Ausgabe 4/2013 - Ghorfa
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4/<strong>2013</strong> Das Ghor fa – Wir tschaftsmagazin<br />
SOUQ<br />
www.ghorfa.de<br />
Arab -German Women Leaders Forum<br />
Neue Potenziale der Zusammenarbeit<br />
GCC<br />
Bildung als Rohstoff der Zukunft<br />
Interview<br />
S.E. J. Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin<br />
Länderreport<br />
Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten
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editorial<br />
SOUQ<br />
Ausblick<br />
Liebe Mitglieder,<br />
liebe Leser,<br />
das Arab-German Energy Forum ist mittlerweile zur Tradition<br />
geworden. Bereits zum vierten Mal fand es dieses Jahr in<br />
Berlin statt. Nahezu 300 Experten und hochrangige Entscheidungsträger<br />
aus Deutschland und der arabischen Welt trafen<br />
sich vom 22. bis 23. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin (S. 10).<br />
Eine besondere Bereicherung unter den <strong>Ghorfa</strong>-Veranstaltungen<br />
war das zum ersten Mal stattfindende Arab-German<br />
Women Leaders Forum vom 23. bis 25. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin.<br />
Das Interesse der arabischen Businessfrauen war riesig.<br />
Sie machten mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen aus (S.<br />
14). Auch im nächsten Jahr werden wir bewährte Foren veranstalten<br />
und neue regionale Akzente setzen. Einen Überblick<br />
der Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2014 finden Sie<br />
auf S. 6.<br />
Vom 29. bis 31. Januar starten wir in das neue Jahr mit dem<br />
Iraqi-German Business Forum in Berlin. SOUQ gibt einen<br />
Überblick über die großen Investitionsvorhaben des Zweistromlands<br />
im Bereich der Infrastruktur. In den nächsten<br />
fünf Jahren sollen 357 Mrd. US-Dollar für den wirtschaftlichen<br />
Wiederaufbau und die Diversifizierung der Ökonomie<br />
ausgegeben werden (S. 23).<br />
Im Frühjahr, vom 11. bis 13. März, organisieren wir in Zusammenarbeit<br />
mit bewährten Partnern das GCC-Germany<br />
Business and Investment Forum in Berlin. SOUQ greift in<br />
dieser <strong>Ausgabe</strong> die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln<br />
in den GCC-Staaten auf. Für deutsche Anbieter eröffnen sich<br />
geschäftliche Chancen (S. 26).<br />
Da der Gesundheitssektor weiterhin zu den Schwerpunktbranchen<br />
der arabisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen gehört,<br />
werden wir bereits zum siebten Mal das Arab-German Health<br />
Forum veranstalten, in Stuttgart vom 15. bis 16. April.<br />
Mitte des Jahres laden wir Sie wieder herzlich zum größten<br />
arabisch-deutschen Business Event ein, dem 17th Arab-<br />
German Business Forum in Berlin vom 4. bis 6. Juni. Erneut<br />
werden mehr als 600 arabische und deutsche Entscheidungsträger<br />
aus Wirtschaft und Politik zusammenkommen, um<br />
sich über potenzielle Geschäftsmöglichkeiten auszutauschen,<br />
neue Kontakte zu knüpfen und ihre Beziehungen zu intensivieren.<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong> möchte ich Ihnen in Anlehnung an das<br />
vom 20. bis 21. November stattfindende arabisch-deutsche<br />
Bildungsforum besonders die Artikel zu Bildung in den GCC-<br />
Ländern (S. 20) empfehlen. Als Ergänzung zu dem Länderreport<br />
Ägypten (S. 28) können Sie über die wirtschaftliche und<br />
rechtliche Lage im Land lesen (S. 31). Außerdem berichtet<br />
SOUQ in einem Interview mit S.E. Jumaa Al Junaibi, Botschafter<br />
der VAE in Berlin, über die strategische Partnerschaft<br />
zwischen den VAE und Deutschland (S. 34).<br />
Wir würden uns sehr freuen, Sie zu den geplanten Businesstreffen<br />
im kommenden Jahr zu begrüßen. Bis dahin wünschen<br />
wir Ihnen erholsame Feiertage mit der Familie und einen<br />
guten Rutsch in das neue Jahr 2014.<br />
Ihr<br />
Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />
Generalsekretär<br />
3<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
Editorial<br />
Abdulaziz Al-Mikhlafi 3<br />
Personalien<br />
Nachrichten<br />
جملة غرفة التجارة والصناعة العربية الأملانية<br />
الصوق<br />
www.ghorfa.de<br />
6<br />
7<br />
4/<strong>2013</strong><br />
ملتقى الطاقة الرابع<br />
اصتثمارات عربية صخمة يف الطاقات املتجددة<br />
4/<strong>2013</strong> Das Ghor fa – Wir tschaftsmagazin<br />
SOUQ<br />
www.ghorfa.de<br />
Arab -German Women Leaders Forum<br />
Neue Potenziale der Zusammenarbeit<br />
Zusammenarbeit<br />
4th Arab-German Energy Forum 10<br />
Arab-German Women Leaders Forum 14<br />
الصوق جملة غرفة التجارة والصناعة العربية الأملانية<br />
العالقات الإماراتية الأملانية<br />
مقابلة مع صعادة الصفري جمعه اجلنيبي<br />
نظام التدريب والتعليم الأملاين حمط اأنظار الأوروبني<br />
الإنتعاش العقاري يف اأملانيا ينتقل من املدن الرئيصة اإىل املتوصطة<br />
SOUQ Das <strong>Ghorfa</strong>-Wirtschaftsmagazin 4/<strong>2013</strong><br />
GCC<br />
Bildung als Rohstoff der Zukunft<br />
Interview<br />
S.E. J. Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin<br />
Länderreport<br />
Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten<br />
Branchen<br />
GCC: Bildung als Rohstoff der Zukunft 20<br />
5th Arab-German Education and Vocational Training Forum 22<br />
Irak: Massive Investitionen in die Infrastruktur und den Wohnungsbau 23<br />
GCC: Nachfrage von Lebensmitteln steigt 26<br />
Länderreport<br />
Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten 28<br />
Wirtschaft und Recht in Ägypten 31<br />
Interviews<br />
Paul van Son, Dii-Geschäftsführer 33<br />
Jumaa Mubarak Jumaa Salem Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin 34<br />
Regine Sixt, Senior Executive Vice President, Sixt SE 36<br />
Gastbeitrag<br />
Unternehmerinnen in der arabischen Welt 38<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Ghorfa</strong> Arab-German Chamber of<br />
Commerce and Industry e.V.<br />
Garnisonkirchplatz 1, 10178 Berlin<br />
Telefon: + 49 (0)30 278907-0<br />
Telefax: + 49 (0)30 278907-49<br />
ghorfa@ghorfa.de<br />
www.ghorfa.de<br />
Generalsekretär: Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />
Redaktion:<br />
Dr. Ralf Neubauer<br />
Redaktionelle Mitarbeit:<br />
Leoni Abel, Fadhl Al-Romaima<br />
Titelbild: ABB<br />
Layout: Fadhl Al-Romaima, Leoni Abel<br />
Druck: Druck Center Meckenheim GmbH<br />
Erscheinungsweise:<br />
Der SOUQ erscheint viermal jährlich. Für<br />
<strong>Ghorfa</strong>-Mitglieder ist der Zeitschriftenpreis im<br />
Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />
Die <strong>Ghorfa</strong> übernimmt keine Gewähr für die<br />
Richtigkeit der Angaben.<br />
Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit<br />
Quellenangabe gestattet.<br />
Erscheinungsdatum: November <strong>2013</strong>
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für fundierte – häufig grenzüberschreitende – Entscheidungen<br />
aus den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Recht und IT und setzen sie<br />
gemeinsam mit ihnen um.<br />
Von Dubai aus steuern wir die Geschäfte unserer Mandanten in der<br />
arabischen Welt. Diese betreuen wir umfassend aus einer Hand – ganz<br />
gleich, ob ein Markteintritt in der Region vorbereitet oder ein bestehendes<br />
Geschäftsmodell weiter ausgebaut werden soll.<br />
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Ihre Ansprechpartner für den Nahen Osten<br />
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SOUQ Personalien | Veranstaltung<br />
Personalien<br />
Monther Bader Sulaiman Al-Eissa<br />
Christian Much<br />
Neuer Botschafter des Staates Kuwait in<br />
Berlin ist seit Oktober Monther Bader Sulaiman<br />
Al-Eissa. Nach seinem Studium der<br />
Politik- und Wirtschaftswissenschaften<br />
(1982) an der Universität Kuwait folgte<br />
1983 der Eintritt in das Außenministerium.<br />
Vor seinem jetzigen Posten war er u.a. Botschafter<br />
in Malaysia, Kuala Lumpur (2007-<strong>2013</strong>), in der Zentralafrikanischen<br />
Republik, mit Dienstsitz in Khartum (ab 2006), in der Republik<br />
Sudan (ab September 2005) und in Athen (ab 2003). Botschafter Al-Eissa<br />
ist verheiratet und hat einen Sohn.<br />
Seit Juli <strong>2013</strong> leitet Christian Much die<br />
Deutsche Botschaft Tripolis in Libyen. Nach<br />
seinem Jura-Studium trat er 1980 dem Diplomatischen<br />
Dienst bei. Nach Stationen in<br />
Amman (1982), Djidda (1982-1985), Budapest<br />
(1988-1989), San José (1989-1992),<br />
New York (1992-1995) und San Salvador<br />
(1995-1997), folgten Berlin (1997-2001) und noch einmal New York<br />
(2001-2005). Zuletzt war er Referatsleiter Globale Fragen und Grundsatzfragen<br />
Vereinte Nationen im Auswärtigen Amt (2005-2008), dann<br />
an der Botschaft Rom (2008-2010) und Neapel (2010-<strong>2013</strong>). Der in Luxemburg<br />
geborene Diplomat ist verheiratet und hat drei Kinder.<br />
Foto links: Botschaft des Staates Kuwait / Foto rechts: Auswaertiges Amt<br />
Veranstaltungen in Deutschland in der ersten Hälfte 2014<br />
Datum Name In Kooperarion mit Profil<br />
Stadt<br />
29.-31. Januar<br />
3 rd Iraqi-German<br />
Business Forum<br />
Botschaft der Republik<br />
Irak<br />
Bereits zum dritten Mal findet das Iraqi-German<br />
Business Forum in Berlin statt. Das Interesse<br />
auf deutscher und irakischer Seite ist riesig.<br />
Das Zweistromland plant in den nächsten Jahren<br />
bis 2017 eine Summe von 357 Mrd. US-Dollar<br />
zu investieren, um die irakische Wirtschaft zu<br />
diversifizieren und den Wiederaufbau voranzutreiben.<br />
Für deutsche Unternehmen bietet das<br />
zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten.<br />
Berlin<br />
11.-13. März<br />
GCC-Germany Business<br />
and Investment Forum<br />
Gulf Research Center<br />
Foundation,<br />
Federation of GCC<br />
Chambers<br />
Deutschland ist ein sehr wichtiger Wirtschaftspartner<br />
der Länder des Golfkooperationsrates.<br />
Deshalb veranstaltet die <strong>Ghorfa</strong> in Berlin das<br />
GCC-Germany Business and Investment Forum.<br />
Das Event wird eine optimale Gelegenheit bieten,<br />
Informationen aus erster Hand zu erhalten<br />
und Geschäftskontakte zu vertiefen.<br />
Berlin<br />
15.-16. April<br />
7 th Arab-German<br />
Health Forum<br />
Ministerium für<br />
Finanzen und Wirtschaft<br />
Baden-Württemberg<br />
Bereits zum siebten Mal bietet das Arabisch-<br />
Deutsche Gesundheitsforum eine hervorragende<br />
Plattform für die Anbahnung und den<br />
Ausbau geschäftlicher Verbindungen zwischen<br />
Deutschland und den arabischen Ländern im<br />
Gesundheitsbereich. Zum ersten Mal findet das<br />
Event in Stuttgart statt.<br />
Stuttgart<br />
4.-6. Juni<br />
17 th Arab-German Business<br />
Forum<br />
General Union of<br />
Arab Chambers<br />
(GUCCIAC), Deutscher<br />
Industrie- und<br />
Handelskammertag<br />
(DIHK)<br />
Mit über 600 hochrangigen Teilnehmern hat<br />
sich das branchenübergreifende Wirtschaftsforum<br />
zur wichtigsten und größten Plattform<br />
der arabisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen<br />
etabliert. Das Forum bietet auch in diesem Jahr<br />
einen exzellenten Rahmen für die Anbahnung<br />
und den Ausbau aussichtsreicher Geschäftsperspektiven<br />
mit der arabischen Welt.<br />
Berlin<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
6
nachrichten<br />
SOUQ<br />
Nachrichten<br />
Ägypten<br />
Bau von Wohnungen<br />
wird vorangetrieben<br />
In Ägypten sind eine Reihe von Wohnungsbauprojekten<br />
gestartet worden. So hat, wie das<br />
Magazin MEED berichtet, die Housing Cooperative<br />
Society for Employees at the Customs<br />
Authority jetzt den Bau von 14 Wohngebäuden<br />
in New Borg El Arab City ausgeschrieben.<br />
Zuvor hatte bereits die General Authority for<br />
New Urban Societies einen Tender für den Bau<br />
von 31 Gebäuden mit 744 Wohneinheiten in<br />
New Tiba City im Gouvernement Luxor veröffentlich.<br />
Auch die New Urban Communities<br />
Authority schrieb ein großes Wohnungsbauprojekt<br />
in New Sohag City aus. Es umfasst 28<br />
Gebäude mit 672 Wohneinheiten. Der Bedarf<br />
an bezahlbaren Wohnungen ist in Ägypten<br />
groß. Die Regierung hat daher den Umfang<br />
ihres Wohnungsbauprogramms auf 100.000<br />
Wohnungen verdoppelt (siehe Länderreport<br />
Ägypten in dieser SOUQ-<strong>Ausgabe</strong>).<br />
GCC<br />
Aufschwung am Bau lässt<br />
Zementnachfrage wachsen<br />
Nachdem der Zementsektor in den Staaten<br />
des Golfkooperationsrates (GCC) im vergangenen<br />
Jahr den Turnaround geschafft hat, befindet<br />
sich die Zementnachfrage auf einem<br />
Wachstumskurs. Zu diesem Ergebnis kommt<br />
eine Studie der kuwaitischen Investmentbank<br />
Global Investment House. Danach wird die Zementnachfrage<br />
in diesem Jahr um vier bis fünf<br />
Prozent und 2014 um sechs bis sieben Prozent<br />
zunehmen. Auch in den folgenden Jahren<br />
rechnet das Institut mit deutlichen Zuwächsen.<br />
Zurückgeführt wird diese Entwicklung<br />
auf die wachsende Bautätigkeit in der Region.<br />
Getrieben wird die Nachfrage vor allem von<br />
Saudi-Arabien, wo in den kommenden Jahren<br />
zahlreiche Wohnungsbauprojekte verwirklicht<br />
werden. Doch tragen auch die zahlreichen Vorhaben<br />
im Zusammenhang mit dem FIFA World<br />
Cup in Katar zu dem Boom bei. Zudem geht<br />
Global Investment House davon aus, das Dubai<br />
die World Expo 2020 ausrichtet, wovon der<br />
GCC-Zementsektor ebenfalls profitieren wird.<br />
Bau der Golf-Eisenbahn soll<br />
Ende 2014 beginnen<br />
Mit dem Bau des Schienennetzes, das alle<br />
Staaten des Golfkooperationsrates (GCC)<br />
verbinden soll, wird voraussichtlich Ende<br />
2014 begonnen. Das berichtet die Zeitung<br />
„The Saudi Gazette“ unter Berufung auf<br />
Ramiz Al Assar von der Weltbank, der das<br />
GCC-Sekretariat berät. Eine Behörde, die das<br />
Projekt managen soll, wird den Angaben zufolge<br />
demnächst gegründet. Jeder Mitgliedsstaat<br />
wird allerdings den Bau der Strecke<br />
auf dem jeweiligen Staatsgebiet selbständig<br />
ausführen. Die gesamten Kosten hatte die<br />
Weltbank zuletzt auf elf Mrd. US-Dollar geschätzt.<br />
Im Jahr 2018 soll die GCC Railway<br />
den Betrieb aufnehmen.<br />
Gespräche über Brücke<br />
zwischen Katar und Bahrain<br />
Bahrain und Katar haben ihre Gespräche über<br />
den geplanten Bau einer Brücke zwischen den<br />
beiden Ländern wieder aufgenommen. Das<br />
teilte Arif Khamis, Staatssekretär im bahrainischen<br />
Finanzministerium jetzt mit. Das<br />
Vorhaben ist bereits seit längerem bewilligt,<br />
hat sich aber immer wieder verzögert. Die 40<br />
Kilometer lange Brücke soll früheren Angaben<br />
zufolge umgerechnet vier Mrd. US-Dollar kosten.<br />
Den Auftrag für den Bau erhielt ein von<br />
dem französischen Konzern Vinci angeführtes<br />
Konsortium, an dem Hochtief aus Deutschland<br />
beteiligt ist.<br />
SAUDI-ARABIEN<br />
Königreich investiert in<br />
Ausbau der Universitäten<br />
Die Regierung in Saudi-Arabien treibt den<br />
Ausbau der Universitäten im Land voran.<br />
Presseberichten zufolge hat das Higher Education<br />
Ministry jetzt erneut drei große Projekte<br />
ausgeschrieben. Danach sollen an der<br />
Mizaahmiah University, an der Northern Border<br />
University in Rafha und an Al-Majmahh<br />
University jeweils neue Colleges geschaffen<br />
werden. Jeder Neubau wird eine Nutzfläche<br />
von zumindest 30.000 Quadratmetern haben.<br />
Betreut werden die Vorhaben von dem<br />
lokalen Beratungsunternehmen Alnaim Architects<br />
Engineers & Planners. Interessierte<br />
Baufirmen können sich bis Anfang Februar<br />
für die Aufträge bewerben. Bereits im vergangenen<br />
September hatte das Ministerium<br />
elf Bauprojekte an verschiedenen Universitätsstandorten<br />
im Königreich ausgeschrieben.<br />
VAE<br />
Dubai benötigt in fünf<br />
Jahren 60 neue Schulen<br />
In Dubai werden in den kommenden fünf<br />
Jahren 60 neue Schulen mit 90.000 Plätzen<br />
benötigt. Das berichtet die Zeitung „Emirates<br />
24/7“ unter Berufung auf die Knowledge and<br />
Human Development Authority (KHDA).<br />
Hintergrund ist das hohe Bevölkerungswachstum.<br />
Es führte dazu, dass die Zahl der<br />
Schüler in den vergangenen zehn Jahren um<br />
jährlich sieben Prozent zugenommen hat.<br />
Gegenwärtig beläuft sich die Zahl der Schüler<br />
den Angaben zufolge auf rund 225.000 junge<br />
Menschen.<br />
Al Maktoum International für<br />
Passagiere freigegeben<br />
DIn Dubai ist der neue Großflughafen, der Al<br />
Maktoum International Airport, am 27. Oktober<br />
für Passagiere freigegeben worden. Eine<br />
Maschine der ungarischen Wizz Air kam aus<br />
Budapest und wurde mit Salutschüssen begrüßt.<br />
Wizz Air wird den Flughafen nonstop<br />
mit Zielen in Mittel- und Osteuropa verbinden.<br />
Weitere Gesellschaften sollen folgen,<br />
darunter auch die deutsche Fluggesellschaft<br />
Condor. Sie wird ab dem 21. November von<br />
Frankfurt und Düsseldorf jeweils donnerstags<br />
Dubai anfliegen. Die Maschinen sind allerdings<br />
komplett für Passagiere des Kreuzfahrtanbieters<br />
Aida reserviert. Der Airport in Jebel<br />
Ali – auch „Dubai World Central“ (DWC) –<br />
genannt soll einmal mit jährlich 160 Mio. Passagieren<br />
der größte Flughafen der Welt sein.<br />
Derzeit ist noch der Dubai International mit<br />
knapp 60 Mio. Passagieren im vergangenen<br />
Jahr der größte Flughafen in den VAE und<br />
am Arabischen Golf. Der Al Maktoum International<br />
Airport wurde bereits im Juni 2010<br />
eröffnet, allerdings nur für den Frachtverkehr.<br />
7<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Messen<br />
Messen in der arabischen Welt im ersten Halbjahr 2014<br />
Datum Name Branche Ort<br />
20. - 22. Januar World Future Energy Summit Energie Abu Dhabi, VAE<br />
27. - 30. Januar Arab Health Gesundheit Dubai, VAE<br />
30. Januar -<br />
6. Februar<br />
31st Session of International Fair of<br />
Khartoum<br />
Übergreifend<br />
Khartoum, Sudan<br />
17. - 21. Februar<br />
International Exhibition and Forum<br />
for Education IEFE<br />
Bildung<br />
Riad, Saudi-Arabien<br />
26. Februar - 1. März<br />
Solaire Expo - International Exhibition<br />
of Solar Energy<br />
Solarenergie<br />
Casablanca, Marokko<br />
9. - 12. März The Big 5 Saudi Bau Jeddah, Saudi-Arabien<br />
17. - 20. März The Big Show Bau Maskat, Oman<br />
19. - 28. März World Trade Week Übergreifend Sharjah, VAE<br />
7. - 9. April MedExpo Saudi Arabia Gesundheit Dschidda, Saudi-Arabien<br />
12. - 15. April 5th Basrah Build Expo Bau Basra, Irak<br />
12. - 15. Mai Oil & Gas Libya 2014 Öl & Gas Tripoli, Libyen<br />
12. - 15. Mai Project Qatar Bau Doha, Katar<br />
14. - 17. Mai 8th Erbil Building Bau Erbil, Irak<br />
19. - 22. Mai<br />
10th International Building and Construction<br />
Exhibition<br />
Bau<br />
Tripoli, Libyen<br />
26. - 28. Mai Iraq Medicare Gesundheit Erbil, Irak<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
8
SOUQ<br />
More safety on the roads:<br />
our innovations help to prevent accidents.<br />
More and more people are taking to the idea of driving with anticipatory assistance<br />
systems on board: the Active Brake Assist in our Mercedes-Benz Actros warns<br />
the driver when the truck gets too close to the vehicle in front and there is a risk of<br />
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if necessary. With this innovation, Daimler offers solutions for reducing the number of<br />
