Äthiopien - Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
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<strong>Äthiopien</strong><br />
Länderinformation<br />
Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
Zelinkagasse 2, 1010 Wien, Telefon: +43 (0)1 90399-0, office@ada.gv.at, www.entwicklung.at
<strong>Äthiopien</strong><br />
BASISDATEN<br />
Einleitung<br />
<strong>Äthiopien</strong> ist das älteste Staatsgebilde Afrikas und eine<br />
demokratische Bundesrepublik. Der letzte Kaiser Haile<br />
Selassie regierte von 1930 bis 1974. Zwischen 1936<br />
und 1941 wurde das Land von Italien besetzt. Mit Eritrea<br />
gibt es einen bis heute andauernden Grenzkonflikt.<br />
Unabhängigkeit <strong>Äthiopien</strong> war niemals kolonisiert,<br />
aber 1936-1941 von Italien besetzt.<br />
Staatsform<br />
Demokratische Bundesrepublik<br />
Staatsoberhaupt Mulatu Teshome<br />
Regierungschef Hailemariam Desalegn<br />
Außenminister<br />
Tewodros Adhanom<br />
Fläche*<br />
1.104.300 km2<br />
Bevölkerung**<br />
86,5 Millionen<br />
Bevölkerungswachstum**<br />
2,1 %<br />
Lebenserwartung** 59,7 Jahre<br />
Alphabetisierung** 39,0 %<br />
HDI (Human Development<br />
Index)**<br />
0,396 (max. 1), 173 Stelle von 186<br />
GII (Gender Inequality keine Angaben<br />
Index)**<br />
BIP*<br />
43,13 Mrd. USD<br />
BNE*<br />
37,39 Mrd. USD<br />
BNE pro Kopf*<br />
410 USD<br />
Armut****<br />
29,6 % der Bevölkerung lebten<br />
2011 unter der nationalen Armutsgrenze.<br />
Bevölkerungsanteil mit 68,5 %<br />
Zugang zu sauberem<br />
Wasser***<br />
* Weltbank: World Development Indicators Database, Stand November 2013:<br />
data.worldbank.org/indicator<br />
**UNDP: Human Development Report 2013<br />
***Ethiopia’s Progress Towards Eradicating Poverty: An Interim Report on<br />
Poverty Analysis Study (2010/11), März 2012<br />
**** gemäß der offiziellen Haushaltsumfrage der äthiopischen Regierung aus<br />
dem Jahr 2011/2012<br />
Zahlreiche Bürgerkriege in <strong>Äthiopien</strong> (1974–1991) und den Nachbarstaaten machten Hunderttausende<br />
Menschen zu Flüchtlingen. Die Folgen sind bis heute große wirtschaftliche<br />
und soziale Probleme.<br />
Durch die Tätigkeit österreichischer Forscher (Höhnel, Bieber) war Österreich bereits vor<br />
der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im März 1905 in <strong>Äthiopien</strong> bekannt. Am<br />
1. Dezember 1964 wurde die <strong>Österreichische</strong> Botschaft Addis Abeba eröffnet.<br />
Politische Situation<br />
Aufbruch nach dem Bürgerkrieg<br />
Nach Beendigung des äthiopischen Bürgerkriegs 1991 entstand unter der Dominanz der<br />
Volksgruppe der Tigrinya eine von Premierminister Meles Zenawi geführte Übergangsre-<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 2
gierung. Diese entwickelte ein Programm, um das Land politisch grundlegend neu zu ordnen<br />
und ließ eine föderalistische demokratische Verfassung ausarbeiten. Die Verfassung<br />
wurde 1994 durch eine konstituierende Versammlung verabschiedet.<br />
<strong>Äthiopien</strong> umfasst neun Teilstaaten (Regionen). Die Grenzen sind nach ethnischen Kriterien<br />
festgelegt und die einzelnen Landessprachen auf dem jeweiligen Territorium als Unterrichts-<br />
und Amtssprachen anerkannt. Besonderes Augenmerk legt die Regierung auf die<br />
Selbstverwaltung der Regionen (Landesparlamente, Föderalismus).<br />
Konzentration der Macht<br />
Bei den Wahlen im Mai 2005 traten erstmals mehrere Parteien an. Nach massiven Manipulationen<br />
bei der Auszählung der Stimmzettel ergab sich neuerlich eine Mehrheit für die<br />
EPRDF und ihrer Schwesternparteien. Im darauffolgenden November kam es zu heftigen<br />
Protesten der Oppositionsanhänger. Allein in Addis Abeba waren Hunderte Tote zu beklagen.<br />
Die Parlamentswahlen 2010 endeten mit einem erdrutschartigen Sieg für die Regierung.<br />
Die EPRDF und ihre Schwesternparteien stellen nun 545 von insgesamt 547 Sitzen;<br />
je ein Sitz verbleibt dem Oppositionellen Girma Seifu (Medrek-Koalition, Koalition von acht<br />
Oppositionsparteien) und einem unabhängigen Kandidaten. Die anhaltende Ausschaltung<br />
einer echten demokratischen Opposition ist äußerst kritisch zu beurteilen.<br />
Am 20. August 2012 starb Premierminister und EPRDF-Vorsitzender Meles Zenawi im<br />
Alter von 57 Jahren. Er war seit 1991 an der Macht gewesen und hatte die Ethiopian Peoples<br />
Revolutionary Democratic Front und das politische Geschehen des Landes dominiert.<br />
Einen Monat später, am 21. September 2012, wurde Hailemariam Desalegn vom<br />
äthiopischen Parlament als Premierminister angelobt. Der EPRDF-Parteikongress im März<br />
2013 bestätigte Hailemariam Desalegn als Parteivorsitzenden. Die nächsten bundesweiten<br />
Wahlen sind für das Jahr 2015 angesetzt.<br />
Die Lokalwahlen im April 2013 fanden in friedlicher, fast apathischer Atmosphäre statt. Der<br />
Sieg der Regierungskoalition EPRDF (bzw. die mit ihr assoziierten Parteien) mit rund 99%<br />
der abgegebenen Stimmen stand von Anfang an fest. Diese Wahlen haben somit erwartungsgemäß<br />
kaum Fortschritte in der Demokratisierung <strong>Äthiopien</strong>s gebracht.<br />
Interethnische und interreligiöse Spannungen<br />
Seit einigen Jahren haben auch die Spannungen zwischen christlichen und muslimischen<br />
Glaubensgemeinschaften zugenommen. Angeheizt werden die Spannungen durch eine<br />
zunehmende Radikalisierung und religiösen Aktivismus auf beiden Seiten, der oftmals vom<br />
Ausland unterstützt wird. Hinzu kommen die wiederholten Warnungen der äthiopischen<br />
Regierung vor islamistischem Extremismus.<br />
Problematische Menschenrechtssituation<br />
Auch wenn internationale Menschenrechtsinstrumente (z. B. Bill of Human Rights, Konvention<br />
gegen Folter) Eingang in die Verfassung gefunden haben, kommt es in <strong>Äthiopien</strong><br />
immer wieder zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Teil der Problematik ist die große<br />
Diskrepanz zwischen der Verfassung, der einfachen Gesetzgebung und der tatsächlichen<br />
Verwaltungspraxis. Kritische Stellungnahmen zu den äthiopischen Gesetzen werden<br />
durch den Umstand erschwert, dass diese in Anlehnung an die westliche Legislatur formuliert<br />
wurden.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 3
Die African Commission for Human and Peoples‘ Rights (ACHPR) verabschiedete im Mai<br />
2012 erstmals eine starke und aussagekräftige Resolution zu <strong>Äthiopien</strong> und äußerte darin<br />
tiefe Besorgnis über den Vorwurf der Folter an Untersuchungshäftlingen. Auch Berichte<br />
über inoffizielle „Haftanstalten“ (z.B. militärische oder private Einrichtungen), in denen angeblich<br />
Menschen festgehalten und gefoltert werden, geben Anlass zur Sorge.<br />
JournalistInnen und Oppositionelle im Visier<br />
JournalistInnen und Oppositionelle sind in <strong>Äthiopien</strong> immer wieder Übergriffen ausgesetzt.<br />
Das Anti-Terrorismusgesetz führte 2012 zu zahlreichen Verhaftungen und Verurteilungen.<br />
Internationales Aufsehen erregte die Inhaftierung und Verurteilung zweier schwedischer<br />
