Wasser ist leben - Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
Wasser ist leben - Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
Wasser ist leben - Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
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P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien<br />
Zulassungsnummer: GZ 04Z035691 M<br />
NR. 1 2013<br />
weltnachrichten<br />
I N fo RM a t I o N e N de R Öste RR e I ch I sche N eN t WI cklu NG s Z usa MM e N a R be I t<br />
<strong>Wasser</strong><br />
<strong>ist</strong> <strong>leben</strong>
s tellu NGN ah M e<br />
editorial<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
ohne sauberes <strong>Wasser</strong> können Mensch und Natur nicht<br />
ex<strong>ist</strong>ieren. Im Internationalen Jahr der <strong>Wasser</strong>kooperation<br />
2013 soll mehr Bewusstsein dafür geschaffen werden,<br />
wie eng verzahnt die wertvolle Ressource mit all unseren<br />
Lebensbereichen <strong>ist</strong> und welche Herausforderungen die<br />
Zukunft bestimmen werden. Für die Weltnachrichten war<br />
dies Anlass zu einem kleinen Streifzug durch Programme,<br />
Projekte und Kooperationen, um die Vielfalt der Aktivitäten<br />
in diesem Schwerpunktbereich der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> zu zeigen.<br />
© ADA/Frank Helmrich<br />
<strong>leben</strong>squell <strong>Wasser</strong><br />
In Österreich steht rund um die Uhr <strong>Wasser</strong> in bester<br />
Qualität zu Verfügung. Es gibt eine funktionierende<br />
Kanalisation, und praktisch jeder Haushalt <strong>ist</strong> mit einem<br />
eigenen WC ausgestattet. Was bei uns als selbstverständlich<br />
gilt, davon können anderswo Millionen<br />
von Menschen nur träumen. Dort sind Frauen und<br />
Kinder einen guten Teil des Tages damit beschäftigt,<br />
<strong>Wasser</strong> von der nächsten Quelle zu holen.<br />
Für Schulen gibt es auf Initiative der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> spezielle Angebote zum<br />
Thema <strong>Wasser</strong>: In der beiliegenden Zeitschrift findet sich<br />
eine Zusammenstellung von Unterrichtsmaterialien für<br />
alle Altersstufen von BAOBAB. Ab Mai 2013 können<br />
LehrerInnen bei der Südwind Agentur den Workshop<br />
<strong>Wasser</strong> Welten kostenlos buchen.<br />
Dreh- und Angelpunkt der Aktivitäten der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> in den Partnerländern<br />
sind die Koordinationsbüros, die von der<br />
Austrian Development Agency (ADA) geführt werden.<br />
Die Weltnachrichten holen die Teams vor den Vorhang.<br />
Den Anfang macht das Büro in Moldau.<br />
Und dennoch sind bereits wesentliche Fortschritte gelungen. Dank der Millenniumsziele,<br />
die unter anderem den Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
zum entwicklungspolitischen Programm der internationalen Staatengemeinschaft<br />
gemacht haben, verfügen heute fast 90 Prozent der Weltbevölkerung<br />
über sauberes <strong>Wasser</strong> in erreichbarer Nähe.<br />
Auch die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> hat mit ihrem<br />
kontinuierlichen Engagement dazu beigetragen. Zum Beispiel wurden in<br />
Ruanda 450 Kilometer <strong>Wasser</strong>leitungen verlegt. In den Bezirken Nyamagabe<br />
und Nyaruguru haben heute etwa 280.000 Menschen Zugang zu<br />
sauberem <strong>Wasser</strong>. Private lokale Betreiber sorgen dafür, dass die Anlagen<br />
funktionieren. Öffentliche Plätze und Einrichtungen wurden mit insgesamt<br />
400 Toiletten ausgestattet, die Zahl hygienebedingter Erkrankungen <strong>ist</strong><br />
dadurch zurückgegangen.<br />
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen<br />
die Redaktion<br />
oeza.info@ada.gv.at<br />
i n h a l t<br />
■ Thema<br />
<strong>Wasser</strong> allein genügt nicht 3<br />
Grenzenlos im Fluss 5<br />
Forschung goes politics 6<br />
Blaues Gold für Uganda – eine erfolgsgeschichte 7<br />
CaPaQUa – ein Projekt schlägt Wellen 9<br />
Österreich punktet mit expertise 10<br />
<strong>Wasser</strong>: Internationale Unterstützung 11<br />
Der Wert vergrabener Schätze 12<br />
■ PaNORama<br />
Umwelt neu entdecken 14<br />
aus den Tiefen des himalayas 15<br />
Leuchtfeuer der entwicklungszusammenarbeit 16<br />
auf neuen Pfaden 18<br />
Junge menschen gegen Vorurteile 19<br />
Unsere langjährige Erfahrung in den Partnerländern hat gezeigt, dass die<br />
enge Zusammenarbeit aller Betroffenen und Beteiligten eine Grundvoraussetzung<br />
für konfliktfreie und nachhaltige <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>ist</strong>. Dieser<br />
Ansatz bewährt sich auch in einem neuen Projekt mit der Globalen <strong>Wasser</strong>partnerschaft,<br />
einem internationalen Netzwerk für grenzüberschreitendes<br />
<strong>Wasser</strong>ressourcenmanagement, im Einzugsgebiet des Akanyaru-Flusses zwischen<br />
Ruanda und Burundi.<br />
Mit dem Internationalen Jahr der <strong>Wasser</strong>kooperation weisen die Vereinten<br />
Nationen mit Nachdruck darauf hin, dass verstärktes gemeinsames<br />
Vorgehen notwendig <strong>ist</strong>, um die <strong>Wasser</strong>versorgung weltweit nachhaltig zu<br />
sichern. Österreich unterstützt diese Initiative. Denn pro Jahr wächst die<br />
Weltbevölkerung um rund 80 Millionen Menschen. Die Verstädterung wird<br />
zunehmen, der <strong>Wasser</strong>verbrauch und die Abwassermengen werden steigen.<br />
Gleichzeitig schwinden in einigen Weltregionen bereits jetzt kostbare<br />
<strong>Wasser</strong>ressourcen durch Übernutzung und die Folgen des Klimawandels.<br />
Sektorübergreifende Programmplanung, die die Wechselwirkungen landwirtschaftlicher,<br />
energiepolitischer und wassertechnischer Maßnahmen berücksichtigt,<br />
wird in Zukunft immer wichtiger werden. Auch dafür <strong>ist</strong> engere<br />
Kooperation notwendig. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass auf<br />
unserem Planeten die Quellen sauber bleiben und nicht versiegen. ■<br />
■ SeRVICe<br />
Personalia, Impressum, Offenlegung 20<br />
Brigitte Öppinger-Walchshofer<br />
Geschäftsführerin der Austrian Development Agency (ADA)<br />
2<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
© ADA/Stefan Pleger<br />
t he M a<br />
sauberes <strong>Wasser</strong> allein genügt nicht<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>ist</strong> die Grundlage allen Lebens. Doch fast einem Drittel der menschheit fehlt der Zugang zu Trinkwasser<br />
oder einfachsten sanitären einrichtungen. Investitionen und verstärkte gemeinsame anstrengungen<br />
sind notwendig, damit die wachsende Weltbevölkerung mit <strong>Wasser</strong> und Toiletten versorgt werden kann.<br />
erster Teilerfolg<br />
Beim Weltwasserforum 2012 in Marseille gab es gute Nachrichten: Das Millenniumsziel<br />
der Vereinten Nationen, den Bevölkerungsanteil ohne Zugang zu<br />
sauberem Trinkwasser bis 2015 zu halbieren, <strong>ist</strong> erreicht! Seit 1990 wurden<br />
rund 2 Milliarden Menschen mit Trinkwasser versorgt und für 1,8 Milliarden<br />
Menschen sanitäre Einrichtungen errichtet. Dennoch stehen ca. 800 Millionen<br />
Menschen kein sicheres Trinkwasser und 2,5 Milliarden Menschen keine<br />
hygienischen Toiletten zur Verfügung. Mehr als 1 Milliarde Menschen verrichtet<br />
ihre Notdurft im Freien oder in einen Plastiksack.<br />
Schaden für Volksgesundheit<br />
Die negativen Auswirkungen auf die Volksgesundheit und der damit verbundene<br />
volkswirtschaftliche Schaden sind enorm. Laut Weltgesundheitsorganisation<br />
sterben weltweit jährlich ca. 3,5 Millionen Menschen an den Folgen<br />
von Durchfallerkrankungen, 90 Prozent davon sind Kinder, die nicht einmal<br />
5 Jahre alt werden. Mehr als 80 Prozent dieser Todesfälle könnten verhindert<br />
werden. In Afrika könnte man stündlich sogar etwa 150 Menschen<strong>leben</strong><br />
retten – durch sauberes Trinkwasser, verbunden mit besseren sanitären und<br />
hygienischen Bedingungen, denn sauberes <strong>Wasser</strong> allein genügt nicht.<br />
Steigender Bedarf<br />
Das prognostizierte Bevölkerungswachstum und der enorme Ressourcenverbrauch<br />
stellen die Welt vor große Herausforderungen. Bis 2050 soll die landwirtschaftliche<br />
Produktion um 70 Prozent steigen. Bereits bis 2030 braucht<br />
die Menschheit um 40 Prozent mehr Energie. Gleichzeitig wird ein Süßwasserdefizit<br />
von 40 Prozent erwartet. Infolge dieser Entwicklungen wird die Nachfrage<br />
nach Land steigen und brisante Fragen aufwerfen.<br />
erhöhter <strong>Wasser</strong>stress<br />
Damit ein Land als „wassersicher“ gilt, muss für jede/n<br />
StaatsbürgerIn pro Jahr ein Minimum von 2.500 Kubikmetern<br />
an erneuerbarem <strong>Wasser</strong> zur Verfügung stehen.<br />
Unter diesem Wert gibt es unterschiedliche Ausprägungen<br />
von <strong>Wasser</strong>stress und <strong>Wasser</strong>knappheit:<br />
< 500 m 3 /Person/Jahr: absolute <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
500–1.000 m 3 /Person/Jahr: chronische <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
1.000–1.700 m 3 /Person/Jahr: normaler <strong>Wasser</strong>stress<br />
> 1.700 m 3 /Person/Jahr: gelegentlicher oder lokaler<br />
<strong>Wasser</strong>stress<br />
nach Falkenmark und Widstrand 1992<br />
Bereits 2025 werden wahrscheinlich zwei Drittel der Weltbevölkerung<br />
in Ländern <strong>leben</strong>, in denen mehr oder minder<br />
bedrohliche <strong>Wasser</strong>knappheit herrscht. Was dies für ein<br />
friedliches Zusammen<strong>leben</strong> bedeutet, <strong>ist</strong> noch nicht absehbar.<br />
Weitsichtige Lösungen gefragt<br />
Die Politik <strong>ist</strong> jedenfalls gefordert, klare Entscheidungen<br />
