Das war die Diagonale 2013 - Film and Music Austria

Das war die Diagonale 2013 - Film and Music Austria Das war die Diagonale 2013 - Film and Music Austria

filmandmusicaustria.at
von filmandmusicaustria.at Mehr von diesem Publisher
31.12.2013 Aufrufe

filmbiz Das war die Diagonale 2013 © Diagonale / Alexi Pelekanos l-r: Philipp Hochmair, Rainer Frimmel, Tizza Covi (beide: Großer Diagonale-Preis Spielfilm), LR Christian Buchmann Mit einer sehr erfreulichen Abschlussmeldung kann Diagonale- Chefin Barbara Pichler aufwarten: die Auslastung stieg auf 25.000 BesucherInnen. Als Magneten dabei erwiesen sich das Branchentreffen, die Live-Performance von Personale-Gast Michaela Grill und die zahlreichen mit Spannung erwarteten Premieren. Auch abseits der Kinosäle – bei Werkstattgesprächen und Podiumsdiskussionen, bei Josef Dabernigs Ausstellung Panorama oder der Nightline, die das Festivalzentrum Kunsthaus Graz bis spät nachts erfolgreich belebte – herrschte großer Andrang. Die Sieger des Drehbuchwettbewerbs Und inhaltlich gab es ungewöhnliche Arbeiten in großer Qualität zu bewundern. Souveräne Sieger des heurigen „Großen Diagonale Preises Kinofilm2 war das Regieduo Tizza Covi & Rainer Frimmel, für die Graz ein gutes Pflaster ist: schon zum dritten Mal gewannen sie den Hauptpreis. „Der Glanz des Tages“ erzählt die Annäherung des Wiener Burgtheaterschauspielers Philipp Hochmaier an seinen Onkel Walter Saabel, ein Messerwerfer und Bärenringer. Wie schon in den vorangegangenen Filmen ist der Blick auf diese beiden Männer ungeheuer subtil, wird Details eine Beachtung geschenkt, die im ‚normalen’ Erzählkino von der Geschichte ablenken würde. Die Jury begründet die Verleihung des mit 21.000 € dotierten Preises dafür so: „Der Film Der Glanz des Tages vertraut der Eigenzeit der Bilder, bewegt ohne zu manipulieren, schickt einen auf eine Reise mit ungewissem Ausgang und inspiriert mit Witz zu politischem Handeln.“ Eine Reise, nämlich die Donau flußabwärts ohne Ziel, aber offensichtlich die richtigen Begegnungen und Momente in wunderschönen Bildern einfangend, brachte auch Bernadette Weigel Glück und zwar in Form des ebenfalls mit 21.000€ dotierten Maria Hofstätter, Barbara Pichler „Großen Diagonale Preis für Dokumentarfilm. „ Fahrtwind –Aufzeichnungen einer Reisenden“ erhielt zusätzlich die Preise in den Kategorien Bildgestaltung, Schnitt, Sounddesign. Der Preis Innovatives Kino ging an Forêt d‘Expérimentation von Michaela Grill, der im Übrigen auch eine Personale bei der diesjährigen Diagonale gewidmet war. Florian Pochlatko sicherte sich mit „Erdbeerland“ den Diagonale-Preis in der Kategorie Kurzspielfilm von ServusTV (4.000 Euro). Den Preis in der Sparte Kurzdokumentarfilm der Jury der Diözese Graz-Seckau (4.000 Euro) bekam Friedemann Derschmidt für „Das Phantom der Erinnerung“. Den Diagonale-Preis der Jugendjury des Landes Steiermark - dotiert mit 4.000 Euro konnte Matthias Zuder für „Erbgut“ gewinnen. Der Diagonale-Publikumspreis - gesponsert von der „Kleinen Zeitung“ mit 3.000 Euro - ging an Marco Antoniazzi und Gregor Stadlober für die Doku „Schlagerstar“ über den Sänger Marc Pircher. Den Preis für „Innovative Produktionsleistung“ der VAM Verwertungsgesellschaft für audiovisuelle Medien - mit 10.000 Euro dotiert - erhielt die Wega Film für „Liebe“. Für die Diagonale-Jury erzählt ihr Film „in wunderbar unaufgeregter Weise von den Möglichkeiten persönlicher Freiheit und der Verantwortung, die jeder von uns für den andern trägt“. Johanna Orsini-Rosenberg für ihre Rolle der Fanni in Soldate Jeannettes sowie Johannes Nussbaum für seine Rolle in Diamantenfieber – Kauf dir lieber einen bunten Luftballon wurden mit den diesjährigen Diagonale-Schauspielpreisen, gestiftet von der BAWAG P.S.K. bzw. der VDFS, ausgezeichnet. Insgesamt wurden im Rahmen der Diagonale Preise im Wert von knapp € 155.000 vergeben. So wichtig die Preise auch sind, geht es der Diagonale-Leiterin aber um mehr: nämlich um das Abbilden des österreichischen Filmschaffens auch abseits der großen internationalen Erfolge. Diese Blickerweiterung betreffe neue Talente ebenso wie die eher vernachlässigten Genres wie Experimental- /Avantgardefilm, die ja besonders in Österreich eine Tradition haben. Dass die filmische Vielfalt gefährdet sei, wurde in einer Studie zum Thema Filmförderung aufgezeigt: Als Konsequenz daraus wird beispielsweise eine Zweckbindung der (weiterzuführenden) Gebührenrefundierung an den ORF gefordert, der laut Studie 2011 keinen einzigen Experimental-, Kurz- oder Animationsfilm mitfinanziert hat. Weiters sei eine Aufstockung der Budgets der Filmabteilungen der Stadt Wien und des BMUKK unumgänglich. 18 | Film Sound& Media

filmbiz<br />

<strong>Das</strong> <strong>war</strong> <strong>die</strong> <strong>Diagonale</strong> <strong>2013</strong><br />

© <strong>Diagonale</strong> / Alexi Pelekanos<br />

l-r: Philipp Hochmair, Rainer Frimmel, Tizza Covi (beide: Großer <strong>Diagonale</strong>-Preis<br />

Spielfilm), LR Christian Buchmann<br />

Mit einer sehr erfreulichen Abschlussmeldung kann <strong>Diagonale</strong>-<br />

Chefin Barbara Pichler auf<strong>war</strong>ten: <strong>die</strong> Auslastung stieg auf<br />

25.000 BesucherInnen. Als Magneten dabei erwiesen sich das<br />

Branchentreffen, <strong>die</strong> Live-Performance von Personale-Gast<br />

Michaela Grill und <strong>die</strong> zahlreichen mit Spannung er<strong>war</strong>teten<br />

Premieren. Auch abseits der Kinosäle – bei Werkstattgesprächen<br />

und Podiumsdiskussionen, bei Josef Dabernigs Ausstellung Panorama<br />

oder der Nightline, <strong>die</strong> das Festivalzentrum Kunsthaus Graz<br />

bis spät nachts erfolgreich belebte – herrschte großer Andrang.<br />

Die Sieger des Drehbuchwettbewerbs<br />

Und inhaltlich gab es ungewöhnliche Arbeiten in großer Qualität<br />

zu bewundern. Souveräne Sieger des heurigen „Großen <strong>Diagonale</strong><br />

Preises Kinofilm2 <strong>war</strong> das Regieduo Tizza Covi & Rainer<br />

Frimmel, für <strong>die</strong> Graz ein gutes Pflaster ist: schon zum dritten<br />

Mal gewannen sie den Hauptpreis. „Der Glanz des Tages“ erzählt<br />

<strong>die</strong> Annäherung des Wiener Burgtheaterschauspielers Philipp<br />

Hochmaier an seinen Onkel Walter Saabel, ein Messerwerfer<br />

und Bärenringer. Wie schon in den vorangegangenen <strong>Film</strong>en ist<br />

der Blick auf <strong>die</strong>se beiden Männer ungeheuer subtil, wird Details<br />

eine Beachtung geschenkt, <strong>die</strong> im ‚normalen’ Erzählkino von der<br />

Geschichte ablenken würde. Die Jury begründet <strong>die</strong> Verleihung<br />

des mit 21.000 € dotierten Preises dafür so: „Der <strong>Film</strong> Der Glanz<br />

des Tages vertraut der Eigenzeit der Bilder, bewegt ohne zu manipulieren,<br />

schickt einen auf eine Reise mit ungewissem Ausgang<br />

und inspiriert mit Witz zu politischem H<strong>and</strong>eln.“<br />

Eine Reise, nämlich <strong>die</strong> Donau flußabwärts ohne Ziel, aber<br />

offensichtlich <strong>die</strong> richtigen Begegnungen und Momente in wunderschönen<br />

Bildern einfangend, brachte auch Bernadette Weigel<br />

Glück und z<strong>war</strong> in Form des ebenfalls mit 21.000€ dotierten<br />

Maria Hofstätter, Barbara Pichler<br />

„Großen <strong>Diagonale</strong> Preis für Dokumentarfilm. „ Fahrtwind<br />

–Aufzeichnungen einer Reisenden“ erhielt zusätzlich <strong>die</strong> Preise<br />

in den Kategorien Bildgestaltung, Schnitt, Sounddesign. Der<br />

Preis Innovatives Kino ging an Forêt d‘Expérimentation von<br />

Michaela Grill, der im Übrigen auch eine Personale bei der<br />

<strong>die</strong>sjährigen <strong>Diagonale</strong> gewidmet <strong>war</strong>. Florian Pochlatko sicherte<br />

sich mit „Erdbeerl<strong>and</strong>“ den <strong>Diagonale</strong>-Preis in der Kategorie<br />

Kurzspielfilm von ServusTV (4.000 Euro). Den Preis in der Sparte<br />

Kurzdokumentarfilm der Jury der Diözese Graz-Seckau (4.000<br />

Euro) bekam Friedemann Derschmidt für „<strong>Das</strong> Phantom der<br />

Erinnerung“. Den <strong>Diagonale</strong>-Preis der Jugendjury des L<strong>and</strong>es<br />

Steiermark - dotiert mit 4.000 Euro konnte Matthias Zuder für<br />

„Erbgut“ gewinnen. Der <strong>Diagonale</strong>-Publikumspreis - gesponsert<br />

von der „Kleinen Zeitung“ mit 3.000 Euro - ging an Marco Antoniazzi<br />

und Gregor Stadlober für <strong>die</strong> Doku „Schlagerstar“ über<br />

den Sänger Marc Pircher. Den Preis für „Innovative Produktionsleistung“<br />

der VAM Verwertungsgesellschaft für audiovisuelle<br />

Me<strong>die</strong>n - mit 10.000 Euro dotiert - erhielt <strong>die</strong> Wega <strong>Film</strong> für<br />

„Liebe“. Für <strong>die</strong> <strong>Diagonale</strong>-Jury erzählt ihr <strong>Film</strong> „in wunderbar<br />

unaufgeregter Weise von den Möglichkeiten persönlicher Freiheit<br />

und der Verantwortung, <strong>die</strong> jeder von uns für den <strong>and</strong>ern trägt“.<br />

Johanna Orsini-Rosenberg für ihre Rolle der Fanni in Soldate<br />

Jeannettes sowie Johannes Nussbaum für seine Rolle in Diamantenfieber<br />

– Kauf dir lieber einen bunten Luftballon wurden mit<br />

den <strong>die</strong>sjährigen <strong>Diagonale</strong>-Schauspielpreisen, gestiftet von der<br />

BAWAG P.S.K. bzw. der VDFS, ausgezeichnet.<br />

Insgesamt wurden im Rahmen der <strong>Diagonale</strong> Preise im Wert<br />

von knapp € 155.000 vergeben.<br />

So wichtig <strong>die</strong> Preise auch sind, geht es der <strong>Diagonale</strong>-Leiterin<br />

aber um mehr: nämlich um das Abbilden des österreichischen<br />

<strong>Film</strong>schaffens auch abseits der großen internationalen Erfolge.<br />

Diese Blickerweiterung betreffe neue Talente ebenso wie <strong>die</strong><br />

eher vernachlässigten Genres wie Experimental- /Avantgardefilm,<br />

<strong>die</strong> ja besonders in Österreich eine Tradition haben. <strong>Das</strong>s<br />

<strong>die</strong> filmische Vielfalt gefährdet sei, wurde in einer Stu<strong>die</strong> zum<br />

Thema <strong>Film</strong>förderung aufgezeigt: Als Konsequenz daraus wird<br />

beispielsweise eine Zweckbindung der (weiterzuführenden)<br />

Gebührenrefun<strong>die</strong>rung an den ORF gefordert, der laut Stu<strong>die</strong><br />

2011 keinen einzigen Experimental-, Kurz- oder Animationsfilm<br />

mitfinanziert hat. Weiters sei eine Aufstockung der<br />

Budgets der <strong>Film</strong>abteilungen der Stadt Wien und des BMUKK<br />

unumgänglich.<br />

18 | <strong>Film</strong> Sound& Media


Urheberrecht - <strong>die</strong> neuen Religionskriege <strong>2013</strong><br />

Eigentlich sollte es einen als Urheberrechtler freuen, dass <strong>die</strong>ses sperrige<br />

Rechtsthema nun in aller Munde ist – gesellschaftlicher Diskurs, öffentlich verkündete<br />

Utopien und monierte Dystopien. Eine sachlich geführte Diskussion in<br />

einemoffensichtlichen Glaubenskrieg ist schwierig, noch dazu wenn man als<br />

Autor selbst Partei ist. Als Einstieg ein paar Fakten zu den Rahmenbedingungen<br />

und zumAblauf:<br />

a) Österreich ist bis zumSpätherbst <strong>2013</strong> EU-rechtlich verpflichtet, <strong>die</strong> Leistungsschutzverlängerung<br />

für Musikinterpret/innen und Musikproduzent/<br />

innen von 50 auf 70 Jahre verbindlich umzusetzen.<br />

b) Aus <strong>die</strong>semAnlass wurde diskutiert, ob nicht auch weitere, seit der letzten<br />

Novelle 2006 bestehende Defizite imUrheberrecht beseitigt werden sollten.<br />

Von einer „großen Urheberrechtsnovelle“ imSinne des deutschen Korbs <strong>war</strong><br />

nicht <strong>die</strong> Rede.<br />

c) Die ÖVP hat mit ihrer Parlamentarischen Klubenquete imFrühjahr <strong>die</strong> Themen<br />

vorgegeben: Aktualisierung der Leerkassettenvergütung, Rechtsdurchsetzung,<br />

<strong>Film</strong>urheberrecht.<br />

d) Über den Sommer haben Stakeholder-Meetings imMinisteriumunter der<br />

persönlichen Leitung der Justizministerin Beatrix Karl stattgefunden.<br />

e) In einer Sitzung imJustizministeriumimDezember 2012 wurde ein Arbeitsentwurf<br />

mit den wesentlichen Stakeholdern und Interessengruppierungen<br />

nochmals ausführlich diskutiert. Der Arbeitsentwurf folgt den bei der Klubenquete<br />

angekündigten Themenbereichen: Ausdehnung der Leerkassettenabgabe<br />

auf Speicherme<strong>die</strong>n, urheberrechtliches Auskunftsrecht erstmals nur nach<br />

richterlichemBeschluss (auch ein Wunsch der Telekom-Wirtschaft), Ersatz der<br />

cessio legis durch Vermutungsregelung und zahlreiche, durchaus hilfreiche<br />

Neuerungen (verwaiste Werke, filmisches Zitierrecht, usw.) – insgesamt doch<br />

keine „kleine“ Urheberrechtsnovelle, sondern eine Aufarbeitung des seit der<br />

letzten Novelle 2006 entst<strong>and</strong>enen Reformbedarfs.<br />

Die erstmals VOR Erstellung eines offiziellen Ministerialentwurfs abgehaltenen<br />

strukturierten Gespräche haben – sicher entgegen den Er<strong>war</strong>tungen<br />

des Ministeriums – auf Grund der polarisierten Positionen keine Einigung gebracht,<br />

eher das Gegenteil. H<strong>and</strong>el, Wirtschaftskammer, Konsumentenschützer<br />

stoßen sich an den (aus ihrer Sicht) wesentlichen Kostenerhöhungen aus der<br />

geplanten Erweiterung der bestehenden Leerkassettenvergütung auf digitale<br />

Massenspeicherme<strong>die</strong>n; <strong>Film</strong>schaffende wünschen sich – neben der durch<br />

den EuGH ohnehin erfolgten Abschaffung der cessio legis – einen „Korb“ an<br />

Rechten und <strong>die</strong> Telekomwirtschaft unterstützt z<strong>war</strong> imPrinzip <strong>die</strong> urheberrechtliche<br />

Rechtsdurchsetzung gegen Contentpiraterie, imDetail wird letztlich<br />

jedoch jeder dazu notwendigen Maßnahme eine Absage erteilt. Seither wogt<br />

<strong>die</strong> Diskussion quer durch alle Parteien und Interessenlagen, getragen von Pro-<br />

Istenverbänden („Kunst hat Recht“) vs. Neg-Istenverbänden („Plattformfür ein<br />

modernes Urheberrecht“)!<br />

Ganz was Neues: Nokia, DiTech & Co für <strong>die</strong> Urheber; es benötigt eine gewisse<br />

