Dufour Map – Spitzenkartografie in der vierten Dimension
Dufour Map – Spitzenkartografie in der vierten Dimension
Dufour Map – Spitzenkartografie in der vierten Dimension
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kultur- und Technikgeschichte<br />
aus den fehlenden f<strong>in</strong>anziellen Mitteln zu<br />
spüren glaubten, liessen sie mehr als e<strong>in</strong>mal<br />
be<strong>in</strong>ahe verzweifeln, und nicht viel<br />
hätte gefehlt, und sie hätten die Arbeit<br />
h<strong>in</strong>geworfen. Doch irgendwie schienen<br />
alle zu spüren, dass sie hier an e<strong>in</strong>em nationalen<br />
Werk arbeiteten.<br />
Doch ich möchte unsere damalige Situation<br />
nicht allzu sehr idealisieren, denn neben<br />
Gobat for<strong>der</strong>te unser Werk auch noch<br />
e<strong>in</strong> weiteres Todesopfer, das <strong>in</strong> ehrendem<br />
Andenken zu halten ich Sie hiermit bitte:<br />
Im heutigen OLMA-Gastkanton Graubünden<br />
musste e<strong>in</strong>es me<strong>in</strong>er hoffnungsvollsten<br />
Talente, <strong>der</strong> Luzerner Peter Anton<br />
Glanzmann, erst neunzehnjährig se<strong>in</strong> junges<br />
Leben lassen, als er bei topografischen<br />
Aufnahmen am 25. Juni 1845 am Piz<br />
Mund<strong>in</strong> im Unterengad<strong>in</strong> abstürzte. Wir<br />
mussten damals den Gefahren unseres<br />
Berufes und unserer Berufung klar <strong>in</strong>s Auge<br />
blicken, und ich denke, dass uns das<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gewissen S<strong>in</strong>ne auch zusammengeschweisst<br />
hat. Wir waren zwar nie<br />
e<strong>in</strong>e eigentliche Truppe, aber wenn wir<br />
schon bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong>art militärischen Begriff<br />
s<strong>in</strong>d, so darf ich nicht ohne Stolz darauf<br />
h<strong>in</strong>weisen, dass im Son<strong>der</strong>bundskrieg,<br />
bei dem ich von <strong>der</strong> Tagsatzung<br />
erstmals mit <strong>der</strong> Aufgabe e<strong>in</strong>es Generals<br />
betraut wurde, e<strong>in</strong>ige me<strong>in</strong>er fähigsten<br />
Leute <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er unmittelbaren Umgebung<br />
wirkten: so war Buchwal<strong>der</strong> beispielsweise<br />
<strong>der</strong> Chef me<strong>in</strong>es Generalstabes,<br />
und Coaz, e<strong>in</strong> sehr begabter Bündner<br />
Forst<strong>in</strong>genieur, welcher als Topograf<br />
e<strong>in</strong>ige Sektionen aufgenommen hatte,<br />
war me<strong>in</strong> persönlicher Sekretär. Er bestieg<br />
später als Erster den Piz Bern<strong>in</strong>a, taufte<br />
den bis anh<strong>in</strong> noch namenlosen Piz Quattervals<br />
im Oberengad<strong>in</strong>, und nach se<strong>in</strong>er<br />
Topografenzeit wirkte er als Eidgenössischer<br />
Oberforst<strong>in</strong>spektor.<br />
Die Kartografen <strong>der</strong> Nation<br />
Es ist übrigens bemerkenswert, dass <strong>der</strong><br />
Son<strong>der</strong>bundskrieg und das nachfolgende<br />
Geburtsjahr 1848 <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Schweiz<br />
ziemlich genau die Mitte unseres Unternehmens<br />
markierten. Es schmeichelt uns<br />
natürlich schon e<strong>in</strong> bisschen, wenn die<br />
mo<strong>der</strong>nen Historiker die Parallelitäten<br />
Abb. 5: Bildschirmdarstellung von <strong>Dufour</strong>s Heimatstadt Genf <strong>in</strong> Form se<strong>in</strong>er eigenen<br />
Karte und <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen Landeskarte: Die Stadt ist noch von den Schanzen<br />
umgürtet, welche nach <strong>der</strong> Gründung des Bundesstaates überflüssig wurden<br />
(© swisstopo).<br />
