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16<br />

<strong>artensuite</strong><br />

Agnés Thurnauer<br />

Portraits Grandeur<br />

Nature, 2007-2009<br />

Résine et peinture<br />

époxy - diam: 120 cm<br />

Jnf Productions<br />

© ADAGP, Paris, 2009.<br />

Ladies first<br />

Von Sylvia Mutti<br />

elles@centrepompidou<br />

Centre Pompidou,<br />

Place Georges Pompidou,<br />

Paris. Geöffnet<br />

11:00-21:00 h,<br />

Donnerstag 11:00-<br />

23:00 h, Dienstag<br />

geschlossen. Bis 23.<br />

Mai 2010.<br />

n Jacqueline Pollock, Joséphine Beuys,<br />

La Corbusier oder gar Miss van<br />

der Rohe: Wie hätte sich die Kunst<br />

wohl entwickelt, wären die führenden<br />

Köpfe den Schultern eines weiblichen<br />

Körpers entwachsen? Hätten<br />

sie überhaupt die höheren Weihen der<br />

Kunstgeschichte erfahren? Die augenfällige<br />

Installation der Französin<br />

Agnès Thurnauer mit den klingenden<br />

Namen auf überdimensionalen, farbigen<br />

Buttons geleitet die Betrachter<br />

wie ein programmatischer Monolith<br />

an die Schwelle zu den neu konzipierten<br />

Sammlungsräumen des Centre<br />

Pompidou in Paris: Für die Dauer<br />

von fünfzehn Monaten wurde ein<br />

komplettes Stockwerk leer geräumt<br />

und mit Exponaten von ausschliesslich<br />

weiblichen Kunstschaffenden<br />

aus der hauseigenen Sammlung bestückt.<br />

Die aussergewöhnliche Schau<br />

«elles@centrepompidou» vereint in<br />

einem chronologischen wie auch thematischen<br />

Rundgang etwa fünfhundert<br />

Arbeiten von über zweihundert<br />

Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts<br />

bis heute – ein vibrierendes Konglomerat<br />

unterschiedlichster künstlerischer<br />

Ausdrucksweisen, ein schier<br />

unüberblickbares, buntes Sammelsurium<br />

von Interessen und Positionen.<br />

So löblich die Absichten, dem weiblichen<br />

Kunstschaffen einen Raum zu<br />

geben auch sein mögen (und dieser<br />

ist mit rund 8000 Quadratmetern<br />

Ausstellungsfläche nicht gerade<br />

knapp bemessen), kann man sich<br />

dennoch des Eindrucks nicht erwehren,<br />

dass Künstlerinnen auch primär<br />

feminin geprägte Kunst schaffen<br />

würden, eine nicht gerade aktuelle<br />

Lesart, die vom Hängungskonzept<br />

begünstigt wird, gerät die Kunst<br />

doch gleich zu Beginn des Rundgangs<br />

ins Visier feministischer Aktionskunst.<br />

Während in unmittelbarer<br />

Nähe des Centre Pompidou Nikki de<br />

Saint Phalles Nanas in rundlicher Behäbigkeit<br />

Jean Tinguelys Fontäne bevölkern,<br />

erinnert ein Schiessbild aus<br />

dem Jahre 1961 an ihr gewaltsames<br />

Eindringen in die männlich geprägte<br />

Domäne des Action painting. Wenn<br />

Orlan im Verlauf der 1970er Jahre in<br />

ihren Performances «MesuRages»<br />

mit ihrem Körper in erniedrigender<br />

Pose auf allen Vieren Ausstellungsinstitutionen<br />

und Strassen, die den<br />

Namen berühmter Männer tragen,<br />

durchmisst, oder wenn Marina Abramovich<br />

in der Videoarbeit «Art must<br />

be beautiful» (1975) «artist must be<br />

beautiful» sagt und sich dabei bis<br />

zur Erschöpfung und blutigen Kopfhaut<br />

die Haare bürstet, offenbaren<br />

sich die gesellschaftlichen Leitplanken<br />

und Zwänge, denen weibliche<br />

Kunstschaffende ausgesetzt sind.<br />

Zwar kann heute die provokative<br />

Frage der unter Affenmasken verborgenen<br />

Guerilla Girls «Do women<br />

have to be naked to get into the Met.<br />

museum?» (1989) angesichts der Fülle<br />

an vielfältigen Exponaten getrost<br />

mit «nein» beantwortet werden. Gerade<br />

in den neu aufkommenden, von<br />

männlicher Dominanz weitgehend<br />

unbelasteten Medien Video und Fotografie,<br />

gelang es Künstlerinnen,<br />

sich ein experimentelles Spielfeld zu<br />

erschliessen – paradoxerweise wiederum<br />

zur Inszenierung des nackten<br />

weiblichen Körpers, dies allerdings<br />

als Selbstbetrachtung und Befreiung<br />

von Konformität. Während sich Carolee<br />

Schneemann anlässlich der Gruppenperformance<br />

«Meat Joy» (1964)<br />

zwischen Erotik und Ekel in rohem<br />

Fleisch, Farbe und Papier wälzt oder<br />

<strong>artensuite</strong> November Nr. 11 | 09

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