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Social Entrepreneurship (2. Jg.) - Die Stiftung

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Special › Dezember 2012 › 8,00 €<br />

www.die-stiftung.de<br />

Special<br />

<strong>Social</strong><br />

<strong>Entrepreneurship</strong> (<strong>2.</strong> <strong>Jg</strong>.)<br />

Wie soziale Unternehmer und Sozialunternehmer die Welt verändern<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility: Chefsache oder Marketinginstrument?<br />

Venture Philanthropy, Impact Investing & Mikrofinanz<br />

Wie geht Gemeinwohl-Ökonomie?


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PROJECT Investment Gruppe · Kirschäckerstraße 25 · 96052 Bamberg · Tel. 0951.91 790 330 · Fax 0951.91 790 333 · info@project-pvg.de<br />

Wichtige Hinweise: <strong>Die</strong>s ist eine Werbemitteilung, die kein öffentliches Angebot und keine Anlageberatung für die Beteiligung an den genannten Fonds darstellt. Eine ausführliche Darstellung des<br />

Beteiligungsangebotes einschließlich der damit verbundenen Chancen und Risiken entnehmen Sie bitte dem alleine verbindlichen veröffentlichten Verkaufsprospekt, den Ihnen Ihr Finanzberater<br />

oder die PROJECT Vermittlungs GmbH gerne kostenlos zuschickt oder aushändigt. Bitte beachten Sie die darin enthaltenen Verkaufsbeschränkungen. Stand September 201<strong>2.</strong>


