Der WählerInnenwille - Multiple Choices
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<strong>Der</strong> <strong>WählerInnenwille</strong> aus unterschiedlicher Perspektive<br />
Igor Mitschka (15),<br />
Obmann SchülerInnenverein<br />
„Coole Schule“<br />
Für mich bedeutet der <strong>WählerInnenwille</strong> das Ergebnis einer Wahl, aus dem<br />
sich ableiten lässt, welche Parteien von den meisten WählerInnen bevorzugt<br />
wurden und somit eine Regierung bilden sollten. Grundsätzlich kann man aber<br />
nicht von „dem Wählerwillen“ sprechen, denn auch die stärksten Parteien<br />
wurden nicht von allen WählerInnen gewählt und entsprechen somit nicht dem<br />
Willen aller WählerInnen. Außerdem ist es wichtig, den sogenannten „Wählerwillen“<br />
nicht mit der Einstellung der ganzen Bevölkerung zu verwechseln, da<br />
viele Menschen gar nicht mehr wählen gehen und andere nicht wählen dürfen<br />
(z.B. Kinder und Jugendliche unter 16).<br />
Manfried Welan,<br />
emeritierter Professor<br />
für Rechtslehre,<br />
Universität für<br />
Bodenkultur Wien<br />
<strong>WählerInnenwille</strong> ist nicht Volkswille. Volk ist mehr und anderes als die WählerInnen.<br />
Demokratie ist nicht Identität von Herrschern und Beherrschten. Es gibt<br />
Fiktionen der Demokratie. Darüber ist aufzuklären.<br />
Gibt es den <strong>WählerInnenwille</strong>n? Was ist der <strong>WählerInnenwille</strong>? PolitikerInnen<br />
und andere, die sich mit Politik beschäftigen, meinen ihn zu kennen. Daher<br />
muss man diese befragen. Ich kann die Frage besonders beim Verhältniswahlsystem<br />
nur ausnahmsweise bei bestimmten Wahlergebnissen beantworten.<br />
Anton Pelinka,<br />
Politologe, Central<br />
Eastern University<br />
Budapest<br />
<strong>Der</strong> <strong>WählerInnenwille</strong> ist ein oberflächliches Konstrukt, das in der Politischen Bildung<br />
nur verwendet werden sollte, um es zu de-konstruieren. Da es „den<br />
Wähler“ oder „die Wählerin“ nicht gibt, gibt es auch nicht „den Wählerwillen“.<br />
Es gibt – äußerstenfalls – den Willen der urbanen, besser gebildeten Frauen<br />
unter 35; oder den Willen der Bergbauern, oder den Willen der oststeirischen<br />
Pensionisten: in Form der Präferenzen einer signifikanten Mehrheit dieser einzelnen<br />
Segmente der Gesellschaft. Wer mit dem „Wählerwillen“ argumentiert,<br />
demonstriert entweder analytische Hilflosigkeit oder die Absicht, eine komplexe<br />
Wirklichkeit durch eine unzulässige Vereinfachung zu vernebeln.<br />
Ja<br />
Sieglinde Rosenberger,<br />
Politologin, Universität<br />
Wien<br />
Den <strong>WählerInnenwille</strong>n gibt es nicht, er ist als Aggregat von Meinungen, Strategien,<br />
Präferenzen ein Artefakt. Aber da gewählte PolitikerInnen sich fallweise<br />
auf ihn berufen, ihn je nach Interessenslage interpretieren, gibt es ihn dann<br />
doch – nämlich als Konstrukt zur Legitimation von partikularen Forderungen<br />
oder Entscheidungen. <strong>Der</strong> Hinweis auf den <strong>WählerInnenwille</strong>n ist also primär<br />
als eine politische Kommunikationsstrategie zu lesen.<br />
Johanna Rachinger,<br />
Generaldirektorin der<br />
Österreichischen<br />
Nationalbibliothek<br />
„Wählerwille“ ist der wesentliche Begriff zur Legitimation unserer demokratischen<br />
Staatsform. Er vermittelt den Eindruck, dass der Wille, die Entscheidung<br />
jeder Staatsbürgerin/jedes Staatsbürgers, sofern sie/er wahlberechtigt ist und<br />
zur Wahl geht, das Geschick unserer Gesellschaft bestimmt oder zumindest mitbestimmen<br />
kann.<br />
Dies ist eine sehr vereinfachte Vorstellung. Bei genauerer Betrachtung allerdings<br />
ist der „Wählerwille“ kein linearer Begriff. Dahinter stehen die sehr unterschiedlichen<br />
Wahlordnungen, ob etwa eine Präsidentin/ein Präsident direkt gewählt<br />
wird oder Parteien für das Parlament. Dahinter steht auch die ganze komplexe<br />
Struktur einer parlamentarischen Demokratie, wo die WählerInnen immer nur<br />
eine Partei mit mehr oder weniger vagem Programm wählen und nur ganz selten<br />
direkt Sachfragen entscheiden können; vom enormen Einfluss der Medien<br />
einmal ganz abgesehen. Es ist also letztendlich ein eher fiktiver Begriff, den wir<br />
aber (ge-)brauchen, um unser Vertrauen in die Demokratie aufrechtzuerhalten.<br />
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