Reinheit des Glaubens, umda nicht <strong>and</strong>eres zu argwöhnen).<br />

Nicht zu vergessen sei in pragmatischer Sichtweise der drängende Zeitplan:<br />

Noch bleiben etwa zwei Monate, um<strong>die</strong> notwendigen Änderungen inklusive<br />

der EU-rechtlichen Vorgaben in <strong>die</strong>ser Legislaturperiode zu beschließen, dann<br />

sind Nationalratswahlen und dann möge <strong>die</strong> urheberrechtliche Diskussion<br />

ohne irgendeine Änderung der de facto unbefriedigenden Situation über <strong>die</strong><br />

nächste Legislaturperiode weitermä<strong>and</strong>ern.<br />

<strong>Das</strong> müsste eigentlich ein Schreckensszenario<br />

für alle Beteiligten sein, insbesondere für<br />

<strong>die</strong> Kunstschaffenden. Gerade wegen des<br />

sich ändernden Me<strong>die</strong>nverhaltens und der<br />

aufgeworfenen Fragen um<strong>die</strong> Zukunft des<br />

filmischen und musikalischen Verwertungsumfelds<br />

„online“ , brauchen wir <strong>die</strong> Rechtssicherheit<br />

eines urheberrechtlich stabilen<br />

Rahmens sowie <strong>die</strong> Strukturfördergelder<br />

der verschiedenen Sozial- und Kulturfonds der Verwertungsgesellschaften. Nur<br />

dann können wir in <strong>die</strong>semmittelfristigen Umfeld der nächsten Legislaturperiode<br />

der sich rasch ändernden Me<strong>die</strong>nwelt und ihren Anforderungen durch<br />

strukturelle Maßnahmen gerecht werden. Aus der bestehenden Mangelwirtschaft<br />

heraus wird das nicht sinnvoll geschehen können.<br />

Daher brauchen wir <strong>die</strong>se Novelle jetzt!<br />

Die vomBMJ vorgeschlagenen Änderungen des <strong>Film</strong>urheberrechts bringen<br />

keine Revolution, beseitigen aber langjährige Mängel und würden allen Beteiligten,<br />

insbesondere den Künstler/innen selbst, Luft zumökonomischen „Atmen“<br />

und den Atemzumweiterdiskutieren geben. Jede Urheberrechtsnovelle<br />

ist der Beginn einer neuerlichen Urheberrechtsdiskussion – soviel ist auf Grund<br />

des plötzlich notwendig gewordenen großen gesellschaftlichen Diskurses klar.<br />

Wer damit aber jede Beseitigung bestehender Mängel imUrhG durch Bedingungen<br />

und Forderungen aufschieben will, verhindert <strong>die</strong> kurzfristig mögliche,<br />

politisch jetzt realisierbare und juristisch machbare Verbesserung der Situation<br />

der Künstler – genau das scheinen manche der Diskussionsteilnehmer/innen<br />

auch zu bezwecken!<br />

Werner Müller<br />

Fachverb<strong>and</strong> der <strong>Film</strong>- und Musikindustrie<br />

PS: Nach der <strong>Diagonale</strong> erreichte uns <strong>die</strong> via Presse ausgerichtete Interviewmeldung<br />

von Frau Bundesminister Karl, dass <strong>die</strong> Speichervergütung in <strong>die</strong>ser<br />

Legislaturperiode nicht kommen werde – begleitet von diversen Gerüchten,<br />

dass es sich wohl nur umein „Novellerl“ h<strong>and</strong>eln werde. Nun, <strong>die</strong> Hoffnung<br />

stirbt zuletzt und weiterhin ist nix fix. Aber will man der Ministerin glauben,<br />

haben <strong>die</strong> „Neg-istenverbände“ offensichtlich gewonnen, <strong>die</strong> Künstler verloren<br />

(auch wenn Letztere es nicht durchwegs so sehen, <strong>die</strong> Zukunft wird das bestätigen!).<br />

Vieles an Emotion ist in der Diskussion der letzten Wochen eingeflossen,<br />

<strong>die</strong> wohl von vielen Seiten auch vomguten Willen nach einer guten Lösung getragen<br />

<strong>war</strong>en. Einige, von denen man Kulturbekenntnis er<strong>war</strong>tet hätte, haben<br />

wohl eher „Google-Bekenntnis“ gezeigt. Schade!<br />

Der imletzten Jahr geäußerte starke Wille der Justizministerin, <strong>die</strong> Leerkassettenvergütung<br />

anzupassen und damit kollektives Geld für <strong>die</strong> Künstler zu<br />

ermöglichen, <strong>war</strong> ein Gelegenheitsfenster, das so bald nicht wiederkommen<br />

wird. Jetzt sind alle jene gefragt, <strong>die</strong> in der Diskussion der Speichervergütung<br />

so gerne Fantasie- und Ideenlosigkeit vorgeworfen haben, eigene innovative<br />

Finanzierungsmöglichkeiten für <strong>die</strong> Künstler zu entwickeln. The floor is open.<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |19


filmbiz<br />

Praxiswissen Verwertungsgesellschaften<br />

Musik<br />

Am 15.4.<strong>2013</strong>, 17.30 Uhr, findet in der Wirtschaftskammer Wien,<br />

Lounge, Stubenring 8-10, 1010 Wien, eine weitere Veranstaltung<br />

der Veranstaltungsreihe „Fachverb<strong>and</strong> der <strong>Film</strong>- u. Musikindustrie<br />

und WK Wien“, statt.<br />

Thema: Praxiswissen Verwertungsgesellschaften Musik<br />

Referenten: Franz Medwenitsch/IFPI &<br />

Hannes Tschürtz/Ink <strong>Music</strong><br />

Flugmodelle und UAV bald<br />

gesetzlich verankert<br />

Noch vor dem Sommer <strong>2013</strong> soll <strong>die</strong> Novelle des Luftfahrtgesetzes<br />

beschlossen werden. Flugmodelle und unbenannte Luftfahrzeuge<br />

(Unmanned Aerial Vehicle, UAV) können somit vermutlich<br />

ab 1.1.2014 legal in <strong>die</strong> Lüfte steigen und professionelle Luftaufnahmen<br />

mit Multikoptern und Flugdrohnen sind wieder möglich.<br />

Welche Behörde für <strong>die</strong> Bewilligungen zuständig sein wird ist<br />

noch unklar, voraussichtlich wird <strong>die</strong>se Aufgabe bei der Austro<br />

Control GmbH oder dem Österreichischen Aero Club liegen. Für<br />

<strong>die</strong> österreichweit gültigen Bewilligungen wird eine überschaubare<br />

Verwaltungsgebühr anfallen, welche je nach Größe und technischer<br />

Ausstattung den Aufw<strong>and</strong> der Prüfung widerspiegelt. Sie<br />

wird für jeweils ein UAV mit einer Ground Station ausgestellt.<br />

Weitere Detailregelungen sind noch offen und <strong>die</strong> High Level Requirements<br />

noch zu definieren. Jedenfalls werden UAV der Klasse<br />

1 und Klasse 2 eine unterschiedliche Beh<strong>and</strong>lung erfahren. Für<br />

Flüge über 150 m und ohne Sichtkontakt wird eine zusätzliche<br />

Bewilligung nötig sein. Befähigungsvoraussetzungen des Piloten<br />

werden je nach Modellgröße nachzuweisen sein.<br />

Der Fachverb<strong>and</strong> der <strong>Film</strong>- und Musikindustrie hatte gemeinsam<br />

mit einigen Firmenvertretern Anfang März einen Termin im<br />

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie bei<br />

dem auch Vertreter der Austro Control GmbH anwesend <strong>war</strong>en.<br />

Nähere Detailbestimmungen zum neuen Luftfahrtgesetz folgen.<br />

Der Fachverb<strong>and</strong> ist bemüht bei der Ausarbeitung <strong>die</strong>ser Details<br />

eingebunden zu werden um für Unternehmer möglichst praktikable<br />

Lösungen zu finden.<br />

Staatspreis Wirtschaftsfilm<br />

<strong>2013</strong><br />

Wen <strong>die</strong> Jury zum Staatspreisträger<br />

<strong>2013</strong> gekürt<br />

hat, wird bei der Preisverleihung<br />

am 9. April <strong>2013</strong><br />

in der WKO Sky Lounge<br />

bekannt gegeben. Alle fünf<br />

nominierten <strong>Film</strong>e erhalten<br />

eine Nominierungsurkunde,<br />

aber nur einer<br />

davon wird zum Staatspreisträger<br />

gekürt. <strong>Das</strong><br />

Wirtschaftsministerium<br />

vergibt heuer zum fünften Mal den Staatspreis Wirtschaftsfilm,<br />

um eine Branche auszuzeichnen, <strong>die</strong> in einer von Kreativität,<br />

Vielfalt und Dynamik geprägten österreichischen<br />

<strong>Film</strong>l<strong>and</strong>schaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der<br />

Wirtschaftsfilm bestimmt <strong>die</strong> Wahrnehmbarkeit, Unverwechselbarkeit<br />

und damit auch <strong>die</strong> Wettbewerbsfähigkeit<br />

von Unternehmen. Darüber hinaus übt er als Vorreiter in<br />

der Umsetzung neuer Me<strong>die</strong>n wie Streaming Videos eine<br />

starke Multiplikatorwirkung auf eine Vielzahl <strong>and</strong>erer<br />

kreativer Branchen aus.<br />

Folgende fünf <strong>Film</strong>e sind dafür nominiert:<br />

Backaldrin Imagefilm “Wer wir sind?”:<br />

Backaldrin The Kornspitz Company GmbH mit dem<br />

Produzenten Prime Concept GmbH<br />

QGate Erklärfilm:<br />

Anorak Me<strong>die</strong>nproduktion im Auftrag von Designers in<br />

Motion<br />

Superkurzfilm:<br />

Team a5 für superkurzfilm.com<br />

Porträt Thomas Kurz:<br />

voestalpine AG mit dem Produzenten Solid productions<br />

GmbH<br />

Wir helfen, wenn Freunde gehen:<br />

Steinegger <strong>Film</strong> für <strong>die</strong> Franz von Assisi Tierbestattung<br />

GmbH<br />

Internationale Koproduktionen<br />

Sie planen ein internationales <strong>Film</strong>projekt oder wollen sich an einem beteiligen?<br />

Sie wissen aber nicht, was dabei alles an rechtlichen, finanziellen und <strong>and</strong>eren<br />

Gesichtspunkten zu beachten ist? Informationen dazu erhalten Sie bei <strong>die</strong>ser Veranstaltung,<br />

zu der <strong>die</strong> Fachvertretung Wien gemeinsam mit dem Fachverb<strong>and</strong> der<br />

<strong>Film</strong>- und Musikindustrie einlädt: 
Internationale Koproduktionen
- <strong>die</strong> Bedeutung<br />

für das österr. <strong>Film</strong>schaffen.Anh<strong>and</strong> von <strong>Film</strong>en wie „Die Vermessung der Welt“,<br />

„Gespensterjäger“ oder „<strong>Film</strong> ohne Namen“ werden Beispiele von erfolgreichen<br />

internationalen Koproduktionen gezeigt und Details zu rechtlichen Rahmenbedingungen,<br />

Finanzierung oder Erlöse besprochen.Vortragende: Thomas Pridnig,<br />

Producer und Geschäftsführer Lotus-<strong>Film</strong>; Peter Wirthensohn, Producer und<br />

Geschäftsführer Lotus-<strong>Film</strong>; Thomas Wallentin, Rechtsanwalt; Oliver Schündler,<br />

Producer und Geschäftsführer der Lucky Bird Pictures GmbH (Kooperationspartner<br />

der Lotus-<strong>Film</strong>)<br />

Donnerstag, 18. April <strong>2013</strong>, 17:30 - 19:30, Wirtschaftskammer 
Lounge Wien<br />

(Erdgeschoß), Stubenring, 
1010 8-10Wien<br />

20 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

15. Internationales <strong>Film</strong>festival der<br />

<strong>Film</strong>akademie Wien<br />

„Ich werde einen Teufel tun und einen Namen<br />

nennen“, spricht der Herr Professor auf <strong>die</strong> Nachfrage,<br />

welche seiner Studenten besonders begabt sind, „alle,<br />

<strong>die</strong> an der <strong>Film</strong>akademie aufgenommen worden sind,<br />

sind talentiert.“ So elegant zog sich Oscar-Preisträger<br />

Michael Haneke bei der Vorstellung zum 15. Internationalen<br />

<strong>Film</strong>festival der <strong>Film</strong>akademie Wien aus<br />

der Schlinge. An fünf Tagen werden <strong>die</strong> Arbeiten von<br />

Stu<strong>die</strong>renden der <strong>Film</strong>akademie Wien und jenen der<br />

Partneruniversitäten der ganzen Welt vor breitem<br />

Publikum präsentiert. Vorrangiges Ziel des Festivals<br />

ist es, den Studentenfilm ins Kino zu holen, um somit<br />

<strong>die</strong> Arbeit der Stu<strong>die</strong>renden der <strong>Film</strong>akademie und<br />

aus aller Welt in einem öffentlich Rahmen zu zeigen.<br />

Am Programm stehen darüber hinaus zwei Wettbewerbe<br />

sowie eine Trashnight und eine Retrospektive<br />

mit frühen Werken bekannter österreichischer<br />

RegisseurInnen. Preisträger des ersten Bobby, so eine<br />

Auszeichnung <strong>war</strong> übrigens Götz Spielmann.<br />

15. Internationales <strong>Film</strong>festival der <strong>Film</strong>akademie<br />

Wien; 10. bis 14. April im Stadtkino Wien,<br />

filmfestivalwien.com<br />

Die Podiumsgäste, darunter <strong>die</strong> ProfessorInnen Michael<br />

Haneke, Danny Krausz, und Gerlinde Semper, Stadtkino-<br />

Betreiber Claus Philipp sowie <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>renden und Festival-<br />

Organisatoren Ernst Golda und Anna Kirst, berichteten unter<br />

<strong>and</strong>erem über das Festival-Programm, <strong>die</strong> Verleihung des<br />

Billy Wilder A<strong>war</strong>ds sowie <strong>die</strong> zwei ausgeschriebenen<br />

Studentenfilm-Wettbewerbe.<br />

Vielfalt regiert in Linz<br />

Am Dienstag, 23. April eröffnet Crossing Europe <strong>Film</strong>festival Linz mit gleich fünf<br />

herausragenden <strong>Film</strong>en, <strong>die</strong> traditionsgemäß einen repräsentativen Querschnitt durch<br />

das Festivalprogramm liefern und einmal mehr den Facettenreichtum des europäischen<br />

<strong>Film</strong>schaffens illustrieren. Darunter finden sich auch zwei Regisseurinnen, <strong>die</strong> bereits in<br />

den vergangenen Jahren von Crossing Europe gefeatured und deren <strong>Film</strong>e jeweils bei der<br />

Berlinale ausgezeichnet wurden.<br />

“L’enfant D’en Haut / Sister / Winter<strong>die</strong>b“,<br />

Österreichpremiere // Ch, Fr 2012; 97 min;<br />

R: Tribute-Regisseurin 2009 Ursula Meier<br />

Der <strong>Film</strong> erzählt von einem Jungen, der im „wahrsten“ Sinne<br />

nach oben will: Um sich und seine Schwester durchzubringen,<br />

verlässt er regelmäßig das wirtschaftlich marode Tal, um<br />

reiche TouristInnen um ihre Ski-Ausrüstungen zu erleichtern.<br />

„Winter<strong>die</strong>b“ wurde 2012 bei der Berlinale mit dem „Sonderpreis<br />

– Silberner Bär“ ausgezeichnet und schaffte es unter<br />

<strong>die</strong> neun Nominierten der <strong>die</strong>sjährigen Oscar-Shortlist in der Kategorie „Best Foreign<br />

Language <strong>Film</strong>“.<br />

“Layla Fourie“, Internationale Premiere // DE, ZA, FR, NL <strong>2013</strong>; 105 min;<br />

R: <strong>die</strong> zweimalige Hauptpreisträgerin bei Crossing Europe, Pia Marais.<br />

Der <strong>Film</strong> h<strong>and</strong>elt von einer Alleinerzieherin, <strong>die</strong> sich in Johannesburg mit Gelegenheitsarbeiten<br />

durchschlägt. Auf dem Weg zu einem neuen Job und somit in eine bessere<br />

Zukunft wird sie in einen Unfall verwickelt, woraufhin sie sich unvermittelt in einem Netz<br />

aus Lügen und Täuschungen zu verstricken beginnt.<br />

„Sekret / Secret“, Österreichpremiere // PL 2012; 82 min; R: der <strong>die</strong>sjährige<br />

Tribute-Regisseur Przemysław Wojcieszek<br />

ein Vertreter des unabhängigen postdramatischen Kinos in Polen. Der querdenkerische<br />

<strong>Film</strong> zeichnet den Versuch eines jungen Performancekünstlers den geliebten Großvater<br />

mit Familiengeheimnissen im 2. Weltkriegs zu konfrontieren.<br />

„Innere Blutungen“, Weltpremiere // AT <strong>2013</strong>; 79 min;<br />

R: Anatol Bogendorfer & Florian Sedmak //<br />

Der unkonventionelle künstlerische Dokumentarfilm liefert<br />

ein vielschichtiges Panorama lokaler (ober)österreichischer<br />

Zeitgeschichte und einen Blick zurück in <strong>die</strong> Mitte der Gesellschaft<br />

des Salzkammerguts der 1960er und 1970.<br />

„The Abcs of Death“ Österreichpremiere // div. Länder<br />

2012; 129 min; R: div. RegisseurInnen.<br />

Opener der dem europäischen Genrekino gewidmeten Sektion<br />

Nachtsicht .<br />

Ebenfalls am Eröffnungsabend startet der aktuelle <strong>Film</strong><br />

„Continuity“ (De/At 2012) des <strong>die</strong>sjährigen OK Artist in Residence | Omer Fast<br />

