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Ausgabe 4/2013 - Ghorfa

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4/<strong>2013</strong> Das Ghor fa – Wir tschaftsmagazin<br />

SOUQ<br />

www.ghorfa.de<br />

Arab -German Women Leaders Forum<br />

Neue Potenziale der Zusammenarbeit<br />

GCC<br />

Bildung als Rohstoff der Zukunft<br />

Interview<br />

S.E. J. Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin<br />

Länderreport<br />

Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten


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editorial<br />

SOUQ<br />

Ausblick<br />

Liebe Mitglieder,<br />

liebe Leser,<br />

das Arab-German Energy Forum ist mittlerweile zur Tradition<br />

geworden. Bereits zum vierten Mal fand es dieses Jahr in<br />

Berlin statt. Nahezu 300 Experten und hochrangige Entscheidungsträger<br />

aus Deutschland und der arabischen Welt trafen<br />

sich vom 22. bis 23. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin (S. 10).<br />

Eine besondere Bereicherung unter den <strong>Ghorfa</strong>-Veranstaltungen<br />

war das zum ersten Mal stattfindende Arab-German<br />

Women Leaders Forum vom 23. bis 25. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin.<br />

Das Interesse der arabischen Businessfrauen war riesig.<br />

Sie machten mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen aus (S.<br />

14). Auch im nächsten Jahr werden wir bewährte Foren veranstalten<br />

und neue regionale Akzente setzen. Einen Überblick<br />

der Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2014 finden Sie<br />

auf S. 6.<br />

Vom 29. bis 31. Januar starten wir in das neue Jahr mit dem<br />

Iraqi-German Business Forum in Berlin. SOUQ gibt einen<br />

Überblick über die großen Investitionsvorhaben des Zweistromlands<br />

im Bereich der Infrastruktur. In den nächsten<br />

fünf Jahren sollen 357 Mrd. US-Dollar für den wirtschaftlichen<br />

Wiederaufbau und die Diversifizierung der Ökonomie<br />

ausgegeben werden (S. 23).<br />

Im Frühjahr, vom 11. bis 13. März, organisieren wir in Zusammenarbeit<br />

mit bewährten Partnern das GCC-Germany<br />

Business and Investment Forum in Berlin. SOUQ greift in<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong> die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln<br />

in den GCC-Staaten auf. Für deutsche Anbieter eröffnen sich<br />

geschäftliche Chancen (S. 26).<br />

Da der Gesundheitssektor weiterhin zu den Schwerpunktbranchen<br />

der arabisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen gehört,<br />

werden wir bereits zum siebten Mal das Arab-German Health<br />

Forum veranstalten, in Stuttgart vom 15. bis 16. April.<br />

Mitte des Jahres laden wir Sie wieder herzlich zum größten<br />

arabisch-deutschen Business Event ein, dem 17th Arab-<br />

German Business Forum in Berlin vom 4. bis 6. Juni. Erneut<br />

werden mehr als 600 arabische und deutsche Entscheidungsträger<br />

aus Wirtschaft und Politik zusammenkommen, um<br />

sich über potenzielle Geschäftsmöglichkeiten auszutauschen,<br />

neue Kontakte zu knüpfen und ihre Beziehungen zu intensivieren.<br />

In dieser <strong>Ausgabe</strong> möchte ich Ihnen in Anlehnung an das<br />

vom 20. bis 21. November stattfindende arabisch-deutsche<br />

Bildungsforum besonders die Artikel zu Bildung in den GCC-<br />

Ländern (S. 20) empfehlen. Als Ergänzung zu dem Länderreport<br />

Ägypten (S. 28) können Sie über die wirtschaftliche und<br />

rechtliche Lage im Land lesen (S. 31). Außerdem berichtet<br />

SOUQ in einem Interview mit S.E. Jumaa Al Junaibi, Botschafter<br />

der VAE in Berlin, über die strategische Partnerschaft<br />

zwischen den VAE und Deutschland (S. 34).<br />

Wir würden uns sehr freuen, Sie zu den geplanten Businesstreffen<br />

im kommenden Jahr zu begrüßen. Bis dahin wünschen<br />

wir Ihnen erholsame Feiertage mit der Familie und einen<br />

guten Rutsch in das neue Jahr 2014.<br />

Ihr<br />

Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />

Generalsekretär<br />

3<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


Editorial<br />

Abdulaziz Al-Mikhlafi 3<br />

Personalien<br />

Nachrichten<br />

جملة غرفة التجارة والصناعة العربية الأملانية<br />

الصوق<br />

www.ghorfa.de<br />

6<br />

7<br />

4/<strong>2013</strong><br />

ملتقى الطاقة الرابع<br />

اصتثمارات عربية ‏صخمة يف الطاقات املتجددة<br />

4/<strong>2013</strong> Das Ghor fa – Wir tschaftsmagazin<br />

SOUQ<br />

www.ghorfa.de<br />

Arab -German Women Leaders Forum<br />

Neue Potenziale der Zusammenarbeit<br />

Zusammenarbeit<br />

4th Arab-German Energy Forum 10<br />

Arab-German Women Leaders Forum 14<br />

الصوق جملة غرفة التجارة والصناعة العربية الأملانية<br />

العالقات الإماراتية الأملانية<br />

مقابلة مع ‏صعادة الصفري جمعه اجلنيبي<br />

نظام التدريب والتعليم الأملاين حمط اأنظار الأوروبني<br />

الإنتعاش العقاري يف اأملانيا ينتقل من املدن الرئيصة اإىل املتوصطة<br />

SOUQ Das <strong>Ghorfa</strong>-Wirtschaftsmagazin 4/<strong>2013</strong><br />

GCC<br />

Bildung als Rohstoff der Zukunft<br />

Interview<br />

S.E. J. Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin<br />

Länderreport<br />

Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten<br />

Branchen<br />

GCC: Bildung als Rohstoff der Zukunft 20<br />

5th Arab-German Education and Vocational Training Forum 22<br />

Irak: Massive Investitionen in die Infrastruktur und den Wohnungsbau 23<br />

GCC: Nachfrage von Lebensmitteln steigt 26<br />

Länderreport<br />

Ägypten bietet gute wirtschaftliche Aussichten 28<br />

Wirtschaft und Recht in Ägypten 31<br />

Interviews<br />

Paul van Son, Dii-Geschäftsführer 33<br />

Jumaa Mubarak Jumaa Salem Al Junaibi, Botschafter der VAE in Berlin 34<br />

Regine Sixt, Senior Executive Vice President, Sixt SE 36<br />

Gastbeitrag<br />

Unternehmerinnen in der arabischen Welt 38<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Ghorfa</strong> Arab-German Chamber of<br />

Commerce and Industry e.V.<br />

Garnisonkirchplatz 1, 10178 Berlin<br />

Telefon: + 49 (0)30 278907-0<br />

Telefax: + 49 (0)30 278907-49<br />

ghorfa@ghorfa.de<br />

www.ghorfa.de<br />

Generalsekretär: Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />

Redaktion:<br />

Dr. Ralf Neubauer<br />

Redaktionelle Mitarbeit:<br />

Leoni Abel, Fadhl Al-Romaima<br />

Titelbild: ABB<br />

Layout: Fadhl Al-Romaima, Leoni Abel<br />

Druck: Druck Center Meckenheim GmbH<br />

Erscheinungsweise:<br />

Der SOUQ erscheint viermal jährlich. Für<br />

<strong>Ghorfa</strong>-Mitglieder ist der Zeitschriftenpreis im<br />

Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Die <strong>Ghorfa</strong> übernimmt keine Gewähr für die<br />

Richtigkeit der Angaben.<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit<br />

Quellenangabe gestattet.<br />

Erscheinungsdatum: November <strong>2013</strong>


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Rödl & Partner ist an 91 eigenen Standorten in 40 Ländern vertreten.<br />

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Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung verdankt ihren dynamischen<br />

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engen Schulterschluss mit ihren Mandanten erarbeiten sie Informationen<br />

für fundierte – häufig grenzüberschreitende – Entscheidungen<br />

aus den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Recht und IT und setzen sie<br />

gemeinsam mit ihnen um.<br />

Von Dubai aus steuern wir die Geschäfte unserer Mandanten in der<br />

arabischen Welt. Diese betreuen wir umfassend aus einer Hand – ganz<br />

gleich, ob ein Markteintritt in der Region vorbereitet oder ein bestehendes<br />

Geschäftsmodell weiter ausgebaut werden soll.<br />

Weltkugel final Naher Osten<br />

Ihre Ansprechpartner für den Nahen Osten<br />

Sabine Reindel<br />

Tel.: + 971 (56) 115 65 44<br />

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Dr. Marcus Felsner<br />

Tel.: +49 (30) 810 795-51<br />

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SOUQ Personalien | Veranstaltung<br />

Personalien<br />

Monther Bader Sulaiman Al-Eissa<br />

Christian Much<br />

Neuer Botschafter des Staates Kuwait in<br />

Berlin ist seit Oktober Monther Bader Sulaiman<br />

Al-Eissa. Nach seinem Studium der<br />

Politik- und Wirtschaftswissenschaften<br />

(1982) an der Universität Kuwait folgte<br />

1983 der Eintritt in das Außenministerium.<br />

Vor seinem jetzigen Posten war er u.a. Botschafter<br />

in Malaysia, Kuala Lumpur (2007-<strong>2013</strong>), in der Zentralafrikanischen<br />

Republik, mit Dienstsitz in Khartum (ab 2006), in der Republik<br />

Sudan (ab September 2005) und in Athen (ab 2003). Botschafter Al-Eissa<br />

ist verheiratet und hat einen Sohn.<br />

Seit Juli <strong>2013</strong> leitet Christian Much die<br />

Deutsche Botschaft Tripolis in Libyen. Nach<br />

seinem Jura-Studium trat er 1980 dem Diplomatischen<br />

Dienst bei. Nach Stationen in<br />

Amman (1982), Djidda (1982-1985), Budapest<br />

(1988-1989), San José (1989-1992),<br />

New York (1992-1995) und San Salvador<br />

(1995-1997), folgten Berlin (1997-2001) und noch einmal New York<br />

(2001-2005). Zuletzt war er Referatsleiter Globale Fragen und Grundsatzfragen<br />

Vereinte Nationen im Auswärtigen Amt (2005-2008), dann<br />

an der Botschaft Rom (2008-2010) und Neapel (2010-<strong>2013</strong>). Der in Luxemburg<br />

geborene Diplomat ist verheiratet und hat drei Kinder.<br />

Foto links: Botschaft des Staates Kuwait / Foto rechts: Auswaertiges Amt<br />

Veranstaltungen in Deutschland in der ersten Hälfte 2014<br />

Datum Name In Kooperarion mit Profil<br />

Stadt<br />

29.-31. Januar<br />

3 rd Iraqi-German<br />

Business Forum<br />

Botschaft der Republik<br />

Irak<br />

Bereits zum dritten Mal findet das Iraqi-German<br />

Business Forum in Berlin statt. Das Interesse<br />

auf deutscher und irakischer Seite ist riesig.<br />

Das Zweistromland plant in den nächsten Jahren<br />

bis 2017 eine Summe von 357 Mrd. US-Dollar<br />

zu investieren, um die irakische Wirtschaft zu<br />

diversifizieren und den Wiederaufbau voranzutreiben.<br />

Für deutsche Unternehmen bietet das<br />

zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten.<br />

Berlin<br />

11.-13. März<br />

GCC-Germany Business<br />

and Investment Forum<br />

Gulf Research Center<br />

Foundation,<br />

Federation of GCC<br />

Chambers<br />

Deutschland ist ein sehr wichtiger Wirtschaftspartner<br />

der Länder des Golfkooperationsrates.<br />

Deshalb veranstaltet die <strong>Ghorfa</strong> in Berlin das<br />

GCC-Germany Business and Investment Forum.<br />

Das Event wird eine optimale Gelegenheit bieten,<br />

Informationen aus erster Hand zu erhalten<br />

und Geschäftskontakte zu vertiefen.<br />

Berlin<br />

15.-16. April<br />

7 th Arab-German<br />

Health Forum<br />

Ministerium für<br />

Finanzen und Wirtschaft<br />

Baden-Württemberg<br />

Bereits zum siebten Mal bietet das Arabisch-<br />

Deutsche Gesundheitsforum eine hervorragende<br />

Plattform für die Anbahnung und den<br />

Ausbau geschäftlicher Verbindungen zwischen<br />

Deutschland und den arabischen Ländern im<br />

Gesundheitsbereich. Zum ersten Mal findet das<br />

Event in Stuttgart statt.<br />

Stuttgart<br />

4.-6. Juni<br />

17 th Arab-German Business<br />

Forum<br />

General Union of<br />

Arab Chambers<br />

(GUCCIAC), Deutscher<br />

Industrie- und<br />

Handelskammertag<br />

(DIHK)<br />

Mit über 600 hochrangigen Teilnehmern hat<br />

sich das branchenübergreifende Wirtschaftsforum<br />

zur wichtigsten und größten Plattform<br />

der arabisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen<br />

etabliert. Das Forum bietet auch in diesem Jahr<br />

einen exzellenten Rahmen für die Anbahnung<br />

und den Ausbau aussichtsreicher Geschäftsperspektiven<br />

mit der arabischen Welt.<br />

Berlin<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

6


nachrichten<br />

SOUQ<br />

Nachrichten<br />

Ägypten<br />

Bau von Wohnungen<br />

wird vorangetrieben<br />

In Ägypten sind eine Reihe von Wohnungsbauprojekten<br />

gestartet worden. So hat, wie das<br />

Magazin MEED berichtet, die Housing Cooperative<br />

Society for Employees at the Customs<br />

Authority jetzt den Bau von 14 Wohngebäuden<br />

in New Borg El Arab City ausgeschrieben.<br />

Zuvor hatte bereits die General Authority for<br />

New Urban Societies einen Tender für den Bau<br />

von 31 Gebäuden mit 744 Wohneinheiten in<br />

New Tiba City im Gouvernement Luxor veröffentlich.<br />

Auch die New Urban Communities<br />

Authority schrieb ein großes Wohnungsbauprojekt<br />

in New Sohag City aus. Es umfasst 28<br />

Gebäude mit 672 Wohneinheiten. Der Bedarf<br />

an bezahlbaren Wohnungen ist in Ägypten<br />

groß. Die Regierung hat daher den Umfang<br />

ihres Wohnungsbauprogramms auf 100.000<br />

Wohnungen verdoppelt (siehe Länderreport<br />

Ägypten in dieser SOUQ-<strong>Ausgabe</strong>).<br />

GCC<br />

Aufschwung am Bau lässt<br />

Zementnachfrage wachsen<br />

Nachdem der Zementsektor in den Staaten<br />

des Golfkooperationsrates (GCC) im vergangenen<br />

Jahr den Turnaround geschafft hat, befindet<br />

sich die Zementnachfrage auf einem<br />

Wachstumskurs. Zu diesem Ergebnis kommt<br />

eine Studie der kuwaitischen Investmentbank<br />

Global Investment House. Danach wird die Zementnachfrage<br />

in diesem Jahr um vier bis fünf<br />

Prozent und 2014 um sechs bis sieben Prozent<br />

zunehmen. Auch in den folgenden Jahren<br />

rechnet das Institut mit deutlichen Zuwächsen.<br />

Zurückgeführt wird diese Entwicklung<br />

auf die wachsende Bautätigkeit in der Region.<br />

Getrieben wird die Nachfrage vor allem von<br />

Saudi-Arabien, wo in den kommenden Jahren<br />

zahlreiche Wohnungsbauprojekte verwirklicht<br />

werden. Doch tragen auch die zahlreichen Vorhaben<br />

im Zusammenhang mit dem FIFA World<br />

Cup in Katar zu dem Boom bei. Zudem geht<br />

Global Investment House davon aus, das Dubai<br />

die World Expo 2020 ausrichtet, wovon der<br />

GCC-Zementsektor ebenfalls profitieren wird.<br />

Bau der Golf-Eisenbahn soll<br />

Ende 2014 beginnen<br />

Mit dem Bau des Schienennetzes, das alle<br />

Staaten des Golfkooperationsrates (GCC)<br />

verbinden soll, wird voraussichtlich Ende<br />

2014 begonnen. Das berichtet die Zeitung<br />

„The Saudi Gazette“ unter Berufung auf<br />

Ramiz Al Assar von der Weltbank, der das<br />

GCC-Sekretariat berät. Eine Behörde, die das<br />

Projekt managen soll, wird den Angaben zufolge<br />

demnächst gegründet. Jeder Mitgliedsstaat<br />

wird allerdings den Bau der Strecke<br />

auf dem jeweiligen Staatsgebiet selbständig<br />

ausführen. Die gesamten Kosten hatte die<br />

Weltbank zuletzt auf elf Mrd. US-Dollar geschätzt.<br />

Im Jahr 2018 soll die GCC Railway<br />

den Betrieb aufnehmen.<br />

Gespräche über Brücke<br />

zwischen Katar und Bahrain<br />

Bahrain und Katar haben ihre Gespräche über<br />

den geplanten Bau einer Brücke zwischen den<br />

beiden Ländern wieder aufgenommen. Das<br />

teilte Arif Khamis, Staatssekretär im bahrainischen<br />

Finanzministerium jetzt mit. Das<br />

Vorhaben ist bereits seit längerem bewilligt,<br />

hat sich aber immer wieder verzögert. Die 40<br />

Kilometer lange Brücke soll früheren Angaben<br />

zufolge umgerechnet vier Mrd. US-Dollar kosten.<br />

Den Auftrag für den Bau erhielt ein von<br />

dem französischen Konzern Vinci angeführtes<br />

Konsortium, an dem Hochtief aus Deutschland<br />

beteiligt ist.<br />

SAUDI-ARABIEN<br />

Königreich investiert in<br />

Ausbau der Universitäten<br />

Die Regierung in Saudi-Arabien treibt den<br />

Ausbau der Universitäten im Land voran.<br />

Presseberichten zufolge hat das Higher Education<br />

Ministry jetzt erneut drei große Projekte<br />

ausgeschrieben. Danach sollen an der<br />

Mizaahmiah University, an der Northern Border<br />

University in Rafha und an Al-Majmahh<br />

University jeweils neue Colleges geschaffen<br />

werden. Jeder Neubau wird eine Nutzfläche<br />

von zumindest 30.000 Quadratmetern haben.<br />

Betreut werden die Vorhaben von dem<br />

lokalen Beratungsunternehmen Alnaim Architects<br />

Engineers & Planners. Interessierte<br />

Baufirmen können sich bis Anfang Februar<br />

für die Aufträge bewerben. Bereits im vergangenen<br />

September hatte das Ministerium<br />

elf Bauprojekte an verschiedenen Universitätsstandorten<br />

im Königreich ausgeschrieben.<br />

VAE<br />

Dubai benötigt in fünf<br />

Jahren 60 neue Schulen<br />

In Dubai werden in den kommenden fünf<br />

Jahren 60 neue Schulen mit 90.000 Plätzen<br />

benötigt. Das berichtet die Zeitung „Emirates<br />

24/7“ unter Berufung auf die Knowledge and<br />

Human Development Authority (KHDA).<br />

Hintergrund ist das hohe Bevölkerungswachstum.<br />

Es führte dazu, dass die Zahl der<br />

Schüler in den vergangenen zehn Jahren um<br />

jährlich sieben Prozent zugenommen hat.<br />

Gegenwärtig beläuft sich die Zahl der Schüler<br />

den Angaben zufolge auf rund 225.000 junge<br />

Menschen.<br />

Al Maktoum International für<br />

Passagiere freigegeben<br />

DIn Dubai ist der neue Großflughafen, der Al<br />

Maktoum International Airport, am 27. Oktober<br />

für Passagiere freigegeben worden. Eine<br />

Maschine der ungarischen Wizz Air kam aus<br />

Budapest und wurde mit Salutschüssen begrüßt.<br />

Wizz Air wird den Flughafen nonstop<br />

mit Zielen in Mittel- und Osteuropa verbinden.<br />

Weitere Gesellschaften sollen folgen,<br />

darunter auch die deutsche Fluggesellschaft<br />

Condor. Sie wird ab dem 21. November von<br />

Frankfurt und Düsseldorf jeweils donnerstags<br />

Dubai anfliegen. Die Maschinen sind allerdings<br />

komplett für Passagiere des Kreuzfahrtanbieters<br />

Aida reserviert. Der Airport in Jebel<br />

Ali – auch „Dubai World Central“ (DWC) –<br />

genannt soll einmal mit jährlich 160 Mio. Passagieren<br />

der größte Flughafen der Welt sein.<br />

Derzeit ist noch der Dubai International mit<br />

knapp 60 Mio. Passagieren im vergangenen<br />

Jahr der größte Flughafen in den VAE und<br />

am Arabischen Golf. Der Al Maktoum International<br />

Airport wurde bereits im Juni 2010<br />

eröffnet, allerdings nur für den Frachtverkehr.<br />

7<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Messen<br />

Messen in der arabischen Welt im ersten Halbjahr 2014<br />

Datum Name Branche Ort<br />

20. - 22. Januar World Future Energy Summit Energie Abu Dhabi, VAE<br />

27. - 30. Januar Arab Health Gesundheit Dubai, VAE<br />

30. Januar -<br />

6. Februar<br />

31st Session of International Fair of<br />

Khartoum<br />

Übergreifend<br />

Khartoum, Sudan<br />

17. - 21. Februar<br />

International Exhibition and Forum<br />

for Education IEFE<br />

Bildung<br />

Riad, Saudi-Arabien<br />

26. Februar - 1. März<br />

Solaire Expo - International Exhibition<br />

of Solar Energy<br />

Solarenergie<br />

Casablanca, Marokko<br />

9. - 12. März The Big 5 Saudi Bau Jeddah, Saudi-Arabien<br />

17. - 20. März The Big Show Bau Maskat, Oman<br />

19. - 28. März World Trade Week Übergreifend Sharjah, VAE<br />

7. - 9. April MedExpo Saudi Arabia Gesundheit Dschidda, Saudi-Arabien<br />

12. - 15. April 5th Basrah Build Expo Bau Basra, Irak<br />

12. - 15. Mai Oil & Gas Libya 2014 Öl & Gas Tripoli, Libyen<br />

12. - 15. Mai Project Qatar Bau Doha, Katar<br />

14. - 17. Mai 8th Erbil Building Bau Erbil, Irak<br />

19. - 22. Mai<br />

10th International Building and Construction<br />

Exhibition<br />

Bau<br />

Tripoli, Libyen<br />

26. - 28. Mai Iraq Medicare Gesundheit Erbil, Irak<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

8


SOUQ<br />

More safety on the roads:<br />

our innovations help to prevent accidents.<br />

More and more people are taking to the idea of driving with anticipatory assistance<br />

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if necessary. With this innovation, Daimler offers solutions for reducing the number of<br />

road traffic accidents. Another step closer to our vision of accident-free driving.<br />

www.daimler.com<br />

9<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

4 th Arab-German Energy Forum<br />

Deutsche Firmen sind ideale Partner der<br />

Energiewirtschaft in den arabischen Ländern<br />

Deutschland und die arabischen Länder wollen die Zusammenarbeit im Stromsektor weiter intensivieren. Mit ihrer<br />