Journalisten, die im Dezember 2011 wegen illegaler Einreise in die Ogaden-Region mithilfe<br />
von Widerstandskämpfern zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Die beiden<br />
Schweden wurden am 10. September 2012 begnadigt und freigelassen. Der bekannte<br />
äthiopische Journalist Eskinder Nega erhielt eine Haftstrafe von 18 Jahren, weil er Kontakte<br />
zu einer in den USA ansässigen, oppositionellen Gruppierung hatte, die in <strong>Äthiopien</strong> als<br />
terroristisch eingestuft wird. Ein ähnliches Schicksal ereilte den Oppositionellen Andualem<br />
Arage (Unity for Democracy and Justice) der wie 22 andere JournalistInnen und Mitglieder<br />
der Opposition hinter Gittern landete.<br />
Die Staatsdruckerei zensuriert Inhalte regimekritischer Zeitungen, um nicht mit dem Anti-<br />
Terrorismusgesetz in Konflikt zu geraten. Das neue Telekom-Gesetz (2012) verbietet die<br />
gewerbliche Verwendung diverser Internet-Dienste. Eine moderne Software ermöglicht der<br />
Ethio-Telekom außerdem, den Zugriff auf regimekritische Internetseiten zu verhindern.<br />
Die UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zeichnete anlässlich<br />
des Welttages der Pressefreiheit am 3. Mai 2013 die inhaftierte äthiopische Journalistin<br />
Reeyot Alemu mit dem Guillermo Cano-Preis für Pressefreiheit aus. Derzeit sitzt sie<br />
eine fünfjährige Haftstrafe im Kaliti-Gefängnis in Addis Abeba ab. Vor ihrer Inhaftierung<br />
berichtete die 30-Jährige über politische und soziale Themen und engagierte sich für Geschlechtergleichheit<br />
und die Armutsbekämpfung.<br />
Auch für die Gründerin, Leiterin und Menschenrechtsaktivistin des Kembata Womens’s<br />
Self Help Center (KMG, Kembatti Mentti – Gezzima Tope) Bogaletch Gebre gab es verschiedene<br />
Anerkennungen: 2013 wurde sie in Österreich mit dem Bruno Kreisky-<br />
Menschenrechtspreis 2013 ausgezeichnet. Frankreich hatte ihr bereits im Jahr davor am<br />
Internationalen Tag der Menschenrechte (10 Dezember) den „Prix des Droits de l'Homme<br />
de la République Française“ zugesprochen, gefolgt von Belgien 2012/2013 mit dem King<br />
Baudouin African Development Prize. Bogaletch Gebre setzt sich vor allem für Frauenrechte<br />
in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Demokratisierung ein<br />
Zivilgesellschaft unter staatlicher Kontrolle<br />
Auch die Zivilgesellschaft ist seit 2009 durch ein neues Gesetz zunehmender staatlicher<br />
Kontrolle unterworfen. Vor allem kontrollieren möchte die Regierung Geldflüsse an Nichtregierungsorganisationen<br />
(NRO), die in politischen Bereichen wie Menschenrechte oder<br />
Demokratisierung tätig sind. Nach dem Gesetz dürfen NRO nicht mehr als 10 Prozent<br />
ihres Gesamtbudgets aus dem Ausland bekommen. Bei einem Verstoß können sie mit<br />
einem Betätigungsverbot belegt werden. Diese Regelung der administrativen und operativen<br />
Kosten macht es Gebern schwierig, bewusstseinsfördernde Maßnahmen zu finanzieren.<br />
Die zuständige Überwachungsagentur erhielt weitreichende Befugnisse, die sogar den<br />
direkten Eingriff in das Management und den Betrieb der Organisationen ermöglichen.<br />
Sogar Fördergelder wurden bereits eingefroren. Die <strong>Österreichische</strong> Entwicklungszusam-<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 4
menarbeit (OEZA) hat sich ihren Anteil 2012 durch die Anwendung des Reziprozitätsprinzips<br />
wieder zurückgeholt.<br />
Außenpolitik<br />
Die Außenpolitik <strong>Äthiopien</strong>s ist geprägt von der Funktion des Landes als Sitzstaat zahlreicher<br />
Organisationen: Afrikanische Union, Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen<br />
(UN) für Afrika, Konferenz für Sicherheit, Stabilität, Entwicklung und Zusammenarbeit in<br />
Afrika (CSSDCA), Frühwarnzentrum der Regionalorganisation IGAD (CEWARN), Intergovernmental<br />
Authority on Development (Terrorismusbekämpfung) und militärisches<br />
Hauptquartiers der African Standby Force. Auch seine Funktion als „Regionalmacht“ am<br />
politisch hochsensiblen Horn von Afrika beeinflusst die Außenpolitik des Landes, das auch<br />
als Beobachter zu den Zusammenkünften der G-20 eingeladen wird.<br />
<strong>Äthiopien</strong> unterstützt im südwestlichen Teil Somalias die AMISOM-Truppen (Mission der<br />
Afrikanischen Union in Somalia) und die somalischen Sicherheitskräfte bei der Bekämpfung<br />
der militanten islamistischen Bewegung Al-Shabaab. Um nicht als Besatzer zu gelten,<br />
werden die eroberten Gebiete möglichst rasch an AMISOM übergeben.<br />
Mit Eritrea gibt es einen bis heute andauernden Grenzkonflikt. Seit Anfang 2011 nehmen<br />
die Spannungen zwischen den beiden Ländern wieder zu. Bei einem Überfall von Rebellen<br />
auf eine europäische TouristInnengruppe am Erta Ale-Vulkan nahe der eritreischen Grenze<br />
im Jänner 2012 kam auch ein Österreicher ums Leben. <strong>Äthiopien</strong> behauptet, der Anschlag<br />
gehe auf das Konto Eritreas und führte auf eritreischem Territorium militärische<br />
Angriffe aus. Auf internationaler Ebene übt <strong>Äthiopien</strong> weiterhin erfolgreich Druck auf die<br />
Vereinten Nationen aus, Eritrea mit Sanktionen zu belegen. Dadurch soll das Land am<br />
Roten Meer international weiter isoliert und ein Regierungswechsel herbeigeführt werden.<br />
Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit, vor allem im Wirtschaftsbereich, haben die beiden<br />
Nachbarstaaten <strong>Äthiopien</strong> und Dschibuti großes Interesse an guten Beziehungen.<br />
Nach dem Verlust des Hafens Assab infolge der Unabhängigkeit Eritreas bleibt für <strong>Äthiopien</strong><br />
Dschibuti neben Berbera (Somaliland) und Port Sudan der wichtigste Zugang zum<br />
Meer. Beide Länder werden künftig bei der Hafenverwaltung und Modernisierung enger<br />
zusammenarbeiten. Dschibuti wiederum bezieht seit Mai 2011 preisgünstigen Strom aus<br />
<strong>Äthiopien</strong>. Für beide Seiten wichtig ist die Ethio-Djibouti Railway, deren Generalüberholung<br />
jedoch nur sehr schleppend vorangeht.<br />
Stabile nachbarliche Beziehungen sind aufgrund wirtschaftlicher Interessen (vor allem<br />
wegen Öl) auch mit dem Sudan und dem Südsudan von wesentlicher Bedeutung. Vor<br />
diesem Hintergrund ist auch die laufende Friedensmission von 4000 äthiopischen Soldaten<br />
in der umstrittenen Region Abyei an der Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan<br />
(United Nations Interim Security Force for Abyei/UNIFSA) zu sehen. Wegen der kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen im Südsudan flüchteten Zehntausende Menschen nach<br />
<strong>Äthiopien</strong>.<br />
Gemeinsam mit Kenia treibt <strong>Äthiopien</strong> den Ausbau des Eisenbahn-, Straßen- und Stromnetzes<br />
weiter voran. Durch ein gigantisches Infrastrukturprojekt, den Bau eines Hafens im<br />
kenianischen Ort Lamu, soll sich langfristig die Abhängigkeit vom Hafen in Dschibuti verringern.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 5
Wirtschaft<br />
