April 1/2004 - EJPD - admin.ch
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diesem Berei<strong>ch</strong> haben die Entwicklungen<br />
seither mit der Zeit S<strong>ch</strong>ritt halten können.<br />
Im Erwa<strong>ch</strong>senenvollzug<br />
s<strong>ch</strong>lug das Pendel eher auf<br />
die andere Seite: Der Delinquierende<br />
wurde zum<br />
Opfer seiner Umwelt und<br />
der Gesells<strong>ch</strong>aft erklärt,<br />
oder er wurde als Kranker qualifiziert; damit<br />
wurde ihm ein grosser Teil der Verantwortung<br />
für seine Taten entzogen. Besonders<br />
die A<strong>ch</strong>tzigerjahre waren von relativ<br />
milden Freiheitsstrafen für s<strong>ch</strong>were Verbre<strong>ch</strong>en<br />
geprägt. Heute s<strong>ch</strong>lägt das Pendel<br />
wieder zurück: Sti<strong>ch</strong>wort Verwahrungsinitiative.<br />
Insgesamt hat si<strong>ch</strong> aber die<br />
Re<strong>ch</strong>tsstellung der Inhaftierten verbessert.<br />
Qualitätsförderung und -kontrolle<br />
Qualität und Qualitätssi<strong>ch</strong>erung ist Ihnen<br />
ein wi<strong>ch</strong>tiges Anliegen. Auf wel<strong>ch</strong>en Gebieten<br />
der Subventionstätigkeit konnten Sie<br />
diesen Anspru<strong>ch</strong> besonders gut verwirkli<strong>ch</strong>en?<br />
P.S<strong>ch</strong>.: Die Qualität der Heimerziehung zu<br />
erhöhen, ist ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> mein persönli<strong>ch</strong>es<br />
Anliegen, sondern Auftrag des Gesetzgebers.<br />
Beim ersten Paket der Aufgaben-<br />
Neuverteilung zwis<strong>ch</strong>en Bund und Kantonen<br />
beabsi<strong>ch</strong>tigte der Bundesrat, si<strong>ch</strong> aus der<br />
stationären Jugendhilfe zurückzuziehen.<br />
Das Parlament ents<strong>ch</strong>ied jedo<strong>ch</strong> anders und<br />
beauftragte den Bund, mit seinen Subventionen<br />
die Koordination im Heimberei<strong>ch</strong> zu<br />
übernehmen und die Qualität der Heime zu<br />
erhöhen. Indem die Sektion Straf- und<br />
Massnahmenvollzug Qualität fordert, fördert<br />
und si<strong>ch</strong>ern will, erfüllt sie den gesetzli<strong>ch</strong>en<br />
Auftrag.<br />
«Die Re<strong>ch</strong>tsstellung der<br />
Inhaftierten hat si<strong>ch</strong><br />
verbessert.»<br />
einfa<strong>ch</strong>e Kontrollme<strong>ch</strong>anismen in die Überprüfung<br />
einbauen. Vor allem aber wollen<br />
wir das Verfahren neu gestalten: Wir werden<br />
den operativen Berei<strong>ch</strong><br />
vermehrt den kantonalen<br />
Verbindungsstellen<br />
überlassen und uns stärker<br />
auf der strategis<strong>ch</strong>en<br />
Ebene engagieren. Ob dies<br />
konkrete Auswirkungen über den Heimberei<strong>ch</strong><br />
hinaus haben wird, ist s<strong>ch</strong>wer vorauszusagen,<br />
jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ausges<strong>ch</strong>lossen.<br />
„Jugendknast“ ist die fals<strong>ch</strong>e Antwort<br />
Im Zusammenhang mit der Jugendgewalt<br />
ist oft der Ruf na<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>lossenen Unterbringungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
zu hören. Werden<br />
aus Heimen zunehmend „Jugendknäste“?<br />
P.S<strong>ch</strong>.: Dies ist eine der Antworten auf Jugendgewalt<br />
und Jugendkriminalität, die<br />
Jugendri<strong>ch</strong>terinnen und Jugendri<strong>ch</strong>ter sowie<br />
einweisende Stellen heute geben wollen.<br />
Für mi<strong>ch</strong> ist es die fals<strong>ch</strong>e. Das heisst ni<strong>ch</strong>t,<br />
dass i<strong>ch</strong> eine Unterbringung im ges<strong>ch</strong>lossenen<br />
Rahmen ablehne. I<strong>ch</strong> selbst wurde vor<br />
bald zwanzig Jahren im „Blick“ angegriffen,<br />
weil i<strong>ch</strong> bei der Eröffnung einer ges<strong>ch</strong>lossenen<br />
Anstalt für Na<strong>ch</strong>erziehung Freude darüber<br />
geäussert hatte.<br />
„Ges<strong>ch</strong>lossen“ darf ni<strong>ch</strong>t Eins<strong>ch</strong>luss in einer<br />
Zelle, sondern muss Offenheit im Innern<br />
der Einri<strong>ch</strong>tung bedeuten. Ein Weglaufen<br />
aus der Institution soll verhindert werden,<br />
damit si<strong>ch</strong> die Jugendli<strong>ch</strong>en dem Betreuungsangebot<br />
der sozialpädagogis<strong>ch</strong> Tätigen<br />
ni<strong>ch</strong>t entziehen können. Dies ist die heutige<br />
Anforderung an eine ges<strong>ch</strong>lossene Erziehungseinri<strong>ch</strong>tung,<br />
wenn diese subventioniert<br />
werden soll.<br />
Sie haben in den letzten Monaten ein<br />
Projekt „Neue Subventionspraxis“ (NSP)<br />
aufgegleist. Was ist daran neu, und wird<br />
si<strong>ch</strong> diese Neuausri<strong>ch</strong>tung über den Heimberei<strong>ch</strong><br />
hinaus auswirken?<br />
P.S<strong>ch</strong>.: Wir mussten feststellen, dass die<br />
zur Zeit der Anerkennung eines Heimes<br />
geforderte Qualität ni<strong>ch</strong>t immer beibehalten<br />
wird. Das Projekt NSP will nun die Qualitätssi<strong>ch</strong>erung<br />
institutionalisieren. Mit vermehrten<br />
Kontrollen wäre das zwar am besten<br />
mögli<strong>ch</strong>, do<strong>ch</strong> fehlen uns dafür die<br />
personellen Ressourcen. Daher werden wir<br />
Im Übrigen bleibe i<strong>ch</strong> davon überzeugt,<br />
dass Jugendkriminalität primär mit fals<strong>ch</strong>er<br />
Erziehung und gestörter Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
zu tun hat. Das Jugendstrafre<strong>ch</strong>t<br />
stellt denn au<strong>ch</strong> den Täter in den<br />
Mittelpunkt und ni<strong>ch</strong>t die Tat. Mit der neu<br />
ins Jugendstrafgesetz aufgenommenen<br />
vierjährigen Freiheitsstrafe gerät diese Maxime<br />
allerdings ins Wanken. Unnötig zu<br />
betonen, dass i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> in der damaligen<br />
Expertenkommission gegen diese Strafe<br />
ausgespro<strong>ch</strong>en habe.<br />
Seite 4 info bulletin info 1/<strong>2004</strong>