zu treffen. All diese Herausforderungen verlangen umfassende<br />
und weitsichtige Lösungen. So können etwa die<br />
Bereiche <strong>Wasser</strong>, Energie und Landwirtschaft aufgrund<br />
ihrer Wechselwirkung nicht isoliert voneinander betrachtet<br />
werden (siehe Grafik Seite 4). Die <strong>Österreichische</strong><br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 3
die bereiche <strong>Wasser</strong>,<br />
energie und<br />
ernährungssicherheit<br />
sind unmittelbar<br />
miteinander verbunden.<br />
Quelle: www.water-energy-food.org<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
■ 2–3 Liter pro Tag und Person zum Trinken<br />
■ 20–200 Liter pro Tag und Person im Haushalt<br />
(Waschen, Klospülung, Wäsche etc.)<br />
■ 1.000 Liter für die Herstellung von 1 Kilo Weizen<br />
■ 2.000–3.000 Liter für die Herstellung einer Tagesration Essen<br />
■ 2.500 Liter für die Herstellung von 1 Liter Agrar-Treibstoff<br />
■ 15.000 Liter für die Herstellung von 1 Kilo Rindfleisch<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> schreibt daher diesen Zusammenhängen – dem<br />
sogenannten Nexus – im neuen Dreijahresprogramm 2013 bis 2015 besonders<br />
große Bedeutung zu. Als interessant erweisen sich hier vor allem einige entwicklungspolitisch<br />
kontroversielle Schnittstellen wie etwa die Themen Bewässerung<br />
oder Agrotreibstoffe.<br />
Folgen für die Volkswirtschaft<br />
Im Weltentwicklungsbericht 2006 berechnete das Entwicklungsprogramm der<br />
UN, dass jeder US-Dollar, der in <strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung investiert wird,<br />
6 US-Dollar volkswirtschaftlichen Nutzen bringt. Weiters kam man zu dem Ergebnis,<br />
dass in Entwicklungsländern die BewohnerInnen von Slums und informellen<br />
Siedlungen wegen unklarer Zuständigkeiten und Tarife fünf- bis zehnmal mehr<br />
für einen Liter <strong>Wasser</strong> zahlen als die restlichen EinwohnerInnen einer Stadt.<br />
Zu ähnlichen Resultaten kam das Programm für <strong>Wasser</strong> und Sanitärversorgung<br />
der Weltbank, das für viele Schlüsselregionen der Erde wichtige Ergebnisse aus<br />
angewandter Forschung liefert. Eine Studie zur ökonomischen Bedeutung der<br />
Sanitärversorgung in 18 afrikanischen Ländern ergab, dass aufgrund mangelnder<br />
sanitärer Einrichtungen und Hygiene ein jährlicher volkswirtschaftlicher<br />
Schaden von 5,5 Milliarden US-Dollar entsteht. Dies entspricht 1 bis<br />
2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der untersuchten Länder. Um dort die<br />
weit verbreitete Praxis der „ungeschützten Notdurft“ in den Griff zu bekommen,<br />
müssten Millionen Toiletten errichtet werden. Der Bau allein reicht aber<br />
nicht aus, die Toiletten müssen auch benutzt werden. Es bedarf also auch gezielter<br />
Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und Hygieneerziehung. Nur dann<br />
können die menschliche Gesundheit nachhaltig verbessert und der gewünschte<br />
volkswirtschaftliche Nutzen erzielt werden.<br />
Gute Versorgung kostet<br />
In den letzten 50 Jahren investierte Österreich<br />
pro Jahr ca. 1 Milliarde Euro in<br />
seine nationale <strong>Wasser</strong>ver- und Abwasserentsorgung.<br />
Dieser Betrag entspricht<br />
ungefähr den jährlichen Entwicklungshilfele<strong>ist</strong>ungen<br />
der Europäischen Kommission<br />
und ihrer Mitgliedsstaaten für<br />
den <strong>Wasser</strong>sektor in Sub-Sahara-Afrika.<br />
Um bis 2025 die von der Afrikanischen<br />
Union, der UN-Wirtschaftskommission<br />
für Afrika und der Afrikanischen Entwicklungsbank<br />
gemeinsam entwickelte<br />
„Vision für Afrika“ umzusetzen, die<br />
vorsieht, dass die <strong>Wasser</strong>ressourcen im<br />
Sinne von Armutsminderung, sozioökonomischer<br />
Entwicklung, regionalen<br />
Kooperationen und Umweltschutz in<br />
angemessener und nachhaltiger Weise<br />
genutzt und gemanagt werden, sind<br />
Investitionen von jährlich 20 Milliarden<br />
US-Dollar notwendig. Die öffentlichen<br />
Mittel der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
allein werden nicht ausreichen, um<br />
diesen enormen Investitionsbedarf zu<br />
decken.<br />
Internationale ExpertInnen bestätigen,<br />
dass Investitionen in die <strong>Wasser</strong>- und<br />
Sanitärversorgung für die sozioökonomische<br />
Entwicklung der Partnerländer<br />
sehr wichtig sind. Maßnahmen, die<br />
den nachhaltigen Betrieb und die Wartung<br />
der Infrastruktur gewährle<strong>ist</strong>en,<br />
werden allerdings oft stark vernachlässigt.<br />
Dafür müssen in den lokalen<br />
<strong>Wasser</strong>werken die Voraussetzungen<br />
geschaffen und wichtiges Know-how<br />
aufgebaut werden. Außerdem gilt es,<br />
nationale und lokale Regelwerke zu<br />
entwerfen, damit auch für die ärmsten<br />
Bevölkerungsgruppen der Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung garantiert<br />
<strong>ist</strong> und die <strong>Wasser</strong>werke wirtschaftlich<br />
betrieben werden können.<br />
Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
befasst sich bereits seit<br />
vielen Jahren mit diesen Themen und<br />
setzt dazu konkrete Projekte in Albanien,<br />
Uganda, Moldau und den Palästinensischen<br />
Gebieten um. ■<br />
Robert Burtscher<br />
<strong>Wasser</strong> und Sanitärversorgung<br />
in der ADA<br />
4<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
the M a<br />
Grenzenlos im fluss<br />
Um <strong>Wasser</strong>ressourcen zu schützen und für alle gewinnbringend zu nutzen, <strong>ist</strong> Zusammenarbeit auf vielen<br />
ebenen notwendig. Deshalb unterstützt die <strong>Österreichische</strong> entwicklungszusammenarbeit Initiativen, an<br />
denen mehrere Länder oder auch D<strong>ist</strong>rikte sowie Geber und Trägerorganisationen beteiligt sind.<br />
<strong>Wasser</strong> und andere natürliche Ressourcen sind begehrte<br />
öffentliche Güter. Wo sich diese mehrere<br />
Länder oder D<strong>ist</strong>rikte teilen müssen, entsteht leicht<br />
Konfliktpotenzial. Andererseits kann gemeinsames Management<br />
Nachbarn, die einander sonst wenig zu sagen<br />
haben, an einen Tisch bringen und damit den Frieden in<br />
einer Region fördern.<br />
© Global Water Partnership<br />
Gemeinsam Lösungen finden<br />
Auf diesem Leitgedanken baut die Initiative Umwelt und<br />
Sicherheit auf. Die Initiative wurde von UN-Organisationen,<br />
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa und dem Regionalen Entwicklungszentrum für<br />
Zentral- und Osteuropa gegründet und hat sich zum Ziel<br />
gesetzt, möglichen Konflikten im Umweltbereich vorzubeugen<br />
und Zusammenarbeit zu fördern. Seit dem Start<br />
2003 wurden mehrere Vorhaben für grenzüberschreitendes<br />
<strong>Wasser</strong>management durchgeführt, unter anderem im<br />
Einzugsgebiet des Drin in Südosteuropa, an dem Albanien,<br />
der Kosovo, Montenegro, Mazedonien und Griechenland<br />
beteiligt sind. Hier wurde 2011 eine gemeinsame Strategie<br />
unterzeichnet, die den umfassenden Schutz des Flussökosystems<br />
und damit die Verfügbarkeit von <strong>Wasser</strong> für alle<br />
Anrainerstaaten sichert. Zusammengearbeitet wird in diesem<br />
Projekt auch mit der Globalen <strong>Wasser</strong>partnerschaft.<br />
Die Globale <strong>Wasser</strong>partnerschaft hat wesentlich dazu beigetragen,<br />
dass integriertes <strong>Wasser</strong>ressourcenmanagement<br />
mittlerweile weltweit gut in der Praxis verankert <strong>ist</strong>. Mehrere<br />
internationale Geber, darunter auch Österreich, finanzieren<br />
das internationale Netzwerk, dem mehr als 2.500<br />
institutionelle Mitglieder angehören. Damit trotz des Klimawandels<br />
ausreichend <strong>Wasser</strong> verfügbar <strong>ist</strong>, bedarf es<br />
umfassender Planung. Mit dem Programm für <strong>Wasser</strong>,<br />
Klima und Entwicklung unterstützt die Globale <strong>Wasser</strong>partnerschaft<br />
seit 2011 die afrikanischen Länder dabei,<br />
nachhaltige <strong>Wasser</strong>nutzung in den nationalen Entwicklungsplänen<br />
zu verankern. Dies geschieht mithilfe eines<br />
strategischen Rahmens, der in Zusammenarbeit mit dem<br />
Rat der afrikanischen <strong>Wasser</strong>min<strong>ist</strong>er entwickelt wurde.<br />
Vorausschauend investieren<br />
Ein wesentliches Prinzip dieses strategischen Rahmens sind<br />
sogenannte „No-Regret-Investitionen“. Dabei geht es<br />
darum, Investitionen beispielsweise in Infrastruktur oder<br />
Landwirtschaft so anzulegen, dass diese bei jedem mög<br />
Gemeinsame <strong>Wasser</strong>nutzung muss die Interessen aller anrainerstaaten<br />
gleichermaßen berücksichtigen.<br />
lichen künftigen Klimaszenario die gewünschten Entwicklungseffekte<br />
bringen. Denn die lokalen Niederschlags- und<br />
andere Witterungsbedingungen sind höchst variabel.<br />
Bessere <strong>Wasser</strong>- und Landnutzung helfen, die Auswirkungen<br />
des Klimawandels abzufedern. In zwei <strong>Wasser</strong>einzugsgebieten<br />
in Kenia und Uganda fördert die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> Projekte, die die<br />
lokalen D<strong>ist</strong>riktverwaltungen und die Bevölkerung darin<br />
unterstützen, ressourcenschonend zu wirtschaften und<br />
dadurch ihren Lebensunterhalt gegen Krisen abzusichern.<br />
Auf diesem Weg wird der Ansatz der „No-Regret-Investitionen“<br />
auf lokaler Ebene umgesetzt und das gemeinsame<br />
<strong>Wasser</strong>management mehrerer D<strong>ist</strong>rikte gefördert. ■<br />
Robert Burtscher<br />
<strong>Wasser</strong> und Sanitärversorgung in der ADA<br />
elisabeth Sötz<br />
Umwelt und natürliche Ressourcen in der ADA<br />
