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TEST<br />

72 | FREERIDE 3|13


NUR<br />

EINER<br />

KANN<br />

GEWINNEN<br />

Wir riefen auf zum ultimativen Shoot-out: Acht spannende Bikes, vier<br />

Duelle, vier Schusswechsel und nur vier Gewinner. Lest selbst, wer es<br />

schaffte, den rauchenden Colt zurück ins Halfter zu stecken.<br />

Illustration: Tim Möller-Kaya<br />

<strong>Freeride</strong>r:<br />

Superenduros:<br />

Race-Enduros:<br />

Größenvergleich:<br />

Specialized gegen Kona<br />

Carver gegen Radon<br />

Lapierre gegen Cube<br />

Specialized 26 gegen Specialized 29<br />

FREERIDE 3|13 | 73


TEST: FREERIDER<br />

Glätteisen<br />

Sprungfeder<br />

180er-<strong>Freeride</strong>r waren mal die angesagteste Bikekategorie überhaupt. Zeiten<br />

ändern sich. Heute dreht sich alles nur noch um Enduros und die dicken Kumpel<br />

sind nicht mehr en vogue. Aber es gibt sie noch, denn für Bikeparks sind<br />

sie sinnvolle Geräte. Selbst dann, wenn man den Geldbeutel schonen will?<br />

Text: Christian Schleker<br />

Wo für die Bikeindustrie gerade der Rubel rollt, ist leicht zu erkennen.<br />

Man muss nur schauen, wo Innovationen präsentiert werden. Neue<br />

Federgabeln? Gibt’s im 160er-Segment. Neue Dämpfer? Luftversionen<br />

für wenig Gewicht. Neue Reifen? Kommen in 27,5 Zoll. Alles rennt in<br />

Richtung Enduro. Die letzte Federgabel eines großen Herstellers für den<br />

180er-Bereich war die Fox „36/180“ – und das ist schon ein paar Jahre<br />

her. Wenn etwas Neues mit viel Federweg angepriesen wird, dann im<br />

Downhill-Sektor. Und auch hier tauchen schon die ersten Bikes mit<br />

größeren Laufrädern auf. Da wirken die klassischen <strong>Freeride</strong>r wie die<br />

neuen Stiefkinder der Industrie. Aber so lange es noch Neuheiten bei<br />

den 180er-<strong>Freeride</strong>rn gibt, werden wir sie auch testen. Dass das gar nicht<br />

so leicht ist, erkennt man daran, dass nur ein Bike dieses Tests wirklich<br />

„neu“ ist. Das Specialized „Enduro Evo“ beerbt das „SX Trail“ – den<br />

Urvater der <strong>Freeride</strong>-Allrounder, ein Kultbike. Groß war dann auch das<br />

Geheule, als der Name des neuen Modells bekannt wurde: „Enduro“!<br />

Dabei wissen alte Hasen, dass auch das „SX Trail“, als es das Licht der<br />

Welt erblickte, eine etwas massivere Version des normalen „Enduros“<br />

war und zunächst folgerichtig auf den Namen „Enduro SX Trail“ hörte.<br />

Seine Wurzeln konnte man bis zur letzten Baureihe daran erkennen,<br />

dass Specialized an einer kompletten Übersetzung festhielt. Zwei Kettenblätter<br />

vorne waren immer verbaut, obwohl das Bike größtenteils<br />

im Park eingesetzt wurde. Aber es sollte eben auch tourentauglich sein.<br />

Das ist auch beim neuen „Enduro Evo“ so. Es ist massiv gebaut (knapp<br />

16 Kilo), lässt sich aber gerade noch zum Berggipfel treten. Dafür haben<br />

die Amis dem Rahmen einen steilen 75,4er-Sitzwinkel spendiert und<br />

den Hinterbau auf 180 Millimeter aufgestockt, dabei aber darauf geachtet,<br />

dass er nicht nur schluckfreudig, sondern auch noch ein Stück weit<br />

antriebsneutral arbeitet. Die Einstiegsversion kommt mit einer 170-Mil-<br />

Mini-Downhiller: Das „Enduro<br />

Evo“ mag vom Namen und der<br />

Optik her an die Enduroserie<br />

der Amis angelehnt sein. Die<br />

Fahrleistungen ordnet es aber<br />

eher in die Kategorie „Status“/<br />

„Demo“ ein. Die teuere Variante<br />

des „Evo“ (4499 €) mit Fox<br />

180er-Gabel ist übrigens noch<br />

potenter.<br />

DUELL<br />

SIEGER<br />

SPECIALIZED Enduro Evo 26<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Specialized Europe B.V,<br />

www.specialized.com<br />

Material/Größen <br />

Alu/S,M,L<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 2 499 Euro/15,7 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

170 mm/180 mm<br />

Hinterbausystem<br />

Viergelenker<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer X-Fusion Vengeance R/Fox Van R<br />

Kurbeln/Schaltung <br />

SRAM S1250/SRAM X9<br />

Bremsanlage <br />

Avid Elixir 3 SL<br />

Laufräder Spec. HI LO Naben, P. Disc Status Disc Felgen,<br />

<br />

Specialized Butcher SX 2,3 Reifen<br />

40<br />

Reach 429 mm<br />

Stack 600 mm<br />

BB-Drop +8,5 mm<br />

420<br />

585<br />

120<br />

75,4°<br />

65,4°<br />

PERFORMANCE<br />

1172 345<br />

419<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9<br />

74 | FREERIDE 3|13<br />

10<br />

FREERIDE RANKING: maximal 10 Punkte.