(IL/DE).<br />

Insgesamt werden an sechs Festivaltagen vom 23. bis 28. April <strong>2013</strong> insgesamt 162<br />

h<strong>and</strong>verlesene europäische Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus 39 Ländern in ca. 160<br />

Programmen – großteils als Österreichpremieren bzw. Weltpremieren präsentiert.<br />

Alle Infos unter: www.crossingeurope.at<br />

Aktuelle <strong>Film</strong>starts:<br />

04./05. April<br />

Der unglaubliche Burt Wonderstone (Warner)<br />

Beautiful Creatures (Concorde)<br />

Gr<strong>and</strong> Hotel (Serendipity)<br />

Kon-Tiki (<strong>Film</strong>laden)<br />

Die Jagd (Thimfilm)<br />

11./12. April<br />

Kiss The Coach (Einhorn)<br />

Oblivion (UPI)<br />

Mademoiselle Populaire (Constantin)<br />

Deine Schönheit ist nichts wert (<strong>Film</strong>laden)<br />

Georg Baselitz (Thimfilm)<br />

<strong>Das</strong> hält kein Jahr…! (Constantin)<br />

Side Effects (Constantin)<br />

Ginger & Rosa (Concorde)<br />

Renoir (Polyfilm)<br />

18./19. April<br />

Scary Movie 5 (Constantin)<br />

Ginger & Rosa (<strong>Film</strong>laden)<br />

Mama (UPI)<br />

A- Meine kleine Familie (Thimfilm)<br />

26. April<br />

Winter<strong>die</strong>b (Thimfilm)<br />

<strong>Das</strong> Leben ist nichts für Feiglinge (<strong>Film</strong>laden)<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |21


filmbiz<br />

Kunst hat Recht -<br />

das sagen <strong>die</strong> Parteien<br />

Die umfangreiche gesellschaftliche Diskussion der vergangenen Monate über das Urheberrecht<br />

ist in der österreichischen Geschichte bei <strong>die</strong>sem Thema wohl beispiellos: Die heimischen<br />

Interessensverbände, zahlreiche NGOs und <strong>die</strong> politischen Parteien befassen sich mit den<br />

Anliegen der UrheberInnen und suchen nach eigenen Positionen. Als Service für alle<br />

UrheberInnen hat <strong>die</strong> Initiative „Kunst hat Recht.“ <strong>die</strong> politischen Parteien darum gebeten,<br />

zu wesentlichen Fragen der aktuellen Urheberrechts-Debatte Stellung zu beziehen. Lesen Sie<br />

hier eine Zusammenfassung.<br />

In der Allgemeinen<br />

Deklaration der<br />

Menschenrechte<br />

heißt es:<br />

„Jeder hat das<br />

Recht auf Schutz<br />

der geistigen und<br />

materiellen Interes -<br />

sen, <strong>die</strong> ihm als<br />

Urheber von Werken<br />

der Wissenschaft,<br />

Literatur oder<br />

Kunst erwachsen.“<br />

22 | <strong>Film</strong> Sound & Media<br />

Nachdem das Urheberrecht für <strong>die</strong> Parteien bisher<br />

kein Kernthema der politischen Arbeit <strong>war</strong>, sind<br />

(fast alle) Parteien in einer Orientierungsphase. Die<br />

nachfolgende Zusammenstellung ist daher eine<br />

Momentaufnahme. VertreterInnen mehrerer Parteien<br />

haben angemerkt, dass eine Schärfung der Parteienposition<br />

im Gange ist. Antworten sind von SPÖ,<br />

ÖVP, FPÖ, den Grünen und der Piratenpartei eingelangt.<br />

<strong>Das</strong> BZÖ hat bisher nicht geantwortet.<br />

Die Ergebnisse im Überblick:<br />

In der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte<br />

heißt es (Artikel 27 Absatz 2): „Jeder hat das Recht<br />

auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen,<br />

<strong>die</strong> ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft,<br />

Literatur oder Kunst erwachsen.“ Befürwortet Ihre<br />

Partei das in der Deklaration der Menschenrechte<br />

definierte Recht auf geistiges Eigentum?<br />

Die SPÖ sieht als entscheidend <strong>die</strong> Art der Umsetzung<br />

<strong>die</strong>ses Rechts und den Ausgleich mit den Interessen<br />

der Nutzer und deren Recht auf freie Meinungsäußerung<br />

an. Für <strong>die</strong> ÖVP ist der Schutz des<br />

geistigen Eigentums „von zentraler Bedeutung“. Die<br />

FPÖ bekennt sich zum Recht auf geistiges Eigentum.<br />

Die Grünen sehen es als vorrangig, dass „für<br />

möglichst viele Menschen der freie Zugang zu Wissen<br />

und Kultur ermöglicht werden soll“. Die Piraten<br />

stufen das Recht auf den freien Empfang und <strong>die</strong><br />

freie Verbreitung von Informationen höher ein.<br />

Sollen KünstlerInnen über <strong>die</strong> Verwendung ihrer<br />

Werke frei verfügen können? Die freie Verfügung<br />

über das eigene Werk bedeutet beispielsweise, dass<br />

KünstlerInnen selbst entscheiden können, ob sie für<br />

<strong>die</strong> „Nutzung“ ihres Werks (z. B. durch KonsumentInnen)<br />

eine Bezahlung der Leistung einfordern oder<br />

nicht – und ob sie das rechtlich durchsetzen können.<br />

Die SPÖ sieht „Nachjustierungen erforderlich“. Ein<br />

ausgewogenes Urheberrecht müsse „Nutzungsarten<br />

im privaten oder im Bildungsbereich auch ohne<br />

Rückfrage bei RechteinhaberInnen erlauben“, <strong>and</strong>ererseits<br />

sei <strong>die</strong> Einkommenssituation der Kreativen<br />

zu stärken. Von der ÖVP kommt ein eindeutiges JA:<br />

„Jeder, der ein geistiges Werk schafft, muss selbst<br />

entscheiden können, ob er <strong>die</strong>ses veröffentlichen<br />

und davon in Folge wirtschaftlich profitieren will.“<br />

Von der FPÖ kommt ein „JA“, mit dem Zusatz, „dass<br />

der Gesetzgeber aufgrund der neuen technischen<br />

Entwicklungen Anpassungen vornehmen müsse“.<br />

Die Grünen lehnen eine „restriktive Auslegung“ des<br />

Urheberrechtes ab und sehen in Creative Commons<br />

eine gute Alternative. Die Piraten trennen den „kommerziellen<br />

und den privaten Bereich“. Im Letzteren<br />

soll Freiheit für <strong>die</strong> Nutzung von Inhalten und Werken<br />

bestehen.<br />

Falls Sie eine freie Verfügung der Kunstschaffenden<br />

über ihr Werk befürworten: In welcher Weise sollen<br />

UrheberInnen bzw. InterpretInnen angesichts der<br />

weit verbreiteten Missachtung des Urheberrechts<br />

(Stichwort: Filesharing) ihr Recht auf geistiges Eigentum<br />

durchsetzen können?<br />

Die SPÖ will „einen gerechten Ausgleich der Interessen<br />

der UrheberInnen, VerwerterInnen und<br />

NutzerInnen schaffen.“ Als wesentlich sieht sie<br />

dabei ein Urhebervertragsrecht. Die ÖVP sieht als<br />

„notwendig eine entsprechende Bewusstseinsbildung<br />

dafür, auch für kreative Leistungen eine faire<br />

Gegenleistung zu erbringen, weit über gesetzliche<br />

Maßnahmen hinaus.“ Die FPÖ will „Experten einsetzen,<br />

um gerechte Lösungen zu erarbeiten“ und<br />

fordert zu <strong>die</strong>sem Thema eine parlamentarische<br />

Enquete. Die Grünen sehen „Filesharing als eine Realität“<br />

und sehen als Lösung eine Pauschalabgabe<br />

für Breitb<strong>and</strong>anschlüsse (Flatrate). Die Piraten plä<strong>die</strong>ren<br />

für alternative Vergütungsmodelle, mithilfe<br />

derer „Urheber bei gleichzeitiger Stärkung ihrer<br />

Rechte gegenüber den Verwertungsgesellschaften<br />

und Me<strong>die</strong>nkonzernen gerechter entlohnt werden<br />

können.“


filmbiz<br />

Befürwortet Ihre Partei <strong>die</strong> seit 1980 in Österreich<br />

geltende Leerkassettenvergütung und <strong>die</strong> damit<br />

aktuell zur Diskussion stehende Festplattenabgabe<br />

als pauschale Vergütung des Rechts auf Privatkopie<br />

für KonsumentInnen?<br />

Die SPÖ legt sich nicht fest, „ob eine Aktualisierung<br />

in Form einer Festplattenabgabe stattfinden muss,<br />

oder ob <strong>and</strong>ere Formen einer Pauschalabgabe, <strong>die</strong><br />

auch neueste technische Entwicklungen wie z. B. <strong>die</strong><br />

Cloud berücksichtigen, nicht sinnvoller wären…“. Sie<br />

lehnt eine rasche Umsetzung der Festplattenabgabe<br />

ab. Für beachtenswert hält <strong>die</strong> SPÖ Abgaben auf<br />

Breitb<strong>and</strong>anschlüsse. Die ÖVP ist „der Auffassung,<br />

dass der Gesetzgeber den infolge der technischen<br />

Entwicklung geänderten Nutzungsgewohnheiten<br />

Rechnung tragen muss“ und befürwortet <strong>die</strong> Festplattenabgabe.<br />

Die FPÖ fordert aufgrund der „rasanten<br />

Entwicklung neuer Technologien ein neues<br />

rechtliches Konstrukt.“ Die Grünen sehen keine<br />

Rechtssicherheit für KonsumentInnen und fordern<br />

daher ein „internationales Abgabesystem, das <strong>die</strong><br />

Rechtsunsicherheit beim digitalen Kopieren beseitigt<br />

und Wissen wie Kunst für alle zugänglich macht.“<br />

Die Piraten bevorzugen „einen flexiblen Verteilungsschlüssel,<br />

der von allen Abgabeverpflichteten nach<br />

demokratischen Prinzipien gemeinsam erstellt wird“<br />

und verweisen auf das Konzept der „Kulturwertmark“<br />

des deutschen Chaos Computer Clubs.<br />

Gibt es nach Auffassung Ihrer Partei für das in Österreich<br />

derzeit geltende Urheberrecht Anpassungsbedarf<br />

und falls ja, in welchen Bereichen (sofern<br />

nicht in Ihren Antworten auf <strong>die</strong> Fragen 1-4 bereits<br />

beh<strong>and</strong>elt)?<br />

Die SPÖ verweist auf ihr Positionspapier „Netzpolitik“<br />

und sieht als vorrangig <strong>die</strong> Einführung eines<br />

Urhebervertragsrechts. Der ÖVP ist es ein besonderes<br />

Anliegen, das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit<br />

zu schärfen und das Urheberrecht weiter<br />

zu entwickeln. „Es geht um Sensibilisierung, nicht<br />

um Kriminalisierung.“ Die FPÖ sieht „enormen Anpassungsbedarf<br />

des Urheberrechts“. Künstler dürften<br />

dabei nicht auf der Strecke bleiben. Eine breite<br />

Diskussion zu <strong>die</strong>sem Thema wäre auf parlamentarischer<br />

Ebene notwendig. Die Grünen wollen „vor<br />

allem <strong>die</strong> Rechte von UrheberInnen gegenüber<br />

den Verwertern mit einem entsprechenden Urhebervertragsrecht<br />

stärken. Dazu gehören ein Verbot<br />

von Buy-out Verträgen, ein Bestsellerparagraf und<br />

<strong>die</strong> Aufhebung der cessio legis. Die Piraten „werden<br />

einen Konsens der europäischen Piratenparteien<br />

suchen, der ein EU-weit harmonisiertes Urheberrecht<br />

auch im österreichischen Urheberrechtsgesetz<br />

abbilden soll“. An erster Stelle stehen für <strong>die</strong><br />

Piraten Rechtssicherheit sowohl für NutzerInnen als<br />

auch UrheberInnen gegenüber der Unterhaltungsindustrie.<br />

Zur geplanten Nachfolgeregelung für <strong>die</strong> cessio legis<br />

In der Entscheidung Luksan/van der Let erklärte der EuGH <strong>die</strong> bestehende<br />

Regelung der cessio legis im österreichischen <strong>Film</strong>urheberrecht, nach der <strong>die</strong><br />

Verwertungsrechte an <strong>Film</strong>werken kraft Gesetzes ausschließlich und originär<br />

dem <strong>Film</strong>produzenten zustehen, für unionsrechtswidrig.<br />

Zurzeit wird auf politischer Ebene eine Novelle auf Basis einer so genannten<br />

Vermutungsregelung diskutiert. Eine solche Vermutungsregelung basiert auf<br />

der Grundlage – vereinfacht gesagt -, dass <strong>die</strong> Verwertungsrechte auf den<br />

Produzenten übertragen werden, sofern nichts <strong>and</strong>eres (schriftlich) vereinbart<br />

ist.<br />

Nach Ansicht des EuGH wäre eine solche Regelung zulässig. Sie ist auch<br />

begrüßenswert, weil so sichergestellt werden kann, dass <strong>die</strong> für eine <strong>Film</strong>auswertung<br />

erforderlichen Rechte in der H<strong>and</strong> des Produzenten gebündelt<br />

werden. Entgegen der vielfach vertretenen Ansicht ist der bestehende<br />

Gesetzestext jedoch nicht so einfach als eine solche Vermutungsregelung<br />

deutbar, weshalb es einer expliziten gesetzlichen Neuregelung bedarf. Diese<br />

sollte dann alle Mitwirkenden an einer <strong>Film</strong>produktion umfassen, <strong>die</strong> als<br />

potenzielle <strong>Film</strong>urheber in Frage kommen,<br />

und sich gleichzeitig auf alle denkbaren<br />

Auswertungsformen beziehen. Außerdem<br />

ist es aus dem gleichen Grund notwendig,<br />

dass <strong>die</strong> Vermutungsregelung auch dann<br />

wirksam ist, wenn ein <strong>Film</strong>urheber vorweg<br />

bereits seine Verwertungsrechte an jem<strong>and</strong>en<br />

<strong>and</strong>eren übertragen hat.<br />

Eine Vermutungsregelung in <strong>die</strong>ser Form würde auch nach dem Fall der cessio<br />

legis für alle Beteiligten wiederum eine gewisse Rechtssicherheit bedeuten.<br />

Es bleibt daher zu hoffen, dass der „Gesetzgeber“ <strong>die</strong>sen Bedürfnissen<br />

entspricht.<br />

Leonhard Reis<br />

Hausmaninger Kletter<br />

Rechtsanwälte-Gesellschaft m.b.H.<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |23


filmbiz<br />

Sechs-Punkte-Programm<br />

für <strong>die</strong> Industrie<br />

Mit 1. Jänner <strong>2013</strong> ist Burkhard Ernst wieder der Vorsitzende der Wiener Fachvertretung der<br />