road traffic accidents. Another step closer to our vision of accident-free driving.<br />
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9<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
4 th Arab-German Energy Forum<br />
Deutsche Firmen sind ideale Partner der<br />
Energiewirtschaft in den arabischen Ländern<br />
Deutschland und die arabischen Länder wollen die Zusammenarbeit im Stromsektor weiter intensivieren. Mit ihrer<br />
Erfahrung sind deutsche Firmen ideale Partner beim Ausbau der Energiewirtschaft in der Region. Das war der Tenor<br />
auf dem 4. Arabisch-Deutschen Energieforum in Berlin.<br />
An dem Energieforum, das am 22. und 23.<br />
Oktober <strong>2013</strong> im Hotel Adlon veranstaltet<br />
wurde, nahmen erneut rund 300 hochrangige<br />
Experten aus Deutschland und der arabischen<br />
Welt teil. Die Diskussionen fanden<br />
daher auf einem fachlich hohen Niveau<br />
statt. Veranstalter war die <strong>Ghorfa</strong> mit der<br />
Unterstützung des Auswärtigen Amtes, des<br />
Bundeswirtschaftsministeriums, der Generalunion<br />
der arabischen Kammern und des<br />
World Energy Council.<br />
Energie sei die Grundlage für Wirtschaftswachstum<br />
und eines der wichtigsten wirtschaftlichen<br />
Themen in Deutschland und in<br />
den arabischen Ländern, sagte <strong>Ghorfa</strong>-Vizepräsident<br />
Olaf Hoffmann zur Eröffnung<br />
des Energieforums. In der arabischen Welt<br />
wachse die Energienachfrage beständig und<br />
die Länder verfolgten ambitionierte Pläne zur<br />
Reduzierung der Emissionen und zur Verbesserung<br />
der Energieeffizienz. Dies eröffne für<br />
die deutsche Wirtschaft zahlreiche Kooperations-<br />
und Investitionsmöglichkeiten.<br />
Laut Hoffman gelte dies gerade auch im „Nexus<br />
Energie-Wasser“. Einerseits werde Wasser<br />
benötigt, um Energie zu entwickeln und zu erzeugen.<br />
Andererseits sei Energie erforderlich,<br />
um Wasser anzubieten, zu nutzen und aufzubereiten.<br />
Deutsche Unternehmen verfügten<br />
auf diesem Gebiet über große Erfahrungen.<br />
Sie seien daher ideale Partner für arabische<br />
Institutionen und Unternehmen, wenn es darum<br />
gehe, ein nachhaltiges Wassermanagement<br />
aufzubauen und die wachsende Wasser- und<br />
Energienachfrage zu befriedigen.<br />
Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed<br />
Shobokshi, saudischer Botschafter in Berlin<br />
und Doyen des arabischen diplomatischen<br />
Korps in Deutschland, gab unter anderem<br />
einen Überblick über die Pläne der saudiarabischen<br />
Regierung bei den alternativen<br />
Energiequellen. Danach soll im Bereich der<br />
Kernenergie bis zum Jahr 2032 eine installierte<br />
Leistung zur Stromerzeugung von 17<br />
Gigawatt (GW) und bei den erneuerbaren<br />
Energien von 54 GW geschaffen werden.<br />
Schwerpunktmäßig solle die Solarenergie<br />
(41 MW) ausgebaut werden.<br />
Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium,<br />
ging auf die Energiewende<br />
in Deutschland ein. Eine Herausforderung<br />
bestehe darin, dass Energie für<br />
die Verbraucher bezahlbar bleiben müsse.<br />
Zugleich sei Angebotssicherheit durch neue<br />
und mit fossilen Energieträgern befeuerte<br />
Kraftwerke zu gewährleisten. Die arabischdeutsche<br />
Kooperation im Energiesektor<br />
berge nach Einschätzung von Kapferer noch<br />
großes Potenzial.<br />
Laut Dr. Khalid Klefeekh Al Hajri, Chairman<br />
und CEO von Qatar Solar Technolo-<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
10
energy forum | Zusammenarbeit<br />
SOUQ<br />
Session 1 „Smart Grids<br />
and Virtual Power Plants“<br />
In der von Thomas Kraneis, Chairman of the<br />
Supervisory Board der NYCONENERGY<br />
AG, moderierten Session 1 („Smart Grids<br />
and Virtual Power Plants: New Solutions for<br />
Power Transmission”) sprach sich Paul van<br />
Son, CEO der Dii GmbH (Desertec), dafür<br />
aus, dass die arabischen und europäischen<br />
Länder auch bei der Schaffung der Stromnetze<br />
zusammenarbeiten sollten. Wichtige<br />
Leitungen seien bereits in der Planung. Ziel<br />
müsse es sein, dass Firmen und Institutionen<br />
gemeinsam auch bei den Netzen ein Umfeld<br />
schüfen, in dem die erneuerbaren Energien<br />
gedeihen könnten.<br />
ergänzenden Dieselaggregaten. Ihr Vorteil<br />
bestehe darin, dass kostenträchtige Investitionen<br />
in den Ausbau der landesweiten<br />
Netze entfallen würden. Auch nicht an ein<br />
Netz gekoppelte Insellösungen – zum Beispiel<br />
auf der Basis von Photovoltaik – seien<br />
unter Umständen wirtschaftlicher als ein<br />
umfangreicher Netzausbau.<br />
gies, komme angesichts der weltweit stark<br />
wachsenden Energienachfrage nachhaltigen<br />
Lösungen große Bedeutung zu. Es gelte, die<br />
CO 2 -Emissionen zu reduzieren und die natürlichen<br />
Ressourcen zugunsten künftiger<br />
Generationen zu schonen. Die erneuerbaren<br />
Energien seien für Deutschland und die<br />
arabischen Länder gleichermaßen wichtig.<br />
Prof. Dr. Eng. Galal Osman, Präsident der<br />
Egyptian Wind Energy Association, ging<br />
auf die Möglichkeiten so genannter „Mini-<br />
Grids“ zur Elektrifizierung entlegener Regionen<br />
ein. Diese dezentralen Netze speisten<br />
sich aus erneuerbaren Energien und<br />
Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi<br />
Einen umfassenden Überblick über den Stromsektor<br />
in Saudi-Arabien gab Dr. Abdullah Al<br />
Shehri, Chef der saudischen Electricity & Co-<br />
Generation Regulatory Authority. Danach werde<br />
die Spitzennachfrage („Peak Demand“) nach<br />
Elektrizität von derzeit 53 GW auf 121 GW<br />
im Jahr 2032 zunehmen und sich damit mehr<br />
als verdoppeln. Gründe seien das hohe Bevölkerungswachstum,<br />
der wachsende Pro-Kopf-<br />
Verbrauch und die geringe Energieeffizienz.<br />
Gegenwärtig basiere die Stromerzeugung in<br />
dem Königreich fast ausschließlich auf Öl und<br />
Gas und die privaten Haushalte verbrauchten<br />
am meisten Elektrizität (52 Prozent).<br />
Olaf Hoffman<br />
Dr. Khalid Klefeekh Al Hajri<br />
Dr. Abdullah Al Shehri<br />
Stefan Kapferer<br />
Dr. Al Shehri stellte eine Reihe von Maßnahmen<br />
vor, mit denen das Nachfragewachstum<br />
verlangsamt und die Energieeffizienz erhöht<br />
werden sollten. Unter anderem sei eine Reform<br />
der nicht kostendeckenden Stromtarife<br />
geplant. Die Tarife sollten sich künftig an den<br />
Erzeugungskosten orientieren. Im Bereich<br />
Energieeffizienz werde angestrebt, verstärkt<br />
alte Klimaanlagen auszutauschen und energiesparend<br />
zu bauen.<br />
11<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Zusammenarbeit | energy forum<br />
genutzt werden, um per Wasserkraft Strom<br />
zur Meerwasserentsalzung zu erzeugen.<br />
Saudi-Arabien habe, laut Saud Alsabhan,<br />
Senior Manager, Marketing & Sustainability<br />
der National Water Company, mit 265<br />
Litern pro Tag den dritthöchsten Pro-Kopf-<br />
Verbrauch bei Wasser. Ziel der saudischen<br />
Regierung sei es daher, die Wasserressourcen<br />
zu diversifizieren und die Erzeugungskosten<br />
zu reduzieren.<br />
Session 1 „Smart Grids and Virtual Power Plants“<br />
Zahlreiche arabische und deutsche Experten tauschten sich auf dem Forum aus<br />
Das Konzept so genannter „Virtual Power<br />
Plants“ (Virtueller Kraftwerke) stellte Wolfgang<br />
Braun, Head of Transmission bei Siemens<br />
Middle East, vor. Hierbei handle es sich<br />
um die Zusammenschaltung bzw. Bündelung<br />
kleiner Einheiten zur Stromerzeugung – zum<br />
Beispiel von kleinen Windkraft- oder Wasserkraftanlagen.<br />
Nach seiner Einschätzung<br />
würden virtuelle Kraftwerke künftig in intelligenten<br />
Stromnetzen eine bedeutende Rolle<br />
spielen. Richard Boulter, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Eaton Industries GmbH,<br />
knüpfte an den Vortrag von Wolfgang Braun<br />
an und präsentierte einige Referenzprojekte<br />
von Eaton im Bereich „Smart Grids“.<br />
Session 2 „Energy-Water Nexus“<br />
In Session 2 („Energy-Water Nexus: Sustainable<br />
Solutions”), die moderiert wurde von<br />
Dr. Detlev Klein, Senior Advisor bei der GIZ,<br />
wies Dr. Ralf Bufler, Geschäftsführer der Lahmeyer<br />
GKW Consult GmbH, auf die große<br />
Wasserknappheit in den arabischen Ländern<br />
hin: Die Region verfüge zwar über 66 Prozent<br />
der weltweiten Ölreserven, aber über nur 1,4<br />
Prozent der globalen Wasserressourcen. Der<br />
Schlüssel zur Bekämpfung des Mangels seien<br />
neue Technologien, insbesondere bei der Entsalzung<br />
von Meerwasser.<br />
Wie Selma Jariri, Leiterin der Water New<br />
Technologies Division beim marokkanischen<br />
Office National de l‘Electricité et de l’Eau Potable<br />
(ONEE), ausführte, sei die Situation in<br />
Marokko durch begrenzte und regional ungleich<br />
verteilte Regenfälle gekennzeichnet. Die<br />
Regierung habe im Jahr 2009 eine neue, nachhaltige<br />
Wasserpolitik verabschiedet. Unter anderem<br />
sollten die Wasserressourcen diversifiziert,<br />
die Grundwasservorkommen geschützt<br />
und das Abwasser wieder aufbereitet werden.<br />
Prof. Ahmed Al-Salaymeh von der University<br />
of Jordan berichtete über ein großes Projekt<br />
in Jordanien: Wasser aus dem Roten Meer<br />
solle in das Tote Meer geleitet werden, um zu<br />
verhindern, dass dort der Wasserspiegel immer<br />
weiter absinken würden. Zugleich solle<br />
das Gefälle zwischen Rotem und Totem Meer<br />
Session 3<br />
„Frameworks and Financing“<br />
In Session 3 („Frameworks and Financing:<br />
Approaches to Strategic Partnerships”) unter<br />
der Moderation von Kilian Bälz, Partner<br />
bei Amereller Legal Consultants, nahm Dr.<br />
Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender der<br />
SolarWorld AG, Stellung zur Partnerschaft<br />
seines Unternehmens mit Qatar Solar Technologies.<br />
Die Kooperation sei vorbildlich,<br />
sagte Asbeck. Beide Partner hätten erkannt,<br />
dass sie ihre Ziele gemeinsam schneller erreichen<br />
könnten.<br />
Mansour Kelada, Head of Investments & Investment<br />
Trustees Group, National Bank of<br />
Egypt, skizzierte die Ausbaupläne Ägyptens<br />
im Bereich der erneuerbaren Energien. Danach<br />
sollten bis zum Jahr 2017 sieben Windparks<br />
mit einer installierten Kapazität zur<br />
Stromerzeugung von insgesamt 1.340 MW<br />
geschaffen werden. Auch die Solarenergie<br />
solle ausgebaut werden: bis 2027 um 3.500<br />
MW. Bei der Realisierung der Projekte sei<br />
das Land auf private Investoren angewiesen.<br />
Peter Jakszentis von der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft<br />
AG ging auf die Rolle<br />
von Versicherungsfirmen bei großen Projekten<br />
ein. Diese trügen dazu bei, dass die Risiken realistisch<br />
eingeschätzt und dass die Vorhaben<br />
schnell umgesetzt werden könnten.<br />
Session 4 „Current and Future<br />
Trends in the Energy Sector“<br />
In Session 4 („Changing Parameters: Current<br />
and Future Trends in the Energy Sector”), moderiert<br />
von Jürgen Hogrefe, h.c. hogrefe consult,<br />
ging Ministerialdirektor Viktor Elbling aus dem<br />
Auswärtigen Amt auf die Folgen der Revolution<br />
im Bereich von Schiefergas und -öl ein. Die<br />
verstärkte Erschließung dieser Reserven mache<br />
Staaten wie die USA unabhängiger von Ener-<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
12
energy forum | Zusammenarbeit<br />
SOUQ<br />
gieimporten und stelle die Förderländer vor<br />
Herausforderungen. Den arabischen Ländern<br />
empfahl Elbling, ihre Ölreserven zu schonen<br />
und auf erneuerbare Energien zu setzen.<br />
Laut Prof. Dr. phil. Friedbert Pflüger, geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Pflüger<br />
Internationale Beratung GmbH, hätten bislang<br />
zwar 140 Staaten Programme für erneuerbare<br />
Energien aufgelegt. Fossile Brennstoffe<br />
trügen aber immer noch etwa 75 Prozent<br />
zum weltweiten Energieverbrauch bei. Auch<br />
künftig blieben die Kohlenwasserstoffe bedeutend.<br />
Pflüger zufolge werde beispielsweise<br />
der Kohleverbrauch bis 2032 um mehr als<br />
70 Prozent zunehmen.<br />
David Heimhofer, CEO, Terra Sola Ventures<br />
W.L.L., hob die günstigen Bedingungen in den<br />
arabischen Ländern zur Nutzung der Solarenergie<br />
hervor. Vor allem Photovoltaik sei eine<br />
sehr kostengünstige Option.<br />
Dr. Niels H. Stahlke, Geschäftsführer der Advanced<br />
Energy Utility GmbH, ging auf die<br />
Stromerzeugung in Deutschland ein. Danach<br />
werde hierzulande neben den erneuerbaren<br />
Energien Gas als Energieträger präferiert. Paradoxerweise<br />
sei jedoch im Zeitraum 2010 bis<br />
2012 der Beitrag von Gas zur Stromerzeugung<br />
von 14,1 Prozent auf zwölf Prozent zurückgegangen.<br />
Der Beitrag der Braunkohle sei dagegen<br />
von 23 auf 25,7 Prozent gestiegen.<br />
Session 5 „Conventional Energy“<br />
In Session 5 („Securing Energy Supply: Innovations<br />
in the Conventional Energy Sector”),<br />
moderiert von Dr. Karsten Rolle, CEO,<br />
World Energy Council, sagte Karim Amin,<br />
Senior Vice President bei Siemens Middle<br />
East, voraus, dass in den kommenden zehn<br />
Jahren in der arabischen Welt zusätzlich eine<br />
installierte Kapazität zur Stromerzeugung in<br />
Höhe von 100 GW benötigt werde.<br />
Dr. Stephan Reimelt, Geschäftsführer von GE<br />
Energy Germany, erklärte, dass die deutsche<br />
Energiewende nicht unbedingt als Vorbild für<br />
andere Länder diene, diese aus den deutschen<br />
Erfahrungen aber lernen könnten. Verteilungsnetzwerke<br />
etwa seien enorm wichtig.<br />
Dr. Wolfgang Benesch, Bereichsleiter Energietechnik<br />
bei der STEAG Energy Services<br />
GmbH, stellte das von seinem Unternehmen<br />
betriebene Raffineriekraftwerk Leuna<br />
Das Energieforum war hochrangig besetzt<br />
vor. Es versorge die Raffinerie von TOTAL<br />
mit Strom, Prozessdampf sowie Speise-,<br />
Prozess- und Kühlwasser. Als Brennstoffe<br />
würden Destillations- und Konversionsprodukte<br />
des Raffineriebetriebes eingesetzt.<br />
Hermann Röhm, Director Sales Onsite<br />
Energy, Luthardt GmbH / MTU Onsite<br />
Energy, präsentierte ebenfalls seine Firma.<br />
Das Unternehmen sei einer der weltweit<br />
führenden Anbieter von dezentralen Energiesystemen<br />
basierend auf Dieselmotoren-,<br />
Gasmotoren- und Gasturbinentechnologie.<br />
Session 6 „Solar & Wind Power“<br />
In Session 6 („Solar & Wind Power: Technologies<br />
and Partnerships”) gab der Moderator<br />
der Session, Matthias Kittler, Principal von<br />
Apricum, einen Überblick über den globalen<br />
Status der erneuerbaren Energien. Deren Anteil<br />
an der weltweiten Stromerzeugung liege<br />
bei 22 Prozent, wovon auf die Wasserkraft 77<br />
Prozent und auf die Windkraft zwölf Prozent<br />
entfielen. Künftig würden laut Kittler die Solar-<br />
und Windenergie am stärksten wachsen.<br />
Laut Dieter Manz, Vorstandsvorsitzender der<br />
Manz AG, werde die Solarenergie immer wettbewerbsfähiger.<br />
Die Preise für Solarmodule<br />
und Speicherlösungen seien stark gesunken.<br />
Innovative Technologien würden die Kosten<br />
nach seiner Einschätzung weiter sinken lassen.<br />
Prof. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts<br />
für Solarforschung im DLR, berichtete über<br />
ein E-Learning-Angebot seines Instituts für<br />
Ingenieure, Techniker und Studenten in der<br />
MENA-Region. Inhaltlich liege der Fokus auf<br />
Concentrated Solar Power (CSP).<br />
Ammar Al-Kadi, CEO der katarischen Al-<br />
Hamad Engineering W.L.L., präsentierte ein<br />
Projekt, das er in Saudi-Arabien verwirklicht<br />
hat. Dort werde jetzt eine Siedlung für 1.400<br />
Arbeiter ausschließlich mit Photovoltaik-<br />
Strom versorgt. Roland Roesch von der International<br />
Renewable Energy Agency (IRE-<br />
NA) in Abu Dhabi stellte seine Organisation<br />
und deren Aktivitäten in der MENA-Region<br />
vor. Er hob hervor, wie wichtig der Infrastrukturaustausch<br />
zwischen den Mitgliedsländern<br />
der IRENA sei.<br />
Workshop „Operational Excellence<br />
through Effective Training“<br />
Neben den sechs Sitzungen fand ein Workshop<br />
zum Thema „Operational Excellence<br />
through Effective Training” statt. Uwe Möller,<br />
Projektmanager bei der Kraftwerksschule<br />
(KWS) in Essen, präsentierte das Ausbildungsprogramm<br />
der KWS. Im Zeitraum<br />
Mitte 2012 bis Mitte <strong>2013</strong> habe die KWS 432<br />
Lehrgänge angeboten, davon 24 im Ausland.<br />
Auch die erneuerbaren Energien gehörten<br />
zum Curriculum.<br />
Dipl.-Ing. Wilhelm Stock, Manager der technischen<br />
Weiterbildungsabteilung bei der<br />
RWE Power AG, stellte das RWE-Aus- und<br />
Weiterbildungsprogramm vor. Bei der Ausbildung<br />
profitieren die Teilnehmer von der<br />
großen Expertise des Unternehmens bei dem<br />
Betrieb von Kraftwerken.<br />
Dipl.-Ing. Heiko Schierenbeck, Leiter der<br />
Internationalen Geschäftsentwicklung bei<br />
der STEAG Energy Services GmbH, gab einen<br />
Überblick über die Aus- und Weiterbildung<br />
bei der STEAG. Ein gut ausgebildetes<br />
und motiviertes Team im Betrieb und in der<br />
Standhaltung der Kraftwerke seien, so das<br />
Fazit von Schierenbeck, der Schlüssel zum<br />
Erfolg.<br />
13<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />
Frauen spielen eine immer größere Rolle in der Geschäftswelt in Deutschland und den arabischen Ländern<br />
Arab-German Women Leaders Forum<br />
Erstes arabisch-deutsches Frauenforum in Berlin<br />
Hunderte Geschäftsfrauen nehmen teil<br />
Eine sehr gute Ausbildung sowie die Unterstützung der Familie seien entscheidend für den beruflichen Erfolg. Darüber<br />
waren sich die arabischen und deutschen Geschäftsfrauen einig, die zu hunderten im Berliner Adlon Hotel zu einer<br />
mehrtägigen Business Konferenz zusammen kamen. Wie können Geschäftsfrauen aus unterschiedlichen Kulturen voneinander<br />
lernen und sich unterstützen? Lässt sich das vielfach gelobte deutsche duale Berufsausbildungssystem auch in der<br />
arabischen Welt dafür nutzen, Frauen in der Arbeitswelt zu stärken? Darum ging es unter anderem beim Arab-German<br />
Women Leaders Forum vom 22.-25. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin.<br />
Die <strong>Ghorfa</strong> Arab-German<br />
Chamber of Commerce<br />
and Industry veranstaltete<br />
das Arab-German<br />
Women Leaders Forum<br />
„From Partnership<br />
to Inclusive Growth: Women in the Arab<br />
World, Germany and the International Community”<br />
vom 23.-25. Oktober <strong>2013</strong> im Hotel<br />
Adlon Kempinski in Berlin in Kooperation<br />
mit dem Arab International Women’s Forum<br />
und in Zusammenarbeit mit der Generalunion<br />
der arabischen Kammern (GUCCIACC).<br />
An der Veranstaltung nahmen ca. 200 hochrangige<br />
Vertreter aus Wirtschaft, Politik<br />
und Wissenschaft teil. Die hochkarätige<br />
Veranstaltung fand zum ersten Mal in Berlin<br />
statt und stand unter der Schirmherrschaft<br />
von Klaus Wowereit, Regierender<br />
Bürgermeister von Berlin.<br />
Opening Ceremony<br />
Olaf Hoffmann, Vize-Präsident der <strong>Ghorfa</strong><br />
Arab-German Chamber of Commerce and<br />
Industry, hob in der Eröffnungsrede sehr<br />
positiv hervor, dass das Event zum ersten<br />
Mal veranstaltet werde. 2007 habe die <strong>Ghorfa</strong><br />
erstmals eine Session auf dem Arabisch-<br />
