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April 1/2004 - EJPD - admin.ch

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IN EIGENER SACHE<br />

„MINDERHEITEN SOLLEN NICHT UNTER DIE RÄDER GERATEN“<br />

Priska S<strong>ch</strong>ürmann zieht si<strong>ch</strong> aus dem Berufsleben zurück<br />

Mehr als 30 Jahre lang hat Dr. Priska<br />

S<strong>ch</strong>ürmann in der Sektion Straf- und<br />

Massnahmenvollzug des Bundesamts<br />

für Justiz (BJ) gewirkt, davon gut 15<br />

Jahre als deren Chefin. Auf ihrem Arbeitsgebiet<br />

hat sie in dieser Zeit viele<br />

Entwicklungen miterlebt und mitgeprägt.<br />

Am 1. Mai <strong>2004</strong> übergibt sie den<br />

Stab ihrem Na<strong>ch</strong>folger, Walter Troxler.<br />

Wir fragten Priska S<strong>ch</strong>ürmann na<strong>ch</strong> Erfolgen,<br />

Erfahrungen und Einsi<strong>ch</strong>ten.<br />

Peter Ullri<strong>ch</strong> *<br />

Priska S<strong>ch</strong>ürmann - ganz kurz<br />

1944 in Olten geboren<br />

S<strong>ch</strong>ulen in Olten, Handelsmatura<br />

Studium der Wirts<strong>ch</strong>aftswissens<strong>ch</strong>aften,<br />

Soziologie (Hauptfa<strong>ch</strong>) und Psy<strong>ch</strong>ologie<br />

an der Universität Bern; Abs<strong>ch</strong>luss<br />

als Dr.rer.pol.<br />

Ab 1973 Sa<strong>ch</strong>bearbeiterin in der Sektion<br />

Straf- und Massnahmenvollzug des<br />

BJ<br />

Ab 1977 Stellvertreterin des Sektions<strong>ch</strong>efs<br />

Ab 1987 bzw. 1989 Chefin der Sektion<br />

Straf- und Massnahmenvollzug<br />

Vorsitzende des Fa<strong>ch</strong>auss<strong>ch</strong>usses für<br />

Modellversu<strong>ch</strong>e<br />

Mitglied der Expertenkommission Kriminalstatistik<br />

des Bundesamts für Statistik<br />

Mitglied des Stiftungsrates des<br />

S<strong>ch</strong>weiz. Ausbildungszentrums für das<br />

Strafvollzugspersonal<br />

Mitglied des Europaratskomitees der<br />

Leiter der Strafvollzugs-Verwaltungen<br />

* Dr. Peter Ullri<strong>ch</strong> ist Redaktor des info bulletin. Er<br />

führte das Interview mit Dr. Priska S<strong>ch</strong>ürmann.<br />

info bulletin: Frau S<strong>ch</strong>ürmann, Sie haben<br />

si<strong>ch</strong> fast Ihr ganzes Berufsleben lang<br />

mit Fragen des Straf- und Massnahmenvollzugs<br />

befasst. Woher kommt die Faszination<br />

für dieses Thema?<br />

P.S<strong>ch</strong>.: Während meines Studiums der<br />

Volkswirts<strong>ch</strong>aft und der Sozialwissens<strong>ch</strong>aften<br />

habe i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> mit Hitlers Rassengesetzen<br />

im Dritten Rei<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt, also jenen<br />

„Re<strong>ch</strong>tsgrundlagen“, wel<strong>ch</strong>e die Verni<strong>ch</strong>tung<br />

der jüdis<strong>ch</strong>en Bevölkerung in Europa<br />

zum Ziele hatten. Die Juden waren damals<br />

eine Minderheit, wie es in jeder Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

deren vers<strong>ch</strong>iedene gibt. Straffällige und<br />

s<strong>ch</strong>wer erziehbare Kinder – wie gewisse<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e vor dreissig Jahren no<strong>ch</strong> genannt<br />

wurden – gehören ebenfalls zu den<br />

Minderheiten und stehen oft auf der S<strong>ch</strong>attenseite<br />

des Lebens. Meine Diplomarbeit<br />

s<strong>ch</strong>rieb i<strong>ch</strong> über die Resozialisierung von<br />

Strafgefangenen. Dazu habe i<strong>ch</strong> ein Dutzend<br />

Männer zu ihrem Erleben im Strafvollzug<br />

befragt.<br />

Das Studium hat mir gezeigt, wie der Staat<br />

mit s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en Mitgliedern seiner Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

zum Teil verni<strong>ch</strong>tend umgehen kann.<br />

Mein berufli<strong>ch</strong>es Ziel war, auf staatli<strong>ch</strong>er<br />

Ebene dazu beizutragen, dass Minderheiten<br />

ni<strong>ch</strong>t unter die Räder geraten.<br />

Bessere Stellung der Gefangenen<br />

Als Sie 1973 ins Bundesamt für Justiz<br />

eintraten, sah die Welt no<strong>ch</strong> anders aus,<br />

au<strong>ch</strong> im Justizvollzug. Wo erkennen Sie die<br />

Hauptunters<strong>ch</strong>iede zu heute?<br />

P.S<strong>ch</strong>.: Die Re<strong>ch</strong>te der Eingewiesenen waren<br />

damals eher kleinges<strong>ch</strong>rieben, Strafvollzug<br />

bedeutete teilweise au<strong>ch</strong> Entmündigung.<br />

Der Aufbru<strong>ch</strong> in den Jahren um 1968<br />

hatte no<strong>ch</strong> wenig Nieders<strong>ch</strong>lag im Vollzug<br />

gefunden. In den Erziehungsheimen war die<br />

Entwicklung jedo<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on voll im Gange,<br />

und die Forderungen der damaligen Kritiker<br />

(„Heimkampagne“) zum Teil umgesetzt. In<br />

info bulletin info 1/<strong>2004</strong> Seite 3

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