<strong>Film</strong>- und Musikindustrie in der Wirtschaftskammer. Im <strong>Film</strong>, Sound & Media-Interview erläutert<br />

er ein 6-Punkte-Programm, das für seine Amtsperiode erste Priorität hat.<br />

Burkhard Ernst<br />

„Es kann doch nicht<br />

sein, dass der<br />

H<strong>and</strong>el seit Jahren<br />

eine Leerkasset -<br />

tenabgabe einhebt<br />

und <strong>die</strong>se nicht an<br />

<strong>die</strong> <strong>Film</strong>- und<br />

Musikindustrie<br />

abführt. Unser Ziel<br />

ist es, dass sich<br />

der Bund für eine<br />

rechtlich verbind -<br />

liche Festplatten -<br />

abgabe zugunsten<br />

der <strong>Film</strong>- und<br />

Musikwirtschaft<br />

einsetzt.“<br />

Sie haben nun zum zweiten Mal den Vorsitz der<br />

Fachvertretung der <strong>Film</strong>- und Musikindustrie<br />

der Wirtschaftskammer Wien übernommen. Wie<br />

kam es dazu?<br />

BURKHARD ERNST: Ich übte <strong>die</strong>se Funktion erstmals<br />

von 2005 bis 2010 aus. Nach der Wahl 2010 kam es zu<br />

einem Gleichst<strong>and</strong> der Stimmen, sodass <strong>die</strong> Dauer<br />

des Vorsitzes geteilt wurde und ich nun <strong>die</strong> kommenden<br />

zweieinhalb Jahre <strong>die</strong>se Funktion ausübe.<br />

Welche Prioritäten setzen Sie?<br />

ERNST: Zunächst möchte ich <strong>die</strong> gut eingeführten<br />

und von der Branche sehr gut angenommenen Informationsveranstaltungen<br />

weiter forcieren, sodass<br />

wir der Branche pro Jahr an <strong>die</strong> sechs solcher Themengebiete<br />

anbieten können. Die Wiener Fachvertretung<br />

umfasst ca. 1.600 Mitgliedsfirmen/personen,<br />

davon natürlich viele Einzelunternehmen im<br />

Contentbereich, wo sich viele Fragen rund um <strong>die</strong><br />

Branche ergeben, <strong>die</strong> wir aufgreifen und zum Thema<br />

machen wollen. Darüber hinaus haben wir ein<br />

6-Punkte Programm entwickelt, das einen Forderungskatalog<br />

der <strong>Film</strong>- und Musikindustrie darstellt<br />

und den wir in den kommenden Monaten und Jahren<br />

umzusetzen versuchen.<br />

Was beinhaltet <strong>die</strong>se Forderungen konkret?<br />

ERNST: Punkt 1 lautet: Internationale <strong>Film</strong>- und Musikprojekte<br />

nach Wien bringen. Dazu gehört aber<br />

natürlich eine entsprechende Infrastruktur. Mit der<br />

bevorstehenden Schließung der Rosenhügelstudios<br />

und den zum Teil hervorragend ausgestatteten<br />

Studios in unseren Nachbarländern, wird Österreich<br />

für internationale Produktionen kaum mehr interessant<br />

sein. Zudem droht <strong>die</strong> Abw<strong>and</strong>erung der<br />

österreichischen Produktionsszene in eben <strong>die</strong>se<br />

benachbarten Studios. <strong>Das</strong> Kreativzentrum in St.<br />

Marx ist mittlerweile teilweise verwirklicht, einige<br />

Firmen wie Puls 4 haben sich angesiedelt, trotzdem<br />

herrscht dringenden H<strong>and</strong>lungsbedarf.<br />

Ein zweites wichtiges Thema ist Innovationen im Bereich<br />

<strong>Film</strong> und Musik aktiv zu unterstützen. Animationen,<br />

computergenerierte <strong>Film</strong>e, innovative Wirtschafts-<br />

und Werbefilme aber auch Games mittels<br />

neuester Technologien sind im digitalen Zeitalter<br />

Genre-übergreifend präsent. Hier müssen der Musik<br />

industrie entsprechend angepasste Fördermodelle<br />

zur Verfügung stehen, bis hin zur Beschleunigung<br />

der Förderentscheidungen – speziell der MA 7 -, <strong>die</strong><br />

idealerweise kürzer als zwei Monate dauern.<br />

Wie sehen Sie <strong>die</strong> aktuelle Förderpolitik?<br />

ERNST: <strong>Das</strong> führt mich zum dritten Punkt unseres<br />

Kataloges, <strong>die</strong> St<strong>and</strong>ortpolitik und Förderungen<br />

besser zu koordinieren. Einzelinitiativen, Doppelgleisigkeiten<br />

oder Überpräsenz bspw. bei den internationalen<br />

Festivals sollten künftig vermieden<br />

werden und so zu einer effizienteren Projekt-Förderung<br />

führen. Ein weiterer Punkt ist auch <strong>die</strong> Musikförderung<br />

effektiver aufzustellen. Ganz aktuell ist<br />

das Thema Festplattenabgabe, wobei ich befürchte,<br />

dass hier der „Karren“ bereits sehr verfahren ist. Dennoch<br />

bemühen wir uns intensiv doch noch eine faire<br />

Einigung mit der Elektroindustrie herbeizuführen.<br />

Es kann doch nicht sein, dass der H<strong>and</strong>el seit Jahren<br />

eine Leerkassettenabgabe einhebt und <strong>die</strong>se nicht<br />

an <strong>die</strong> <strong>Film</strong>- und Musikindustrie abführt. Unser Ziel<br />

ist es, dass sich der Bund für eine rechtlich verbindliche<br />

Festplattenabgabe zugunsten der <strong>Film</strong>- und<br />

Musikwirtschaft einsetzt. Der sechste Punkt unseres<br />

Forderungs-Kataloges befasst sich mit dem Thema<br />

Arbeits- und Sozialrecht, das an <strong>die</strong> Anforderungen<br />

der <strong>Film</strong>- und Musikbranche angepasst werden<br />

muss, was primär bedeutet, einfache und transparente<br />

Regeln zu schaffen, Stichwort selbstständige/<br />

unselbstständige Tätigkeit, etc. <strong>Das</strong> sind allesamt<br />

keine einfachen Aufgaben, aber ich bin zuversichtlich<br />

hier in den kommenden Monaten vieles positiv<br />

umzusetzen.<br />

Wie sehen Sie <strong>die</strong> Rolle des <strong>Film</strong>-Produzenten in<br />

Österreich generell?<br />

ERNST: <strong>Das</strong> ist ein mir persönlich ein sehr wichtiges<br />

Thema, denn ich vermisse eine entsprechen-<br />

24 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

de Wertschätzung der Produzenten speziell im<br />

deutschsprachigen Raum. <strong>Das</strong> Abschneiden des<br />

Abspanns von <strong>Film</strong>en, das Nicht-nennen-dürfen<br />

der Produktionsfirma und der Produzenten im<br />

Vorspann, u.s.w. In den Me<strong>die</strong>n kommen <strong>die</strong> Produzenten<br />

kaum vor, meist h<strong>and</strong>elt es sich um den<br />

<strong>Film</strong> des Schauspielers x oder y. Nur: das ist nicht der<br />

<strong>Film</strong> des Schauspielers, sondern ein Projekt, in dem<br />

der Schauspieler einen klaren Auftrag hat und eine<br />

Rolle spielt. Der Produzent muss manchmal auch<br />

harte Entscheidungen treffen, muss <strong>die</strong> Kosten und<br />

Budgets prüfen, trägt das finanzielle Risiko. Diese<br />

Nichtachtung der Rolle des Produzenten stört mich<br />

persönlich schon seit Jahren.<br />

Sie sind mit cult movies auch selbst als Produ -<br />

zent aktiv. Welche Projekte sind gerade in der<br />

Pipeline?<br />

ERNST: Aktuell produzieren wir gerade zwei Tatorte<br />

– „Abgründe“ (Regie: Harald Sicheritz) und „Deckname<br />

Kidon“ (Regie: Thomas Roth).<br />

AAFP: Vorst<strong>and</strong><br />

erweitert<br />

Mit Heinrich Ambrosch (Satel <strong>Film</strong>) erhält der AAPF einen zweiten Präsidenten.<br />

Maria Teuchmann (Sascha-<strong>Film</strong>) ist neues Vorst<strong>and</strong>mitglied.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis der Generalversammlung des Verb<strong>and</strong>es<br />

der Österreichischen <strong>Film</strong>produzentinnen und<br />

-produzenten sind strukturelle Optimierungen, damit<br />

<strong>die</strong> Interessen der <strong>Film</strong>wirtschaft künftig noch<br />

besser vertreten werden können: Die einstimmig<br />

wiedergewählte Präsidentin des Vereins, Gabriele<br />

Kranzelbinder (KGP), erhält mit Heinrich Ambrosch<br />

(Satel <strong>Film</strong>) Unterstützung und der AAFP einen<br />

zweiten Präsidenten. In <strong>die</strong>ser gestärkten Position<br />

will sich Ambrosch künftig für <strong>die</strong> wesentlichen Themen<br />

der Branche einsetzen.<br />

„Die Bedingungen, unter denen höchst erfolgreiches<br />

<strong>Film</strong>schaffen in Österreich zust<strong>and</strong>e kommt,<br />

sind nicht rosig: <strong>Film</strong>schaffende kämpfen ums Überleben<br />

und der ORF droht, weil <strong>die</strong> Gebührenrefun<strong>die</strong>rung<br />

<strong>2013</strong> endet, mit massiven Kürzungen. <strong>Das</strong><br />

österreichische <strong>Film</strong>wunder ist nur unter planbaren<br />

wirtschaftlichen Bedingungen aufrecht zu halten.<br />

Daher muss - durchaus auch im Interesse des ORF<br />

- eine Lösung gefunden werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Film</strong>wirtschaft<br />

dauerhaft aus der Geiselhaft des ORF befreit“,<br />

so Ambrosch in einer ersten Stellungnahme.<br />

„Mit Seidl, Waltz und Haneke ist der österreichische<br />

<strong>Film</strong> auf Erfolgstour. Die sichtbaren Erfolge wie der<br />

kürzlich verliehene Oscar für den besten nicht-englischsprachigen<br />

<strong>Film</strong> „Amour“ sind aber nur <strong>die</strong> Spitze<br />

des Eisberges. Wichtig für weitere Erfolge sind<br />

verbesserte Rahmenbedingungen, höhere Budgets,<br />

sowie <strong>die</strong> Stärkung des <strong>Film</strong>st<strong>and</strong>orts Österreich im<br />

Interesse aller <strong>Film</strong>- und Kulturschaffenden“, betont<br />

Gabriele Kranzelbinder.<br />

Die Mitglieder des AAFP produzierten 2012 höchst<br />

erfolgreiche <strong>Film</strong>e und Serien: Unter der Regie von<br />

David Schalko entst<strong>and</strong> der TV-Hit des Jahres 2012<br />

„Braunschlag“, produziert von Superfilm.<br />

Die Serie begeisterte auf Anhieb<br />

bis zu eine Million Zuseher und <strong>war</strong><br />

der erfolgreichste ORF-Serienstart<br />

seit 20 Jahren. Mit „Die W<strong>and</strong>“ produzierte<br />

COOP99 Österreichs zuschauerstärksten<br />

<strong>Film</strong> 2012 und Ulrich Seidl,<br />

ebenfalls AAFP Mitglied, reüssierte mit<br />

seiner Para<strong>die</strong>s Trilogie in den Wettbewerben<br />

der drei wichtigsten Festivals.<br />

Der Verb<strong>and</strong> der österreichischen <strong>Film</strong>produzenten<br />

und -produzentinnen<br />

vertritt <strong>die</strong> Ziele und Interessen österreichischer Produzenten<br />

von Kino-, Fernseh-, Werbe-, Wirtschafts-,<br />

Bildungs- und Dokumentarfilmen.<br />

Der Vorst<strong>and</strong> des AAFP:<br />

Präsidentin: Gabriele Kranzelbinder,<br />

(KGP - Gabriele Kranzelbinder Production)<br />

Präsident: Heinrich Ambrosch, (Satel <strong>Film</strong>)<br />

Stellvertreter: John Lüftner (Superfilm),<br />

Tommy Pridnig (Lotus <strong>Film</strong>)<br />

Kassier: Maria Teuchmann (Sascha <strong>Film</strong>)<br />

Schriftführer: Alex<strong>and</strong>er Glehr (Novotny &<br />

Novotny <strong>Film</strong>produktion)<br />

Vorst<strong>and</strong>smitglieder: Antonin Svoboda<br />

(COOP 99), Axl Newrkla (Wiener Klappe), Franz<br />

Novotny (Novotny & Novotny <strong>Film</strong>produktion),<br />

Johannes Rosenberger (Navigator <strong>Film</strong>),<br />

Manfred Studnitzka (<strong>Film</strong> + Grafikstudios),<br />

Michael Kitzberger (Nikolaus Geyrhalter<br />

<strong>Film</strong>produktion)<br />

Heinrich Ambrosch<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |25


filmbiz<br />

„Ich kann ja nicht in<br />

Pension gehen …“<br />

Erfolgsproduzent Veit Heiduschka in einem AFC-Interview über <strong>die</strong> Oscarnacht in Hollywood<br />

und <strong>die</strong> jahrelange Zusammenarbeit mit Oscar-Gewinner Michael Haneke.<br />

Veit Heiduschka<br />

„Im ersten Moment<br />

hat nur das Hirn<br />

gearbeitet: Ich<br />

dachte, „Jetzt muss<br />

er aufstehen, seine<br />

Frau küssen, nach<br />

vor gehen, nicht<br />

über <strong>die</strong> Stufen<br />

stolpern und nicht<br />

stottern bei der<br />

Rede...“ “<br />

Können Sie bitte <strong>die</strong> Stunden rund um <strong>die</strong><br />

Oscar-Verleihung Revue passieren lassen?<br />

VEIT HEIDUSCHKA: Wir sind am Dienstag um 4h<br />

Früh losgefahren und am Mittwoch 18.30 Los Angeles-Time<br />

(also + neun Stunden) ging’s gleich nach<br />

der Ankunft zur ersten Party , zu der alle nominierten<br />

Produzenten von der Academy und der Producers<br />

Guild eingeladen <strong>war</strong>en. Es <strong>war</strong> ein Essen, das in einer<br />

sehr amikalen Atmosphäre ablief, ohne dass wir<br />

ein<strong>and</strong>er als Konkurrenten wahrgenommen haben.<br />

Roger Corman <strong>war</strong> da, Harvey Weinstein, etwas verspätet<br />

kam dann noch Ho<strong>war</strong>d Koch, der Präsident<br />

der Academy, der schon von einer <strong>and</strong>eren Party<br />

kam. Leider <strong>war</strong> mein Englisch nicht gut genug, um<br />

den Schmäh, der geführt wurde, in allen Details zu<br />

verstehen. Übers Geschäft wurde an <strong>die</strong>sem Abend<br />

überhaupt nicht geredet. Warum sollte <strong>die</strong> junge<br />

Produzentin von Tarantino mit uns über Geschäft<br />

reden? Wir würden das vielleicht gerne tun. Aber<br />

man hat sich in <strong>die</strong> Augen geschaut und kann dann<br />

später vielleicht mal telefonieren. Es <strong>war</strong> vielmehr<br />

ein Abend mit einem geselligen Essen und Smalltalk,<br />

wo wir uns auf alle Fälle unter Gleichen, wie in<br />

einer Familie aufgenommen fühlten. <strong>Das</strong> hängt damit<br />

zusammen, dass <strong>die</strong> Nominierung allein in den<br />

USA bereits sehr viel gilt. Am nächsten Tag gab es<br />

doch ein paar geschäftliche Termine, <strong>die</strong> sich aber<br />

bereits vor der Nominierung angebahnt hatten und<br />

der nächste Oscar-Termin <strong>war</strong> dann <strong>die</strong> Vorstellung<br />

der fünf K<strong>and</strong>idaten für den Ausl<strong>and</strong>soscar. 

<br />

Wie angespannt haben Sie am Sonntagnachmittag<br />

das Dolby Theatre betreten?
<br />

HEIDUSCHKA: Ich hatte nicht einmal einen hohen<br />

Blutdruck. Wir sagten uns, „Kriegen wir was, ist es<br />

gut, kriegen wir nichts, müssen wir trotzdem weiterarbeiten“.<br />

Ich kann ja nicht in Pension gehen, weil<br />

jetzt aufgrund der Oscar-Nominierung <strong>die</strong> Millionen<br />

am Konto sind! Einzig der Verleih in den USA wird<br />

dank des Oscars und der Nominierungen nochmal<br />

zulegen, DVD-, VOD- und TV-Verwertung werden<br />

leichter und man bekommt beim Fernsehen mehr<br />

Geld für den <strong>Film</strong>. Für „Best <strong>Film</strong>“ hatten wir ja statistisch<br />

betrachtet eine maximale Chance von ausgerechneten<br />

11,1%, aber ein Amerikaner erzählte mir<br />

mal halb ernst, halb scherzend: „Den Ausl<strong>and</strong>soscar<br />

wünschen wir euch, denn ihn können wir nicht haben,<br />

eine Nominierung lassen wir auch noch gelten,<br />

aber dass ihr unsere „golden boys“ ins Ausl<strong>and</strong><br />

mitnehmt, das kommt nicht in Frage.“ Ein Körnchen<br />

Wahrheit ist wohl dabei. Wir haben einen sehr schönen<br />

<strong>Film</strong>, aber für amerikanische Verhältnisse ist es<br />

ein sehr kleiner <strong>Film</strong>. Und dafür <strong>war</strong>en wir in der Königsklasse<br />

nominiert: Bester <strong>Film</strong>, Beste Regie, Bestes<br />

Drehbuch, Beste Darstellerin. 
Da konnten wir<br />

schon entspannt sein. Am Tag vor den Oscars haben<br />

wir dann noch den Independent Spirit A<strong>war</strong>d<br />

bekommen, der in einem Zelt vergeben wurde, was<br />

uns zuerst ein bisschen misstrauisch gemacht hatte,<br />

vergeben, es entpuppte sich dann als ein besonders<br />

schön dekorierter Raum, <strong>die</strong> Moderation <strong>war</strong> hervorragend,<br />

<strong>die</strong> Stimmung unglaublich gut, das können<br />

<strong>die</strong> Amerikaner wirklich. Somit hatten wir einen<br />

Preis schon in der Tasche. Und es <strong>war</strong> uns bewusst,<br />

dass <strong>die</strong> <strong>and</strong>eren fremdsprachigen <strong>Film</strong>e auch hervorragend<br />

<strong>war</strong>en, vor allem der chilenische <strong>Film</strong> No<br />

<strong>war</strong> ausgezeichnet – lustig, ernst, politisch und publikumswirksam.<br />

Dem habe ich sehr gute Chancen<br />

eingeräumt.<br />

Waren Sie sehr erleichtert, als das Wort „Amour“<br />

fiel?
<br />

HEIDUSCHKA: Im ersten Moment hat nur das Hirn<br />

gearbeitet: Ich dachte, „Jetzt muss er aufstehen,<br />

seine Frau küssen, nach vor gehen, nicht über <strong>die</strong><br />

Stufen stolpern und nicht stottern bei der Rede...“<br />

Rundherum haben alle gejubelt, ich habe mich auch<br />

gefreut, ohne jetzt himmelhochjauchzend zu sein,<br />

dann hätte ich bei ‚<strong>Das</strong> weiße B<strong>and</strong>‘ ja auch zu Tode<br />

betrübt sein müssen. 