Erfahrung sind deutsche Firmen ideale Partner beim Ausbau der Energiewirtschaft in der Region. Das war der Tenor<br />

auf dem 4. Arabisch-Deutschen Energieforum in Berlin.<br />

An dem Energieforum, das am 22. und 23.<br />

Oktober <strong>2013</strong> im Hotel Adlon veranstaltet<br />

wurde, nahmen erneut rund 300 hochrangige<br />

Experten aus Deutschland und der arabischen<br />

Welt teil. Die Diskussionen fanden<br />

daher auf einem fachlich hohen Niveau<br />

statt. Veranstalter war die <strong>Ghorfa</strong> mit der<br />

Unterstützung des Auswärtigen Amtes, des<br />

Bundeswirtschaftsministeriums, der Generalunion<br />

der arabischen Kammern und des<br />

World Energy Council.<br />

Energie sei die Grundlage für Wirtschaftswachstum<br />

und eines der wichtigsten wirtschaftlichen<br />

Themen in Deutschland und in<br />

den arabischen Ländern, sagte <strong>Ghorfa</strong>-Vizepräsident<br />

Olaf Hoffmann zur Eröffnung<br />

des Energieforums. In der arabischen Welt<br />

wachse die Energienachfrage beständig und<br />

die Länder verfolgten ambitionierte Pläne zur<br />

Reduzierung der Emissionen und zur Verbesserung<br />

der Energieeffizienz. Dies eröffne für<br />

die deutsche Wirtschaft zahlreiche Kooperations-<br />

und Investitionsmöglichkeiten.<br />

Laut Hoffman gelte dies gerade auch im „Nexus<br />

Energie-Wasser“. Einerseits werde Wasser<br />

benötigt, um Energie zu entwickeln und zu erzeugen.<br />

Andererseits sei Energie erforderlich,<br />

um Wasser anzubieten, zu nutzen und aufzubereiten.<br />

Deutsche Unternehmen verfügten<br />

auf diesem Gebiet über große Erfahrungen.<br />

Sie seien daher ideale Partner für arabische<br />

Institutionen und Unternehmen, wenn es darum<br />

gehe, ein nachhaltiges Wassermanagement<br />

aufzubauen und die wachsende Wasser- und<br />

Energienachfrage zu befriedigen.<br />

Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed<br />

Shobokshi, saudischer Botschafter in Berlin<br />

und Doyen des arabischen diplomatischen<br />

Korps in Deutschland, gab unter anderem<br />

einen Überblick über die Pläne der saudiarabischen<br />

Regierung bei den alternativen<br />

Energiequellen. Danach soll im Bereich der<br />

Kernenergie bis zum Jahr 2032 eine installierte<br />

Leistung zur Stromerzeugung von 17<br />

Gigawatt (GW) und bei den erneuerbaren<br />

Energien von 54 GW geschaffen werden.<br />

Schwerpunktmäßig solle die Solarenergie<br />

(41 MW) ausgebaut werden.<br />

Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium,<br />

ging auf die Energiewende<br />

in Deutschland ein. Eine Herausforderung<br />

bestehe darin, dass Energie für<br />

die Verbraucher bezahlbar bleiben müsse.<br />

Zugleich sei Angebotssicherheit durch neue<br />

und mit fossilen Energieträgern befeuerte<br />

Kraftwerke zu gewährleisten. Die arabischdeutsche<br />

Kooperation im Energiesektor<br />

berge nach Einschätzung von Kapferer noch<br />

großes Potenzial.<br />

Laut Dr. Khalid Klefeekh Al Hajri, Chairman<br />

und CEO von Qatar Solar Technolo-<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

10


energy forum | Zusammenarbeit<br />

SOUQ<br />

Session 1 „Smart Grids<br />

and Virtual Power Plants“<br />

In der von Thomas Kraneis, Chairman of the<br />

Supervisory Board der NYCONENERGY<br />

AG, moderierten Session 1 („Smart Grids<br />

and Virtual Power Plants: New Solutions for<br />

Power Transmission”) sprach sich Paul van<br />

Son, CEO der Dii GmbH (Desertec), dafür<br />

aus, dass die arabischen und europäischen<br />

Länder auch bei der Schaffung der Stromnetze<br />

zusammenarbeiten sollten. Wichtige<br />

Leitungen seien bereits in der Planung. Ziel<br />

müsse es sein, dass Firmen und Institutionen<br />

gemeinsam auch bei den Netzen ein Umfeld<br />

schüfen, in dem die erneuerbaren Energien<br />

gedeihen könnten.<br />

ergänzenden Dieselaggregaten. Ihr Vorteil<br />

bestehe darin, dass kostenträchtige Investitionen<br />

in den Ausbau der landesweiten<br />

Netze entfallen würden. Auch nicht an ein<br />

Netz gekoppelte Insellösungen – zum Beispiel<br />

auf der Basis von Photovoltaik – seien<br />

unter Umständen wirtschaftlicher als ein<br />

umfangreicher Netzausbau.<br />

gies, komme angesichts der weltweit stark<br />

wachsenden Energienachfrage nachhaltigen<br />

Lösungen große Bedeutung zu. Es gelte, die<br />

CO 2 -Emissionen zu reduzieren und die natürlichen<br />

Ressourcen zugunsten künftiger<br />

Generationen zu schonen. Die erneuerbaren<br />

Energien seien für Deutschland und die<br />

arabischen Länder gleichermaßen wichtig.<br />

Prof. Dr. Eng. Galal Osman, Präsident der<br />

Egyptian Wind Energy Association, ging<br />

auf die Möglichkeiten so genannter „Mini-<br />

Grids“ zur Elektrifizierung entlegener Regionen<br />

ein. Diese dezentralen Netze speisten<br />

sich aus erneuerbaren Energien und<br />

Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi<br />

Einen umfassenden Überblick über den Stromsektor<br />

in Saudi-Arabien gab Dr. Abdullah Al<br />

Shehri, Chef der saudischen Electricity & Co-<br />

Generation Regulatory Authority. Danach werde<br />

die Spitzennachfrage („Peak Demand“) nach<br />

Elektrizität von derzeit 53 GW auf 121 GW<br />

im Jahr 2032 zunehmen und sich damit mehr<br />

als verdoppeln. Gründe seien das hohe Bevölkerungswachstum,<br />

der wachsende Pro-Kopf-<br />

Verbrauch und die geringe Energieeffizienz.<br />

Gegenwärtig basiere die Stromerzeugung in<br />

dem Königreich fast ausschließlich auf Öl und<br />

Gas und die privaten Haushalte verbrauchten<br />

am meisten Elektrizität (52 Prozent).<br />

Olaf Hoffman<br />

Dr. Khalid Klefeekh Al Hajri<br />

Dr. Abdullah Al Shehri<br />

Stefan Kapferer<br />

Dr. Al Shehri stellte eine Reihe von Maßnahmen<br />

vor, mit denen das Nachfragewachstum<br />

verlangsamt und die Energieeffizienz erhöht<br />

werden sollten. Unter anderem sei eine Reform<br />

der nicht kostendeckenden Stromtarife<br />

geplant. Die Tarife sollten sich künftig an den<br />

Erzeugungskosten orientieren. Im Bereich<br />

Energieeffizienz werde angestrebt, verstärkt<br />

alte Klimaanlagen auszutauschen und energiesparend<br />

zu bauen.<br />

11<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Zusammenarbeit | energy forum<br />

genutzt werden, um per Wasserkraft Strom<br />

zur Meerwasserentsalzung zu erzeugen.<br />

Saudi-Arabien habe, laut Saud Alsabhan,<br />

Senior Manager, Marketing & Sustainability<br />

der National Water Company, mit 265<br />

Litern pro Tag den dritthöchsten Pro-Kopf-<br />

Verbrauch bei Wasser. Ziel der saudischen<br />

Regierung sei es daher, die Wasserressourcen<br />

zu diversifizieren und die Erzeugungskosten<br />

zu reduzieren.<br />

Session 1 „Smart Grids and Virtual Power Plants“<br />

Zahlreiche arabische und deutsche Experten tauschten sich auf dem Forum aus<br />

Das Konzept so genannter „Virtual Power<br />

Plants“ (Virtueller Kraftwerke) stellte Wolfgang<br />

Braun, Head of Transmission bei Siemens<br />

Middle East, vor. Hierbei handle es sich<br />

um die Zusammenschaltung bzw. Bündelung<br />

kleiner Einheiten zur Stromerzeugung – zum<br />

Beispiel von kleinen Windkraft- oder Wasserkraftanlagen.<br />

Nach seiner Einschätzung<br />

würden virtuelle Kraftwerke künftig in intelligenten<br />

Stromnetzen eine bedeutende Rolle<br />

spielen. Richard Boulter, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der Eaton Industries GmbH,<br />

knüpfte an den Vortrag von Wolfgang Braun<br />

an und präsentierte einige Referenzprojekte<br />

von Eaton im Bereich „Smart Grids“.<br />

Session 2 „Energy-Water Nexus“<br />

In Session 2 („Energy-Water Nexus: Sustainable<br />

Solutions”), die moderiert wurde von<br />

Dr. Detlev Klein, Senior Advisor bei der GIZ,<br />

wies Dr. Ralf Bufler, Geschäftsführer der Lahmeyer<br />

GKW Consult GmbH, auf die große<br />

Wasserknappheit in den arabischen Ländern<br />

hin: Die Region verfüge zwar über 66 Prozent<br />

der weltweiten Ölreserven, aber über nur 1,4<br />

Prozent der globalen Wasserressourcen. Der<br />

Schlüssel zur Bekämpfung des Mangels seien<br />

neue Technologien, insbesondere bei der Entsalzung<br />

von Meerwasser.<br />

Wie Selma Jariri, Leiterin der Water New<br />

Technologies Division beim marokkanischen<br />

Office National de l‘Electricité et de l’Eau Potable<br />

(ONEE), ausführte, sei die Situation in<br />

Marokko durch begrenzte und regional ungleich<br />

verteilte Regenfälle gekennzeichnet. Die<br />

Regierung habe im Jahr 2009 eine neue, nachhaltige<br />

Wasserpolitik verabschiedet. Unter anderem<br />

sollten die Wasserressourcen diversifiziert,<br />

die Grundwasservorkommen geschützt<br />

und das Abwasser wieder aufbereitet werden.<br />

Prof. Ahmed Al-Salaymeh von der University<br />

of Jordan berichtete über ein großes Projekt<br />

in Jordanien: Wasser aus dem Roten Meer<br />

solle in das Tote Meer geleitet werden, um zu<br />

verhindern, dass dort der Wasserspiegel immer<br />

weiter absinken würden. Zugleich solle<br />

das Gefälle zwischen Rotem und Totem Meer<br />

Session 3<br />

„Frameworks and Financing“<br />

In Session 3 („Frameworks and Financing:<br />

Approaches to Strategic Partnerships”) unter<br />

der Moderation von Kilian Bälz, Partner<br />

bei Amereller Legal Consultants, nahm Dr.<br />

Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender der<br />

SolarWorld AG, Stellung zur Partnerschaft<br />

seines Unternehmens mit Qatar Solar Technologies.<br />

Die Kooperation sei vorbildlich,<br />

sagte Asbeck. Beide Partner hätten erkannt,<br />

dass sie ihre Ziele gemeinsam schneller erreichen<br />

könnten.<br />

Mansour Kelada, Head of Investments & Investment<br />

Trustees Group, National Bank of<br />

Egypt, skizzierte die Ausbaupläne Ägyptens<br />

im Bereich der erneuerbaren Energien. Danach<br />

sollten bis zum Jahr 2017 sieben Windparks<br />

mit einer installierten Kapazität zur<br />

Stromerzeugung von insgesamt 1.340 MW<br />

geschaffen werden. Auch die Solarenergie<br />

solle ausgebaut werden: bis 2027 um 3.500<br />

MW. Bei der Realisierung der Projekte sei<br />

das Land auf private Investoren angewiesen.<br />

Peter Jakszentis von der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft<br />

AG ging auf die Rolle<br />

von Versicherungsfirmen bei großen Projekten<br />

ein. Diese trügen dazu bei, dass die Risiken realistisch<br />

eingeschätzt und dass die Vorhaben<br />

schnell umgesetzt werden könnten.<br />

Session 4 „Current and Future<br />

Trends in the Energy Sector“<br />

In Session 4 („Changing Parameters: Current<br />

and Future Trends in the Energy Sector”), moderiert<br />

von Jürgen Hogrefe, h.c. hogrefe consult,<br />

ging Ministerialdirektor Viktor Elbling aus dem<br />

Auswärtigen Amt auf die Folgen der Revolution<br />

im Bereich von Schiefergas und -öl ein. Die<br />

verstärkte Erschließung dieser Reserven mache<br />

Staaten wie die USA unabhängiger von Ener-<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

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energy forum | Zusammenarbeit<br />

SOUQ<br />

gieimporten und stelle die Förderländer vor<br />

Herausforderungen. Den arabischen Ländern<br />

empfahl Elbling, ihre Ölreserven zu schonen<br />

und auf erneuerbare Energien zu setzen.<br />

Laut Prof. Dr. phil. Friedbert Pflüger, geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Pflüger<br />

Internationale Beratung GmbH, hätten bislang<br />

zwar 140 Staaten Programme für erneuerbare<br />

Energien aufgelegt. Fossile Brennstoffe<br />

trügen aber immer noch etwa 75 Prozent<br />

zum weltweiten Energieverbrauch bei. Auch<br />

künftig blieben die Kohlenwasserstoffe bedeutend.<br />

Pflüger zufolge werde beispielsweise<br />

der Kohleverbrauch bis 2032 um mehr als<br />

70 Prozent zunehmen.<br />

David Heimhofer, CEO, Terra Sola Ventures<br />

W.L.L., hob die günstigen Bedingungen in den<br />

arabischen Ländern zur Nutzung der Solarenergie<br />

hervor. Vor allem Photovoltaik sei eine<br />

sehr kostengünstige Option.<br />

Dr. Niels H. Stahlke, Geschäftsführer der Advanced<br />

Energy Utility GmbH, ging auf die<br />

Stromerzeugung in Deutschland ein. Danach<br />

werde hierzulande neben den erneuerbaren<br />

Energien Gas als Energieträger präferiert. Paradoxerweise<br />

sei jedoch im Zeitraum 2010 bis<br />

2012 der Beitrag von Gas zur Stromerzeugung<br />

von 14,1 Prozent auf zwölf Prozent zurückgegangen.<br />

Der Beitrag der Braunkohle sei dagegen<br />

von 23 auf 25,7 Prozent gestiegen.<br />

Session 5 „Conventional Energy“<br />

In Session 5 („Securing Energy Supply: Innovations<br />

in the Conventional Energy Sector”),<br />

moderiert von Dr. Karsten Rolle, CEO,<br />

World Energy Council, sagte Karim Amin,<br />

Senior Vice President bei Siemens Middle<br />

East, voraus, dass in den kommenden zehn<br />

Jahren in der arabischen Welt zusätzlich eine<br />

installierte Kapazität zur Stromerzeugung in<br />

Höhe von 100 GW benötigt werde.<br />

Dr. Stephan Reimelt, Geschäftsführer von GE<br />

Energy Germany, erklärte, dass die deutsche<br />

Energiewende nicht unbedingt als Vorbild für<br />

andere Länder diene, diese aus den deutschen<br />

Erfahrungen aber lernen könnten. Verteilungsnetzwerke<br />

etwa seien enorm wichtig.<br />

Dr. Wolfgang Benesch, Bereichsleiter Energietechnik<br />

bei der STEAG Energy Services<br />

GmbH, stellte das von seinem Unternehmen<br />

betriebene Raffineriekraftwerk Leuna<br />

Das Energieforum war hochrangig besetzt<br />

vor. Es versorge die Raffinerie von TOTAL<br />

mit Strom, Prozessdampf sowie Speise-,<br />

Prozess- und Kühlwasser. Als Brennstoffe<br />

würden Destillations- und Konversionsprodukte<br />

des Raffineriebetriebes eingesetzt.<br />

Hermann Röhm, Director Sales Onsite<br />

Energy, Luthardt GmbH / MTU Onsite<br />

Energy, präsentierte ebenfalls seine Firma.<br />

Das Unternehmen sei einer der weltweit<br />

führenden Anbieter von dezentralen Energiesystemen<br />

basierend auf Dieselmotoren-,<br />

Gasmotoren- und Gasturbinentechnologie.<br />

Session 6 „Solar & Wind Power“<br />

In Session 6 („Solar & Wind Power: Technologies<br />

and Partnerships”) gab der Moderator<br />

der Session, Matthias Kittler, Principal von<br />

Apricum, einen Überblick über den globalen<br />

Status der erneuerbaren Energien. Deren Anteil<br />

an der weltweiten Stromerzeugung liege<br />

bei 22 Prozent, wovon auf die Wasserkraft 77<br />

Prozent und auf die Windkraft zwölf Prozent<br />

entfielen. Künftig würden laut Kittler die Solar-<br />

und Windenergie am stärksten wachsen.<br />

Laut Dieter Manz, Vorstandsvorsitzender der<br />

Manz AG, werde die Solarenergie immer wettbewerbsfähiger.<br />

Die Preise für Solarmodule<br />

und Speicherlösungen seien stark gesunken.<br />

Innovative Technologien würden die Kosten<br />

nach seiner Einschätzung weiter sinken lassen.<br />

Prof. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts<br />

für Solarforschung im DLR, berichtete über<br />

ein E-Learning-Angebot seines Instituts für<br />

Ingenieure, Techniker und Studenten in der<br />

MENA-Region. Inhaltlich liege der Fokus auf<br />

Concentrated Solar Power (CSP).<br />

Ammar Al-Kadi, CEO der katarischen Al-<br />

Hamad Engineering W.L.L., präsentierte ein<br />

Projekt, das er in Saudi-Arabien verwirklicht<br />

hat. Dort werde jetzt eine Siedlung für 1.400<br />

Arbeiter ausschließlich mit Photovoltaik-<br />

Strom versorgt. Roland Roesch von der International<br />

Renewable Energy Agency (IRE-<br />

NA) in Abu Dhabi stellte seine Organisation<br />

und deren Aktivitäten in der MENA-Region<br />

vor. Er hob hervor, wie wichtig der Infrastrukturaustausch<br />

zwischen den Mitgliedsländern<br />

der IRENA sei.<br />

Workshop „Operational Excellence<br />

through Effective Training“<br />

Neben den sechs Sitzungen fand ein Workshop<br />

zum Thema „Operational Excellence<br />

through Effective Training” statt. Uwe Möller,<br />

Projektmanager bei der Kraftwerksschule<br />

(KWS) in Essen, präsentierte das Ausbildungsprogramm<br />

der KWS. Im Zeitraum<br />

Mitte 2012 bis Mitte <strong>2013</strong> habe die KWS 432<br />

Lehrgänge angeboten, davon 24 im Ausland.<br />

Auch die erneuerbaren Energien gehörten<br />

zum Curriculum.<br />

Dipl.-Ing. Wilhelm Stock, Manager der technischen<br />

Weiterbildungsabteilung bei der<br />

RWE Power AG, stellte das RWE-Aus- und<br />

Weiterbildungsprogramm vor. Bei der Ausbildung<br />

profitieren die Teilnehmer von der<br />

großen Expertise des Unternehmens bei dem<br />

Betrieb von Kraftwerken.<br />

Dipl.-Ing. Heiko Schierenbeck, Leiter der<br />

Internationalen Geschäftsentwicklung bei<br />

der STEAG Energy Services GmbH, gab einen<br />

Überblick über die Aus- und Weiterbildung<br />

bei der STEAG. Ein gut ausgebildetes<br />

und motiviertes Team im Betrieb und in der<br />

Standhaltung der Kraftwerke seien, so das<br />

Fazit von Schierenbeck, der Schlüssel zum<br />

Erfolg.<br />

13<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />

Frauen spielen eine immer größere Rolle in der Geschäftswelt in Deutschland und den arabischen Ländern<br />

Arab-German Women Leaders Forum<br />

Erstes arabisch-deutsches Frauenforum in Berlin<br />

Hunderte Geschäftsfrauen nehmen teil<br />

Eine sehr gute Ausbildung sowie die Unterstützung der Familie seien entscheidend für den beruflichen Erfolg. Darüber<br />

waren sich die arabischen und deutschen Geschäftsfrauen einig, die zu hunderten im Berliner Adlon Hotel zu einer<br />

mehrtägigen Business Konferenz zusammen kamen. Wie können Geschäftsfrauen aus unterschiedlichen Kulturen voneinander<br />

lernen und sich unterstützen? Lässt sich das vielfach gelobte deutsche duale Berufsausbildungssystem auch in der<br />

arabischen Welt dafür nutzen, Frauen in der Arbeitswelt zu stärken? Darum ging es unter anderem beim Arab-German<br />

Women Leaders Forum vom 22.-25. Oktober <strong>2013</strong> in Berlin.<br />

Die <strong>Ghorfa</strong> Arab-German<br />

Chamber of Commerce<br />

and Industry veranstaltete<br />

das Arab-German<br />

Women Leaders Forum<br />

„From Partnership<br />

to Inclusive Growth: Women in the Arab<br />

World, Germany and the International Community”<br />

vom 23.-25. Oktober <strong>2013</strong> im Hotel<br />

Adlon Kempinski in Berlin in Kooperation<br />

mit dem Arab International Women’s Forum<br />

und in Zusammenarbeit mit der Generalunion<br />

der arabischen Kammern (GUCCIACC).<br />

An der Veranstaltung nahmen ca. 200 hochrangige<br />

Vertreter aus Wirtschaft, Politik<br />

und Wissenschaft teil. Die hochkarätige<br />

Veranstaltung fand zum ersten Mal in Berlin<br />

statt und stand unter der Schirmherrschaft<br />

von Klaus Wowereit, Regierender<br />

Bürgermeister von Berlin.<br />

Opening Ceremony<br />

Olaf Hoffmann, Vize-Präsident der <strong>Ghorfa</strong><br />

Arab-German Chamber of Commerce and<br />

Industry, hob in der Eröffnungsrede sehr<br />

positiv hervor, dass das Event zum ersten<br />

Mal veranstaltet werde. 2007 habe die <strong>Ghorfa</strong><br />

erstmals eine Session auf dem Arabisch-<br />

Deutschen Wirtschaftsforum Business Frauen<br />

gewidmet. Besonders erfreut zeigte er sich<br />

über das starke Interesse auf arabischer Seite.<br />

So kamen mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen<br />

aus dem arabischen Raum.<br />

Haifa Fahoum Al Kaylani, Gründerin und<br />

Vorsitzende des Arab International Women’s<br />

Forums mit Sitz in London, betonte, die<br />

<strong>Ghorfa</strong> und das AIWF teilten das Interesse,<br />

die Beziehungen mit der arabischen Welt in<br />

den Bereichen Handel, Wirtschaft und Investition<br />

zu stärken und hob die Bedeutung des<br />

Arab-German Women Leaders Forum hervor.<br />

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />

Deutschland und der arabischen Welt würden<br />

von Jahr zu Jahr erstarken. Sie ging auf<br />

die hohe Bedeutung von Start-Up Unternehmen<br />

ein und rief dazu auf, Frauen in Start-<br />

Ups oder KMU zu unterstützen. Zwar gebe<br />

es zunehmend weibliche, arabische Unternehmerinnen,<br />

doch der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten<br />

bleibe eine Herausforderung.<br />

Ein Großteil des Unternehmertums<br />

finanziere sich derzeit noch durch private<br />

Mittel. In der Vergangenheit seien Frauen<br />

insbesondere im Dienstleistungsbereich oder<br />

Life Style tätig gewesen. Jedoch sei eine Tendenz<br />

zur Diversifizierung spürbar. Von Frauen<br />

geführte Unternehmen seien für Investoren<br />

sehr erfolgversprechend. Sie rief dazu<br />

auf, die hohe Bedeutung von arabischen Geschäftsfrauen<br />

anzuerkennen. Frau Al-Kaylani<br />

begrüßte Initiativen in Deutschland, um<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