Deutschen Wirtschaftsforum Business Frauen<br />
gewidmet. Besonders erfreut zeigte er sich<br />
über das starke Interesse auf arabischer Seite.<br />
So kamen mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen<br />
aus dem arabischen Raum.<br />
Haifa Fahoum Al Kaylani, Gründerin und<br />
Vorsitzende des Arab International Women’s<br />
Forums mit Sitz in London, betonte, die<br />
<strong>Ghorfa</strong> und das AIWF teilten das Interesse,<br />
die Beziehungen mit der arabischen Welt in<br />
den Bereichen Handel, Wirtschaft und Investition<br />
zu stärken und hob die Bedeutung des<br />
Arab-German Women Leaders Forum hervor.<br />
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />
Deutschland und der arabischen Welt würden<br />
von Jahr zu Jahr erstarken. Sie ging auf<br />
die hohe Bedeutung von Start-Up Unternehmen<br />
ein und rief dazu auf, Frauen in Start-<br />
Ups oder KMU zu unterstützen. Zwar gebe<br />
es zunehmend weibliche, arabische Unternehmerinnen,<br />
doch der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten<br />
bleibe eine Herausforderung.<br />
Ein Großteil des Unternehmertums<br />
finanziere sich derzeit noch durch private<br />
Mittel. In der Vergangenheit seien Frauen<br />
insbesondere im Dienstleistungsbereich oder<br />
Life Style tätig gewesen. Jedoch sei eine Tendenz<br />
zur Diversifizierung spürbar. Von Frauen<br />
geführte Unternehmen seien für Investoren<br />
sehr erfolgversprechend. Sie rief dazu<br />
auf, die hohe Bedeutung von arabischen Geschäftsfrauen<br />
anzuerkennen. Frau Al-Kaylani<br />
begrüßte Initiativen in Deutschland, um<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
14
Women leaders forum | Zusammenarbeit<br />
SOUQ<br />
das Unternehmertum von Frauen zu fördern,<br />
wie die „National Agency for Women Startups<br />
Activities and Services", die ein Vorbild<br />
für die arabische Welt seien. Mit ihren sehr<br />
guten Ausbildungen und der Unterstützung<br />
der arabischen Regierungen könnten arabische<br />
Frauen einen wertvollen Beitrag zu den<br />
Ökonomien ihrer Länder leisten.<br />
Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi,<br />
saudischer Botschafter in Berlin und<br />
Doyen des arabischen diplomatischen Korps<br />
in Deutschland, würdigte die Bedeutung<br />
arabischer Frauen in der Geschäftswelt und<br />
gab einen Überblick über die aktuelle Situation<br />
in der arabischen Welt. Die Quote der<br />
Arbeitnehmerinnen habe deutlich zugenommen,<br />
auf 16,8 Million im Jahr 2011 im Vergleich<br />
zu 11,2 Millionen im Jahr 2000. Auch<br />
die Vielfalt der ergriffenen Berufe von Frauen<br />
sei gestiegen. Algerien habe den höchsten<br />
Anteil von weiblichen Parlamentsmitgliedern,<br />
mit 32 Prozent der 462 Parlamentssitze.<br />
Frauen in Tunesien hätten 27 Prozent<br />
der 217 Mandate inne und im Königreich<br />
Saudi-Arabien 20 Prozent der 151 Sitze. 42<br />
Prozent der einflussreichsten Frauen seien<br />
Geschäftsfrauen. In Saudi-Arabien seien<br />
zwischen 20.000 und 40.000 der Unternehmen<br />
von Frauen geführt. Laut eines Reports<br />
von European Intelligence Unit seien 10<br />
Prozent der Immobilien in Frauenhand. 40<br />
Prozent der Familienunternehmen in dem<br />
Königreich gehörten Frauen. Ein Netzwerk<br />
für Geschäftsfrauen sei in vielerlei Hinsicht<br />
gewinnbringend, um etwa Erfahrungen auszutauschen,<br />
gegenseitige Geschäftsideen zu<br />
unterstützen und sich gemeinsam zu motivieren.<br />
Das Arab-German Leaders Forum sei<br />
ein Schritt in die richtige Richtung.<br />
Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie<br />
und Forschung in Berlin, begrüßte<br />
in ihrer Eröffnungsrede die Gäste im Namen<br />
der Berliner Regierung. Berlin, als das am<br />
stärksten wachsende Bundesland, biete hervorragende<br />
und attraktive Investitions- und<br />
Rahmenbedingungen für Geschäfte. Zahlreiche<br />
internationale Unternehmen hätten<br />
Dependancen in Berlin gegründet. 1,8 Milliarden<br />
Euro investiere Berlin zur Weiterentwicklung<br />
neuer Technologien. Im letzten Jahr<br />
seien 4.000 neue Unternehmen gegründet<br />
worden. Mit elf Universitäten und 70 Forschungseinrichtungen<br />
sei die Stadt auch ein<br />
ausgezeichneter Standort für Start-Ups. Der<br />
Unternehmergeist treibe die wirtschaftliche<br />
Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi<br />
Olaf Hoffmann<br />
Entwicklung Berlins voran. Die Senatorin<br />
begrüßte die facettenreichen Wirtschaftsbeziehungen<br />
zwischen Deutschland und der arabischen<br />
Welt. Sie hob besonders die Zusammenarbeit<br />
mit den Golfstaaten positiv hervor.<br />
Das Königreich Saudi-Arabien sei derzeit der<br />
viertwichtigste Abnehmer Berliner Produkte.<br />
Die Kooperation mit der arabischen Welt solle<br />
weiter ausgebaut werden, hierbei versprach<br />
die Senatorin ihre Unterstützung für arabische<br />
Investoren in Berlin. Durch die wirtschaftlichen<br />
Beziehungen mit den Golfstaaten<br />
habe sie bereits den vermehrten Einfluss arabischer<br />
Geschäftsfrauen gespürt. Das Arab-<br />
German Women Leaders Forum sei wichtig,<br />
um die noch bestehenden Herausforderungen<br />
anzugehen und die Beziehungen zwischen den<br />
Geschäftsfrauen weiter zu stärken.<br />
Session 1 „Addressing Inequality for<br />
a More Inclusive Society”<br />
An den beiden Haupttagen des Arab-German<br />
Women Leaders Forums fanden insgesamt<br />
Cornelia Yzer<br />
Haifa Fahoum Al Kaylani<br />
drei Sitzungen statt. In Session 1 wurde das<br />
Thema „Addressing Inequality for a More<br />
Inclusive Society” aufgegriffen.<br />
Dr. Gabi Kratochwil, Geschäftsführerin von<br />
Cross Cultures, moderierte die Session. Themen<br />
waren u.a. die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf, Work-Life Balance, Teilzeitarbeit-<br />
Modelle und die Nachfolgefrage bei Familienunternehmen.<br />
Die Referentinnen gaben<br />
dabei jeweils einen sehr persönlichen Einblick<br />
in ihren beruflichen Werdegang.<br />
Regine Sixt, Senior Executive Vice President<br />
von Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG,<br />
gab einen Überblick über die internationalen<br />
Geschäftstätigkeiten von Sixt, ihren persönlichen<br />
Werdegang und ging auf die Rollen<br />
von Frauen im Familienunternehmen Sixt<br />
ein. Von den 5.000 Angestellten seien 2.500<br />
in Deutschland tätig. 60 Prozent davon seien<br />
weiblich. Sixt lege Wert auf Weiterbildung,<br />
etwa in Form von Sprachkursen oder IT-Training.<br />
Corporate Social Responsibility (CSR)<br />
15<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />
serte Arbeitsbedingungen zur Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf.<br />
Die Sprecherinnen von Session 1 gaben einen persönlichen Einblick in ihren Werdegang<br />
Nach Einschätzung von Alia al Rifai, CFO bei<br />
Siemens LLC, bewege sich die die arabische<br />
Welt in die richtige Richtung hinsichtlich<br />
der Rolle von Frauen in der Geschäftswelt.<br />
Obwohl die Statistiken zeigten, dass die Zahl<br />
der weiblichen Arbeitnehmerinnen zunehmen<br />
würde, stelle sich die Frage, warum der<br />
Anteil im Senior Management immer noch<br />
relativ gering sei. Frau al Rifai ging auf die<br />
wichtige Bedeutung der Familie ein, die<br />
Frauen in ihrem Rollenverständnis prägen<br />
würden. Mit der richtigen Umgebung seien<br />
die Entwicklungsmöglichkeiten enorm. Ein<br />
Unternehmen biete die Plattform für Entwicklung,<br />
doch die Familie sei entscheidend<br />
für den beruflichen Werdegang. Sie spüre einen<br />
Wandel in den jüngeren Generationen,<br />
die zunehmend offener seien. Siemens engagiere<br />
sich unter anderem durch Trainings<br />
von Studenten und mehrjährige Programme<br />
für Hochschulabsolventen. Der Arbeitgeber<br />
könne Geschäftsfrauen fördern, indem sie die<br />
richtigen Arbeitsbedingungen zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Auf dem Forum wurden auch Herausforderungen für Frauen in der Arbeitswelt thematisiert<br />
sei ein fester Bestandteil der Unternehmenspolitik<br />
der Sixt-Gruppe. Die Förderung von Arbeitswelt, was sich beispielsweise an gleigewicht<br />
zwischen Männer und Frauen in der<br />
Aktivitäten für ein nachhaltiges und sozial chen Gehältern zeige. Vier Frauen seien derzeit<br />
ins bahrainische Parlament gewählt wor-<br />
verantwortliches Engagement durch das Unternehmen<br />
und seine Mitarbeiterinnen und den. Im Schura-Rat gebe es ca. zehn Frauen.<br />
Mitarbeiter entspreche dem Selbstverständnis<br />
sowie dem Leitbild und Wertesystem von manchen Ministerien wie dem Gesundheits-<br />
40 Prozent der Arbeitskräfte seien Frauen, in<br />
Sixt. Die Themen Energie und Umwelt sowie ministerium hielten sie die Mehrheit und 37<br />
ehrenamtliche Mitarbeit und Engagement Prozent der bahrainischen Frauen seien im<br />
im gemeinnützigen Bereich stünden dabei Finanzwesen angestellt. Frauen spielten damit<br />
eine wichtige Rolle für die bahrainische<br />
im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. Frau Sixt<br />
stellte hier die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung<br />
vor, die sich für die weltweite Verbesserausforderungen.<br />
Der Zugang von Frauen zu<br />
Wirtschaft. Trotzdem gebe es noch viele Herung<br />
der Lebensumstände von Kindern und den Sektoren Bauwesen, Fischerei oder Landwirtschaft<br />
sei noch sehr schwer. Über 70 Pro-<br />
Jugendlichen einsetze. Dabei engagierten sie<br />
sich national und international für die Bekämpfung<br />
von Armut und die Förderung von ternehmen seien noch zurückhaltend bei der<br />
zent der Arbeitslosen seien Frauen, die Un-<br />
Bildung.<br />
Anstellung von Frauen. 30 Prozent der Angestellten<br />
ihres Unternehmens seien Frauen.<br />
Mona Almoayyed, Managing Director von Sie würden unterstützt durch verschiedene<br />
YK Almoayyed & Sons, Bahrain, sprach über Förderprogramme, die ihnen den Zugang<br />
die Besonderheiten und die Gastfreundlichkeit<br />
Bahrains. In Bahrain gebe es ein Gleich-<br />
Herausforderung für Frauen blieben<br />
zum Management erleichtern sollten. Eine<br />
verbes-<br />
Souad Benkredda, Global Markets, Deutsche<br />
Bank, stellte drei Merkmale vor, die sie für<br />
wichtig erachte für Frauen in der Geschäftswelt.<br />
Authentizität sei wichtig, d.h. nicht<br />
Rollen zu imitieren oder nachzuahmen, sondern<br />
man selbst zu sein. Zweitens sei Leistung<br />
(Performance) wichtig. Sie rief dazu<br />
auf, sich auf die Stärken zu konzentrieren.<br />
Individualität sei dabei eine Stärke, keine<br />
Schwäche. Das dritte wichtige Merkmal sei,<br />
Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.<br />
Frau Benkredda ermutigte dazu, sich<br />
über die eigenen Prioritäten bewusst zu werden.<br />
Ihre Priorität sei die Familie gewesen,<br />
doch gleichzeitig sei sie ambitioniert gewesen,<br />
Familie und Beruf unter einen Hut zu<br />
bekommen. Eine Mutter zu sein oder einen<br />
Migrationshintergrund zu haben, sei bereichernd.<br />
Um beides erfolgreich zu bewältigen,<br />
seien eine gute Organisation sowie die Unterstützung<br />
der Familie notwendig.<br />
Dr. Afnan Al-Shuaiby, Secretary General &<br />
Chief Executive, Arab-British Chamber of<br />
Commerce, wies darauf hin, dass Bildung und<br />
die Unterstützung durch die Familie entscheidend<br />
für den beruflichen Erfolg seien und<br />
sprach über ihren beruflichen Werdegang.<br />
Sie gab zu bedenken, dass neben Bildung und<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
16
women leaders forum | Zusammenarbeit<br />
SOUQ<br />
Familie auch die Unterstützung des Landes<br />
wichtig sei. So sei sie von Saudi-Arabien für<br />
ihre jetzige Position nominiert worden. In<br />
dem Königreich seien 40 Prozent der Assets<br />
im Besitz von Frauen. Jedoch sei es wegen<br />
praktischer Fragen, wie etwa die richtigen Ansprechpersonen<br />
zu finden sind, oftmals noch<br />
eine große Herausforderung, Start-Ups zu<br />
lancieren.<br />
Session 2 „From School to Work“<br />
Session 2 widmete sich dem Thema „From<br />
School to Work: Arab Initiatives and how to<br />
Learn from the German Example”. Die Sitzung<br />
wurde von Cornelia Frettlöh moderiert,<br />
Senior Fachplanerin Afghanistan, Deutsche<br />
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.<br />
Neben der Unterstützung der Familie<br />
sei Bildung sehr wichtig, so Frau Frettlöh.<br />
Die duale Berufsausbildung sei hier eine sehr<br />
gute Möglichkeit, den Zugang zu Bildung zu<br />
erleichtern. Frau Frettlöh fasste die größten<br />
Herausforderungen in der Berufsausbildung<br />
zusammen. Unternehmen würden<br />
sich manchmal sorgen, wie die ausgebildeten<br />
Facharbeiter nach der Ausbildung gehalten<br />
werden könnten. Ein weiterer wichtiger Aspekt<br />
sei qualifiziertes Ausbildungspersonal<br />
für die duale Berufsausbildung zu finden.<br />
Nach wie vor hätte die theoretische akademische<br />
Ausbildung eine höhere Anerkennung<br />
als die praktische nicht-akademische Ausbildung.<br />
Die deutsche Berufsausbildung ließe<br />
sich nicht 1 zu 1 auf andere Länder übertragen.<br />
Viel eher gehe es darum, welche Lehren<br />
sich aus dem deutschen Beispiel ziehen<br />
lassen würden. Frau Frettlöh sprach sich für<br />
eine frühe Berufs- oder Karriereberatung an<br />
Schulen aus, um eine frühe Orientierung zu<br />
ermöglichen.<br />
Dr. Assia Bensalah Alaoui, Ambassador at<br />
Large of His Majesty Mohamed VI King of<br />
Morocco, begrüßte den Fortschritt in Marokko<br />
in der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />
Die vielen bereits umgesetzten Initiativen<br />
seien ermutigend. Derzeit seien sechs Ministerinnen<br />
in der Regierung. Im Privatsektor<br />
sei der Trend auch sehr positiv. Junge<br />
Absolventinnen mit einer internationalen<br />
Ausbildung wären auf dem Arbeitsmarkt<br />
vorhanden und würden auch zunehmend<br />
Leitende Positionen einnehmen. Der Wechsel<br />
zwischen Ausbildung und Berufseintritt<br />
sei sehr schwer. Dr. Alaoui sprach die große<br />
Herausforderung an, besonders in länd-<br />
Session 2 „From School to Work: Arab Initiatives and how to Learn from the German Example“<br />
Die Sessions luden zu einer angeregten Diskussion ein<br />
lichen Gebieten die Alphabetisierungsrate<br />
zu erhöhen. Ausbildung werde im Vergleich<br />
zur universitären Bildung immer noch<br />
als zweite Option angesehen. Sie wünsche<br />
sich, dass die Wahrnehmung der Ausbildung<br />
sich verbessere. Früher sei eine Lehre<br />
im Familienbetrieb gängig gewesen. Auch<br />
bei Führungspositionen stamme die größte<br />
Erfahrung aus der Familie. Die marokkanische<br />
Regierung unterstütze die Ausbildung<br />
von Mädchen stark. Marokko sei als Investitionsstandort<br />
sehr attraktiv, doch oftmals<br />
gebe es noch Schwierigkeiten ausreichend<br />
qualifiziertes Personal zu finden. Marokko<br />
habe viele Projekte und Initiativen, um<br />
Frauen zu fördern, wovon Dr. Alaoui die<br />
Birgit Thomann, Abteilungsleiterin Bundesinstitut<br />
für Berufsbildung (BIBB), Abteilung<br />
„Internationalisierung der Berufsbildung/<br />
Wissensmanagement“, gab einen umfassenden<br />
Überblick über die spezifischen Charakteristika<br />
der deutschen dualen Berufsausbildung.<br />
Deutschland habe im Vergleich zu<br />
vielen anderen Ländern eine relativ geringe<br />
Arbeitslosenquote unter jungen Erwachsenen.<br />
Deshalb erfreue sich das deutsche<br />
Ausbildungssystem einer wachsenden Beliebtheit<br />
im Ausland und stoße vermehrt<br />
auf Interesse. Die Berufsausbildung genieße<br />
auch in Deutschland hohes Ansehen.<br />
Während in Deutschland nur 14,1 Prozent<br />
(Frauen) bzw. 17 Prozent (Männer) eine akademische<br />
wichtigsten vorstellte. Unternehmertum<br />
Ausbildung hätten, läge der Be-<br />
müsse aktiv gefördert werden. Eine Kooperation<br />
zwischen den Universitäten und der<br />
Industrie sei auch sehr wichtig. Dr. Alaoui<br />
warb dafür, stärker für Frauen Lobbyismus<br />
zu betreiben, das heißt, sich für sie einzusetzenrufsausbildungsanteil<br />
bei rund 50 Prozent.<br />
Das duale System kombiniere die praktische<br />
Ausbildung in einem Betrieb mit der theoretischen<br />
Ausbildung in der Berufsschule. Die<br />
Betriebe verstünden die Lehre als Investition<br />
in ihre zukünftigen Mitarbeiter, die einen<br />
17<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />
Zugewinn für das Unternehmen bedeuten<br />
würden. Hinsichtlich der Geschlechter sei die<br />
Zahl der weiblichen Auszubildenden seit den<br />
90er Jahren sehr stabil. Eine Diskrepanz sei<br />
bei der Berufswahl klar erkennbar. Bei 330<br />
Berufsausbildungsmöglichkeiten gebe es 10<br />
Berufe, die vorwiegend von Frauen gewählt<br />
würden. Bei männlichen Auszubildenden<br />
herrsche eine größere Diversität. Bei der Berufsausbildung<br />
sei der Schritt nicht von der<br />
Schule zur Arbeit, sondern von der Schule,<br />
zur Berufsausbildung und dann zur Arbeit.<br />
Der schwierigere Schritt sei von der Schule<br />
zur Ausbildung. Einmal in der Ausbildung,<br />
sei der Kontakt zur Arbeitswelt meistens<br />
etabliert und der Einstieg geschafft. Ein<br />
deutlicher Großteil der Ausgebildeten erhalte<br />
danach eine Anstellung als qualifiziertes<br />
Fachpersonal. Die Bindung, die während der<br />
mehrjährigen Ausbildung zwischen Auszubildendem<br />
und Ausbilder entstehe, sei nicht<br />
zu unterschätzen. Sie plädierte dafür, junge<br />
Absolventen beim Übergang von der Schule<br />
in die Lehre zu unterstützen.<br />
Dr. Astrid Ohl-Loff, Lehrbeauftragte Abteilung:<br />
Ökonomie, Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd, stellte Stärken und<br />
Schwächen der deutschen Berufsausbildung<br />
vor. Stärken seien die Verbindung zu Unternehmen,<br />
das hohe Maß an Bildung und spezialisierter<br />
Bildung und die geringe Arbeitslosenquote<br />
unter jungen Erwachsenen. Allerdings<br />
bestehe die Schwäche des Systems darin, dass<br />
viele der Unternehmen nur für ihre speziellen<br />
Anforderungen ausbilden würden und damit<br />
den Wechsel zu anderen Firmen erschwerten.<br />
Die Ausbildung sei nicht nur ein Übergang von<br />
der Schule zum Berufsleben, sondern auch eine<br />
Garantie für Jobsicherheit auf lange Sicht, da<br />
die jungen Menschen qualifiziert ausgebildet<br />
würden. Zudem würde durch dieses Programm<br />
eine Gleichstellung der Geschlechter gefördert,<br />
da Frauen neue berufliche Perspektiven<br />
eröffnet würden. Die Universität Ludwigsburg<br />
hätte jüngst einen neuen Arabisch-Deutschen<br />
Master eingeführt, welcher dem arabischen<br />
Management das Knowhow über das deutsche<br />
TVET-Programm zuführen solle.<br />
Session 3 „Women in SMEs“<br />
Session 3 „Women in SMEs“ wurde moderiert<br />
von Sana Bardawil, Regional Communications<br />
Manager, MENA, Shell EP International<br />
Upstream International Middle East.<br />
Frau Bardawil begrüßte die zahlreichen Initiativen<br />
zur Förderung arabischer Frauen in<br />
der Arbeitswelt.<br />
Dr. Astrid Nelke, Geschäftsführerin bei<br />
know:bodies, Gesellschaft für integrierte<br />
Kommunikation und Bildungsberatung<br />
mbH, betonte die Relevanz von klein- und<br />
mittelständischen Unternehmen (KMU) für<br />
die deutsche Wirtschaft. 2011 hätten 2 Mio.<br />
KMU 99.3 Prozent aller Unternehmen repräsentiert.<br />