limeter- „Vengeance R“ von X-Fusion und dem betagten, aber guten Fox<br />

„Van R“ in die Shops. Sein Kontrahent ist ein alter Bekannter: Das Kona<br />

„Entourage“. Der graue Brocken (über 18 Kilo Gesamtgewicht!) wurde<br />

konsequent für den Bikeparkeinsatz entwickelt. Keine Schaltung vorne,<br />

Stummelstütze im nominal steilen, faktisch aber ultraflachen Sitzrohr:<br />

Mit dem Ding tritt niemand einen Berg hoch. Auch Kona verpasst seiner<br />

günstigen Version den Fox „Van R“ fürs Heck. Vorne werkelt die gute alte<br />

„Domain R“ von RockShox.<br />

Die Praxis<br />

Für das Duell hatten wir uns den Bikepark Schladming ausgesucht. Auf<br />

den Rumpelstrecken sollten die beiden <strong>Freeride</strong>r zeigen, ob sie noch<br />

eine Daseinsberechtigung haben. Das „Enduro Evo“ empfing uns mit<br />

altbekannter Wohlfühl-Geo. Draufsetzen und alles passt: Schön tief und<br />

lang, wie es heutzutage Mode ist. Der Hinterbau war gut auf unseren<br />

70-Kilo-Testfahrer abgestimmt, die Gabel allerdings wirkte beim Einrollen<br />

auf dem Parkplatz bereits recht weich – und war es dann auch. Bei<br />

Drops rauschte die „Vengeance“ komplett durch den Hub, auch beim<br />

Anbremsen vor Kurven tauchte das Bike weg. Klar ist: Die Serienfeder<br />

passt überhaupt nicht zum Heck und vermurkst die Fahreigenschaften<br />

des „Enduro Evo“. Nach einem Anruf beim Importeur bekamen wir<br />

eine Feder für 90-Kilo-Piloten (!) und die passte überraschenderweise<br />

sehr gut. Prompt konnte das Specialized überzeugen. Mit extrem<br />

siche rem Handling brät das Bike auch durch üble Wurzelpassagen. Die<br />

Gabel arbeitet schnell und hält gut Bodenkontakt. Der Hinterbau ist sehr<br />

schluckfreudig, weil etwas linearer als der Vorgänger. An ein Big Bike<br />

kommt es zwar nicht heran, dennoch vermittelt das „Enduro Evo“ viel<br />

Sicherheit. Im Gegenzug behält es die typische Agilität, die man von<br />

einem guten <strong>Freeride</strong>r erwartet. Wo man mit dem Downhiller draufhält,<br />

drückt man sich mit dem „Enduro Evo“ gerne nochmal über eine Wurzel<br />

ab und fliegt ein Stück, statt zu brettern. Die Bremsen sind grenzwertig<br />

an so einem Gerät – auf langen Abfahrten gab’s Fading.<br />

Eine harte Nuss also für das „Entourage“. Auf dem sitzt man ähnlich<br />

ausgewogen und tief. Das Übergewicht spürt man im Vergleich nicht<br />

so extrem, wie befürchtet. Aber der Charakter des Kona ist trotzdem<br />

ein gänzlich anderer: Wo das Specialized wie ein kleines Downhillbike<br />

durchs Gelände pflügt, gibt der progressivere Hinterbau des „Entourage“<br />

mehr Schläge an den Fahrer durch. Die Laufruhe leidet etwas. Dafür<br />

springt das Bike eine Klasse besser. Der Popp ist wirklich enorm und<br />

verleitet zum Spielen mit dem Untergrund. Die „Domain“ ohne Druckstufenverstellung<br />

hilft da nur bedingt. Gerade im mittleren Federwegsbereich<br />

gibt sie zuviel Hub frei. Dank deutlicher Endprogression schluckt<br />

sie stumpfe Landungen zwar effektiv und ohne Durchschlag, aber ganz<br />

harmonisch ist das Fahrwerk so nicht. Dafür sorgen die „Code“-Bremsen<br />

für entspannte Finger.<br />

Fazit: Das Specialized ist der Sieger dieses engen Duells. Allerdings<br />

nur, wenn man die Serienfeder der Gabel gegen die zwei Nummern<br />

härtere Version tauscht. Dann ist das „Enduro Evo“ sehr ausgewogen,<br />

sicher und trotzdem noch agil. Das Kona ist beim Handling<br />

auf Augenhöhe und springt sogar besser, verliert aber in schnellen<br />

Passagen den Anschluss. Front und Heck arbeiten sehr progressiv,<br />

die Gabel bräuchte eine effektivere Druckstufendämpfung.<br />

KONA Entourage<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Material/Größen <br />

Preis/Gewicht ohne Pedale <br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

Hinterbausystem<br />

Kona Europe,<br />

www.konaworld.com<br />

Alu/S,M,L<br />

2 399 Euro/17,7 kg<br />

170 mm/170 mm<br />

Mehrgelenker<br />

Maxi-Dirtjumper: Das „Entourage“<br />

mag aussehen wie ein<br />

„Operator“, ist aber mehr klassischer<br />

Parkfreerider denn<br />

Mini-Downhillbike. Viel Popp<br />

im Heck, spaßiges Handling,<br />

doch Obacht wenn’s richtig<br />

schnell wird!<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer RockShox Domain R/Fox Van R<br />