Editorial | 3<br />

Auch die Gesellschaft mag’s sozial<br />

Wer liest, dass sich 88% der Deutschen<br />

und 90% der Österreicher eine neue Wirtschaftsordnung<br />

wünschen, mag sich<br />

wundern, warum es an den Wochenenden<br />

in den Innenstädten noch so ruhig ist. Bei<br />

einem derart breiten Konsens müssten<br />

eigentlich schon regelmäßig Großdemonstrationen<br />

für eine umfassende Reform der<br />

sozialen Marktwirtschaft stattfinden. Mir<br />

fallen hierfür nur zwei Erklärungen ein:<br />

Entweder leben wir in einer Diktatur, die<br />

solche Meinungsäußerungen mit subtilen<br />

Mitteln unterdrückt. Oder es ist einfach<br />

noch nicht klar, wie eine Alternative aussehen<br />

könnte. Mein Vertrauen in die freiheitlich-demokratische<br />

Grundordnung ist<br />

immer noch groß genug, um zu glauben,<br />

dass Letzteres der Fall ist.<br />

Grund genug für die Redaktion, Ihnen mit<br />

diesem Special Ideen für anderes Wirtschaften<br />

und anderes Investieren vorzustellen.<br />

Bei der Übersetzung von „<strong>Social</strong><br />

<strong>Entrepreneurship</strong>“ haben wir uns eine<br />

kleine Inkonsequenz erlaubt. Selbstverständlich<br />

ist uns bekannt, dass „social“<br />

nicht nur „sozial“, sondern auch „gesellschaft<br />

lich“ bedeutet. Hinter „<strong>Social</strong> Busines<br />

ses“ und „<strong>Social</strong> Responsibility“ stehen<br />

also immer auch Menschen, die positive<br />

gesellschaftliche Veränderungen bezwecken.<br />

Doch dass das Wort „social“ beide<br />

deutsche Begriffe enthält, ist für uns ein<br />

Beleg, wie eng diese zusammenhängen.<br />

Wesentlich schwerer tun sich die Akteure<br />

damit. Manch ein Existenzgründer, der<br />

ein wunderbares Geschäftsmodell für<br />

gesell schaftliche Veränderungen hat,<br />

mag gar nicht als Sozialunternehmer bezeichnet<br />

werden. <strong>Die</strong> Organisation Ashoka<br />

muss hier manchmal regelrecht Überzeugungsarbeit<br />

leisten (ab. S. 14). Vielleicht<br />

machen sich die <strong>Social</strong> Entrepreneure zu<br />

große Sorgen, für idealistische Gutmenschen<br />

ohne tragfähige Konzepte gehalten<br />

zu werden. Gutmenschentum ist auch ein<br />

Problem in der CSR. Es geht dabei nämlich<br />

nicht um die gelegentliche gute Tat in<br />

Form von Geldspenden oder dem berüchtigten<br />

Malertag im Kindergarten. Sondern<br />

darum, bei jeder unternehmerischen Entscheidung<br />

deren gesellschaftliche Auswirkungen<br />

mit zu bedenken. Mehr dazu<br />

ab S. 6.<br />

Das große Interesse an diesen beiden<br />

The men ist vor allem mit einem Trend zu<br />

erklären: Menschen wollen wieder Sinn<br />

stiften. Mit ihrer Arbeitskraft und auch<br />

mit ihrem Vermögen. Optionen hierfür<br />

gibt es reichlich. Seien es nun einfache<br />

Spar einlagen, Impact Investing, Mikrofinanz<br />

oder <strong>Social</strong> Impact Bonds. Was<br />

hinter all diesen Begriffen steckt, erfahren<br />

Sie ab S. 26.<br />

Und dann gibt es sie tatsächlich, die großen<br />

Visionen für eine neue Wirtschaftsordnung.<br />

Wenn Sie sich schon immer<br />

gefragt haben, wie Wohlstand ohne<br />

Wachstum, eine Gemeinwohl-Ökonomie<br />

oder eine globale ökosoziale Marktwirtschaft<br />

möglich sind, werden Sie die<br />

S. 42 bis 49 interessieren.<br />

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche<br />

Lektüre<br />

Ihr<br />

Gregor Jungheim<br />

Redaktionsleiter<br />

P.S.: Auch in diesem Jahr finden Sie im<br />

Heft den <strong>Stiftung</strong>skalender 2013 mit einer<br />

umfangreichen Terminvorschau für das<br />

kommende Jahr.<br />

Herzlichen Dank!*<br />

*) Wir danken unseren Partnern, die die Realisation des Specials „<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>“ ermöglicht haben.


4 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Soziale Unternehmer<br />

6 Denn sie wissen nicht, was sie tun<br />

Warum CSR-Strategien oft genug in Greenwashing<br />

münden – und wie es besser geht<br />

Klaus Fasold, Keep the World Foundation<br />

9 Mehr als „Gutes tun“<br />

Namhafte Unternehmen und ihre CSR-Strategien<br />

12 Konzepte, von denen Milliarden Menschen<br />

profitieren können<br />

Im Gespräch mit Alexandra van der Ploeg, SAP AG<br />

Sozialunternehmer<br />

14 Ein Ökosystem der Innovationen<br />

In Deutschland entwickelt sich eine lebendige<br />

Sozialunternehmer-Szene<br />

Dr. Dominik Domnik, <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> Akademie<br />

16 Von Planeten und Talenten<br />

Wie wir die nächsten Etappen in der Weiterentwicklung<br />

von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> gemeinsam meistern<br />