In diesem Sektor wären mehr als<br />
die Hälfte aller deutschen Arbeitskräfte tätig<br />
(24,9 Mio.). 14.000 Firmen seien außerdem<br />
Mitglied im Deutschen Mittelstandsbund<br />
(DMB), dessen Aufgabe es sei für KMU einzutreten.<br />
Hier spielten Frauen eine wichtige<br />
Rolle. Wie Frau Nelke ausführte, sei für sie<br />
der Zugang zu Führungspositionen in großen<br />
Unternehmen immer noch äußerst schwierig.<br />
So warb sie für Netzwerk-Möglichkeiten,<br />
wie beispielsweise die „Vereinigung für<br />
Frauen im Management“, da Kontakte und<br />
gegenseitige Unterstützung neben erworbenen<br />
Kompetenzen wichtig seien.<br />
Session 3 bot einen Einblick in die Rolle von Frauen in KMU<br />
Pausen dienten dem Austausch<br />
Nelly Kostadinova, Mitglied im VdU-Bundesvorstand,<br />
gab einen umfassenden Überblick<br />
über die aktuelle Arbeitsmarktsituation<br />
deutscher Frauen. 28 Prozent der selbstständig<br />
beschäftigten Personen in Deutschland<br />
seien weiblich und 70 Prozent der Frauen<br />
seien derzeit in Beschäftigung. Frauen erhielten<br />
jedoch 22 Prozent geringeres Gehalt<br />
als Männer in vergleichbaren Positionen.<br />
Außerdem hätten die 30 DAX-Unternehmen<br />
nur wenige Frauen im Vorstand. Sie erklärte,<br />
je größer die Geschlechtergerechtigkeit<br />
in der Arbeitswelt sei, desto größer sei der<br />
wirtschaftliche Gewinn. Laut einer Studie<br />
von Goldman and Sachs könnten die USA<br />
neun Prozent mehr Gewinn einfahren, wäre<br />
die weibliche Arbeitsquote gleich der männlichen.<br />
Im Vergleich zum Jahr 2011 habe sich<br />
der Anteil der Frauen in Vorstandsgremien in<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
18
women leaders forum | Zusammenarbeit<br />
SOUQ<br />
Deutschland im Jahr <strong>2013</strong> auf sechs Prozent<br />
erhöht. Herausforderungen seien gleiches<br />
Gehalt bei gleicher Arbeit und die Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie. Frau Kostadinova<br />
sprach über ein dreijähriges Programm mit<br />
Beginn im Jahr 2010, finanziert durch den<br />
European Social Fund (ESF), um Frauen in<br />
Führungspositionen zu bringen.<br />
Dr. Ingy Rasekh, Managing Partner, Mena<br />
Associates in association with Amereller<br />
Rechtsanwälte, teilte ihre Erfahrungen<br />
mit über Geschlechtergerechtigkeit in<br />
der Arbeitswelt in Ägypten. Es gebe viele<br />
Hochschulabsolventen, die nach Abschluss<br />
Schwierigkeiten hätten, eine Anstellung zu<br />
finden. Hier würden sie mit gezielten Programmen<br />
zum erleichterten Arbeitsmarkteintritt<br />
ansetzen. KMU seien in Ägypten sehr<br />
wichtig für den Berufseintritt von Frauen.<br />
Sie leisteten einen entscheidenden Beitrag zu<br />
Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />
Mit Hilfe internationaler Unterstützung<br />
würden viele Projekte in Ägypten<br />
zur Unterstützung von KMU umgesetzt, wie<br />
z.B. die Etablierung von TVET-Schulen. Eine<br />
Herausforderung sei, die Mittel zielgerichtet<br />
an bedürftige Gruppen zu geben.<br />
Das Gala-Dinner zum Abschluss der Konferenz ermöglichte vertiefende Gespräche<br />
Najah Zuhair Osaily, Administrative & Financial<br />
Manager, Hebron, Palästina, sprach<br />
über die Lage der KMU in Palästina. Sie<br />
stellte die vielen Vorteile von KMU vor. Sie<br />
seien flexibel und könnten sich schnell an<br />
die Gegebenheiten des Marktes anpassen.<br />
In Palästina würde die Wirtschaft fast ausschließlich<br />
auf dem privaten Sektor basieren,<br />
der wiederum hauptsächlich aus Familienunternehmen<br />
bestehe. Es gäbe eine junge,<br />
motivierte, gut ausgebildete Generation an<br />
Frauen, die allerdings nur 16 Prozent der Arbeitskraft<br />
präsentiere. Sie appellierte an die<br />
anwesenden Zuhörerinnen mit gemeinsamen<br />
Anstrengungen eine Zukunft für die palästinensische<br />
Wirtschaft zu schaffen.<br />
Hanan Saab, Managing Director, Pharmamed,<br />
sprach über die wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
der arabischen Welt. Sie teilte<br />
ihre Erfahrungen in Bezug auf instabile<br />
Wirtschaft mit und riet den Anwesenden flexibel<br />
auf Änderungen zu reagieren. Ziel solle<br />
es sein eine Plattform für Geschäftsfrauen zu<br />
etablieren, die ihnen Informationsaustausch<br />
und einen Netzwerk-Aufbau ermögliche.<br />
Außerdem sprach sie über die zukunftsorientierte<br />
Bedeutung von Vorbildern zur Motiva-<br />
Frauen in Deutschland und der arabischen Welt tauschten sich über Chancen und Herausforderungen aus<br />
tion, Unterstützung und Inspiration jüngerer und sie sähe ein großes Potenzial für weitere<br />
derartige Veranstaltungen. Besonders in<br />
Generationen und rief zur Zusammenarbeit<br />
zwischen Frauen auf.<br />
Zeiten der Umbrüche in der arabischen Welt<br />
habe der private Sektor mit seinen KMU<br />
Closing Session<br />
einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen<br />
Stabilität leisten können und sei somit unterstützenswert.<br />
Auch Dr. Kratochwil zeigte<br />
Dr. Kratochwil und Sana Bardawil, Regional<br />
Communications Manager, MENA, Shell sich angetan von der Vielfalt der angesprochenen<br />
Fortschritte, betonte aber auch Her-<br />
EP International Upstream International<br />
Middle East (UK), würdigten in der Closing ausforderungen, wie zum Beispiel familiäre<br />
Session die strategischen und akademischen Unterstützung, soziale Strukturen usw. Sie<br />
Erkenntnisse der einzelnen Vorträge. Frau hätte große Inspiration verspürt und auch<br />
Bardawil hob besonders die Expertise der großes Interesse an einem internationalen<br />
deutschen Sprecherinnen bzgl. des deutschen<br />
Berufsausbildungssystems hervor. Da schloss das Forum mit Danksagungen an die<br />
Austausch wahrgenommen. Frau Al Kaylani<br />
es auch in Deutschland Jahrhunderte gedauert<br />
habe, den heutigen Stand zu erreichen, den Gästen ab.<br />
<strong>Ghorfa</strong>, den Sprechern, Moderatoren und<br />
gäbe es auch in den arabischen Ländern<br />
noch einen langen Weg zu beschreiten, besonders<br />
um Gedankenstrukturen aufzubre-<br />
Gelegenheit für B2B Meetings. Für die ara-<br />
Neben den Sitzungen gab es ausreichend<br />
chen. Zudem wünsche sie sich, dass mehr bischen Teilnehmerinnen fand zusätzlich zu<br />
Platz für Frauen in der Wirtschaft geschaffen<br />
werde und sie dabei die Chance erhielten So standen ein Besuch des Bundestages, des<br />
den Sessions ein Rahmenprogramm statt.<br />
authentisch zu bleiben. Das Forum hätte die Filmparks Babelsberg sowie des Siemens Gasturbinenwerks<br />
auf dem Möglichkeit geboten, Brücken zu schlagen<br />
Programm.<br />
19<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
Branchen | Bildung<br />
Die arabischen Golfstaaten<br />
entdecken die Bildung als<br />
Rohstoff der Zukunft<br />
Gute Bildung entscheidet maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit von<br />
Staaten und die Zukunftschancen junger Menschen. Die GCC-Staaten haben<br />
das erkannt und investieren massiv in den Bildungssektor. Deutschen Anbietern<br />
eröffnen sich insbesondere in der Berufsausbildung hervorragende<br />
geschäftliche Chancen.<br />
men, wie die Tabelle zeigt, in der Primarstufe<br />
in Kuwait auf einen Lehrer nur 8,6 Schüler. In<br />
der Sekundarstufe liegt diese Relation sogar<br />
bei nur 7,8. Damit ist Kuwait im Vergleich zu<br />
den GCC-Staaten an der Spitze. Doch weisen<br />
auch die anderen Länder durchweg sehr<br />
günstige Relationen auf, legt man den globalen<br />
Durchschnitt von 24,2 (Primarstufe) bzw.<br />
17,3 (Sekundarstufe) zugrunde.<br />
Auch gemessen an der Alphabetisierungsrate<br />
können die arabischen Golfstaaten auf überdurchschnittlich<br />
gute Ergebnisse verweisen.<br />
Der Anteil der über 15-jährigen in der Region,<br />
die lesen können, liegt bei annähernd 90<br />
Prozent oder darüber. Der weltweite Durchschnitt<br />
beläuft sich der Weltbank zufolge auf<br />
89 Prozent.<br />
Zweifellos ist das Niveau der allgemeinbildenden<br />
Schulen in der Region beachtlich.<br />
Auch die Ausbildung an den Hochschulen<br />
gilt als gut. Defizite werden jedoch beim<br />
Übergang in das Berufsleben offenbart. So<br />
drängt Jahr für Jahr eine wachsende Zahl<br />
junger Menschen auf die Arbeitsmarkt, die<br />
lediglich einen Schulabschluss haben. Denn<br />
ein etabliertes Berufsausbildungssystem wie<br />
in Deutschland gibt es bislang allenfalls in<br />
Ansätzen.<br />
Training nach deutschen Standards wird geschätzt, hier durchgeführt vom Kunststoff-Zentrum SKZ<br />
Von Dr. Ralf Neubauer<br />
Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC)<br />
haben ihre <strong>Ausgabe</strong>n für die Bildung ihrer<br />
jungen Bevölkerungen in den vergangenen<br />
Jahrzehnten massiv ausgeweitet. In den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten (VAE) nahm<br />
der Anteil der Bildungsausgaben an den gesamten<br />
Staatsaugaben beispielsweise von<br />
10,4 Prozent im Jahr 1985 auf 25 Prozent im<br />
Jahr 2011 zu (siehe Tabelle).<br />
Ebenso imposant ist die <strong>Ausgabe</strong>nexpansion<br />
in Saudi-Arabien. Dort stieg der Anteil der<br />
Bildungsausgaben im selben Zeitraum von<br />
10,1 auf 19,3 Prozent und nahm seitdem weiter<br />
zu: Für das laufende Jahr sieht der saudische<br />
Haushalt Bildungsausgaben in Höhe von<br />
umgerechnet 54,5 Mrd. US-Dollar vor. Dies<br />
entspricht einem Anteil von 25 Prozent am<br />
gesamten Etat entspricht. Spitzenreiter bei<br />
diesem Indikator ist im Übrigen der Oman: In<br />
dem Sultanat entfallen mehr als 30 Prozent<br />
der Staatsausgaben auf den Bildungssektor.<br />
Die Bildungsoffensive, die in allen GCC-Staaten<br />
zu beobachten war, hat die Qualität der<br />
Schulbildung deutlich erhöht. Dies lässt sich<br />
unter anderem an der Relation von Schülern<br />
zu Lehrern festmachen. Beispielsweise kom-<br />
Es gäbe am Golf gravierende Probleme mit<br />
dem Qualifikationsniveau derjenigen jungen<br />
Menschen, die erstmals eine Beschäftigung<br />
aufnehmen wollen, stellt Mark Andrews von<br />
dem britischen Bildungsanbieter Pearson fest.<br />
Viele Schulabgänger, aber auch Universitätsabsolventen<br />
seien nicht in der Lage, ihr in<br />
vielen Jahren erworbenes Wissen am Arbeitsplatz<br />
anzuwenden. Zudem verfügten viele<br />
Hochschulabsolventen nicht über diejenigen<br />
Qualifikationen, die von den Arbeitgebern<br />
verlangt würden.<br />
Die Folgen sind bekannt. Vielen jungen Menschen<br />
bleibt nur der Gang in die Arbeitslosigkeit.<br />
Arbeitslosenquoten von 30 Prozent in<br />
der Gruppe der unter 30-jährigen sind in der<br />
Region keine Ausnahme. Andererseits wird<br />
händeringend nach qualifizierten Fachkräften<br />
gesucht. Sie müssen überwiegend im Ausland<br />
rekrutiert werden, obwohl es Ziel der Regierungen<br />
ist, zumindest die qualifizierten Arbeitsplätze<br />
mit einheimischen Fachkräften zu<br />
besetzen. In Saudi-Arabien wird eine „Saudisierung“<br />
des Arbeitsmarktes angestrebt, in den<br />
VAE eine „Emiratisierung“.<br />
Foto: Kunststoff-Zentrum SKZ<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
20
Bildung | Branchen<br />
SOUQ<br />
Doch die Regierungen steuern dagegen. Sie<br />
haben erkannt, dass gerade auch die Berufsbildung<br />
über die Wettbewerbsfähigkeit ihrer<br />
Volkswirtschaften und die Zukunftschancen<br />
ihrer jungen Bevölkerungen entscheidet. Exzellente<br />
berufliche Bildung ist als Rohstoff<br />
der Zukunft mindestens ebenso wichtig wie<br />
die reichen Vorkommen an Kohlenwasserstoffen<br />
(Öl und Gas).<br />
Foto: Technical Trainers College (TTC) Riyadh<br />
So wurde laut iMOVE, der Initiative des Bundesbildungsministeriums,<br />
in Saudi-Arabien<br />
bereits im ersten Fünf-Jahres-Entwicklungsplan<br />
im Jahr 1970 der beruflichen Bildung viel<br />
Aufmerksamkeit geschenkt. Als der Bedarf an<br />
qualifizierten Arbeitskräften zunahm, wurde<br />
1980 per königlichem Dekret die „General<br />
Organization for Technical Education and<br />
Vocational Training“ gegründet. Im Jahr 2007<br />
wurde die Institution in „Technical and Vocational<br />
Training Corporation“ (TVTC) umbenannt.<br />
Der Schwerpunkt der TVTC liegt heute auf<br />
generellen Trainings und On-the-Job-Schulungen.<br />
Zudem bezieht die Organisation die<br />
privaten Firmen ein, die von diesen Maßnahmen<br />
profitieren. Die TVTC fördert entsprechend<br />
auch Investitionen in diesem Sektor.<br />
Verschiedene private und staatliche Institutionen<br />
bilden aus.<br />
So gibt es so genannte Industrial Vocational<br />
Institutes. Dort dauert die Ausbildung bis<br />
zu drei Jahre. Am Ende steht ein Abschluss,<br />
der dem der „Secondary General School“<br />
gleichwertig ist. Außerdem gibt es Technical<br />
Studierende im Technical Trainers College (TTC) Riyadh arbeiten an einem Telekommunikationsnetzwerk<br />
Colleges, die in drei bis vier Jahren zu einem<br />
Diplom führen. In diesem Rahmen sind Spezialisierungen<br />
in Fächern wie Energietechnik,<br />
Mechanik, Chemie, Informations- und Kommunikationstechnik<br />
sowie Umwelt- und Agrotechnik<br />
möglich.<br />
Das bestehende Ausbildungssystem ist aber<br />
nicht so dimensioniert, dass es alle Schulabgänger<br />
aufnehmen kann, die nicht ein Studium<br />
an einer Hochschule beginnen. Aktuelle<br />
Zahlen liegen nicht vor, doch wurden laut<br />
TVTC im Fiskaljahr 2009 von 237.600 Bewerbern<br />
für öffentliche Programme nur 74.700<br />
– also etwa ein Drittel – angenommen. In<br />
privaten Programmen kamen zudem 88.000<br />
junge Menschen unter. Insgesamt wurden damit<br />
nur etwa die Hälfte aller Bewerber „versorgt“.<br />
Aus der Misere werden jetzt Konsequenzen<br />
gezogen. Wie die staatliche Institution „Colleges<br />
of Excellence“ (CoE) kürzlich angekündigte,<br />
soll die Kapazität der Berufsausbildung<br />
in dem Königreich in den kommenden zehn<br />
Jahren von 110.000 auf mehr als 400.000<br />
Auszubildende erweitert werden. Die tragende<br />
Rolle sollen dabei internationale Bildungsanbieter<br />
übernehmen. Sie sollen auf der Basis<br />
von Public Private Partnership (PPP) 26 Colleges<br />
aufbauen und diese unabhängig betreiben.<br />
Reguliert, finanziert und beaufsichtigt<br />
werden die Colleges von CoE. Diese Institution<br />
ist im gemeinschaftlichen Eigentum<br />
des Human Resources Development Fund<br />
(HRDF) und der TVTC.<br />
Es tut sich also etwas in der saudischen Berufsausbildung.<br />
Doch besteht auch in den<br />
Generalsekretär empfängt eine irakische Delegation<br />
Der Generalsekretär der <strong>Ghorfa</strong> Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />
empfing am 08. Oktober <strong>2013</strong> eine Delegation des Zentrums<br />
für Irakstudien (CIS) der Friedrich-Alexander Universität<br />
Erlangen-Nürnberg. Die 17-köpfige Delegation<br />
wurde von Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir, Direktor des Zentrums<br />
für Irakstudien, geleitet. Die 17 Delegationsmitglieder<br />
nehmen derzeit an einem einmonatigen „Higher Education<br />
Faculty&Staff Training Program“ in Deutschland teil. Ziel<br />
des <strong>Ghorfa</strong>-Besuchs war ein Austausch über die deutscharabischen<br />
und insbesondere deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen.<br />
Zu den besprochenen Themen gehörten<br />
die Rolle Deutschlands in der europäischen Wirtschaft<br />
sowie die Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />
zwischen Deutschland und der arabischen Welt.<br />
21<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Branchen | Bildung<br />
anderen arabischen Golfstaaten großes Interesse<br />
an einem Auf- und Ausbau einer praxisorientierten<br />
beruflichen Ausbildung. Denn<br />
die Probleme sind überall ähnlich gelagert,<br />
wenngleich Saudi-Arabien der mit Abstand<br />
größte Bildungsmarkt am Golf ist.<br />
Für deutsche Branchenunternehmen eröffnet<br />
das potenziell gute geschäftliche Chancen.<br />
Zwar haben in den GCC-Staaten traditionell<br />
die angelsächsischen Anbieter mit ihrem<br />
Konzept des „Competence Based Trai-<br />
ning“ eine starke Markstellung, doch findet<br />
das erfolgreiche deutsche System der dualen<br />
Ausbildung zunehmend Beachtung. Nach<br />
Angaben des Instituts Technik und Bildung<br />
(ITB) der Universität Bremen unterstützt der<br />
Golfkooperationsrat auf Anregung des Sultanats<br />
Oman mittlerweile die Reform der Bildungssysteme<br />
in den Mitgliedsstaaten nach<br />
deutschem Vorbild.<br />
Das ITB ist bereits seit 2005 im Oman beratend<br />
tätig. Vor allem von der Einbindung der<br />
Wirtschaft in die Berufsausbildung sind die<br />
Omanis überzeugt: „Auch da schauen wir auf<br />
die reiche Erfahrung und die lange Geschichte<br />
des deutschen Systems. Es gewährleistet hohe<br />
Standards, eine hohe Ausbildungsqualität<br />
und Flexibilität. Es gilt als das beste der Welt<br />
und daran orientieren wir uns“, wird Said Alhadhrami,<br />
Bildungsexperte der omanischen<br />
Regierung, in einer ITB-Pressemitteilung zitiert.<br />
Bei der Markterschließung in den Golfstaaten<br />
sind solche Testimonials natürlich<br />
höchst hilfreich.<br />
Schüler-Lehrer-Relation<br />
Primarstufe<br />
Sekundarstufe<br />
der bildungssektor in den arabischen golfstaaten<br />
Ausgebildete<br />
ehrer in der<br />
Primarstufe<br />
(in %)<br />
Staatsausgaben für den Bildungssektor<br />
in % des BIP<br />
in % des Etats<br />
Alphabetisierung<br />
(älter als 15 Jahre<br />
in %)<br />
Bahrain 16,4 12,4 k.A. 2,9 11,7 91,9<br />
Katar 11,3 10,1 42,9 5,6 7,1 96,3<br />
Kuwait 8,6 7,8 77,6 3,8 12,9 93,9<br />
Oman 19,9 17,4 99,8 4,3 31,1 86,6<br />
Saudi-Arabien 11,0 11,3 91,5 5,6 19,3 86,6<br />
VAE 17,0 12,0 60,0 1,1 25,0 90,0<br />
Quelle: MEED<br />
*Zahlenangaben überwiegend für das Jahr 2011<br />
5 th Arab-German Education and Vocational Training Forum<br />
Die Bildung und Ausbildung ist für die arabische<br />
Welt ein Thema mit strategischer Bedeutung.<br />
Die Länder treiben die Modernisierung<br />
und Diversifizierung ihrer Volkswirtschaften<br />
mit Nachdruck voran. Erfolgreich kann diese<br />
Politik aber nur sein, wenn genügend qualifizierte<br />
Fachkräfte bereit stehen. Die Nachfrage<br />
nach Fachkräften übersteigt jedoch vielfach das<br />
Angebot. Gleichzeitig suchen in allen arabischen<br />
Ländern tausende junge Menschen nach<br />
einer Beschäftigung. Für sie müssen Arbeitsplätze<br />
gefunden werden. Dies wird nur möglich<br />
sein, wenn junge Leute über die erforderlichen<br />
Qualifikationen verfügen. Die arabischen<br />
Länder investieren daher massiv in die Bildung<br />
und Ausbildung ihrer jungen Bevölkerungen.<br />
Vor diesem Hintergrund findet am 20. und<br />
21. November <strong>2013</strong> das 5 th Arab-German<br />
Education and Vocational Training Forum in<br />
Berlin statt. Die <strong>Ghorfa</strong> richtet es erneut in<br />
Kooperation mit iMOVE, einer Initiative des<br />
Bundesbildungsministeriums zum Export von<br />
Bildungsdienstleistungen, und dem Didacta<br />
Verband der Bildungswirtschaft aus. Wie<br />
Teilnehmer des 4th Arab-German Education and Vocational Training Forums<br />
im Vorjahr werden nahezu 300 Experten aus<br />
Deutschland und der arabischen Welt erwartet.<br />
Deutsche Unternehmen und Institutionen<br />
aus dem Bereich der beruflichen Aus- und<br />
Weiterbildung, dem Hochschulbereich sowie<br />