Kurbeln/Schaltung FSA Gravity Gap/SRAM X7<br />

Bremsanlage <br />

Avid Code R<br />

Laufräder Sunringle MTX 33 Felgen, Formula Disc<br />

Naben, Maxxis High Roller 2 2,4 Reifen<br />

50<br />

Reach 430 mm<br />

Stack 599 mm<br />

BB-Drop +2 mm<br />

430<br />

588<br />

120<br />

76°<br />

65°<br />

PERFORMANCE<br />

1169 342<br />

413<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 8,5<br />

10<br />

FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance.<br />

Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar.<br />

FREERIDE 3|13 | 75


TEST: SUPERENDUROS<br />

Schwarmintelligenz<br />

Kinematik-<br />

Mastermind<br />

Superenduros sind Allzweckwaffen: ein Bike für alles, ob Tour oder Park. Sie müssen<br />

leicht sein und dennoch hart im Nehmen. Carver schickte das „ICB 02“ ins<br />

Rennen – konzipiert von der Internetgemeinde. Bikekonstrukteur Bodo Probst<br />

hält mit seinem neuen „Baby“ dagegen, dem „Swoop 175“.<br />

Text: Dimitri Lehner<br />

Dieses Duell haben wir uns schon lange herbeigewünscht: Schwarmintelligenz<br />

gegen Kinematikpapst. Schwarmintelligenz deshalb, weil<br />

hinter der Entwicklung des Carver rund 4000 Internet-User stecken.<br />

Das IBC-Forum hatte dazu aufgerufen, das perfekte Superenduro zu entwickeln<br />

und jeder, der glaubte, seinen Senf dazu beitragen zu müssen,<br />

konnte das im Online-Forum tun. Der Prozess zog sich über Monate hin<br />

und nahm teilweise absurde Züge an, wenn zum Beispiel die Diskussionen<br />

über den idealen Lenkwinkel von extrem steil bis superflach<br />

schwankten. Irgendwann mutmaßten wir, dass viele Köche tatsächlich<br />

den Brei verhauseln – oder am Ende gar ein demokratisch weich gewaschenes<br />

Lirum-Larum-Bike rauskommen würde. Carver-Konstrukteur<br />

Stefan Stark setzte schließlich die Userwünsche um und voilà: Das<br />

Carver „ICB“ war geboren. Witzigerweise ist Stefan Stark ein Schüler von<br />

Kinematik-Mastermind Bodo Probst, der mit dem Radon „Swoop“ eindrucksvoll<br />

zeigt, dass ein potentes Bike nicht schwer sein muss. Das<br />

„Swoop“ beeindruckte uns bereits im Test (FREERIDE 1/13). Für diesen<br />

Schlagabtausch schickte uns Bodo eine agilere Variante mit 170er- statt<br />

180er-Gabel und Downhill-Dämpfer. Von den Federwegen und dem<br />

Einsatzzweck her könnte das Duell nicht ausgeglichener sein, in Preis<br />

und Ausstattung ist es auf den ersten Blick allerdings unfair. Leider war<br />

das Top-Modell „ICB 03“ (3799 Euro, 12,8 Kilo) noch nicht verfügbar und<br />

das führt zu dem heftigen Preisunterschied von 1700 Euro. Es ist, als<br />

hätte man für den Shoot-out drei Patronen aus der Revolvertrommel<br />

des Carver entfernt! Dennoch ließen wir die zwei aufeinander los und<br />

Viel Bike fürs Geld: Wir<br />

wollten kaum glauben,<br />

dass das Carver so<br />

günstig ist. Super Preis-<br />

Leistung! Hier gibt es<br />

kein Teil, das die Testerstirn<br />

ins Kräuseln gebracht<br />

hätte.<br />

CARVER ICB 02<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Apollo Bike GmbH/Zweirad Feldt,<br />

www.carver.de<br />

Material/Größen <br />

Alu/41,44,47,50,53<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 2 500 Euro/14,2 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

Hinterbausystem<br />

170 mm/170 mm<br />

Viergelenker<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer RockShox Lyrik RC2 DH/Monarch+<br />

Kurbeln/Schaltung Shimano SLX/Shimano SLX<br />

Bremsanlage <br />

Shimano SLX<br />

Laufräder Sun Ringle Charger Pro Systemlaufradsatz,<br />

<br />

Onza Ibex 2,4 Reifen<br />

60<br />

Reach 419 mm<br />

Stack 586 mm<br />

BB-Drop +5 mm<br />

455<br />

589<br />

115<br />

73,8°<br />

64°<br />

PERFORMANCE<br />

1174 345<br />

423<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9<br />

76 | FREERIDE 3|13<br />

10<br />

FREERIDE RANKING: maximal 10 Punkte.


kalkulierten das Handicap mit ein, so gut es ging. Paradox: Fragte man<br />

nach dem teureren Bike, zeigten die meisten automatisch auf das Carver.<br />

Grund: die edle Optik. Der Rahmen ist blau eloxiert mit geglättetem<br />

schlichten Logo, die Kabelführung aufgeräumt und der Hinterbau hochwertig<br />

gearbeitet. Sehr schick! Dagegen wirkt das Radon – man muss es<br />

leider so sagen – billig! Nicht die Rahmenform mit den spannend hydroformierten<br />