<br />

Wie schon bei der Nominierung von ‚<strong>Das</strong> weiße<br />

B<strong>and</strong>‘ fuhr auch <strong>die</strong>ses Mal das Team der Wega-<br />

<strong>Film</strong> mit. Eine Honorierung für viel harte Arbeit?
<br />

HEIDUSCHKA: <strong>Das</strong> ist gewiss so, denn bei jedem<br />

<strong>Film</strong> arbeitet das Team der Wega-<strong>Film</strong> direkt oder<br />

indirekt mit. <strong>Das</strong> geht so weit, dass das Büro an Wochenenden<br />

besetzt werden muss, dass wir manchmal<br />

bis Mitternacht arbeiten. Und alle, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wega-<strong>Film</strong><br />

mittragen, haben sich seinerzeit, als wir <strong>die</strong><br />

Probleme mit ‚Jedermanns Fest‘ hatten und Kredite<br />

aufnehmen mussten, sehr solidarisch verhalten und<br />

sind nicht weggegangen. <strong>Das</strong> haben sie sich ver<strong>die</strong>nt.<br />

Es heißt z<strong>war</strong> immer unterhalb des Titels „ein<br />

<strong>Film</strong> von...“, aber es ist nie ein <strong>Film</strong> eines Regisseurs<br />

allein, es ist immer der <strong>Film</strong> eines Team.

<br />

Sie haben nun 25 Jahre lang mit Michael Haneke<br />

produziert, <strong>war</strong> <strong>die</strong>ser Oscar-Moment ein<br />

Moment einer großen Genugtuung?
<br />

HEIDUSCHKA: Ja natürlich, aber gleichzeitig habe<br />

ich mir auch gesagt, „Was mach ich dann, wenn wir<br />

26 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

ihn bekommen? Ich brauche ja auch Ziele und eine<br />

Motivation? Ich habe Anwalt Wallentin <strong>die</strong> Frage<br />

gestellt, „Welches Ziel habe ich jetzt noch?“ Und er<br />

meinte: „Wiederholungstäter“. Gestern traf ich Umut<br />

Dag, mit dem wir gerade einen neuen Spielfilm ‚Risse<br />

im Beton‘, vorbereiten und zu ihm sagte ich: „Sie sind<br />

der nächste, mit dem wir hinfahren“. Er meinte, er sei<br />

zu jung, aber ich sagte ihm: „Wir wollen ja zehnmal<br />

mit Ihnen hinfahren“. <strong>Film</strong>emachen ist unsere Welt<br />

und unser Leben. Würden wir das als Arbeit betrachten,<br />

würden wir es weder psychisch noch physisch<br />

durchstehen. <strong>Film</strong> ist ein Fulltime-Job, man verliert<br />

jede Großmutter, jeden Freund, jede Freundin, jede<br />

Ehefrau, jedes Kind, weil man mit dem <strong>Film</strong> verheiratet<br />

ist. Da gibt es viele private Opfer auch bei den<br />

Leuten, mit denen man sich umgibt. 

<br />

War <strong>die</strong> <strong>Film</strong>e von Michael Haneke zu produzieren<br />

der große Glücksgriff in Ihrer Produzentenlaufbahn<br />

HEIDUSCHKA: Ich <strong>war</strong> in den achtziger Jahren öfter<br />

in Hollywood und kannte dort einen Verleiher/<br />

Produzenten, der Blake Ed<strong>war</strong>ds-<strong>Film</strong>e finanzierte.<br />

Ich hab in <strong>die</strong>ser Zeit dort sehr viel gelernt, weil ich<br />

Drehbuchbesprechungen mitmachen konnte und<br />

er mir Einblick in <strong>die</strong> Produktionsweise dort gewährte.<br />

Er sagte mir: „Wenn du in Österreich Action-<strong>Film</strong>e<br />

drehen willst, kann das nicht gut gehen. Du hast weder<br />

<strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> das können noch das nötige Geld.<br />

Dein Problem ist, dass du einen kleinen Markt hast.<br />

Ich kann in den USA auch einen Flop immer noch<br />

von der West- an <strong>die</strong> Ostküste verkaufen. Freud <strong>war</strong><br />

nicht umsonst ein Wiener, <strong>die</strong> sogenannten psychologisierenden<br />

<strong>Film</strong>e, das können <strong>die</strong> Europäer besser<br />

als <strong>die</strong> Amerikaner, das ist dein Feld und da setz<br />

dich drauf.“ Bald danach kam Michael Haneke mit<br />

seinem ersten Stoff auf mich zu. Natürlich musste<br />

ich mir auch überlegen, wie ich das verkaufe. Der<br />

Begriff „Arthouse-Kino“ <strong>war</strong> damals noch nicht geläufig.<br />

Es fiel mir ein, dass <strong>die</strong> großen Rechtehändler<br />

Pakete verkaufen und so fragte ich Michael<br />

Haneke nach seinen weiteren Ideen. Und er zählte<br />

sie nach und nach auf. Beim Überlegen nachts fiel<br />

mir dann irgendwann auf, dass sich ein roter Faden<br />

durch <strong>die</strong> Geschichten zog, was er dann später <strong>die</strong><br />

„Vergletscherung der Gefühle“ nannte. Ich ging<br />

zum ÖFI, schlug den ersten <strong>Film</strong> vor und kündigte<br />

gleich an, dass wir eine Trilogie planten. <strong>Das</strong> löste<br />

beim damaligen Geschäftsführer Gerhard Schedl<br />

zunächst ein mildes Gelächter aus, es hat eine Weile<br />

gedauert, aber wir haben’s durchgest<strong>and</strong>en. Wir<br />

hatten auch das Glück, dass ‚Der siebente Kontinent‘<br />

nach Cannes in <strong>die</strong> Reihe Quinzaine des Réalisateurs<br />

eingeladen wurde. Bei der Pressekonferenz allerdings<br />

<strong>war</strong>en fünf österreichische Journalisten und<br />

der ORF. Dafür, dachte ich mir, muss ich nicht nach<br />

Cannes fahren. Ich habe Haneke dann mit <strong>die</strong>sem<br />

<strong>Film</strong> ein Jahr lang um <strong>die</strong> Welt geschickt, was ihm<br />

viel Zeit und Energie, der Firma viel Geld gekostet<br />

hat. Aber er ist sehr eloquent, hatte viel zu seinem<br />

<strong>Film</strong> zu sagen und als wir zwei Jahre später mit ‚Bennys<br />

Video‘ wieder in Cannes <strong>war</strong>en, <strong>war</strong> nicht genug<br />

Platz, um <strong>die</strong> internationale Presse aufzunehmen,<br />

weil man ihn kannte. Die Amerikaner sagen nicht<br />

umsonst, „Ein Star wird nicht geboren, er wird gemacht“.<br />

Die österreichische <strong>Film</strong>förderung hat Hanekes<br />

Talent erkannt und ihn damals kontinuierlich<br />

gefördert. Schon seine Fernseharbeiten, ich denke<br />

an ‚Drei Wege zum See‘ sind als sehr außergewöhnliche<br />

Fernseharbeiten wahrgenommen worden. Wir<br />

haben <strong>die</strong> Trilogie durchgest<strong>and</strong>en und dann kam<br />

‚Funny Games‘. Bei <strong>die</strong>sem <strong>Film</strong> gingen <strong>die</strong> Produktionskosten<br />

in eine Höhe, sodass ich nach einem<br />

deutschen Koproduzenten suchte, doch in Deutschl<strong>and</strong><br />

sagte man mir, der Stoff sei unverfilmbar und so<br />

wurde es eine rein österreichische Produktion. 1997<br />

<strong>war</strong> das Jahr, als Isabelle Adjani Jury-Präsidentin <strong>war</strong><br />

und es kurz vor der Preisverleihung erst zu einer Entscheidung,<br />

nämlich zwei Palmen zu vergeben, kam.<br />

Adjani hat später in einem Interview gesagt, dass sie<br />

Hanekes <strong>Film</strong> für den einzigen interessanten Beitrag<br />

gehalten hatte, dass aber zwei Mitglieder in der Jury<br />

massive Opposition gegen <strong>die</strong>sen <strong>Film</strong> übten. 

<br />

Die ersten Haneke-<strong>Film</strong>e <strong>war</strong>en nicht gerade<br />

Renner in den österreichischen Kinos, was hat<br />

sie ermutigt, weiterzumachen?
<br />

HEIDUSCHKA: Die Qualität. Wir sind im Ausl<strong>and</strong><br />

durchaus freundlich aufgenommen worden, jeder<br />

der <strong>Film</strong>e <strong>war</strong> in den USA im Verleih. In Frankreich<br />

<strong>war</strong>en wir von Anfang an im Kino. In Deutschl<strong>and</strong><br />

kam ‚Der siebente Kontinent‘ in den Verleih, der<br />

zweite und dritte <strong>Film</strong> allerdings nicht. Deutschl<strong>and</strong><br />

hat Haneke also eher spät entdeckt. Mir <strong>war</strong> <strong>die</strong> internationale<br />

Kritik wichtiger als das, was hier in Österreich<br />

passierte. Auf ‚Funny Games‘ reagierte <strong>die</strong><br />

österreichische Presse zunächst sehr negativ. Aber<br />

Schakale heulen und <strong>die</strong> Karawane zieht weiter. Ich<br />

bin meinen Weg gegangen. Ich habe auch ‚Müllers<br />

Büro‘ produziert. Eines ist klar: weder mit Hanekes<br />

erstem Drehbuch noch mit dem für Müllers Büro<br />

würde ich heute eine Förderung bekommen. Damals<br />

hatte man Vertrauen, <strong>die</strong> Branche <strong>war</strong> kleiner<br />

und <strong>die</strong> Jury-Mitglieder kannten <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> in ein<br />

Projekt involviert <strong>war</strong>en.<br />

Sie sagten, <strong>die</strong> Qualität von Michael Hanekes <strong>Film</strong>en<br />

hat Sie am Ball bleiben lassen. Wie würden<br />

Sie <strong>die</strong>se Qualität auf den Punkt bringen?
<br />

HEIDUSCHKA: Nicht alltäglich. Nicht Schnittlauch<br />

auf allen Suppen. Sein Kino steht für einen sehr eigenwilligen,<br />

sehr eigenständigen Blick. Bei den ersten<br />

Projekten haben wir auch im Drehbuchprozess<br />

immer wieder mitein<strong>and</strong>er telefoniert. Es gab immer<br />

wieder Situationen beim Dreh, wo er meine Hilfe<br />

brauchte, ich denke an ‚Der siebente Kontinent‘, wo<br />

es Auffassungsunterschiede mit dem Kameramann<br />

gab und wo ich ihn in seinen Vorstellungen unterstützte,<br />

was uns sicherlich auch stärker zusammenbrachte.<br />

Er sagte einmal zu mir, „Sie akzeptieren ja<br />

alles, ich darf ja alles machen“ und ich entgegnete<br />

ihm: „Herr Haneke, wir sind hier nicht beim Fernsehen,<br />

wir dürfen jeden Schilling ausgeben, nur dürfen<br />

wir nicht überziehen.“ Bis auf einen <strong>Film</strong> hat er<br />

nie das Budget überzogen. Die ersten <strong>Film</strong>e haben<br />

das eingebrachte Eigenkapital bis heute nicht eingespielt.<br />

Die Wega-<strong>Film</strong> hat seinerzeit viel Werbung<br />

produziert und ein Teil <strong>die</strong>ser Gewinne daraus, hat<br />

es überhaupt erst ermöglicht, Hanekes <strong>Film</strong>e zu fi-<br />

„Ich ging zum ÖFI,<br />

schlug den ersten<br />

<strong>Film</strong> vor und<br />

kündigte gleich<br />

an, dass wir eine<br />

Trilogie planten.<br />

<strong>Das</strong> löste beim<br />

damaligen<br />

Geschäftsführer<br />

Gerhard Schedl<br />

zunächst ein<br />

mildes Gelächter<br />

aus, es hat eine<br />

Weile gedauert,<br />

aber wir haben’s<br />

durchgest<strong>and</strong>en.“<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |27


filmbiz<br />

„Haneke ist ein<br />

kluger Mensch,<br />

der sehr klare<br />

Vorstellungen<br />

davon hat, was er<br />

will, dennoch ist er<br />

für Ideen immer<br />

offen, wägt Vorschläge<br />

ab und<br />

nimmt sie dann auf,<br />

oder nicht.“<br />

„Ich würde<br />

liebend gern, wie<br />

zu Beginn, <strong>die</strong><br />

<strong>Film</strong>e mit Haneke<br />

allein machen, das<br />

wäre auch für ihn<br />

leichter, weil er<br />

keine Rücksichten<br />

nehmen müsste.<br />

Eine Koproduktion<br />

verlangt ganz einfach,<br />

dass manches<br />

künstlerisch wie<br />

produktionstechnisch<br />

einheitlich<br />

gemacht wird, auch<br />

wenn er sich sehr<br />

oft mit seinen Ideen<br />

durchsetzen kann.“<br />

nanzieren und durchzustehen. Sonst wäre das nicht<br />

möglich gewesen. Auch mit dem Hintergedanken,<br />

dass <strong>die</strong>se <strong>Film</strong>e später einen Wert behalten. Die<br />

ferne Zukunft wird uns erst sagen, ob wir richtig geh<strong>and</strong>elt<br />

haben.

<br />

Ein Name, der eng mit Michael Hanekes Arbeiten<br />

verbunden ist, ist Michael Katz. Welche Rolle<br />

spielt er in <strong>die</strong>ser Konstellation?
<br />

HEIDUSCHKA: Michael Katz <strong>war</strong> vom ersten <strong>Film</strong><br />

dabei, anfangs noch nicht als Herstellungsleiter. Zwischen<br />

ihm und Michael Haneke hat sich eine sehr<br />

starke Bindung und ein großes Vertrauensverhältnis<br />

aufgebaut. Katz steht im Verlauf der Produktion<br />

an vorderster Front, was ich gar nicht mehr machen<br />

könnte. Haneke ist ein kluger Mensch, der sehr klare<br />

Vorstellungen davon hat, was er will, dennoch ist<br />

er für Ideen immer offen, wägt Vorschläge ab und<br />

nimmt sie dann auf, oder nicht. Ich denke noch an<br />

<strong>die</strong> Dreharbeiten zu ‚71 Fragmente einer Chronologie<br />

des Zufalls‘, als wir plötzlich Schwierigkeiten<br />

bekamen, beim Schottentor zu drehen. Haneke<br />

brauchte aber unbedingt U-Bahn-Aufnahmen mit<br />

dem Jungen und wir haben dann mit versteckter Kamera<br />

am Karlsplatz zwei Takes des Jungen, der einmal<br />

<strong>die</strong> Rolltreppe hinunter und einmal hinauf läuft,<br />

gemacht. Als es dann herauskam, haben wir uns den<br />

Unmut der Wiener Linien zugezogen. Schnell umdenken<br />

ist nicht <strong>die</strong> Sache von Haneke. Er ist genauestens<br />

vorbereitet, macht Storyboards, kennt jedes<br />

Motiv, braucht Fotos davon. Christoph Kanter, der<br />

Set-Designer, hat am Computer <strong>die</strong> Möglichkeit, dass<br />

man ein Motiv mit verschiedenen Optiken anschauen<br />

und herumfahren kann. Wenn sich dann etwas<br />

ändert, muss er sehr genau nachdenken, wie das in<br />

sein Gesamtkonzept passt. Als Regisseur ist er dem<br />

Drehbuchautor verpflichtet. Er sagt zurecht, „Ich hatte<br />

beim Schreiben bestimmte Vorstellungen, <strong>die</strong> ich<br />

dann verlieren würde und ich fühle mich dem Autor<br />

gegenüber verpflichtet. <strong>Das</strong> klingt jetzt vielleicht<br />

schizophren. Seine schönste Arbeit, sagt er, ist der<br />

Schneideraum. Da ist der Stress vorbei, da kann man<br />

schön arbeiten und noch einmal gestalten. 