Wichtige wirtschaftspolitische Ziele des Landes sind industrialisierte Landwirtschaft, die<br />
Verdoppelung der Exporte und die Erhöhung der direkten Auslandsinvestitionen.<br />
Hohes Wachstum<br />
Obwohl <strong>Äthiopien</strong> seit 2003 ein permanentes Wirtschaftswachstum und bemerkenswerte<br />
Fortschritte besonders in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Landwirtschaft verzeichnet,<br />
sind die notwendige wirtschaftliche Transformation und der soziale Aufschwung<br />
bisher ausgeblieben. Mit dem hohen Wirtschaftswachstum der letzten Jahre stieg auch die<br />
Inflationsrate, die im Mai 2013 unter 10 Prozent gesunken ist. Die Erlöse aus dem Export<br />
von Kaffee, Leder, Hülsenfrüchten, Blumen, Gold, Gemüse, Textilien, Baumwolle oder<br />
Fleisch liegen hinter den Erwartungen zurück.<br />
Sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Weltbank sagen für 2013 und 2014<br />
ein Wirtschaftswachstum zwischen 6,5 und 8,5 Prozent voraus, während die Regierung<br />
planmäßig bei ihrer Prognose von 11 Prozent bleibt.<br />
Handel und Export<br />
2001 hatte <strong>Äthiopien</strong> fast dreimal so viele Auslandsschulden wie Exporteinnahmen. Das<br />
Land wurde daher in die HIPC II-Initiative 1 der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds<br />
aufgenommen, was einen Schuldenerlass von 1,9 Milliarden US-Dollar beziehungsweise<br />
47 Prozent der Auslandsschulden nach sich zog.<br />
Bedeutendster Handelspartner des Landes ist die EU. Die Handelsbilanz mit Österreich ist<br />
positiv. Wichtige Exportprodukte nach Österreich sind Kaffee, Schnittblumen, Schuhe,<br />
Heimtextilien und Baumwolle. <strong>Äthiopien</strong> wiederum importiert landwirtschaftliche Maschinen,<br />
Chemikalien, Schnittholz, Papier und Feuerlöschfahrzeuge aus der Alpenrepublik. In<br />
den Bereichen Infrastruktur und Technologietransfer gelten derzeit China, Indien und Südkorea<br />
als wichtige Wirtschaftspartner, in der Textil- und Lederindustrie Indien und die Türkei.<br />
In der Landwirtschaft orientiert sich <strong>Äthiopien</strong> stark an Brasilien. Mittlerweile drängen<br />
auch die Vereinigten Arabischen Emirate immer mehr auf den Markt, wobei sich die Investitionen<br />
primär auf den Landwirtschaftsbereich und auf den äthiopischen Hotel- und Tourismussektor<br />
konzentrieren. Wirtschaftliche Erfolge werden zum Teil durch das Bevölkerungswachstum<br />
von 2,3 Prozent jährlich wieder zunichte gemacht.<br />
Die Exporteinnahmen decken nur ca. 30 Prozent der Kosten für die Importe. <strong>Äthiopien</strong> ist<br />
von Importen abhängig, um Entwicklungsprojekte, vor allem Infrastrukturprojekte, voranzutreiben.<br />
Die Verringerung des Handelsbilanzdefizits ist nur durch Produktivitätssteigerung<br />
(Industrialisierung) und die Schaffung von Wertschöpfungsketten möglich. Einen wichtigen<br />
Anteil an den knappen Fremdwährungsreserven des Landes machen die konstant hohen<br />
Überweisungen der äthiopischen Diaspora aus.<br />
In den Verhandlungen über den Beitritt <strong>Äthiopien</strong>s zur Welthandelsorganisation gibt es<br />
gegenwärtig wenig Bewegung.<br />
1 HIPC steht für "Heavily Indebted Poor Countries" (hoch verschuldete arme Länder). Die HIPC-Initiative ist eine<br />
auf Anregung der G7 von Weltbank und IWF 1996 beschlossene Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete<br />
arme Länder. Auf dem G7-Gipfel in Köln 1999 wurde eine Erweiterung der Schuldeninitiative (HIPC II) beschlossen.<br />
Ziel der Initiative ist, die Verschuldung der betroffenen Länder auf ein tragfähiges Niveau zu reduzieren.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 6
Energie<br />
Im Sinne des Klimagipfels von Durban strebt <strong>Äthiopien</strong> an, seinen CO 2 -Ausstoß auf null<br />
Prozent zu reduzieren. Vor allem das Potenzial zur Nutzung der Wasserkraft ist enorm<br />
(geschätzte 45.000 MW). Neben Investitionen in den Ausbau von Windenergie und Erdwärme<br />
ist die äthiopische Regierung vor allem bestrebt, die Energieerzeugung aus Wasserkraft<br />
in den nächsten Jahren zu verfünffachen. In diesem Zeichen steht das Staudammprojekt<br />
„Grand Ethiopian Renaissance Dam“, mit dessen geplanter Leistung von<br />
mehr als 5000 Megawatt auch die umliegenden Staaten mit preisgünstiger Elektrizität versorgt<br />
werden könnten. Das Kraftwerk wird im Nordwesten des Landes in der Region Benishangul-Gumuz<br />
am Blauen Nil, einem Zufluss des Nils, errichtet. Ägypten, das stromabwärts<br />
von der Wasserversorgung durch den Nil abhängig ist, fürchtet deswegen negative<br />
Auswirkungen auf die Wassermenge und Umwelt. Der Internationale Währungsfonds sieht<br />
das Megabauprojekt aufgrund des hohen Finanzierungsbedarfs kritisch.<br />
Ausverkauf von Land<br />
Die äthiopische Regierung wird international zunehmend dafür kritisiert, zur Steigerung<br />
des Wirtschaftswachstums Agrarland an ausländische Investoren zu vergeben. Hauptkritikpunkt<br />
ist, dass dies auf Kosten der zivilen und politischen Rechte der autochthonen Bevölkerung<br />
geschieht. Vor allem die Region Gambella im Westen und der Süd-Omo im Süden<br />
des Landes sind davon betroffen.<br />
Armutssituation<br />
Gemäß Human Development Index liegt <strong>Äthiopien</strong> auf Platz 173 von 186 Ländern 2 und ist<br />
somit eines der ärmsten Länder der Welt. Die Armut ist durch den weltweit höchsten Anteil<br />
an mangelernährter Bevölkerung besonders augenfällig.<br />
Der Staatshaushalt umfasst bis Sommer 2014 6,45 Milliarden Euro. Davon wird eine Milliarden<br />
Euro investiert, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Das Bruttonationaleinkommen<br />
(BNE) <strong>Äthiopien</strong>s beträgt 410 USD pro Kopf/Jahr.<br />
Positive Entwicklungen<br />
Erfreulich ist, dass die Zahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, zwischen<br />
2005 (38,7 Prozent) und 2011 (29,6 Prozent) deutlich abgenommen hat 3 . Damit ist <strong>Äthiopien</strong><br />
auf einem guten Weg, das Millenniumsziel 1 (Halbierung der extremen Armut bis<br />
2015) zu erreichen. Im selben Zeitraum hat sich auch das Armutsgefälle reduziert. Insbesondere<br />
in den Städten ist die Armut von 35,1 Prozent auf 25,7 Prozent gesunken. Trotz<br />
dieser positiven Entwicklung gibt es ca. 30 Millionen Menschen im Land, die sich die Güter<br />
des täglichen Bedarfs nicht leisten können. 20 Prozent der Bevölkerung leben knapp an<br />
der Armutsgrenze.<br />
Die Kindersterblichkeit (bis 5 Jahre) ist seit 2005 pro 1.000 Lebendgeburten um mehr als<br />
ein Viertel (123:88) gesunken 4 . Noch immer stirbt jedoch in <strong>Äthiopien</strong> eines von elf Kin-<br />
2<br />
Human Development Report 2013<br />
3<br />
Gemäß offizieller Haushaltsumfrage der äthiopischen Regierung aus dem Jahr 2011/2012.<br />
4<br />
Ethiopian Demographic and Health Survey 2011<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 7
dern, bevor es fünf Jahre alt ist. 44 Prozent der Kinder sind zu klein und fast 30 Prozent<br />
unterernährt. Die Zahlen sind regional sehr unterschiedlich.<br />
Im Schnitt haben die Frauen in den Städten 2,6 und auf dem Land 5,5 Kinder. Auch hier ist<br />