Rohren, sondern die 1980er-Jahre-Schnipsel-Lackierung und<br />

der Hinterbau in Müllmannshosen-Orange. Auch die Kabelführung ist<br />

wirr. Das geht viel besser! Dass im Radon zum Beispiel die extrem leicht<br />

rollenden Carbonlaufräder von DT Swiss (1900 Euro) stecken und Carbonkurbeln<br />

von Race Face (500 Euro), sieht man erst auf den zweiten<br />

Blick – und das erklärt auch den hohen Preis.<br />

Die Praxis<br />

Wir jagten die Bikes die bayerischen Alpengipfel hoch und runter,<br />

bretterten über Bikeparktrails, rollten über 3-Meter-Drops und spürten<br />

schnell: Die zwei liegen dicht beisammen. So dicht, dass es den Testern<br />

egal war, wenn sie das Bike für die letzte Spaßabfahrt des Tages wählen<br />

durften. Das will was heißen! Beide Bikes vertrauen auf bewährte<br />

Federelemente (etwa die 170er-„Lyrik DH“) und besitzen eine durchdachte<br />

Hinterbau kinematik. Das beschert Fahrwerke, die selbst auf ruppigen<br />

und schnellen Parkabfahrten Ruhe ins Bike bringen. Wir waren<br />

überrascht, wie potent sich die Kisten zeigten. Radon verbaut sogar<br />

den dicken „Vivid“-Dämpfer, der noch etwas satter zu Werke geht als<br />

Carvers „Monarch Plus“ – doch da wären wir wieder bei dem Preisnachteil.<br />

Bergauf hatte das Radon die Nase vorne, das verwundert nicht:<br />

66er-Lenkwinkel, steiler Sitzwinkel und geringes Gewicht – dazu die<br />

euphorieauslösenden Carbonlaufräder, die wie ein Perpetuum Mobile<br />

rotierten. Da tat sich das Carver etwas schwerer: 64er-Lenkwinkel (!),<br />

flacher Sitzwinkel und wuchtige Brummelreifen – auf steilen Rampen<br />

muss man sich nach vorne beugen und den Vorderreifen nach unten<br />

zwingen. Oder zuvor zum Inbusschlüssel greifen, denn das Carver bietet<br />

eine Geo-Verstellung (insgesamt vier Positionen) bei gleichem Federweg.<br />

Das flacht den Lenkwinkel um ein Grad – und so geht’s schon viel besser!<br />

13,8 Kilo gibt Carver offiziell als Gewicht an – wir maßen 14,2. Leichter<br />

wäre besser – gerade in dieser Bikeklasse.<br />

Wir blenden den Gewichtsvorteil aus und den erwähnten Preisnachteil<br />

ein. Dennoch ergibt sich ein knapper Duellsieg für Radon – doch<br />

wir können uns gut vorstellen, dass beim nächsten Schusswechsel der<br />

Neuling Carver als „ICB 03“ den renommierten Revolverhelden, Bodo<br />

Probst’s „Swoop“, niederstrecken könnte.<br />

Fazit: Beide Bikes sind Superenduros, wie wir sie uns wünschen.<br />

In den großen Vergleichstests hätten beide Kandidaten vorne mitgemischt.<br />

Chapeau vor der Internetgemeinde, Chapeau vor Altmeister<br />

Bodo Probst! Unserem Fahrstil kommt das agile Radon<br />

etwas mehr entgegen. Bergab spielt es den Vorteil des teueren<br />

„Vivid“-Dämpfers aus. Sieg für Radon also, obwohl die hohe Preisdifferenz<br />

das Duell ungleich macht.<br />

RADON Swoop 175<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

H&S Bike-Discount GmbH,<br />

www.radon-bikes.de<br />

Material/Größen <br />

Alu/S,M,L<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 4 199 Euro/13,7 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

170 mm/175 mm<br />

Hinterbausystem<br />

Viergelenker<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer RockShox Lyrik RC2 DH/RS Vivid Air<br />

Kurbeln/Schaltung Race Face SixC Carbon/SRAM XO<br />

Bremsanlage <br />

Avid XO Trail<br />

Laufräder DT Swiss EXC 1550 Carbon Systemlaufradsatz,<br />

<br />

Schwalbe Hans Dampf 2,35 Reifen<br />

Potentes Fahrwerk, angenehme<br />

Geometrie, edle<br />

Ausstattung – in dieser<br />

teueren Version ist das<br />

„Swoop“ ein Burner. Nur<br />

die Lackierung dämpfte<br />

unsere Euphorie – etwas<br />

mehr Detailliebe bitte!<br />

DUELL<br />

SIEGER<br />

Reach 418 mm<br />

Stack 601 mm<br />

BB-Drop +2 mm<br />

450<br />

586<br />

50<br />

120<br />

74,5°<br />

66°<br />

PERFORMANCE<br />

1166 340<br />

436<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9,5<br />

10<br />

FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance.<br />

Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar.<br />

FREERIDE 3|13 | 77


TEST: RACE-ENDUROS<br />

Gameboy<br />

Zauberwürfel<br />

Race-Enduros haben eine klare Zielvorgabe: Sie sollen leicht, effi zient und vor<br />

allem schnell sein. Die zwei Kontrahenten dieses Tests versuchen, dieses Ziel<br />

auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen: Lapierre setzt auf elektronische<br />

Dämpfersteuerung, Cube auf 650B-Laufräder und Ultraleichtrahmen.<br />

Text: Christian Schleker<br />

Zumindest beim Rahmenwerkstoff sind sich Lapierre und Cube einig:<br />

Carbon muss es sein. Dann hört’s aber auch schon auf mit der Einigkeit.<br />

Lapierre setzt beim „Spicy 916“ diese Saison (noch) auf klassische 26-Zoll-<br />