Bildungsanbieter haben im Rahmen des Forums<br />
ausgiebig Gelegenheit, sich über Kooperationsmöglichkeiten<br />
mit den arabischen Ländern<br />
zu informieren und mit hochrangigen<br />
Persönlichkeiten und Experten aus der Region<br />
Kontakt aufzunehmen. Die Zusammenarbeit<br />
hat bereits in den vergangenen Jahren<br />
deutlich an Tempo gewonnen, denn deutsche<br />
Bildungsanbieter genießen in der arabischen<br />
Welt einen hervorragenden Ruf und sind vielfach<br />
ein bevorzugter Partner. „Für deutsche<br />
Bildungsanbieter, die in den arabischen Ländern<br />
Fuß fassen wollen, ist das Bildungsforum<br />
eine Pflichtveranstaltung“, sagt <strong>Ghorfa</strong>-Generalsekretär<br />
Abdulaziz Al-Mikhlafi.<br />
Foto: iMOVE<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
22
Infrastruktur | Branchen<br />
SOUQ<br />
Der Irak will in den kommenden Jahren massiv in<br />
Wohnungen und in die Infrastruktur investieren<br />
Die irakische Regierung investiert weiter massiv in den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Diversifizierung des<br />
Landes. In den nächsten fünf Jahren sollen 357 Mrd. US-Dollar ausgegeben werden. Das sieht der zweite „National<br />
Development Plan“ (NDP) vor.<br />
Foto: GAUFF Engineering<br />
Der Irak plant in den nächsten fünf Jahren Investitionen in Höhe von 357 Mrd. US-Dollar im Rahmen des zweiten „National Development Plans“<br />
Von Dr. Ralf Neubauer<br />
Der Irak ist bekanntlich eines der ressourcenreichsten<br />
Länder der Welt. Beim Erdöl<br />
belaufen sich die Vorkommen auf geschätzte<br />
143 Mrd. Barrel. Im Ranking der Staaten mit<br />
den höchsten Ölreserven belegt das Zweistromland<br />
damit laut World Factbook den<br />
fünften Platz, und die Produktion hat in der<br />
jüngeren Vergangenheit deutlich zugenommen.<br />
Im vergangenen Jahr wurden rund drei Mio.<br />
Barrel pro Tag gefördert, Ende dieses Jahres<br />
könnten es bereits rund 3,7 Mio. Barrel sein.<br />
Und für das Jahr 2017 ist eine Förderung<br />
von rund 9,5 Mio. Barrel geplant. Das sieht<br />
jedenfalls dem Magazin MEED zufolge der<br />
zweite „National Development Plan“ (NDP)<br />
vor, den die irakische Regierung jetzt verabschiedet<br />
hat.<br />
schäft rund 186 Mrd. US-Dollar erlösen.<br />
Zum Vergleich: In diesem Jahr werden voraussichtlich<br />
rund 90 Mrd. US-Dollar eingenommen.<br />
Die Exporterlöse sollen sich also<br />
mehr als verdoppeln.<br />
Auch wenn offen bleibt, ob diese ambitionierten<br />
Ziele tatsächlich erreicht werden, so<br />
ist doch eines offensichtlich: Das Ölgeschäft<br />
wird den <strong>Ausgabe</strong>nspielraum in den kommenden<br />
Jahren deutlich erweitern. Das ist<br />
auch nötig. Denn gemäß NDP sollen in den<br />
nächsten fünf Jahren für die Infrastruktur<br />
und andere Bauprojekte 357 Mrd. US-Dollar<br />
ausgegeben werden. Das verkündete Mitte<br />
September Planungsminister Ali Yousuf Al-<br />
Shukri in Bagdad.<br />
Tatsächlich erfordern der Wiederaufbau und<br />
die wirtschaftliche Diversifizierung des Landes<br />
weiterhin hohe Investitionen. Überall ist<br />
der Nachholbedarf groß, was für ausländische<br />
Unternehmen potenziell gute geschäft-<br />
Die Rohölausfuhren und -exporte sollen<br />
demnach ebenfalls erheblich expandieren.<br />
Im Jahr 2017 will die Regierung im Ölgeliche<br />
Chancen eröffnet. Ein Dauerthema ist<br />
beispielsweise der Wohnungsbau.<br />
Die Wohnungsnot ist im Irak groß. Bis zum<br />
Jahr 2016 müssen 2,5 Mio. Wohneinheiten<br />
geschaffen werden, um die größte Not zu<br />
lindern. Allein im Großraum Bagdad werden<br />
750.000 Wohnungen benötigt. Die Ursachen<br />
der Misere liegen auf der Hand und sind<br />
keineswegs allein in den Zerstörungen von<br />
Gebäuden zu sehen. Einem Branchenbericht<br />
der Wirtschaftsplattform Irak (WPI) zufolge<br />
wurden zu Zeiten des alten Regimes die<br />
bauliche Infrastruktur und die Bausubstanz<br />
jahrzehntelang vernachlässigt. Zugleich verschärfte<br />
die zunehmende Urbanisierung die<br />
Wohnungsnot in den Städten. Vor allem hält<br />
die Bautätigkeit im Irak nicht Schritt mit<br />
dem Bevölkerungswachstum.<br />
Wie viele der benötigten Wohnungen bereits<br />
fertiggestellt bzw. im Bau sind, ist nicht bekannt.<br />
Klar ist jedoch, dass es immer wieder<br />
23<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Branchen | Infrastruktur<br />
zu Verzögerungen kommt und dass gerade<br />
im irakischen Wohnungsbausektor ausländische<br />
Firmen gefragt sind, weil es kaum<br />
lokale Entwickler gibt, die große Vorhaben<br />
verwirklichen können.<br />
Dabei sind Immobilienprojekte im Irak mit<br />
großen Herausforderungen verbunden. Der<br />
Bau der Häuser ist nur ein Aspekt. Darüber<br />
hinaus benötigen die Wohngebiete neue<br />
Infrastrukturen und neue Versorgungseinrichtungen.<br />
Dazu gehören Strom, Wasser,<br />
Abwasser und anderes mehr. Und bevor<br />
überhaupt mit dem Bau begonnen werden<br />
kann, müssen häufig erst einmal Straßen<br />
angelegt werden. Auch verlangen die Immobilienentwickler<br />
nach Sicherheiten, bevor sie<br />
investieren.<br />
Welche Dimensionen Immobilienprojekte<br />
im Irak haben, verdeutlicht ein Vorhaben,<br />
das die Firmen Bloom Properties (Abu<br />
Dhabi) und Al-Handal International Group<br />
(Dubai) verwirklichen werden. Hierüber<br />
unterzeichneten die beiden emiratischen<br />
Unternehmen im vergangenen September<br />
einen Vertrag mit der National Investment<br />
Commission (NIC), die der wohl wichtigste<br />
Akteur im irakischen Wohnungsbau ist.<br />
Das Projekt namens Madinat Al-Mustaqbal<br />
(„Stadt der Zukunft“) wird 14,5 Kilometer<br />
entfernt von der Innenstadt Bagdads entstehen<br />
und insgesamt 30.000 Wohnungen<br />
haben, in denen etwa 150.000 Menschen<br />
wohnen können. Laut Planung sollen zudem<br />
fünf Einkaufszentren und 18 Schulen gebaut<br />
werden. Verwirklicht wird das Vorhaben in<br />
mehreren Abschnitten. Insgesamt veranschlagen<br />
die Immobilienentwickler die Bauzeit<br />
auf sieben Jahre.<br />
Der Wert des Auftrages beläuft sich auf 6,5<br />
Mrd. US-Dollar und ist auf die beiden Unternehmen<br />
zu gleichen Teilen aufgeteilt.<br />
Bereits im vergangenen März hatte Bloom<br />
Properties mit der NIC einen Kontrakt für<br />
ein noch größeres Vorhaben in Kerbela geschlossen.<br />
Das Projekt beinhaltet den Bau<br />
von 40.000 Wohnungen für 200.000 bis<br />
250.000 Menschen.<br />
In engem Zusammenhang mit dem Wohnungsbau<br />
stehen große Infrastrukturprojekte.<br />
So gab Adil Mhoder, Minister für<br />
„Municipalities and Public Works“, Agenturberichten<br />
zufolge jetzt bekannt, dass in<br />
dem Land 50 Wasser- und Abwasserprojekte<br />
im Wert von 4,5 Mrd. US-Dollar realisiert<br />
werden sollen. Die Planungsphase soll Ende<br />
<strong>2013</strong> abgeschlossen sein. Im kommenden<br />
Jahr sollen die Vorhaben dann ausgeschrieben<br />
werden. Um die Projekte zu beschleunigen,<br />
habe die Regierung die bürokratischen<br />
Prozeduren reduziert, sagte Mhoder. Auch<br />
kämen die Projektentwickler in den Genuss<br />
von Garantien.<br />
Gegenwärtig steuert das Ministerium Mhoders<br />
etwa 50 Infrastrukturprojekte. Die<br />
meisten davon werden von Unternehmen<br />
aus Asien und dem Mittleren Osten verwirklicht.<br />
Diese seien risikobereiter als westliche<br />
Firmen. Vor allem stammen die Auftragnehmer<br />
aus China, der Türkei, Indien, Malaysia<br />
und den Vereinigten Arabischen Emiraten<br />
(VAE).<br />
Investitionen in<br />
Straßen und Brücken<br />
Auch in den Neubau und in die Erhaltung<br />
von Straßen und Brücken wird investiert.<br />
So sind derzeit neue Autobahnen auf einer<br />
Länge von 800 km in der Planung oder Umsetzung<br />
(siehe Tabelle). Die Kosten hierfür<br />
belaufen sich auf 3,8 Mrd. US-Dollar. Zudem<br />
werden in beträchtlichem Umfang neue<br />
Straßen (4.510 km) und 97 neue Brücken geplant<br />
oder sind bereits gebaut.<br />
Den tatsächlichen Bedarf im Bereich der<br />
Straßenverkehrsinfrastruktur spiegeln die<br />
Angaben in der Tabelle jedoch nur unzureichend<br />
wider. Nach Angaben von Mohammed<br />
Al-Daraji, Minister für Construction and<br />
Housing, müssen in dem Zweistromland insgesamt<br />
500 neue Brücken errichtet werden.<br />
Zugleich schätzt er die Länge der benötigten<br />
neuen Straßen auf 7.000 km. „Das alte Regime<br />
hat die gesamten Mittel für das Militär<br />
ausgegeben. Deswegen ist die Infrastruktur<br />
heute unterentwickelt“, sagte Al-Daraji der<br />
Nachrichtenagentur Reuters.<br />
Insgesamt verfügt der Irak derzeit über ein<br />
asphaltiertes Straßennetz mit einer Länge<br />
von schätzungsweise 59.600 km. Zum Vergleich:<br />
In Deutschland ist das Straßennetz<br />
etwa 645.000 km lang. Zudem gibt es im Irak<br />
etwa 1.200 Brücken.<br />
Die Infrastruktur Bagdads soll in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden<br />
Foto: GAUFF Engineering<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
24
Infrastruktur | Branchen<br />
SOUQ<br />
Foto: Dorsch Holding GmbH<br />
Modell der Al-Graia`at Bridge in Bagdad<br />
Auch im irakischen Straßen- und Brückenbau<br />
sind ausländische Unternehmen engagiert.<br />
So wurde die Offenbacher Dorsch-<br />
Gruppe, größte unabhängige Planungsfirma<br />
in Deutschland, jetzt mit der Planung der<br />
„Al-Graia`at Bridge“ beauftragt. Dieses<br />
Bauwerk mit einer anspruchsvollen und futuristischen<br />
Architektur wird in Bagdad den<br />
Tigris queren. Veranschlagt sind für das Projekt<br />
Baukosten in Höhe von 125 Mio. US-<br />
Dollar. Gemeinsame Auftraggeber sind das<br />
Ministry of Construction and Housing und<br />
die State Corporation for Roads & Bridges.<br />
Das Schienennetz im Irak soll ebenfalls<br />
deutlich ausgebaut werden. Es ist geplant,<br />
den derzeitigen Umfang (etwa 2.000 Kilometer)<br />
auf 10.000 Kilometer zu verfünffachen.<br />
Hierzu sind zahlreiche Projekte<br />
vorgesehen. Unter anderem soll für sieben<br />
Mrd. US-Dollar eine 555 Kilometer<br />
lange Strecke gebaut werden, die Bagdad,<br />
Baqubah, Kirkuk, Erbil und Mosul verbinden<br />
wird. Zudem ist eine Verbindung für<br />
gut sechs Mrd. US-Dollar zwischen Bagdad,<br />
Kut, Amara und Basra geplant. Alle neuen<br />
Linien sollen zweispurig ausgelegt sein, um<br />
Personen- und Frachtverkehr gleichermaßen<br />
zu ermöglichen. In Bagdad soll eine 3,3<br />
Mrd. teure Metro mit zwei Linien geschaffen<br />
werden.<br />
Zur Entwicklung des irakischen Flugverkehrs<br />
hat die französische Beratungsfirma<br />
Aeroports de Paris Ingenierie (ADPI) eine<br />
Studie erstellt. Danach könnte das Land im<br />
Jahr 2020 14,7 Mio. Fluggäste verzeichnen.<br />
Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden auf<br />
den irakischen Airports 1,7 Mio. Passagiere<br />
abgefertigt. Um den erwarteten Ansturm an<br />
Fluggästen zu bewältigen, müssten die Kapazitäten<br />
auf den internationalen Airports<br />
in Bagdad, Erbil, Nadschaf, Basra, Mosul<br />
und Sulaimaniyya erweitert werden.<br />
Aktuell ist der neue „Middle East Euphrates<br />
Airport“ in Kerbela in der Ausschreibung.<br />
Im Juli forderte das irakische Transportministerium<br />
die Unternehmen dazu auf, ihre<br />
Angebote für den Bau abzugeben. Der Flughafen<br />
soll in der ersten Ausbaustufe eine<br />
Kapazität von jährlich sechs Mio. Fluggästen<br />
haben. Viele davon werden Pilger sein,<br />
die Kerbela und Nadschaf besuchen.<br />
Größtes Projekt im Bereich Seaports ist<br />
der für sechs Mrd. US-Dollar in Al Faw<br />
am Schatt Al-Arab geplante Hafen. Dieses<br />
Projekt wird von der General Company for<br />
Ports of Iraq, die zum Transportministerium<br />
zählt, vorangetrieben. Der Hafen mit<br />
einer Wassertiefe von 17 Metern und einem<br />
sieben Kilometer langem Kai wird die weltgrößten<br />
Schiffe abfertigen können und soll<br />
an das Schienennetz des Landes angebunden<br />
werden.<br />
Straßen- und Brückenprojekte im Irak*<br />
Dimension Umfang Auftragswert (Mio. US-Dollar)<br />
Neue Autobahnen KM 800 3.800<br />
Erhaltung von Autobahnen KM 1.200 1.065<br />
Neue Straße KM 4.510 2.060<br />
Erhaltung von Straßen KM 1.600 400<br />
Neue Brücken Anzahl 97 1.100<br />
Erhaltung von Brücken Anzahl 20 100<br />
Quelle: MEED März <strong>2013</strong><br />
*In der Planung oder Durchführung<br />
25<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Branchen | Agrarwirtschaft<br />
Die arabischen Golfstaaten sind auch bei<br />
Nahrungsmitteln ein interessanter Markt<br />
In den GCC-Staaten wächst die Nachfrage nach Lebensmitteln rasant. Da das landwirtschaftliche Potenzial der<br />
Länder begrenzt ist, sind sie in wachsendem Maße auf Importe angewiesen. Für deutsche Anbieter eröffnen sich<br />
geschäftliche Chancen.<br />
le Nahrungsmittelkrise der Jahre 2007 und<br />
2008 deutlich gezeigt. Damals explodierten<br />
die Preise. Zugleich schränkten die großen<br />
Erzeugerländer Indien, China und Russland<br />
ihre Exporte ein, um die Ernährung ihrer Bevölkerungen<br />
zu sichern.<br />
In den neunziger Jahren war Saudi-Arabien sogar der sechstgrößte Weizenexporteur der Welt<br />
Von Dr. Ralf Neubauer<br />
Der ausgesprochene Wassermangel und wenig<br />
fruchtbare Böden setzen der Landwirtschaft<br />
in den Staaten des Golfkooperationsrates<br />
(GCC) eigentlich enge natürliche Grenzen.<br />
Um ihre wachsenden Bevölkerungen zu ernähren,<br />
haben einige Länder in der Vergangenheit<br />
trotzdem massiv in den Agrarsektor<br />
investiert – allen voran Saudi-Arabien.<br />
Das Königreich förderte die heimische Landwirtschaft<br />
in den siebziger und achtziger Jahren<br />
im großen Stil. Ziel war die Selbstversorgung<br />
mit Nahrungsmitteln. Der Staat stellte<br />
preiswertes Wasser bereit und subventionierte<br />
auch die Preise für Agrarprodukte – mit<br />
Erfolg. In den neunziger Jahren war Saudi-<br />
Arabien sogar der sechstgrößte Weizenexporteur<br />
der Welt.<br />
Ein Umdenken bewirkten Berichte über ein<br />
drastisches Schrumpfen der fossilen Wasservorräte.<br />
Im März 2008 kündigte die Regierung<br />
in Riad an, aus der Weizenproduktion aussteigen<br />
zu wollen. Die knappen Wasserressourcen<br />
sollten vor allem für Produkte mit höherer<br />
Wertschöpfung wie Obst und Gemüse eingesetzt<br />
werden. Zugleich war es das Ziel, durch<br />
mehr Gewächshäuser und Tropfbewässerung<br />
den Wasserverbrauch einzuschränken.<br />
Nahrungsmittelsicherheit<br />
steht oben auf der Agenda<br />
Die mit Getreide bestellte Fläche halbierte<br />
sich von 603.000 Hektar im Jahr 2006 auf<br />
288.000 Hektar im Jahr 2010. Zugleich nahm<br />
die Getreideproduktion von 2,6 Mio. Tonnen<br />
auf 1,3 Mio. Tonnen ab. Letzten Beschlüssen<br />
zufolge soll die Erzeugung von Weizen im<br />
Jahr 2016 endgültig auslaufen. Die Regierung<br />
habe eine mutige Entscheidung getroffen,<br />
indem sie dem Wasser Vorrang vor dem<br />
Nahrungsmittelsektor gegeben habe, sagte<br />
Landwirtschaftsminister Dr. Fahd bin Abdulrahman<br />
Balghanaim in einem Interview.<br />
Tatsächlich birgt eine hohe Importabhängigkeit<br />
gewisse Risiken. Das hat die globa-<br />
Doch sind die damaligen Ereignisse natürlich<br />
auch in Riad bekannt – und die saudi-arabische<br />
Regierung handelte unmittelbar. Mit<br />
staatlicher Unterstützung werden seit geraumer<br />
Zeit im Ausland Agrarflächen akquiriert,<br />
um dort Feldfrüchte anzubauen und Vieh zu<br />
züchten. Laut Oxford Business Group (OBG)<br />
wurde die neue Politik im Jahr 2008 unter dem<br />
Titel „King Abullah Initiative for Saudi Agricultural<br />
Investment Abroad“ implementiert.<br />
Im Fokus stehen danach neun strategische<br />
Produkte: Reis, Weizen, Futtergerste, Mais,<br />
Sojabohnenmehl, Ölsaaten, Zucker, Vieh und<br />
Geflügelfleisch.<br />
Ziel des Programmes ist es, strategische<br />
Reserven von Grundnahrungsprodukten<br />
aufzubauen, um so gegen die Volatilität der<br />
internationalen Märkte geschützt zu sein.<br />
Wie die Oxford Business Group unter Berufung<br />
auf offizielle Quellen berichtet, sollen<br />
bis September 2012 insgesamt gut zehn<br />
Mrd. US-Dollar in entsprechende Projekte<br />
gesteckt worden sein. Unter anderem wurde<br />
demnach in der Ukraine, in Brasilien, in<br />
Argentinien, in Kanada und im Sudan investiert.<br />
Das Thema Nahrungsmittelsicherheit ist<br />
also ganz oben auf die wirtschaftspolitische<br />
Agenda Saudi-Arabiens gerückt – wie in den<br />
anderen arabischen Golfstaaten auch. So engagieren<br />
sich die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate (VAE) ebenfalls in der ausländischen<br />
Landwirtschaft. Alle GCC-Staaten stehen vor<br />
der Herausforderung, eine wachsende Nahrungsmittelnachfrage<br />
zu befriedigen. Eine<br />
Vorstellung von den Dimensionen lieferte<br />
im vergangenen März eine Studie der Investmentbank<br />
Alpen Capital.<br />
Foto: Landei Kibo<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
26
Agrarwirtschaft | Branchen<br />
SOUQ<br />
Erwartet wird, dass die Nahrungsmittelnachfrage<br />
in den GCC-Staaten im Zeitraum 2012<br />
bis 2017 jährlich um durchschnittlich 3,1 Prozent<br />
wachsen und 2017 ein Niveau von 49,1<br />
Mio. Tonnen erreichen wird. Zum Vergleich:<br />
Im Jahr 2004 belief sich der Nahrungsmittelverbrauch<br />
in der Region auf 31,2 Mio. Tonnen<br />
und im Jahr 2010 auf 38,8 Mio. Tonnen.<br />
Foto: brongaeh<br />
Für die künftige Entwicklung nennt die Studie<br />
im Wesentlichen drei Bestimmungsgründe.<br />
Zum einen werden die Einkommen in der<br />
Region deutlich zunehmen. Das Bruttoinlandsprodukt<br />
pro Kopf steigt voraussichtlich<br />
von gut 27.000 US-Dollar (2010) auf rund<br />
37.000 US-Dollar.<br />
Saudi-Arabien weist unter den GCC-Ländern den höchsten Selbstversorgungsgrad bei Lebensmitteln auf<br />
Zugleich wird die Zahl der Einwohner in den<br />
Golfstaaten erheblich expandieren – und zwar<br />
von 41,7 Mio. (2010) auf 49,9 Mio. Menschen<br />
(2017). Getrieben wird die Nahrungsmittelnachfrage<br />
zudem von der wachsenden Zahl<br />
ausländischer Touristen. Auch ist der Nahrungsmittelverbrauch<br />
in der Region pro Kopf<br />
derzeit noch deutlich geringer als in den entwickelten<br />
Ländern, und es wird vorausgesagt,<br />
dass sich die Verhältnisse zunehmend angleichen.<br />
Mit Abstand größter Verbraucher von Nahrungsmitteln<br />
in den Golfstaaten ist Saudi-<br />
Arabien mit einem Anteil am Gesamtverbrauch<br />
von 62 Prozent (2010). Es folgen die<br />
Vereinigten Arabischen Emirate (20 Prozent),<br />
Oman (7,1 Prozent), Kuwait (5,9 Prozent),<br />
Katar (3,7 Prozent) und Bahrain (1,3 Prozent).<br />
Der höchste Pro-Kopf-Verbrauch wird<br />
in den VAE registriert, was in erster Linie<br />
darauf zurückzuführen ist, dass das Land die<br />
meisten ausländischen Besucher in den GCC-<br />
Staaten aufweist.<br />
Saudi-Arabien ist indes auch bei der Nahrungsmittelproduktion<br />
im Vergleich der<br />
Golfstaaten mit weitem Vorsprung führend.<br />
Im Jahr 2010 belief sich die Erzeugung auf<br />
rund 8,4 Mio. Tonnen (siehe Tabelle). Der<br />
Anteil an der gesamten GCC-Nahrungsmittelproduktion<br />
lag damit bei 74 Prozent.<br />
Zugleich wies das Königreich mit 34,9 Prozent<br />
im Jahr 2010 den höchsten Selbstversorgungsgrad<br />
bei Lebensmitteln auf – mit beachtlichen<br />
Werten bei einzelnen Produktgruppen:<br />