14


Women leaders forum | Zusammenarbeit<br />

SOUQ<br />

das Unternehmertum von Frauen zu fördern,<br />

wie die „National Agency for Women Startups<br />

Activities and Services", die ein Vorbild<br />

für die arabische Welt seien. Mit ihren sehr<br />

guten Ausbildungen und der Unterstützung<br />

der arabischen Regierungen könnten arabische<br />

Frauen einen wertvollen Beitrag zu den<br />

Ökonomien ihrer Länder leisten.<br />

Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi,<br />

saudischer Botschafter in Berlin und<br />

Doyen des arabischen diplomatischen Korps<br />

in Deutschland, würdigte die Bedeutung<br />

arabischer Frauen in der Geschäftswelt und<br />

gab einen Überblick über die aktuelle Situation<br />

in der arabischen Welt. Die Quote der<br />

Arbeitnehmerinnen habe deutlich zugenommen,<br />

auf 16,8 Million im Jahr 2011 im Vergleich<br />

zu 11,2 Millionen im Jahr 2000. Auch<br />

die Vielfalt der ergriffenen Berufe von Frauen<br />

sei gestiegen. Algerien habe den höchsten<br />

Anteil von weiblichen Parlamentsmitgliedern,<br />

mit 32 Prozent der 462 Parlamentssitze.<br />

Frauen in Tunesien hätten 27 Prozent<br />

der 217 Mandate inne und im Königreich<br />

Saudi-Arabien 20 Prozent der 151 Sitze. 42<br />

Prozent der einflussreichsten Frauen seien<br />

Geschäftsfrauen. In Saudi-Arabien seien<br />

zwischen 20.000 und 40.000 der Unternehmen<br />

von Frauen geführt. Laut eines Reports<br />

von European Intelligence Unit seien 10<br />

Prozent der Immobilien in Frauenhand. 40<br />

Prozent der Familienunternehmen in dem<br />

Königreich gehörten Frauen. Ein Netzwerk<br />

für Geschäftsfrauen sei in vielerlei Hinsicht<br />

gewinnbringend, um etwa Erfahrungen auszutauschen,<br />

gegenseitige Geschäftsideen zu<br />

unterstützen und sich gemeinsam zu motivieren.<br />

Das Arab-German Leaders Forum sei<br />

ein Schritt in die richtige Richtung.<br />

Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie<br />

und Forschung in Berlin, begrüßte<br />

in ihrer Eröffnungsrede die Gäste im Namen<br />

der Berliner Regierung. Berlin, als das am<br />

stärksten wachsende Bundesland, biete hervorragende<br />

und attraktive Investitions- und<br />

Rahmenbedingungen für Geschäfte. Zahlreiche<br />

internationale Unternehmen hätten<br />

Dependancen in Berlin gegründet. 1,8 Milliarden<br />

Euro investiere Berlin zur Weiterentwicklung<br />

neuer Technologien. Im letzten Jahr<br />

seien 4.000 neue Unternehmen gegründet<br />

worden. Mit elf Universitäten und 70 Forschungseinrichtungen<br />

sei die Stadt auch ein<br />

ausgezeichneter Standort für Start-Ups. Der<br />

Unternehmergeist treibe die wirtschaftliche<br />

Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi<br />

Olaf Hoffmann<br />

Entwicklung Berlins voran. Die Senatorin<br />

begrüßte die facettenreichen Wirtschaftsbeziehungen<br />

zwischen Deutschland und der arabischen<br />

Welt. Sie hob besonders die Zusammenarbeit<br />

mit den Golfstaaten positiv hervor.<br />

Das Königreich Saudi-Arabien sei derzeit der<br />

viertwichtigste Abnehmer Berliner Produkte.<br />

Die Kooperation mit der arabischen Welt solle<br />

weiter ausgebaut werden, hierbei versprach<br />

die Senatorin ihre Unterstützung für arabische<br />

Investoren in Berlin. Durch die wirtschaftlichen<br />

Beziehungen mit den Golfstaaten<br />

habe sie bereits den vermehrten Einfluss arabischer<br />

Geschäftsfrauen gespürt. Das Arab-<br />

German Women Leaders Forum sei wichtig,<br />

um die noch bestehenden Herausforderungen<br />

anzugehen und die Beziehungen zwischen den<br />

Geschäftsfrauen weiter zu stärken.<br />

Session 1 „Addressing Inequality for<br />

a More Inclusive Society”<br />

An den beiden Haupttagen des Arab-German<br />

Women Leaders Forums fanden insgesamt<br />

Cornelia Yzer<br />

Haifa Fahoum Al Kaylani<br />

drei Sitzungen statt. In Session 1 wurde das<br />

Thema „Addressing Inequality for a More<br />

Inclusive Society” aufgegriffen.<br />

Dr. Gabi Kratochwil, Geschäftsführerin von<br />

Cross Cultures, moderierte die Session. Themen<br />

waren u.a. die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf, Work-Life Balance, Teilzeitarbeit-<br />

Modelle und die Nachfolgefrage bei Familienunternehmen.<br />

Die Referentinnen gaben<br />

dabei jeweils einen sehr persönlichen Einblick<br />

in ihren beruflichen Werdegang.<br />

Regine Sixt, Senior Executive Vice President<br />

von Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG,<br />

gab einen Überblick über die internationalen<br />

Geschäftstätigkeiten von Sixt, ihren persönlichen<br />

Werdegang und ging auf die Rollen<br />

von Frauen im Familienunternehmen Sixt<br />

ein. Von den 5.000 Angestellten seien 2.500<br />

in Deutschland tätig. 60 Prozent davon seien<br />

weiblich. Sixt lege Wert auf Weiterbildung,<br />

etwa in Form von Sprachkursen oder IT-Training.<br />

Corporate Social Responsibility (CSR)<br />

15<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />

serte Arbeitsbedingungen zur Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf.<br />

Die Sprecherinnen von Session 1 gaben einen persönlichen Einblick in ihren Werdegang<br />

Nach Einschätzung von Alia al Rifai, CFO bei<br />

Siemens LLC, bewege sich die die arabische<br />

Welt in die richtige Richtung hinsichtlich<br />

der Rolle von Frauen in der Geschäftswelt.<br />

Obwohl die Statistiken zeigten, dass die Zahl<br />

der weiblichen Arbeitnehmerinnen zunehmen<br />

würde, stelle sich die Frage, warum der<br />

Anteil im Senior Management immer noch<br />

relativ gering sei. Frau al Rifai ging auf die<br />

wichtige Bedeutung der Familie ein, die<br />

Frauen in ihrem Rollenverständnis prägen<br />

würden. Mit der richtigen Umgebung seien<br />

die Entwicklungsmöglichkeiten enorm. Ein<br />

Unternehmen biete die Plattform für Entwicklung,<br />

doch die Familie sei entscheidend<br />

für den beruflichen Werdegang. Sie spüre einen<br />

Wandel in den jüngeren Generationen,<br />

die zunehmend offener seien. Siemens engagiere<br />

sich unter anderem durch Trainings<br />

von Studenten und mehrjährige Programme<br />

für Hochschulabsolventen. Der Arbeitgeber<br />

könne Geschäftsfrauen fördern, indem sie die<br />

richtigen Arbeitsbedingungen zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Auf dem Forum wurden auch Herausforderungen für Frauen in der Arbeitswelt thematisiert<br />

sei ein fester Bestandteil der Unternehmenspolitik<br />

der Sixt-Gruppe. Die Förderung von Arbeitswelt, was sich beispielsweise an gleigewicht<br />

zwischen Männer und Frauen in der<br />

Aktivitäten für ein nachhaltiges und sozial chen Gehältern zeige. Vier Frauen seien derzeit<br />

ins bahrainische Parlament gewählt wor-<br />

verantwortliches Engagement durch das Unternehmen<br />

und seine Mitarbeiterinnen und den. Im Schura-Rat gebe es ca. zehn Frauen.<br />

Mitarbeiter entspreche dem Selbstverständnis<br />

sowie dem Leitbild und Wertesystem von manchen Ministerien wie dem Gesundheits-<br />

40 Prozent der Arbeitskräfte seien Frauen, in<br />

Sixt. Die Themen Energie und Umwelt sowie ministerium hielten sie die Mehrheit und 37<br />

ehrenamtliche Mitarbeit und Engagement Prozent der bahrainischen Frauen seien im<br />

im gemeinnützigen Bereich stünden dabei Finanzwesen angestellt. Frauen spielten damit<br />

eine wichtige Rolle für die bahrainische<br />

im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. Frau Sixt<br />

stellte hier die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung<br />

vor, die sich für die weltweite Verbesserausforderungen.<br />

Der Zugang von Frauen zu<br />

Wirtschaft. Trotzdem gebe es noch viele Herung<br />

der Lebensumstände von Kindern und den Sektoren Bauwesen, Fischerei oder Landwirtschaft<br />

sei noch sehr schwer. Über 70 Pro-<br />

Jugendlichen einsetze. Dabei engagierten sie<br />

sich national und international für die Bekämpfung<br />

von Armut und die Förderung von ternehmen seien noch zurückhaltend bei der<br />

zent der Arbeitslosen seien Frauen, die Un-<br />

Bildung.<br />

Anstellung von Frauen. 30 Prozent der Angestellten<br />

ihres Unternehmens seien Frauen.<br />

Mona Almoayyed, Managing Director von Sie würden unterstützt durch verschiedene<br />

YK Almoayyed & Sons, Bahrain, sprach über Förderprogramme, die ihnen den Zugang<br />

die Besonderheiten und die Gastfreundlichkeit<br />

Bahrains. In Bahrain gebe es ein Gleich-<br />

Herausforderung für Frauen blieben<br />

zum Management erleichtern sollten. Eine<br />

verbes-<br />

Souad Benkredda, Global Markets, Deutsche<br />

Bank, stellte drei Merkmale vor, die sie für<br />

wichtig erachte für Frauen in der Geschäftswelt.<br />

Authentizität sei wichtig, d.h. nicht<br />

Rollen zu imitieren oder nachzuahmen, sondern<br />

man selbst zu sein. Zweitens sei Leistung<br />

(Performance) wichtig. Sie rief dazu<br />

auf, sich auf die Stärken zu konzentrieren.<br />

Individualität sei dabei eine Stärke, keine<br />

Schwäche. Das dritte wichtige Merkmal sei,<br />

Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.<br />

Frau Benkredda ermutigte dazu, sich<br />

über die eigenen Prioritäten bewusst zu werden.<br />

Ihre Priorität sei die Familie gewesen,<br />

doch gleichzeitig sei sie ambitioniert gewesen,<br />

Familie und Beruf unter einen Hut zu<br />

bekommen. Eine Mutter zu sein oder einen<br />

Migrationshintergrund zu haben, sei bereichernd.<br />

Um beides erfolgreich zu bewältigen,<br />

seien eine gute Organisation sowie die Unterstützung<br />

der Familie notwendig.<br />

Dr. Afnan Al-Shuaiby, Secretary General &<br />

Chief Executive, Arab-British Chamber of<br />

Commerce, wies darauf hin, dass Bildung und<br />

die Unterstützung durch die Familie entscheidend<br />

für den beruflichen Erfolg seien und<br />

sprach über ihren beruflichen Werdegang.<br />

Sie gab zu bedenken, dass neben Bildung und<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

16


women leaders forum | Zusammenarbeit<br />

SOUQ<br />

Familie auch die Unterstützung des Landes<br />

wichtig sei. So sei sie von Saudi-Arabien für<br />

ihre jetzige Position nominiert worden. In<br />

dem Königreich seien 40 Prozent der Assets<br />

im Besitz von Frauen. Jedoch sei es wegen<br />

praktischer Fragen, wie etwa die richtigen Ansprechpersonen<br />

zu finden sind, oftmals noch<br />

eine große Herausforderung, Start-Ups zu<br />

lancieren.<br />

Session 2 „From School to Work“<br />

Session 2 widmete sich dem Thema „From<br />

School to Work: Arab Initiatives and how to<br />

Learn from the German Example”. Die Sitzung<br />

wurde von Cornelia Frettlöh moderiert,<br />

Senior Fachplanerin Afghanistan, Deutsche<br />

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.<br />

Neben der Unterstützung der Familie<br />

sei Bildung sehr wichtig, so Frau Frettlöh.<br />

Die duale Berufsausbildung sei hier eine sehr<br />

gute Möglichkeit, den Zugang zu Bildung zu<br />

erleichtern. Frau Frettlöh fasste die größten<br />

Herausforderungen in der Berufsausbildung<br />

zusammen. Unternehmen würden<br />

sich manchmal sorgen, wie die ausgebildeten<br />

Facharbeiter nach der Ausbildung gehalten<br />

werden könnten. Ein weiterer wichtiger Aspekt<br />

sei qualifiziertes Ausbildungspersonal<br />

für die duale Berufsausbildung zu finden.<br />

Nach wie vor hätte die theoretische akademische<br />

Ausbildung eine höhere Anerkennung<br />

als die praktische nicht-akademische Ausbildung.<br />

Die deutsche Berufsausbildung ließe<br />

sich nicht 1 zu 1 auf andere Länder übertragen.<br />

Viel eher gehe es darum, welche Lehren<br />

sich aus dem deutschen Beispiel ziehen<br />

lassen würden. Frau Frettlöh sprach sich für<br />

eine frühe Berufs- oder Karriereberatung an<br />

Schulen aus, um eine frühe Orientierung zu<br />

ermöglichen.<br />

Dr. Assia Bensalah Alaoui, Ambassador at<br />

Large of His Majesty Mohamed VI King of<br />

Morocco, begrüßte den Fortschritt in Marokko<br />

in der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Die vielen bereits umgesetzten Initiativen<br />

seien ermutigend. Derzeit seien sechs Ministerinnen<br />

in der Regierung. Im Privatsektor<br />

sei der Trend auch sehr positiv. Junge<br />

Absolventinnen mit einer internationalen<br />

Ausbildung wären auf dem Arbeitsmarkt<br />

vorhanden und würden auch zunehmend<br />

Leitende Positionen einnehmen. Der Wechsel<br />

zwischen Ausbildung und Berufseintritt<br />

sei sehr schwer. Dr. Alaoui sprach die große<br />

Herausforderung an, besonders in länd-<br />

Session 2 „From School to Work: Arab Initiatives and how to Learn from the German Example“<br />

Die Sessions luden zu einer angeregten Diskussion ein<br />

lichen Gebieten die Alphabetisierungsrate<br />

zu erhöhen. Ausbildung werde im Vergleich<br />

zur universitären Bildung immer noch<br />

als zweite Option angesehen. Sie wünsche<br />

sich, dass die Wahrnehmung der Ausbildung<br />

sich verbessere. Früher sei eine Lehre<br />

im Familienbetrieb gängig gewesen. Auch<br />

bei Führungspositionen stamme die größte<br />

Erfahrung aus der Familie. Die marokkanische<br />

Regierung unterstütze die Ausbildung<br />

von Mädchen stark. Marokko sei als Investitionsstandort<br />

sehr attraktiv, doch oftmals<br />

gebe es noch Schwierigkeiten ausreichend<br />

qualifiziertes Personal zu finden. Marokko<br />

habe viele Projekte und Initiativen, um<br />

Frauen zu fördern, wovon Dr. Alaoui die<br />

Birgit Thomann, Abteilungsleiterin Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung (BIBB), Abteilung<br />

„Internationalisierung der Berufsbildung/<br />

Wissensmanagement“, gab einen umfassenden<br />

Überblick über die spezifischen Charakteristika<br />

der deutschen dualen Berufsausbildung.<br />

Deutschland habe im Vergleich zu<br />

vielen anderen Ländern eine relativ geringe<br />

Arbeitslosenquote unter jungen Erwachsenen.<br />

Deshalb erfreue sich das deutsche<br />

Ausbildungssystem einer wachsenden Beliebtheit<br />

im Ausland und stoße vermehrt<br />

auf Interesse. Die Berufsausbildung genieße<br />

auch in Deutschland hohes Ansehen.<br />

Während in Deutschland nur 14,1 Prozent<br />

(Frauen) bzw. 17 Prozent (Männer) eine akademische<br />

wichtigsten vorstellte. Unternehmertum<br />

Ausbildung hätten, läge der Be-<br />

müsse aktiv gefördert werden. Eine Kooperation<br />

zwischen den Universitäten und der<br />

Industrie sei auch sehr wichtig. Dr. Alaoui<br />

warb dafür, stärker für Frauen Lobbyismus<br />

zu betreiben, das heißt, sich für sie einzusetzenrufsausbildungsanteil<br />

bei rund 50 Prozent.<br />

Das duale System kombiniere die praktische<br />

Ausbildung in einem Betrieb mit der theoretischen<br />

Ausbildung in der Berufsschule. Die<br />

Betriebe verstünden die Lehre als Investition<br />

in ihre zukünftigen Mitarbeiter, die einen<br />

17<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Zusammenarbeit | women leaders forum<br />

Zugewinn für das Unternehmen bedeuten<br />

würden. Hinsichtlich der Geschlechter sei die<br />

Zahl der weiblichen Auszubildenden seit den<br />

90er Jahren sehr stabil. Eine Diskrepanz sei<br />

bei der Berufswahl klar erkennbar. Bei 330<br />

Berufsausbildungsmöglichkeiten gebe es 10<br />

Berufe, die vorwiegend von Frauen gewählt<br />

würden. Bei männlichen Auszubildenden<br />

herrsche eine größere Diversität. Bei der Berufsausbildung<br />

sei der Schritt nicht von der<br />

Schule zur Arbeit, sondern von der Schule,<br />

zur Berufsausbildung und dann zur Arbeit.<br />

Der schwierigere Schritt sei von der Schule<br />

zur Ausbildung. Einmal in der Ausbildung,<br />

sei der Kontakt zur Arbeitswelt meistens<br />

etabliert und der Einstieg geschafft. Ein<br />

deutlicher Großteil der Ausgebildeten erhalte<br />

danach eine Anstellung als qualifiziertes<br />

Fachpersonal. Die Bindung, die während der<br />

mehrjährigen Ausbildung zwischen Auszubildendem<br />

und Ausbilder entstehe, sei nicht<br />

zu unterschätzen. Sie plädierte dafür, junge<br />

Absolventen beim Übergang von der Schule<br />

in die Lehre zu unterstützen.<br />

Dr. Astrid Ohl-Loff, Lehrbeauftragte Abteilung:<br />

Ökonomie, Pädagogische Hochschule<br />

Schwäbisch Gmünd, stellte Stärken und<br />

Schwächen der deutschen Berufsausbildung<br />

vor. Stärken seien die Verbindung zu Unternehmen,<br />

das hohe Maß an Bildung und spezialisierter<br />

Bildung und die geringe Arbeitslosenquote<br />

unter jungen Erwachsenen. Allerdings<br />

bestehe die Schwäche des Systems darin, dass<br />

viele der Unternehmen nur für ihre speziellen<br />

Anforderungen ausbilden würden und damit<br />

den Wechsel zu anderen Firmen erschwerten.<br />

Die Ausbildung sei nicht nur ein Übergang von<br />

der Schule zum Berufsleben, sondern auch eine<br />

Garantie für Jobsicherheit auf lange Sicht, da<br />

die jungen Menschen qualifiziert ausgebildet<br />

würden. Zudem würde durch dieses Programm<br />

eine Gleichstellung der Geschlechter gefördert,<br />

da Frauen neue berufliche Perspektiven<br />

eröffnet würden. Die Universität Ludwigsburg<br />

hätte jüngst einen neuen Arabisch-Deutschen<br />

Master eingeführt, welcher dem arabischen<br />

Management das Knowhow über das deutsche<br />

TVET-Programm zuführen solle.<br />

Session 3 „Women in SMEs“<br />

Session 3 „Women in SMEs“ wurde moderiert<br />

von Sana Bardawil, Regional Communications<br />

Manager, MENA, Shell EP International<br />

Upstream International Middle East.<br />

Frau Bardawil begrüßte die zahlreichen Initiativen<br />

zur Förderung arabischer Frauen in<br />

der Arbeitswelt.<br />

Dr. Astrid Nelke, Geschäftsführerin bei<br />

know:bodies, Gesellschaft für integrierte<br />

Kommunikation und Bildungsberatung<br />

mbH, betonte die Relevanz von klein- und<br />

mittelständischen Unternehmen (KMU) für<br />

die deutsche Wirtschaft. 2011 hätten 2 Mio.<br />

KMU 99.3 Prozent aller Unternehmen repräsentiert.<br />

In diesem Sektor wären mehr als<br />

die Hälfte aller deutschen Arbeitskräfte tätig<br />

(24,9 Mio.). 14.000 Firmen seien außerdem<br />

Mitglied im Deutschen Mittelstandsbund<br />

(DMB), dessen Aufgabe es sei für KMU einzutreten.<br />

Hier spielten Frauen eine wichtige<br />

Rolle. Wie Frau Nelke ausführte, sei für sie<br />

der Zugang zu Führungspositionen in großen<br />

Unternehmen immer noch äußerst schwierig.<br />

So warb sie für Netzwerk-Möglichkeiten,<br />

wie beispielsweise die „Vereinigung für<br />

Frauen im Management“, da Kontakte und<br />

gegenseitige Unterstützung neben erworbenen<br />

Kompetenzen wichtig seien.<br />

Session 3 bot einen Einblick in die Rolle von Frauen in KMU<br />

Pausen dienten dem Austausch<br />

Nelly Kostadinova, Mitglied im VdU-Bundesvorstand,<br />

gab einen umfassenden Überblick<br />

über die aktuelle Arbeitsmarktsituation<br />

deutscher Frauen. 28 Prozent der selbstständig<br />

beschäftigten Personen in Deutschland<br />

seien weiblich und 70 Prozent der Frauen<br />

seien derzeit in Beschäftigung. Frauen erhielten<br />

jedoch 22 Prozent geringeres Gehalt<br />

als Männer in vergleichbaren Positionen.<br />

Außerdem hätten die 30 DAX-Unternehmen<br />

nur wenige Frauen im Vorstand. Sie erklärte,<br />

je größer die Geschlechtergerechtigkeit<br />

in der Arbeitswelt sei, desto größer sei der<br />

wirtschaftliche Gewinn. Laut einer Studie<br />

von Goldman and Sachs könnten die USA<br />

neun Prozent mehr Gewinn einfahren, wäre<br />

die weibliche Arbeitsquote gleich der männlichen.<br />

Im Vergleich zum Jahr 2011 habe sich<br />

der Anteil der Frauen in Vorstandsgremien in<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