Räder, wagt aber bei der Federung einen großen Schritt in die Zukunft:<br />

„E:i Shock“ heißt die elektronische Dämpfungssteuerung, die neben drei<br />

manuell anzuwählenden Set-ups auch einen vollautomatischen Modus<br />

bietet. Die Elektronik soll mit Sensoren in Millisekunden auf Fahrsituationen<br />

reagieren und den Dämpfer entsprechend anpassen können.<br />

500 € Aufpreis und 350 Gramm Mehrgewicht muss dem Kunden der<br />

Aufbruch in ein neues Bike zeitalter wert sein. Dafür bekommt man<br />

außerdem eine Fox „34 Float FIT CTD“, eine mit racemäßig knappen<br />

10 Zentimetern Hub ausgestattete Teleskopstütze, klassische 2x10-<br />

Schaltung, aber keine Kettenführung. Mit 13,2 Kilo inklusive Bereifung<br />

liegt das „Spicy 916“ im guten, aber nicht sensationellen Gewichtsbereich.<br />

Den nimmt das Cube mit dem griffigen Namen „Stereo Super HPC 160<br />

SLT“ für sich in Anspruch: 11,1 Kilo ohne Pedale zeigt die Waage! Da sucht<br />

man natürlich sofort das Haar in der Suppe und findet es bei den Reifen.<br />

„Nobby Nics“ sind keine Gripmonster und auch tubeless zu pannenanfällig.<br />

Also ein halbes Kilo draufgerechnet für fettere Schlappen und<br />

das Ding wiegt immer noch unter 12 Kilo. Aufgebaut wurde es mit Fox<br />

„34 Talas FIT CTD“-Gabel, „Float CTD“-Dämpfer und Reynolds-Carbonlaufrädern.<br />

Dazu noch leichte Formula „R1“-Bremsen, eine „Reverb“-Stütze<br />

und auch ohne Kettenführung.<br />

Die Praxis<br />

So, genug der Daten. Wie fahren die Dinger? Um das rauszufinden, verbrachten<br />

wir einen Tag auf dem Fleckalmtrail in Kirchberg, Tirol. Der fast<br />

9 Kilometer lange Trail war erst kürzlich Teil der SRAM-Enduro-Serie.<br />

Das „Spicy 916“ musste als erstes ran. Abgestimmt ist es schnell: Gabel<br />

und Dämpfer mit 25 Prozent Sag, Zugstufe anpassen und Automatik-<br />

E-Bike-Charme: Dicke Kabelwürste<br />

am Lenker, ein<br />

klobiger Computer am<br />

Vorbau und ein Akkuklotz<br />

am Tretlager. Das ansonsten<br />

superschicke „Spicy“ verliert<br />

durch das E:i-Gedöns ziemlich<br />

an Eleganz , gewinnt im<br />

Gegenzug dadurch aber nix.<br />

DUELL<br />

SIEGER<br />

LAPIERRE Spicy 916<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Lapierre SA,<br />

www.bikes-lapierre.de<br />

Material/Größen <br />

Alu/S,M,L,XL<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 6 200 Euro/13,2 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

160 mm/150 mm<br />

Hinterbausystem<br />

Viergelenker<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer <br />

Fox 34 Float 160 FIT CTD/<br />

RockShox Monarch Relay<br />

Kurbeln/Schaltung SRAM S-2200 Carbon/SRAM X0<br />

Bremsanlage <br />

Formula T1<br />

Laufräder <br />

Easton Systemlaufradsatz,<br />

Continental Rubber Queen 2,4 (vorn), 2,2 TL (hinten)<br />

60<br />

Reach 405 mm<br />

Stack 592 mm<br />

BB-Drop +14 mm<br />

455<br />

585<br />

130<br />

73,4°<br />

65,2°<br />

PERFORMANCE<br />

1155 355<br />

430<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9,5<br />

78 | FREERIDE 3|13<br />

10<br />

FREERIDE RANKING: maximal 10 Punkte.


modus angewählt. Auf dem Weg zur Gondel schnarrt und sirrt es kurz<br />

und der Dämpfer wechselt in den harten Modus. Ein kleiner Schlag aufs<br />

Vorderrad, sirrsumm, Druckstufe geht wieder auf – faszinierend. Auf den<br />

ersten Metern war uns das „Spicy“ mit seinem direkten, agilen Handling<br />

sofort sympathisch. Es ähnelt dem aktuellen Specialized „Enduro“.<br />

Präzise steuert es durch Anlieger, das Fahrwerk liegt satt. Der Hinterbau<br />

sackt nie weg, arbeitet stabil im mittleren Hub und bietet eine sanfte<br />

Endprogression, die bei stumpfen Landungen Durchschläge verhindert,<br />

ansonsten aber den Federweg gut nutzbar macht. Auch die „34 Float“ hat<br />

uns gefallen. Sitzposition, Laufruhe – alles gut. Ein richtig klasse Enduro<br />

also. Genervt hat nur die fehlende Kettenführung. Mehr als einmal war<br />

am Kurvenausgang nicht antreten, sondern anhalten und Kette auflegen<br />

angesagt.<br />

War sonst noch was? Ach ja, die elektronische Dämpfersteuerung. Die<br />

haben wir nur ein Mal wirklich mitgekriegt: Bei einem kurzen Anstieg<br />

hat’s gesirrt und der Modus wechselte kurz in „locked“. Weil wir das nicht<br />

recht glauben mochten, haben wir eine Kamera aufs Display gerichtet<br />

und anschließend ausgewertet. Und siehe da: Das System arbeitet tatsächlich<br />