www.gwp.org, www.iucn.org<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 5
the M a<br />
Nachhaltige fischerei braucht gute <strong>Wasser</strong>qualität, die regelmäßig überprüft wird.<br />
forschung goes politics<br />
Susfish <strong>ist</strong> kein exotisches Gericht. hinter der abkürzung<br />
steht vielmehr eine Wissenschaftskooperation zwischen<br />
Burkina Faso und Österreich für nachhaltiges management<br />
von Gewässern und Fischbeständen. Der hydrobiologe<br />
Raymond Ouedraogo, mitarbeiter des min<strong>ist</strong>eriums für<br />
wissenschaftliche Forschung und Innovation und burkinischer<br />
Projektleiter, spricht mit den Weltnachrichten über<br />
die Rolle von Forschung für entwicklung.<br />
susfish<br />
Weltnachrichten: Die Vereinten Nationen widmen 2013<br />
dem Thema <strong>Wasser</strong>kooperation. Wie wichtig <strong>ist</strong> wissenschaftliche<br />
Zusammenarbeit in diesem Bereich?<br />
Raymond Ouedraogo: Die Initiative zeigt, dass es einen<br />
starken politischen Wunsch danach gibt. <strong>Wasser</strong> hält sich<br />
nicht an geografische Grenzen. Immer mehr Staaten setzen<br />
daher länderübergreifende Strategien für das gemeinsame<br />
Management von <strong>Wasser</strong>einzugsgebieten um. Denn<br />
<strong>Wasser</strong> und die darin <strong>leben</strong>den Fische „wandern“ von einem<br />
Land zum anderen. Auswirkungen in einem Abschnitt<br />
ziehen Folgen für das restliche <strong>Wasser</strong>einzugsgebiet nach<br />
sich. Gutes Management und enge Zusammenarbeit sind<br />
daher gefragt. Das schließt auch die Wissenschaft und die<br />
Nutzung von Forschungsergebnissen ein.<br />
wird über das Hochschulkooperationsprogramm „appear“ von der<br />
<strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> finanziert.<br />
Projektpartner: Universität für Bodenkultur Wien, Internationales Institut<br />
für Angewandte Systemanalyse (IIASA), Universität Wien;<br />
Universitäten Ouagadougou und Bobo-Dioulasso, Min<strong>ist</strong>erium für<br />
wissenschaftliche Forschung und Innovation, International Union for<br />
Conservation of Nature, West and Central Africa, Burkina Faso<br />
Weltnachrichten: Wie trägt Forschung zur Entwicklung eines<br />
Landes bei?<br />
Raymond Ouedraogo: Darüber wird oft diskutiert, speziell<br />
wenn es um Grundlagenforschung in Entwicklungsländern<br />
geht. Es liegt in der Verantwortung der Wissenschafter,<br />
nachzuweisen, inwieweit ihre Arbeit sozioökonomische<br />
Entwicklung fördert – sie könnten sich zum Beispiel<br />
politisch engagieren oder themenübergreifend in jenen<br />
Gebieten forschen, die als entscheidende Problemfelder<br />
bekannt sind. Entwicklungseinrichtungen könnten helfen,<br />
indem sie Problemfelder überhaupt erst definieren. Da<br />
Wissenschafter aber oft eigene Interessengebiete haben,<br />
kann es sein, dass entscheidende Bereiche weniger bearbeitet<br />
werden. In Burkina Faso trifft dies auf die Fischerei<br />
und Gewässerökologie zu. Nur wenige befassten sich bisher<br />
fächerübergreifend mit den ökologischen, sozialen und politischen<br />
Aspekten der Fischerei. Daher fehlen auch grundlegende<br />
Daten. Es gibt etwa kein offizielles Verzeichnis der<br />
Fischarten, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben <strong>ist</strong>.<br />
Weltnachrichten: Wissenschaftliche Ergebnisse in die Politikgestaltung<br />
einzubringen <strong>ist</strong> nicht einfach. Funktioniert<br />
das bei Susfish?<br />
Raymond Ouedraogo: Anlass für dieses Projekt war der<br />
Mangel an grundlegenden und vertrauenswürdigen Daten,<br />
um nachhaltige Fischereipolitiken zu formulieren und<br />
umzusetzen. Die zuständigen regionalen Behörden stellten<br />
zunächst fest, welche Daten benötigt werden, und beauftragten<br />
dann ein Wissenschaftsteam damit, praktikable<br />
und nachhaltige Lösungen zu finden. Die Forschungsergebnisse<br />
werden möglichst sofort verwendet und in die<br />
Praxis umgesetzt. Susfish sorgt auch für den Aufbau der<br />
notwendigen personellen und institutionellen Voraussetzungen<br />
in Forschung und Lehre für die nachhaltige Bewirtschaftung<br />
der <strong>Wasser</strong>ressourcen. Davon wird Burkina<br />
Faso noch jahrzehntelang profitieren.<br />
■<br />
Raymond ouedraogo<br />
leitet das Projekt susfish<br />
in burkina faso.<br />
© Andreas Melcher/BOKU (2)<br />
www.appear.at<br />
6<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
the M a<br />
blaues Gold für uganda - <br />
eine erfolgsgeschichte<br />
In Uganda müssen 35 Prozent der etwa 34 millionen einwohnerInnen lange Wege für sauberes <strong>Wasser</strong><br />
in Kauf nehmen oder sich aus ungesicherten Brunnen und fragwürdigen Quellen versorgen. Gewiss kein<br />
Grund zur Freude, aber anlass zur hoffnung: Denn vor sechs Jahren galt dies noch für mehr als die hälfte<br />
der Bevölkerung.<br />
1995<br />
kam ein österreichisches Experten-Team<br />
nach Uganda und erarbeitete mit heimischen<br />
FachkollegInnen das sogenannte<br />
„South Western Towns Water and Sanitation Project“.<br />
Bis heute erhielten etwa 650.000 Menschen in 80<br />
Kleinstädten und ländlichen Entwicklungszentren Zugang<br />
zu sicherer Trinkwasserversorgung. Alle Anlagen sind nach<br />
wie vor funktionstüchtig und liefern an 90 von 100 Tagen<br />
zuverlässig sauberes <strong>Wasser</strong>.<br />
Ausschlaggebend für den Erfolg war eine Reihe unterschiedlicher<br />
Faktoren: Am Anfang stand eine gut durchdachte<br />
Informationskampagne und wurden Ortsverwaltungen<br />
und Bevölkerung mobilisiert. Außerdem setzte<br />
man systematisch auf Technologien, die niedrige Betriebsund<br />
Wartungskosten gewährle<strong>ist</strong>en, und legte besonderes<br />
Augenmerk darauf, dass die lokalen, für die Verwaltung<br />
der Anlagen gegründeten <strong>Wasser</strong>komitees deren Betrieb<br />
und Wartung sicherstellen können.<br />
© ADA/Stefan Pleger<br />
Zunächst waren die Aktivitäten örtlich begrenzt, doch<br />
nach und nach vergrößerte sich die geografische Reichweite.<br />
Das Projekt wuchs gewissermaßen mit dem Bedarf<br />
der Gemeinden und den Fähigkeiten der Institutionen im<br />
<strong>Wasser</strong>sektor. Mit dieser Ausdehnung gewannen auch der<br />
Dialog mit den zentralen Institutionen des ugandischen<br />
<strong>Wasser</strong>min<strong>ist</strong>eriums und die Zusammenarbeit mit anderen<br />
Gebern immer mehr an Bedeutung.<br />
Rund 65 Prozent der ugandischen bevölkerung werden inzwischen mit sauberem trinkwasser versorgt.<br />
Was klein begann …<br />
Was damals als relativ unscheinbares Projekt begann, hatte<br />
entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des ugandischen<br />
<strong>Wasser</strong>sektors in Kleinstädten und ländlichen Zentren:<br />
vom Einsatz ökologischer Trockentoiletten und solarbetriebener<br />
Pumpen bis zum Schutz der Quellen und dem<br />
Aufbau von Dachverbänden für lokale <strong>Wasser</strong>versorger<br />
nach österreichischem Vorbild. Auch die regionalen Büros,<br />
die Kleinstädten Finanzierung und Beratung bei <strong>Wasser</strong>vorhaben<br />
bieten und heute zur fixen Struktur im gesamten<br />
Sektor gehören, gehen auf das erfolgreiche Projekt zurück.<br />
… hat heute modellcharakter<br />
Das Projekt im Südwesten Ugandas wurde schließlich in<br />
ein landesweites Programm integriert, das zusammen mit<br />
anderen Gebern und der ugandischen Regierung ausgearbeitet,<br />
durchgeführt und über einen gemeinsamen Fonds<br />
finanziert wird. In das Programm flossen die umfassenden<br />
Erfahrungen und erfolgreichen Ansätze aus dem Projekt<br />
ein. Dies unterstreicht dessen Modellcharakter und war<br />
großteils dafür verantwortlich, dass die im Lauf von zehn<br />
Jahren auf lokaler Ebene entwickelten Strukturen und Prozesse<br />
zum nationalen Leitbild wurden.<br />
Die Beteiligung an der Entwicklung des <strong>Wasser</strong>sektors bedeutet<br />
für die österreichisch-ugandische Zusammenarbeit<br />
eine neue Dimension, vielfach mit größerer Wirkung als<br />
bei Einzelprojekten. Denn die Entwicklung politischer und<br />
operativer Standards zu fördern heißt, nicht nur lokal begrenzt,<br />
sondern landesweit die Le<strong>ist</strong>ungen des <strong>Wasser</strong>sektors<br />
zu verbessern.<br />
Das gemeinsame Programm bildet heute die zentrale Säule<br />
der österreichisch-ugandischen Kooperation. Es umfasst<br />
mehrere inhaltliche Komponenten, vom Brunnenbau für<br />
die ländliche Bevölkerung über städtische <strong>Wasser</strong>- und<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 7
the M a<br />
Mit einfachen<br />
hygienemaßnahmen<br />
wie händewaschen<br />
können viele krankheiten<br />
verhindert werden.<br />
© ADA/Robert Burtscher<br />
Sanitärversorgung nach dem Vorbild des Südwestprojekts<br />
bis hin zum Aufbau regionaler Außenstellen des <strong>Wasser</strong>min<strong>ist</strong>eriums,<br />
die für die nachhaltige Nutzung von <strong>Wasser</strong>einzugsgebieten<br />
zuständig sind. Während Uganda das<br />
Programm eigenverantwortlich umsetzt, helfen die Geber<br />
bei dessen Steuerung sowie mit technischer Expertise.<br />
Klein, kompetent und angesehen<br />
Österreich <strong>ist</strong> zwar der kleinste von sechs Gebern, der<br />
österreichische Beitrag von jährlich rund 4 Millionen Euro<br />
zeigt aber dennoch beeindruckende Wirkung. Immerhin<br />
ermöglicht er, dass jedes Jahr rund 60.000 Menschen Zugang<br />
zu sicherem <strong>Wasser</strong> erhalten. Außerdem <strong>ist</strong> die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> bei der ugandischen<br />