18


women leaders forum | Zusammenarbeit<br />

SOUQ<br />

Deutschland im Jahr <strong>2013</strong> auf sechs Prozent<br />

erhöht. Herausforderungen seien gleiches<br />

Gehalt bei gleicher Arbeit und die Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie. Frau Kostadinova<br />

sprach über ein dreijähriges Programm mit<br />

Beginn im Jahr 2010, finanziert durch den<br />

European Social Fund (ESF), um Frauen in<br />

Führungspositionen zu bringen.<br />

Dr. Ingy Rasekh, Managing Partner, Mena<br />

Associates in association with Amereller<br />

Rechtsanwälte, teilte ihre Erfahrungen<br />

mit über Geschlechtergerechtigkeit in<br />

der Arbeitswelt in Ägypten. Es gebe viele<br />

Hochschulabsolventen, die nach Abschluss<br />

Schwierigkeiten hätten, eine Anstellung zu<br />

finden. Hier würden sie mit gezielten Programmen<br />

zum erleichterten Arbeitsmarkteintritt<br />

ansetzen. KMU seien in Ägypten sehr<br />

wichtig für den Berufseintritt von Frauen.<br />

Sie leisteten einen entscheidenden Beitrag zu<br />

Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Mit Hilfe internationaler Unterstützung<br />

würden viele Projekte in Ägypten<br />

zur Unterstützung von KMU umgesetzt, wie<br />

z.B. die Etablierung von TVET-Schulen. Eine<br />

Herausforderung sei, die Mittel zielgerichtet<br />

an bedürftige Gruppen zu geben.<br />

Das Gala-Dinner zum Abschluss der Konferenz ermöglichte vertiefende Gespräche<br />

Najah Zuhair Osaily, Administrative & Financial<br />

Manager, Hebron, Palästina, sprach<br />

über die Lage der KMU in Palästina. Sie<br />

stellte die vielen Vorteile von KMU vor. Sie<br />

seien flexibel und könnten sich schnell an<br />

die Gegebenheiten des Marktes anpassen.<br />

In Palästina würde die Wirtschaft fast ausschließlich<br />

auf dem privaten Sektor basieren,<br />

der wiederum hauptsächlich aus Familienunternehmen<br />

bestehe. Es gäbe eine junge,<br />

motivierte, gut ausgebildete Generation an<br />

Frauen, die allerdings nur 16 Prozent der Arbeitskraft<br />

präsentiere. Sie appellierte an die<br />

anwesenden Zuhörerinnen mit gemeinsamen<br />

Anstrengungen eine Zukunft für die palästinensische<br />

Wirtschaft zu schaffen.<br />

Hanan Saab, Managing Director, Pharmamed,<br />

sprach über die wirtschaftlichen Herausforderungen<br />

der arabischen Welt. Sie teilte<br />

ihre Erfahrungen in Bezug auf instabile<br />

Wirtschaft mit und riet den Anwesenden flexibel<br />

auf Änderungen zu reagieren. Ziel solle<br />

es sein eine Plattform für Geschäftsfrauen zu<br />

etablieren, die ihnen Informationsaustausch<br />

und einen Netzwerk-Aufbau ermögliche.<br />

Außerdem sprach sie über die zukunftsorientierte<br />

Bedeutung von Vorbildern zur Motiva-<br />

Frauen in Deutschland und der arabischen Welt tauschten sich über Chancen und Herausforderungen aus<br />

tion, Unterstützung und Inspiration jüngerer und sie sähe ein großes Potenzial für weitere<br />

derartige Veranstaltungen. Besonders in<br />

Generationen und rief zur Zusammenarbeit<br />

zwischen Frauen auf.<br />

Zeiten der Umbrüche in der arabischen Welt<br />

habe der private Sektor mit seinen KMU<br />

Closing Session<br />

einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen<br />

Stabilität leisten können und sei somit unterstützenswert.<br />

Auch Dr. Kratochwil zeigte<br />

Dr. Kratochwil und Sana Bardawil, Regional<br />

Communications Manager, MENA, Shell sich angetan von der Vielfalt der angesprochenen<br />

Fortschritte, betonte aber auch Her-<br />

EP International Upstream International<br />

Middle East (UK), würdigten in der Closing ausforderungen, wie zum Beispiel familiäre<br />

Session die strategischen und akademischen Unterstützung, soziale Strukturen usw. Sie<br />

Erkenntnisse der einzelnen Vorträge. Frau hätte große Inspiration verspürt und auch<br />

Bardawil hob besonders die Expertise der großes Interesse an einem internationalen<br />

deutschen Sprecherinnen bzgl. des deutschen<br />

Berufsausbildungssystems hervor. Da schloss das Forum mit Danksagungen an die<br />

Austausch wahrgenommen. Frau Al Kaylani<br />

es auch in Deutschland Jahrhunderte gedauert<br />

habe, den heutigen Stand zu erreichen, den Gästen ab.<br />

<strong>Ghorfa</strong>, den Sprechern, Moderatoren und<br />

gäbe es auch in den arabischen Ländern<br />

noch einen langen Weg zu beschreiten, besonders<br />

um Gedankenstrukturen aufzubre-<br />

Gelegenheit für B2B Meetings. Für die ara-<br />

Neben den Sitzungen gab es ausreichend<br />

chen. Zudem wünsche sie sich, dass mehr bischen Teilnehmerinnen fand zusätzlich zu<br />

Platz für Frauen in der Wirtschaft geschaffen<br />

werde und sie dabei die Chance erhielten So standen ein Besuch des Bundestages, des<br />

den Sessions ein Rahmenprogramm statt.<br />

authentisch zu bleiben. Das Forum hätte die Filmparks Babelsberg sowie des Siemens Gasturbinenwerks<br />

auf dem Möglichkeit geboten, Brücken zu schlagen<br />

Programm.<br />

19<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

Branchen | Bildung<br />

Die arabischen Golfstaaten<br />

entdecken die Bildung als<br />

Rohstoff der Zukunft<br />

Gute Bildung entscheidet maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit von<br />

Staaten und die Zukunftschancen junger Menschen. Die GCC-Staaten haben<br />

das erkannt und investieren massiv in den Bildungssektor. Deutschen Anbietern<br />

eröffnen sich insbesondere in der Berufsausbildung hervorragende<br />

geschäftliche Chancen.<br />

men, wie die Tabelle zeigt, in der Primarstufe<br />

in Kuwait auf einen Lehrer nur 8,6 Schüler. In<br />

der Sekundarstufe liegt diese Relation sogar<br />

bei nur 7,8. Damit ist Kuwait im Vergleich zu<br />

den GCC-Staaten an der Spitze. Doch weisen<br />

auch die anderen Länder durchweg sehr<br />

günstige Relationen auf, legt man den globalen<br />

Durchschnitt von 24,2 (Primarstufe) bzw.<br />

17,3 (Sekundarstufe) zugrunde.<br />

Auch gemessen an der Alphabetisierungsrate<br />

können die arabischen Golfstaaten auf überdurchschnittlich<br />

gute Ergebnisse verweisen.<br />

Der Anteil der über 15-jährigen in der Region,<br />

die lesen können, liegt bei annähernd 90<br />

Prozent oder darüber. Der weltweite Durchschnitt<br />

beläuft sich der Weltbank zufolge auf<br />

89 Prozent.<br />

Zweifellos ist das Niveau der allgemeinbildenden<br />

Schulen in der Region beachtlich.<br />

Auch die Ausbildung an den Hochschulen<br />

gilt als gut. Defizite werden jedoch beim<br />

Übergang in das Berufsleben offenbart. So<br />

drängt Jahr für Jahr eine wachsende Zahl<br />

junger Menschen auf die Arbeitsmarkt, die<br />

lediglich einen Schulabschluss haben. Denn<br />

ein etabliertes Berufsausbildungssystem wie<br />

in Deutschland gibt es bislang allenfalls in<br />

Ansätzen.<br />

Training nach deutschen Standards wird geschätzt, hier durchgeführt vom Kunststoff-Zentrum SKZ<br />

Von Dr. Ralf Neubauer<br />

Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC)<br />

haben ihre <strong>Ausgabe</strong>n für die Bildung ihrer<br />

jungen Bevölkerungen in den vergangenen<br />

Jahrzehnten massiv ausgeweitet. In den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten (VAE) nahm<br />

der Anteil der Bildungsausgaben an den gesamten<br />

Staatsaugaben beispielsweise von<br />

10,4 Prozent im Jahr 1985 auf 25 Prozent im<br />

Jahr 2011 zu (siehe Tabelle).<br />

Ebenso imposant ist die <strong>Ausgabe</strong>nexpansion<br />

in Saudi-Arabien. Dort stieg der Anteil der<br />

Bildungsausgaben im selben Zeitraum von<br />

10,1 auf 19,3 Prozent und nahm seitdem weiter<br />

zu: Für das laufende Jahr sieht der saudische<br />

Haushalt Bildungsausgaben in Höhe von<br />

umgerechnet 54,5 Mrd. US-Dollar vor. Dies<br />

entspricht einem Anteil von 25 Prozent am<br />

gesamten Etat entspricht. Spitzenreiter bei<br />

diesem Indikator ist im Übrigen der Oman: In<br />

dem Sultanat entfallen mehr als 30 Prozent<br />

der Staatsausgaben auf den Bildungssektor.<br />

Die Bildungsoffensive, die in allen GCC-Staaten<br />

zu beobachten war, hat die Qualität der<br />

Schulbildung deutlich erhöht. Dies lässt sich<br />

unter anderem an der Relation von Schülern<br />

zu Lehrern festmachen. Beispielsweise kom-<br />

Es gäbe am Golf gravierende Probleme mit<br />

dem Qualifikationsniveau derjenigen jungen<br />

Menschen, die erstmals eine Beschäftigung<br />

aufnehmen wollen, stellt Mark Andrews von<br />

dem britischen Bildungsanbieter Pearson fest.<br />

Viele Schulabgänger, aber auch Universitätsabsolventen<br />

seien nicht in der Lage, ihr in<br />

vielen Jahren erworbenes Wissen am Arbeitsplatz<br />

anzuwenden. Zudem verfügten viele<br />

Hochschulabsolventen nicht über diejenigen<br />

Qualifikationen, die von den Arbeitgebern<br />

verlangt würden.<br />

Die Folgen sind bekannt. Vielen jungen Menschen<br />

bleibt nur der Gang in die Arbeitslosigkeit.<br />

Arbeitslosenquoten von 30 Prozent in<br />

der Gruppe der unter 30-jährigen sind in der<br />

Region keine Ausnahme. Andererseits wird<br />

händeringend nach qualifizierten Fachkräften<br />

gesucht. Sie müssen überwiegend im Ausland<br />

rekrutiert werden, obwohl es Ziel der Regierungen<br />

ist, zumindest die qualifizierten Arbeitsplätze<br />

mit einheimischen Fachkräften zu<br />

besetzen. In Saudi-Arabien wird eine „Saudisierung“<br />

des Arbeitsmarktes angestrebt, in den<br />

VAE eine „Emiratisierung“.<br />

Foto: Kunststoff-Zentrum SKZ<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

20


Bildung | Branchen<br />

SOUQ<br />

Doch die Regierungen steuern dagegen. Sie<br />

haben erkannt, dass gerade auch die Berufsbildung<br />

über die Wettbewerbsfähigkeit ihrer<br />

Volkswirtschaften und die Zukunftschancen<br />

ihrer jungen Bevölkerungen entscheidet. Exzellente<br />

berufliche Bildung ist als Rohstoff<br />

der Zukunft mindestens ebenso wichtig wie<br />

die reichen Vorkommen an Kohlenwasserstoffen<br />

(Öl und Gas).<br />

Foto: Technical Trainers College (TTC) Riyadh<br />

So wurde laut iMOVE, der Initiative des Bundesbildungsministeriums,<br />

in Saudi-Arabien<br />

bereits im ersten Fünf-Jahres-Entwicklungsplan<br />

im Jahr 1970 der beruflichen Bildung viel<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Als der Bedarf an<br />

qualifizierten Arbeitskräften zunahm, wurde<br />

1980 per königlichem Dekret die „General<br />

Organization for Technical Education and<br />

Vocational Training“ gegründet. Im Jahr 2007<br />

wurde die Institution in „Technical and Vocational<br />

Training Corporation“ (TVTC) umbenannt.<br />

Der Schwerpunkt der TVTC liegt heute auf<br />

generellen Trainings und On-the-Job-Schulungen.<br />

Zudem bezieht die Organisation die<br />

privaten Firmen ein, die von diesen Maßnahmen<br />

profitieren. Die TVTC fördert entsprechend<br />

auch Investitionen in diesem Sektor.<br />

Verschiedene private und staatliche Institutionen<br />

bilden aus.<br />

So gibt es so genannte Industrial Vocational<br />

Institutes. Dort dauert die Ausbildung bis<br />

zu drei Jahre. Am Ende steht ein Abschluss,<br />

der dem der „Secondary General School“<br />

gleichwertig ist. Außerdem gibt es Technical<br />

Studierende im Technical Trainers College (TTC) Riyadh arbeiten an einem Telekommunikationsnetzwerk<br />

Colleges, die in drei bis vier Jahren zu einem<br />

Diplom führen. In diesem Rahmen sind Spezialisierungen<br />

in Fächern wie Energietechnik,<br />

Mechanik, Chemie, Informations- und Kommunikationstechnik<br />

sowie Umwelt- und Agrotechnik<br />

möglich.<br />

Das bestehende Ausbildungssystem ist aber<br />

nicht so dimensioniert, dass es alle Schulabgänger<br />

aufnehmen kann, die nicht ein Studium<br />

an einer Hochschule beginnen. Aktuelle<br />

Zahlen liegen nicht vor, doch wurden laut<br />

TVTC im Fiskaljahr 2009 von 237.600 Bewerbern<br />

für öffentliche Programme nur 74.700<br />

– also etwa ein Drittel – angenommen. In<br />

privaten Programmen kamen zudem 88.000<br />

junge Menschen unter. Insgesamt wurden damit<br />

nur etwa die Hälfte aller Bewerber „versorgt“.<br />

Aus der Misere werden jetzt Konsequenzen<br />

gezogen. Wie die staatliche Institution „Colleges<br />

of Excellence“ (CoE) kürzlich angekündigte,<br />

soll die Kapazität der Berufsausbildung<br />

in dem Königreich in den kommenden zehn<br />

Jahren von 110.000 auf mehr als 400.000<br />

Auszubildende erweitert werden. Die tragende<br />

Rolle sollen dabei internationale Bildungsanbieter<br />

übernehmen. Sie sollen auf der Basis<br />

von Public Private Partnership (PPP) 26 Colleges<br />

aufbauen und diese unabhängig betreiben.<br />

Reguliert, finanziert und beaufsichtigt<br />

werden die Colleges von CoE. Diese Institution<br />

ist im gemeinschaftlichen Eigentum<br />

des Human Resources Development Fund<br />

(HRDF) und der TVTC.<br />

Es tut sich also etwas in der saudischen Berufsausbildung.<br />

Doch besteht auch in den<br />

Generalsekretär empfängt eine irakische Delegation<br />

Der Generalsekretär der <strong>Ghorfa</strong> Abdulaziz Al-Mikhlafi<br />

empfing am 08. Oktober <strong>2013</strong> eine Delegation des Zentrums<br />

für Irakstudien (CIS) der Friedrich-Alexander Universität<br />

Erlangen-Nürnberg. Die 17-köpfige Delegation<br />

wurde von Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir, Direktor des Zentrums<br />

für Irakstudien, geleitet. Die 17 Delegationsmitglieder<br />

nehmen derzeit an einem einmonatigen „Higher Education<br />

Faculty&Staff Training Program“ in Deutschland teil. Ziel<br />

des <strong>Ghorfa</strong>-Besuchs war ein Austausch über die deutscharabischen<br />

und insbesondere deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen.<br />

Zu den besprochenen Themen gehörten<br />

die Rolle Deutschlands in der europäischen Wirtschaft<br />

sowie die Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />

zwischen Deutschland und der arabischen Welt.<br />

21<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Branchen | Bildung<br />

anderen arabischen Golfstaaten großes Interesse<br />

an einem Auf- und Ausbau einer praxisorientierten<br />

beruflichen Ausbildung. Denn<br />

die Probleme sind überall ähnlich gelagert,<br />

wenngleich Saudi-Arabien der mit Abstand<br />

größte Bildungsmarkt am Golf ist.<br />

Für deutsche Branchenunternehmen eröffnet<br />

das potenziell gute geschäftliche Chancen.<br />

Zwar haben in den GCC-Staaten traditionell<br />

die angelsächsischen Anbieter mit ihrem<br />

Konzept des „Competence Based Trai-<br />

ning“ eine starke Markstellung, doch findet<br />

das erfolgreiche deutsche System der dualen<br />

Ausbildung zunehmend Beachtung. Nach<br />

Angaben des Instituts Technik und Bildung<br />

(ITB) der Universität Bremen unterstützt der<br />

Golfkooperationsrat auf Anregung des Sultanats<br />

Oman mittlerweile die Reform der Bildungssysteme<br />

in den Mitgliedsstaaten nach<br />

deutschem Vorbild.<br />

Das ITB ist bereits seit 2005 im Oman beratend<br />

tätig. Vor allem von der Einbindung der<br />

Wirtschaft in die Berufsausbildung sind die<br />

Omanis überzeugt: „Auch da schauen wir auf<br />

die reiche Erfahrung und die lange Geschichte<br />

des deutschen Systems. Es gewährleistet hohe<br />

Standards, eine hohe Ausbildungsqualität<br />

und Flexibilität. Es gilt als das beste der Welt<br />

und daran orientieren wir uns“, wird Said Alhadhrami,<br />

Bildungsexperte der omanischen<br />

Regierung, in einer ITB-Pressemitteilung zitiert.<br />

Bei der Markterschließung in den Golfstaaten<br />

sind solche Testimonials natürlich<br />

höchst hilfreich.<br />

Schüler-Lehrer-Relation<br />

Primarstufe<br />

Sekundarstufe<br />

der bildungssektor in den arabischen golfstaaten<br />

Ausgebildete<br />

ehrer in der<br />

Primarstufe<br />

(in %)<br />

Staatsausgaben für den Bildungssektor<br />

in % des BIP<br />

in % des Etats<br />

Alphabetisierung<br />

(älter als 15 Jahre<br />

in %)<br />

Bahrain 16,4 12,4 k.A. 2,9 11,7 91,9<br />

Katar 11,3 10,1 42,9 5,6 7,1 96,3<br />

Kuwait 8,6 7,8 77,6 3,8 12,9 93,9<br />

Oman 19,9 17,4 99,8 4,3 31,1 86,6<br />

Saudi-Arabien 11,0 11,3 91,5 5,6 19,3 86,6<br />

VAE 17,0 12,0 60,0 1,1 25,0 90,0<br />

Quelle: MEED<br />

*Zahlenangaben überwiegend für das Jahr 2011<br />

5 th Arab-German Education and Vocational Training Forum<br />

Die Bildung und Ausbildung ist für die arabische<br />

Welt ein Thema mit strategischer Bedeutung.<br />

Die Länder treiben die Modernisierung<br />

und Diversifizierung ihrer Volkswirtschaften<br />

mit Nachdruck voran. Erfolgreich kann diese<br />

Politik aber nur sein, wenn genügend qualifizierte<br />

Fachkräfte bereit stehen. Die Nachfrage<br />

nach Fachkräften übersteigt jedoch vielfach das<br />

Angebot. Gleichzeitig suchen in allen arabischen<br />

Ländern tausende junge Menschen nach<br />

einer Beschäftigung. Für sie müssen Arbeitsplätze<br />

gefunden werden. Dies wird nur möglich<br />

sein, wenn junge Leute über die erforderlichen<br />

Qualifikationen verfügen. Die arabischen<br />

Länder investieren daher massiv in die Bildung<br />

und Ausbildung ihrer jungen Bevölkerungen.<br />

Vor diesem Hintergrund findet am 20. und<br />

21. November <strong>2013</strong> das 5 th Arab-German<br />

Education and Vocational Training Forum in<br />

Berlin statt. Die <strong>Ghorfa</strong> richtet es erneut in<br />

Kooperation mit iMOVE, einer Initiative des<br />

Bundesbildungsministeriums zum Export von<br />

Bildungsdienstleistungen, und dem Didacta<br />

Verband der Bildungswirtschaft aus. Wie<br />

Teilnehmer des 4th Arab-German Education and Vocational Training Forums<br />

im Vorjahr werden nahezu 300 Experten aus<br />

Deutschland und der arabischen Welt erwartet.<br />

Deutsche Unternehmen und Institutionen<br />

aus dem Bereich der beruflichen Aus- und<br />

Weiterbildung, dem Hochschulbereich sowie<br />

Bildungsanbieter haben im Rahmen des Forums<br />

ausgiebig Gelegenheit, sich über Kooperationsmöglichkeiten<br />

mit den arabischen Ländern<br />

zu informieren und mit hochrangigen<br />

Persönlichkeiten und Experten aus der Region<br />

Kontakt aufzunehmen. Die Zusammenarbeit<br />

hat bereits in den vergangenen Jahren<br />

deutlich an Tempo gewonnen, denn deutsche<br />

Bildungsanbieter genießen in der arabischen<br />

Welt einen hervorragenden Ruf und sind vielfach<br />

ein bevorzugter Partner. „Für deutsche<br />

Bildungsanbieter, die in den arabischen Ländern<br />

Fuß fassen wollen, ist das Bildungsforum<br />

eine Pflichtveranstaltung“, sagt <strong>Ghorfa</strong>-Generalsekretär<br />

Abdulaziz Al-Mikhlafi.<br />

Foto: iMOVE<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

22


Infrastruktur | Branchen<br />

SOUQ<br />

Der Irak will in den kommenden Jahren massiv in<br />

Wohnungen und in die Infrastruktur investieren<br />

Die irakische Regierung investiert weiter massiv in den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Diversifizierung des<br />

Landes. In den nächsten fünf Jahren sollen 357 Mrd. US-Dollar ausgegeben werden. Das sieht der zweite „National<br />

Development Plan“ (NDP) vor.<br />

Foto: GAUFF Engineering<br />

Der Irak plant in den nächsten fünf Jahren Investitionen in Höhe von 357 Mrd. US-Dollar im Rahmen des zweiten „National Development Plans“<br />

