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Künstlich Ausgezeichnet Tanzschritte - Ensuite

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der Stichwortsuche «Guernica» verwendet,<br />

es aber digital bearbeitet, so<br />

dass nun nur noch ein camouflageähnliches,<br />

repetitives Muster sichtbar<br />

ist. Der ursprüngliche Inhalt sowie<br />

der Kontext des Gemäldes – der<br />

spanische Bürgerkrieg – wurden dadurch<br />

ausgeblendet. Versuchtest du<br />

mit «Razzle Dazzle» Picassos Gemälde<br />

zu aktualisieren?<br />

Ich bin mit den grünen Nachtsichtbildern<br />

aus dem ersten amerikanischen<br />

Golfkrieg aufgewachsen.<br />

Diese Bilder wollen die Illusion eines<br />

menschlichen und technisch perfekten<br />

Krieges visualisieren. Ein Krieg,<br />

der genau da hinzielt und trifft, wo<br />

er auch soll. Paradoxerweise sieht<br />

man aber vom tatsächlichen Krieg<br />

immer wie weniger. Die Lehren aus<br />

dem PR-Desaster Vietnamkrieg wurden<br />

also umfassend gezogen. Man<br />

sieht nun bei Wikileaks, wie man<br />

verfolgt wird, wenn man unliebsame<br />

Enthüllungen macht. Und damit<br />

meine ich auch das Video mit dem<br />

Helikopterangriff auf irakische Zivilisten.<br />

Dieses Video hat den Camouflage-Schleier für einmal gehoben.<br />

Die Arbeit ist ein Versuch, über die Macht der Bilder an sich und deren<br />

Gebrauch sowie Instrumentalisierung nachzudenken.<br />

Der heutige Zugang zum Krieg aus europäischer Sicht ist ein anderer als<br />

zu den Zeiten von Picasso. Man kann wohl sagen abstrakter: Die Deutschen<br />

wissen nicht, ob sie im Krieg sind oder nicht. Verfechter des Liberalismus<br />

erheben protektionistische Zollgebühren. Der Muslim wird pauschal zum Islamist.<br />

Demokratie wird zum Synonym von Freiheit. Der Gutmensch zum<br />

Schlechtmensch und der Schlechtmensch zum Gutmensch.<br />

Trotz deiner sehr formalistischen Arbeitsweise scheint Kunst für dich<br />

nicht isoliert zu existieren, sondern im Spannungsfeld von gesellschaftlichen<br />

und politischen Kontexten.<br />

Für mich reagiert Kunst immer formal auf die Welt. Ich kenne keine Kunst<br />

ausserhalb der Form. Meine Arbeit ist im bestmöglichen Fall Kunst. Trifft<br />

dies zu, stellt sich die Frage nicht, weil Kunst sich immer in diesem Spannungsfeld<br />

befindet.<br />

Hinsichtlich meiner angeblich formalen Arbeitsweise ein kurzes Beispiel:<br />

Jochen und Kevin bekommen die Aufgabe, einen Baum zu zeichnen. So zeichnet<br />

Jochen einen Baum, wie man sich das vorstellt. Eine Krone, Stamm, Ast<br />

und Wurzeln. Kevin aber einen Kreis in der Mitte des Blattes und einen<br />

Strich, der von oben links in den Kreis führt und einen Strich von unten<br />

rechts in den Kreis. Wer hat den Baum besser dargestellt? Vielleicht sollte<br />

Kevin Biologe werden, sofern ihm das seine bildungsfernen Eltern ermöglichen<br />

können.<br />

Fabio Pirovino,<br />

20th Century<br />

Fox, in Memory<br />

of Thomas Knoll,<br />

Installationsansicht<br />

Coalmine Fotogalerie,<br />

Winterthur,<br />

2010<br />

Bild links:<br />

Stabeng, Digitale<br />

Collage, Inkjetprint<br />

auf Alu, Gerahmt,<br />

150 cm x 100 cm,<br />

2008, Courtesy der<br />

Künstler und Abbt<br />

Projects<br />

artensuite Schweizer Kunstmagazin Februar 2011 | 15

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