zwischen dem Entstehen unseres Kartenwerkes<br />
und jenem <strong>der</strong> Nation zu ihrem<br />
Forschungsgegenstand gemacht haben;<br />
wir haben se<strong>in</strong>erzeit <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie unsere<br />
Aufgabe wahrgenommen, nämlich die<br />
Vermessung und Kartierung des Landes,<br />
aber wenn wir heute als die «Kartografen<br />
<strong>der</strong> Nation» bezeichnet werden, so ist<br />
das nicht ganz unzutreffend.<br />
Als wir mit <strong>der</strong> «Triangulation primordiale»<br />
die Alpen überquert und erstmals die<br />
Südschweiz vermessungstechnisch mit<br />
dem Rest des Landes verbunden hatten,<br />
f<strong>in</strong>g <strong>der</strong> Hauptteil unserer Arbeit erst an,<br />
denn wir hatten erst das vermessungstechnische<br />
Gerüst für die topografischen<br />
Aufnahmen geschaffen. Damit ich diese<br />
Aufnahmen und die kartografischen Arbeiten<br />
optimal leiten konnte, gründete ich<br />
im Jahre 1838 <strong>in</strong> Genf das «Eidgenössische<br />
Topographische Bureau». Zehn Jahre<br />
vor dem Gründungsjahr <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />
Schweiz bildete es e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten Zellen<br />
<strong>der</strong> späteren Zentralverwaltung des Bundes.<br />
Wenn ich die heutige Bezeichnung<br />
<strong>der</strong> swisstopo <strong>in</strong> Betracht ziehe, dann darf<br />
ich mit etwas Schmunzeln feststellen,<br />
dass sich <strong>in</strong> diesen 165 Jahren ziemlich<br />
wenig verän<strong>der</strong>t hat, denn wir waren damals<br />
schon die «suissetopo», und wie es<br />
die Zeitumstände geboten, richteten wir<br />
uns halt eher nach Frankreich aus und<br />
nicht wie heute zum angloamerikanischen<br />
Sprachraum. Sie sehen, me<strong>in</strong>e Damen<br />
und Herren, wenn man so lange lebt<br />
wie ich, stellt man fest, dass sich bei genauer<br />
Betrachtung herzlich wenig än<strong>der</strong>t<br />
im Lauf <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge: Die Fragestellungen<br />
bleiben immer dieselben, aber die Mittel,<br />
mit denen diese Fragen beantwortet werden<br />
können, än<strong>der</strong>n sich.<br />
So spricht man doch heute viel von «Globalisierung».<br />
Die hatten wir damals auch<br />
schon: Weil <strong>in</strong> unseren Zeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Schweiz nur wenig kartografisches<br />
Know-how vorhanden war, mussten wir<br />
unser Augenmerk <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangsphase<br />
aufs Ausland richten. In <strong>der</strong> Schweiz<br />
herrschte e<strong>in</strong> akuter Mangel an guten<br />
Kupferstechern. R<strong>in</strong>aldo Bressan<strong>in</strong>i beispielsweise,<br />
<strong>der</strong> aus dem Südtirol stammte<br />
und 1838 als Flüchtl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> die Schweiz<br />
gekommen war, stellte uns se<strong>in</strong> Können<br />
für den Stich <strong>der</strong> Karte zur Verfügung.<br />
Von se<strong>in</strong>er Erfahrung profitierten schweizerische<br />
Fachleute wie He<strong>in</strong>rich Mühlhaupt<br />
und an<strong>der</strong>e Kartografen. Ich habe<br />
mir sagen lassen, dass, wenn heutzutage<br />
e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g für e<strong>in</strong> <strong>der</strong>art hochrangiges<br />
helvetisches Schlüsselwerk angestellt<br />
würde, e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> schweizerischen Parteienlandschaft<br />
vermutlich entrüstet reagieren<br />
würde. Wir konnten se<strong>in</strong>erzeit<br />
nicht an<strong>der</strong>s, wir strebten stets nach dem<br />
Geomatik Schweiz 12/2003<br />
679