Von Dr. Ralf Neubauer<br />

Der Irak ist bekanntlich eines der ressourcenreichsten<br />

Länder der Welt. Beim Erdöl<br />

belaufen sich die Vorkommen auf geschätzte<br />

143 Mrd. Barrel. Im Ranking der Staaten mit<br />

den höchsten Ölreserven belegt das Zweistromland<br />

damit laut World Factbook den<br />

fünften Platz, und die Produktion hat in der<br />

jüngeren Vergangenheit deutlich zugenommen.<br />

Im vergangenen Jahr wurden rund drei Mio.<br />

Barrel pro Tag gefördert, Ende dieses Jahres<br />

könnten es bereits rund 3,7 Mio. Barrel sein.<br />

Und für das Jahr 2017 ist eine Förderung<br />

von rund 9,5 Mio. Barrel geplant. Das sieht<br />

jedenfalls dem Magazin MEED zufolge der<br />

zweite „National Development Plan“ (NDP)<br />

vor, den die irakische Regierung jetzt verabschiedet<br />

hat.<br />

schäft rund 186 Mrd. US-Dollar erlösen.<br />

Zum Vergleich: In diesem Jahr werden voraussichtlich<br />

rund 90 Mrd. US-Dollar eingenommen.<br />

Die Exporterlöse sollen sich also<br />

mehr als verdoppeln.<br />

Auch wenn offen bleibt, ob diese ambitionierten<br />

Ziele tatsächlich erreicht werden, so<br />

ist doch eines offensichtlich: Das Ölgeschäft<br />

wird den <strong>Ausgabe</strong>nspielraum in den kommenden<br />

Jahren deutlich erweitern. Das ist<br />

auch nötig. Denn gemäß NDP sollen in den<br />

nächsten fünf Jahren für die Infrastruktur<br />

und andere Bauprojekte 357 Mrd. US-Dollar<br />

ausgegeben werden. Das verkündete Mitte<br />

September Planungsminister Ali Yousuf Al-<br />

Shukri in Bagdad.<br />

Tatsächlich erfordern der Wiederaufbau und<br />

die wirtschaftliche Diversifizierung des Landes<br />

weiterhin hohe Investitionen. Überall ist<br />

der Nachholbedarf groß, was für ausländische<br />

Unternehmen potenziell gute geschäft-<br />

Die Rohölausfuhren und -exporte sollen<br />

demnach ebenfalls erheblich expandieren.<br />

Im Jahr 2017 will die Regierung im Ölgeliche<br />

Chancen eröffnet. Ein Dauerthema ist<br />

beispielsweise der Wohnungsbau.<br />

Die Wohnungsnot ist im Irak groß. Bis zum<br />

Jahr 2016 müssen 2,5 Mio. Wohneinheiten<br />

geschaffen werden, um die größte Not zu<br />

lindern. Allein im Großraum Bagdad werden<br />

750.000 Wohnungen benötigt. Die Ursachen<br />

der Misere liegen auf der Hand und sind<br />

keineswegs allein in den Zerstörungen von<br />

Gebäuden zu sehen. Einem Branchenbericht<br />

der Wirtschaftsplattform Irak (WPI) zufolge<br />

wurden zu Zeiten des alten Regimes die<br />

bauliche Infrastruktur und die Bausubstanz<br />

jahrzehntelang vernachlässigt. Zugleich verschärfte<br />

die zunehmende Urbanisierung die<br />

Wohnungsnot in den Städten. Vor allem hält<br />

die Bautätigkeit im Irak nicht Schritt mit<br />

dem Bevölkerungswachstum.<br />

Wie viele der benötigten Wohnungen bereits<br />

fertiggestellt bzw. im Bau sind, ist nicht bekannt.<br />

Klar ist jedoch, dass es immer wieder<br />

23<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Branchen | Infrastruktur<br />

zu Verzögerungen kommt und dass gerade<br />

im irakischen Wohnungsbausektor ausländische<br />

Firmen gefragt sind, weil es kaum<br />

lokale Entwickler gibt, die große Vorhaben<br />

verwirklichen können.<br />

Dabei sind Immobilienprojekte im Irak mit<br />

großen Herausforderungen verbunden. Der<br />

Bau der Häuser ist nur ein Aspekt. Darüber<br />

hinaus benötigen die Wohngebiete neue<br />

Infrastrukturen und neue Versorgungseinrichtungen.<br />

Dazu gehören Strom, Wasser,<br />

Abwasser und anderes mehr. Und bevor<br />

überhaupt mit dem Bau begonnen werden<br />

kann, müssen häufig erst einmal Straßen<br />

angelegt werden. Auch verlangen die Immobilienentwickler<br />

nach Sicherheiten, bevor sie<br />

investieren.<br />

Welche Dimensionen Immobilienprojekte<br />

im Irak haben, verdeutlicht ein Vorhaben,<br />

das die Firmen Bloom Properties (Abu<br />

Dhabi) und Al-Handal International Group<br />

(Dubai) verwirklichen werden. Hierüber<br />

unterzeichneten die beiden emiratischen<br />

Unternehmen im vergangenen September<br />

einen Vertrag mit der National Investment<br />

Commission (NIC), die der wohl wichtigste<br />

Akteur im irakischen Wohnungsbau ist.<br />

Das Projekt namens Madinat Al-Mustaqbal<br />

(„Stadt der Zukunft“) wird 14,5 Kilometer<br />

entfernt von der Innenstadt Bagdads entstehen<br />

und insgesamt 30.000 Wohnungen<br />

haben, in denen etwa 150.000 Menschen<br />

wohnen können. Laut Planung sollen zudem<br />

fünf Einkaufszentren und 18 Schulen gebaut<br />

werden. Verwirklicht wird das Vorhaben in<br />

mehreren Abschnitten. Insgesamt veranschlagen<br />

die Immobilienentwickler die Bauzeit<br />

auf sieben Jahre.<br />

Der Wert des Auftrages beläuft sich auf 6,5<br />

Mrd. US-Dollar und ist auf die beiden Unternehmen<br />

zu gleichen Teilen aufgeteilt.<br />

Bereits im vergangenen März hatte Bloom<br />

Properties mit der NIC einen Kontrakt für<br />

ein noch größeres Vorhaben in Kerbela geschlossen.<br />

Das Projekt beinhaltet den Bau<br />

von 40.000 Wohnungen für 200.000 bis<br />

250.000 Menschen.<br />

In engem Zusammenhang mit dem Wohnungsbau<br />

stehen große Infrastrukturprojekte.<br />

So gab Adil Mhoder, Minister für<br />

„Municipalities and Public Works“, Agenturberichten<br />

zufolge jetzt bekannt, dass in<br />

dem Land 50 Wasser- und Abwasserprojekte<br />

im Wert von 4,5 Mrd. US-Dollar realisiert<br />

werden sollen. Die Planungsphase soll Ende<br />

<strong>2013</strong> abgeschlossen sein. Im kommenden<br />

Jahr sollen die Vorhaben dann ausgeschrieben<br />

werden. Um die Projekte zu beschleunigen,<br />

habe die Regierung die bürokratischen<br />

Prozeduren reduziert, sagte Mhoder. Auch<br />

kämen die Projektentwickler in den Genuss<br />

von Garantien.<br />

Gegenwärtig steuert das Ministerium Mhoders<br />

etwa 50 Infrastrukturprojekte. Die<br />

meisten davon werden von Unternehmen<br />

aus Asien und dem Mittleren Osten verwirklicht.<br />

Diese seien risikobereiter als westliche<br />

Firmen. Vor allem stammen die Auftragnehmer<br />

aus China, der Türkei, Indien, Malaysia<br />

und den Vereinigten Arabischen Emiraten<br />

(VAE).<br />

Investitionen in<br />

Straßen und Brücken<br />

Auch in den Neubau und in die Erhaltung<br />

von Straßen und Brücken wird investiert.<br />

So sind derzeit neue Autobahnen auf einer<br />

Länge von 800 km in der Planung oder Umsetzung<br />

(siehe Tabelle). Die Kosten hierfür<br />

belaufen sich auf 3,8 Mrd. US-Dollar. Zudem<br />

werden in beträchtlichem Umfang neue<br />

Straßen (4.510 km) und 97 neue Brücken geplant<br />

oder sind bereits gebaut.<br />

Den tatsächlichen Bedarf im Bereich der<br />

Straßenverkehrsinfrastruktur spiegeln die<br />

Angaben in der Tabelle jedoch nur unzureichend<br />

wider. Nach Angaben von Mohammed<br />

Al-Daraji, Minister für Construction and<br />

Housing, müssen in dem Zweistromland insgesamt<br />

500 neue Brücken errichtet werden.<br />

Zugleich schätzt er die Länge der benötigten<br />

neuen Straßen auf 7.000 km. „Das alte Regime<br />

hat die gesamten Mittel für das Militär<br />

ausgegeben. Deswegen ist die Infrastruktur<br />

heute unterentwickelt“, sagte Al-Daraji der<br />

Nachrichtenagentur Reuters.<br />

Insgesamt verfügt der Irak derzeit über ein<br />

asphaltiertes Straßennetz mit einer Länge<br />

von schätzungsweise 59.600 km. Zum Vergleich:<br />

In Deutschland ist das Straßennetz<br />

etwa 645.000 km lang. Zudem gibt es im Irak<br />

etwa 1.200 Brücken.<br />

Die Infrastruktur Bagdads soll in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden<br />

Foto: GAUFF Engineering<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

24


Infrastruktur | Branchen<br />

SOUQ<br />

Foto: Dorsch Holding GmbH<br />

Modell der Al-Graia`at Bridge in Bagdad<br />

Auch im irakischen Straßen- und Brückenbau<br />

sind ausländische Unternehmen engagiert.<br />

So wurde die Offenbacher Dorsch-<br />

Gruppe, größte unabhängige Planungsfirma<br />

in Deutschland, jetzt mit der Planung der<br />

„Al-Graia`at Bridge“ beauftragt. Dieses<br />

Bauwerk mit einer anspruchsvollen und futuristischen<br />

Architektur wird in Bagdad den<br />

Tigris queren. Veranschlagt sind für das Projekt<br />

Baukosten in Höhe von 125 Mio. US-<br />

Dollar. Gemeinsame Auftraggeber sind das<br />

Ministry of Construction and Housing und<br />

die State Corporation for Roads & Bridges.<br />

Das Schienennetz im Irak soll ebenfalls<br />

deutlich ausgebaut werden. Es ist geplant,<br />

den derzeitigen Umfang (etwa 2.000 Kilometer)<br />

auf 10.000 Kilometer zu verfünffachen.<br />

Hierzu sind zahlreiche Projekte<br />

vorgesehen. Unter anderem soll für sieben<br />

Mrd. US-Dollar eine 555 Kilometer<br />

lange Strecke gebaut werden, die Bagdad,<br />

Baqubah, Kirkuk, Erbil und Mosul verbinden<br />

wird. Zudem ist eine Verbindung für<br />

gut sechs Mrd. US-Dollar zwischen Bagdad,<br />

Kut, Amara und Basra geplant. Alle neuen<br />

Linien sollen zweispurig ausgelegt sein, um<br />

Personen- und Frachtverkehr gleichermaßen<br />

zu ermöglichen. In Bagdad soll eine 3,3<br />

Mrd. teure Metro mit zwei Linien geschaffen<br />

werden.<br />

Zur Entwicklung des irakischen Flugverkehrs<br />

hat die französische Beratungsfirma<br />

Aeroports de Paris Ingenierie (ADPI) eine<br />

Studie erstellt. Danach könnte das Land im<br />

Jahr 2020 14,7 Mio. Fluggäste verzeichnen.<br />

Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden auf<br />

den irakischen Airports 1,7 Mio. Passagiere<br />

abgefertigt. Um den erwarteten Ansturm an<br />

Fluggästen zu bewältigen, müssten die Kapazitäten<br />

auf den internationalen Airports<br />

in Bagdad, Erbil, Nadschaf, Basra, Mosul<br />

und Sulaimaniyya erweitert werden.<br />

Aktuell ist der neue „Middle East Euphrates<br />

Airport“ in Kerbela in der Ausschreibung.<br />

Im Juli forderte das irakische Transportministerium<br />

die Unternehmen dazu auf, ihre<br />

Angebote für den Bau abzugeben. Der Flughafen<br />

soll in der ersten Ausbaustufe eine<br />

Kapazität von jährlich sechs Mio. Fluggästen<br />

haben. Viele davon werden Pilger sein,<br />

die Kerbela und Nadschaf besuchen.<br />

Größtes Projekt im Bereich Seaports ist<br />

der für sechs Mrd. US-Dollar in Al Faw<br />

am Schatt Al-Arab geplante Hafen. Dieses<br />

Projekt wird von der General Company for<br />

Ports of Iraq, die zum Transportministerium<br />

zählt, vorangetrieben. Der Hafen mit<br />

einer Wassertiefe von 17 Metern und einem<br />

sieben Kilometer langem Kai wird die weltgrößten<br />

Schiffe abfertigen können und soll<br />

an das Schienennetz des Landes angebunden<br />

werden.<br />

Straßen- und Brückenprojekte im Irak*<br />

Dimension Umfang Auftragswert (Mio. US-Dollar)<br />

Neue Autobahnen KM 800 3.800<br />

Erhaltung von Autobahnen KM 1.200 1.065<br />

Neue Straße KM 4.510 2.060<br />

Erhaltung von Straßen KM 1.600 400<br />

Neue Brücken Anzahl 97 1.100<br />

Erhaltung von Brücken Anzahl 20 100<br />

Quelle: MEED März <strong>2013</strong><br />

*In der Planung oder Durchführung<br />

25<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Branchen | Agrarwirtschaft<br />

Die arabischen Golfstaaten sind auch bei<br />

Nahrungsmitteln ein interessanter Markt<br />

In den GCC-Staaten wächst die Nachfrage nach Lebensmitteln rasant. Da das landwirtschaftliche Potenzial der<br />

Länder begrenzt ist, sind sie in wachsendem Maße auf Importe angewiesen. Für deutsche Anbieter eröffnen sich<br />

geschäftliche Chancen.<br />

le Nahrungsmittelkrise der Jahre 2007 und<br />

2008 deutlich gezeigt. Damals explodierten<br />

die Preise. Zugleich schränkten die großen<br />

Erzeugerländer Indien, China und Russland<br />

ihre Exporte ein, um die Ernährung ihrer Bevölkerungen<br />

zu sichern.<br />

In den neunziger Jahren war Saudi-Arabien sogar der sechstgrößte Weizenexporteur der Welt<br />

Von Dr. Ralf Neubauer<br />

Der ausgesprochene Wassermangel und wenig<br />

fruchtbare Böden setzen der Landwirtschaft<br />

in den Staaten des Golfkooperationsrates<br />

(GCC) eigentlich enge natürliche Grenzen.<br />

Um ihre wachsenden Bevölkerungen zu ernähren,<br />

haben einige Länder in der Vergangenheit<br />

trotzdem massiv in den Agrarsektor<br />

investiert – allen voran Saudi-Arabien.<br />

Das Königreich förderte die heimische Landwirtschaft<br />

in den siebziger und achtziger Jahren<br />

im großen Stil. Ziel war die Selbstversorgung<br />

mit Nahrungsmitteln. Der Staat stellte<br />

preiswertes Wasser bereit und subventionierte<br />

auch die Preise für Agrarprodukte – mit<br />

Erfolg. In den neunziger Jahren war Saudi-<br />

Arabien sogar der sechstgrößte Weizenexporteur<br />

der Welt.<br />

Ein Umdenken bewirkten Berichte über ein<br />

drastisches Schrumpfen der fossilen Wasservorräte.<br />

Im März 2008 kündigte die Regierung<br />

in Riad an, aus der Weizenproduktion aussteigen<br />

zu wollen. Die knappen Wasserressourcen<br />

sollten vor allem für Produkte mit höherer<br />

Wertschöpfung wie Obst und Gemüse eingesetzt<br />

werden. Zugleich war es das Ziel, durch<br />

mehr Gewächshäuser und Tropfbewässerung<br />

den Wasserverbrauch einzuschränken.<br />

Nahrungsmittelsicherheit<br />

steht oben auf der Agenda<br />

Die mit Getreide bestellte Fläche halbierte<br />

sich von 603.000 Hektar im Jahr 2006 auf<br />

288.000 Hektar im Jahr 2010. Zugleich nahm<br />

die Getreideproduktion von 2,6 Mio. Tonnen<br />

auf 1,3 Mio. Tonnen ab. Letzten Beschlüssen<br />

zufolge soll die Erzeugung von Weizen im<br />

Jahr 2016 endgültig auslaufen. Die Regierung<br />

habe eine mutige Entscheidung getroffen,<br />

indem sie dem Wasser Vorrang vor dem<br />

Nahrungsmittelsektor gegeben habe, sagte<br />

Landwirtschaftsminister Dr. Fahd bin Abdulrahman<br />

Balghanaim in einem Interview.<br />

Tatsächlich birgt eine hohe Importabhängigkeit<br />

gewisse Risiken. Das hat die globa-<br />

Doch sind die damaligen Ereignisse natürlich<br />

auch in Riad bekannt – und die saudi-arabische<br />

Regierung handelte unmittelbar. Mit<br />

staatlicher Unterstützung werden seit geraumer<br />

Zeit im Ausland Agrarflächen akquiriert,<br />

um dort Feldfrüchte anzubauen und Vieh zu<br />

züchten. Laut Oxford Business Group (OBG)<br />

wurde die neue Politik im Jahr 2008 unter dem<br />

Titel „King Abullah Initiative for Saudi Agricultural<br />

Investment Abroad“ implementiert.<br />

Im Fokus stehen danach neun strategische<br />

Produkte: Reis, Weizen, Futtergerste, Mais,<br />

Sojabohnenmehl, Ölsaaten, Zucker, Vieh und<br />

Geflügelfleisch.<br />

Ziel des Programmes ist es, strategische<br />

Reserven von Grundnahrungsprodukten<br />

aufzubauen, um so gegen die Volatilität der<br />

internationalen Märkte geschützt zu sein.<br />

Wie die Oxford Business Group unter Berufung<br />

auf offizielle Quellen berichtet, sollen<br />

bis September 2012 insgesamt gut zehn<br />

Mrd. US-Dollar in entsprechende Projekte<br />

gesteckt worden sein. Unter anderem wurde<br />

demnach in der Ukraine, in Brasilien, in<br />

Argentinien, in Kanada und im Sudan investiert.<br />

Das Thema Nahrungsmittelsicherheit ist<br />

also ganz oben auf die wirtschaftspolitische<br />

Agenda Saudi-Arabiens gerückt – wie in den<br />

anderen arabischen Golfstaaten auch. So engagieren<br />

sich die Vereinigten Arabischen<br />

Emirate (VAE) ebenfalls in der ausländischen<br />

Landwirtschaft. Alle GCC-Staaten stehen vor<br />

der Herausforderung, eine wachsende Nahrungsmittelnachfrage<br />

zu befriedigen. Eine<br />

Vorstellung von den Dimensionen lieferte<br />

im vergangenen März eine Studie der Investmentbank<br />

Alpen Capital.<br />

Foto: Landei Kibo<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

26


Agrarwirtschaft | Branchen<br />

SOUQ<br />

Erwartet wird, dass die Nahrungsmittelnachfrage<br />

in den GCC-Staaten im Zeitraum 2012<br />

bis 2017 jährlich um durchschnittlich 3,1 Prozent<br />

wachsen und 2017 ein Niveau von 49,1<br />

Mio. Tonnen erreichen wird. Zum Vergleich:<br />

Im Jahr 2004 belief sich der Nahrungsmittelverbrauch<br />

in der Region auf 31,2 Mio. Tonnen<br />

und im Jahr 2010 auf 38,8 Mio. Tonnen.<br />

Foto: brongaeh<br />

Für die künftige Entwicklung nennt die Studie<br />

im Wesentlichen drei Bestimmungsgründe.<br />

Zum einen werden die Einkommen in der<br />

Region deutlich zunehmen. Das Bruttoinlandsprodukt<br />

pro Kopf steigt voraussichtlich<br />

von gut 27.000 US-Dollar (2010) auf rund<br />

37.000 US-Dollar.<br />

Saudi-Arabien weist unter den GCC-Ländern den höchsten Selbstversorgungsgrad bei Lebensmitteln auf<br />

Zugleich wird die Zahl der Einwohner in den<br />

Golfstaaten erheblich expandieren – und zwar<br />

von 41,7 Mio. (2010) auf 49,9 Mio. Menschen<br />

(2017). Getrieben wird die Nahrungsmittelnachfrage<br />

zudem von der wachsenden Zahl<br />

ausländischer Touristen. Auch ist der Nahrungsmittelverbrauch<br />

in der Region pro Kopf<br />

derzeit noch deutlich geringer als in den entwickelten<br />

Ländern, und es wird vorausgesagt,<br />

dass sich die Verhältnisse zunehmend angleichen.<br />

Mit Abstand größter Verbraucher von Nahrungsmitteln<br />

in den Golfstaaten ist Saudi-<br />

Arabien mit einem Anteil am Gesamtverbrauch<br />

von 62 Prozent (2010). Es folgen die<br />

Vereinigten Arabischen Emirate (20 Prozent),<br />

Oman (7,1 Prozent), Kuwait (5,9 Prozent),<br />

Katar (3,7 Prozent) und Bahrain (1,3 Prozent).<br />

Der höchste Pro-Kopf-Verbrauch wird<br />

in den VAE registriert, was in erster Linie<br />

darauf zurückzuführen ist, dass das Land die<br />

meisten ausländischen Besucher in den GCC-<br />

Staaten aufweist.<br />

Saudi-Arabien ist indes auch bei der Nahrungsmittelproduktion<br />

im Vergleich der<br />

Golfstaaten mit weitem Vorsprung führend.<br />

Im Jahr 2010 belief sich die Erzeugung auf<br />

rund 8,4 Mio. Tonnen (siehe Tabelle). Der<br />

Anteil an der gesamten GCC-Nahrungsmittelproduktion<br />

lag damit bei 74 Prozent.<br />

Zugleich wies das Königreich mit 34,9 Prozent<br />

im Jahr 2010 den höchsten Selbstversorgungsgrad<br />

bei Lebensmitteln auf – mit beachtlichen<br />

Werten bei einzelnen Produktgruppen:<br />

Gemüse (72,8 Prozent), Obst (46,8 Prozent),<br />

Milch (54,6 Prozent) und Fleisch (60,4 Prozent).<br />

Dagegen lag der saudische Selbstversorgungsgrad<br />

bei Getreide der Studie zufolge<br />

im Jahr 2010 bei lediglich 11,6 Prozent.<br />

Obwohl Saudi-Arabien in bedeutendem<br />

Umfang Nahrungsmittel produziert, ist der<br />

bevölkerungsreichste GCC-Staat gleichzeitig<br />

der größte Nahrungsmittelimporteur in<br />

der Region. Im Jahr 2011 entfielen 63 Prozent<br />

der GCC-Nahrungsmitteleinfuhren auf<br />

das Königreich. Allerdings ist nicht bekannt,<br />

in welchem Umfang diese Importe aus<br />

den saudischen Produktionen im Ausland<br />

stammten.<br />

Einer Studie der Economist Intelligence Unit<br />

(EIU) zufolge werden die Nahrungsmittelimporte<br />

der GCC-Staaten im Zeitraum 2011<br />

bis 2020 durchschnittlich um acht Prozent<br />

expandieren. Wertmäßig werden sie von 27,5<br />

Mrd. US-Dollar (2011) auf 53,1 Mrd. US-<br />

Dollar (2020) zunehmen und sich damit fast<br />

verdoppeln.<br />

Für ausländische Anbieter von Nahrungsmitteln<br />

eröffnen sich vor diesem Hintergrund<br />

exzellente geschäftliche Chancen. Das<br />

gilt indes auch für Anbieter von Vorerzeugnissen<br />

und von Maschinen für die Agroindustrie.<br />

Denn diese Branche wächst in den<br />

GCC-Staaten – vor allem in Saudi-Arabien –<br />

ebenfalls.<br />

2002 2004 2006 2008 2010<br />

Selbstversorgungsgrad<br />

im<br />

Jahr 2010<br />

Bahrain 0,049 0,041 0,054 0,047 0,050 9,7 %<br />

Katar 0,095 0,086 0,085 0,094 0,104 7,2 %<br />

Kuwait 0,310 0,350 0,380 0,390 0,500 22,2 %<br />

Oman 0,640 0,670 0,630 0,690 0,910 32,8 %<br />

VAE 1,367 1,399 1,152 1,239 1,371 17,7 %<br />

Saudi-Arabien 7,100 8,300 8,600 8,500 8,400 34,9 %<br />

Quelle: Alpen Capital Mai <strong>2013</strong><br />

Nahrungsmittelproduktion in den GCC-Staaten 2002 bis 2010 (Mio. Tonnen)<br />

27<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Länderreport | Ägypten<br />