Laura Haverkamp, Ashoka Deutschland<br />

19 Lieber wir als ihr<br />

Deutschland erlebt die Rückkehr der Selbstversorger<br />

22 <strong>Die</strong> Kasse muss stimmen<br />

Wie kostendeckendes Sozialunternehmertum möglich ist<br />

24 „Eine Frage der Lebensphilosophie“<br />

Im Gespräch mit Dr. Horst Wiesent, SeniVita<br />

Soziale Investoren<br />

26 Geld oder Wirkung?<br />

Eine Orientierungshilfe für die Welt der sozialen<br />

Investitionen Oliver Oehri, CSSP<br />

30 „Reißt die Mauern ein“<br />

Eindrücke von der 8. Jahreskonferenz der European<br />

Venture Philanthropy Association in Dublin<br />

Thomas Schiffelmann, Handicap International<br />

32 Nebenbei die Welt retten?<br />

Impact Investing bringt Wirtschaft und Philanthropie<br />

näher zusammen Martina Erlwein, Berenberg Bank<br />

34 Der Staat zahlt nur, wenn die Gesellschaft profitiert<br />

<strong>Social</strong> Impact Bonds – ein Modell für Deutschland?<br />

Christoph Glaser, Benckiser <strong>Stiftung</strong><br />

36 „Wir sehen große Chancen darin,<br />

die Wirkung zu hebeln“<br />

Im Gespräch mit Dr. Ralph Boch, Hans Sauer <strong>Stiftung</strong><br />

38 In der Normalität angekommen<br />

Ein Blick auf die Mikrofinanz aus der Sicht eines Investors<br />

Michael P. Sommer, Bank im Bistum Essen<br />

40 „Allein mit Spenden sind die Probleme nicht zu beheben“<br />

Im Gespräch mit Matthias Lehnert, Oikocredit Deutschland<br />

Soziale Visionäre<br />

42 Wie weiter nach dem Kapitalismus?<br />

Was Konzepte für Wohlstand ohne Wachstum<br />

bewirken können<br />

44 „Kooperation motiviert Menschen stärker als<br />

Wettbewerb“<br />

Im Gespräch mit Christian Felber, Publizist<br />

46 „Eine Alternative zu unreguliertem Kapitalismus“<br />

Im Gespräch mit Prof. Dr. Franz Josef Radermacher, Global<br />

Marshall Plan Initiative<br />

Service<br />

50 Partner des Specials im Portrait<br />

52 Adressen zum Thema<br />

52 Literatur<br />

54 <strong>Social</strong> Impact fürs Depot – so könnte es gehen<br />

51 Impressum


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Ausgabe 6/12 › November 2012 › 9,90 €<br />

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Engagement unter Aufsicht<br />

Wie Politik und Verwaltung die Zivilgesellschaft ausbremsen<br />

Wie viel Selbstkontrolle <strong>Stiftung</strong>en zulassen<br />

Schwerpunkt: Asset Allocation & Portfoliomanagement<br />

<strong>Die</strong> geplanten Gesetzesänderungen für 2013<br />

Reportagen aus Togo und Haiti


6 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Denn sie wissen nicht, was sie tun<br />

Warum CSR-Strategien oft genug in Greenwashing münden – und wie es besser geht<br />