Gemüse (72,8 Prozent), Obst (46,8 Prozent),<br />
Milch (54,6 Prozent) und Fleisch (60,4 Prozent).<br />
Dagegen lag der saudische Selbstversorgungsgrad<br />
bei Getreide der Studie zufolge<br />
im Jahr 2010 bei lediglich 11,6 Prozent.<br />
Obwohl Saudi-Arabien in bedeutendem<br />
Umfang Nahrungsmittel produziert, ist der<br />
bevölkerungsreichste GCC-Staat gleichzeitig<br />
der größte Nahrungsmittelimporteur in<br />
der Region. Im Jahr 2011 entfielen 63 Prozent<br />
der GCC-Nahrungsmitteleinfuhren auf<br />
das Königreich. Allerdings ist nicht bekannt,<br />
in welchem Umfang diese Importe aus<br />
den saudischen Produktionen im Ausland<br />
stammten.<br />
Einer Studie der Economist Intelligence Unit<br />
(EIU) zufolge werden die Nahrungsmittelimporte<br />
der GCC-Staaten im Zeitraum 2011<br />
bis 2020 durchschnittlich um acht Prozent<br />
expandieren. Wertmäßig werden sie von 27,5<br />
Mrd. US-Dollar (2011) auf 53,1 Mrd. US-<br />
Dollar (2020) zunehmen und sich damit fast<br />
verdoppeln.<br />
Für ausländische Anbieter von Nahrungsmitteln<br />
eröffnen sich vor diesem Hintergrund<br />
exzellente geschäftliche Chancen. Das<br />
gilt indes auch für Anbieter von Vorerzeugnissen<br />
und von Maschinen für die Agroindustrie.<br />
Denn diese Branche wächst in den<br />
GCC-Staaten – vor allem in Saudi-Arabien –<br />
ebenfalls.<br />
2002 2004 2006 2008 2010<br />
Selbstversorgungsgrad<br />
im<br />
Jahr 2010<br />
Bahrain 0,049 0,041 0,054 0,047 0,050 9,7 %<br />
Katar 0,095 0,086 0,085 0,094 0,104 7,2 %<br />
Kuwait 0,310 0,350 0,380 0,390 0,500 22,2 %<br />
Oman 0,640 0,670 0,630 0,690 0,910 32,8 %<br />
VAE 1,367 1,399 1,152 1,239 1,371 17,7 %<br />
Saudi-Arabien 7,100 8,300 8,600 8,500 8,400 34,9 %<br />
Quelle: Alpen Capital Mai <strong>2013</strong><br />
Nahrungsmittelproduktion in den GCC-Staaten 2002 bis 2010 (Mio. Tonnen)<br />
27<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Länderreport | Ägypten<br />
Das ägyptische Konjunkturprogramm beinhaltet ein Investitionsvolumen in Höhe von umgerechnet 3,2 Mrd. US-Dollar<br />
Die wirtschaftlichen Aussichten<br />
bleiben in Ägypten mittel- und<br />
langfristig gut<br />
Von Dr. Ralf Neubauer<br />
Die politischen Umwälzungen können nichts daran ändern: Die wirtschaftlichen<br />
Perspektiven bleiben in Ägypten mittel- und langfristig gut.<br />
Hohe Wachstumsraten wie vor der „Lotusblütenrevolution“<br />
hat die ägyptische<br />
Volkswirtschaft jüngst nicht mehr erreicht.<br />
Immerhin aber nahm das reale Bruttoinlandsprodukt<br />
in den Jahren 2011 und 2012<br />
um 1,8 und 2,2 Prozent zu, und auch für<br />
dieses Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) einen BIP-Zuwachs von<br />
1,8 Prozent (siehe Tabelle).<br />
Im Jahr 2014 soll die Wirtschaft dann schon<br />
wieder um 2,8 Prozent wachsen, und in<br />
seiner Langfristprognose für das Jahr 2018<br />
rechnet der IWF mit einem Wachstum von<br />
vier Prozent. Tatsächlich bleiben wirtschaftliche<br />
Perspektiven – politische Stabilität vorausgesetzt<br />
– mittel- und langfristig intakt.<br />
Auch Wachstumsraten von fünf Prozent<br />
oder mehr scheinen über kurz oder lang wieder<br />
möglich. Schließlich hat das Land am Nil<br />
nicht seine wirtschaftlichen Standortvorteile<br />
eingebüßt.<br />
Auch kurzfristig sei die ägyptische Übergangsregierung<br />
unter Premierminister Hazem<br />
Al Beblawi um eine wirtschaftliche<br />
Perspektive bemüht, heißt es in einer aktuellen<br />
Analyse von Germany Trade & Invest<br />
(GTAI). Mit einem Konjunkturprogramm,<br />
das sich aus Zuschüssen befreundeter arabischer<br />
Länder speist, soll der Volkswirtschaft<br />
in den acht kommenden Monaten auf die<br />
Sprünge geholfen werden.<br />
Das Programm räumt den Angaben zufolge<br />
solchen Projekten Priorität ein, die zum<br />
Abschluss einer zusätzlichen Finanzspritze<br />
bedürfen. Vor allem arbeitsintensive Vorhaben<br />
sollen so angestoßen werden, um die<br />
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Insgesamt<br />
beinhaltet das Programm ein Investitionsvolumen<br />
in Höhe von umgerechnet 3,2 Mrd.<br />
US-Dollar. Das gesamte staatliche Investitionsbudget<br />
wird somit auf 20 Mrd. US-Dollar<br />
aufgestockt.<br />
Investiert werden soll insbesondere in Straßen<br />
und Brücken sowie in den Eisenbahnsektor.<br />
Zudem soll die Metro in Kairo ausgebaut<br />
und die Verkehrsinfrastruktur weiter<br />
verbessert werden. Das Programm für Straßen<br />
und Brücken sieht die Fertigstellung von<br />
17 Projekten unter anderem in Luxor, Beni<br />
Suef, Minya und Arish vor.<br />
Etwa 550 Bahnübergänge sollen durch elektronische<br />
Bahnschranken, Beleuchtung und<br />
Warnsignale sicherer werden. In Kairo soll<br />
der öffentliche Personennahverkehr modernisiert<br />
werden, indem die Busflotte um 600<br />
mit Erdgas betriebene Fahrzeuge ausgebaut<br />
wird. Zudem stehen 131 wasserwirtschaftliche<br />
Vorhaben auf der Agenda, davon 75 im<br />
Trinkwasser- und 56 im Abwasserbereich.<br />
Der staatliche Wohnungsbau, von dem Familien<br />
mit geringem Einkommen profitieren,<br />
wird ebenfalls in das Konjunkturprogramm<br />
einbezogen. Die Zahl der geplanten Wohnungen<br />
verdoppelt sich dadurch auf 100.000<br />
Einheiten. Außerdem ist vorgesehen, weitere<br />
800.000 Haushalte an das Erdgasnetz<br />
Foto: GARDEL Bertrand-hemis.fr<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
28
ägypten | Länderreport<br />
SOUQ<br />
anzuschließen. Damit können die Subventionskosten<br />
für Butangasflaschen, die in vielen<br />
Haushalten zum Kochen genutzt werden,<br />
sinken.<br />
Die Regierung will nicht nur eine expansive<br />
Fiskalpolitik betreiben, um Wirtschaft und<br />
Wachstum anzukurbeln. Gleichzeitig soll das<br />
Budgetdefizit deutlich sinken, ohne dass die<br />
Steuern erhöht werden. Gelingen kann dies<br />
nur, weil die arabischen Golfstaaten erhebliche<br />
Finanzmittel beisteuern.<br />
Allein Saudi-Arabien und die Vereinigten<br />
Arabischen Emirate (VAE) haben laut GTAI<br />
Hilfsgelder in Höhe von zwölf Mrd. US-Dollar<br />
zugesagt, wovon bereits fünf Mrd. US-<br />
Dollar ausgezahlt wurden. Die Hälfte der<br />
Gesamtsumme – also sechs Mrd. US-Dollar<br />
– ist als Zentralbankeinlage eingeplant, um<br />
die Devisenposition des Landes zu stärken.<br />
Im Übrigen steht das Ergebnis der Verhandlungen<br />
des IWF-Beistandskredits in Höhe<br />
von 4,8 Mrd. US-Dollar noch aus.<br />
Ägypten muss auf seine<br />
Standortvorteile setzen<br />
Ägypten muss auf seine Standortvorteile<br />
setzen, um langfristig unabhängig von Auslandshilfen<br />
zu sein: eine dynamische junge<br />
Gesellschaft, einen mit 84 Mio. Einwohnern<br />
großen Binnenmarkt, eine strategisch gute<br />
Lage zu attraktiven Märkten der Region,<br />
kostengünstige Arbeitskräfte sowie eine relativ<br />
gute Infrastruktur.<br />
All dies sind im Standortwettbewerb<br />
Trümpfe, die auch künftig stechen sollten.<br />
Es ist daher davon auszugehen, dass das<br />
Land bei stabilen Verhältnissen auch künftig<br />
Auslandsinvestoren anziehen und beispielsweise<br />
seine starke Position als Outsourcing-Standort<br />
für IT-Dienstleistungen<br />
ausbauen wird.<br />
Auf der Habenseite ist zudem zu verbuchen,<br />
dass bereits unter dem alten Mubarak-Regime<br />
wichtige Wirtschaftsreformen eingeleitet<br />
wurden. Zahlreiche Staatsunternehmen<br />
wurden privatisiert, die Steuersätze auf<br />
Unternehmensgewinne und private Einkommen<br />
deutlich gesenkt, allgemein der Privatsektor<br />
gestärkt und ausländische Direktinvestitionen<br />
gezielt erleichtert und gefördert.<br />
Zum Teil ist die exzellente wirtschaftliche<br />
Performance früherer Jahre auf diese Reformen<br />
zurückzuführen.<br />
Was die sektorale Struktur der ägyptischen<br />
Volkswirtschaft anbelangt, so hatte der<br />
Dienstleistungssektor laut des Statistischen<br />
Bundesamtes im Jahr 2012 mit einem BIP-<br />
Anteil von 50,3 Prozent das größte Gewicht.<br />
Es folgten die Industrie (35,9) und<br />
die Landwirtschaft, die 2012 noch immer<br />
einen beachtlichen BIP-Anteil von 13,8<br />
Prozent hatte.<br />
Innerhalb des Dienstleistungssektors stach<br />
bislang der Tourismus hervor. 2010, also<br />
im Jahr vor der „Lotusblütenrevolution“,<br />
kamen 14,7 Mio. ausländische Gäste in das<br />
Land, was ein neuer Rekord war. Der Anteil<br />
am BIP lag bei über elf Prozent, und jeder<br />
siebte Ägypter lebte direkt oder indirekt<br />
vom Fremdenverkehr. Zudem war der Tourismus<br />
eine der wichtigsten Devisenquellen<br />
des Landes.<br />
Die Rückschläge, die der Sektor seitdem<br />
hinnehmen musste, sind bekannt. Doch gilt<br />
auch hier: Beruhigen sich die politischen<br />
Verhältnisse in dem Land nachhaltig, steht<br />
einem fortgesetztem Aufschwung des Tourismus<br />
nichts im Weg. An Attraktivität hat<br />
das bislang beliebteste arabische Urlaubsland<br />
nicht eingebüßt. Die massiven Investitionen<br />
der jüngeren Vergangenheit in Hotels und<br />
Baderesorts am Roten Meer und Mittelmeer<br />
haben die Anziehungskraft im Gegenteil<br />
weiter erhöht.<br />
Mit Flugzeiten von etwa vier Stunden ist<br />
Ägypten insbesondere für Strand- und<br />
Tauchtouristen aus Europa interessant.<br />
Sie können am Roten Meer ganzjährig auf<br />
warmes und trockenes Klima und Wassertemperaturen<br />
von konstant über 20 Grad<br />
vertrauen. Doch üben auch die ägyptischen<br />
Altertümer Anziehungskraft auf ausländische<br />
Besucher aus. Niemand sollte daher den<br />
Tourismusstandort Ägypten abschreiben.<br />
Die Branche und die zahlreichen Beschäftigten,<br />
deren Existenz vom Fremdenverkehr<br />
abhängt, warten bereits ungeduldig darauf,<br />
dass das Geschäft wieder spürbar anspringt.<br />
An neuen Projekten, die dann realisiert würden,<br />
besteht im Übrigen kein Mangel.<br />
Der Hatschepsut-Tempel gehört zu den attraktivisten Sehenswürdigkeiten Ägyptens<br />
Foto: Anja Smasal<br />
29<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
Länderreport | Ägypten<br />
deckt. Die RWE Dea Egypt hat erst neulich<br />
die Gasförderung in der Konzession Disouq<br />
im Nildelta erhalten. Das Projekt umfasst die<br />
Entwicklung von sieben Gasfeldern in dem<br />
Gebiet. Es ist das erste Erdgasvorhaben von<br />
RWE Dea als Betriebsführer in Ägypten.<br />
Das geförderte Gas soll wesentlich zur Versorgung<br />
des wachsenden Energiemarktes in<br />
Ägypten beitragen.<br />
RWE Dea Bohrturm im Feld Disouq im ägyptischen Nildelta<br />
Die Stromnachfrage in dem bevölkerungsreichsten<br />
arabischen Land (etwa 85 Mio.<br />
Einwohner) wächst jährlich um etwa sechs<br />
Prozent, und es herrscht latenter und mitunter<br />
akuter Strommangel. Der Investitionsbedarf<br />
in der ägyptischen Elektrizitätswirtschaft<br />
ist demzufolge hoch. Viele Vorhaben<br />
werden mit der Unterstützung internationaler<br />
Geber verwirklicht.<br />
Foto: RWE Dea AG<br />
Noch immer ist die ägyptische Gesellschaft<br />
und Volkswirtschaft vom Agrarsektor geprägt.<br />
Nach Angaben der Food and Agriculture<br />
Organization (FAO) der Vereinten<br />
Nationen lebt mehr als die Hälfte der<br />
Bevölkerung auf dem Land, und etwa ein<br />
Viertel aller Beschäftigten arbeitet in der<br />
Landwirtschaft. Letztere ist wegen der ariden<br />
Bedingungen im Wesentlichen auf das<br />
fruchtbare Nildelta und einige Oasen beschränkt.<br />
Zudem versuchte die Regierung<br />
in der Vergangenheit, durch Landgewinnungsprojekte<br />
Wüstengebiete für den Agrarsektor<br />
zu erschließen.<br />
Die Landwirtschaft ist Grundlage für die Agroindustrie,<br />
welche in der jüngeren Vergangenheit<br />
jährlich durchschnittlich um zehn Prozent<br />
gewachsen ist. Vor allem der große Binnenmarkt<br />
macht die Lebensmittelverarbeitung<br />
für Investoren attraktiv. Doch bietet auch der<br />
Export interessante Perspektiven, wobei die<br />
arabischen Länder der wichtigste Markt für<br />
verarbeitete Lebensmittel aus Ägypten sind.<br />
Zahlreiche internationale Konzerne wie<br />
Heinz, Nestlé, Kraft, Procter & Gamble und<br />
Unilever haben sich in dem Land am Nil angesiedelt.<br />
Sie bedienen mit ihren Produktionen<br />
nicht nur den lokalen Markt, sondern<br />
nutzen Ägypten auch als Basis für den Export<br />
in die Region. Günstige Preise für die<br />
agrarischen Rohstoffe und die niedrigen<br />
Lohnkosten sind neben der geografischen<br />
Lage Argumente für Investitionen in Ägypten.<br />
Insgesamt gibt es in dem Land etwa<br />
8.000 agroindustrielle Unternehmen.<br />
Hohe Bedeutung des Energiesektors<br />
Große Bedeutung hat in Ägypten zudem der<br />
Energiesektor. Das Land am Nil ist nach Algerien<br />
der zweitgrößte Gasproduzent in Afrika.<br />
Die nachgewiesenen Reserven belaufen<br />
sich auf 2,186 Billionen Kubikmeter, womit<br />
Ägypten in der globalen Rangliste der gasreichsten<br />
Staaten den 16. Platz belegt. Weniger<br />
bedeutend sind die Ölreserven. Hier belegt<br />
Ägypten mit 4,45 Mrd. Barrel weltweit<br />
den 27. Rang.<br />
Doch ist viel Bewegung bei den ägyptischen<br />
Kohlenwasserstoffen zu beobachten. So werden<br />
immer wieder neue Gasvorkommen ent-<br />
Die politischen Beziehungen zwischen<br />
Ägypten und Deutschland zeichnen sich<br />
laut Auswärtigem Amt durch intensive<br />
Zusammenarbeit und hochrangigen Besucheraustausch<br />
aus. Ägypten ist ein Schwerpunktland<br />
der deutschen Entwicklungspolitik.<br />
Mit Gesamtzusagen von rund sechs<br />
Mrd. Euro seit 1963 ist es eines der größten<br />
Empfängerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Die Schwerpunkte<br />
der bilateralen Kooperation liegen derzeit<br />
in den Bereichen Wasserwirtschaft und erneuerbare<br />
Energien.<br />
Zudem ist Ägypten einer der wichtigsten<br />
Handelspartner Deutschlands in der arabischen<br />
Welt. Die deutschen Exporte in das<br />
Land beliefen sich im vergangenen Jahr auf<br />
2,6 Mrd. Euro (plus zehn Prozent). Damit<br />
war Ägypten nach den VAE und Saudi-Arabien<br />
das drittwichtigste Empfängerland von<br />
deutschen Waren in der Region. Gleichzeitig<br />
importierte Deutschland Waren im<br />
Wert von rund 1,4 Mrd. Euro aus Ägypten.<br />
Umfangreicher waren nur die Einfuhren<br />
aus Libyen, Algerien, Saudi-Arabien und<br />
Tunesien.<br />
Wirtschaftliche Entwicklung in Ägypten 2008 bis 2014<br />
2008 2009 2010 2011 2012 <strong>2013</strong>* 2014*<br />
Reales BIP-Wachstums in % 7,2 4,7 5,1 1,8 2,2 1,8 2,8<br />
Verbraucherpreisanstieg in % 11,7 16,2 11,7 11,1 8,6 6,9 10,3<br />
Leistungsbilanzdefizit % des BIP +0,5 -2,3 -2,0 -2,6 -3,1 -2,6 -0,9<br />
IWF Oktober <strong>2013</strong><br />
*<strong>2013</strong> und 2014: Prognose<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
30
ägypten | Länderreport<br />
SOUQ<br />
Wirtschaft und Recht in Ägypten nach dem<br />
„Arabischen Frühling“<br />
Dr. Florian Amereller, LL.M.<br />
Rechtsanwalt und Partner, Amereller Rechtsanwälte<br />
Foto: Anja Smasal<br />
Mittelmeerhafen von Alexandria<br />
Ägypten wurde lange Zeit – vielleicht etwas<br />
übertrieben – als Tiger am Nil bezeichnet,<br />
ein Land in dem Stabilität, Liberalität und<br />
Investorenfreundlichkeit wesentlich stärker<br />
ausgeprägt waren als an vielen anderen Orten<br />
in der arabischen Welt. Zwar wurden die sozialistischen<br />
Marktstrukturen aus der Zeit Gamal<br />
Abdel Nassers nie ganz abgebaut, aber die<br />
Bedeutung Ägyptens als regionaler Produktionsstandort<br />
und regionale Wirtschaftsmacht<br />
nahm bis zum Jahre 2011 kontinuierlich zu.<br />
Bereits lange vor der Revolution im Jahre<br />
2011 hatte die ägyptische Regierung die<br />
wirtschaftliche Bedeutung und Triebkraft<br />
ausländischer Direktinvestitionen erkannt<br />
und sich hier deutliche Ziele gesetzt. Das<br />
hat sich auch nach der Revolution – oder<br />
vielleicht besser den Revolutionen – nicht<br />
geändert, nur sehen die wirtschaftlichen<br />
Eckdaten und die Währungsreserven heute<br />
leider etwas weniger rosig aus als vor 2011.<br />
Ägypten hatte sich bereits unter Mubarak<br />
auf einen wirtschaftlichen Reformkurs<br />
begeben, dessen anfängliche Wegmarken<br />
die Verabschiedung mehrerer Investitionsgesetze<br />
und eine grundlegende Reformierung<br />
des Gesellschaftsrechts bildeten.<br />
Seine Fortsetzung fand dieser Ansatz mit<br />
einer Novelle des Arbeitsrechts und einer<br />
Liberalisierung des Steuerrechts. Abgerundet<br />
wurden diese Maßnahmen zur Erhöhung<br />
der Attraktivität des heimischen<br />
Wirtschaftsmarktes mit dem Erlass eines<br />
neuen Wettbewerbsgesetzes, um bessere<br />
Rahmenbedingungen für die Entfaltung<br />
wirtschaftlicher Aktivitäten zu ermöglichen.<br />
Auch die Gerichte waren in Ägypten im<br />
Wesentlichen effizient und die Richter<br />
gut ausgebildet – gerade bei den neu geschaffenen<br />
„Wirtschaftsgerichten.“ Dessen<br />
ungeachtet bestanden Probleme bei<br />
der Rechtsverfolgung und der Gleichheit<br />
vor dem Gesetz. Die Folge war, dass oft nur<br />
eine kleine Gruppe führender Unternehmer<br />
ihre Rechte effizient verfolgen und<br />
für sie günstige Interpretationen von Gesetz<br />
oder Verträgen durchsetzten konnten.<br />
Auch die daraus resultierende Frustration<br />
von Teilen der Mittelschicht führte dazu,<br />
dass im Jahre 2011 die Revolution letztlich<br />
von breiten Schichten der Bevölkerung getragen<br />
wurde.<br />
Andererseits war Ägypten für viele ausländische<br />
Unternehmen ein exzellenter Standort,<br />
mit billigen und zum Teil immer besser<br />
ausgebildeten Arbeitskräften, in dem Ausländer<br />
grundsätzlich fair behandelt und bei<br />
entsprechend geschickter und kulturell angepasster<br />
Vorgehensweise durchaus erfolgreich<br />
operieren konnten. An vielen dieser<br />
Eckdaten hat sich bis heute nichts geändert,<br />
wobei die derzeitigen Hartwährungspro-<br />
31<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ Länderreport | Ägypten<br />
bleme sicherlich ein wesentliches Problem<br />
darstellen.<br />
Die Chance des Ausbaus des Rechtstaats<br />
wurde zumindest im unmittelbaren Nachgang<br />
zur Revolution verspielt, denn führende<br />
Mitglieder der alten Regierung, der<br />
Partei, und der Wirtschaftselite wurden<br />
eilig abgeurteilt, ohne das eine gründliche<br />
Aufarbeitung von mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
vorliegender Straftaten jemals auch<br />
nur ansatzweise erfolgt wäre. Das führte<br />
wiederum zu zahlreichen Freisprüchen in<br />
späteren Instanzen. So wurde die Chance<br />
verspielt, die bestehenden Defizite justizförmig<br />
aufzuarbeiten. Einige große ausländische<br />
Investoren, die quasi in die Mühlen<br />
der ägyptischen Justiz gerieten, sahen sich<br />
gezwungen Ägypten in aufwendigen Investitionsstreitverfahren<br />
vor internationalen<br />
Schiedsgerichten zu verklagen.<br />
In vielen Fällen waren sogar Urteile der<br />
ägyptischen Gerichte auch der ägyptischen<br />
Regierung mehr als unangenehm, die sich<br />
sehr wohl der zum Teil desaströsen Auswirkungen<br />
einiger Gerichtsentscheidungen auf<br />
den Ruf Ägyptens als Investitionsstandort<br />
bewusst war. So hatten etwa die traditionell<br />
sehr eigenwilligen Verwaltungsgerichte<br />
einige der großen Privatisierungen nach<br />
mehr als 15 Jahren mit dem – abenteuerlichen<br />
– Argument für unwirksam erklärt,<br />
dass einmal verstaatlichte Unternehmen<br />