häufiger, insgesamt aber nur fünf Mal bei 17 Minuten Fahrzeit!<br />

Gemerkt haben wir davon deshalb nix, weil der Hinterbau auch offen<br />

sehr gut beschleunigt und nicht wegtaucht. Downhilllegende Nico Vouilloz<br />

mag damit ein paar Millisekündchen rausholen. Normalos wie ihr<br />

und wir aber eher nicht. Manuell umschalten ist auch nervig, weil man<br />

den aktuellen Modus nur im kleinen Display erkennt. Dann doch lieber<br />

500 € billiger und über ein Pfund leichter.<br />

Als nächstes das Cube. Hier ist es etwas kniffliger, das Set-up zu finden.<br />

Die „Talas“-Gabel arbeitet spürbar unsensibler als das „Float“-Pendant.<br />

Der Dämpfer wirkt im Gegenzug sehr linear, spontan möchte man mehr<br />

Druck reinpumpen, aber wir machten uns auch hier mit 25 Prozent Sag<br />

auf den Weg. Beim „Stereo“ überstrahlt das Gewicht erstmal alles. Man<br />

bekommt Angst, das leichte Ding beim ersten Hüpfer kaputt zu machen.<br />

Passiert aber nicht. Dafür fühlten wir uns mit der langen und tiefen Geo<br />

und der daraus resultierenden Laufruhe bei hohem Tempo wohl. Das<br />

Ding ist einfach sauschnell und sauleicht. Mittlerweile sind wir auch ein<br />

paar 27,5er-Bikes gefahren und müssen zugeben: Wenn – wie hier – kein<br />

Gewichtsnachteil zu spüren ist, merkt man die Vorteile der größeren<br />

Laufräder: Im Vergleich zum „Spicy“ rollt es einen Tick souveräner in<br />

Wurzelteppiche und hält da besser das Tempo. Bedenkt man, dass die<br />

Gabel des Cube eine Klasse schlechter performed hat, sagt das eine<br />

Menge aus über den Effekt. Die Kennlinie des Hinterbaus ist allerdings<br />

gewöhnungsbedürftig. Faktisch arbeitet das lineare Heck bei schnellen<br />

Schlägen gut und es stellt auch in Kompressionen immer noch etwas<br />

Federweg zur Verfügung. Sobald man sich aber aktiv vom Boden abdrücken<br />

will oder ins Flat semmelt, rauscht der Dämpfer zu weit durch.<br />

Mehr Luftdruck macht das Heck nur ein bißchen hölzern. Im Antritt<br />

funktioniert es wieder super, beschleunigt enorm und wippt nicht. Beim<br />

Cube blieb die Kette auf dem Blatt, aber auch hier macht eine Führung<br />

natürlich Sinn. Mit einer besseren Gabel und etwas potenteren Reifen<br />

ein exzellentes Racebike. Aber eigentlich auch nur das. Parks sollte man<br />

mit dem Ding meiden.<br />

Fazit: Das „Spicy“ ist für uns das ausgewogenere Enduro mit dem<br />

satteren Fahrwerk – und damit das bessere Bike in diesem Vergleich.<br />

Das E:i-Zeugs kann man sich getrost sparen. Das superleichte<br />

und schnelle Cube braucht eine potentere Gabel und<br />

andere Reifen, dann ist es als Racebike mindestens ebenbürtig.<br />

CUBE Stereo Super HPC 160 SLT<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Pending System GmbH,<br />

www.cube.eu<br />

Material/Größen <br />

Alu/16,18,20,22<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 7 700 Euro/11,1 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

160 mm/160 mm<br />

Hinterbausystem<br />

VPK<br />

Stealthbomber-Charme:<br />

Innenverlegte Züge, mattschwarzes<br />

Design, durchgestylte<br />

Parts. Das „Stereo“<br />

sieht aus, wie ein Enduro-<br />

Racebike aussehen sollte:<br />

schnell. Und es wiegt soviel,<br />

wie ein Marathon-Racebike<br />

wiegen sollte: sehr wenig.<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer Fox 34 FIT Talas CTD/ Fox Float CTD<br />

Kurbeln/Schaltung RaceFace Next SL/SRAM XX<br />

Bremsanlage <br />

Formula R1<br />

Laufräder Reynolds AM Carbon Felgen, Tune Princess<br />

Naben, Schwalbe Nobby Nic TLR 2,4 Reifen<br />

50<br />

Reach 420 mm<br />

Stack 610 mm<br />

BB-Drop - 16 mm<br />

430<br />

588<br />

110<br />

74,7°<br />

66,4°<br />

PERFORMANCE<br />

1175 335<br />

442<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9<br />

10<br />

FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance.<br />

Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar.<br />

FREERIDE 3|13 | 79


TEST: 26 GEGEN 29<br />

David<br />

Goliath<br />

Eigentlich muss man sich aktuell beim Bikekauf ja nicht nur zwischen zwei,<br />

sondern zwischen drei Größen entscheiden. Wissen wir. Aber mittelfristig wird<br />

wohl eine der beiden „kleinen“ Größen den Abgang machen. Und übrig bleibt?<br />

Genau: Das Duell Groß gegen Klein. Und dieses Duell haben wir ausgefochten.<br />