Regierung und den anderen Gebern gleichermaßen<br />
ein angesehener Partner. Sie gilt als kompetent, verlässlich<br />
und flexibel und kann daher rasch auf neue Entwicklungen<br />
und Bedürfnisse des Partners reagieren. Und sie <strong>ist</strong> mit<br />
Dänemark, Deutschland und der Afrikanischen Entwicklungsbank<br />
einer von vier Gebern, die sich turnusmäßig im<br />
Vorsitz der Geber-Arbeitsgruppe abwechseln.<br />
Das hohe Ansehen hat viel damit zu tun, dass sich die<br />
<strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> konstruktiv<br />
in den Arbeitsgruppen engagiert und den internationalen<br />
Vereinbarungen entsprechend auf Arbeitsteilung bedacht<br />
<strong>ist</strong>. Ebenso tragen ihre Glaubwürdigkeit und technische<br />
Kompetenz dazu bei. Ein wichtiger weiterer Pluspunkt,<br />
dem oft zu wenig Beachtung geschenkt wird: Die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> stellt auch Gelder<br />
zur Verfügung, damit sich das ugandische <strong>Wasser</strong>min<strong>ist</strong>erium<br />
bei Bedarf Unterstützung bei internationalen BeraterInnen<br />
– derzeit zwei österreichische ExpertInnen – holen<br />
kann. Dies vertieft die Zusammenarbeit, wirkt positiv auf<br />
die Weiterentwicklung des <strong>Wasser</strong>sektors und fördert gegenseitiges<br />
Vertrauen.<br />
alles eine Frage der Qualität?<br />
Das österreichische Engagement im ugandischen <strong>Wasser</strong>sektor<br />
gilt häufig als Beispiel dafür, dass Erfolg und<br />
Wirkung nicht in erster Linie von der Quantität der Unterstützung<br />
abhängen, sondern von deren Qualität. Man<br />
darf aber nicht vergessen: Das Engagement hat sich immerhin<br />
über 20 Jahre in einem kontinuierlichen und gut<br />
durchdachten Prozess von einem kleinen Projekt zu einer<br />
thematisch breit gefächerten Zusammenarbeit entwickelt.<br />
Außerdem gestaltet Österreich im politischen Dialog mit<br />
dem Partnerland und den anderen Gebern die Planungsprozesse<br />
des ugandischen <strong>Wasser</strong>min<strong>ist</strong>eriums mit. Nicht<br />
zuletzt handelt es sich bei der Unterstützung um das finanziell<br />
größte einzelne Sektorprogramm der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>. Es steckt also mehr<br />
hinter der Erfolgsgeschichte – über die Jahre auch ein beachtlicher<br />
finanzieller Beitrag, ohne den die Wirkung und<br />
das Ansehen des österreichischen Engagements nicht so<br />
hoch wären, wie sie heute sind.<br />
■<br />
erwin Künzi<br />
<strong>Wasser</strong> und Sanitärversorgung<br />
im Koordinationsbüro in Kampala, Uganda<br />
herbert Nuwamanya<br />
Ugandisches Min<strong>ist</strong>erium für <strong>Wasser</strong> und Umwelt<br />
© ADA/Stefan Pleger<br />
Geschultes Personal <strong>ist</strong> wichtig, um die <strong>Wasser</strong>anlagen instand zu halten.<br />
8 weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
the M a<br />
caPaQua – ein Projekt schlägt Wellen<br />
Die Universität UNeSCO-Ihe in den Niederlanden, die egerton Universität in Kenia und die Universität<br />
für Bodenkultur in Wien bündeln ihr Wissen in einem gemeinsamen masterprogramm. Dieses <strong>ist</strong> Teil<br />
eines umfangreichen Projekts, das Forschungskapazitäten für <strong>Wasser</strong>ressourcenmanagement in Ostafrika<br />
(CaPaQUa) aufbaut. mit erfolg, wie sich zeigt.<br />
seit 2006 belebt das CAPAQUA-Projekt1 die Egerton<br />
Universität. Das internationale gemeinsame Masterprogramm<br />
„Limnologie und aquatische Ökosysteme“<br />
und die damit verbundene Ausstattung mit moderner Forschungs-<br />
und Laborausrüstung haben das wissenschaftliche<br />
Niveau deutlich gehoben. Dies zog eine Reihe von Kooperationen<br />
mit nationalen, regionalen und internationalen Wissenschafts-<br />
und Bildungseinrichtungen nach sich, die den<br />
Umfang an Forschungsarbeiten und -ergebnissen enorm<br />
steigern.<br />
studentInnen der egerton universität in kenia stehen moderne labors zur Verfügung.<br />
© Gerold Winkler<br />
Internationales Niveau<br />
Nach sechs Jahren lässt sich eine erfreuliche Bilanz ziehen:<br />
Die Egerton Universität <strong>ist</strong> mittlerweile auch für internationale<br />
GastprofessorInnen und -dozentInnen sowie<br />
Studierende aus dem Ausland attraktiv. Drei von der EU<br />
finanzierte Projekte und weitere internationale Kooperationen<br />
wurden erfolgreich umgesetzt. Lehrende und<br />
Studierende des Masterprogramms beteiligten sich an<br />
der Umsetzung des Nationalen Entwicklungsplans Kenias<br />
mit Vorzeigeprojekten wie zum Beispiel der Sanierung des<br />
hochgradig verschmutzten Njoro-Flusses. Sie gaben auch<br />
den Anstoß für umweltgerechte Abwasserentsorgung<br />
mit einer Pflanzenkläranlage auf dem Haupt-Campus<br />
der Universität. Ein weiterer Meilenstein war im Oktober<br />
2012 der Start des neuen Masterprogramms „Limnologie<br />
und Gewässermanagement“, das mit einem gemeinsam<br />
vergebenen akademischen Titel der beteiligten Wissenschaftsinstitutionen<br />
abgeschlossen wird.<br />
Wissen um <strong>Wasser</strong><br />
CAPAQUA unterstützt Forschungs- und Ausbildungszentren im östlichen<br />
Afrika, um den Pool an lokalen ForscherInnen zu nachhaltigem <strong>Wasser</strong>und<br />
Gewässermanagement zu verstärken. Zusätzlich zum gemeinsamen<br />
Masterprogramm „Management und Feuchtgebietsmanagement“ in<br />
Kenia, den Niederlanden und Österreich wird gerade ein Masterstudium<br />
für „Aquatische Ökosysteme und Umweltmanagement” aufgebaut, das<br />
von drei äthiopischen Universitäten und der Universität für Bodenkultur<br />
Wien durchgeführt wird. Die Partnerinstitutionen in Äthiopien erhalten<br />
moderne Geräte für Labor- und Feldforschung, die Qualität des Programms<br />
wird durch Weiterbildung der ForscherInnen gesichert.<br />
Gemeinsam weiterentwickeln<br />
Die partizipative Herangehensweise bei der Erstellung der<br />
Masterprogramme, an der VertreterInnen von mehr als<br />
15 Fachinstitutionen beteiligt waren, hatte großen Einfluss<br />
auf die Gestaltung anderer Lehrpläne der Egerton<br />
Universität. Zurzeit wird geprüft, ob das modulare System<br />
nicht auch in anderen Studiengängen angewendet werden<br />
kann. Eine Neuerung besteht weiters darin, dass die<br />
DozentInnen des neuen Masterprogramms pädagogisch<br />
weitergebildet wurden und nun nach studenten-zentrierten<br />
Lehrmethoden unterrichten, die die Lernenden in den<br />
Mittelpunkt des Unterrichts stellen und deren Engagement<br />
fordern und fördern.<br />
CAPAQUA trägt somit dazu bei, dass die Egerton Universität<br />
ihr visionäres Leitbild verwirklichen kann und zu einer<br />
„Top-Institution für die Weiterentwicklung der Menschheit“<br />
wird.<br />
■<br />
Nzula Kitaka<br />
Wissenschafterin und Dozentin, koordiniert das von<br />
Österreich geförderte internationale Studium für<br />
Gewässermanagement an der Egerton Universität in Kenia<br />
1 Development of Educational and Research CaPacity in Eastern Africa for the Sustainable Management of aQUaatic Ecosystems<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 9
the M a<br />
© European Union<br />
die Meinung österreichischer <strong>Wasser</strong>-expertInnen wurde in den<br />
Ratsschlussfolgerungen der eu berücksichtigt.<br />
Österreich <br />
punktet mit <br />
expertise <br />
auch ein kleiner Geber wie Österreich kann<br />
sich in der europäischen Union durch<br />
Fachwissen, erfahrung und Vernetzung<br />
erfolgreich einbringen. Dies zeigt die<br />
rot-weiß-rote Position, die in den aktuellen<br />
Schlussfolgerungen des europäischen Rates<br />
zu einem Sonderbericht über <strong>Wasser</strong>projekte<br />
ihren Niederschlag fand.<br />
hinter dem sperrigen Titel „Entwicklungshilfe der EU im<br />
Bereich Trinkwasser- und grundlegende Sanitärversorgung<br />
im Sub-Sahara-Raum“ des Berichts des Europäischen<br />
Rechnungshofs an den Rat verbirgt sich eine Analyse<br />
von 23 <strong>Wasser</strong>projekten in sechs afrikanischen Ländern, die<br />
von der EU finanziert und insbesondere auf ihre Wirksamkeit<br />
und Nachhaltigkeit hin untersucht wurden. Positiv bewertet<br />
wurde, dass die Projekte Zugang zu Trinkwasser- und<br />
grundlegender Sanitärversorgung geschaffen haben und<br />
bewährte Standardtechnologie zum Einsatz kam. Verbesserungsbedarf<br />
bestehe hingegen bei der Vorbereitung und<br />
Begleitung des praktischen Betriebs.<br />
Betroffene einbeziehen<br />
Gerade auf diese Aspekte legt die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
in ihren <strong>Wasser</strong>programmen<br />
seit Langem besonderen Wert. Denn es reicht nicht aus,<br />
eine <strong>Wasser</strong>versorgungsanlage zu bauen. Ein integrierter<br />
Ansatz <strong>ist</strong> notwendig, der von Anfang an auch die Zielgruppen<br />
mit einbezieht und das gesamte Projektumfeld<br />
berücksichtigt. Die „Software“, also die gemeinsame Planung<br />
mit den Betroffenen, die Stärkung der lokalen Verwaltungsstrukturen<br />
sowie die Vorbereitung und die ausreichende<br />
Begleitung des Betriebs, <strong>ist</strong> mindestens ebenso<br />
bedeutend wie die „Hardware“, die den lokalen Gegebenheiten<br />
angepasst wird.<br />
Stimme mit Gewicht<br />
Als der Bericht des EU-Rechnungshofes auf die Tagesordnung<br />
der für Afrika zuständigen Arbeitsgruppe des Europäischen<br />
Rates gesetzt wurde, lag es auf der Hand, dass<br />
Österreich reagierte. Die österreichische Expertise im <strong>Wasser</strong>sektor<br />
wird allseits geschätzt, daher hat die Stimme des<br />
kleinen Gebers großes Gewicht. Die anderen Mitgliedsstaaten<br />
unterstützten die österreichischen Kommentare,<br />