ein Rückgang zu verzeichnen. Wie auch bei der Sterblichkeitsrate gibt es regionale Unterschiede.<br />
In der Somali-Region haben die Frauen im Schnitt 7,1 Kinder. Nur 10 Prozent<br />
kommen in Gesundheitseinrichtungen zur Welt.<br />
Weitere Ergebnisse: 41 Prozent der Befragten haben ein Radio und 25 Prozent ein Mobiltelefon.<br />
Entwicklungspolitik <strong>Äthiopien</strong>s<br />
Programm gegen Armut<br />
Das nationale Programm zur Reduzierung der Armut (PRSP) startete 2000. <strong>Äthiopien</strong> legte<br />
das „Sustainable Development for Poverty Reduction Program“ (SDPRP) mit folgenden<br />
Kernpunkten vor:<br />
─ Förderung des ländlichen Sektors<br />
─ Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen<br />
─ Senkung der Einkommensarmut.<br />
Ab 2004/05 wurde an der Entwicklung des Nachfolgeprogramms „Plan for Accelerated and<br />
Sustained Development to End Poverty (PASDEP)” gearbeitet. Aufgrund der Unruhen und<br />
der politischen Repressionen nach den umstrittenen wurde der Plan aber erst Anfang 2007<br />
veröffentlicht.<br />
Mit dem aktuellen „Growth and Transformation Plan“ (2011–2015) hat sich die äthiopische<br />
Regierung ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2015 sollen die Ernährungssicherheit für alle ÄthiopierInnen,<br />
der Ausbau des Mobilfunknetzes für 40 Millionen KundInnen und höhere Steuereinnahmen<br />
(15 Prozent der Wirtschaftsleistung) erreicht werden. Weiters soll durch den<br />
Bau von Mega-Wasserkraftwerken die Stromproduktion auf 8000 Megawatt gesteigert und<br />
Strom in Nachbarländer wie Dschibuti, Kenia und den Sudan exportiert werden<br />
Fortschritte bei Gesundheit und Bildung<br />
Gemessen an den Millenniums-Entwicklungszielen sind bereits erste Erfolge in den Bereichen<br />
Gesundheit und Bildung zu verzeichnen. Mit dem Bau Hunderter von Grundschulen<br />
und der Ausbildung Tausender LehrerInnen will <strong>Äthiopien</strong> bis 2015 jedem schulpflichtigen<br />
Kind Zugang zu grundlegender Bildung ermöglichen. Das Ziel scheint erreichbar: Derzeit<br />
haben 92,7 Prozent der schulpflichtigen Kinder Zugang zu Grundschulbildung.<br />
Im Gesundheitsbereich soll durch den Ausbau von Einrichtungen für adäquate Erstversorgung<br />
und Massenimpfungen die Säuglingssterblichkeit reduziert und die Ausbreitung von<br />
Epidemien, Malaria und Tuberkulose gestoppt werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist der<br />
Kampf gegen die nach wie vor weit verbreitete Genitalverstümmelung von Mädchen und<br />
Frauen. Die Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeit bleibt nach wie vor eine zentrale<br />
Herausforderung der Gesundheitspolitik.<br />
Bleibende Herausforderungen<br />
Bei der Geschlechtergleichstellung und Müttersterblichkeit hinkt das Land den UN-<br />
Millennium-Entwicklungszielen hinterher. Die stark zurückgegangenen Waldbestände (nur<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 8
3,5 Prozent des Landes sind noch bewaldet) und die infolgedessen rasant fortschreitende<br />
Bodenerosion stellen große Probleme für die Ernährungssicherheit dar. Zusätzlich bedrohen<br />
immer wieder Dürreperioden die nur wenig produktive Landwirtschaft mit ihrer schwachen<br />
Infrastruktur. Dadurch kann es örtlich – vor allem in den südlichen Landesteilen – zu<br />
Hungerkatastrophen kommen. Über das Jahr gerechnet bedürfen ca. sieben Millionen<br />
Menschen Nahrungsmittelhilfe. Auf dem Land hat sich für viele Menschen noch nichts<br />
Grundlegendes geändert. Um den immensen Nachholbedarf bewältigen zu können, müssten<br />
alle Bevölkerungsteile in den Entwicklungsprozess einbezogen werden.<br />
Die großflächige Verpachtung von Agrarland an internationale Konzerne sowie die Bestrebungen<br />
der Regierung, Menschen sesshaft zu machen, werden für Hirtenvölker und Umwelt<br />
zu einem immer größeren Problem. Die Rahmenbedingungen für den Privatsektor<br />
bleiben reformbedürftig.<br />
Die EU (inkl. Mitgliedsstaaten) ist nicht nur der bedeutendste Handelspartner, sondern<br />
auch der wichtigste multilaterale Geldgeber <strong>Äthiopien</strong>s. <strong>Äthiopien</strong> erhält mehr Zuteilungen<br />
aus EU-Quellen als jedes andere AKP-Land. Die Leistungen der EU beziehen sich unter<br />
anderem auf den Ausbau des Straßennetzes, der Wasserversorgung und des Ausbildungswesens<br />
sowie auf die Stärkung des Privatsektors. Die gemeinsame Programmierung<br />
der EU mit ihren Mitgliedsstaaten soll Synergien verstärken und die Effizienz der Zusammenarbeit<br />
mit <strong>Äthiopien</strong> erhöhen. Trotz des ihres großen Engagements sind der Einfluss<br />
und die Gestaltungsmöglichkeiten der EU begrenzt und reichen nicht an die der USA oder<br />
Chinas und Indiens heran.<br />
Internationale ODA (Official Development Assistance) an <strong>Äthiopien</strong><br />
Auszahlungen in Mio. USD<br />
erhaltene ODA gesamt netto<br />
(in Mio. USD)<br />
2008 2009 2010 2011<br />
3.329,0 3.819,0 3.525,0 3.563,0<br />
in % des BNE ca. 12,5 12,0 11,9 11,3<br />
davon ODA Österreichs (in 9,7 12,7 9,7 8,6<br />
Mio. USD)<br />
Quelle: OECD: Recipient aid chart Ethiopia (www.oecd.org) und ADA-Statistik<br />
Die Angaben entsprechen dem Stand Februar 2013 und ersetzen früher publizierte Werte.<br />
ODA an <strong>Äthiopien</strong>: Hauptgeber<br />
Auszahlungen in Mio. USD*<br />
Durchschnitt 2010-2011<br />
Vereinigte Staaten 791<br />
IDA 693<br />
Großbritannien 480<br />
Global Fund 226<br />
Institutionen der Europäischen Union 221<br />
* Durchschnitt auf Basis der Brutto-Auszahlungen<br />
Quelle: OECD: Recipient aid chart Ethiopia (www.oecd.org) Februar 2013<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 9
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> zwischen<br />
Österreich und <strong>Äthiopien</strong><br />
Bereits in den 1960er-Jahren gab es vor allem im Gesundheits- und Energiesektor enge<br />
Wirtschaftsbeziehungen zwischen <strong>Äthiopien</strong> und Österreich. Ab Beginn der 1980er-Jahre<br />
leistete Österreich wegen andauernder Hungerkatastrophen Nahrungsmittelhilfe. Heute<br />
geht es vor allem um nachhaltige Ernährungssicherung.<br />
<strong>Äthiopien</strong> ist seit 1993 ein Schwerpunktland der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>.<br />
1996 wurde ein Koordinationsbüro in Addis Abeba eingerichtet, um die Kooperation<br />
noch effektiver mit den lokalen Regierungsstellen und der Bevölkerung abstimmen<br />
und planen zu können.<br />
Programmatische Grundlage für die derzeitige Zusammenarbeit mit <strong>Äthiopien</strong> ist die Joint<br />
EU Cooperation Strategy 2013–2015, die Anfang des Jahres von sämtlichen EU-<br />
BotschafterInnen in Addis Abeba unterzeichnet wurde.<br />
Ergänzend dazu wird derzeit ein Strategiedokument ausgearbeitet, das auf das spezifische<br />
Profil der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> inklusive Synergie- und Kooperationspotenzial<br />
eingeht.<br />
Schwerpunkte und Leistungen<br />
Das österreichische Engagement konzentriert sich vor allem auf Armutsminderung, ländliche<br />