<br />

Schlägt sich <strong>die</strong>se Erfolgswelle von Amour bei<br />

Ihnen als Produzenten finanziell zu Buche?
<br />

HEIDUSCHKA: Wir spielen etwas mehr als das Eigenkapital<br />

ein, das wir mitbringen mussten. Wir<br />

produzieren ja auch Dokumentationen und kleinere<br />

Industriefilme, um ein zweites St<strong>and</strong>bein zu<br />

haben. Werbung hat in Österreich nicht mehr <strong>die</strong><br />

Stärke, <strong>die</strong> es einmal hatte, es gab Zeiten, da haben<br />

wir den Spot für Coca Cola Österreich gedreht. Die<br />

Auftragsproduktionen des ORF sind auch marginal<br />

klein geworden. Die wirtschaftliche Situation<br />

der österreichischen <strong>Film</strong>produktion ist nicht <strong>die</strong><br />

beste. Eine Stu<strong>die</strong> des bm:ukk über einen Beobachtungszeitraum<br />

von fünf Jahren hat ergeben, dass<br />

alle vom ÖFI in <strong>die</strong>sem Zeitraum geförderten <strong>Film</strong>e<br />

insgesamt nicht das von den Produzenten zu erbringende<br />

Eigenkapital einspielt haben. Dann muss<br />

man sich fragen: Wovon leben wir, wenn nicht von<br />

der Selbstausbeutung? Der Vorteil ist, dass wir nach<br />

sieben Jahren <strong>die</strong> Rechte haben und ÖFI, FFW und<br />

ORF nicht mehr beteiligt sind, abgesehen von den<br />

<strong>Film</strong>en, <strong>die</strong> vor 2006 produziert worden sind. Die<br />

sogenannte Sekundärverwertung ist ja inzwischen<br />

zur Primärverwertung geworden. Kino ist nur noch<br />

der Event, um DVD und VOD zu lancieren, <strong>die</strong> zur<br />

Haupteinnahmequelle geworden sind. Im Kino steht<br />

‚Amour‘ bei 87.0000 Zuschauern, ‚<strong>Das</strong> weiße B<strong>and</strong>‘<br />

hatte 125.000, das macht schon einen Unterschied.<br />

Ich halte mich gerne an G.E.Lessing, der einmal sagte,<br />

„Wir wollen nicht gelobt, wir wollen gelesen werden“,<br />

ich sage, „Wir wollen nicht gelobt, wir wollen<br />

gesehen werden“. Der <strong>Film</strong> hat 8,5 MioEuro gekostet,<br />

Österreich hat 10% dazugegeben. Wir müssten<br />

in den USA 10 Mio USD Boxoffice-Ergebnis haben,<br />

damit Geld zurückkommt. Wir können uns nur über<br />

<strong>die</strong> österreichischen Kinobesuche refun<strong>die</strong>ren. Bei<br />

100.000 Zuschauern kommen an <strong>die</strong> 125.000 Euro<br />

zurück. Und wenn es gut geht, ist es nach sieben<br />

Jahren ein <strong>Film</strong>, der eine Trademark hat und den<br />

man nach längerer Zeit noch einmal verkaufen<br />

kann. Die Fernsehanstalten kaufen allerdings kaum<br />

mehr. <strong>Film</strong> ist wie Kultur und Kunst ein beinhartes<br />

Geschäft geworden, da kann man noch so viel Idealismus<br />

haben. 
<br />

Gibt es schon ein neues Projekt mit Michael<br />

Haneke?
<br />

HEIDUSCHKA: Es wird gewiss eines geben. Die<br />

Operninszenierung in Madrid hat Zeit gekostet,<br />

<strong>die</strong> ihm beim Buchschreiben jetzt fehlt. Er hat eine<br />

Idee, <strong>die</strong> aber noch nicht ausgereift ist, weil er zur<br />

Idee auch den Anfang und das Ende braucht, beides<br />

ist noch nicht vorh<strong>and</strong>en. Er ist ja ein sehr fleißiger<br />

Arbeiter und kann sich in nächster Zeit gewiss dem<br />

Buch widmen. Es wird aber nicht vor 2014 zum Dreh<br />

kommen. Alle wollen dabei sein, aber <strong>die</strong> Summen<br />

sind dann doch nicht ausreichend. Die 13 Mio Euro<br />

für <strong>Das</strong> weiße B<strong>and</strong> <strong>war</strong>en am Ende nur durch eine<br />

Koproduktion aus vier Ländern möglich. Ich würde<br />

liebend gern, wie zu Beginn, <strong>die</strong> <strong>Film</strong>e mit Haneke<br />

allein machen, das wäre auch für ihn leichter, weil er<br />

keine Rücksichten nehmen müsste. Eine Koproduktion<br />

verlangt ganz einfach, dass manches künstlerisch<br />

wie produktionstechnisch einheitlich gemacht wird,<br />

auch wenn er sich sehr oft mit seinen Ideen durchsetzen<br />

kann. ‚Wolfzeit‘ z.B. <strong>war</strong> als Drei-Stunden-<strong>Film</strong><br />

geplant, <strong>die</strong> Franzosen <strong>war</strong>en nur bereit mitzugehen,<br />

wenn der <strong>Film</strong> eine Stunde kürzer würde, was auch<br />

geschah und wir haben den Anfang des Drehbuchs<br />

weggelassen. <strong>Das</strong> sind Kompromisse, <strong>die</strong> nicht nur<br />

<strong>die</strong> Produktionsfirma, sondern auch den Autor und<br />

Regisseur treffen.

<br />

Welcher Haneke-<strong>Film</strong> ist Ihr Lieblingsfilm?
<br />

HEIDUSCHKA: Da gibt es einige. Ich halte den ersten,<br />

Der siebente Kontinent, für einen in sich sehr<br />

straffen <strong>Film</strong>, der einer griechischen Tragö<strong>die</strong> gleich<br />

<strong>die</strong> Einheit von Ort und Zeit respektiert. Bei <strong>Das</strong> weiße<br />

B<strong>and</strong> bin ich vom Buch sehr beeindruckt, weil es<br />

in einer sehr eigenen Fontane-haften Sprache gehalten<br />

ist. Doch <strong>die</strong> <strong>Film</strong>e sind so facettenreich, dass<br />

man sie nicht wirklich unterein<strong>and</strong>er vergleichen<br />

kann. Ich möchte mich lieber nicht auf einen <strong>Film</strong><br />

festlegen.<br />

Quelle: AFC-Newsletter/Interview: Karin Schiefer<br />

28 | <strong>Film</strong> Sound & Media


<strong>Film</strong> Sound & Media |29


filmbiz<br />

Oscar-Party in L.A.<br />

Vor knapp einem Monat erhielt Michael Haneke seinen Oscar und zu Recht wurde er<br />

dafür ausführlich gefeiert. Zur großen Oscar-Party in <strong>die</strong> Österreich-Residenz in Los Angeles<br />

lud Generalkonsulin Karin Proidl, <strong>die</strong> u.a. Schauspielerin Emmanuelle Riva mit einer<br />

Geburtstagstorte überraschen durfte. Wie „Amour“ in Hollywood ankommt, beschreibt <strong>die</strong><br />

Ausl<strong>and</strong>sösterreicherin in eigenen Worten.<br />

Michael Haneke, Ikone des europäischen <strong>Film</strong>s, schaffte eine Hollywood-Sensation.<br />

Vor drei Jahren <strong>war</strong> sein <strong>Film</strong> „<strong>Das</strong> weiße B<strong>and</strong>“ in der Oscar-Kategorie<br />

‚Bester fremdsprachiger <strong>Film</strong>‘ nominiert. Im Jänner <strong>2013</strong> folgte ein wahres<br />

Nominierungsfeuerwerk für ‚Amour‘ mit Jean Louis Trintignant und Emmanuelle<br />

Riva - beide fantastisch - in den Hauptrollen. Die renommierte Fachzeitschrift<br />

‚Hollywood Reporter‘ stellte zu den fünf Oscar-Nominierungen<br />

für ‚Amour‘ treffend fest: ‚Michael Haneke schaffte <strong>die</strong> seltenste aller Oscar-<br />

Doppelnominierungen, eine für den besten fremdsprachigen <strong>Film</strong> und eine<br />

für den besten <strong>Film</strong>. Amour gehört damit zur Elite.‘<br />

Die Gastgeber der österreichischen Oscar Party Generalkonsulin<br />

Karin Proidl und Wirtschaftsdelegierter Rudolf Thaler begrüßen u.v.a.<br />

Kulturministerin Claudia Schmied<br />

Michael Haneke jubelt über den Oscar-Gewinn<br />

Emanuelle Riva & Karin Proidl<br />

Rudolf Thaler, Rol<strong>and</strong> Teichmann, Karin Proidl, Martin Schweighofer<br />

Bald nach Einreichung von ,Amour‘ bei der Academy of Motion Picture Arts<br />

<strong>and</strong> Sciences durch Österreich startete in Los Angeles <strong>die</strong> Serie der <strong>Film</strong>screenings.<br />

Und schon bald zählte ‚Amour‘ zu den Favoriten. Michael Haneke<br />

erstaunte wohl nicht nur durch <strong>die</strong> Titel- und Themenwahl. Mit der für den<br />

Künstler charakteristischen Gnadenlosigkeit zeigt Haneke <strong>die</strong> ausweglosen<br />

Abgründe des Alterns und berührt gleichzeitig durch Feinfühligkeit. Mit der<br />

Rolle von Isabelle Huppert hält er der Töchtergeneration unmissverständlich<br />

einen Spiegel vor. Wer den <strong>Film</strong> noch nicht gesehen hat: Ab ins Kino. ‚Amour‘<br />

ist eine künstlerische Wohltat - nicht zuletzt im actionreichen Hollywood, wie<br />

<strong>die</strong> Entscheidung der über 6000 Academy-Mitglieder zeigt.<br />

2010 und <strong>2013</strong> zeichnete <strong>die</strong> Hollywood Foreign Press Association Michael<br />

Haneke mit dem Golden Globe aus. Im Jänner <strong>2013</strong> holte er sich für ,Amour‘<br />

über<strong>die</strong>s den Los Angeles <strong>Film</strong> Critics A<strong>war</strong>d und einen Tag vor den Oscars<br />

den ebenfalls in Los Angeles vergebenen Independent Spirit A<strong>war</strong>d. Vision,<br />

Perfektionismus und - wie Jean Louis Trintignant hervorhebt - une gr<strong>and</strong>e<br />

rigueur - charakterisieren Michael Hanekes Schaffen. Mit dem Oscar für den<br />

besten fremdsprachigen <strong>Film</strong> fest in Händen hat Michael Haneke in der <strong>Film</strong>hauptstadt<br />

der Welt einen Karrierehöhepunkt erreicht. Sein Name leuchtet<br />

auf dem Radarschirm von Hollywoods <strong>Film</strong>industrie. Und mit Tatkraft - so<br />

ließ Michael Haneke bei der Oscar Party in der österreichischen Residenz<br />

durchklingen - wird er seine zukünftigen Projekte angehen. Ich freue mich<br />

auf seinen nächsten <strong>Film</strong>.<br />

30 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

Oscar <strong>2013</strong>, oder wo bleiben <strong>die</strong> Incentive-Modelle?<br />

Oscar <strong>2013</strong> – Chancen für den <strong>Film</strong>st<strong>and</strong>ort Österreich aus dem<br />

St<strong>and</strong>punkt eines <strong>Film</strong>commissioners betrachtet<br />

Bei meinem letzten Aufenthalt in Los Angeles anlässlich der <strong>die</strong>sjährigen<br />

Oscar Verleihung, <strong>die</strong> ja bekanntlich aus österreichischer Sicht äußerst erfolgreich<br />

verlief, wurde ich noch nie mit einer so großen Anzahl an konkreten<br />

Anfragen bezüglich möglicher Dreharbeiten in Österreich konfrontiert.<br />

Die Vergangenheit zeigte jedoch ein ganz <strong>and</strong>eres Bild. Bei meinen bisherigen<br />

Besuchen in Los Angeles und meinen immer wiederkehrenden Versuchen<br />

meinem Auftrag als österreichischer <strong>Film</strong>commissioners entsprechend US<br />

Produktionen davon zu überzeugen in Österreich zu drehen, widerfuhr mir<br />

zumeist nur reine Höflichkeit und in den seltensten Fällen kam es zu einer<br />

konkreten Anfrage, da <strong>and</strong>ere europäische Länder sich bereits mit Anreizmodellen<br />

etabliert hatten. Diese kommen den Ansprüchen und Vorstellungen der<br />

US-Produktionsfirmen sehr entgegen und Österreich hat im Gegensatz dazu<br />

kein entsprechendes Modell zu bieten.<br />

Diesmal <strong>war</strong> es jedoch ganz <strong>and</strong>ers, ich wurde auf Augenhöhe beh<strong>and</strong>elt,<br />

jedoch auch nur vorerst. Mit zwei konkreten Projekten im Gepäck kam ich<br />

nach Wien zurück. Projekte, <strong>die</strong> noch in <strong>die</strong>sem Jahr in Österreich realisiert<br />

werden könnten. Bei einem davon h<strong>and</strong>elt es sich um eine innovative TV-<br />

Reality-Show, deren Schauplatz eine österreichische Burg sein soll. Die<br />

voraussichtlichen Österreich-Ausgaben für einen einmonatigen Dreh inklusive<br />

dreimonatiger Vorbereitung würden sich auf ungefähr 9,2 Mio. USD,<br />

sprich in etwa 7 Mio. Euro belaufen. Selbstverständlich wurde ich seitens<br />

der Produktion gleich zu Beginn auf mögliche Tax Incentives angesprochen.<br />

Was für US-Produzenten eine Selbstverständlichkeit ist! Die Frage habe befürchtet...<br />

Hinter dem Projekt steht der amerikanische Fernsehsender ABC<br />

und in weiterer Folge der Disney-Konzern. Die einzig mögliche finanzielle<br />

Unterstützung, <strong>die</strong> in Österreich für TV-Produktionen vorh<strong>and</strong>en ist, bietet<br />

der Fernsehfonds <strong>Austria</strong>. Eine Förderung ist aber nur im Falle einer Koproduktion<br />

mit einem österreichischen Partner denkbar, was aufgrund der<br />

Größe, Art und Finanzierungsstruktur des Projektes in <strong>die</strong>sem Fall jedoch<br />

nicht möglich ist.<br />

Genau für solche Fälle haben fast alle Länder in Europa sogenannte Tax Incentives<br />

vorgesehen, institutionalisiert und staatlich abgesegnet, um ausländischen<br />

Produktionen im Kino- und TV-Bereich bis zu 20 oder 25 Prozent<br />

der im L<strong>and</strong> getätigten Ausgaben zu ersetzen. Auffallend ist in Bezug auf das<br />

im Inl<strong>and</strong> immer wiederkehrende Argument ‚Österreich sei ein zu kleines<br />

L<strong>and</strong>, man könne sich so etwas nicht leisten‘, wie viele sehr kleine Länder,<br />

größenmäßig sehr wohl mit Österreich vergleichbar, man denke an Irl<strong>and</strong>,<br />

Luxemburg, Belgien und Ungarn, solche Incentive-Modelle bereits seit Jahren<br />

erfolgreich betreiben. Haben sich <strong>die</strong>se Länder in ihren Rentabilitätsberechnungen<br />

allesamt geirrt? Nicht zu vernachlässigen ist auch <strong>die</strong> Bedeutung<br />

solcher Produktionen für den heimischen Tourismus. Kann es sich Österreich<br />

als Fremdenverkehrsl<strong>and</strong> leisten, auf solch wichtige Image- und in Folge Emotionsträger<br />

in Zukunft zu verzichten?<br />

Da es sich in <strong>die</strong>sem Fall um keinen klassischen<br />

TV-<strong>Film</strong> bzw. Serie sondern um eine<br />

Reality-Show h<strong>and</strong>elt, welche nach Ausstrahlung<br />

in den USA bei entsprechendem<br />

Erfolg als Lizenzgeschäft international vergeben<br />

werden soll, könnte man hier an der<br />

Entstehung eines weltweit erfolgreichen<br />

Formats à la Millionenshow teilhaben.<br />

<strong>Film</strong>touristisch ist <strong>die</strong>se Produktion somit äußerst interessant, da bei Fans<br />

der Show das Interesse an einem Besuch der realen Burgen und Schauplätze<br />

geweckt werden kann. Unzählige Beispiele, aktuell der neueste James Bond<br />

<strong>Film</strong> Skyfall oder Der Hobbit bzw. <strong>die</strong> Herr der Ringe-Trilogie oder das noch<br />

immer für Österreich relevante „Heimatmusical“ Sound of <strong>Music</strong> zeigen das<br />

Potenzial hinter filmisch motiviertem Tourismus. Darüber hinaus spricht aber<br />

natürlich der große wirtschaftliche Effekt, <strong>die</strong> Beschäftigung von heimischen<br />

<strong>Film</strong>schaffenden, der daraus resultierende Know-how Transfer sowie im Weiteren<br />

<strong>die</strong> Auslastung der Hotellerie vor Ort eindeutig für solche Produktionen.<br />

Der zu er<strong>war</strong>tende ROI (Return of Invest) beträgt zum Beispiel bei der oben<br />

angeführten Produktion in etwa 1:7.<br />

Ohne ein bundesweites Incentive, blieb mir somit nur der Versuch einen<br />

möglichen regionalen Fonds, in dem Fall Niederösterreich, zu mobilisieren.<br />

Bedenkt man <strong>die</strong> beschränkten Mittel solch regionaler Fördertöpfe gestaltet<br />

es sich äußerst schwierig. der Er<strong>war</strong>tungshaltung der Amerikaner in Hinblick<br />

auf einen rund 20-prozentigen Rabattes gerecht zu werden.<br />

Ungeachtet der Entscheidung aus Niederösterreich, ist es an der Zeit sich vor<br />

Augen zu führen, ob wir es uns in Zukunft leisten können, solche Summen aus<br />

dem Ausl<strong>and</strong> einfach sausen zu lassen, denn <strong>die</strong> US Produktions-Karawane<br />

zieht weiter. <strong>Das</strong> Projekt wird mit Sicherheit realisiert werden und bei der<br />

Frage, <strong>die</strong> sich dem Produzenten stellt, wo kann er sein Projekt am kostengünstigsten<br />

realisieren, wird Österreich ohne Tax Incentives weiterhin nicht<br />

<strong>die</strong> Antwort sein. Denn es zählen nicht nur schöne Motive, wie unsere Burgen,<br />

Berge und Schlösser, sondern am Ende des Tages hauptsächlich <strong>die</strong> Kosteneffizienz.<br />