die letztlich in die Ratsschlussfolgerungen Eingang fanden.<br />
Ein schöner Erfolg, denn schließlich geben diese den politischen<br />
und strategischen Rahmen für das künftige Engagement<br />
der EU im <strong>Wasser</strong>sektor in den Partnerländern vor.<br />
Das Beispiel zeigt: Anerkannte Expertise und Erfahrung in<br />
den Partnerländern sowie ein gutes Zusammenspiel von<br />
Politik und Umsetzung innerhalb der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> ermöglichen auch einem<br />
kleinen Geber, zur Verbesserung der Wirksamkeit der<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> beizutragen und sich in der<br />
EU-Koordination zu positionieren.<br />
■<br />
michaela ellmeier<br />
<strong>ist</strong> im Bundesmin<strong>ist</strong>erium für europäische und<br />
internationale Angelegenheiten zuständig für<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> im Rahmen<br />
der Europäischen Union<br />
10<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
the M a<br />
<strong>Wasser</strong>: Internationale unterstützung<br />
Im Vergleich zu den 1990er-Jahren haben sich die <strong>Wasser</strong>versorgung und die abwasserentsorgung<br />
weltweit wesentlich verbessert. In einigen Regionen afrikas und asiens sind trotzdem noch verstärkte<br />
anstrengungen notwendig. Die Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs) bieten breite Unterstützung,<br />
denn: entwicklung braucht <strong>Wasser</strong>.<br />
stat<strong>ist</strong>isch gesehen trinken heute neun von zehn Menschen<br />
sauberes <strong>Wasser</strong>. Das Millenniumsziel der Vereinten<br />
Nationen, das vorsieht, den Bevölkerungsanteil<br />
ohne Zugang zu sauberem <strong>Wasser</strong> bis 2015 zu halbieren, <strong>ist</strong><br />
damit erreicht. Vor allem in Sub-Sahara-Afrika gibt es aber<br />
noch Aufholbedarf. In der Sanitärversorgung <strong>ist</strong> die Zielgerade<br />
noch lange nicht in Sicht. Weit abgeschlagen liegen die<br />
Staaten Südasiens und Afrikas südlich der Sahara. Internationale<br />
Finanzinstitutionen wie die Afrikanische oder die Asiatische<br />
Entwicklungsbank, aber auch die Weltbank stehen<br />
vor großen Herausforderungen.<br />
Vielfältiges angebot<br />
Die IFIs stellen Programme für eine breite Palette an Maßnahmen<br />
bereit. Diese reichen von <strong>Wasser</strong>- und sanitärer<br />
Versorgung über landwirtschaftliche Bewässerung und der<br />
Erzeugung von Hydroenergie bis hin zur Absicherung von<br />
<strong>Wasser</strong>ressourcen gegen die Auswirkungen des Klimawandels.<br />
Österreich <strong>ist</strong> Mitglied der IFIs und le<strong>ist</strong>et unter<br />
anderem Beiträge an die Internationale Entwicklungsorganisation,<br />
den Afrikanischen Entwicklungsfonds und andere<br />
die Internationalen finanzinstitutionen unterstützen eine breite Palette an <strong>Wasser</strong>-Programmen.<br />
Fonds, die Ländern im Süden und Osten zur Verbesserung<br />
ihrer <strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung zur Verfügung stehen.<br />
Weiters unterstützt Österreich einen heimischen Experten,<br />
der in Westafrika für das Programm der Weltbank<br />
zur <strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung arbeitet.<br />
<strong>Wasser</strong>initiativen<br />
Eine Initiative <strong>ist</strong> die Afrikanische <strong>Wasser</strong>fazilität der Afrikanischen<br />
Entwicklungsbank. Das Finanzierungsprogramm<br />
stellt Gelder zur Stärkung verantwortungsvoller<br />
Regierungsführung und für Wissensvermittlung zum sorgsamen<br />
Umgang mit <strong>Wasser</strong> bereit. Sehr erfolgreich <strong>ist</strong> die<br />
Unterstützung bei der Ausarbeitung von Investitionsprojekten<br />
zur Errichtung von Infrastruktur im <strong>Wasser</strong>bereich,<br />
um zusätzliche Mittel zu mobilisieren. Dadurch konnte das<br />
Finanzvolumen bisher um das 20-Fache gesteigert werden.<br />
Mithilfe der Afrikanischen <strong>Wasser</strong>fazilität wurden<br />
in Kenia Auffangsysteme für Regenwasser verbessert, da<br />
das Land immer wieder unter extremer Trockenheit leidet.<br />
In Sambia wurden Richtlinien für Investitionen in kleine<br />
Mehrzweckdämme entwickelt, die die <strong>Wasser</strong>sicherheit<br />
verbessern. Gleichzeitig wird das gestaute <strong>Wasser</strong> zur<br />
Energiegewinnung und landwirtschaftlichen Bewässerung<br />
genutzt.<br />
Auch das Programm der Weltbank zur <strong>Wasser</strong>- und Sanitärversorgung<br />
fördert umfassende Maßnahmen – von Infrastrukturprojekten<br />
bis hin zu Aufklärungskampagnen. In<br />
Sierra Leone und Liberia wurden beispielsweise die öffentlichen<br />
Brunnen reg<strong>ist</strong>riert, um zusätzliche Investitionen<br />
besser planen zu können. In Äthiopien erreichte ein Aufklärungsprogramm<br />
über die Wichtigkeit der Benutzung<br />
hygienischer Toiletten mehr als drei Millionen Menschen.<br />
Auch in Europa fördert die Weltbank <strong>Wasser</strong>initiativen. So<br />
startet unter österreichischer Beteiligung 2013 ein Kapazitätsentwicklungsprogramm<br />
in der Donauregion, das in<br />
den osteuropäischen Donauraumländern das Management<br />
in der <strong>Wasser</strong>versorgung und Abwasserentsorgung<br />
verbessern wird.<br />
■<br />
© World Bank<br />
elisabeth Gruber, Wolfgang müller, Daniel Pajank<br />
Abteilung für Internationale Finanzinstitutionen,<br />
Sektion für Wirtschaftspolitik-Finanzmärkte,<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Finanzen<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 11
the M a<br />
der Wert vergrabener schätze<br />
Die errichtung von Infrastruktur zur <strong>Wasser</strong>versorgung und<br />
abwasserbehandlung <strong>ist</strong> aufwendig und teuer. Der Wert<br />
der Rohre, Behälter, Pumpen, armaturen und maschinen<br />
<strong>ist</strong> nur wenigen bewusst, denn – wie jeder richtige Schatz –<br />
sind diese vergraben oder zumindest gut versteckt.<br />
Nicht nur die Anlagen selbst werden von der breiten Öffentlichkeit kaum<br />
wahrgenommen, ähnlich steht es um deren Betrieb. Viele Zahnräder müssen<br />
ineinandergreifen, damit sich die enormen Investitionen lohnen und<br />
die Versorgung mit gesundem Trinkwasser und die ungefährliche Entsorgung<br />
von Abwässern einwandfrei funktionieren. Bewusst <strong>ist</strong> dies EinwohnerInnen<br />
reicher Staaten me<strong>ist</strong> nicht, wenn sie zum <strong>Wasser</strong>hahn gehen oder die Toilette<br />
benutzen.<br />
Zu kurz gedacht<br />
Leider hat die Vernachlässigung dieser Zusammenhänge über viele Jahre auch<br />
die <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> dominiert. Daher hat ein erschreckend hoher<br />
Prozentsatz der Infrastruktur nicht lange funktioniert. Maschinen, die mangels<br />
Wartung schnell ausgedient haben, Rohrsysteme mit extrem hohen Verlustraten<br />
und eine <strong>Wasser</strong>qualität, die niemand ernsthaft als „trinkbar“ bewerten<br />
würde, sind keine Seltenheit und betreffen sowohl komplexe städtische Anlagen<br />
als auch einfache Konstruktionen im ländlichen Umfeld. Wird später (oft<br />
zu spät) versucht, die Ursachen festzustellen, wird klar, dass es für das Versagen<br />
me<strong>ist</strong> viele Gründe gibt.<br />
Von den Schwächen …<br />
In der Realität vieler Entwicklungsländer werden wechselseitige Abhängigkeiten<br />
oft zu einem Teufelskreis. Unangepasste Technologien für mangelhaft<br />
geplante Anlagen werden teils schlecht ausgebildetem und me<strong>ist</strong> unterbezahltem<br />
Personal übertragen. Erste kleine Probleme können mangels Ersatzteilen<br />
und Know-how nicht behoben werden. Fehlende Erfahrung in der KundInnenbetreuung<br />
und im Rechnungswesen, folgenlose illegale <strong>Wasser</strong>entnahme<br />
und – oft politisch gewünscht – zu niedrige Tarife schwächen die wirtschaftliche<br />
Basis. Für die rasch sinkende Servicequalität, lange Betriebsausfälle oder<br />
schlechte <strong>Wasser</strong>güte sind die KundInnen nicht bereit, länger ihre Rechnungen<br />
zu begleichen. Ohne Einnahmen können aber weder Gehälter bezahlt, noch<br />
die notwendigen Ersatzteile gekauft werden. Der Anfang vom Ende.<br />
… zu den Lösungen<br />
Diese Zusammenhänge sind nachvollziehbar, die Probleme wirken lösbar. Häufig<br />
wird jedoch unterschätzt, wie viele funktionierende Komponenten für eine<br />
Trendumkehr zusammenwirken müssen. Einige Beispiele sollen dies demonstrieren.<br />
12 weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
© ADA/Stefan Pleger<br />
the M a<br />
■ Know-how aneignen<br />
Geschultes Personal für alle Bereiche von Betrieb und<br />
Wartung <strong>ist</strong> eine Grundvoraussetzung, die oft nicht<br />
gegeben <strong>ist</strong>. Während es me<strong>ist</strong> kein Problem <strong>ist</strong>, AkademikerInnen<br />
aller Fachrichtungen zu finden, sind<br />
MitarbeiterInnen mit geeigneter mittlerer Ausbildung<br />
rar. Die dafür erforderlichen Schultypen und Fortbildungen<br />
ex<strong>ist</strong>ieren oft nicht.<br />
Ein erfolgreicher Betrieb zeichnet sich auch durch<br />
gute Beziehungen zu den KundInnen aus. Die nachvollziehbare<br />
Darstellung der erbrachten Le<strong>ist</strong>ungen<br />
und ein effizientes Rechnungswesen für ein plausibles<br />
und sozial akzeptiertes Tarifsystem bilden die Basis für<br />
ausreichende Einnahmen.<br />
■ Risiken entgegenwirken<br />
Anlagen im <strong>Wasser</strong>sektor haben die Tendenz, über<br />
die Jahre beinahe organisch zu wachsen – und zu<br />
verfallen. Die Veränderungen müssen systematisch<br />
erfasst und kritische Teile rechtzeitig ausgetauscht<br />
werden, um einen Totalausfall zu vermeiden.<br />