Von Klaus Fasold<br />

Unternehmen sollen mehr tun<br />

als Gewinne erzielen und<br />

Arbeitsplätze schaffen. Ihre<br />

gesellschaftliche Verantwortung<br />

gebietet, die Idee der Nachhaltigkeit<br />

aufzunehmen und die drei Säulen Ökonomie,<br />

Ökologie und Soziales mit konkretem<br />

unternehmerischem Handeln zu verbinden.<br />

Soweit die Theorie der „Corporate<br />

<strong>Social</strong> Responsibility“ (CSR). Doch<br />

auch wenn der Begriff in aller Munde ist,<br />

sind viele Aktivitäten primär von Marketinginteressen<br />

geleitet. Nur wenige Unternehmen<br />

zeichnen sich durch klare, glaubhafte<br />

Strategien und entsprechende<br />

Umsetzungen aus.<br />

<strong>Die</strong> Einstellungen und die Erwartungen<br />

der Menschen in Deutschland sind<br />

klar und eindeutig: Sie verstehen unter<br />

gesellschaftlicher Verantwortung die Entscheidung<br />

für Unternehmen und Marken,<br />

die sich sozial, kulturell und ökologisch<br />

engagieren. Marke und Moral müssen zu<br />

einer har monischen Einheit zusammenwachsen.<br />

Denn Menschen differenzieren<br />

nicht zwischen Produktwelt und Corporate<br />

Image.<br />

<strong>Die</strong> Verbraucher sind<br />

anspruchsvoller geworden<br />

Marktforschungsstudien gehen davon<br />

aus, dass künftig jeder zweite Konsument<br />

Unternehmen und Marken unter diesen<br />

Aspekten hinterfragen wird. Laut der<br />

weltweiten Good Purpose Studie 2012 des<br />

PR-Unternehmens Edelman erwarten 87%<br />

der befragten Verbraucher von Unternehmen<br />

gesellschaftliches Engagement, nur<br />

15% sind allerdings der Meinung, dass<br />

Unternehmen bereits dementsprechend<br />

handeln.<br />

In unserer mehr und mehr zusammenwachsenden<br />

Welt wird also von<br />

jedem Unternehmen zu Recht mehr<br />

erwartet als nur das reine Business.<br />

Obwohl der geschäftliche Erfolg für die<br />

eigene nachhaltige Zukunftssicherung<br />

wie auch für die Wohlstandsentwicklung<br />

der Gesellschaft unabdingbar ist, sind<br />

Unternehmen aufgefordert, mehr zu tun.<br />

Charity und Entwicklungshilfe laufen oft ins Leere – typische Unterkunft einer afrikanischen Familie<br />