Entwicklung und Ernährungssicherung. Wesentliche Bedeutung kommt der Förderung<br />
von Frauen und Demokratieentwicklung zu. Hinzu kommen Hochschulpartnerschaften, die<br />
Förderung von Nichtregierungsorganisationen, multilaterale Projekte sowie humanitäre<br />
Hilfe und Wirtschaftspartnerschaften.<br />
Die Programme zu ländlicher Entwicklung und Ernährungssicherung konzentrieren sich<br />
geografisch auf Nord-Gondar im Regionalstaat Amhara. Der österreichische Beitrag zielt<br />
darauf ab, die landwirtschaftliche Produktion zu erhöhen und Einkommensmöglichkeiten<br />
zu schaffen. 2008 wurden zahlreiche Einzelmaßnahmen zu einem umfassenden Programm<br />
zur Sicherung der natürlichen Ressourcen gebündelt.<br />
Entwicklungshilfeleistungen (ODA) Österreichs an <strong>Äthiopien</strong><br />
Die gesamten öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen Österreichs (ODA) 5 an <strong>Äthiopien</strong><br />
betrugen zwischen 1995 und 2011 96,92 Millionen Euro. Davon beliefen sich die Leistungen<br />
der OEZA im gleichen Zeitraum auf 66,20 Millionen Euro.<br />
5 BMF, BMWF, BMUKK, BMI, BMeiA u. a.; Länder, Städte und Gemeinden<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 10
ODA Österreichs an <strong>Äthiopien</strong><br />
Auszahlungen in Mio. Euro<br />
bilaterale ODA für <strong>Äthiopien</strong><br />
in Mio. Euro<br />
in % der bilateralen Gesamt-<br />
ODA<br />
OEZA/ADA für <strong>Äthiopien</strong> in<br />
Mio. Euro<br />
OEZA/ADA an <strong>Äthiopien</strong> in %<br />
der ges. OEZA/ADA-<br />
Leistungen (ODA)<br />
2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
14,01 5,25 6,76 9,09 7,33 8,54<br />
1,61 0,54 0,79 2,50 1,58 2,42<br />
5,52 4,02 5,67 6,78 6,22 6,17<br />
5,83 4,37 5,52 7,50 1,34 1,75<br />
Quelle: ADA-Statistik<br />
Projektbeispiele<br />
Nord-Gondar: Leben im Einklang mit der Natur<br />
In Nord-Gondar im Regionalstaat Amhara führten in der Vergangenheit Bevölkerungswachstum,<br />
ausgelaugte Böden und überweidete Flächen immer wieder zu Nahrungsmittelknappheit.<br />
Die oftmals prekäre Ernährungssituation behinderte auch die Ausbildung der<br />
nächsten Generation. Seit vielen Jahren unterstützt die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
daher die integrierte Entwicklung dieser Region, die halb so groß ist wie<br />
Österreich.<br />
Mit Erfolg: Bäuerinnen und Bauern erlernten biologische Anbaumethoden, die den Boden<br />
nachhaltig verbessern, und bauen jetzt eine größere Vielfalt an Obst und Gemüse an. Sie<br />
pflanzen robustere Getreidesorten und produzieren durch verbesserte Viehzucht mehr<br />
Milch und Fleisch. Bessere Ernteerträge ermöglichen den LandwirtInnen Vorräte anzulegen<br />
oder durch den Verkauf ihrer Produkte Geld zu verdienen. Dadurch sind sie besser<br />
gegen Dürreperioden oder Missernten gerüstet.<br />
Projektnummer: 2509<br />
Lokaler Projektpartner:<br />
Bureau of Finance and<br />
Economic Development<br />
(BoFED)<br />
Laufzeit:<br />
01.05.2013–30.04.2016<br />
OEZA-Beitrag:<br />
6 Mio. Euro<br />
Die besseren Lebensbedingungen erleichtern es den DorfbewohnerInnen, mit den Einschränkungen,<br />
die der nachhaltige Umgang mit den natürlichen Ressourcen mit sich<br />
bringt, gut umzugehen. So wurden die Weideflächen begrenzt und dringend nötige<br />
Schutzzonen aufgeforstet, um die Erosion zu kontrollieren und die Vegetation zu schützen.<br />
Auch die Wälder dürfen nicht mehr als Brennholz geschlägert werden.<br />
Eine zusätzliche Einkommensquelle bietet der Tourismus im Simien Mountains-<br />
Nationalpark, der jährlich Tausende Trekking-Begeisterte anlockt. Aufgrund seiner einzigartigen<br />
Schönheit steht er als UNESCO-Kulturerbe unter besonderem Schutz. Die Nationalparkverwaltung<br />
vermittelt Jobs für TourbegleiterInnen oder KöchInnen. Auch die Übernachtungsgebühren<br />
kommen direkt den DorfbewohnerInnen zugute.<br />
Insgesamt profitieren von den umfangreichen Maßnahmen ca. eine halbe Million Menschen<br />
in 12 Bezirken.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 11
Mit der Ausweitung des Programms auf die gesamte Verwaltungseinheit soll in Nord-<br />
Gondar eine Trendumkehr im Sinne wirtschaftlicher Transformation erzielt werden. Vor<br />
allem folgende Bereiche werden gezielt gefördert:<br />
─<br />
─<br />
─<br />
─<br />
─<br />
─<br />
─<br />
marktorientierte Viehzucht<br />
integrierte Praktiken zum Wasserressourcenmanagement<br />
alternative Erwerbsmöglichkeiten (z. B. Mast, Imkerei)<br />
Stärkung der ländlichen Verwaltung<br />
Tourismusentwicklung auf Community-Ebene<br />
Verbesserung der Infrastruktur und des Managements des Nationalparks<br />
Stärkung der institutionellen Kapazitäten mittels Forschung und Wissens-Management<br />
Nord-Gondar: Forschung für Entwicklung<br />
Ergänzend dazu trägt eine Kooperation des österreichischen Entwicklungsprogramms für<br />
Nord-Gondar mit den äthiopischen Universitäten Gondar und Bahir Dar sowie dem Amhara<br />
Region Agricultural Research Institute (ARARI) und der Universität für Bodenkultur Wien<br />
dazu bei, an den Partnerinstituten die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese die ländlichen<br />
Transformationsprozesse wissenschaftlich begleiten können.<br />
Gemeinsam erarbeiten die beteiligten Einrichtungen neue Methoden für inter- und transdisziplinäre<br />
Forschung und Lehre, die unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge und<br />
Informationsaustausch mit anderen gesellschaftlichen Gruppen beinhalten. Darüber hinaus<br />
werden personelle und institutionelle Kapazitäten aufgebaut, damit die Forschungsergebnisse<br />
an die ländlichen Gemeinden weitergegeben werden können. Umgekehrt sollen die<br />
praktischen Erfahrungen und Einsichten der LandwirtInnen und ländlichen Gemeinden in<br />
das Hochschul- und Forschungssystem einfließen.<br />
Nord-Gondar: CO 2 -Kompensation für Klimaschutz und Entwicklung<br />
An der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) ist seit Oktober 2011 ein System eingerichtet,<br />
durch das Treibhausgasemissionen, die durch Flugreisen entstanden sind, kompensiert<br />
werden können. Seit Jänner 2012 steht das System auch externen Privatpersonen,<br />
Unternehmen, öffentlichen und privaten Einrichtungen, Vereinen und anderen juristischen<br />
Personen zur Verfügung. Auch die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur<br />
der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>, beteiligt sich daran und wird ab<br />
2012 alle Flugreisen, die ADA-MitarbeiterInnen im Rahmen des Dialogs mit den Partnern<br />
im Süden und Osten machen, kompensieren.<br />
Der Umfang der Emissionen beträgt etwa 200 Tonnen CO 2 jährlich, die die ADA voraussichtlich<br />
mit rund 5000 Euro pro Jahr ausgleichen wird.<br />
Hochschulkooperationsprogramm<br />
APPEAR: 0894<br />
Lokale Projektpartner:<br />
Universität Gondar,<br />
Universität Bahir Dar,<br />
ARARI<br />
Laufzeit:<br />
01.02.2011–31.01.2014<br />
OEZA-Beitrag:<br />
390.000 Euro<br />
Die Kompensationszahlungen fließen in Klimaschutzprojekte der BOKU, bei denen CO 2<br />