Text: Christian Schleker<br />

„In zwei Jahren gibt es 26 Zoll nur noch im Billigsektor“. Wir haben vergessen,<br />

wer das gesagt hat, aber es war ein supervisionärer Mitarbeiter eines<br />

megagroßen Bikeherstellers. Bis vor ein, zwei Jahren wusste unsereiner<br />

noch gar nicht, dass er mit einem physikalisch völlig untauglichen Sportgerät<br />

durchs Gelände bügelt, das auch noch vom Aussterben bedroht<br />

ist. Heute ist das natürlich jedem klar und sobald im Wald eine Wurzel<br />

auftaucht spürt man in jeder Muskelfaser, was gleich passieren wird:<br />

Die zu kleinen Laufräder werden in ungüstigem Winkel auf das Hindernis<br />

auftreffen, sie werden Schwung verlieren, Unruhe ins Fahrwerk<br />

bringen, Effizienz, Vortrieb, Sieg verhindern. Das Gleiche gilt für Kurven<br />

und Anstiege, die aufgrund fehlenden Grips eigentlich nie so gefahren<br />

wurden, wie sie hätten gefahren werden können. Was da an Zeit verloren<br />

gegangen ist – ein halbes Bikerleben bestimmt! Ein Wahnsinn, dass wir<br />

das so lange ertragen haben! Oder ein Wunder? Wirklich wissen wollen<br />

wir das gar nicht. Warum auch? Am Gravitybereich zog der Gigantismus<br />

ja bis dato spurlos vorüber. Milde und mitleidig lächelnd konnten wir den<br />

Trendhuren auf ihren Bikemutanten zuschauen, wenn sie theoretisch<br />

effizienter, aber offensichtlich uneleganter durchs Gestrüpp polterten.<br />

Doch dann brachte Specialized Anfang der Saison das „Enduro“ mit<br />

Riesenreifen auf den Markt. Ab da hatte ich schlaflose Nächte. Was tun?<br />

Jammern? Ignorieren? Hobby wechseln? Geht natürlich nicht. Die Kinder<br />

brauchen was zu beißen, also muss Papa testen, was der Markt bietet.<br />

Basta. Der eine Duellant ist wohlbekannt: Das 26er-„Enduro S-Works“ ist<br />

der Klassiker dieser Kategorie. Von den Amis im Laufe von eineinhalb<br />

Jahrzehnten stetig weiterentwickelt. Mal tendierte der Rahmen mehr<br />

Richtung Leichtfreerider, mal (wie jetzt) mehr Richtung Race-Enduro.<br />

Dank Carbonrahmen sehr leicht, dank der ausgewogenen Geo handlich<br />

und fahrstabil, dank neuer Kinematik satter und schluckfreudiger. Wir<br />

fühlen uns auf dem Bike sauwohl und hätten kein Problem damit, wenn<br />

Specialized nicht nur den 27,5er-Trend boykottieren würde, sondern<br />

Alleskönner: Das 26-Zoll-<br />

„Enduro“ ist sowas von<br />

ausgewogen, dass es kaum<br />

auszuhalten ist. Gut in verwinkelten<br />

Passagen, gut in<br />

grobem Geläuf. Handlich,<br />

agil, schnell. War gut, ist gut,<br />

wird gut bleiben.<br />

SPECIALIZED Enduro SW 26<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Specialized Europe B.V.<br />

<br />

www.specialized.com<br />

Material/Größen <br />

Carbon/S,M,L,XL<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 7999 Euro/12 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

Hinterbausystem<br />

120-160 mm/165 mm<br />

Viergelenker<br />

DUELL<br />

SIEGER<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer Fox 34 Talas 160 FIT CTD/<br />

Cane Creek DB Air<br />

Kurbeln/Schaltung SRAM XX1/SRAM XX1<br />

<br />

Bremsanlage <br />

Avid XO Trail WC<br />

Laufräder <br />

Roval Traverse SL Carbon<br />

Specialized Butcher 2,3 (vorne) Purgatory 2,3 (hinten)<br />

Reach 434 mm<br />

Stack 585 mm<br />

BB-Drop +8<br />

420<br />

585<br />

60<br />

120<br />

75,4°<br />

66,9°<br />

PERFORMANCE<br />

1147 348<br />

420<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9,5<br />

80 | FREERIDE 3|13


– zumindest im langhubigen Bereich – den 29er-Hype gleich mit. Machen<br />

sie aber nicht. Die 29er-Version des „Enduro S-Works“ eignet sich immerhin<br />

perfekt, um den Unterschied zwischen den zwei Laufradgrößen<br />

zu „erfahren“. Warum? Weil es quasi ein zu groß geratener Zwilling des<br />

normalen „Enduros“ ist. Gleiches Rahmenmaterial, gleiche Ausstattung,<br />

gleiche Kinematik und Federelemente, gleicher Preis. Da reduziert sich<br />

jeder festgestellte Unterschied zwangsläufig auf den einen Grund.<br />

Die Praxis<br />

Unsere Testrunde am bayerischen Schliersee bietet viele ausgewaschene<br />

Wurzelteppiche, ein paar amtliche Drops und ist insgesamt eher<br />

offen und schnell ausgelegt. Was am 29er sofort auffällt: Man sitzt sehr tief<br />