Ein vernünftiger Schritt in <strong>die</strong> richtige Richtung ist bereits getätigt worden, da<br />

FISA – <strong>Film</strong>st<strong>and</strong>ort Österreich den Bereich der Serviceproduktion zukünftig<br />

ermöglichen wird und gemeinsam mit regionalen Förderungen in Anspruch<br />

genommen werden kann. Jedoch ist FISA auf Kinoproduktionen begrenzt und<br />

nicht für den TV-Bereich anwendbar. Und darüber hinaus ist leider <strong>die</strong> angepeilte<br />

Summe im europäischen Vergleich für US Produktionen weitgehend<br />

vernachlässigbar.<br />

Meiner Meinung nach, wäre es wichtig und es jedenfalls wert sich weitere<br />

Gedanken zur Schaffung solch eines bundesweiten Incentives zu machen.<br />

Arie Bohrer<br />

<strong>Film</strong> Commissioner, Location <strong>Austria</strong><br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |31


filmbiz<br />

15 Jahre Cine Tirol<br />

Im <strong>Film</strong>, Sound & Media-Interview lässt Cine Tirol-Geschäftsführer Johannes Köck <strong>die</strong> Historie<br />

der Tiroler <strong>Film</strong> Förder-Institution Revue passieren und gibt Ausblick auf <strong>die</strong> Zukunft.<br />

Johannes Köck<br />

„Die in Tirol produzierten<br />

<strong>Film</strong>e<br />

spielen vor einem<br />

sehr großen Publikum:<br />

allein im<br />

vergangenen Jahr<br />

konnten über 220<br />

Millionen Zuseher<br />

im deutschsprachige<br />

Raum bewegte<br />

Bilder und bewegende<br />

Geschichten<br />

„made in Tirol“<br />

sehen.“<br />

Wieso entschloss man sich gerade vor 15 Jahren<br />

in Tirol eine <strong>Film</strong>förderung einzurichten?<br />

JOHANNES KÖCK: Die Tirol Werbung <strong>war</strong> damals<br />

auf der Suche nach innovativen Geschäftsfeldern<br />

– Josef Margreiter als Geschäftsleiter der Tiroler<br />

L<strong>and</strong>estourismusorganisation und der Tiroler Regisseur<br />

und Produzent Erich Hörtnagl <strong>war</strong>en <strong>die</strong> Gründungsväter<br />

<strong>die</strong>ser filmunterstützenden Initiative in<br />

unserem L<strong>and</strong>, <strong>die</strong> neben den wirtschaftlichen und<br />

medialen Effekten auch filmtouristische Effekte auslösen<br />

sollte: <strong>die</strong>s und noch viel mehr hat sich im Laufe<br />

der Jahre erfüllt!<br />

Welche wesentlichen Erfolge konnte <strong>die</strong> Cine<br />

Tirol <strong>Film</strong> Commission in den letzen 15 Jahren<br />

erzielen?<br />

KÖCK: Rund 400 Spiel- und Dokumentarfilme, dazu<br />

noch zahlreiche Werbefilme und Fotoshootings<br />

konnten nach Tirol geführt werden, darunter <strong>die</strong><br />

Mehrzahl aus Österreich und Deutschl<strong>and</strong>, aber<br />

auch aus vielen <strong>and</strong>eren europäischen Ländern wie<br />

Großbritannien, Schweden, Niederl<strong>and</strong>e, Schweiz,<br />

Italien, Ungarn und Russl<strong>and</strong>, darüber hinaus noch<br />

aus fernen Ländern wie beispielsweise aus den USA,<br />

Kanada, Brasilien, Arabischen Emiraten, Südkorea,<br />

Indonesien und In<strong>die</strong>n. Rund 5500 Drehtage wurden<br />

bisher in vielen Tiroler Regionen realisiert: im<br />

Osttiroler Villgratental, das Bergdoktorhaus in der<br />

Region Wilder Kaiser, im Höfemuseum Kramsach,<br />

in der Haller Altstadt und auf der Sprungschanze<br />

auf dem Bergisel in Innsbruck, auf dem Kaunertaler<br />

Gletscher, im Skimuseum in St. Anton am Arlberg<br />

und in Boden im Bschlabertal, einem Seitental des<br />

Lechtals.<br />

Über 80 Millionen Euro wurden im Rahmen <strong>die</strong>ser<br />

Dreharbeiten für produktionsbedingte Ausgaben<br />

wie Unterkunft, Verpflegung, Transport, Mieten, Gehälter<br />

für Tiroler <strong>Film</strong>schaffende seitens der internationalen<br />

<strong>Film</strong>schaffenden in den einzelnen Regionen<br />

Tirols ausbezahlt. Die in Tirol produzierten <strong>Film</strong>e<br />

spielen vor einem sehr großen Publikum: allein im<br />

vergangenen Jahr konnten über 220 Millionen Zuseher<br />

im deutschsprachige Raum bewegte Bilder<br />

und bewegende Geschichten „made in Tirol“ sehen.<br />

Eine große B<strong>and</strong>breite filmischer Werke im Sinn von<br />

Formaten wie Kinofilme, TV-<strong>Film</strong>e, TV-Reihen und<br />

TV-Serien, aber auch im Sinn von Genres wie Thriller,<br />

Action-, Familien- und Heimatfilme sowie Dokumentarfilme<br />

und Werbefilme konnten in Tirol eine<br />

„temporäre, filmische Heimat“ finden - für manche<br />

<strong>die</strong>ser Produktionen eine jahrelange Heimat, wie <strong>die</strong><br />

bisher dreizehn Jahre für <strong>die</strong> TV-Serie „SOKO Kitzbühel“<br />

oder <strong>die</strong> sieben Jahre für <strong>die</strong> TV-Serie „Der Bergdoktor“<br />

beweisen. Zahlreiche Produktionen „made in<br />

Tirol“ wurden im Rahmen von internationalen <strong>Film</strong>festivals<br />

ausgezeichnet: darunter <strong>die</strong> Oscar-Nominierung<br />

für „Wie im Himmel“, der „Deutscher <strong>Film</strong>preis“<br />

für „Die fetten Jahre sind vorbei“ und „Der Architekt“,<br />

der „Silberner Leopard“ für „März“, sowie <strong>die</strong> „Romy“<br />

für „Schwabenkinder“ und „Baum der Erlösung“.<br />

Welches Förder-Volumen steht der Cine Tirol<br />

<strong>Film</strong> Commission jährlich zur Verfügung?<br />

KÖCK: <strong>Das</strong> Gesamtbudget von Cine Tirol, das uns<br />

dankenswerter Weise vom L<strong>and</strong> Tirol zur Verfügung<br />

gestellt wird, beträgt in <strong>die</strong>sem Jahr 900.000 Euro,<br />

davon fließen rund 600.000 Euro in <strong>die</strong> finanzielle<br />

Unterstützung für ausgewählte Projekte. In starker<br />

Verbindung mit den <strong>and</strong>eren Förderungsmöglichkeiten<br />

aus den „großen Töpfen“ des Österreichischen<br />

<strong>Film</strong>instituts, des Fernsehfonds <strong>Austria</strong> und<br />

der FISA-<strong>Film</strong>st<strong>and</strong>ort <strong>Austria</strong> können wir somit<br />

auch in <strong>die</strong>sem Bereich einen Anreiz schaffen, <strong>Film</strong>produktionen<br />

in Tirol zu realisieren.<br />

Wie sieht <strong>die</strong> mittel-(oder auch lang)fristige<br />

Strategie der Cine Tirol <strong>Film</strong> Commission aus?<br />

KÖCK: Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen,<br />

Tirol als führendes <strong>Film</strong>l<strong>and</strong> der Alpen zu bewerben,<br />

unser filmschaffendes Netzwerk im In- und Ausl<strong>and</strong><br />

pflegen, unsere umfassenden Serviceleistungen<br />

anbieten, <strong>die</strong> <strong>Film</strong>freundlichkeit der heimischen<br />

Bevölkerung hochhalten und alles tun, damit sich<br />

<strong>Film</strong>schaffende vor und hinter der Kamera hier im<br />

„Herz der Alpen“ wohl fühlen. Es gibt noch viele<br />

spannende, berührende, unterhaltsame <strong>Film</strong>stoffe<br />

da draußen, <strong>die</strong> in der faszinierenden Bergwelt Tirols<br />

erzählt werden können – und nach <strong>die</strong>sen <strong>Film</strong>projekten<br />

werden wir „fischen“!<br />

Wie kommt man als Produzent/Regisseur o.ä.<br />

in den Genuss einer Förderung seitens der Cine<br />

Tirol <strong>Film</strong> Commission?<br />

KÖCK: Die Cine Tirol Richtlinien legen besonderen<br />

Wert auf den wirtschaftlichen Tirol-Effekt, den inhaltlichen<br />

Tirol-Bezug und das entsprechende Verwertungskonzept<br />

der eingereichten <strong>Film</strong>projekte – wir<br />

lassen uns auch gerne von <strong>Film</strong>schaffenden begeistern,<br />

wenn sie uns ihre Projekte vorstellen: Herzblut<br />

und Leidenschaft sind neben Professionalität und<br />

Qualifikation noch immer sehr überzeugende Argumente<br />

für eine finanzielle Unterstützung!<br />

Welche filmischen Highlights stehen in <strong>die</strong>sem<br />

Jahr in Tirol auf dem Programm?<br />

KÖCK: Die erfolgreichen TV-Serien „SOKO Kitzbühel“<br />

und „Der Bergdoktor“ gehen in ihre dreizehnte bzw.<br />

siebte Staffelproduktion, derzeit dreht gerade „Cobra<br />

11“, darüber hinaus konnten wir speziell im Rahmen<br />

der heurigen Berlinale einige <strong>Film</strong>schaffende<br />

auf <strong>die</strong> (hoch)alpinen Drehorte in Tirol aufmerksam<br />

machen – wir werden in den kommenden Wochen<br />

alles tun, damit <strong>die</strong>se Projekte bald in Tirol l<strong>and</strong>en.<br />

32 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

Richtlinien zum Bildungsme<strong>die</strong>nabkommen<br />

Zur Realisierung im Rahmen <strong>die</strong>ses Abkommens<br />

zwischen dem ORF und dem Bundesministerium<br />

für Unterricht, Kunst und Kultur<br />

kommen vorrangig Projekte zu den thematischen<br />

Bereichen „Geschichte“, „Politische<br />

Bildung“„Naturwissenschaften“, „Geisteswissenschaften“,<br />

„Kultur“ und „Kunst“ in Betracht.<br />

Die eingereichten Projekte haben in inhaltlicher<br />

Hinsicht sowohl den Bildungserfordernissen des<br />

BMUKK (Einsatz in Schulen und im Bereich der<br />

Jugend- und Erwachsenenbildung), als auch den<br />

Programmbedürfnissen des ORF vorgesehen sind<br />

Dokumentationen und Dokumentarfilme, <strong>die</strong> im<br />

Hauptabendprogramm gesendet werden) Rechnung<br />

zu tragen.<br />

Die Projektanträge haben <strong>die</strong> Herstellung von<br />

zwei Versionen zu berücksichtigen:<br />

eine „Sendeversion“ (<strong>die</strong> den Sendebedürfnissen<br />

des ORF entspricht) und eine „Schulversion“ (<strong>die</strong><br />

entweder hinsichtlich der Länge von etwa 15-20<br />

Minuten den Bedürfnissen des BMUKK beim<br />

Einsatz im Unterricht Genüge leistet). Die Ersteinreichung<br />

hat eine Projektbeschreibung (Idealfall<br />

Drehbuch); Kostenaufstellung und Finanzierungsplan<br />

zu umfassen. Anträge entweder an BMUKK<br />

z.Hd. walter.olensky@bmukk.gv.at oder beim<br />

ORF z.Hd. gabriele.wistawel@orf.at einzureichen.<br />

Flimmit zeigt Sixpackfilme<br />

Video-on-Dem<strong>and</strong>-Portal Flimmit und der österreichische<br />

<strong>Film</strong>-Verleih und -Vertrieb Sixpackfilm<br />

vereinbarten eine Zusammenarbeit. Zunächst<br />

stehen im Rahmen eines als Sonderschau ausgewiesenen<br />

Zeitraums insgesamt 16 Lang- und<br />

11-Kurzfilme von Produzenten wie Anja Salomonowitz,<br />

Sabine Derflinger, Bady Minck oder<br />

Virgil Widrich zur Verfügung. Bis Ende April <strong>2013</strong><br />

vermarktet Flimmit <strong>die</strong>ses Paket zu Sonderkonditionen<br />

als Streaming-Version. Die vereinbarten<br />

Kooperation soll über <strong>die</strong>sen Zeitpunkt hinaus<br />

fortgeführt werden und das Sixpackfilm-Spektrum<br />

im Portfolio der Video-on-Dem<strong>and</strong>-Plattform sukzessive<br />

ausgebaut werden. 

„Die Kooperation mit<br />

Flimmit sehen wir als Chance, neues Publikum<br />

jenseits der Festivals und Kinos für <strong>die</strong> Vielfalt<br />

des unabhängigen <strong>Film</strong>schaffens hierzul<strong>and</strong>e<br />

zu gewinnen und denjenigen, <strong>die</strong> bereits zu den<br />

Begeisterten gehören, <strong>die</strong> Möglichkeit zu geben,<br />

das eine oder <strong>and</strong>ere wiederzusehen“, erklärt Gerald<br />

Weber, stellvertretender Geschäftsführer von<br />

Sixpackfilm, <strong>die</strong> Intention, den Vertrieb in neue<br />

Zielgruppen aufzunehmen.<br />

Kinderkino übersiedelt<br />

1985 wurde das Programmkino für Kinder und Jugendliche im Kosmos<br />

Kino im 7. Bezirk aus der Taufe gehoben, 1998 erfolgte <strong>die</strong> Übersiedelung<br />

ins ehemalige Opernkino am Karlsplatz. Dort etablierte es sich<br />

unter dem Namen cinemagic als professionelles Kinder- und Jugendkino.<br />

Nach 14 erfolgreichen Jahren am Karlsplatz zog das cinemagic zu<br />

Beginn des Jahres <strong>2013</strong> in <strong>die</strong> Wiener Urania und ergänzt dort ideal das<br />

bestehende Bildungs- und <strong>Film</strong>programm der VHS Wien und von Constantin-<strong>Film</strong>.<br />

Im März und April stehen unter <strong>and</strong>erem „<strong>Das</strong> doppelte<br />

Lottchen“, „Die Hüter des Lichts“, „Ralph reichts“, „Die Abenteuer<br />

der kleinen Giraffe Zarafa“ und „Bibi Blocksberg“ am Programm. <strong>Das</strong><br />

cinemagic-Kinderkino findet an Wochenenden und in den Osterferien<br />

täglich statt. Ab April starten auch <strong>die</strong> bewährten Programme für Schulen<br />

und Kindergruppen mit anschließenden <strong>Film</strong>gesprächen, Workshops<br />

und ausführlichen Unterrichtsmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer.<br />

Neues Programmkino<br />

Was für erfreuliche Meldungen, wenn man mal nicht über das Kinosterben<br />

schreiben muss, ganz im Gegenteil, in Baden bei Wien wird ein<br />

Programmkino eröffnet. Etwas Zeit braucht der mit 500.000 Euro budgetierte<br />

Umbau jedoch schon, aber Ende <strong>2013</strong> soll das Cinema Paradiso<br />

Baden eröffnet werden. „Nach der Schließung des Beethovenkinos gibt<br />

es in der ganzen Region kein Kino mehr. Mit dem neuen Programmkino<br />

wollen wir das Industrieviertel cineastisch entsprechend versorgen und<br />

um ein vielfältiges Kulturzentrum bereichern“, so L<strong>and</strong>eshauptmann Erwin<br />

Pröll bei der Präsentation. ach dem Vorbild und in Zusammenarbeit<br />

mit dem „Cinema Paradiso“ in St. Pölten, soll das erfolgreiche Konzept<br />

(<strong>Film</strong> und Kultur) angepasst auch in Baden umgesetzt werden. Baden<br />

bekommt einerseits ein Programmkino. Da Cinema Paradiso „mehr<br />

als Kino“ ist, wird das Kino zu auch einem kleinen Kulturzentrum, zu<br />

einem Ort, wo sich <strong>die</strong> verschiedensten Kunstformen unter der Regie des<br />

Kinofilms treffen und eine Bühne bekommen. <strong>Das</strong> Cinema Paradiso Baden<br />

wird als Premieren- und Startkino im Arthousebereich positioniert,<br />

das heißt: das Medium <strong>Film</strong> wird hier als Kunst- und Kulturmedium<br />

transportiert. Somit wird zumindest ein Saal als Programmkino bespielt.<br />

Der europäische <strong>Film</strong>, <strong>die</strong> europäische <strong>Film</strong>- und Kinokultur stehen im<br />

Mittelpunkt. Die bestehende Kinder-, Jugend- und Familienschiene in<br />

einem Saal soll bestehen bleiben. Ein täglicher Spielbetrieb ist geplant.<br />

Beethovenkino in Baden wird zu einem Cinema Paradiso.<br />

l-r: Alex<strong>and</strong>er Syllaba, GR Hans Hornyik, L<strong>and</strong>eshauptmann Erwin Pröll,<br />