aus der Atmosphäre gebunden oder Treibhausgasemissionen reduziert werden. Die<br />
Vergabe erfolgt durch einen wissenschaftlichen Beirat nach klar definierten Kriterien. Als<br />
Mitglied des Beirats kann die ADA ihre Expertise und ihre Erfahrungen aus der Praxis<br />
bereits während der Entwicklungsphase des ersten Kompensations-Projekts einbringen.<br />
Dieses wird in Nord-Gondar umgesetzt werden. Das Projekt trägt zu Armutsminderung und<br />
zukunftsgerichteter nachhaltiger Entwicklung bei und ergänzt ideal das Programm der<br />
<strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 12
Schutz des Kaffeewaldes<br />
In der Region Oromia im Südwesten <strong>Äthiopien</strong>s befindet sich das Biosphärenreservat<br />
Yayu, ein wichtiges Ursprungsgebiet wilden Kaffees (Coffee arabica-Bohnen). Die Zone<br />
erstreckt sich über insgesamt gut 167.000 Hektar und steht unter Naturschutz. Für 70 Prozent<br />
der Haushalte sind die Erlöse aus der Nutzung der Kaffeepflanzen Haupteinnahmequelle<br />
und damit Lebensgrundlage. Der nachhaltige Umgang mit den natürlichen Ressourcen<br />
ist daher von elementarer Bedeutung – für die Umwelt und die lokale Bevölkerung.<br />
Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> setzt daher auf die Stärkung der Managementstrukturen<br />
des Biosphärenreservats. Beispielsweise werden ein Biosphären-<br />
Managementbüro und ein Informationszentrum in Yayu errichtet und ausgestattet. Die<br />
Einrichtungen sind für den Schutz des Waldes, Forschungsvorhaben und Umweltbildung<br />
zuständig. 42 lokale Genossenschaften (Kaffee, Imkerei) werden beim Aufbau von Wertschöpfungsketten<br />
– von der Produktion bis zur Vermarktung – unterstützt. Dadurch steigern<br />
sie die Qualität ihrer Produkte und deren Wiedererkennungswert. Zielgruppen sind<br />
unter anderem die lokalen KaffeebäuerInnen, Jugendorganisationen, Frauengruppen oder<br />
Bienenzüchter.<br />
Akademische Partnerschaft für Menschenrechtsbildung<br />
Das Hochschulkooperationsprogramm APPEAR (Austrian Partnership Programme in Higher<br />
Education and Research for Development) ermöglicht den Ausbau der institutionellen<br />
Kapazitäten des Menschenrechtsinstituts der Universität Addis Abeba und der Verwaltungsakademie<br />
<strong>Äthiopien</strong>s im Bereich Menschenrechtsbildung. Durch die Partnerschaft mit<br />
der Karl-Franzens-Universität (Institut für Internationales Recht und Internationale Beziehungen)<br />
und dem Europäischen Trainings- und Forschungszentrum in Graz werden die<br />
MitarbeiterInnen der äthiopischen Partnerinstitutionen in Lehre und Forschung unterstützt,<br />
die Lehrpläne modernisiert und Magisterstudien für den Menschenrechtsbereich entwickelt.<br />
Das Programm wird durch drei Doktorratsstudien, das für das Lehrpersonal der äthiopischen<br />
Partner am Institut für Menschenrechte an der Karl-Franzens-Universität angeboten<br />
wird, ergänzt.<br />
Regionalprojekte<br />
Vertragspartner:<br />
Environment and<br />
Coffee Forest Forum<br />
Laufzeit:<br />
01.06.2013–31.05.2016<br />
OEZA-Beitrag:<br />
378.045 Euro<br />
Vertragspartner:<br />
Karl-Franzens-<br />
Universität Graz<br />
Lokale Partnerorganisationen:<br />
Ethiopian Civil Service<br />
College, Addis Abeba<br />
Universität<br />
Laufzeit:<br />
01.11.2011–30.10.2013<br />
OEZA-Beitrag:<br />
250.000 Euro<br />
Dem Frieden eine Chance<br />
Der Lebensstil vieler afrikanischen Viehzüchter ist geprägt von ständigem Ortswechsel auf<br />
der Suche nach Wasser und Weideland. Oft konkurrieren die verschiedenen Stämme um<br />
den Zugang zu diesen lebenswichtigen Ressourcen und deren Kontrolle. Die<br />
Auswirkungen des Klimawandels verschärfen die Situation. Interethnische und<br />
grenzüberschreitende Konflikte sind häufig die Folge.<br />
Vertragspartner:<br />
CEWARN/IGAD<br />
Laufzeit:<br />
01.12.2012–31.12.2015<br />
OEZA-Beitrag:<br />
450.000 Euro<br />
Der Rapid Response Fund stattet den Conflict Early Warning and Response Mechanism<br />
(CEWARN) der Intergovernmental Authority on Development (IGAD) mit den<br />
erforderlichen Mitteln aus, um Konflikte um Weideland und Wasser frühzeitig zu erkennen<br />
und rasch darauf zu reagieren. Unterstützt werden Projekte, die Auseinandersetzungen in<br />
den IGAD-Mitgliedsstaaten Djibouti, <strong>Äthiopien</strong>, Kenia, Somalia, Uganda, Sudan<br />
verhindern, deeskalieren oder lösen helfen. Parallel werden die lokalen Kapazitäten in<br />
Konfliktprävention und -lösung geschult, Bewusstseinsbildungsmaßnahmen durchgeführt<br />
und Ausstattung finanziert.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 13
Geschlechtergleichstellung, Frieden und Sicherheit<br />
Geschlechtergleichstellung sowie die Stärkung von Frauen in Friedensprozessen stehen<br />
im Zentrum einer neuen Kooperation zwischen der Afrikanischen Union (AU) und der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>. Österreich etabliert damit erstmals eine direkte<br />
und formale Partnerschaft mit der AU und unterstützt sowohl die Strategie als auch<br />
den Aktionsplan der AU zu Geschlechtergleichstellung. Beide Dokumente räumen der<br />
Sicherheitsratsresolution 1325 der Vereinten Nationen besonderen Stellenwert ein. In der<br />
Resolution wurden Konfliktparteien erstmals dazu aufgerufen, die Rechte der Frauen zu<br />
schützen und Frauen gleichberechtigt in Friedensverhandlungen sowie in die Schlichtung<br />
von Konflikten und in den Wiederaufbau mit einzubeziehen.<br />
Vertragspartner:<br />
Kommission der AU (Gender<br />
Directorate, Peace and<br />
Security Department)<br />
Laufzeit:<br />
01.08.2012–31.12.2015<br />
OEZA-Beitrag:<br />
1,2 Mio. Euro<br />
Die Kooperation mit der AU-Direktion für Frieden und Sicherheit ermöglicht, dass Aktivitäten,<br />
die die AU, die Vereinten Nationen, afrikanische Regionalorganisationen, die Zivilgesellschaft<br />
sowie multi- und bilateraler AU-Partner in Afrika durchführen, besser geplant und<br />
koordiniert werden können. Die Unterstützung des Gender-Direktorats der AU hilft, den<br />
Aktionsplan zur Geschlechtergleichstellung umzusetzen. Beide Direktionen arbeiten dabei<br />
mit den 54 AU-Mitgliedsstaaten zusammen. Der österreichische Beitrag kommt somit dem<br />
gesamten afrikanischen Kontinent und dessen Bevölkerung zugute.<br />
Darüber hinaus unterstützt eine neue Partnerschaft der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
mit der Nichtregierungsorganisation OXFAM Frauenorganisationen in Ägypten,<br />
Nigeria und im Süd-Sudan. Dabei erhalten Frauen, die Opfer von Gewalt wurden<br />
rechtlichen Beistand, um ihre durch AU-Verträge zugesagten Ansprüche durchzusetzen.<br />
Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme<br />
Die afrikanischen Regierungschefs forderten in der Tripoli-Erklärung (August 2009), afrikanische<br />
Lösungen für afrikanische Probleme im Bereich Konfliktbewältigung. Dafür sollen in<br />
Kooperation mit dem Institute for Peace and Security Studies (IPSS), einem Think Tank<br />
der Afrikanischen Union in Addis Abeba, zehn VertreterInnen aus AU-Mitgliedsstaaten,<br />
regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft in einem Universitätslehrgang ausgebildet<br />
werden. Zusätzlich wird die Vernetzung zwischen afrikanischen Forschungszentren<br />
und Universitäten gefördert, um die AU mit wissenschaftlichen Arbeiten, Studien und Lösungsvorschlägen<br />
bei der Entscheidungsfindung in Fragen zu Frieden und Sicherheit zu<br />
unterstützen. Mit dem österreichische Beitrag wird auch die Durchführung einer jährlichen<br />
Sicherheitskonferenz (Lake Tana Forum) in <strong>Äthiopien</strong> gefördert, die afrikanische RegierungschefInnen<br />
zusammenbringt, um über sicherheitspolitische Fragen Afrikas zu diskutieren.<br />
NRO-Kooperationen<br />
Ausbildung für junge Waisenmädchen<br />
In <strong>Äthiopien</strong>s Hauptstadt Addis Abeba leben Tausende Waisen in Heimen. Die Kinder und<br />
Jugendlichen sind weitgehend aus der Gesellschaft ausgeschlossen und haben meist<br />
keinen Zugang zu Bildung. Junge Frauen haben es besonders schwer, wenn sie nach<br />
Erreichen der Volljährigkeit die Heime verlassen müssen. Ihnen fehlt ein soziales Netzwerk<br />
und die Ausbildung, um selbstständig Existenz sicherndes Einkommen erwirtschaften zu<br />
können. Viele von ihnen landen daher in der Prostitution.<br />
Vertragspartner:<br />
OXFAM/Kenia Laufzeit:<br />
01.11.2013–30.10.2016<br />
OEZA-Beitrag:<br />
825.000 Euro<br />
Vertragspartner:<br />
Institute for Peace and<br />
Security Studies (Addis<br />
Abeba University)<br />
Laufzeit:<br />
01.09.2013–30.06.2016<br />
OEZA-Beitrag:<br />
500.000 Euro<br />
Vertragspartner:<br />
PROJECT-E<br />
Lokale Partnerorganisation:<br />
New Life Community<br />
Organization<br />
Laufzeit:<br />
01.10.2011–30.09.2014<br />
OEZA-Beitrag:<br />
100.000 Euro<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 14
Um den Betroffenen eine Perspektive zu geben, gründete die NRO PROJECT-E mit Unterstützung<br />
der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> in Addis Abeba eine Schule,<br />
in der junge Frauen eine dreijährige arbeitsmarktorientierte und praxisnahe Sekretärinnen-Ausbildung<br />
absolvieren können. Nach der Errichtung des Gebäudes, der Bereitstellung<br />
der für den Lehrbetrieb notwendigen Infrastruktur, der Entwicklung und Akkreditierung<br />
des Lehrplans, der Einstellung von qualifiziertem Personal und der erfolgreichen Durchführung<br />
der ersten beiden Schuljahre geht es nun darum, die Absolventinnen in den Arbeitsmarkt<br />
zu integrieren.<br />
Bereits während ihrer Ausbildung machen die Studentinnen umfassende Praktika. Die<br />
intensive Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen erhöht ihre Chance auf einen passenden<br />
Job. Haben sie einen gefunden, müssen sie einen kleinen Teil ihres Gehalts an die<br />
Schule zurückzahlen. Dies gehört zum wirtschaftlichen Konzept der Ausbildungsstätte, die<br />
sich in einigen Jahren finanziell selbst tragen soll. Auch die Unternehmen, die von den<br />
neuen ausgebildeten Bürokräften profitieren, sollen in einen Topf einzahlen. Zusätzliches<br />
Geld sollen Abendkurse für Angestellte von Unternehmen einbringen, in denen zum Beispiel<br />
Computerkenntnisse vermittelt werden. Bei der jährlichen Job-Messe, die von PRO-<br />
JECT-E veranstaltet wird, finden die meisten Absolventinnen bereits eine Arbeit.<br />
Neue Perspektiven für in Not geratene Familien<br />
Durch die Folgen von HIV/AIDS und Armut geraten Familien häufig in akute Krisensituationen<br />
oder brechen gänzlich auseinander. Hauptleidtragende sind meist die Kinder, die oft<br />
als (Halb)Waisen zurückbleiben. Unterstützung bieten die Familienstärkungsprogramme<br />
von SOS-Kinderdorf, die darauf abzielen, dass die Kinder in ihren Familien bleiben und<br />
sich dort gut entwickeln und sicher aufwachsen können. Erste Schritte sind die kurzfristige<br />
Versorgung mit Nahrungsmitteln, die Verbesserung der Wohnsituation, medizinische Hilfe<br />
oder die Finanzierung des Schulgeldes. Darüber hinaus werden die Kinder psychosozial<br />
betreut und in ihren Rechten gestärkt. Langfristig geht es darum, gemeinsam mit den Betroffenen<br />
Wege aus der Armut zu finden, damit sie sich wieder selbstständig erhalten können.<br />
Dafür werden die Erwachsenen in nachgefragten Berufen ausgebildet oder durch<br />
wirtschaftliches Know-how und Mikrokredite dabei unterstützt, ein eigenes kleines Geschäft<br />
oder eine Landwirtschaft zu betreiben. Zur Entlastung der Familien finden die Kinder<br />
Aufnahme in einem Tageszentrum, wo sie betreut, verpflegt und bei Bedarf medizinisch<br />
versorgt werden.<br />
Parallel dazu werden soziale Netzwerke aus Freiwilligen, lokalen Behörden und anderen<br />
Nichtregierungsorganisationen in den Gemeinden gebildet und die Gemeindestrukturen<br />
durch Trainings und Workshops gestärkt, damit sie künftig als kompetente Anlaufstellen<br />
eigenständig Familien in Krisen helfen können.<br />
Heute betreibt SOS-Kinderdorf in <strong>Äthiopien</strong> fünf Familienstärkungsprogramme: Addis Abeba<br />
(Keranjo), Bahir Dar, Hawassa, Jimma, Gode und Harar. Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
unterstützt die Programme in Bahir Dar und Hawassa als Teil des<br />
Rahmenprogramms 2013-2015 von SOS.<br />
Wasser für Süd-Omo und Gamo Gofa<br />
Im Süden <strong>Äthiopien</strong>s leiden die semi-nomadischen Hirtenvölker von Süd-Omo und die<br />
sesshaften Dorfgemeinschaften im Hochland von Gamo Gofa unter eklatantem Wassermangel.<br />
Meist müssen die Menschen kilometerlange Wegstrecken zurücklegen, um an<br />
sauberes Wasser zu kommen. Mit Unterstützung der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
engagiert sich HORIZONT3000 gemeinsam mit der katholischen Kirche von<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 15<br />
Vertragspartner:<br />
SOS Kinderdorf<br />
Lokale Partnerorganisation:<br />
SOS Children’s Villages<br />
Ethiopia<br />
Laufzeit:<br />
01.01.2013–<br />
31.12.2015<br />
OEZA-Beitrag:<br />
rd. 231.000<br />
Vertragspartner:<br />
HORIZONT 3000<br />
Lokale Partnerorganisation:<br />
Katholische Kirche in<br />
Süd-Omo und Gamo<br />
Gofa<br />
Laufzeit:<br />
01.12.2006–30.06.2013<br />
OEZA-Beitrag:<br />
rd. 270.000 Euro
Süd-Omo und Gamo Gofa für die Wasserversorgung in der Region. Dabei werden die<br />
Niederschläge, die in der Regel zweimal jährlich in den Niederungen und im Hochland<br />
fallen, genutzt und Infrastruktur errichtet. Dazu zählen zwei große Wasserreservoirs, zusätzliche<br />
Wasserleitungen und öffentliche Wasserstellen. Weiters sollen mehr als 20 Quellen<br />
erschlossen und gesichert sowie neun Wasserspeicher, eine Bewässerungsanlage und<br />
Toiletten gebaut werden. Ein Trainingsprogramm gewährleistet auch künftig die fachmännische<br />
Wartung und Instandhaltung der Anlagen sowie eigenverantwortliches Wassermanagement.<br />
Aufklärung und Betreuung von Jungmüttern<br />
Gemeinsam mit der lokalen NRO Afar Pastoralist Development Association hilft Sonne<br />
International, die Gesundheit sowie die gesellschaftliche Stellung der Frauen in der Afar-<br />