Auf Probleme, die die Versorgung mit sicherem Trinkwasser<br />
oder die unproblematische Entsorgung von<br />
Abwasser stören, sollte nicht erst reagiert werden,<br />
wenn sie auftreten. Es müssen daher Konzepte erarbeitet<br />
werden, wie bestehende Risiken erfasst werden,<br />
um rechtzeitig gegensteuern zu können.<br />
■ Partner und Institutionen<br />
Aus technischen und ökonomischen Gründen können<br />
nicht alle <strong>Wasser</strong>betriebe sämtliche erforderlichen Le<strong>ist</strong>ungen<br />
selbst erbringen. Sie müssen auf qualifizierte<br />
Unterstützung beispielsweise von Dachverbänden<br />
oder des Privatsektors zurückgreifen können.<br />
Die Sicherung von <strong>Wasser</strong>versorgung und Abwasserentsorgung<br />
<strong>ist</strong> eine Daseinsvorsorge mit großer<br />
Verantwortung und hat daher nach anerkannten<br />
Vorgaben zu erfolgen. Diese müssen entworfen, breit<br />
diskutiert, verabschiedet, unterrichtet und kontrolliert<br />
werden. Für jeden dieser Schritte sind zuständige Institutionen<br />
zu definieren und zu erhalten.<br />
fachkräfte sind für den betrieb und die Wartung von <strong>Wasser</strong>- und abwasseranlagen unerlässlich.<br />
Investitionen, die sich lohnen<br />
Anhand der Beispiele wird sichtbar, wie viele Bausteine erforderlich<br />
sind, um in einem Land einen stabilen <strong>Wasser</strong>sektor<br />
aufzubauen. In den Partnerländern der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> betritt man damit in<br />
vielen Bereichen Neuland. Oft wird übersehen, dass die<br />
Situation in reichen Ländern das Ergebnis jahrzehntelanger<br />
Entwicklungen <strong>ist</strong>. In der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
muss daher vermehrt in den Aufbau von Strukturen<br />
investiert werden, damit die notwendigen Bedingungen<br />
erfüllt werden. Sonst erweisen sich die vermeintlich angehäuften<br />
(Infrastruktur)Schätze allzu schnell als wertloser<br />
vergrabener Plunder.<br />
■<br />
Thomas Zipper<br />
Experte für <strong>Wasser</strong>wirtschaft und Sektorentwicklung<br />
hydrophil – consulting&knowledge development GmbH<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at<br />
13
P a N o R a M a<br />
© <strong>ist</strong>ockphoto<br />
umwelt neu entdecken<br />
Im Umweltschutz hat die Republik moldau einiges aufzuholen. Veraltete abwassersysteme und<br />
unkontrollierte Deponien von Giftstoffen gefährden die <strong>Wasser</strong>qualität. Tschechien unterstützt das<br />
Land dabei, umweltpolitische altlasten zu beseitigen.<br />
Moldau zählt zu den ärmsten Ländern Europas. Dank der langjährigen<br />
freundschaftlichen Beziehungen und der erfolgreichen bisherigen Kooperation<br />
<strong>ist</strong> die Republik an der Außengrenze der EU heute eines der Schwerpunktländer<br />
der tschechischen Entwicklungspolitik. Auch die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> engagiert sich in Moldau. Um ihre Kräfte zu bündeln<br />
und die Wirkung ihrer Maßnahmen zu stärken, haben die beiden Länder ein<br />
Abkommen über eine Zusammenarbeit im <strong>Wasser</strong>sektor unterzeichnet.<br />
Überlegungen mit Plan<br />
Mit der Strategie „Moldau neu überdenken: Schwerpunkte für die mittelfr<strong>ist</strong>ige<br />
Entwicklung“ hat sich die moldauische Regierung ein ambitioniertes Programm<br />
vorgenommen. Besondere Priorität haben neben der Förderung guter<br />
Regierungsführung, wirtschaftlicher Entwicklung und Verbesserungen im Bildungs-,<br />
Gesundheits- und Sozialsystem der Schutz der <strong>Wasser</strong>ressourcen sowie<br />
moderne <strong>Wasser</strong>- und Abwassersysteme.<br />
<strong>Wasser</strong>-berufe<br />
Bei einem Großprojekt wie in Nisporeni zeigt sich<br />
rasch: Damit <strong>Wasser</strong>versorgung und Abwasserentsorgung<br />
funktionieren, werden Fachkräfte gebraucht.<br />
Zum Beispiel Installateure und Elektriker. Für diese<br />
Berufe erarbeiteten in Moldau zwei Berufsschulen<br />
und Arbeitgeber mithilfe der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
neue Lehrinhalte und Lehrbücher.<br />
Die Werkstätten an den Test-Schulen wurden<br />
für den praktischen Unterricht modern ausgestattet.<br />
Die Aussichten nach dem Schulabschluss sind gut:<br />
Die Ausbildung entspricht dem Arbeitsmarktbedarf,<br />
allein das öffentliche <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />
in Nisporeni sucht dringend top ausgebildete MitarbeiterInnen.<br />
engagement mit doppelter Wirkung<br />
Die tschechische Entwicklungsagentur unterstützt Moldau<br />
dabei, sich internationalen Umweltstandards anzunähern<br />
und dadurch die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern.<br />
Tschechische Projekte tragen unter anderem dazu bei,<br />
Umweltschäden, die durch die unsachgemäße Einlagerung<br />
abgelaufener Pestizide hervorgerufen wurden, zu beheben.<br />
Die Schädlingsbekämpfungsmittel werden sicher verpackt<br />
und fachgerecht entsorgt. Danach gilt es, das Ausmaß und<br />
die Risiken der verbleibenden Verschmutzung abzuklären.<br />
Außerdem beteiligt sich Tschechien derzeit an der Erneuerung<br />
der Abwassersysteme in Nisporeni, Vulcanesti<br />
und Cimislia. Die Kooperation mit Österreich konzentriert<br />
sich auf Nisporeni, im Südwesten des Landes. Während<br />
Tschechien dort die nachhaltige Abwasserentsorgung unterstützt,<br />
fördert Österreich die nachhaltige <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
der Bevölkerung. Die verbesserte Versorgung mit<br />
sauberem <strong>Wasser</strong> und sanitären Anlagen erzielt doppelte<br />
Wirkung: Sie verringert ansteckende Krankheiten und fördert<br />
die Biodiversität in den Gemeinden.<br />
Neben der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
kooperiert die Tschechische Republik mit der Deutschen<br />
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und der<br />
Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.<br />
Alle Aktivitäten orientieren sich an Moldaus Entwicklungsplan<br />
und haben dazu beigetragen, dass sich im Umweltbereich<br />
bereits einiges zum Besseren gewendet hat. ■<br />
ˇ Jan Cerník and František Zouhar<br />
Experten der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
zwischen Tschechien und Moldau<br />
14<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
P a N o R a M a<br />
aus den tiefen des himalayas<br />
Zu Nepal hat das Land Vorarlberg eine besondere Verbindung. Dem erfolgreichen aufbau eines Krankenhauses<br />
in den 1990er-Jahren in Dhulikhel nahe der hauptstadt Kathmandu folgten weitere Initiativen.<br />
Vor vier Jahren startete in Bhamarkot die Suche nach <strong>Wasser</strong>.<br />
Reserven schwinden<br />
Bhamarkot liegt nicht weit von Dhulikhel entfernt an den<br />
Ausläufern des Himalayas auf 1.250 Meter Seehöhe. Über<br />
viele Jahre verschlechterte sich die Trinkwasserversorgung<br />
der etwa 3.500 EinwohnerInnen dramatisch. Die Niederschläge<br />
gingen deutlich zurück, und trotz der Nähe zu den<br />
Gletschern des Himalayas trockneten die Grundwasserreserven<br />
wegen des unkontrollierten <strong>Wasser</strong>verbrauchs in<br />
den Großstädten immer weiter aus. In Bhamarkot spitzte<br />
sich die Lage so weit zu, dass die Menschen ihre Felder<br />
nicht mehr bewirtschaften konnten und damit ihre Lebensgrundlage<br />
verloren. Ein Hilferuf folgte, der in Vorarlberg<br />
gehört wurde. Rotary Vorarlberg, die Landesregierung<br />
und der Projektleiter Elmar Hagen von Rotary Vorarlberg<br />
arbeiteten Maßnahmen aus, die schließlich die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
von Bhamarkot nachhaltig verbesserten.<br />
Vorarlberg packt an<br />
2009 begann man mit den Planungsarbeiten. Technische<br />
Voruntersuchungen deuteten auf <strong>Wasser</strong> in großer<br />
Tiefe hin. Bei einer aufwendigen Bohrung durch hartes<br />
Granitgestein wurde man fündig und förderte aus etwa<br />
170 Metern Tiefe Trinkwasser in bester Qualität zutage.<br />
Nach der Installierung einer <strong>Wasser</strong>pumpe und dem Bau<br />
eines Verteilersystems konnte ab dem Jahr 2010 <strong>Wasser</strong> in<br />
ausreichender Menge an die Bevölkerung von Bhamarkot<br />
abgegeben werden. Auch die Grundschule mit etwa 450<br />
Kindern, die jahrelang ohne <strong>Wasser</strong> auskommen musste,<br />
wird jetzt versorgt.<br />
Neben öffentlichen Zapfstellen wurden nach und nach<br />
auch die Haushalte an die <strong>Wasser</strong>versorgung angeschlossen.<br />
Ein demokratisch gewähltes <strong>Wasser</strong>komitee sorgt für<br />
die Verteilung, die Einhebung eines geringen <strong>Wasser</strong>zinses<br />
und den Betrieb der Anlage. Projektleiter Elmar Hagen <strong>ist</strong><br />
jedes Jahr in Bhamarkot und kontrolliert die gerechte Verteilung<br />
des <strong>Wasser</strong>s und die Arbeit des <strong>Wasser</strong>komitees.<br />
entwicklung nach klaren Regeln<br />
Wenn Vorarlberg finanzielle Mittel für ein Entwicklungsprojekt<br />
zur Verfügung stellt, müssen klare Rahmenbedingungen<br />
eingehalten werden: Das Land fördert nur kleine<br />
und überschaubare Projekte, die einen Bezug zu Vorarlberg<br />
haben. Diese müssen den Millenniums-Entwicklungszielen<br />
entsprechen, nachhaltig sein, in die Lebenskultur der<br />
Menschen passen, deren Lebensbedingungen verbessern<br />
und allen gleichermaßen zugutekommen. Dazu gehören<br />
auch Trinkwasserprojekte wie jenes in Bhamarkot. ■<br />
© Elmar Hagen (2)<br />
Gerhard hagen<br />
<strong>ist</strong> in der Vorarlberger Landesregierung für<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> zuständig<br />