nie wieder privatisiert werden dürften (die<br />
meisten wichtigen ägyptischen Unternehmen<br />
wurden unter Nasser verstaatlicht).<br />
Dr. Florian Amereller, Founding<br />
Partner, Amereller Legal Consultants<br />
Die Kritik richtet sich dabei weniger an<br />
die Entscheidung der Gerichte als solche,<br />
denn die Unabhängigkeit der Justiz wird in<br />
Ägypten von jeher hochgehalten, als an der<br />
Blindheit der Richter für die Folgen ihrer<br />
Entscheidungen. So fehlt eine Auseinandersetzung<br />
damit, was denn nun mit den<br />
re-nationalisierten Unternehmen – und<br />
ihren Arbeitnehmern – geschehen soll, und<br />
wer die unternehmerische (und finanzielle)<br />
Verantwortung trägt.<br />
Bei allen derzeit bestehenden Risiken im<br />
Hinblick auf Stabilität, Umbau der Zivilgesellschaft<br />
und der Einführung eines demokratischen<br />
Systems, bietet der ägyptische<br />
Markt auch große Chancen. So haben<br />
kürzlich einige führende europäische Unternehmen<br />
große Investitionen in Ägypten<br />
getätigt und auch die Golfstaaten und internationale<br />
Fonds haben Ägypten zunehmend<br />
im Fokus. Ägypten ist ein großer und geostrategisch<br />
wichtiger Markt, von dem viele<br />
meinen, dass er „too big to fail“ (or „let<br />
fail“) sei. Sollte sich der nach der für die<br />
Gebiete am Roten Meer schwer nachvollziehbaren<br />
Reisewarnung des Auswärtigen<br />
Amtes großteils zum Erliegen gekommene<br />
Tourismus in den nächsten Monaten erholen,<br />
wird sich auch der Rest der Wirtschaft<br />
wieder stabilisieren.<br />
Nach mehr als zwei Jahren Umbruch meinen<br />
viele Ägypter heute, dass es keine<br />
Freiheit ohne Stabilität gibt, dass keine<br />
Stabilität ohne wirtschaftliche Prosperität<br />
erreicht werden kann, und dass beides<br />
nur mit einem starken Staat geht – der an<br />
Recht und Gesetz gebunden ist. In Ägypten<br />
heute wird die interessante Frage sein,<br />
wie sich ein starker Staat dann zur Demokratie<br />
und Freiheit der Bürger stellen wird,<br />
aber das scheint viele Ägypter heute schon<br />
wesentlich weniger zu interessieren als<br />
noch 2011. Wir im Westen sollten zumindest<br />
akzeptieren, dass es nicht nur den einen<br />
– unseren – Weg zur Demokratie gibt.<br />
Und wenn Ägypten in den nächsten Jahren<br />
den Aufbau eines verlässlichen Rechtstaats<br />
umsetzt, vor dem alle Bürger gleich sind,<br />
und wenn auch die Verantwortlichkeit der<br />
Entscheidungsträger vor dem Gesetz in der<br />
Praxis durchgesetzt wird, dann ist bereits<br />
viel erreicht und dann wird feststehen,<br />
dass heute die Chancen wesentlich größer<br />
waren als die Risken.<br />
Foto: Amereller Legal Consultants<br />
Roundtable-Diskussion zu Ägypten mit S.E. Mohamed Higazy 21. Oktober <strong>2013</strong><br />
Am 21. Oktober <strong>2013</strong> lud die <strong>Ghorfa</strong> zu einer Roundtable-Diskussion<br />
mit S.E. Mohamed Higazy, Botschafter der<br />
Arabischen Republik Ägypten, in den Räumlichkeiten der<br />
Commerzbank AG ein. Rund 60 interessierte Unternehmen<br />
unterschiedlicher Branchen folgten dem Vortrag des Botschafters<br />
über die aktuelle politische und wirtschaftliche<br />
Lage Ägyptens. Unter der Moderation von Dr. Amereller,<br />
Founding Partner von Amereller Legal Consultants, betonte<br />
der Botschafter das Investitionspotential Ägyptens<br />
und führte wirtschaftliche Indikatoren aus, die für Finanzierungsvorhaben<br />
im Land sprechen. Auch die Diskussionsrunde<br />
zeichnete sich durch das Interesse und die Bereitschaft<br />
zukünftiger Geschäfte seitens der Unternehmen<br />
im Land aus. Zum Abschluss würdigte der Botschafter die<br />
Handelsbeziehungen zwischen Ägypten und Deutschland.<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
32
Interview<br />
SOUQ<br />
to back“ HVDC-Leitungen. 2. Eine oder<br />
zwei erste interkontinentale Stromleitungen<br />
zwischen Nordafrika und Europa, um Strom<br />
auszutauschen und wirtschaftlich darstellbare<br />
Abnahmemöglichkeiten zu schaffen. 3.<br />
Verbindliche Ausbauziele für erneuerbare<br />
Energien, sind notwendig, um Investitionen<br />
zu stimulieren. Dazu sollen Subventionen<br />
im Bereich der fossilen Brennstoffe abgebaut<br />
werden. 4. Ein Programm zur zuverlässigen<br />
Messung von Sonnen- und Winddaten bietet<br />
eine Grundlage, um den Markt für erneuerbare<br />
Energien zu erschließen.<br />
Foto: Paul Langrock<br />
Foto: Dii<br />
Das Wüstenstromprojekt soll zahlreiche Arbeitsplätze schaffen<br />
Chancen durch Wüstenstrom<br />
Im Gespräch mit dem SOUQ gibt Paul van Son, Geschäftsführer von Dii,<br />
einen Überblick über die Herausforderungen und das Potenzial des Wüstenstromprojekts.<br />
SOUQ: Herr van Son, wo steht die Verwirklichung<br />
des Wüstenstrom-Projekts derzeit<br />
und welche Erfolge kann Dii aus Ihrer Sicht<br />
heute vorweisen?<br />
Van Son: Dii hat dazu beigetragen, dass die<br />
erneuerbaren Energien in Nordafrika und im<br />
Nahen Osten mehr und mehr Beachtung finden<br />
und diese Länder sie für die künftige Energieversorgung<br />
ernsthaft in Betracht ziehen.<br />
Jetzt sind in der MENA-Region nicht weniger<br />
als 50 GW an Installationen über die nächsten<br />
sieben Jahre geplant und zum Teil schon in der<br />
Realisation. Wir arbeiten mit Ländern wie Algerien,<br />
Tunesien und Marokko eng zusammen,<br />
um gemeinsam Strategien für die Energieversorgung<br />
voranzubringen und nach geeigneten<br />
Standorten für Wind-, PV- und Solarthermie-<br />
Kraftwerke zu suchen. Die Umsetzung ist dann<br />
Aufgabe der Länder und der Industrie.<br />
SOUQ: Wo sehen Sie zurzeit die Hauptherausforderungen<br />
bei der Weiterführung des<br />
Projekts?<br />
Van Son: Die MENA-Region ist ganz sicher<br />
kein einfaches Pflaster für Investoren. Investoren<br />
sollten die Risiken nüchtern angehen,<br />
langfristige Beziehungen aufbauen und dabei<br />
nicht die Chancen aus dem Blick verlieren,<br />
die der massive Ausbau erneuerbarer<br />
Energien dort in den nächsten Jahrzehnten<br />
bringen wird. Jedes Land in Nordafrika<br />
und dem Nahen Osten hat eine ganz eigene<br />
Dynamik. Erneuerbare Energien sind aber<br />
überall ein wichtiger stabilisierender Faktor.<br />
Wind und Sonne haben das Potential, die<br />
Energieversorgung dieser Länder zu sichern<br />
und Kosten zu sparen. Dessen sind sich die<br />
Akteure in der Region bei allen aktuellen<br />
Turbulenzen sehr bewusst.<br />
SOUQ: Dii veröffentlichte einen Aktionsplan<br />
zur Realisierung des ambitionierten<br />
Vorhabens. Wie sehen die konkreten Schritte<br />
aus und welche Vorschläge werden gemacht?<br />
Van Son: Dii hat eine Anleitung für die<br />
EUMENA-Staatengemeinschaft entwickelt,<br />
welche Hindernisse überwunden werden<br />
müssen, auf dem Weg zu einem EUMENAweitem<br />
freien Strommarkt auf der Basis von<br />
erneuerbaren Energien. Als wichtige Maßnahmen<br />
hat die Dii folgende wichtige Schritte<br />
identifiziert: 1. Eine Vervollständigung<br />
des mediterranen Stromkreises mit „back<br />
SOUQ: Welches Potenzial sehen Sie für die<br />
arabischen Länder, aus Quellen wie Wind,<br />
Photovoltaik oder Solarthermie Energie zu<br />
gewinnen und welche Chancen ergeben sich<br />
aus dem Wüstenstrom-Projekt für deutsche<br />
Unternehmen?<br />
Van Son: Ein Markt für erneuerbare Energien<br />
bringt ein riesiges Potenzial für die<br />
europäische und arabische Energieindustrie,<br />
angefangen von Herstellern, Netzbetreibern<br />
bis hin zu Projektieren. Desert Power hat das<br />
Potenzial nicht nur lokal in MENA Arbeitsplätze<br />
zu schaffen und zum Wirtschaftswachstum<br />
beizutragen, sondern kann auch<br />
als Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone<br />
gelten. Die Modellrechnungen der Dii ergeben<br />
außerdem klar, dass die Vollversorgung<br />
mit erneuerbaren Energien für die gesamte<br />
EUMENA-Region günstiger wird, wenn die<br />
Länder zusammenarbeiten, anstatt länderspezifisch<br />
auf Erneuerbare umzusteigen. Je<br />
früher und je mehr Länder zusammenarbeiten,<br />
desto stabiler und erschwinglicher der<br />
Übergang zu einer nachhaltigen Stromversorgung.<br />
Die Analyse zeigt auch, dass der<br />
Austausch erheblicher Mengen Strom zwischen<br />
den Ländern wirtschaftlich vorteilhaft<br />
ist.<br />
Paul van Son,<br />
Dii-Geschäftsführer<br />
33<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
Interview | Al Junaibi<br />
„Die VAE sind ein attraktiver Standort für ausländische Investoren“<br />
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind einer der attraktivsten Wirtschaftsstandorte in der arabischen Welt.<br />
Deutsche Investoren sind höchst willkommen. Das betont Jumaa Mubarak Jumaa Salem Al Junaibi, VAE-Botschafter<br />
in Berlin, im Interview mit dem SOUQ.<br />
Foto: ZALISHCHYKER VITALIY<br />
UAE Investment Forum im April 2012 im Rahmen der Hannover Messe<br />
SOUQ: Herr Botschafter, die VAE gelten als<br />
einer der attraktivsten Standorte am Arabischen<br />
Golf. Wie ist Ihre Position bei den<br />
ausländischen Direktinvestitionen (FDI)?<br />
Al Junaibi: Die VAE fördern mit ihrer Politik<br />
der wirtschaftlichen Öffnung die internationalen<br />
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen<br />
gezielt. Im FDI-Ranking liegen wir<br />
daher am Golf auf dem zweiten und weltweit<br />
auf dem zehnten Platz. Unsere Volkswirtschaft<br />
entwickelt sich weiter dynamisch<br />
und wird immer attraktiver. Industrie, Tourismus,<br />
Handel, Dienstleistungen und Immobilien<br />
sind lebendige Sektoren. Zudem<br />
werden kleine und mittlere Unternehmen<br />
immer wichtiger für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der VAE.<br />
SOUQ: Wie würden Sie die Beziehungen<br />
zwischen Deutschland und den VAE beschreiben?<br />
Al Junaibi: Deutschland und die VAE verbindet<br />
seit dem Jahr 2004 eine strategische<br />
Partnerschaft. Die bilateralen Beziehungen<br />
haben sich seitdem stetig verbessert und<br />
haben sich auch in Krisenzeiten bewährt.<br />
Sie sind aus meiner Sicht vorbildlich. Eine<br />
wichtige Säule der Partnerschaft sind die<br />
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Die<br />
VAE sind der wichtigste Handelspartner<br />
Deutschlands in der arabischen Welt. Das<br />
deutsch-emiratische Handelsvolumen belief<br />
sich 2012 auf 10,6 Mrd. Euro. Ich möchte<br />
an dieser Stelle darauf hinweisen, dass<br />
die VAE für viele europäische und auch andere<br />
Länder der wichtigste Handelspartner<br />
in der Region sind.<br />
SOUQ: Wie entwickeln sich die deutschen<br />
Investitionen in den VAE?<br />
Al Junaibi: Auch hier ist ein bemerkenswerter<br />
Zuwachs zu registrieren. Im Jahr<br />
2009 beliefen sich die deutschen Investitionen<br />
in den VAE auf 1.207 Mio. Euro. Im<br />
gleichen Jahr beliefen sich die emiratischen<br />
Investitionen in Deutschland auf 930 Mio.<br />
Euro. So sind die VAE an so bedeutenden<br />
deutschen Unternehmen wie Daimler,<br />
Deutsche Bank und Air Berlin beteiligt.<br />
SOUQ: Durch welche Initiativen wurden<br />
die deutsche-emiratischen Beziehungen befruchtet?<br />
Al Junaibi: Da gibt es natürlich eine Reihe<br />
von Initiativen – beispielsweise die Gründung<br />
der Deutsch-Emiratischen Wirtschaftskommission.<br />
Auch die Gründung der Emiratisch-<br />
Deutschen Freundschaftsgesellschaft im Jahr<br />
2006 unter der Leitung von S.H. Scheich<br />
Hamdan bin Zayed Al Nahyan und des damaligen<br />
Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist in<br />
diesem Zusammenhang zu nennen.<br />
SOUQ: Die VAE präsentieren sich regelmäßig<br />
auf der Messe in Hannover. Wie wichtig<br />
sind solche Veranstaltungen?<br />
Al Junaibi: Sehr wichtig. Veranstaltungen<br />
wie das UAE Investment Forum oder das<br />
2nd UAE Investment & Business Forum in<br />
Hannover fördern die wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
zwischen Deutschland und<br />
den VAE nachhaltig. Auch Roundtables<br />
und Wirtschaftstreffen wie bei dem Besuch<br />
von S.H. Scheich Mohammed bin Rashid Al<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
34
Al Junaibi | interview<br />
SOUQ<br />
Maktoum in Deutschland sind höchst hilfreich.<br />
SOUQ: Das Reisen zwischen Deutschland<br />
und den VAE ist ja mittlerweile recht einfach.<br />
Dhabi zu einem international bedeutenden<br />
Drehkreuz aufgestiegen. Wir verfügen heute<br />
über eine hoch moderne Infrastruktur<br />
und sind ein Logistikstandort mit globaler<br />
Bedeutung.<br />
Foto: El-Sauaf<br />
Al Junaibi: Ja, es gibt inzwischen wöchentlich<br />
232 Flüge zwischen Deutschland und den<br />
VAE. Ich werte das als großen Erfolg. Die<br />
zahlreichen Flugverbindungen erleichtern<br />
die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />
den beiden Ländern natürlich wesentlich.<br />
SOUQ: Deutsche Unternehmen haben in<br />
den VAE bedeutende Aufträge gewonnen.<br />
Können Sie uns einige Beispiele nennen?<br />
Al Junaibi: Da gibt es natürlich zahlreiche<br />
Beispiele. So hat die Linde AG von dem emiratischen<br />
Petrochemie-Unternehmen Borouge<br />
den Auftrag für die Lieferung eines<br />
Crackers im Wert von mehr als einer Mrd.<br />
US-Dollar erhalten. Ein anderes Beispiel<br />
ist der Vertrag, den die Abu Dhabi National<br />
Oil Company (ADNOC) mit der deutschen<br />
Firma Bauer Kompressoren geschlossen<br />
hat. Dabei geht es um die Wartung von<br />
Erdgastankstellen. Im Verkehrsbereich haben<br />
die Deutsche Bahn und Etihad Rail ein<br />
Gemeinschaftsunternehmen für den Schienengüterverkehr<br />
gegründet. Die Beispiele<br />
zeigen: Die deutsch-emiratischen Wirtschaftsbeziehungen<br />
sind sehr vielfältig.<br />
SOUQ: Welche Fortschritte haben die VAE bei<br />
der wirtschaftlichen Diversifizierung gemacht?<br />
Al Junaibi: Wir haben frühzeitig erkannt,<br />
dass wir uns bei der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
nicht allein auf den Ölsektor<br />
verlassen dürfen. Unser Ziel war es von<br />
Anfang an, die Einnahmequellen zu diversifizieren<br />
und die Abhängigkeit von den<br />
Öleinnahmen zu verringern. Auch haben<br />
wir uns wirtschaftlich geöffnet, um ausländische<br />
Investoren und ausländisches Kapital<br />
anzuziehen. Es wurden Gesetze und Verordnungen<br />
erlassen, die den Kapitalfluss<br />
und ausländische Investitionen erleichtern.<br />
In Branchen wie dem Tourismussektor oder<br />
der Petrochemie haben Mega-Projekte die<br />
wirtschaftliche Entwicklung beschleunigt.<br />
SOUQ: Auch im Logistiksektor gelten die<br />
VAE als führender Standort am Golf.<br />
Al Junaibi: Ja, es wurden Freihandelszonen<br />
und Seehäfen errichtet, um den Außenhandel<br />
zu unterstützen. Im Flugverkehr sind<br />
die VAE mit den Airports in Dubai und Abu<br />
SOUQ: Wie weit ist die Zusammenarbeit im<br />
Rahmen des Golfkooperationsrates (GCC)<br />
vorangeschritten?<br />
Al Junaibi: Die GCC-Staaten streben danach,<br />
eine wirtschaftliche Einheit zu bilden. Auf<br />
diesem Weg sind wir bereits weit vorangeschritten.<br />
So sind wir durch eine Zollunion<br />
und einen gemeinsamen Markt verbunden.<br />
Das ändert natürlich nichts daran, dass wir<br />
auch auf internationaler Ebene wirtschaftliche<br />
Allianzen anstreben – zum Beispiel mit<br />
Deutschland und der Europäischen Union.<br />
SOUQ: Welche Botschaft möchten Sie an<br />
die deutsche Wirtschaft richten?<br />
Al Junaibi: Die VAE sind eines der bedeutendsten<br />
Wirtschaftszentren in der arabischen<br />
Welt und ein attraktiver Standort für<br />
ausländische Investoren. Das Investitionsund<br />
Arbeitsklima ist hervorragend. Ausländischen<br />
Unternehmen bieten die VAE ein<br />
sicheres Umfeld mit zahlreichen Erleichterungen<br />
und Anreizen bei Investitionen.<br />
Auch für deutsche Firmen eröffnen sich<br />
in unserem Land zahlreiche geschäftliche<br />
Chancen. Ich möchte die deutsche Wirtschaft<br />
daher noch einmal ausdrücklich dazu einladen,<br />
in die VAE zu investieren.<br />
Internationale Messen verschiedenster Branchen finden in den VAE statt<br />
35<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
Interview | Sixt<br />
„Den Ärmsten der Armen eine Zukunft geben“<br />
Die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung setzt seit vielen Jahren erfolgreich Kinderhilfsprojekte in den Bereichen Gesundheit,<br />
Fürsorge, Bildung und Notfallhilfe um. Im Interview spricht die Unternehmerin Regine Sixt mit SOUQ<br />
über ihre persönliche Motivation für ihr Engagement sowie die Rolle von Sixt in der arabischen Welt.<br />
Goldene Victoria<br />
SOUQ: Frau Sixt, welche Rolle spielten Sie<br />
persönlich für den erfolgreichen Aufbau des<br />
Familienunternehmens Sixt, das 2012 sein<br />
100-jähriges Jubiläum feierte?<br />
Sixt: Als ich meinen Mann heiratete, kam<br />
ich in den Sog des absoluten Gewinnen-<br />
Wollens, unterstützt von meinen wunderbaren<br />
Schwiegereltern, die mir alle Freiheiten<br />
gegeben haben, mich selbst zu entwickeln.<br />
Schon früh war ich in einem eigenen Büro in<br />
New York alleine unterwegs, um Kunden zu<br />
akquirieren, die ihre Ferien in Europa verbringen<br />
wollten. Ich war besessen davon, das<br />
Unternehmen mit meinem Mann zu einem<br />
globalen Konzern aufzubauen, ohne Rücksicht<br />
auf mich selbst.<br />
Mein größtes Glück aber war die Geburt meiner<br />
Kinder, die ich praktisch zwischen meinen<br />
Arbeitszeiten zur Welt brachte. Zum 100. Jubiläum<br />
von Sixt hielt mein 30 Jähriger Sohn<br />
eine Ansprache. Er sagte, „I am 30 years old<br />
now. That means, I am working for Sixt since<br />
30 years – breakfast, lunch and dinner.”<br />
Bereits in der Anfangszeit meines Engagements<br />
für Sixt übernahm ich die Bereiche<br />
Internationales Marketing und Vertrieb und<br />
Sixt: Ganz besonders liegt mir das Hadassah<br />
Medical Care Center in Jerusalem am Herzen.<br />
Ich engagiere mich für dieses wunderbare<br />
Krankenhaus so leidenschaftlich, da dort rewurde<br />
die Marken-Botschafterin des Unternehmens.<br />
Ständig unterwegs zu neuen<br />
Partnern und zur Eröffnung von Filialen in<br />
neuen Sixt-Ländern. Mein Mann und ich<br />
wollten die Welt erobern – und wir haben es<br />
gemeinsam getan.<br />
SOUQ: Bereits im Jahr 2000 haben Sie die<br />
„Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung“ gegründet.<br />
Wie ist diese sozial engagierte Idee entstanden,<br />
was sind die wichtigsten Ziele des<br />
Vereins und wie finanzieren Sie Projekte?<br />
Sixt: Auf meinen vielen Reisen sah ich das Leid<br />
so vieler Kinder, sei es in Kathmandu oder in<br />
Neu Delhi. So herzzerreißend, wie sie einem<br />
ihre kleinen schmutzigen Hände entgegen<br />
strecken. Es hat mich so beschämt, ihnen nur<br />
einen Dollar in die Hände zu legen und nicht<br />
mehr tun zu können. Damals nahm ich mir vor,<br />
meine Kraft und meine Kontakte in den Dienst<br />
der guten Sache zu stellen und gründete den<br />
Regine Sixt Kinderhilfe e.V., den Grundstein<br />
für eine international tätige Hilfsorganisation.<br />
Heute und nach Umwandlung in eine Stiftung<br />
wird die Kinderhilfe in 105 Sixt Ländern gelebt.<br />
Als offizielles CSR-Programm der Sixt SE<br />
konnten wir zwischenzeitlich international 40<br />
Projekte verwirklichen.<br />
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, vor allem<br />