in Kajado, Kenia.<br />

<strong>Die</strong>s gilt insbesondere für ein in Deutschland<br />

angesiedeltes, aber in den internationalen<br />

Märkten tätiges Unternehmen,<br />

welches dabei mit den unterschiedlichsten<br />

gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />

Erwartungshaltungen konfrontiert<br />

wird.<br />

Unternehmen sind aufgefordert,<br />

jederzeit verantwortlich zu handeln.<br />

Über die Verantwortlichkeit hinaus liegt<br />

in diesem Bereich auch ungenutztes<br />

Potenzial für Unternehmen und Marken,<br />

sich nachhaltig zu profilieren – in einer<br />

Zeit, in der Produkte, Design, Technik<br />

und Service schon lange nicht mehr<br />

genügen, um sich im Markt ausreichend<br />

zu differenzieren.<br />

Doch ist Business-Ethik für die meisten<br />

Unternehmen noch nicht einmal ein<br />

Schlagwort, geschweige denn gelebter<br />

Bestandteil der Unternehmensphilosophie.<br />

In einigen Unternehmen wird dieses<br />

Denken zwar durchaus ansatzweise<br />

gelebt, aber diese Ansätze folgen in der<br />

Regel keiner konsequenten Strategie und<br />

fließen – bis auf Ausnahmen – nicht in ein<br />

nachhaltiges Konzept ein. Eine leider<br />

sehr große Gruppe von Unternehmen<br />

missbraucht das Thema Ethik für vordergründige<br />

Marketingaktionen ohne Substanz<br />

– Stichwort „Green/Blue Washing“.<br />

Selbstverständlich zeigt man sich<br />

gern bemüht, will ökologisch und sozial<br />

korrekt dastehen. <strong>Die</strong> Folgen des Bemühens<br />

allerdings sind fatal – millionenschwere<br />

CSR-Kampagnen, die nichts<br />

bewirken, austauschbare Nachhaltigkeitsberichte,<br />

die keiner liest, Konferenzen<br />

ohne Handlungsansätze. Kurz: planloser<br />

Aktionismus, oft geprägt von oberflächlichem<br />

Beraterwissen, immer frei<br />

nach dem Motto „denn sie wissen nicht,<br />

was sie tun“.<br />

„Gemeinsam an morgen denken“ ist<br />

zum Beispiel das vollmundige Motto der<br />

Einzelhandelskette Rewe Group und<br />

ihrer Nachhaltigkeitswoche. Laut eigener<br />

Aussage ist man überzeugt, Wachstum<br />

sei langfristig nur möglich, wenn man<br />

„Ressourcen schont, mit Mitarbeitern<br />

ebenso wie mit Partnern fair und vertrauensvoll<br />

umgeht und einen Beitrag für die<br />

Gesellschaft leistet“.<br />

<strong>Die</strong> Recherchen des ZDF-Magazins<br />

WISO wollen so gar nicht dazu passen:<br />

Foto: AMREF


Soziale Unternehmer | 7<br />

Wie man mit Werkverträgen Leiharbeiter-<br />

Mindestlöhne unterbieten und auch diesen<br />

niedrigen Lohn noch weiter drücken<br />

kann, erfuhren verdeckte Mitarbeiter. So<br />

sehen also ein vertrauensvoller Umgang<br />

mit Mitarbeitern und ein Beitrag für die<br />

Gesellschaft aus?!<br />

Engagements und Aktivitäten sind leider<br />

in sehr vielen Fällen nur eine Form<br />

modernen Ablasshandels, unterstützt<br />

durch unglaubwürdige Werbekampagnen,<br />

die in der Regel teurer sind als die Engagements<br />

selbst.<br />

Besonders im sozialen Bereich fehlt<br />

es meistens am notwendigen Wissen, die<br />

„Strategie“ beschränkt sich auf „November-Charity“<br />

(in den anderen elf Monaten<br />

passiert wenig). Begleitet von vordergründigen<br />

Presseaktivitäten und oft unter<br />

fragwürdigem Einsatz von Prominenz.<br />

Denn wie schrieb die BUNTE in einem<br />

Artikel zur Unesco-Gala 2011: „Charity kann<br />

ja so schön sein! Glamour und Charity,<br />

was für eine Gaudi.“<br />

<strong>Die</strong> traurige Wahrheit lautet leider:<br />

Charity hat in den vergangenen 50 Jahren<br />

nichts bewegt und wird es auch in<br />

Zukunft nicht. Noch immer sehen wir zu,<br />

wie alle drei Sekunden in unserer Welt ein<br />

Kind stirbt, weil lebensrettende Helfer<br />

und Medikamente fehlen. Kinder, aber<br />

auch Erwachsene, sterben an Durchfall,<br />

weil sie keinen Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser haben. Sie sterben an bei<br />