Clemens Kopetzky, Bgm. Kurt Staska<br />

© NÖ L<strong>and</strong>espresse<strong>die</strong>nst/Filzwieser<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |33


filmbiz<br />

Mit den Ohren sehen<br />

Vor 10 Jahren wurde der Verb<strong>and</strong> der Österreichischen SounddesignerInnen (VOESD)<br />

gegründet, um <strong>die</strong>sem neuentst<strong>and</strong>enen Berufsbild quasi ein Zuhause zu geben.<br />

Welche Aufgabe Tongestalter erfüllen und <strong>war</strong>um sie glücklich sind, dass es bei der <strong>Diagonale</strong><br />

erstmals auch eine Auszeichnung für <strong>die</strong>se Arbeit gibt, erklären <strong>die</strong> beiden Verb<strong>and</strong>svorstände<br />

Veronika Hlawatsch & Philipp Mosser.<br />

Philipp Mosser (Sounddesigner u. a. von<br />

„Atmen“ und „<strong>Das</strong> Pferd auf dem Balkon“,<br />

Obmann des VOESD)<br />

„Die richtige<br />

Arbeit beginnt nach<br />

dem „picture lock“.<br />

<strong>Das</strong> heißt, dass der<br />

Bildschnitt fertiggestellt<br />

ist. Dann<br />

gibt es Gespräche<br />

mit dem Regisseur<br />

und es geht um<br />

<strong>die</strong> Beantwortung<br />

der Frage: Wie soll<br />

<strong>die</strong>ser <strong>Film</strong> klingen?<br />

Wie kann ich mit<br />

den Möglichkeiten<br />

des Tons <strong>die</strong> Geschichte<br />

unterstützten,<br />

Stimmungen<br />

verstärken bzw. verändern<br />

und einem<br />

<strong>Film</strong> sein eigenes<br />

Klangbild geben? “<br />

Veronika Hlawatsch<br />

Veronika Hlawatsch (2-fache österreichische<br />

<strong>Film</strong>preisgewinnerin für „Beste Tongestaltung“<br />

(2011 / 12), Sounddesignerin u. a. von „Der<br />

Räuber“ und „Michael“, Vize-Obfrau des VOESD)<br />

Wie entst<strong>and</strong> bei Ihnen das Interesse am Ton<br />

bzw. wie wird man Sounddesigner?<br />

PHILIPP MOSSER: Ich hatte schon immer großes<br />

Interesse am Ton, habe Hörspiele gestaltet und Experimente<br />

mit Geräuschen gemacht. Dann habe<br />

ich an der Wiener <strong>Film</strong>akademie Regie stu<strong>die</strong>rt und<br />

bin über <strong>die</strong> Arbeit an meinen eigenen <strong>Film</strong>en zur<br />

<strong>Film</strong>tongestaltung gekommen. Sounddesign ist Geschichten<br />

erzählen mit den Mitteln des Tons. <strong>Das</strong> ist<br />

das, was mich dabei am meisten fasziniert.<br />

VERONIKA HLAWATSCH: Ich habe auf der Akademie<br />

Schnitt stu<strong>die</strong>rt und bin am Anfang meiner Karriere<br />

mit <strong>Film</strong>vertonung in Berührung gekommen und<br />

habe dort meine kreative Heimat gefunden. Dieser<br />

Beruf ist ja ein relativ neuer: Mit der Einführung der<br />

Dolby Rauschunterdrückung in den 70igern konnte<br />

auf der Tonebene ein Quantensprung geschehen:<br />

Der <strong>Film</strong>ton wurde vom Rauschen befreit, hatte<br />

plötzlich eine große Dynamik zur Verfügung und<br />

konnte räumlich sehr exakt gesetzt werden.<br />

MOSSER: Ich unterrichte selbst an der Wiener <strong>Film</strong>akademie<br />

als Senior Lecturer für Sounddesign. Dieses<br />

Fach wird dort im Rahmen des „Schnitt-Studiums“<br />

angeboten. <strong>Das</strong> spiegelt <strong>die</strong> Entwicklung des Berufes<br />

„Tonschnittmeister“ aus dem Beruf des „Schnittmeisters“<br />

wieder.<br />

In den letzten Jahren gab es eine starke Aufwertung<br />

in unserem Haus für <strong>die</strong> Tongestaltung. Professoren,<br />

Lehrende und vor allem <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>renden sind sich<br />

einig, wie wichtig und weitreichend das Thema Tongestaltung<br />

im <strong>Film</strong> ist. Die Wissbegierde und der Ideenreichtum<br />

der „Jungen“ ist sehr groß und es gibt außergewöhnlich<br />

schöne Arbeiten der Stu<strong>die</strong>renden.<br />

Was sind <strong>die</strong> Voraussetzungen für Sounddesigner?<br />

MOSSER: Der <strong>Film</strong>tonschnitt verlangt ein hohes<br />

Maß an akustischem Vorstellungsvermögen und <strong>die</strong><br />

Fähigkeit, ein dramaturgisches Konzept mit den Mitteln<br />

des Tons entwerfen und umsetzen zu können.<br />

Was macht ein Tongestalter konkret?<br />

MOSSER: Die Tätigkeit eines Sounddesigners umfasst<br />

nicht nur <strong>die</strong> Erarbeitung eines tonästhetischen<br />

Gesamtkonzepts und <strong>die</strong> Auswahl, Bearbeitung<br />

und Montage verschiedener Tonelemente,<br />

sondern vor allem auch <strong>die</strong> Planung und Koordination<br />

von Arbeitsabläufen mit dem Komponisten,<br />

Geräuschemachern, Synchronstudios und <strong>and</strong>eren,<br />

an der Tonpostproduktion Beteiligten.<br />

Zu welchem Zeitpunkt eines <strong>Film</strong>drehs setzt<br />

Ihre Arbeit ein?<br />

MOSSER: <strong>Das</strong> ist sehr unterschiedlich. Manchmal<br />

sind wir schon vor Drehbeginn mit an Bord, manchmal<br />

auch erst während der Bildschnittphase. Je<br />

früher wir in das Projekt integriert sind, desto leichter<br />

fällt es, wenn es <strong>die</strong> Regie wünscht, Ideen zum<br />

Tonkonzept des <strong>Film</strong>es einzubringen. Die Arbeit<br />

am Sounddesign wirkt am homogensten, wenn <strong>die</strong><br />

Tongestaltungsebene schon bei den Dreharbeiten<br />

mitgedacht wird.<br />

HLAWATSCH: Die richtige Arbeit beginnt nach dem<br />

„picture lock“. <strong>Das</strong> heißt, dass der Bildschnitt fertiggestellt<br />

ist. Dann gibt es Gespräche mit dem Regisseur<br />

und es geht um <strong>die</strong> Beantwortung der Frage:<br />

Wie soll <strong>die</strong>ser <strong>Film</strong> klingen? Wie kann ich mit den<br />

Möglichkeiten des Tons <strong>die</strong> Geschichte unterstützten,<br />

Stimmungen verstärken bzw. verändern und<br />

einem <strong>Film</strong> sein eigenes Klangbild geben? Für mich<br />

heißt <strong>Film</strong>e zu vertonen, den perfekten Ton zum jeweiligen<br />

Bild zu finden und einen dramaturgischen<br />

Klangbogen für den ganzen <strong>Film</strong> zu erschaffen. Was<br />

möchte ein <strong>Film</strong> erzählen und wie kann ich ihn auf<br />

der akustischen Ebene sinnlich aufladen? Dieses<br />

Suchen, Finden, Zusammenbauen und Erschaffen<br />

von harmonischen und disharmonischen Klangele-<br />

34 | <strong>Film</strong> Sound & Media


filmbiz<br />

menten, <strong>die</strong> dem <strong>Film</strong> seine spezifische Klangfarbe<br />

geben, ist <strong>die</strong> Aufgabe der Sounddesignerin.<br />

MOSSER: <strong>Film</strong> ist ein technisches Medium und<br />

daher müssen sowohl Bild wie Ton von der realen<br />

Welt in <strong>die</strong> Realität des Kinos übersetzt werden.<br />

Nehmen wir zum Beispiel den <strong>Film</strong> „Atmen“ von<br />

Karl Markovics, bei dem ich zusammen mit einem<br />

Kollegen das Sounddesign gemacht habe. Obwohl<br />

der <strong>Film</strong> mit seinen Geräuschen und Atmosphären<br />

sehr reduziert und „original“ klingt, wurde doch jedes<br />

Geräusch durch <strong>die</strong> Arbeit des Geräuschemachers<br />

und durch zusätzliche Aufnahmen verstärkt<br />

und angereichert. Wir haben uns extra einen Sarg<br />

ins Geräusche-Studio geholt und <strong>die</strong> Originalkostüme<br />

der Darsteller, um exakt den richtigen Sound<br />

zu erzielen. Dadurch wird jedes Geräusch klar und<br />

markant und das Sounddesign kann zusammen mit<br />

der Regie jeden Ton im <strong>Film</strong> bewusst hervorheben<br />

oder zurücknehmen. Kein Ton ist Zufall, jeder ist eine<br />

Entscheidung. <strong>Das</strong> ist Tongestaltung.<br />

HLAWATSCH: Die Arbeit am Medium <strong>Film</strong> hat sich,<br />

wie fast alle Bereiche unseres Lebens, durch <strong>die</strong> technische<br />

Entwicklung in den letzten Jahrzehnten stark<br />

verändert. Als 1989 Avid das erste System zum Videoschnitt<br />

am Computer zur Marktreife gebracht hatte,<br />

<strong>war</strong> das in der Tat eine Erfindung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Postproduktion<br />

für <strong>Film</strong> und Fernsehen völlig veränderte. Und<br />

<strong>die</strong> Entwicklung ist seitdem rasch voran geschritten.<br />

Waren es früher vier oder acht Tonspuren, können wir<br />

heute ohne Problem bis zu 200 Spuren gleichzeitig<br />

verwalten. Dadurch kann ich bei meiner Arbeit schon<br />

Schwerpunkte und Lautstärken der verschiedenen<br />

Tonebenen setzen und so rückt ein Teil der Tätigkeit,<br />

<strong>die</strong> früher erst in der Tonmischung passiert ist, in den<br />

Arbeitsbereich des Sounddesigners.<br />

Sie haben nun <strong>die</strong> Tonaufnahmen des <strong>Film</strong>s, ihr<br />

eigenes Archiv, woher kommt der Rest?<br />

HLAWATSCH: Oft nehme ich noch selbst Töne auf.<br />

Auch eine wichtige Rolle spielt der Geräuschemacher<br />

(von denen es nur eine H<strong>and</strong>voll gibt), der für<br />

<strong>die</strong> Synchrongeräusche zuständig ist. Für einen Kinofilm<br />

arbeite ich durchschnittlich 6 bis 7 Tage mit<br />

dem „foleyartist“. Hier geht es um ein gemeinsames<br />

Suchen nach dem perfekten Klang. Sei es ein Schritt<br />

auf dem Holzboden, das Rascheln eines Gew<strong>and</strong>es,<br />

oder der Klang eines, auf einem Tresen abgestellten,<br />

Bierglases. Und es gibt natürlich tausende Möglichkeiten<br />

wie etwas klingen kann: So klingt eine<br />

Zeitung aus den 30-er Jahren <strong>and</strong>ers als eine heutige,<br />

weil <strong>die</strong> Qualität des Papiers sich im Laufe der<br />

Zeiten stark gew<strong>and</strong>elt hat. Im Besten Fall hat man<br />

dann eine aus <strong>die</strong>ser Zeit zur Verfügung oder aber<br />

der Geräuschemacher erfindet sie neu.<br />

Haben Sie persönlich Vorlieben für welches<br />

Genre Sie arbeiten?<br />

MOSSER: Nein, <strong>die</strong> Abwechslung ist das Spannende.<br />

Es geht darum, heraus zu finden, welche Geschichte<br />

der Autor und der Regisseur erzählen wollen und<br />

wie sie <strong>die</strong>se erzählen wollen. Und dann stellt man<br />

sich in den Dienst des Werkes und versucht seinen<br />

Beitrag zum Gelingen des <strong>Film</strong>es zu leisten.<br />

HLAWATSCH: Ich bin dem europäischen Arthouse-<br />

Kino sehr verbunden. Auch ist es bei mir immer das<br />

aktuellste Projekt, das gerade meinem Herzen am<br />

nächsten liegt. Der <strong>Film</strong> „Die 727 Tage ohne Karamo“<br />

von Anja Salomonowitz geht auch auf der Tonebene<br />

einen ganz neuen, extrem gestalteten Weg. <strong>Das</strong><br />

Schöne an unserem Beruf ist ja, dass jedes Projekt<br />

seinen eigenen Charakter hat. Darin liegt <strong>die</strong> Kunst<br />

des Sounddesigners, <strong>die</strong>sen zu erkennen und zu unterstützen.<br />

Ohren kann man nicht verschließen. Wann fällt<br />

Ihnen eine missratene Tongestaltung auf?<br />

HLAWATSCH: Wenn ein Klang „falsch“ wirkt, das<br />

heißt aus dem <strong>Film</strong> herausfällt und so <strong>die</strong> große Illusionsmaschine<br />

<strong>Film</strong> zerstört. Oft sind aber auch<br />

<strong>die</strong> verschiedenen Dimensionen der Kinostätten,<br />

<strong>die</strong> Qualität der Lautsprecheranlage und deren Wartung<br />

ausschlaggebend für ein Hörerlebnis, also lauter<br />

Komponenten, auf <strong>die</strong> der Sounddesigner des<br />

jeweiligen <strong>Film</strong>s leider keinen Einfluss hat.<br />

MOSSER: Ich glaube, da geht es uns wie allen <strong>Film</strong>schaffenden.<br />

Erst wenn ein <strong>Film</strong> nicht funktioniert<br />

und man aus der Geschichte herausfällt, fängt man<br />

an über H<strong>and</strong>werkliches nachzudenken. <strong>Das</strong> ist ja<br />

auch das Besondere an der Tongestaltung. Es ist<br />

doch so: Solange sie nicht auffällt, ist sie gut. Sie ist<br />

eine Kunst, <strong>die</strong> im Verborgenen wirkt. <strong>Das</strong> wissen<br />

wir Tongestalter und das ist auch gut so, denn nur<br />

so funktionieren all <strong>die</strong> kleinen Geheimnisse und<br />

Tricks der <strong>Film</strong>vertonung. Nur hin und wieder treten<br />

wir vor den Vorhang und sagen: Schaut her, es gibt<br />

uns! Unser 10-jähriges Verb<strong>and</strong>sjubiläum ist jetzt so<br />

ein Anlass.<br />

Abschließend zur Verb<strong>and</strong>sarbeit: Wozu <strong>die</strong>nt<br />

er, was machen Sie, was sind Ihre Ziele?<br />

MOSSER: Der Verb<strong>and</strong> <strong>die</strong>nt seinen Mitgliedern als<br />

Netzwerk und zum kreativen Austausch. Nach außen<br />

hin betreiben wir Imagearbeit für unser Berufsfeld.<br />

Wir sind Mitglied im Dachverb<strong>and</strong> der österr.<br />

<strong>Film</strong>schaffenden und der offizielle Vertreter unserer<br />

Berufsgruppe gegenüber <strong>and</strong>eren Verbänden und<br />

der Gewerkschaft.<br />

HLAWATSCH: Im Rahmen unseres 10 jährigen<br />

Verb<strong>and</strong>s-Jubiläums haben wir bei der <strong>Diagonale</strong><br />

einige Initiativen zum Thema Sounddesign gesetzt.<br />

Erstmals gab es einen Preis für das beste Sounddesign<br />

in Spielfilm und Dokumentarfilm. Was uns sehr<br />

freut, da <strong>die</strong>s ein wichtiger Schritt ist, Aufmerksamkeit<br />

auf <strong>die</strong> Tonebene eines <strong>Film</strong>es zu lenken. Weiters<br />

haben wir bei der <strong>Diagonale</strong> im Rahmen einer<br />

Lecture über Sounddesign auch unsere DVD ROM<br />

„Sound is ...“ präsentiert. Darauf gibt es einen kurzen<br />

Intro-<strong>Film</strong> über <strong>die</strong> Arbeit des Sounddesigners und<br />

dann kann man Ausschnitte aus bekannten österreichischen<br />

<strong>Film</strong>en sehen und dazu interaktiv selbst<br />

bestimmen welche Ebene des <strong>Film</strong>tons man hören<br />

will bzw. <strong>die</strong>se Ebenen kombinieren. Zum Beispiel<br />

nur <strong>die</strong> Sprache oder <strong>die</strong> Geräusche oder auch den<br />

unbearbeiteten Originalton von den Dreharbeiten.<br />

Die DVD ist kostenlos und wir haben schon sehr positive<br />

Rückmeldungen erhalten. Wieder ein kleiner<br />

Stein auf dem Weg, unsere Arbeit vorzustellen und<br />

bewusst zu machen.<br />

„Ich glaube, da<br />

geht es uns wie<br />

allen <strong>Film</strong>schaffenden.<br />

Erst wenn<br />

ein <strong>Film</strong> nicht funktioniert<br />

und man<br />

aus der Geschichte<br />

herausfällt, fängt<br />

man an über<br />

H<strong>and</strong>werkliches<br />

nachzudenken.<br />

<strong>Das</strong> ist ja auch das<br />

Besondere an der<br />

Tongestaltung. “<br />

Philipp Mosser<br />

<strong>Film</strong> Sound & Media |35

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!