in den Bereichen Gesundheit, Fürsorge,<br />
Bildung und Notfallhilfe mit Herzblut für<br />
Kinder da zu sein. Wir unterstützen dabei<br />
Kinderhilfsprojekte Dritter und ergreifen<br />
weltweit selbst Initiative, um eigene Projekte<br />
zu entwickeln und umzusetzen. National<br />
und international wollen wir den Ärmsten<br />
der Armen eine Zukunft geben, beispielsweise<br />
durch Einrichtungen zur ganztägigen Kinderbetreuung<br />
oder schulische und berufsvorbereitende<br />
Ausbildungseinrichtungen.<br />
Nicht zu vergessen ist unser Engagement<br />
im gesundheitlichen Bereich. Damit wollen<br />
wir die Überlebenschancen von Kindern erhöhen,<br />
die angesichts bisheriger schlechter<br />
Versorgungsstrukturen das Erwachsenenalter<br />
häufig nicht erreichen.<br />
SOUQ: Die Liste der von Ihnen betreuten<br />
Projekte ist lang. Können Sie uns einige<br />
wichtige Projekte nennen und gibt es bestimmte<br />
Kriterien, nach denen Sie Länder<br />
und Projekte auswählen und fördern?<br />
Foto: Sixt<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
36
sixt | interview<br />
SOUQ<br />
ligions- und kulturübergreifend gearbeitet<br />
wird. Es werden gleichermaßen israelische<br />
und arabische Kinder von jüdischen und muslimischen<br />
Ärzten behandelt und geheilt. Es ist<br />
ein Ort des Friedens und der Ruhe.<br />
Wir möchten einfach dort helfen, wo die Not<br />
am größten ist und Hilfe sehr dringend gebraucht<br />
wird. Aktuell engagieren wir uns im<br />
Nahen Osten und leisten humanitäre Hilfe<br />
für notleidende Kinder in Syrien, der Türkei,<br />
Jordanien, dem Libanon. Viele Menschen flohen<br />
wegen des Bürgerkriegs in die Nachbarländer<br />
Türkei, Jordanien und dem Libanon.<br />
Die Notquartiere sind überfüllt, die Grundversorgung<br />
mit Lebensmitteln und die ärztliche<br />
Versorgung wird immer schwieriger.<br />
Meine Stiftung unterstützt in der türkischen<br />
Stadt Kilis, drei Kilometer entfernt von der<br />
syrischen Grenze, eine Schule für syrische<br />
Flüchtlingskinder. Mit unseren Spenden<br />
können Kinder wieder lernen und so ein<br />
Stück Alltag erleben. Wir arbeiten hier übrigens<br />
sehr eng mit den Maltesern und dem<br />
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung zusammen.<br />
SOUQ: Sie haben in den letzten Jahren mehrere<br />
Auszeichnungen erhalten, wie den „Woman<br />
of the Year Award“ und den „World Citizen<br />
Award“. Was bedeuten diese Ehrungen für Sie?<br />
Sixt: Ich mache meine Arbeit ja nicht, um<br />
Preise zu gewinnen, sondern weil ich ein<br />
Anliegen habe, eine Vision. Aber zugegeben:<br />
Natürlich freuen mich diese Anerkennungen.<br />
Denn dadurch erhalten diese wunderbaren<br />
Projekte die hohe Aufmerksamkeit,<br />
die sie verdienen. Gesellschaftliche Veranstaltungen,<br />
wie z.B. auch die Damenwiesn,<br />
bieten schließlich großartige Gelegenheiten,<br />
auf unsere Tätigkeit hinzuweisen und ande-<br />
Scheich Maktoum und Regine Sixt<br />
re Menschen zu bewegen, sich für die Ärmsten<br />
der Armen einzusetzen.<br />
Eine meiner wichtigsten Auszeichnungen<br />
liegt gar nicht lange zurück. Im letzten Monat<br />
erhielt ich vom Verband der Deutschen<br />
Zeitschriftenverleger und der Deutschlandstiftung<br />
Integration die Goldene Victoria<br />
<strong>2013</strong> für Integration. Ich erhielt diesen<br />
Preis als Anerkennung für die Übernahme<br />
gesellschaftlicher Verantwortung als Unternehmerin<br />
und für mein persönliches Engagement<br />
für Chancengleichheit, das internationale<br />
Signalwirkung habe.<br />
Für mich und mein Team ist daher jeder<br />
Preis ein Ansporn, mich noch mehr zu engagieren.<br />
Es gibt viel zu tun.<br />
SOUQ: Obwohl 55 Prozent der Mitarbeiter<br />
bei Sixt Frauen sind, sitzen im Vorstand und<br />
Aufsichtsrat nur Männer. Wie können Ihrer<br />
Meinung nach mehr Frauen an die Spitze<br />
von Unternehmen gebracht werden?<br />
Sixt: Es fällt mir schwer, pauschal Frauen Ratschläge<br />
zu erteilen. Bei Sixt nehmen zahlreiche<br />
tolle Frauen Führungspositionen ein und haben<br />
großen Anteil am Erfolg. Es gilt aber Leistung<br />
vor Geschlecht. Jede Frau muss ihren eigenen<br />
Weg zwischen Familie und Beruf finden,<br />
gesetzliche Regelungen bringen da nicht viel.<br />
Für mich persönlich habe ich beschlossen, eine<br />
modifizierte, vielleicht sogar selbstbewusstere<br />
Emanzipation zu leben. Dies hat mir den Raum<br />
gegeben, an der Seite meines Mannes, meine<br />
eigenen Pläne zu verwirklichen und meinen<br />
Teil zum Erfolg von Sixt beizutragen.<br />
SOUQ: Wie sieht das internationale Engagement<br />
von Sixt aus und wo ist Sixt in der<br />
arabischen Welt präsent?<br />
Regine Sixt<br />
Sixt: Wir sind heute ein internationaler Mobilitätsdienstleister.<br />
Schon zu Beginn der<br />
90er Jahre haben wir mit der Expansion außerhalb<br />
Deutschlands begonnen. In 20 Jahren<br />
ist es uns gelungen, die Präsenz von Sixt<br />
auf über 100 Länder auszubauen. Für die<br />
nächsten Jahre haben wir uns zum Ziel gesetzt,<br />
die internationale Expansion von Sixt<br />
mit Nachdruck voranzutreiben.<br />
Die arabische Welt ist für uns natürlich besonders<br />
wichtig. Ganz besonders für unsere<br />
Kooperation mit Emirate Airlines. Mein bester<br />
Freund ist der CSO von Emirates, Thierry<br />
Antinori, mit seiner wunderbaren Frau<br />
Senait. Darüber hinaus haben wir Kooperationen<br />
mit großen arabischen Hotelketten wie<br />
Jumeirah und weiteren Airlines wie Egypt-<br />
Air, Gulf Air, Royal Jordanien, Qatar Airways,<br />
Kuwait Airways, Middle East Airlines,<br />
Royal Air Maroc, Oman Air, Saudi Arabian<br />
Airlines, Tunisair und Ethihad.<br />
Inzwischen sind wir in vielen arabischen<br />
Ländern vertreten: Ägypten, Algerien, Bahrain,<br />
Djibouti, Irak, Jemen, Jordanien, Katar,<br />
Komoren, Kuwait, Libanon, Libyen, Marokko,<br />
Mauretanien, Oman, Palästina, Saudi-<br />
Arabien, Somalia, Sudan, Syrien, Tunesien<br />
und den VAE. Speziell für diese arabischen<br />
Länder habe ich eine eigene Uniform kreiert<br />
mit Schleier und beinbedeckenden Röcken für<br />
die Damen. Durch die Zusammenarbeit mit<br />
starken Franchisepartnern entwickelt sich das<br />
Vermietgeschäft seit Jahren sehr erfreulich.<br />
Fotos: Sixt<br />
International ist aber nicht nur das Vermietgeschäft.<br />
Über meine Stiftung unterstützt<br />
der Sixt Konzern vielfältige freiwillige soziale<br />
Engagements von Mitarbeitern und Franchise<br />
Partnern mit finanziellen Zuschüssen.<br />
Es ist mein Wunsch, mit meiner Stiftung in<br />
ebenso vielen Ländern aktiv zu sein wie Sixt.<br />
Wir sind auf einem guten Weg.<br />
37<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong>
SOUQ<br />
Interview<br />
Prozent), Ägypten (24 Prozent), Libanon (23<br />
Prozent), gefolgt von Saudi-Arabien (18 Prozent),<br />
Jordanien (16 Prozent) und Algerien (15<br />
Prozent). Schlusslichter, nicht zuletzt auch infolge<br />
der politischen Situation, sind die Palästinensischen<br />
Autonomiegebiete (15 Prozent),<br />
der Irak (15 Prozent) und Syrien (13 Prozent).<br />
Dr. Gabi Kratochwil auf dem Arab-German Women Leaders Forum<br />
Die neuen arabischen Frauen. Arabische<br />
Unternehmerinnen spielen eine immer<br />
größere Rolle in der Geschäftswelt<br />
Es gibt sie, die erfolgreichen Geschäftsfrauen<br />
in der arabischen Welt. Sie kommen aus unterschiedlichen<br />
Bereichen, haben verschiedene<br />
Blickwinkel und sind diverser sozialer Herkunft.<br />
Sie haben sich einen Namen gemacht,<br />
leiten große Unternehmen, besetzen Schlüsselpositionen<br />
in der Politik, gestalten Gesellschaft.<br />
Ob als Unternehmerin, CEO oder Kfz-Mechanikerin.<br />
Ihr Boom ist stetig und fördert nicht nur<br />
eine dynamische Wirtschaftsentwicklung, sondern<br />
ist auch Ausdruck eines gesellschaftlichen<br />
Wandels in der arabischen Welt. So unterschiedlich<br />
die Geschäftsfelder und Biographien auch<br />
sind, sie alle eint der Mut, die Entschlossenheit<br />
und Durchsetzungskraft, ihr Leben selbstbestimmt<br />
zu gestalten und eine aktive Rolle in der<br />
arabischen Gesellschaft einzunehmen.<br />
Es hat immer schon erfolgreiche Frauen in der<br />
arabischen Welt gegeben, Schriftstellerinnen,<br />
Ärztinnen oder Anwältinnen. Aber in der Wirtschaftswelt<br />
waren Frauen früher deutlich seltener<br />
vertreten. Das also ist neu. Eine neue Facette.<br />
Bereits im Jahre 2004 veröffentlichte die arabische<br />
<strong>Ausgabe</strong> von Forbes (Forbes Arabia) eine<br />
Liste der 50 einflussreichsten arabischen Geschäftsfrauen.<br />
2006 auf Platz 1 Lubna Olayan,<br />
Prinzipalin aus Saudi-Arabien, auf Platz 2 Maha<br />
Al-Ghunaim, erfolgreiche Investmentbankerin<br />
aus Kuwait. Die vierfache Mutter und mit<br />
zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnete<br />
Gründerin von Global Investment House<br />
hat sich in der internationalen Finanzwelt einen<br />
Namen gemacht und die Folgen der weltweiten<br />
Finanzkrise mit Mut zur Selbstkritik, Innovation<br />
und Weitblick gemeistert.<br />
Bereits 2005 hob der Arab Human Development<br />
Report (ADHR) die wachsende Bedeutung<br />
von Geschäftsfrauen im arabischen Raum<br />
hervor. Im weltweiten Vergleich lagen die arabischen<br />
Staaten mit durchschnittlich 33,3 Prozent<br />
zwar noch deutlich unter dem weltweiten<br />
Durchschnitt von 55,6 Prozent (AHDR 2005:<br />
88,308). Aber die Entwicklung zeigt in die<br />
richtige Richtung, wenngleich mit deutlichen<br />
Unterschieden in den jeweiligen Ländern. Das<br />
belegen auch die aktuellen Zahlen der World<br />
Bank Gender Data Base. Der Anteil berufstätiger<br />
Frauen über 15 Jahre betrug 2011 an der<br />
Spitze in Qatar 52 Prozent, gefolgt von den<br />
VAE (44 Prozent), Kuwait (43 Prozent), und<br />
Bahrain (39 Prozent). Im Mittelfeld liegen<br />
Libyen (30 Prozent), Oman (28 Prozent), Marokko<br />
und Tunesien (26 Prozent), Jemen (25<br />
So unterschiedlich die jeweiligen Rahmenbedingungen<br />
sind, immer wieder schaffen es auch<br />
Frauen aus strukturschwachen Regionen und<br />
traditionellen Kontexten sogar in sogenannten<br />
Männerdomänen an die Spitze. So etwa die<br />
Kfz-Mechanikerin Maryam Darwish aus den<br />
Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie wurde<br />
als ältestes von 16 Kindern in Al Ain geboren.<br />
Ihre Eltern, Analphabeten, verheiraten sie mit<br />
zwölf Jahren. Mit 13 Jahren bekommt Maryam<br />
das erste von vier Kindern. Sie zieht mit<br />
ihrem Mann, einem Polizisten, nach Dubai, ist<br />
Hausfrau und Mutter – aber mit einem Traum.<br />
Dem Traum, eines Tages Kfz-Mechanikerin zu<br />
werden. Und sie schafft es. Ich treffe den „Autofreak<br />
in Abaya“, wie sie sich augenzwinkernd<br />
selbst nennt, 2011 in Dubai, wo sie mir, über<br />
eine Motorhaube gebeugt, ihre atemberaubende<br />
Geschichte erzählt. Inzwischen ist sie Customer<br />
Relationship Managerin von Al-Futtaim,<br />
einem der größten Autohäuser in Dubai.<br />
So wie Maryam verwirklichen immer mehr<br />
Frauen ihren Traum, viele auch als mittelständische<br />
Unternehmerinnen, so wie Dr. Azza Mahfouz<br />
aus Alexandria, die mithilfe ihrer Familie<br />
und eines Mikrokredits eine Apothekenkette in<br />
Ägypten aufgezogen hat. Oder aber die „Generation<br />
Tochter“: sie übernimmt traditionelle Familienunternehmen.<br />
So etwa Raja Al Gurg, Managing<br />
Director von Easa Saleh Al Gurg Group<br />
in Dubai oder Mona Almoayyed aus Bahrain,<br />
Managing Director von Y.K. Almoayyed &<br />
Sons. Beides jeweils Großkonzerne mit einem<br />
hoch diversifizierten Portfolio. Allesamt Global<br />
Player. An der Spitze mehrfach national und international<br />
ausgezeichnete Managerinnen. Viele<br />
dieser Unternehmerinnen fungieren als Vorbilder.<br />
Nicht nur ihre internationalen Auszeichnungen<br />
sondern ihr großes Engagement haben<br />
eine enorme Signalwirkung in die Gesellschaften<br />
hinein. Sie verändern Haltungen und Einstellungen,<br />
ermutigen zur Nachahmung. Denn<br />
Wandel beginnt auch in den Köpfen. Was früher<br />
undenkbar war, sich „nicht gehörte“, ist heute<br />
möglich, für viele erstrebenswert.<br />
Die Studie „Women Entrepreneurs in the<br />
Middle East“, 2007 von der International Fi-<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
38
interview<br />
SOUQ<br />
nance Corporation im Auftrag der Weltbank<br />
erstellt, zeigt einen deutlichen Zuwachs von<br />
Unternehmerinnen in der arabischen Welt.<br />
Die Studie basiert auf Erhebungen in fünf<br />
Ländern der Region: Bahrain, Jordanien, Libanon,<br />
Tunesien und die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate in dem Zeitraum von Mai bis Oktober<br />
2006. Zu den am häufigsten genannten Gründen,<br />
die zur Selbständigkeit geführt haben,<br />
wurde angegeben: Unzufriedenheit über die<br />
Möglichkeiten auf dem bestehenden Arbeitsmarkt<br />
(„Wir können mehr“), die eigene Chefin<br />
sein, eine Führungsposition einnehmen<br />
(„breaking the glass ceiling“) oder das Familienunternehmen<br />
übernehmen. Die Studie zeigt<br />
zudem, dass die von Frauen geführten Unternehmen<br />
vornehmlich zu den mittelständischen<br />
und Großunternehmen zählen, überwiegend<br />
ihnen alleine gehören (Bahrain 59 Prozent, Tunesien<br />
55 Prozent, Jordanien und die VAE 48<br />
Prozent, Libanon 41 Prozent), und Arbeitsplätze<br />
schaffen (Tunesien 19,3 Prozent, die VAE<br />
13,9 Prozent, Bahrain 13,3 Prozent und Jordanien<br />
6 Prozent). Über die Hälfte der Unternehmerinnen<br />
sind verheiratet (von 72 Prozent in<br />
Tunesien bis 56 Prozent im Libanon) und führen<br />
ihr Unternehmen zwischen 10,6 (Libanon)<br />
und 5,9 (VAE) Jahren. Sie sind überwiegend<br />
optimistisch, was das Wachstum ihrer Firma<br />
betrifft (von 88 Prozent VAE bis 61 Prozent<br />
in Tunesien) und planen eine Expansion (von<br />
81 Prozent VAE bis 49 Prozent Libanon). Interessanterweise<br />
gaben die Frauen überwiegend<br />
an, dass die Tatsache, dass sie Frauen sind, keine<br />
negativen Auswirkungen auf ihr Business<br />
habe. Einige betrachteten dies sogar als Vorteil<br />
(Jordanien 50 Prozent, Libanon 46 Prozent),<br />
andere als schlichtweg egal (Bahrain 79 Prozent,<br />
Tunesien 58 Prozent, VAE 56 Prozent).<br />
Und immer wieder fungieren diese erfolgreichen<br />
arabischen Geschäftsfrauen als „Agenten des<br />
Wandels“. So auch die Jungunternehmerin Deena<br />
Al Faris aus Saudi-Arabien. Sie ist CEO der<br />
Unternehmensgruppe Al Faris Group of Industries,<br />
ein Familienunternehmen in Dammam, zu<br />
der die Kaviarfirma Caviar Court gehört. Deena<br />
steht in Jeans, Abaya und Kopftuch mit einem<br />
Köcher vor einem großen Wasserbecken, darin<br />
schwimmen kräftige Störe. Sie erklärt ihren<br />
Mitarbeitern, was es bei der Aufzucht der Fische<br />
zu beachten gilt. Inzwischen werden hier rund<br />
fünf Tonnen Kaviar pro Jahr produziert. Deena<br />
kandidiert 2009 für die lokale Handelskammer<br />
in Dammam, engagiert sich gemeinsam mit<br />
anderen saudischen Jungunternehmerinnen im<br />
Council of Young Businesswomen und verfasst<br />
2010 gemeinsam mit anderen Frauen eine offizielle<br />
Petition zur Abschaffung der Resolution<br />
120, welche bis dato die Geschäftstätigkeit von<br />
Frauen enorm einschränkte. So brauchten Geschäftsfrauen<br />
beispielsweise einen männlichen<br />
General Manager, eine Art Vormund, der das<br />
Unternehmen nach außen hin vertrat und Unterschriften<br />
tätigte. Deena und ihre Mitstreiterinnen<br />
haben Erfolg. Im März 2011 wird die Resolution<br />
120 abgeschafft. Vieles ist im Wandel.<br />
Ein wesentlicher Faktor dieser positiven Entwicklung<br />
liegt vor allem in den deutlich verbesserten<br />
Bildungschancen für Frauen im<br />
arabischen Raum. Bildung – das zentrale Zukunftsthema<br />
in der arabischen Welt. Der Rohstoff<br />
von Morgen heißt Wissen. Die wissensbasierte<br />
Gesellschaft gilt als Antwort auf die<br />
künftigen Herausforderungen, die gekennzeichnet<br />
sind von Globalisierung, Diversifizierung<br />
der Wirtschaft und Bevölkerungswachstum.<br />
Vor allem die Frauen profitieren von der Bildungsoffensive<br />
in der arabischen Welt – nicht<br />
überall in gleichem Maße – aber dennoch spürbar.<br />
Die Zahl der gebildeten arabischen Frauen<br />
hat sich binnen zwei Generationen vervielfacht.<br />
Laut der Studie der Weltbank von 2008 „The<br />
Road not Traveled. Education Reform in the<br />
Middle East and North Africa“ ist das Verhältnis<br />
der Einschulung von Mädchen und Jungen<br />
im Primarschulbereich mit durchschnittlich<br />
0,95 Prozent (Gender Parity Index/GPI) nahezu<br />
ausgeglichen.<br />
Im Hochschulbereich hat es gar eine Trendwende<br />
gegeben. In Algerien, Bahrain, Jordanien,<br />
Kuwait, Libanon, Libyen, Oman, Qatar,<br />
Saudi-Arabien, Tunesien, den V.A.E. und der<br />
Westbank und Gaza studieren mehr Frauen als<br />
Männer an den örtlichen Hochschulen. Dieser<br />
Trend ist nicht nur der erhöhten Partizipation<br />
von Frauen geschuldet, sondern auch der Tatsache,<br />
dass viele männliche Studenten im Ausland<br />
studieren und daher in den nationalen Statistiken<br />
nicht erscheinen. Dennoch: die Trendwende<br />
ist deutlich spürbar. Nie zuvor hatten Frauen in<br />
der arabischen Welt soviel Zugang zu formaler<br />
Bildung wie heute.<br />
Es sind diese gut ausgebildeten, hochqualifizierten<br />
und vor allem hochmotivierten Frauen,<br />
die nun auf dem Arbeitsmarkt sind und im<br />
Sinne von brain gain eine wichtige Ressource<br />
für die Wirtschaft darstellen. Anders als viele<br />
ihrer männlichen Kollegen, die ins Ausland<br />
gehen, stehen sie dem lokalen Arbeitsmarkt<br />
zur Verfügung. Dies betonte auch Dr. Ibrahim<br />
Ibrahim, Generalsekretär im Generalsekretariat<br />
für Planung und Entwicklung aus Katar anlässlich<br />
der Eröffnung des Qatar International<br />
Businesswomen Forum im Mai 2011: „Es ist<br />
nicht zuletzt auch eine strategische Notwendigkeit,<br />
die Hälfte unseres hochqualifizierten<br />
und motivierten Human Capital zum Wohle<br />
unserer Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen:<br />
Frauen.“ Er bekam dafür übrigens nicht<br />
nur von den anwesenden Damen viel Applaus.<br />
Auch ein schönes Bild: Nach dem fünften New<br />
Arab Woman Forum in Beirut im Februar 2012<br />
demonstrierten Männer, ausgestattet mit dem<br />
pinkfarbenem Schal der Konferenz, gemeinsam<br />
mit den Frauen in den Straßen Beiruts für<br />
die Förderung von Frauen. Das Motto: „sawa,<br />
sawa“. „Gemeinsam, gemeinsam“. Und erklärte<br />
nicht auch Robert Zoellick, Präsident der<br />
World Bank Group: „Gender equality in business<br />
is smart economics. Enlightened private<br />
sector companies recognize that.” Aus der arabischen<br />
Welt gibt es hierzu viele positive und<br />
ermutigende Beispiele.<br />
Mehr spannende Einblicke in die Erfolgsgeschichten arabischer Frauen<br />
vermittelt das Buch:<br />
Gabi Kratochwil, Die<br />
neuen arabischen Frauen.<br />
Erfolgsgeschichten<br />
aus einer Welt im Aufbruch,<br />
orellfüssli 2012<br />
39<br />
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SOUQ<br />
SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />
40
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SOUQ<br />
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