungssystem ist aber<br />

nicht so dimensioniert, dass es alle Schulabgänger<br />

aufnehmen kann, die nicht ein Studium<br />

an einer Hochschule beginnen. Aktuelle<br />

Zahlen liegen nicht vor, doch wurden laut<br />

TVTC im Fiskaljahr 2009 von 237.600 Bewerbern<br />

für öffentliche Programme nur 74.700<br />

– also etwa ein Drittel – angenommen. In<br />

privaten Programmen kamen zudem 88.000<br />

junge Menschen unter. Insgesamt wurden damit<br />

nur etwa die Hälfte aller Bewerber „versorgt“.<br />

Aus der Misere werden jetzt Konsequenzen<br />

gezogen. Wie die staatliche Institution „Colleges<br />

of Excellence“ (CoE) kürzlich angekündigte,<br />

soll die Kapazität der Berufsausbildung<br />

in dem Königreich in den kommenden zehn<br />

Jahren von 110.000 auf mehr als 400.000<br />

Auszubildende erweitert werden. Die tragende<br />

Rolle sollen dabei internationale Bildungsanbieter<br />

übernehmen. Sie sollen auf der Basis<br />

von Public Private Partnership (PPP) 26 Colleges<br />

aufbauen und diese unabhängig betreiben.<br />

Reguliert, finanziert und beaufsichtigt<br />

werden die Colleges von CoE. Diese Institution<br />

ist im gemeinschaftlichen Eigentum<br />

des Human Resources Development Fund<br />

(HRDF) und der TVTC.<br />

Es tut sich also etwas in der saudischen Berufsausbildung.<br />

Doch besteht auch in den<br />

Generalsekretär empfängt eine irakische Delegation<br />

Der Generalsekretär der <strong>Ghorfa</strong> Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />

empfing am 08. Oktober <strong>2013</strong> eine Delegation des Zentrums<br />

für Irakstudien (CIS) der Friedrich-Alexander Universität<br />

Erlangen-Nürnberg. Die 17-köpfige Delegation<br />

wurde von Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir, Direktor des Zentrums<br />

für Irakstudien, geleitet. Die 17 Delegationsmitglieder<br />

nehmen derzeit an einem einmonatigen „Higher Education<br />

Faculty&Staff Training Program“ in Deutschland teil. Ziel<br />

des <strong>Ghorfa</strong>-Besuchs war ein Austausch über die deutscharabischen<br />

und insbesondere deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen.<br />

Zu den besprochenen Themen gehörten<br />

die Rolle Deutschlands in der europäischen Wirtschaft<br />

sowie die Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />

zwischen Deutschland und der arabischen Welt.<br />

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