Region im Nordosten <strong>Äthiopien</strong>s zu verbessern. In der patriarchalisch strukturierten Afar-<br />
Gesellschaft wird das Leben der Frauen sehr stark von alten Traditionen wie der weiblichen<br />
Genitalienverstümmlung geprägt. Die alten Traditionen lassen sich nur schwer aufbrechen;<br />
immer wieder kommt es zu Zwangsverheiratungen, Genitalverstümmelungen,<br />
Ausbeutung und Unterdrückung der Frauen. In den beiden schwer zugänglichen Bezirken<br />
Geega und Awra/Uwa werden Schulungen für 30 Sozialarbeiterinnen finanziert. Jugendarbeiter/innen<br />
und religiöse Führer werden in die Projektaktivitäten einbezogen. Dabei geht<br />
es um flächendeckende Gesundheitsaufklärung für Jungmütter und werdende Mütter, die<br />
Eindämmung von traditionellen Praktiken, die das Leben der Frauen gefährden, und ein<br />
Heimhilfeprogramm zur Unterstützung von Neugeborenen/Kindern und deren Müttern.<br />
Getreidevermarktung und Gemüseanbau<br />
Getreidespeicher sind in Zentraläthiopien eine wesentliche Voraussetzung, um die Bäuerinnen<br />
und Bauern gegen Wetterkapriolen oder Marktschwankungen zu rüsten. In Speicher,<br />
in denen das Getreide trocken und sicher gelagert werden kann, kann die Ernte für<br />
Dürrezeiten aufbewahrt oder verkauft werden, sobald die Marktpreise mehr Gewinn versprechen.<br />
Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> fördert gemeinsam mit der Caritas der<br />
Diözese Meki in <strong>Äthiopien</strong> die Gründung von Bauerngenossenschaften und den Aufbau<br />
von Getreidespeichern in den Bezirken Dugda, Bora, Adami Tulu-Jido Kombolcha und<br />
Siraro. Die Genossenschaften verfügen über bessere Marktinformationen und Verhandlungspositionen<br />
als der einzelne Bauer. Durch günstige Darlehen der Genossenschaften<br />
können die BäuerInnen hochwertiges Saatgut und ökologischen Düngemittel kaufen. Außerdem<br />
stellend ie Genossenschaften landwirtschaftliche Geräte zur Verfügung und erteilen<br />
hilfreiche Tipps zu nachhaltigen Anbaumethoden und landwirtschaftlicher Lagerhaltung.<br />
Neue Bewässerungssysteme sichern die Ernten das ganze Jahr über, auch bei wenig<br />
Niederschlag.<br />
Vertragspartner:<br />
Sonne International<br />
Lokale Partnerorganisation:<br />
Afar<br />
Pastoralist Development<br />
Association<br />
Laufzeit:<br />
01.01.2011–31.12.2013<br />
OEZA-Beitrag:<br />
rd. 84.000 Euro<br />
Vertragspartner:<br />
Caritas Österreich<br />
Lokale Partnerorganisation:<br />
Caritas/Diözese Meki<br />
Laufzeit:<br />
01.0.2013–30.03.2016<br />
OEZA-Beitrag:<br />
rd. 430.000 Euro<br />
Der Anbau von verschiedenen Gemüsesorten wie Zwiebeln, Paprika, Melanzani, Tomaten<br />
und Kohl sowie Viehzucht verringern die Abhängigkeit von der Maisernte. Schulungen und<br />
laufende fachliche Beratung erleichtern den Kleinbauern und -bäuerinnen den Zugang zu<br />
lokalen und regionalen Märkten. Durch den Verkauf ihrer Produkte erzielen sie dort zusätzliches<br />
Einkommen, das sie in andere Produkte investieren können.<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 16
Katastrophenvorsorge und Wasserversorgung<br />
Der globale Klimawandel und die lokale Abholzung wirken sich negativ auf die Landwirtschaft<br />
aus. Neben Dürrezeiten werden auch Überflutungen zu einem immer größeren<br />
Problem. Ernteausfälle und Lebensmittelengpässe sind die Folge.<br />
Durch weitsichtige Vorsorge können die negativen Auswirkungen des Klimawandels abgemildert<br />
und Katastrophen verhindert werden. Dafür werden mit österreichischer Unterstützung<br />
in Senebetge 70 Kilometer nördlich von Gondar in der Region Amhara Terrassen<br />
angelegt, Dämme errichtet und Gräben ausgehoben, um die Felder vor Überschwemmung<br />
zu schützen und die Erosion des wertvollen Bodens zu reduzieren. Die Einführung von<br />
Baumschulen und verbesserten Anbaumethoden steigern die Ernteerträge und verlängern<br />
die Anbauzeiten.<br />
Ergänzend dazu werden Brunnen zur Wasserversorgung der lokalen Bevölkerung gebaut<br />
und die Menschen über Krankheitsübertragung und Hygienemaßnahmen aufgeklärt.<br />
Dadurch steigt die Lebensqualität und können weit verbreitete Durchfallerkrankungen verhindert<br />
werden.<br />
Vertragspartner:<br />
<strong>Österreichische</strong>s Rotes<br />
Kreuz<br />
Partnerorganisation:<br />
Ethiopian Red Cross<br />
Society<br />
Laufzeit:<br />
01.12.2010–31.12.2013<br />
OEZA-Beitrag:<br />
rd. 322.000 Euro<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 17
Wichtige Adressen<br />
<strong>Österreichische</strong> Botschaft<br />
N. Silk Lafto Kifle Ketema Kebele 04 H.No. 535, Addis Abeba<br />
Postanschrift: P.O.B. 1219, Addis Abeba<br />
Tel.: +251 11 371 25 80, 371 00 52<br />
Fax: +251 11 371 21 40<br />
E-Mail: addis-abeba-ob@bmeia.gv.at<br />
www.aussenministerium.at/addisabeba<br />
Koordinationsbüro für <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
Postanschrift: P.O. B. 11553, Addis Abeba<br />
Tel.: +251 11 553 38 28, 553 82 80<br />
Fax: +251 11 553 38 31<br />
E-Mail: addisabeba@ada.gv.at<br />
<strong>Österreichische</strong>s AußenwirtschaftsCenter Kairo<br />
Postanschrift: P.O.B. 2470, Kairo, Arabische Republik Ägypten<br />
Tel.: +20 2 2735 76 07, 2736 11 50, 2736 55 63, 2736 95 09, 735 17 25<br />
Fax: +20 2 736 28 92<br />
http://wko.at/aussenwirtschaft/eg<br />
Betreuungsbereich:<br />
Ägypten, <strong>Äthiopien</strong>, Dschibuti, Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan<br />
Botschaft der Demokratischen Bundesrepublik <strong>Äthiopien</strong><br />
Rue de Moillebeau 56, Case postale 338, 1211 Genf<br />
Tel: +41 / 22 919 70 10<br />
Fax: +41 / 22 919 70 29<br />
E-Mail: consular@ethiopianmission.ch<br />
www.ethiopianmission.ch<br />
Amtsbereich:<br />
Schweiz, Republik Österreich<br />
Honorarkonsulat der Demokratischen Bundesrepublik <strong>Äthiopien</strong><br />
Althanstrasse 14, 1090 Wien<br />
Tel: +43 / 1 4277 – 54701<br />
Fax: +43 / 1) 4277 – 9547<br />
E-Mail: horst.seidler@univie.ac.at<br />
Amtsbereich:<br />
Republik Österreich<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 18
Links<br />
Basismaterial<br />
Governments im WWW/<strong>Äthiopien</strong>: www.gksoft.com/govt/en/et.html<br />
Weltbank/<strong>Äthiopien</strong>: http://www.worldbank.org/en/country/ethiopia<br />
Medien<br />
Latest News from WorldNews/Ethiopia: www.ethiopiadaily.com/<br />
Ethiopian Reporter: www.ethiopianreporter.com<br />
All Africa (Aktuelle Nachrichten): www.allafrica.com/ethiopia/<br />
<strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
<strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> / <strong>Äthiopien</strong>:<br />
http://www.entwicklung.at/laender-und-regionen/ostafrika/aethiopien/<br />
Austrian Development Cooperation with Ethiopia:<br />
http://www.entwicklung.at/uploads/media/Ethiopia_Folder.pdf<br />
Programmatische Grundlage der Kooperation<br />
EU Joint Cooperation Strategy for Ethiopia<br />
http://www.entwicklung.at/uploads/media/EU_Joint_Cooperation_Strategy.pdf<br />
Länderinformation <strong>Äthiopien</strong> | November 2013 | Seite 19