Das ägyptische Konjunkturprogramm beinhaltet ein Investitionsvolumen in Höhe von umgerechnet 3,2 Mrd. US-Dollar<br />

Die wirtschaftlichen Aussichten<br />

bleiben in Ägypten mittel- und<br />

langfristig gut<br />

Von Dr. Ralf Neubauer<br />

Die politischen Umwälzungen können nichts daran ändern: Die wirtschaftlichen<br />

Perspektiven bleiben in Ägypten mittel- und langfristig gut.<br />

Hohe Wachstumsraten wie vor der „Lotusblütenrevolution“<br />

hat die ägyptische<br />

Volkswirtschaft jüngst nicht mehr erreicht.<br />

Immerhin aber nahm das reale Bruttoinlandsprodukt<br />

in den Jahren 2011 und 2012<br />

um 1,8 und 2,2 Prozent zu, und auch für<br />

dieses Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds<br />

(IWF) einen BIP-Zuwachs von<br />

1,8 Prozent (siehe Tabelle).<br />

Im Jahr 2014 soll die Wirtschaft dann schon<br />

wieder um 2,8 Prozent wachsen, und in<br />

seiner Langfristprognose für das Jahr 2018<br />

rechnet der IWF mit einem Wachstum von<br />

vier Prozent. Tatsächlich bleiben wirtschaftliche<br />

Perspektiven – politische Stabilität vorausgesetzt<br />

– mittel- und langfristig intakt.<br />

Auch Wachstumsraten von fünf Prozent<br />

oder mehr scheinen über kurz oder lang wieder<br />

möglich. Schließlich hat das Land am Nil<br />

nicht seine wirtschaftlichen Standortvorteile<br />

eingebüßt.<br />

Auch kurzfristig sei die ägyptische Übergangsregierung<br />

unter Premierminister Hazem<br />

Al Beblawi um eine wirtschaftliche<br />

Perspektive bemüht, heißt es in einer aktuellen<br />

Analyse von Germany Trade & Invest<br />

(GTAI). Mit einem Konjunkturprogramm,<br />

das sich aus Zuschüssen befreundeter arabischer<br />

Länder speist, soll der Volkswirtschaft<br />

in den acht kommenden Monaten auf die<br />

Sprünge geholfen werden.<br />

Das Programm räumt den Angaben zufolge<br />

solchen Projekten Priorität ein, die zum<br />

Abschluss einer zusätzlichen Finanzspritze<br />

bedürfen. Vor allem arbeitsintensive Vorhaben<br />

sollen so angestoßen werden, um die<br />

Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Insgesamt<br />

beinhaltet das Programm ein Investitionsvolumen<br />

in Höhe von umgerechnet 3,2 Mrd.<br />

US-Dollar. Das gesamte staatliche Investitionsbudget<br />

wird somit auf 20 Mrd. US-Dollar<br />

aufgestockt.<br />

Investiert werden soll insbesondere in Straßen<br />

und Brücken sowie in den Eisenbahnsektor.<br />

Zudem soll die Metro in Kairo ausgebaut<br />

und die Verkehrsinfrastruktur weiter<br />

verbessert werden. Das Programm für Straßen<br />

und Brücken sieht die Fertigstellung von<br />

17 Projekten unter anderem in Luxor, Beni<br />

Suef, Minya und Arish vor.<br />

Etwa 550 Bahnübergänge sollen durch elektronische<br />

Bahnschranken, Beleuchtung und<br />

Warnsignale sicherer werden. In Kairo soll<br />

der öffentliche Personennahverkehr modernisiert<br />

werden, indem die Busflotte um 600<br />

mit Erdgas betriebene Fahrzeuge ausgebaut<br />

wird. Zudem stehen 131 wasserwirtschaftliche<br />

Vorhaben auf der Agenda, davon 75 im<br />

Trinkwasser- und 56 im Abwasserbereich.<br />

Der staatliche Wohnungsbau, von dem Familien<br />

mit geringem Einkommen profitieren,<br />

wird ebenfalls in das Konjunkturprogramm<br />

einbezogen. Die Zahl der geplanten Wohnungen<br />

verdoppelt sich dadurch auf 100.000<br />

Einheiten. Außerdem ist vorgesehen, weitere<br />

800.000 Haushalte an das Erdgasnetz<br />

Foto: GARDEL Bertrand-hemis.fr<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

28


ägypten | Länderreport<br />

SOUQ<br />

anzuschließen. Damit können die Subventionskosten<br />

für Butangasflaschen, die in vielen<br />

Haushalten zum Kochen genutzt werden,<br />

sinken.<br />

Die Regierung will nicht nur eine expansive<br />

Fiskalpolitik betreiben, um Wirtschaft und<br />

Wachstum anzukurbeln. Gleichzeitig soll das<br />

Budgetdefizit deutlich sinken, ohne dass die<br />

Steuern erhöht werden. Gelingen kann dies<br />

nur, weil die arabischen Golfstaaten erhebliche<br />

Finanzmittel beisteuern.<br />

Allein Saudi-Arabien und die Vereinigten<br />

Arabischen Emirate (VAE) haben laut GTAI<br />

Hilfsgelder in Höhe von zwölf Mrd. US-Dollar<br />

zugesagt, wovon bereits fünf Mrd. US-<br />

Dollar ausgezahlt wurden. Die Hälfte der<br />

Gesamtsumme – also sechs Mrd. US-Dollar<br />

– ist als Zentralbankeinlage eingeplant, um<br />

die Devisenposition des Landes zu stärken.<br />

Im Übrigen steht das Ergebnis der Verhandlungen<br />

des IWF-Beistandskredits in Höhe<br />

von 4,8 Mrd. US-Dollar noch aus.<br />

Ägypten muss auf seine<br />

Standortvorteile setzen<br />

Ägypten muss auf seine Standortvorteile<br />

setzen, um langfristig unabhängig von Auslandshilfen<br />

zu sein: eine dynamische junge<br />

Gesellschaft, einen mit 84 Mio. Einwohnern<br />

großen Binnenmarkt, eine strategisch gute<br />

Lage zu attraktiven Märkten der Region,<br />

kostengünstige Arbeitskräfte sowie eine relativ<br />

gute Infrastruktur.<br />

All dies sind im Standortwettbewerb<br />

Trümpfe, die auch künftig stechen sollten.<br />

Es ist daher davon auszugehen, dass das<br />

Land bei stabilen Verhältnissen auch künftig<br />

Auslandsinvestoren anziehen und beispielsweise<br />

seine starke Position als Outsourcing-Standort<br />

für IT-Dienstleistungen<br />

ausbauen wird.<br />

Auf der Habenseite ist zudem zu verbuchen,<br />

dass bereits unter dem alten Mubarak-Regime<br />

wichtige Wirtschaftsreformen eingeleitet<br />

wurden. Zahlreiche Staatsunternehmen<br />

wurden privatisiert, die Steuersätze auf<br />

Unternehmensgewinne und private Einkommen<br />

deutlich gesenkt, allgemein der Privatsektor<br />

gestärkt und ausländische Direktinvestitionen<br />

gezielt erleichtert und gefördert.<br />

Zum Teil ist die exzellente wirtschaftliche<br />

Performance früherer Jahre auf diese Reformen<br />

zurückzuführen.<br />

Was die sektorale Struktur der ägyptischen<br />

Volkswirtschaft anbelangt, so hatte der<br />

Dienstleistungssektor laut des Statistischen<br />

Bundesamtes im Jahr 2012 mit einem BIP-<br />

Anteil von 50,3 Prozent das größte Gewicht.<br />

Es folgten die Industrie (35,9) und<br />

die Landwirtschaft, die 2012 noch immer<br />

einen beachtlichen BIP-Anteil von 13,8<br />

Prozent hatte.<br />

Innerhalb des Dienstleistungssektors stach<br />

bislang der Tourismus hervor. 2010, also<br />

im Jahr vor der „Lotusblütenrevolution“,<br />

kamen 14,7 Mio. ausländische Gäste in das<br />

Land, was ein neuer Rekord war. Der Anteil<br />

am BIP lag bei über elf Prozent, und jeder<br />

siebte Ägypter lebte direkt oder indirekt<br />

vom Fremdenverkehr. Zudem war der Tourismus<br />

eine der wichtigsten Devisenquellen<br />

des Landes.<br />

Die Rückschläge, die der Sektor seitdem<br />

hinnehmen musste, sind bekannt. Doch gilt<br />

auch hier: Beruhigen sich die politischen<br />

Verhältnisse in dem Land nachhaltig, steht<br />

einem fortgesetztem Aufschwung des Tourismus<br />

nichts im Weg. An Attraktivität hat<br />

das bislang beliebteste arabische Urlaubsland<br />

nicht eingebüßt. Die massiven Investitionen<br />

der jüngeren Vergangenheit in Hotels und<br />

Baderesorts am Roten Meer und Mittelmeer<br />

haben die Anziehungskraft im Gegenteil<br />

weiter erhöht.<br />

Mit Flugzeiten von etwa vier Stunden ist<br />

Ägypten insbesondere für Strand- und<br />

Tauchtouristen aus Europa interessant.<br />

Sie können am Roten Meer ganzjährig auf<br />

warmes und trockenes Klima und Wassertemperaturen<br />

von konstant über 20 Grad<br />

vertrauen. Doch üben auch die ägyptischen<br />

Altertümer Anziehungskraft auf ausländische<br />

Besucher aus. Niemand sollte daher den<br />

Tourismusstandort Ägypten abschreiben.<br />

Die Branche und die zahlreichen Beschäftigten,<br />

deren Existenz vom Fremdenverkehr<br />

abhängt, warten bereits ungeduldig darauf,<br />

dass das Geschäft wieder spürbar anspringt.<br />

An neuen Projekten, die dann realisiert würden,<br />

besteht im Übrigen kein Mangel.<br />

Der Hatschepsut-Tempel gehört zu den attraktivisten Sehenswürdigkeiten Ägyptens<br />

Foto: Anja Smasal<br />

29<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

Länderreport | Ägypten<br />

deckt. Die RWE Dea Egypt hat erst neulich<br />

die Gasförderung in der Konzession Disouq<br />

im Nildelta erhalten. Das Projekt umfasst die<br />

Entwicklung von sieben Gasfeldern in dem<br />

Gebiet. Es ist das erste Erdgasvorhaben von<br />

RWE Dea als Betriebsführer in Ägypten.<br />

Das geförderte Gas soll wesentlich zur Versorgung<br />

des wachsenden Energiemarktes in<br />

Ägypten beitragen.<br />

RWE Dea Bohrturm im Feld Disouq im ägyptischen Nildelta<br />

Die Stromnachfrage in dem bevölkerungsreichsten<br />

arabischen Land (etwa 85 Mio.<br />

Einwohner) wächst jährlich um etwa sechs<br />

Prozent, und es herrscht latenter und mitunter<br />

akuter Strommangel. Der Investitionsbedarf<br />

in der ägyptischen Elektrizitätswirtschaft<br />

ist demzufolge hoch. Viele Vorhaben<br />

werden mit der Unterstützung internationaler<br />

Geber verwirklicht.<br />

Foto: RWE Dea AG<br />

Noch immer ist die ägyptische Gesellschaft<br />

und Volkswirtschaft vom Agrarsektor geprägt.<br />

Nach Angaben der Food and Agriculture<br />

Organization (FAO) der Vereinten<br />

Nationen lebt mehr als die Hälfte der<br />

Bevölkerung auf dem Land, und etwa ein<br />

Viertel aller Beschäftigten arbeitet in der<br />

Landwirtschaft. Letztere ist wegen der ariden<br />

Bedingungen im Wesentlichen auf das<br />

fruchtbare Nildelta und einige Oasen beschränkt.<br />

Zudem versuchte die Regierung<br />

in der Vergangenheit, durch Landgewinnungsprojekte<br />

Wüstengebiete für den Agrarsektor<br />

zu erschließen.<br />

Die Landwirtschaft ist Grundlage für die Agroindustrie,<br />

welche in der jüngeren Vergangenheit<br />

jährlich durchschnittlich um zehn Prozent<br />

gewachsen ist. Vor allem der große Binnenmarkt<br />

macht die Lebensmittelverarbeitung<br />

für Investoren attraktiv. Doch bietet auch der<br />

Export interessante Perspektiven, wobei die<br />

arabischen Länder der wichtigste Markt für<br />

verarbeitete Lebensmittel aus Ägypten sind.<br />

Zahlreiche internationale Konzerne wie<br />

Heinz, Nestlé, Kraft, Procter & Gamble und<br />

Unilever haben sich in dem Land am Nil angesiedelt.<br />

Sie bedienen mit ihren Produktionen<br />

nicht nur den lokalen Markt, sondern<br />

nutzen Ägypten auch als Basis für den Export<br />

in die Region. Günstige Preise für die<br />

agrarischen Rohstoffe und die niedrigen<br />

Lohnkosten sind neben der geografischen<br />

Lage Argumente für Investitionen in Ägypten.<br />

Insgesamt gibt es in dem Land etwa<br />

8.000 agroindustrielle Unternehmen.<br />

Hohe Bedeutung des Energiesektors<br />

Große Bedeutung hat in Ägypten zudem der<br />

Energiesektor. Das Land am Nil ist nach Algerien<br />

der zweitgrößte Gasproduzent in Afrika.<br />

Die nachgewiesenen Reserven belaufen<br />

sich auf 2,186 Billionen Kubikmeter, womit<br />

Ägypten in der globalen Rangliste der gasreichsten<br />

Staaten den 16. Platz belegt. Weniger<br />

bedeutend sind die Ölreserven. Hier belegt<br />

Ägypten mit 4,45 Mrd. Barrel weltweit<br />

den 27. Rang.<br />

Doch ist viel Bewegung bei den ägyptischen<br />

Kohlenwasserstoffen zu beobachten. So werden<br />

immer wieder neue Gasvorkommen ent-<br />

Die politischen Beziehungen zwischen<br />

Ägypten und Deutschland zeichnen sich<br />

laut Auswärtigem Amt durch intensive<br />

Zusammenarbeit und hochrangigen Besucheraustausch<br />

aus. Ägypten ist ein Schwerpunktland<br />

der deutschen Entwicklungspolitik.<br />

Mit Gesamtzusagen von rund sechs<br />

Mrd. Euro seit 1963 ist es eines der größten<br />

Empfängerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Die Schwerpunkte<br />

der bilateralen Kooperation liegen derzeit<br />

in den Bereichen Wasserwirtschaft und erneuerbare<br />

Energien.<br />

Zudem ist Ägypten einer der wichtigsten<br />

Handelspartner Deutschlands in der arabischen<br />

Welt. Die deutschen Exporte in das<br />

Land beliefen sich im vergangenen Jahr auf<br />

2,6 Mrd. Euro (plus zehn Prozent). Damit<br />

war Ägypten nach den VAE und Saudi-Arabien<br />

das drittwichtigste Empfängerland von<br />

deutschen Waren in der Region. Gleichzeitig<br />

importierte Deutschland Waren im<br />

Wert von rund 1,4 Mrd. Euro aus Ägypten.<br />

Umfangreicher waren nur die Einfuhren<br />

aus Libyen, Algerien, Saudi-Arabien und<br />

Tunesien.<br />

Wirtschaftliche Entwicklung in Ägypten 2008 bis 2014<br />

2008 2009 2010 2011 2012 <strong>2013</strong>* 2014*<br />

Reales BIP-Wachstums in % 7,2 4,7 5,1 1,8 2,2 1,8 2,8<br />

Verbraucherpreisanstieg in % 11,7 16,2 11,7 11,1 8,6 6,9 10,3<br />

Leistungsbilanzdefizit % des BIP +0,5 -2,3 -2,0 -2,6 -3,1 -2,6 -0,9<br />

IWF Oktober <strong>2013</strong><br />

*<strong>2013</strong> und 2014: Prognose<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

30


ägypten | Länderreport<br />

SOUQ<br />

Wirtschaft und Recht in Ägypten nach dem<br />

„Arabischen Frühling“<br />

Dr. Florian Amereller, LL.M.<br />

Rechtsanwalt und Partner, Amereller Rechtsanwälte<br />

Foto: Anja Smasal<br />

Mittelmeerhafen von Alexandria<br />

Ägypten wurde lange Zeit – vielleicht etwas<br />

übertrieben – als Tiger am Nil bezeichnet,<br />

ein Land in dem Stabilität, Liberalität und<br />

Investorenfreundlichkeit wesentlich stärker<br />

ausgeprägt waren als an vielen anderen Orten<br />

in der arabischen Welt. Zwar wurden die sozialistischen<br />

Marktstrukturen aus der Zeit Gamal<br />

Abdel Nassers nie ganz abgebaut, aber die<br />

Bedeutung Ägyptens als regionaler Produktionsstandort<br />

und regionale Wirtschaftsmacht<br />

nahm bis zum Jahre 2011 kontinuierlich zu.<br />

Bereits lange vor der Revolution im Jahre<br />

2011 hatte die ägyptische Regierung die<br />

wirtschaftliche Bedeutung und Triebkraft<br />

ausländischer Direktinvestitionen erkannt<br />

und sich hier deutliche Ziele gesetzt. Das<br />

hat sich auch nach der Revolution – oder<br />

vielleicht besser den Revolutionen – nicht<br />

geändert, nur sehen die wirtschaftlichen<br />

Eckdaten und die Währungsreserven heute<br />

leider etwas weniger rosig aus als vor 2011.<br />

Ägypten hatte sich bereits unter Mubarak<br />

auf einen wirtschaftlichen Reformkurs<br />

begeben, dessen anfängliche Wegmarken<br />

die Verabschiedung mehrerer Investitionsgesetze<br />

und eine grundlegende Reformierung<br />

des Gesellschaftsrechts bildeten.<br />

Seine Fortsetzung fand dieser Ansatz mit<br />

einer Novelle des Arbeitsrechts und einer<br />

Liberalisierung des Steuerrechts. Abgerundet<br />

wurden diese Maßnahmen zur Erhöhung<br />

der Attraktivität des heimischen<br />

Wirtschaftsmarktes mit dem Erlass eines<br />

neuen Wettbewerbsgesetzes, um bessere<br />

Rahmenbedingungen für die Entfaltung<br />

wirtschaftlicher Aktivitäten zu ermöglichen.<br />

Auch die Gerichte waren in Ägypten im<br />

Wesentlichen effizient und die Richter<br />

gut ausgebildet – gerade bei den neu geschaffenen<br />

„Wirtschaftsgerichten.“ Dessen<br />

ungeachtet bestanden Probleme bei<br />

der Rechtsverfolgung und der Gleichheit<br />

vor dem Gesetz. Die Folge war, dass oft nur<br />

eine kleine Gruppe führender Unternehmer<br />

ihre Rechte effizient verfolgen und<br />

für sie günstige Interpretationen von Gesetz<br />

oder Verträgen durchsetzten konnten.<br />

Auch die daraus resultierende Frustration<br />

von Teilen der Mittelschicht führte dazu,<br />

dass im Jahre 2011 die Revolution letztlich<br />

von breiten Schichten der Bevölkerung getragen<br />

wurde.<br />

Andererseits war Ägypten für viele ausländische<br />

Unternehmen ein exzellenter Standort,<br />

mit billigen und zum Teil immer besser<br />

ausgebildeten Arbeitskräften, in dem Ausländer<br />

grundsätzlich fair behandelt und bei<br />

entsprechend geschickter und kulturell angepasster<br />

Vorgehensweise durchaus erfolgreich<br />

operieren konnten. An vielen dieser<br />

Eckdaten hat sich bis heute nichts geändert,<br />

wobei die derzeitigen Hartwährungspro-<br />

31<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ Länderreport | Ägypten<br />

bleme sicherlich ein wesentliches Problem<br />

darstellen.<br />

Die Chance des Ausbaus des Rechtstaats<br />

wurde zumindest im unmittelbaren Nachgang<br />

zur Revolution verspielt, denn führende<br />

Mitglieder der alten Regierung, der<br />

Partei, und der Wirtschaftselite wurden<br />

eilig abgeurteilt, ohne das eine gründliche<br />

Aufarbeitung von mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

vorliegender Straftaten jemals auch<br />

nur ansatzweise erfolgt wäre. Das führte<br />

wiederum zu zahlreichen Freisprüchen in<br />

späteren Instanzen. So wurde die Chance<br />

verspielt, die bestehenden Defizite justizförmig<br />

aufzuarbeiten. Einige große ausländische<br />

Investoren, die quasi in die Mühlen<br />

der ägyptischen Justiz gerieten, sahen sich<br />

gezwungen Ägypten in aufwendigen Investitionsstreitverfahren<br />

vor internationalen<br />

Schiedsgerichten zu verklagen.<br />

In vielen Fällen waren sogar Urteile der<br />

ägyptischen Gerichte auch der ägyptischen<br />

Regierung mehr als unangenehm, die sich<br />

sehr wohl der zum Teil desaströsen Auswirkungen<br />

einiger Gerichtsentscheidungen auf<br />

den Ruf Ägyptens als Investitionsstandort<br />

bewusst war. So hatten etwa die traditionell<br />

sehr eigenwilligen Verwaltungsgerichte<br />

einige der großen Privatisierungen nach<br />

mehr als 15 Jahren mit dem – abenteuerlichen<br />

– Argument für unwirksam erklärt,<br />

dass einmal verstaatlichte Unternehmen<br />

nie wieder privatisiert werden dürften (die<br />

meisten wichtigen ägyptischen Unternehmen<br />

wurden unter Nasser verstaatlicht).<br />

Dr. Florian Amereller, Founding<br />

Partner, Amereller Legal Consultants<br />

Die Kritik richtet sich dabei weniger an<br />

die Entscheidung der Gerichte als solche,<br />

denn die Unabhängigkeit der Justiz wird in<br />

Ägypten von jeher hochgehalten, als an der<br />

Blindheit der Richter für die Folgen ihrer<br />

Entscheidungen. So fehlt eine Auseinandersetzung<br />

damit, was denn nun mit den<br />

re-nationalisierten Unternehmen – und<br />

ihren Arbeitnehmern – geschehen soll, und<br />

wer die unternehmerische (und finanzielle)<br />

Verantwortung trägt.<br />

Bei allen derzeit bestehenden Risiken im<br />

Hinblick auf Stabilität, Umbau der Zivilgesellschaft<br />

und der Einführung eines demokratischen<br />

Systems, bietet der ägyptische<br />

Markt auch große Chancen. So haben<br />

kürzlich einige führende europäische Unternehmen<br />

große Investitionen in Ägypten<br />

getätigt und auch die Golfstaaten und internationale<br />

Fonds haben Ägypten zunehmend<br />

im Fokus. Ägypten ist ein großer und geostrategisch<br />

wichtiger Markt, von dem viele<br />

meinen, dass er „too big to fail“ (or „let<br />

fail“) sei. Sollte sich der nach der für die<br />

Gebiete am Roten Meer schwer nachvollziehbaren<br />

Reisewarnung des Auswärtigen<br />

Amtes großteils zum Erliegen gekommene<br />

Tourismus in den nächsten Monaten erholen,<br />

wird sich auch der Rest der Wirtschaft<br />

wieder stabilisieren.<br />

Nach mehr als zwei Jahren Umbruch meinen<br />

viele Ägypter heute, dass es keine<br />

Freiheit ohne Stabilität gibt, dass keine<br />

Stabilität ohne wirtschaftliche Prosperität<br />

erreicht werden kann, und dass beides<br />

nur mit einem starken Staat geht – der an<br />

Recht und Gesetz gebunden ist. In Ägypten<br />

heute wird die interessante Frage sein,<br />

wie sich ein starker Staat dann zur Demokratie<br />

und Freiheit der Bürger stellen wird,<br />

aber das scheint viele Ägypter heute schon<br />

wesentlich weniger zu interessieren als<br />

noch 2011. Wir im Westen sollten zumindest<br />

akzeptieren, dass es nicht nur den einen<br />

– unseren – Weg zur Demokratie gibt.<br />

Und wenn Ägypten in den nächsten Jahren<br />

den Aufbau eines verlässlichen Rechtstaats<br />

umsetzt, vor dem alle Bürger gleich sind,<br />

und wenn auch die Verantwortlichkeit der<br />

Entscheidungsträger vor dem Gesetz in der<br />

Praxis durchgesetzt wird, dann ist bereits<br />

viel erreicht und dann wird feststehen,<br />

dass heute die Chancen wesentlich größer<br />

waren als die Risken.<br />

Foto: Amereller Legal Consultants<br />

Roundtable-Diskussion zu Ägypten mit S.E. Mohamed Higazy 21. Oktober <strong>2013</strong><br />