Im nepalesischen bhamarkot <strong>ist</strong> die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
von 3.500 Menschen gesichert.<br />
Die verlässliche Versorgung mit ausreichend Trinkwasser<br />
hat den Menschen von Bhamarkot wieder Zuversicht gegeben.<br />
Die Abwanderung konnte gestoppt werden, viele sind<br />
sogar in ihre Dörfer zurückgekehrt. Die Felder und Äcker<br />
sind wieder die Basis für ein menschenwürdiges Leben.<br />
Mit unterstützung Vorarlbergs wurde bei aufwendigen bohrungen in 170 Meter<br />
tiefe eine <strong>Wasser</strong>quelle gefunden.<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 15
P a N o R a M a<br />
leuchtfeuer der<br />
entwicklungszusammenarbeit<br />
Das Fairtrade-Gütesiegel feiert heuer einen runden Geburtstag. Geschäftsführer<br />
hartwig Kirner zieht im Gespräch mit den Weltnachrichten Bilanz über 20 erfolgreiche<br />
Jahre. Der handel muss armut bekämpfen, <strong>ist</strong> Kirner überzeugt.<br />
Weltnachrichten: Rund 1,2 Millionen Kleinbäuerinnen<br />
und Kleinbauern in 66 Ländern profitieren mittlerweile<br />
von Fairtrade. Das Gütesiegel <strong>ist</strong>, seit es 1993 in Österreich<br />
eingeführt wurde, eine Erfolgsgeschichte. Wie stolz<br />
sind Sie auf die Entwicklung der letzten 20 Jahre?<br />
hartwig Kirner: Natürlich kann man stolz darauf sein, dass<br />
im letzten Jahr in Österreich 100 Millionen Euro mit Fairtrade-Produkten<br />
umgesetzt wurden. Diese Entwicklung <strong>ist</strong><br />
allerdings das Verdienst vieler Menschen. Der faire Handel<br />
<strong>ist</strong> eine Bewegung, für die sich viele Individuen und Organisationen<br />
eingesetzt haben. Fairtrade <strong>ist</strong> nur ein Teil davon,<br />
wenn auch ein sehr erfolgreicher. Die Bekanntheit des Gütesiegels<br />
liegt bei 85 Prozent, und das <strong>ist</strong> unsere Chance.<br />
Weltnachrichten: Alles begann 1993, als in Österreich<br />
Kaffee mit dem Fairtrade-Gütesiegel eingeführt wurde.<br />
Es folgten Bananen, Fruchtsäfte und andere Produkte.<br />
Heute umfasst das Sortiment 750 Artikel und längst<br />
nicht mehr nur Lebensmittel. Aber Fairtrade <strong>ist</strong> mehr als<br />
nur ein Gütesiegel. 1998 hat das Europäische Parlament<br />
Fairtrade als die effizienteste Art von <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
gelobt.<br />
hartwig Kirner: Fairtrade agiert im Rahmen der<br />
Marktwirtschaft genau dort, wo der Markt nicht frei<br />
<strong>ist</strong>. Denn wenn Millionen von Kakaobauern nur fünf<br />
großen Schokoladeproduzenten auf der Abnehmerseite<br />
gegenüberstehen, muss Fairtrade eingreifen. Wir<br />
wollen dieses Ungleichgewicht ausbalancieren und<br />
eine Leuchtfeuerfunktion in der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />
übernehmen. Uns geht es nicht nur darum,<br />
Umsätze zu machen, sondern wir wollen auf unfaire<br />
Handelsstrukturen in der Welt aufmerksam machen.<br />
Dazu gehört natürlich auch Öffentlichkeitsarbeit in<br />
Österreich.<br />
Weltnachrichten: Worin liegt der Vorteil für die Kaffeebäuerinnen<br />
und -bauern, wenn der Mindestpreis,<br />
den Fairtrade zahlt, wie so oft in letzter Zeit unter dem<br />
Weltmarktpreis liegt?<br />
hartwig Kirner: Fairtrade gewährle<strong>ist</strong>et den Bäuerinnen<br />
und Bauern einen Mindestpreis und eine Prämie.<br />
Liegt der Weltmarktpreis über dem Mindestpreis,<br />
wird natürlich dieser bezahlt. Die Prämie dient<br />
den Genossenschaften dazu, strukturelle Verbesserungen<br />
vorzunehmen und zum Beispiel Kredite zu<br />
vergeben. Pro Sack Kaffee – das sind gute 45 Kilo<br />
– gibt es 20 US-Dollar Prämie. Wenn der Kaffee aus<br />
biologischem Anbau kommt, gibt es einen weiteren<br />
Zuschlag.<br />
16<br />
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P a N o R a M a<br />
Weltnachrichten: In Österreich liegt der Marktanteil von<br />
Fairtrade-Kaffee erst bei 4 Prozent, bei Bananen sind es<br />
20 Prozent, bei Rosen 30 Prozent. Warum steigt der Anteil<br />
an Fairtrade-Kaffee nur so langsam, obwohl das Produkt<br />
so bekannt <strong>ist</strong>?<br />
hartwig Kirner: Ein kleiner Marktanteil von etwas Großem<br />
kann ja auch sehr erfreulich sein. Bei Bananen gibt es in<br />
den Geschäften drei oder vier Wahlmöglichkeiten für die<br />
Konsumentinnen und Konsumenten. Im Gegensatz dazu<br />
finden sie an die 150 verschiedene Kaffee-Sorten im Handel.<br />
Aber Sie haben schon recht: Das Ende der Fahnenstange<br />
<strong>ist</strong> noch nicht erreicht. In einigen skandinavischen<br />
Ländern liegt der Fairtrade-Marktanteil bei Kaffee bei 10<br />
Prozent. In der Schweiz wird jede zweite verkaufte Banane<br />
fair gehandelt. Wir haben also noch Potenzial.<br />
Weltnachrichten: Es gibt noch Steigerungsmöglichkeiten,<br />
obwohl in den letzten 20 Jahren allein aus dem<br />
Verkauf von Fairtrade-Produkten in Österreich über 140<br />
Millionen US-Dollar Direkteinnahmen in 66 Länder gingen.<br />
Was macht Fairtrade so erfolgreich?<br />
hartwig Kirner: Fairtrade deckt die wirtschaftliche Seite<br />
der Entwicklung ab. Entwicklung durch Handel <strong>ist</strong> ein<br />
Konzept, das den Konsumentinnen und Konsumenten<br />
einleuchtet. Darüber hinaus kann man über die Produkte<br />
und das Gütesiegel viel Information mittransportieren. Die<br />
Armut im „Süden“ und die ungleichen Chancen auf den<br />
Märkten werden mit den Konsumgütern in die österreichischen<br />
Wohnzimmer getragen. Jedem, der Fairtrade kennt,<br />
<strong>ist</strong> klar, dass er mit seiner Kaufentscheidung etwas beitragen<br />
kann. Ich glaube, das macht Fairtrade so attraktiv für<br />
die Österreicherinnen und Österreicher.<br />
Weltnachrichten: Fairtrade-Produkte sind mittlerweile in<br />
den me<strong>ist</strong>en österreichischen Supermärkten zu finden.<br />
Auch in den großen – passt das zusammen?<br />
© ADA<br />
„für kaffee aus biologischem anbau zahlen wir einen Zuschlag“,<br />
so fairtrade-Geschäftsführer hartwig kirner.<br />
hartwig Kirner: Die Kooperation mit den Großen <strong>ist</strong> sozusagen<br />
Fairtrade-immanent. Wenn es fair gehandelte Produkte<br />
nur in den Weltläden gäbe, hätte Fairtrade keinen<br />
Sinn. Für die Qualität und die Herkunft der Waren steht<br />
der Weltladen selbst gerade. Sobald diese Produkte aber<br />
auch in großen Supermärkten verkauft werden, braucht es<br />
Kontrolle, und das passiert über das Gütesiegel. Die Weltläden,<br />
EZA, Südwind und andere haben den Boden für<br />
den fairen Handel aufbereitet, dann kam die Nachfrage<br />
der Konsumentinnen und Konsumenten – so wurde das<br />
Segment attraktiv. In den letzten Jahren sind Nachhaltigkeit<br />
und soziale Fairness verstärkt im Gespräch. Die Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer selbst wollen Verantwortung<br />
übernehmen. Und das <strong>ist</strong> gut so.<br />
■<br />
Mittlerweile umfasst das fairtrade-sortiment 750 artikel.<br />
manuela Gutenbrunner<br />
Information und Öffentlichkeitsarbeit in der ADA<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at 17
P a N o R a M a<br />
© Kujtim Onuzi<br />
auf neuen Pfaden<br />
Wege entstehen, indem man sie geht. Das gilt auch für die internationale entwicklungszusammenarbeit,<br />
in der seit rund zehn Jahren verstärkt privatwirtschaftliche akteure<br />
mitmarschieren. mit Innovation, Know-how und Kapital tragen sie dazu bei, gemeinsame<br />
Ziele besser zu erreichen. Wie das in der Praxis aussieht, lässt sich durch eine Wirtschaftspartnerschaft<br />
in albanien „erwandern“.<br />
dass Albanien mit seinem landschaftlichen und kulturellen<br />
Reichtum über enormes tour<strong>ist</strong>isches Potenzial verfügt,<br />
hat sich inzwischen herumgesprochen und erweckt<br />
nicht nur bei Sport- und Naturliebhabern Hoffnungen<br />
auf eine neue, spannende Destination. Dennoch wird das<br />
Balkanland nur spärlich von ausländischen Gästen besucht.<br />
Dass das reizvolle, nahezu unberührte Hinterland trotz seiner<br />
idealen Bedingungen bisher kaum erschlossen und für<br />
nachhaltigen Tourismus genutzt wurde, liegt nicht zuletzt<br />
am fehlenden adäquaten Kartenmaterial. Das ändert sich<br />
aber nun.<br />
Gemeinsam neue Wege gehen<br />
Durch eine Wirtschaftspartnerschaft zwischen dem Wanderkartenhersteller<br />
Huber Kartographie und der Austrian<br />
Development Agency (ADA), der Agentur der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>, stehen Wanderern<br />
und Radfahrern nun erstmals Karten zur Verfügung, mit<br />
denen sich Reisen und Ausflüge in das ländliche Albanien<br />
planen lassen. Neun Wander- und Radkarten im Maßstab<br />
1:50.000 werden bis Ende 2013 auf den Markt kommen<br />
und es UrlauberInnen ermöglichen, die abgelegenen und<br />
bisher verborgenen Schönheiten des Landes zu erkunden.<br />
„Mit der Bereitstellung von Freizeitkarten wird sanfter<br />
und nachhaltiger Tourismus im Landesinneren gefördert“,<br />
erklärt Huber-Kartograph Ralph Bonas, der das Projekt<br />
gemeinsam mit dem albanischen Geologen Kujtim Onuzi<br />
von der Polytechnischen Universität Tirana initiierte. Davon<br />
profitieren nicht nur die Tour<strong>ist</strong>Innen, die neue Gegenden<br />
bereisen können, sondern ebenso die EinwohnerInnen.<br />
Denn neben den Sehenswürdigkeiten sind auch<br />
Gaststätten in den Karten eingezeichnet. Dadurch werden<br />
die BesucherInnenzahlen steigen und zusätzliche, dringend<br />
benötigte Einkommensmöglichkeiten in den strukturschwachen<br />
Regionen des Landes geschaffen.<br />
Besser ans Ziel kommen<br />
Wie bei allen Wirtschaftspartnerschaften steht auch hier der<br />
entwicklungspolitische Nutzen des Unternehmens gleichberechtigt<br />
neben dem betriebswirtschaftlichen Gewinn.<br />
Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>, die die<br />
tour<strong>ist</strong>ische Entwicklung der Balkanregion schon seit Jahren<br />
strategisch verfolgt, geht nun mit einem privatwirtschaftlichen<br />
Partner auf eine neue, innovative Art und Weise ein<br />
Stück des Weges. Seit Juni 2012 sind die ersten beiden<br />
Rad- und Wanderkarten in einer Auflage von 4.000 Stück<br />
im Fachhandel erhältlich. Mittlerweile arbeitet man an<br />
Smartphone-Apps, damit auch elektronisch am Miniscreen<br />
punktgenaue Orientierung möglich <strong>ist</strong>.<br />
In den albanischen Bergen gilt wohl dasselbe wie auf dem<br />
Parkett der internationalen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>:<br />
Gemeinsam und abseits von ausgetretenen Pfaden lassen<br />
sich Ziele oft besser erreichen – auch wenn der Weg me<strong>ist</strong><br />
ein wenig holpriger und anstrengender <strong>ist</strong>.<br />
■<br />
Daniel Rössler<br />
Wirtschaft und Entwicklung in der ADA<br />
18<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at
P a N o R a M a<br />
Junge Menschen gegen Vorurteile<br />
150 junge Leute aus aller Welt kamen am 26. Februar nach Wien zum Jugendevent des 5. Globalen Forums<br />
der United Nations alliance of Civilizations (UNaOC), einer Initiative für ein friedliches miteinander der<br />
Kulturen und Religionen. mit im Gepäck waren Neugier, engagement und Ideen für interkulturelle Projekte.<br />
3.600<br />
junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren aus der ganzen<br />
Welt bewarben sich, um beim 5. UNAOC Jugendevent über<br />
Religion, Medien, Migration und Integration zu diskutieren.<br />
Viele von ihnen weisen beeindruckende Biografien mit Aktivitäten in interkulturellem<br />
Dialog und Jugendarbeit auf. Nur 150 der BewerberInnen erhielten<br />
schließlich eine Einladung nach Wien. Einer davon war der 25-jährige Österreicher<br />
Mathias Haas, Student und seit 2012 selbstständiger Unternehmer im Bereich<br />
Social Media. Er nützte die Möglichkeit, sich international zu vernetzen,<br />
seine Erfahrungen einzubringen und neue Projektideen zu entwickeln. Zum<br />
Thema Medien hatte er klare Forderungen: „Der Zugang zu Information muss<br />
ein Menschenrecht werden. Gleichzeitig muss der Zugang zu Kommunikation<br />
gesichert sein. Menschen sollen nicht nur Konsumenten von Information sein,<br />
sondern diese auch selbst produzieren können und dürfen.“<br />
Dialog auf augenhöhe<br />
Neben gegenseitigem Austausch und Know-how-Transfer im Forum des Jugendevents<br />
ging es in den Workshops um die Ausarbeitung konkreter Empfehlungen.<br />
Verantwortlich für das Programm waren das Bundesmin<strong>ist</strong>erium für<br />
europäische und internationale Angelegenheiten und der Verein Interkulturelles<br />
Zentrum. Der Verein setzt sich seit 25 Jahren in Österreich und weltweit für die<br />
Begegnung und Kommunikation von Menschen aus verschiedenen Kulturen ein.<br />
Die jungen Erwachsenen moderierten das Forum und die Arbeitsgruppen selbst<br />
und konnten somit ihre eigenen Sichtweisen und Ansätze einbringen. Methodisch<br />
vorbereitet und unterstützt wurden sie von professionellen TrainerInnen.<br />
einschließen statt ausgrenzen<br />
Im Anschluss an den Jugendevent wurden die Empfehlungen der Jugendlichen<br />
in Form eines Videos beim 5. Global Forum der UNAOC in der Wiener<br />
Hofburg präsentiert. Staats- und Regierungschefs und andere VertreterInnen<br />
aus den Bereichen Politik, Verwaltung, Soziales, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
entwickelten dort gemeinsame Szenarien für ein besseres<br />
interkulturelles Zusammen<strong>leben</strong>. Der Jugend kommt<br />
dabei eine Schlüsselrolle zu, sie muss daher gehört werden<br />
– für Mathias Haas eine einmalige Gelegenheit, um<br />
„direkt mit wichtigen Leuten, nämlich Funktionären und<br />
Entscheidungsträgern, zusammenzutreffen und unsere<br />
Anliegen hier deponieren zu können“.<br />
Auch Sara Parades schätzte die Begegnung mit engagierten<br />
Menschen sehr. „Ich bin neugierig, wie das Zusammen<strong>leben</strong><br />
in anderen Ländern funktioniert, und möchte<br />
interessante Menschen kennenlernen, von denen ich etwas<br />
lernen kann.“ Sara kommt ursprünglich aus Honduras<br />
und lebt seit 2004 in Wien. Sie interessiert das Thema Migration,<br />
denn die diplomierte Wirtschafts- und Sozialpsychologin<br />
betreut beim Verein Grenzenlos internationale<br />
Mobilitäts- und Jugendprojekte. Sara hofft, dass die Ideen<br />
und Projekte danach weitergeführt werden. Sie selbst wird<br />
auf jeden Fall die Ergebnisse des Forums in ihre Arbeit und<br />
ehrenamtlichen Aktivitäten einfließen lassen. ■<br />
<br />
youthforum.iz.or.at<br />
www.vienna5unaoc.org<br />
Barbara hämmerle<br />
Öffentlichkeitsarbeit, und<br />
Gertraud Illmeier<br />
Internationale Initiativen<br />
im Verein Interkulturelles Zentrum<br />
engagierte junge leute aus der ganzen Welt diskutierten beim Youth event in Wien über Migration, Religion, Medien und Integration.<br />
© BMeiA<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at<br />
19
s e RVI ce<br />
© ADA<br />
PeRsoNalIa<br />
die <strong>Österreichische</strong> entwicklungszusammenarbeit<br />
in Moldau<br />
v. l. n. r.: Gerhard schaumberger, Veronica scurtu, constantin Mihailescu,<br />
tatiana Zbanca, Ion buruiana<br />
Gerhard Schaumberger<br />
übernahm im Mai 2012 die Leitung des Koordinationsbüros in Tatiana Zbanca<br />
Moldau. Er absolvierte die Studien Kommunikation und Soziologie<br />
in Salzburg sowie Internationale Beziehungen in den Nieder-<br />
2009 und seit 2012 wieder als Programmreferentin der Ös<br />
arbeitete von der Eröffnung des Koordinationsbüros 2005 bis<br />
landen. Die Arbeit für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa führte ihn nach Kirgisien, für das Hilfswerk Schwerpunkte liegen auf Berufsbildung und Sozialem. Ihre Beterreichischen<br />
<strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> in Chisinau. Ihre<br />
Austria war er in Zentralasien tätig. Bei der Austrian Development rufslaufbahn begann mit einem Förderprojekt für Klein- und Mittelbetriebe<br />
der damaligen Deutschen Gesellschaft für Technische<br />
Agency (ADA) war er zunächst Teil des Evaluierungsteams. Anschließend<br />
leitete er bis 2010 das Koordinationsbüro in Montenegro.<br />
Danach sammelte Gerhard Schaumberger bei der Deutschen Österreichisch-Deutschen Wirtschaftszentrum und an der Deut-<br />
Zusammenarbeit in Moldau. Außerdem <strong>ist</strong> Tatiana Zbanca im<br />
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Programmerfah- schen Botschaft in Chisinau tätig.<br />
rung in Afghan<strong>ist</strong>an.<br />
Veronica Scurtu<br />
Constantin mihailescu<br />
arbeitet seit 2011 als admin<strong>ist</strong>rative Leiterin im Koordinations<strong>ist</strong><br />
seit 2011 im Koordinationsbüro für den <strong>Wasser</strong>- und Abwas- büro. Nach ihrem Masterstudium in deutscher Philologie war<br />
sersektor zuständig. 1998 habilitierte sich der promovierte Hyd- sie als Hochschullektorin tätig. Veronica Scurtu begründete das<br />
rologe und Quartärgeologe in Umweltschutz an der Universität deutsche Kulturzentrum in Chisinau mit und <strong>ist</strong> seit 2010 bei der<br />
Moskau. Nach einer Zeit als Berater des moldauischen Parlaments <strong>Österreichische</strong>n Botschaft Chisinau angestellt.<br />
war er vier Jahre Umweltreferent in einem Projekt von USAID.<br />
2004 bis 2008 gehörte er als Min<strong>ist</strong>er für Umwelt und natürliche Ion Buruiana<br />
Ressourcen der Regierung Moldaus an. Anschließend engagierte stieß nach einigen Jahren bei USAID 2008 als Fahrer zum östersich<br />
Constantin Mihailescu als Umweltexperte in Projekten zur reichischen Team.<br />
Regionalentwicklung in Moldau.<br />
impressum<br />
medieninhaber, herausgeber und Verleger: Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>,<br />
Zelinkagasse 2, 1010 Wien, Österreich, oeza.info@ada.gv.at, www.entwicklung.at, DVR 0000060. Konzept, Gestaltung und<br />
Produktion: Grayling Austria GmbH. Redaktion: Doris Gebru-Zeilermayr (F.d.I.v.), Claudia Gruber, Manuela Gutenbrunner, Sabine Krings.<br />
Titelfoto: africa924/Shutterstock.com. Layout: design:ag, Alice Gutlederer. Druck: AV+Astoria, 1030 Wien. Verlagsort: 1010 Wien.<br />
März 2013. Die Weltnachrichten sind kostenlos. Bestellung: oeza.info@ada.gv.at oder www.entwicklung.at (Newsletter abonnieren). Die<br />
einzelnen Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung des Herausgebers wider. Für den Inhalt der Beiträge sind die jeweils genannten<br />
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Unternehmens: Die ADA <strong>ist</strong> durch das EZA-Gesetz 2002 (i.d.g.F.) mit der Erarbeitung und Abwicklung von Maßnahmen der staatlichen <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> betraut. Sie orientiert sich an den<br />
Zielen der Armutsminderung, der Friedenssicherung und der Erhaltung der Umwelt. Die ADA trägt damit zur Erfüllung des entwicklungspolitischen Auftrags Österreichs im Rahmen des Dreijahresprogramms<br />
und im Gleichklang mit der internationalen Gemeinschaft bei. Gesellschafter: Republik Österreich 100 %. Offenlegung der Blattlinie gemäß § 25, abs. 4 mediengesetz: „Weltnachrichten.<br />
Informationen der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong>“ vermitteln Informationen aus dem Bereich der <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> und der internationalen Entwicklungspolitik und richten<br />
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20<br />
weltnachrichten 1/13 | www.entwicklung.at