im Bike. Denn das Tretlager liegt im Verhältnis zum 26er-Modell weiter<br />

unter der Radachse. Dass für die Kurbel dennoch genug Freiraum zum<br />

Boden bleibt, liegt zum einen daran, dass der Federweg einen Zentimeter<br />

weniger Hub bietet, zum anderen hebt der größere Radumfang den<br />

ganzen Rahmen ein Stück an. Das große „Enduro“ wiegt nur ein halbes<br />

Kilo mehr als sein kleiner Bruder. Knapp 300 Gramm davon stecken in<br />

den Laufrädern. Das spürt man im Anstieg überraschenderweise kaum.<br />

Das 29er-Bike beschleunigt sehr gut. Klar ist aber, dass hier Geld eine<br />

enorme Rolle spielt. Nur in diesem extrem hochpreisigen Segment kann<br />

ein 29er mit einem 26er bergauf gleichziehen. Geht’s ein paar Preisklassen<br />

runter, werden die großen Laufräder im Verhältnis deutlich schwerer<br />

und damit träger. Bergab fuhren wir immer eine Abfahrt komplett<br />

in einer Größe und wechselten anschließend. Insgesamt drei Mal. Wir<br />

haben nach den ersten Testfahrten allerdings den Cane Creek „DB Air“<br />

gegen einen RockShox „Monarch Plus“ getauscht. Der Seriendämpfer<br />

harmonierte auch mit diversen Luftkammer-Shims nicht ideal mit der<br />

Hinterbaukinematik. Der „Monarch Plus“ hat eine kleinere Kammer und<br />

eine schnell zuschaltbare, effektive Druckstufe. Damit arbeiteten beide<br />

Bikes höher im Hub, wirkten spritziger und insgesamt harmonischer,<br />

denn die Fox „34 Talas“-Gabel muss bei beiden recht straff abgestimmt<br />

werden, um nicht wegzutauchen. Nach einer Gewöhnungsabfahrt mit<br />

dem kleinen Enduro war das große dran. Mit dem ersten Wurzelteppich<br />

und der anschließenden, leicht nach außen hängenden Kurve kam<br />

überraschend deutlich das Aha-Erlebnis. Obwohl faktisch mit weniger<br />

Hub unterwegs, lag das Riesenrad eine Klasse ruhiger und überrollte<br />

die Wurzelteppiche deutlich gelassener. Außerdem konnten wir ohne<br />

großen Aufwand eine deutlich engere Linie in der Kurve halten. Krass.<br />

Dabei wirkte das Bike in den schnellen Passagen nicht unhandlich. Erst<br />

in den engeren Anliegerkurven und bei Drops kam dann doch das befürchtete<br />

Big-Foot-Feeling auf. Das Bike zeigt die Tendenz, sich in Anliegern<br />

aufzurichten, wenn man nicht konsequent den Druck hält. Bei<br />

Sprüngen war uns das Rad zu groß, um mehr als nur safe geradeaus in<br />

die Landung zu segeln. Für 2-Meter-Biker mag das Teil auch whipfähig<br />

sein, wir hatten dabei keine gutes Fluggefühl.<br />

Fazit: Das 29er-„Enduro S-Works“ ist auf offenen Strecken bergab<br />

das schnellere Bike. Es vermittelt mehr Sicherheit, der bessere<br />

Grip hilft beim Liniehalten. Wer Rennen fahren will, erkauft sich<br />

hier – je nach Terrain – tatsächlich einen Vorteil. Beim Fahrspaß<br />

gewinnt das 26er-Bike. In der Luft, bei schnellen Richtungswechseln<br />

und im Antritt ist es lebendiger und einfacher zu beherrschen.<br />

Wer Enduro fährt, um Spaß zu haben, auch mal im Bikepark vorbeischaut<br />

und aktiv mit dem Gelände spielt, kann getrost bei der<br />

kleinen Laufradgröße bleiben.<br />

SPECIALIZED Enduro SW 29<br />

HERSTELLERANGABEN <br />

Vertrieb <br />

Specialized Europe B.V.<br />

<br />

www.specialized.com<br />

Material/Größen <br />

Carbon/M, L, XL<br />

Preis/Gewicht ohne Pedale 7999 Euro/12,5 kg<br />

MESSDATEN <br />

Federweg vorne/hinten <br />

150 mm/150 mm<br />

Hinterbausystem<br />

Viergelenker<br />

Specialist: Okay, ab Körpergröße<br />

1,95 sehen die großen<br />

bei den Großen genauso<br />

passend aus wie die kleinen<br />

bei den Kleinen. Optik mal<br />

beiseite hat das 29er auch<br />

für 1,75er-Biker ganz klare<br />

Vorteile – wenn man nur<br />

schnell und effizient unterwegs<br />

sein will.<br />

AUSSTATTUNG <br />

Gabel/Dämpfer <br />

Fox 34 Talas 160 FIT CTD/<br />

<br />

Cane Creek DB Air<br />

Kurbeln/Schaltung <br />

SRAM XX1/SRAM XX1<br />

Bremsanlage <br />

Avid XO Trail WC<br />

Laufräder <br />

Roval Traverse SL Carbon<br />

Specialized Butcher 2,3 (vorne) Purgatory 2,3 (hinten)<br />

65<br />

Reach 430 mm<br />

Stack 630 mm<br />

BB-Drop -23 mm<br />

445<br />

583<br />

115<br />

76,6°<br />

68,2°<br />

PERFORMANCE<br />

1162 345<br />

431<br />

UPHILL<br />

DOWNHILL 9<br />

10<br />

FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance.<br />

Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar.<br />

FREERIDE 3|13 | 81

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