Künstlich Ausgezeichnet Tanzschritte - Ensuite
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artensuite Schweizer Kunstmagazin Februar 2011 | 4<br />
Yves Netzhammer,<br />
Das Reservat der<br />
Nachteile, Installationsarbeit<br />
mit<br />
Objekten, Vorhang<br />
und Filmen, 2010,<br />
Installationsansicht<br />
im Kunstmuseum<br />
Bern. Courtesy<br />
Yves Netzhammer<br />
und Galerie Anita<br />
Beckers, Frankfurt<br />
am Main. Foto:<br />
Dominique Uldry<br />
Unbehagliche Welten<br />
Von Manuela Reissmann<br />
Bild rechts:<br />
Yves Netzhammer,<br />
Videostills aus Die<br />
Subjektivierung der<br />
Wiederholung. Projekt<br />
B, 2007, Raumobjekt,<br />
Bodenrelief,<br />
Deckenbemalung,<br />
Projektionen,<br />
ca. 6,5 x 5 x 10 m,<br />
Kunstmuseum Bern,<br />
Ankauf Stiftung GegenwART.<br />
Courtesy<br />
Yves Netzhammer<br />
und Galerie Anita<br />
Beckers, Frankfurt<br />
am Main<br />
■ Die aktuelle Ausstellung von Yves<br />
Netzhammer im Kunstmuseum Bern<br />
mit dem Titel «Das Reservat der<br />
Nachteile» ist geprägt von einer beklemmenden,<br />
geheimnisvollen Atmosphäre.<br />
Eine raumgreifende Installation<br />
beherrscht den grossen Saal<br />
im Erdgeschoss, der jedoch kaum<br />
als Ganzes wahrnehmbar ist. Mit<br />
leisem Surren oder lauterem Klacken<br />
schliessen und öffnen sich schwarze<br />
Vorhänge mal ganz zögerlich, dann<br />
wieder sehr schnell, versperren unvermittelt<br />
Wege oder geben neue Blicke<br />
auf den Raum frei. Dazwischen<br />
befinden sich surrealistisch erscheinende<br />
Objekte, wie ein hausähnliches<br />
Gebilde, das auf drei Holzstühlen<br />
ruht. Das spärliche Licht der an<br />
Yves Netzhammer. Das Reservat der Nachteile<br />
Bis 27. Februar<br />
Die Subjektivierung der Wiederholung, Projekt B<br />
Bis auf Weiteres<br />
Kunstmuseum Bern, Hodlerstrasse 8–12, 3000 Bern<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
Geöffnet Dienstag 10:00–21:00 h, Mittwoch bis Sonntag 10:00–<br />
17:00 h<br />
Bis 27. Februar / Mit Katalog<br />
langen Kabeln hängenden Glühlampen und die teilweise ins Unerträgliche<br />
gesteigerte Dramatik der trostlosen Tonkulisse von Bernd Schurer verstärken<br />
das Gefühl eines unbehaglichen Traums.<br />
Die Installation erweitert die Bildwelten der Filme Netzhammers ins<br />
Dreidimensionale. In ihrem Zentrum befindet sich das Video «Dialogischer<br />
Abrieb», das eigens für diese Ausstellung entstand. In zwei Nebenräumen<br />
werden die Filme «Die Möbel der Proportionen» (2008) und «Adressen unmöglicher<br />
Orte» (2009) gezeigt. Die Computeranimationen entführen den<br />
Betrachter in einen bildnerischen Kosmos, der existentielle Fragen aufwirft.<br />
Gegenstände und Figuren sind stilisiert, auf Wesentliches reduziert und in<br />
unvorhersehbarer Weise miteinander verbunden. Im Fluss der Handlung ändern<br />
sie ihre Identität, nehmen eine andere Gestalt an. Gewalt der Menschen<br />
untereinander und gegenüber ihrer Umwelt, Einsamkeit, Verletzbarkeit, aber<br />
auch Annäherung sind Themen, die Netzhammer über anonyme Figuren in<br />
distanzierter Haltung und im Spiel mit Widersprüchen und Brüchen aufgreift.<br />
Das Resultat fasziniert im gleichen Masse, wie es schaudern lässt.<br />
Einen weiteren Teil der Ausstellung bildet die beeindruckende Arbeit «Die<br />
Subjektivierung der Wiederholung, Projekt B» (2007), in der Netzhammer<br />
ebenfalls Video und Installation miteinander verknüpft. Zuerst wurde sie<br />
an der Documenta 12 in der Karlskirche in Kassel gezeigt. Von der Stiftung<br />
GegenwART für das Kunstmuseum Bern angekauft und durch den Künstler<br />
an den neuen Ausstellungsort angepasst, wird sie bereits seit Mai 2010 für<br />
voraussichtlich fünf Jahre präsentiert. Im Zentrum der Installation steht ein<br />
grosser Baum, begleitet von runden Projektionsflächen, die wie überdimensionierte<br />
Seifenblasen oder Glaskugeln typische Motive der netzhammerschen<br />
Videosequenzen reflektieren. Die Seitenwände bilden Spiegelflächen, wodurch<br />
die Betrachter in die Szenerie einbezogen werden. Dieserart wird Netzhammers<br />
fiktiver Bildkosmos mit der realen Aussenwelt verschränkt und die<br />
Befragung menschlichen Handelns intensiviert. Diese Weiterentwicklung<br />
von Netzhammers ursprünglich auf Computeranimationen ausgerichtetem<br />
Werk rundet die aktuelle Ausstellung eindrucksvoll ab.