Am 21. Oktober <strong>2013</strong> lud die <strong>Ghorfa</strong> zu einer Roundtable-Diskussion<br />

mit S.E. Mohamed Higazy, Botschafter der<br />

Arabischen Republik Ägypten, in den Räumlichkeiten der<br />

Commerzbank AG ein. Rund 60 interessierte Unternehmen<br />

unterschiedlicher Branchen folgten dem Vortrag des Botschafters<br />

über die aktuelle politische und wirtschaftliche<br />

Lage Ägyptens. Unter der Moderation von Dr. Amereller,<br />

Founding Partner von Amereller Legal Consultants, betonte<br />

der Botschafter das Investitionspotential Ägyptens<br />

und führte wirtschaftliche Indikatoren aus, die für Finanzierungsvorhaben<br />

im Land sprechen. Auch die Diskussionsrunde<br />

zeichnete sich durch das Interesse und die Bereitschaft<br />

zukünftiger Geschäfte seitens der Unternehmen<br />

im Land aus. Zum Abschluss würdigte der Botschafter die<br />

Handelsbeziehungen zwischen Ägypten und Deutschland.<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

32


Interview<br />

SOUQ<br />

to back“ HVDC-Leitungen. 2. Eine oder<br />

zwei erste interkontinentale Stromleitungen<br />

zwischen Nordafrika und Europa, um Strom<br />

auszutauschen und wirtschaftlich darstellbare<br />

Abnahmemöglichkeiten zu schaffen. 3.<br />

Verbindliche Ausbauziele für erneuerbare<br />

Energien, sind notwendig, um Investitionen<br />

zu stimulieren. Dazu sollen Subventionen<br />

im Bereich der fossilen Brennstoffe abgebaut<br />

werden. 4. Ein Programm zur zuverlässigen<br />

Messung von Sonnen- und Winddaten bietet<br />

eine Grundlage, um den Markt für erneuerbare<br />

Energien zu erschließen.<br />

Foto: Paul Langrock<br />

Foto: Dii<br />

Das Wüstenstromprojekt soll zahlreiche Arbeitsplätze schaffen<br />

Chancen durch Wüstenstrom<br />

Im Gespräch mit dem SOUQ gibt Paul van Son, Geschäftsführer von Dii,<br />

einen Überblick über die Herausforderungen und das Potenzial des Wüstenstromprojekts.<br />

SOUQ: Herr van Son, wo steht die Verwirklichung<br />

des Wüstenstrom-Projekts derzeit<br />

und welche Erfolge kann Dii aus Ihrer Sicht<br />

heute vorweisen?<br />

Van Son: Dii hat dazu beigetragen, dass die<br />

erneuerbaren Energien in Nordafrika und im<br />

Nahen Osten mehr und mehr Beachtung finden<br />

und diese Länder sie für die künftige Energieversorgung<br />

ernsthaft in Betracht ziehen.<br />

Jetzt sind in der MENA-Region nicht weniger<br />

als 50 GW an Installationen über die nächsten<br />

sieben Jahre geplant und zum Teil schon in der<br />

Realisation. Wir arbeiten mit Ländern wie Algerien,<br />

Tunesien und Marokko eng zusammen,<br />

um gemeinsam Strategien für die Energieversorgung<br />

voranzubringen und nach geeigneten<br />

Standorten für Wind-, PV- und Solarthermie-<br />

Kraftwerke zu suchen. Die Umsetzung ist dann<br />

Aufgabe der Länder und der Industrie.<br />

SOUQ: Wo sehen Sie zurzeit die Hauptherausforderungen<br />

bei der Weiterführung des<br />

Projekts?<br />

Van Son: Die MENA-Region ist ganz sicher<br />

kein einfaches Pflaster für Investoren. Investoren<br />

sollten die Risiken nüchtern angehen,<br />

langfristige Beziehungen aufbauen und dabei<br />

nicht die Chancen aus dem Blick verlieren,<br />

die der massive Ausbau erneuerbarer<br />

Energien dort in den nächsten Jahrzehnten<br />

bringen wird. Jedes Land in Nordafrika<br />

und dem Nahen Osten hat eine ganz eigene<br />

Dynamik. Erneuerbare Energien sind aber<br />

überall ein wichtiger stabilisierender Faktor.<br />

Wind und Sonne haben das Potential, die<br />

Energieversorgung dieser Länder zu sichern<br />

und Kosten zu sparen. Dessen sind sich die<br />

Akteure in der Region bei allen aktuellen<br />

Turbulenzen sehr bewusst.<br />

SOUQ: Dii veröffentlichte einen Aktionsplan<br />

zur Realisierung des ambitionierten<br />

Vorhabens. Wie sehen die konkreten Schritte<br />

aus und welche Vorschläge werden gemacht?<br />

Van Son: Dii hat eine Anleitung für die<br />

EUMENA-Staatengemeinschaft entwickelt,<br />

welche Hindernisse überwunden werden<br />

müssen, auf dem Weg zu einem EUMENAweitem<br />

freien Strommarkt auf der Basis von<br />

erneuerbaren Energien. Als wichtige Maßnahmen<br />

hat die Dii folgende wichtige Schritte<br />

identifiziert: 1. Eine Vervollständigung<br />

des mediterranen Stromkreises mit „back<br />

SOUQ: Welches Potenzial sehen Sie für die<br />

arabischen Länder, aus Quellen wie Wind,<br />

Photovoltaik oder Solarthermie Energie zu<br />

gewinnen und welche Chancen ergeben sich<br />

aus dem Wüstenstrom-Projekt für deutsche<br />

Unternehmen?<br />

Van Son: Ein Markt für erneuerbare Energien<br />

bringt ein riesiges Potenzial für die<br />

europäische und arabische Energieindustrie,<br />

angefangen von Herstellern, Netzbetreibern<br />

bis hin zu Projektieren. Desert Power hat das<br />

Potenzial nicht nur lokal in MENA Arbeitsplätze<br />

zu schaffen und zum Wirtschaftswachstum<br />

beizutragen, sondern kann auch<br />

als Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone<br />

gelten. Die Modellrechnungen der Dii ergeben<br />

außerdem klar, dass die Vollversorgung<br />

mit erneuerbaren Energien für die gesamte<br />

EUMENA-Region günstiger wird, wenn die<br />

Länder zusammenarbeiten, anstatt länderspezifisch<br />

auf Erneuerbare umzusteigen. Je<br />

früher und je mehr Länder zusammenarbeiten,<br />

desto stabiler und erschwinglicher der<br />

Übergang zu einer nachhaltigen Stromversorgung.<br />

Die Analyse zeigt auch, dass der<br />

Austausch erheblicher Mengen Strom zwischen<br />

den Ländern wirtschaftlich vorteilhaft<br />

ist.<br />

Paul van Son,<br />

Dii-Geschäftsführer<br />

33<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

Interview | Al Junaibi<br />

„Die VAE sind ein attraktiver Standort für ausländische Investoren“<br />

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind einer der attraktivsten Wirtschaftsstandorte in der arabischen Welt.<br />

Deutsche Investoren sind höchst willkommen. Das betont Jumaa Mubarak Jumaa Salem Al Junaibi, VAE-Botschafter<br />

in Berlin, im Interview mit dem SOUQ.<br />

Foto: ZALISHCHYKER VITALIY<br />

UAE Investment Forum im April 2012 im Rahmen der Hannover Messe<br />

SOUQ: Herr Botschafter, die VAE gelten als<br />

einer der attraktivsten Standorte am Arabischen<br />

Golf. Wie ist Ihre Position bei den<br />

ausländischen Direktinvestitionen (FDI)?<br />

Al Junaibi: Die VAE fördern mit ihrer Politik<br />

der wirtschaftlichen Öffnung die internationalen<br />

Wirtschafts- und Handelsbeziehungen<br />

gezielt. Im FDI-Ranking liegen wir<br />

daher am Golf auf dem zweiten und weltweit<br />

auf dem zehnten Platz. Unsere Volkswirtschaft<br />

entwickelt sich weiter dynamisch<br />

und wird immer attraktiver. Industrie, Tourismus,<br />

Handel, Dienstleistungen und Immobilien<br />

sind lebendige Sektoren. Zudem<br />

werden kleine und mittlere Unternehmen<br />

immer wichtiger für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung der VAE.<br />

SOUQ: Wie würden Sie die Beziehungen<br />

zwischen Deutschland und den VAE beschreiben?<br />

Al Junaibi: Deutschland und die VAE verbindet<br />

seit dem Jahr 2004 eine strategische<br />

Partnerschaft. Die bilateralen Beziehungen<br />

haben sich seitdem stetig verbessert und<br />

haben sich auch in Krisenzeiten bewährt.<br />

Sie sind aus meiner Sicht vorbildlich. Eine<br />

wichtige Säule der Partnerschaft sind die<br />

Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Die<br />

VAE sind der wichtigste Handelspartner<br />

Deutschlands in der arabischen Welt. Das<br />

deutsch-emiratische Handelsvolumen belief<br />

sich 2012 auf 10,6 Mrd. Euro. Ich möchte<br />

an dieser Stelle darauf hinweisen, dass<br />

die VAE für viele europäische und auch andere<br />

Länder der wichtigste Handelspartner<br />

in der Region sind.<br />

SOUQ: Wie entwickeln sich die deutschen<br />

Investitionen in den VAE?<br />

Al Junaibi: Auch hier ist ein bemerkenswerter<br />

Zuwachs zu registrieren. Im Jahr<br />

2009 beliefen sich die deutschen Investitionen<br />

in den VAE auf 1.207 Mio. Euro. Im<br />

gleichen Jahr beliefen sich die emiratischen<br />

Investitionen in Deutschland auf 930 Mio.<br />

Euro. So sind die VAE an so bedeutenden<br />

deutschen Unternehmen wie Daimler,<br />

Deutsche Bank und Air Berlin beteiligt.<br />

SOUQ: Durch welche Initiativen wurden<br />

die deutsche-emiratischen Beziehungen befruchtet?<br />

Al Junaibi: Da gibt es natürlich eine Reihe<br />

von Initiativen – beispielsweise die Gründung<br />

der Deutsch-Emiratischen Wirtschaftskommission.<br />

Auch die Gründung der Emiratisch-<br />

Deutschen Freundschaftsgesellschaft im Jahr<br />

2006 unter der Leitung von S.H. Scheich<br />

Hamdan bin Zayed Al Nahyan und des damaligen<br />

Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist in<br />

diesem Zusammenhang zu nennen.<br />

SOUQ: Die VAE präsentieren sich regelmäßig<br />

auf der Messe in Hannover. Wie wichtig<br />

sind solche Veranstaltungen?<br />

Al Junaibi: Sehr wichtig. Veranstaltungen<br />

wie das UAE Investment Forum oder das<br />

2nd UAE Investment & Business Forum in<br />

Hannover fördern die wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

zwischen Deutschland und<br />

den VAE nachhaltig. Auch Roundtables<br />

und Wirtschaftstreffen wie bei dem Besuch<br />

von S.H. Scheich Mohammed bin Rashid Al<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

34


Al Junaibi | interview<br />

SOUQ<br />

Maktoum in Deutschland sind höchst hilfreich.<br />

SOUQ: Das Reisen zwischen Deutschland<br />

und den VAE ist ja mittlerweile recht einfach.<br />

Dhabi zu einem international bedeutenden<br />

Drehkreuz aufgestiegen. Wir verfügen heute<br />

über eine hoch moderne Infrastruktur<br />

und sind ein Logistikstandort mit globaler<br />

Bedeutung.<br />

Foto: El-Sauaf<br />

Al Junaibi: Ja, es gibt inzwischen wöchentlich<br />

232 Flüge zwischen Deutschland und den<br />

VAE. Ich werte das als großen Erfolg. Die<br />

zahlreichen Flugverbindungen erleichtern<br />

die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />

den beiden Ländern natürlich wesentlich.<br />

SOUQ: Deutsche Unternehmen haben in<br />

den VAE bedeutende Aufträge gewonnen.<br />

Können Sie uns einige Beispiele nennen?<br />

Al Junaibi: Da gibt es natürlich zahlreiche<br />

Beispiele. So hat die Linde AG von dem emiratischen<br />

Petrochemie-Unternehmen Borouge<br />

den Auftrag für die Lieferung eines<br />

Crackers im Wert von mehr als einer Mrd.<br />

US-Dollar erhalten. Ein anderes Beispiel<br />

ist der Vertrag, den die Abu Dhabi National<br />

Oil Company (ADNOC) mit der deutschen<br />

Firma Bauer Kompressoren geschlossen<br />

hat. Dabei geht es um die Wartung von<br />

Erdgastankstellen. Im Verkehrsbereich haben<br />

die Deutsche Bahn und Etihad Rail ein<br />

Gemeinschaftsunternehmen für den Schienengüterverkehr<br />

gegründet. Die Beispiele<br />

zeigen: Die deutsch-emiratischen Wirtschaftsbeziehungen<br />

sind sehr vielfältig.<br />

SOUQ: Welche Fortschritte haben die VAE bei<br />

der wirtschaftlichen Diversifizierung gemacht?<br />

Al Junaibi: Wir haben frühzeitig erkannt,<br />

dass wir uns bei der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

nicht allein auf den Ölsektor<br />

verlassen dürfen. Unser Ziel war es von<br />

Anfang an, die Einnahmequellen zu diversifizieren<br />

und die Abhängigkeit von den<br />

Öleinnahmen zu verringern. Auch haben<br />

wir uns wirtschaftlich geöffnet, um ausländische<br />

Investoren und ausländisches Kapital<br />

anzuziehen. Es wurden Gesetze und Verordnungen<br />

erlassen, die den Kapitalfluss<br />

und ausländische Investitionen erleichtern.<br />

In Branchen wie dem Tourismussektor oder<br />

der Petrochemie haben Mega-Projekte die<br />

wirtschaftliche Entwicklung beschleunigt.<br />

SOUQ: Auch im Logistiksektor gelten die<br />

VAE als führender Standort am Golf.<br />

Al Junaibi: Ja, es wurden Freihandelszonen<br />

und Seehäfen errichtet, um den Außenhandel<br />

zu unterstützen. Im Flugverkehr sind<br />

die VAE mit den Airports in Dubai und Abu<br />

SOUQ: Wie weit ist die Zusammenarbeit im<br />

Rahmen des Golfkooperationsrates (GCC)<br />

vorangeschritten?<br />

Al Junaibi: Die GCC-Staaten streben danach,<br />

eine wirtschaftliche Einheit zu bilden. Auf<br />

diesem Weg sind wir bereits weit vorangeschritten.<br />

So sind wir durch eine Zollunion<br />

und einen gemeinsamen Markt verbunden.<br />

Das ändert natürlich nichts daran, dass wir<br />

auch auf internationaler Ebene wirtschaftliche<br />

Allianzen anstreben – zum Beispiel mit<br />

Deutschland und der Europäischen Union.<br />

SOUQ: Welche Botschaft möchten Sie an<br />

die deutsche Wirtschaft richten?<br />

Al Junaibi: Die VAE sind eines der bedeutendsten<br />

Wirtschaftszentren in der arabischen<br />

Welt und ein attraktiver Standort für<br />

ausländische Investoren. Das Investitionsund<br />

Arbeitsklima ist hervorragend. Ausländischen<br />

Unternehmen bieten die VAE ein<br />

sicheres Umfeld mit zahlreichen Erleichterungen<br />

und Anreizen bei Investitionen.<br />

Auch für deutsche Firmen eröffnen sich<br />

in unserem Land zahlreiche geschäftliche<br />

Chancen. Ich möchte die deutsche Wirtschaft<br />

daher noch einmal ausdrücklich dazu einladen,<br />

in die VAE zu investieren.<br />

Internationale Messen verschiedenster Branchen finden in den VAE statt<br />

35<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

Interview | Sixt<br />

„Den Ärmsten der Armen eine Zukunft geben“<br />

Die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung setzt seit vielen Jahren erfolgreich Kinderhilfsprojekte in den Bereichen Gesundheit,<br />

Fürsorge, Bildung und Notfallhilfe um. Im Interview spricht die Unternehmerin Regine Sixt mit SOUQ<br />

über ihre persönliche Motivation für ihr Engagement sowie die Rolle von Sixt in der arabischen Welt.<br />

Goldene Victoria<br />

SOUQ: Frau Sixt, welche Rolle spielten Sie<br />

persönlich für den erfolgreichen Aufbau des<br />

Familienunternehmens Sixt, das 2012 sein<br />

100-jähriges Jubiläum feierte?<br />

Sixt: Als ich meinen Mann heiratete, kam<br />

ich in den Sog des absoluten Gewinnen-<br />

Wollens, unterstützt von meinen wunderbaren<br />

Schwiegereltern, die mir alle Freiheiten<br />

gegeben haben, mich selbst zu entwickeln.<br />

Schon früh war ich in einem eigenen Büro in<br />

New York alleine unterwegs, um Kunden zu<br />

akquirieren, die ihre Ferien in Europa verbringen<br />

wollten. Ich war besessen davon, das<br />

Unternehmen mit meinem Mann zu einem<br />

globalen Konzern aufzubauen, ohne Rücksicht<br />

auf mich selbst.<br />

Mein größtes Glück aber war die Geburt meiner<br />

Kinder, die ich praktisch zwischen meinen<br />

Arbeitszeiten zur Welt brachte. Zum 100. Jubiläum<br />

von Sixt hielt mein 30 Jähriger Sohn<br />

eine Ansprache. Er sagte, „I am 30 years old<br />

now. That means, I am working for Sixt since<br />

30 years – breakfast, lunch and dinner.”<br />

Bereits in der Anfangszeit meines Engagements<br />

für Sixt übernahm ich die Bereiche<br />

Internationales Marketing und Vertrieb und<br />

Sixt: Ganz besonders liegt mir das Hadassah<br />

Medical Care Center in Jerusalem am Herzen.<br />

Ich engagiere mich für dieses wunderbare<br />

Krankenhaus so leidenschaftlich, da dort rewurde<br />

die Marken-Botschafterin des Unternehmens.<br />

Ständig unterwegs zu neuen<br />

Partnern und zur Eröffnung von Filialen in<br />

neuen Sixt-Ländern. Mein Mann und ich<br />

wollten die Welt erobern – und wir haben es<br />

gemeinsam getan.<br />

SOUQ: Bereits im Jahr 2000 haben Sie die<br />

„Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung“ gegründet.<br />

Wie ist diese sozial engagierte Idee entstanden,<br />

was sind die wichtigsten Ziele des<br />

Vereins und wie finanzieren Sie Projekte?<br />

Sixt: Auf meinen vielen Reisen sah ich das Leid<br />

so vieler Kinder, sei es in Kathmandu oder in<br />

Neu Delhi. So herzzerreißend, wie sie einem<br />

ihre kleinen schmutzigen Hände entgegen<br />

strecken. Es hat mich so beschämt, ihnen nur<br />

einen Dollar in die Hände zu legen und nicht<br />

mehr tun zu können. Damals nahm ich mir vor,<br />

meine Kraft und meine Kontakte in den Dienst<br />

der guten Sache zu stellen und gründete den<br />

Regine Sixt Kinderhilfe e.V., den Grundstein<br />

für eine international tätige Hilfsorganisation.<br />

Heute und nach Umwandlung in eine Stiftung<br />

wird die Kinderhilfe in 105 Sixt Ländern gelebt.<br />

Als offizielles CSR-Programm der Sixt SE<br />

konnten wir zwischenzeitlich international 40<br />

Projekte verwirklichen.<br />

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, vor allem<br />

in den Bereichen Gesundheit, Fürsorge,<br />

Bildung und Notfallhilfe mit Herzblut für<br />

Kinder da zu sein. Wir unterstützen dabei<br />

Kinderhilfsprojekte Dritter und ergreifen<br />

weltweit selbst Initiative, um eigene Projekte<br />

zu entwickeln und umzusetzen. National<br />

und international wollen wir den Ärmsten<br />

der Armen eine Zukunft geben, beispielsweise<br />

durch Einrichtungen zur ganztägigen Kinderbetreuung<br />

oder schulische und berufsvorbereitende<br />

Ausbildungseinrichtungen.<br />

Nicht zu vergessen ist unser Engagement<br />

im gesundheitlichen Bereich. Damit wollen<br />

wir die Überlebenschancen von Kindern erhöhen,<br />

die angesichts bisheriger schlechter<br />

Versorgungsstrukturen das Erwachsenenalter<br />

häufig nicht erreichen.<br />

SOUQ: Die Liste der von Ihnen betreuten<br />

Projekte ist lang. Können Sie uns einige<br />

wichtige Projekte nennen und gibt es bestimmte<br />

Kriterien, nach denen Sie Länder<br />

und Projekte auswählen und fördern?<br />

Foto: Sixt<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

36


sixt | interview<br />

SOUQ<br />

ligions- und kulturübergreifend gearbeitet<br />

wird. Es werden gleichermaßen israelische<br />

und arabische Kinder von jüdischen und muslimischen<br />

Ärzten behandelt und geheilt. Es ist<br />

ein Ort des Friedens und der Ruhe.<br />

Wir möchten einfach dort helfen, wo die Not<br />

am größten ist und Hilfe sehr dringend gebraucht<br />

wird. Aktuell engagieren wir uns im<br />

Nahen Osten und leisten humanitäre Hilfe<br />

für notleidende Kinder in Syrien, der Türkei,<br />

Jordanien, dem Libanon. Viele Menschen flohen<br />

wegen des Bürgerkriegs in die Nachbarländer<br />

Türkei, Jordanien und dem Libanon.<br />

Die Notquartiere sind überfüllt, die Grundversorgung<br />

mit Lebensmitteln und die ärztliche<br />

Versorgung wird immer schwieriger.<br />

Meine Stiftung unterstützt in der türkischen<br />

Stadt Kilis, drei Kilometer entfernt von der<br />

syrischen Grenze, eine Schule für syrische<br />

Flüchtlingskinder. Mit unseren Spenden<br />

können Kinder wieder lernen und so ein<br />

Stück Alltag erleben. Wir arbeiten hier übrigens<br />

sehr eng mit den Maltesern und dem<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung zusammen.<br />

SOUQ: Sie haben in den letzten Jahren mehrere<br />

Auszeichnungen erhalten, wie den „Woman<br />

of the Year Award“ und den „World Citizen<br />

Award“. Was bedeuten diese Ehrungen für Sie?<br />

Sixt: Ich mache meine Arbeit ja nicht, um<br />

Preise zu gewinnen, sondern weil ich ein<br />

Anliegen habe, eine Vision. Aber zugegeben:<br />

Natürlich freuen mich diese Anerkennungen.<br />

Denn dadurch erhalten diese wunderbaren<br />

Projekte die hohe Aufmerksamkeit,<br />

die sie verdienen. Gesellschaftliche Veranstaltungen,<br />

wie z.B. auch die Damenwiesn,<br />

bieten schließlich großartige Gelegenheiten,<br />

auf unsere Tätigkeit hinzuweisen und ande-<br />

Scheich Maktoum und Regine Sixt<br />

re Menschen zu bewegen, sich für die Ärmsten<br />

der Armen einzusetzen.<br />

Eine meiner wichtigsten Auszeichnungen<br />

liegt gar nicht lange zurück. Im letzten Monat<br />

erhielt ich vom Verband der Deutschen<br />

Zeitschriftenverleger und der Deutschlandstiftung<br />

Integration die Goldene Victoria<br />

<strong>2013</strong> für Integration. Ich erhielt diesen<br />

Preis als Anerkennung für die Übernahme<br />

gesellschaftlicher Verantwortung als Unternehmerin<br />

und für mein persönliches Engagement<br />

für Chancengleichheit, das internationale<br />

Signalwirkung habe.<br />

Für mich und mein Team ist daher jeder<br />

Preis ein Ansporn, mich noch mehr zu engagieren.<br />

Es gibt viel zu tun.<br />

SOUQ: Obwohl 55 Prozent der Mitarbeiter<br />

bei Sixt Frauen sind, sitzen im Vorstand und<br />

Aufsichtsrat nur Männer. Wie können Ihrer<br />

Meinung nach mehr Frauen an die Spitze<br />

von Unternehmen gebracht werden?<br />

Sixt: Es fällt mir schwer, pauschal Frauen Ratschläge<br />

zu erteilen. Bei Sixt nehmen zahlreiche<br />

tolle Frauen Führungspositionen ein und haben<br />

großen Anteil am Erfolg. Es gilt aber Leistung<br />

vor Geschlecht. Jede Frau muss ihren eigenen<br />

Weg zwischen Familie und Beruf finden,<br />

gesetzliche Regelungen bringen da nicht viel.<br />

Für mich persönlich habe ich beschlossen, eine<br />

modifizierte, vielleicht sogar selbstbewusstere<br />

Emanzipation zu leben. Dies hat mir den Raum<br />

gegeben, an der Seite meines Mannes, meine<br />

eigenen Pläne zu verwirklichen und meinen<br />

Teil zum Erfolg von Sixt beizutragen.<br />

SOUQ: Wie sieht das internationale Engagement<br />

von Sixt aus und wo ist Sixt in der<br />

arabischen Welt präsent?<br />

Regine Sixt<br />

Sixt: Wir sind heute ein internationaler Mobilitätsdienstleister.<br />

Schon zu Beginn der<br />

90er Jahre haben wir mit der Expansion außerhalb<br />

Deutschlands begonnen. In 20 Jahren<br />

ist es uns gelungen, die Präsenz von Sixt<br />

auf über 100 Länder auszubauen. Für die<br />

nächsten Jahre haben wir uns zum Ziel gesetzt,<br />

die internationale Expansion von Sixt<br />

mit Nachdruck voranzutreiben.<br />

Die arabische Welt ist für uns natürlich besonders<br />

wichtig. Ganz besonders für unsere<br />

Kooperation mit Emirate Airlines. Mein bester<br />

Freund ist der CSO von Emirates, Thierry<br />

Antinori, mit seiner wunderbaren Frau<br />

Senait. Darüber hinaus haben wir Kooperationen<br />

mit großen arabischen Hotelketten wie<br />

Jumeirah und weiteren Airlines wie Egypt-<br />

Air, Gulf Air, Royal Jordanien, Qatar Airways,<br />

Kuwait Airways, Middle East Airlines,<br />

Royal Air Maroc, Oman Air, Saudi Arabian<br />

Airlines, Tunisair und Ethihad.<br />

Inzwischen sind wir in vielen arabischen<br />

Ländern vertreten: Ägypten, Algerien, Bahrain,<br />

Djibouti, Irak, Jemen, Jordanien, Katar,<br />

Komoren, Kuwait, Libanon, Libyen, Marokko,<br />

Mauretanien, Oman, Palästina, Saudi-<br />

Arabien, Somalia, Sudan, Syrien, Tunesien<br />

und den VAE. Speziell für diese arabischen<br />

Länder habe ich eine eigene Uniform kreiert<br />

mit Schleier und beinbedeckenden Röcken für<br />

die Damen. Durch die Zusammenarbeit mit<br />

starken Franchisepartnern entwickelt sich das<br />

Vermietgeschäft seit Jahren sehr erfreulich.<br />

Fotos: Sixt<br />

International ist aber nicht nur das Vermietgeschäft.<br />

Über meine Stiftung unterstützt<br />

der Sixt Konzern vielfältige freiwillige soziale<br />

Engagements von Mitarbeitern und Franchise<br />

Partnern mit finanziellen Zuschüssen.<br />

Es ist mein Wunsch, mit meiner Stiftung in<br />

ebenso vielen Ländern aktiv zu sein wie Sixt.<br />

Wir sind auf einem guten Weg.<br />

37<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

Interview<br />

Prozent), Ägypten (24 Prozent), Libanon (23<br />

Prozent), gefolgt von Saudi-Arabien (18 Prozent),<br />

Jordanien (16 Prozent) und Algerien (15<br />

Prozent). Schlusslichter, nicht zuletzt auch infolge<br />

der politischen Situation, sind die Palästinensischen<br />

Autonomiegebiete (15 Prozent),<br />

der Irak (15 Prozent) und Syrien (13 Prozent).<br />

Dr. Gabi Kratochwil auf dem Arab-German Women Leaders Forum<br />

Die neuen arabischen Frauen. Arabische<br />

Unternehmerinnen spielen eine immer<br />

größere Rolle in der Geschäftswelt<br />

Es gibt sie, die erfolgreichen Geschäftsfrauen<br />

in der arabischen Welt. Sie kommen aus unterschiedlichen<br />

Bereichen, haben verschiedene<br />

Blickwinkel und sind diverser sozialer Herkunft.<br />

Sie haben sich einen Namen gemacht,<br />

leiten große Unternehmen, besetzen Schlüsselpositionen<br />

in der Politik, gestalten Gesellschaft.<br />

Ob als Unternehmerin, CEO oder Kfz-Mechanikerin.<br />

Ihr Boom ist stetig und fördert nicht nur<br />

eine dynamische Wirtschaftsentwicklung, sondern<br />

ist auch Ausdruck eines gesellschaftlichen<br />

Wandels in der arabischen Welt. So unterschiedlich<br />

die Geschäftsfelder und Biographien auch<br />

sind, sie alle eint der Mut, die Entschlossenheit<br />

und Durchsetzungskraft, ihr Leben selbstbestimmt<br />

zu gestalten und eine aktive Rolle in der<br />

arabischen Gesellschaft einzunehmen.<br />

Es hat immer schon erfolgreiche Frauen in der<br />

arabischen Welt gegeben, Schriftstellerinnen,<br />

Ärztinnen oder Anwältinnen. Aber in der Wirtschaftswelt<br />

waren Frauen früher deutlich seltener<br />

vertreten. Das also ist neu. Eine neue Facette.<br />

Bereits im Jahre 2004 veröffentlichte die arabische<br />

<strong>Ausgabe</strong> von Forbes (Forbes Arabia) eine<br />

Liste der 50 einflussreichsten arabischen Geschäftsfrauen.<br />

2006 auf Platz 1 Lubna Olayan,<br />

Prinzipalin aus Saudi-Arabien, auf Platz 2 Maha<br />

Al-Ghunaim, erfolgreiche Investmentbankerin<br />

aus Kuwait. Die vierfache Mutter und mit<br />

zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnete<br />

Gründerin von Global Investment House<br />

hat sich in der internationalen Finanzwelt einen<br />

Namen gemacht und die Folgen der weltweiten<br />

Finanzkrise mit Mut zur Selbstkritik, Innovation<br />

und Weitblick gemeistert.<br />

Bereits 2005 hob der Arab Human Development<br />

Report (ADHR) die wachsende Bedeutung<br />

von Geschäftsfrauen im arabischen Raum<br />

hervor. Im weltweiten Vergleich lagen die arabischen<br />

Staaten mit durchschnittlich 33,3 Prozent<br />

zwar noch deutlich unter dem weltweiten<br />

Durchschnitt von 55,6 Prozent (AHDR 2005:<br />

88,308). Aber die Entwicklung zeigt in die<br />

richtige Richtung, wenngleich mit deutlichen<br />

Unterschieden in den jeweiligen Ländern. Das<br />

belegen auch die aktuellen Zahlen der World<br />

Bank Gender Data Base. Der Anteil berufstätiger<br />

Frauen über 15 Jahre betrug 2011 an der<br />

Spitze in Qatar 52 Prozent, gefolgt von den<br />

VAE (44 Prozent), Kuwait (43 Prozent), und<br />

Bahrain (39 Prozent). Im Mittelfeld liegen<br />

Libyen (30 Prozent), Oman (28 Prozent), Marokko<br />

und Tunesien (26 Prozent), Jemen (25<br />

So unterschiedlich die jeweiligen Rahmenbedingungen<br />

sind, immer wieder schaffen es auch<br />

Frauen aus strukturschwachen Regionen und<br />

traditionellen Kontexten sogar in sogenannten<br />

Männerdomänen an die Spitze. So etwa die<br />

Kfz-Mechanikerin Maryam Darwish aus den<br />

Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie wurde<br />

als ältestes von 16 Kindern in Al Ain geboren.<br />

Ihre Eltern, Analphabeten, verheiraten sie mit<br />

zwölf Jahren. Mit 13 Jahren bekommt Maryam<br />

das erste von vier Kindern. Sie zieht mit<br />

ihrem Mann, einem Polizisten, nach Dubai, ist<br />

Hausfrau und Mutter – aber mit einem Traum.<br />

Dem Traum, eines Tages Kfz-Mechanikerin zu<br />

werden. Und sie schafft es. Ich treffe den „Autofreak<br />

in Abaya“, wie sie sich augenzwinkernd<br />

selbst nennt, 2011 in Dubai, wo sie mir, über<br />

eine Motorhaube gebeugt, ihre atemberaubende<br />

Geschichte erzählt. Inzwischen ist sie Customer<br />

Relationship Managerin von Al-Futtaim,<br />

einem der größten Autohäuser in Dubai.<br />

So wie Maryam verwirklichen immer mehr<br />

Frauen ihren Traum, viele auch als mittelständische<br />

Unternehmerinnen, so wie Dr. Azza Mahfouz<br />

aus Alexandria, die mithilfe ihrer Familie<br />

und eines Mikrokredits eine Apothekenkette in<br />

Ägypten aufgezogen hat. Oder aber die „Generation<br />

Tochter“: sie übernimmt traditionelle Familienunternehmen.<br />

So etwa Raja Al Gurg, Managing<br />

Director von Easa Saleh Al Gurg Group<br />

in Dubai oder Mona Almoayyed aus Bahrain,<br />

Managing Director von Y.K. Almoayyed &<br />

Sons. Beides jeweils Großkonzerne mit einem<br />

hoch diversifizierten Portfolio. Allesamt Global<br />

Player. An der Spitze mehrfach national und international<br />

ausgezeichnete Managerinnen. Viele<br />

dieser Unternehmerinnen fungieren als Vorbilder.<br />

Nicht nur ihre internationalen Auszeichnungen<br />

sondern ihr großes Engagement haben<br />

eine enorme Signalwirkung in die Gesellschaften<br />

hinein. Sie verändern Haltungen und Einstellungen,<br />

ermutigen zur Nachahmung. Denn<br />

Wandel beginnt auch in den Köpfen. Was früher<br />

undenkbar war, sich „nicht gehörte“, ist heute<br />

möglich, für viele erstrebenswert.<br />

Die Studie „Women Entrepreneurs in the<br />

Middle East“, 2007 von der International Fi-<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

38


interview<br />

SOUQ<br />

nance Corporation im Auftrag der Weltbank<br />

erstellt, zeigt einen deutlichen Zuwachs von<br />

Unternehmerinnen in der arabischen Welt.<br />

Die Studie basiert auf Erhebungen in fünf<br />

Ländern der Region: Bahrain, Jordanien, Libanon,<br />

Tunesien und die Vereinigten Arabischen<br />

Emirate in dem Zeitraum von Mai bis Oktober<br />

2006. Zu den am häufigsten genannten Gründen,<br />

die zur Selbständigkeit geführt haben,<br />

wurde angegeben: Unzufriedenheit über die<br />

Möglichkeiten auf dem bestehenden Arbeitsmarkt<br />

(„Wir können mehr“), die eigene Chefin<br />

sein, eine Führungsposition einnehmen<br />

(„breaking the glass ceiling“) oder das Familienunternehmen<br />

übernehmen. Die Studie zeigt<br />

zudem, dass die von Frauen geführten Unternehmen<br />

vornehmlich zu den mittelständischen<br />

und Großunternehmen zählen, überwiegend<br />

ihnen alleine gehören (Bahrain 59 Prozent, Tunesien<br />

55 Prozent, Jordanien und die VAE 48<br />

Prozent, Libanon 41 Prozent), und Arbeitsplätze<br />

schaffen (Tunesien 19,3 Prozent, die VAE<br />

13,9 Prozent, Bahrain 13,3 Prozent und Jordanien<br />

6 Prozent). Über die Hälfte der Unternehmerinnen<br />

sind verheiratet (von 72 Prozent in<br />

Tunesien bis 56 Prozent im Libanon) und führen<br />

ihr Unternehmen zwischen 10,6 (Libanon)<br />

und 5,9 (VAE) Jahren. Sie sind überwiegend<br />

optimistisch, was das Wachstum ihrer Firma<br />

betrifft (von 88 Prozent VAE bis 61 Prozent<br />

in Tunesien) und planen eine Expansion (von<br />

81 Prozent VAE bis 49 Prozent Libanon). Interessanterweise<br />

gaben die Frauen überwiegend<br />

an, dass die Tatsache, dass sie Frauen sind, keine<br />

negativen Auswirkungen auf ihr Business<br />

habe. Einige betrachteten dies sogar als Vorteil<br />

(Jordanien 50 Prozent, Libanon 46 Prozent),<br />

andere als schlichtweg egal (Bahrain 79 Prozent,<br />

Tunesien 58 Prozent, VAE 56 Prozent).<br />

Und immer wieder fungieren diese erfolgreichen<br />

arabischen Geschäftsfrauen als „Agenten des<br />

Wandels“. So auch die Jungunternehmerin Deena<br />

Al Faris aus Saudi-Arabien. Sie ist CEO der<br />

Unternehmensgruppe Al Faris Group of Industries,<br />

ein Familienunternehmen in Dammam, zu<br />

der die Kaviarfirma Caviar Court gehört. Deena<br />

steht in Jeans, Abaya und Kopftuch mit einem<br />

Köcher vor einem großen Wasserbecken, darin<br />

schwimmen kräftige Störe. Sie erklärt ihren<br />

Mitarbeitern, was es bei der Aufzucht der Fische<br />

zu beachten gilt. Inzwischen werden hier rund<br />

fünf Tonnen Kaviar pro Jahr produziert. Deena<br />

kandidiert 2009 für die lokale Handelskammer<br />

in Dammam, engagiert sich gemeinsam mit<br />

anderen saudischen Jungunternehmerinnen im<br />

Council of Young Businesswomen und verfasst<br />

2010 gemeinsam mit anderen Frauen eine offizielle<br />

Petition zur Abschaffung der Resolution<br />

120, welche bis dato die Geschäftstätigkeit von<br />

Frauen enorm einschränkte. So brauchten Geschäftsfrauen<br />

beispielsweise einen männlichen<br />

General Manager, eine Art Vormund, der das<br />

Unternehmen nach außen hin vertrat und Unterschriften<br />

tätigte. Deena und ihre Mitstreiterinnen<br />

haben Erfolg. Im März 2011 wird die Resolution<br />

120 abgeschafft. Vieles ist im Wandel.<br />

Ein wesentlicher Faktor dieser positiven Entwicklung<br />

liegt vor allem in den deutlich verbesserten<br />

Bildungschancen für Frauen im<br />

arabischen Raum. Bildung – das zentrale Zukunftsthema<br />

in der arabischen Welt. Der Rohstoff<br />

von Morgen heißt Wissen. Die wissensbasierte<br />

Gesellschaft gilt als Antwort auf die<br />

künftigen Herausforderungen, die gekennzeichnet<br />

sind von Globalisierung, Diversifizierung<br />

der Wirtschaft und Bevölkerungswachstum.<br />

Vor allem die Frauen profitieren von der Bildungsoffensive<br />

in der arabischen Welt – nicht<br />

überall in gleichem Maße – aber dennoch spürbar.<br />

Die Zahl der gebildeten arabischen Frauen<br />

hat sich binnen zwei Generationen vervielfacht.<br />

Laut der Studie der Weltbank von 2008 „The<br />

Road not Traveled. Education Reform in the<br />

Middle East and North Africa“ ist das Verhältnis<br />

der Einschulung von Mädchen und Jungen<br />

im Primarschulbereich mit durchschnittlich<br />

0,95 Prozent (Gender Parity Index/GPI) nahezu<br />

ausgeglichen.<br />

Im Hochschulbereich hat es gar eine Trendwende<br />

gegeben. In Algerien, Bahrain, Jordanien,<br />

Kuwait, Libanon, Libyen, Oman, Qatar,<br />

Saudi-Arabien, Tunesien, den V.A.E. und der<br />

Westbank und Gaza studieren mehr Frauen als<br />

Männer an den örtlichen Hochschulen. Dieser<br />

Trend ist nicht nur der erhöhten Partizipation<br />

von Frauen geschuldet, sondern auch der Tatsache,<br />

dass viele männliche Studenten im Ausland<br />

studieren und daher in den nationalen Statistiken<br />

nicht erscheinen. Dennoch: die Trendwende<br />

ist deutlich spürbar. Nie zuvor hatten Frauen in<br />

der arabischen Welt soviel Zugang zu formaler<br />

Bildung wie heute.<br />

Es sind diese gut ausgebildeten, hochqualifizierten<br />

und vor allem hochmotivierten Frauen,<br />

die nun auf dem Arbeitsmarkt sind und im<br />

Sinne von brain gain eine wichtige Ressource<br />

für die Wirtschaft darstellen. Anders als viele<br />

ihrer männlichen Kollegen, die ins Ausland<br />

gehen, stehen sie dem lokalen Arbeitsmarkt<br />

zur Verfügung. Dies betonte auch Dr. Ibrahim<br />

Ibrahim, Generalsekretär im Generalsekretariat<br />

für Planung und Entwicklung aus Katar anlässlich<br />

der Eröffnung des Qatar International<br />

Businesswomen Forum im Mai 2011: „Es ist<br />

nicht zuletzt auch eine strategische Notwendigkeit,<br />

die Hälfte unseres hochqualifizierten<br />

und motivierten Human Capital zum Wohle<br />

unserer Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen:<br />

Frauen.“ Er bekam dafür übrigens nicht<br />

nur von den anwesenden Damen viel Applaus.<br />

Auch ein schönes Bild: Nach dem fünften New<br />

Arab Woman Forum in Beirut im Februar 2012<br />

demonstrierten Männer, ausgestattet mit dem<br />

pinkfarbenem Schal der Konferenz, gemeinsam<br />

mit den Frauen in den Straßen Beiruts für<br />

die Förderung von Frauen. Das Motto: „sawa,<br />

sawa“. „Gemeinsam, gemeinsam“. Und erklärte<br />

nicht auch Robert Zoellick, Präsident der<br />

World Bank Group: „Gender equality in business<br />

is smart economics. Enlightened private<br />

sector companies recognize that.” Aus der arabischen<br />

Welt gibt es hierzu viele positive und<br />

ermutigende Beispiele.<br />

Mehr spannende Einblicke in die Erfolgsgeschichten arabischer Frauen<br />

vermittelt das Buch:<br />

Gabi Kratochwil, Die<br />

neuen arabischen Frauen.<br />

Erfolgsgeschichten<br />

aus einer Welt im Aufbruch,<br />

orellfüssli 2012<br />

39<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>


SOUQ<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong><br />

40


Before<br />

After<br />

SOUQ<br />

The efficient way of cleaning production equipment:<br />

Dry Ice Cleaning by Ice Field<br />

Dry Ice Cleaning technology benefi ts<br />

• Reduction of downtime<br />

• No surface erosion on metal, ceramic, glass<br />

• No solid or liquid blasting material waste<br />

• No cleaning agent residue remaining on surfaces<br />

• Wide range of applications: removes lubricants,<br />

separating agents, lacquer coatings and all kinds of<br />

surface oxidation<br />

Services<br />

• Dry ice production<br />

• Dry ice cleaning<br />

• High pressure water cleaning<br />

• Enquiring service<br />

Application areas<br />

• Chemical industry<br />

• Printing industry<br />

• Rubber industry<br />

• Food industry<br />

• Airport maintenance<br />

• Oil industry<br />

• Pharmaceutical industry<br />

• Shipyards<br />

Find out more about us and the dry ice cleaning technology:<br />

Ice Field Dry Ice Engineering GmbH // Industriepark Hoechst Building C 346<br />

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41<br />

SOUQ / 4/<strong>2013</strong>

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