uns längst vergessenen Infektionskrankheiten,<br />

weil medizinische Versorgung<br />

fehlt.<br />

Unüberschaubare Vielfalt an<br />

Öko-, Bio- & Fair-Trade-Siegeln<br />

<strong>Die</strong> Situation in den ärmsten Ländern hat<br />

sich in den zurückliegenden Jahren trotz<br />

Charity-Millionen und Entwicklungshilfe-<br />

Milliarden nicht verbessert, sondern im<br />

Gegenteil dramatisch verschärft. So z.B.<br />

in den afrikanischen Ländern südlich<br />

der Sahara, die seit Jahrzehnten zu den<br />

ärmsten Regionen der Welt zählen. Der<br />

Anteil der Menschen dort ist gemessen<br />

an der gesamten Weltarmut in den vergangenen<br />

Jahren von 20% auf 33% angestiegen.<br />

Im ökologischen Bereich sieht es<br />

nicht wirklich besser aus. Fast im<br />

Wochenrhythmus tauchen neue Ökolügen<br />

auf. Immer perfidere Tricks, eine<br />

unüberschaubare Vielfalt fragwürdiger<br />

Öko-, Bio- und Fairtrade-Siegel und teils<br />

kriminelle Methoden verleihen dem Problem<br />

eine neue Dimension.<br />

<strong>Die</strong> Folgen für die Glaubwürdigkeit<br />

der beteiligten Wirtschaftszweige und<br />

Unternehmen sind auf lange Sicht fatal.<br />

Scheinbar werthaltige Begriffe wie nachhaltig,<br />

klimaneutral, bio und öko verkommen<br />

zu bedeutungslosem Wortgeklingel.<br />

So hat das Magazin „Öko-Test“ in der<br />

August-Ausgabe 2012 insgesamt 72 „faire“<br />

Importprodukte in Deutschland geprüft.<br />

Nur 44 bekamen das Gesamturteil „fair“.<br />

Das größte Problem sind laut der Tester<br />

unterschiedliche Standards und Zertifizierungssysteme,<br />

die die Fairness belegen<br />

sollen. Gemeinsame Mindestanforderungen<br />

existieren nicht.<br />

In 50% der vom Forest Stewardship<br />

Council zertifizierten Papiere finden sich<br />

laut einer Untersuchung Fasern von seltenen<br />

Tropenhölzern, mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

aus Raubbau stammend.<br />

Bekleidungshersteller locken Kunden mit<br />

Biobaumwolle, z.B. unter dem Label<br />

„Organic Cotton“. Doch wie Elke Hortmeyer<br />

von der Bremer Baumwollbörse,<br />

der Interessengemeinschaft der Baumwollindustrie,<br />

richtig feststellt: „<strong>Die</strong><br />

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8 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Chancen für Unternehmen durch CSR<br />

• Nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes<br />

• Erhöhung der Differenzierung im Marktumfeld<br />

• Zugang zu Märkten (Im anglo-amerikanischen Raum ist CSR unabdingbar.)<br />

• Zugang zum Kapital (Auch für viele Kapitalgeber ist CSR mittlerweile Kriterium.)<br />

• Resilienzfaktor in Krisenzeiten<br />

• Ergänzung des Shareholder-Value um den nachhaltigen Faktor Emotionalität<br />

• Stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und steigende Motivation<br />

• Förderung der Teamfähigkeit und sozialen Kompetenz von Mitarbeitern<br />

• Neue Impulse für Marketing und Kommunikation, insbesondere die Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit, über alle internen und externen Zielgruppen<br />

Biobaumwollkollektionen von C&A und<br />

H&M können gar nicht zu 100% aus Biobaumwolle<br />

sein. So viel Biobaumwolle<br />

gibt es gar nicht auf dem Markt.“ <strong>Die</strong><br />

Liste der Beispiele lässt sich endlos fortsetzen.<br />

Mehr Schein als Sein gilt auch für<br />

zweifelhafte Allianzen von Unternehmen<br />

mit Hilfs- oder Umweltorganisationen.<br />

Ein besonders eklatantes und in sei nen<br />

Dimensionen ungeheures Beispiel do kumentiert<br />

der Journalist Wilfried Huismann<br />

in seinem „Schwarzbuch WWF“ und dem<br />

Film „Der Pakt mit dem Panda“ – die systematische<br />

Umweltzerstörung und die<br />

Vertreibung indigener Bevölkerung sind<br />

tragende Elemente dieser vernichtenden<br />

„Grünwaschanlage“.<br />

Ist es also wirklich so schwer ...<br />

... im langfristigen eigenen Interesse dem<br />

Kunden so ehrlich zu begegnen, dass<br />

der auch beim nächsten Mal noch<br />

Kunde bleibt?<br />

... die Umwelt zu schonen, damit man<br />

auch morgen noch aus ihren Ressourcen<br />

schöpfen kann?<br />

... Mitarbeiter so zu behandeln, dass<br />

sie einem Unternehmen auch dann<br />

die Treue halten, wenn ein anderer<br />

Arbeitgeber (mit höherem Gehalt)<br />

lockt?<br />

Fehler sind offensichtlich: keine Stra tegie,<br />

mangelnde Authentizität und Glaubwürdigkeit.<br />

Denn nachvollziehbar sind<br />

ausschließlich Engagements, die zu<br />

Firmenphilosophie und Produktwelt passen<br />

oder globale Probleme glaubwürdig<br />

anpacken.<br />

Risiken werden unterschätzt: Unternehmen,<br />

die das Thema Ethik nur vordergründig<br />

nutzen wollen oder nur teilweise<br />

mit Leben füllen können, droht der<br />

Verlust von Glaubwürdigkeit und Marktanteilen.<br />

Chancen bleiben ungenutzt: Unternehmen,<br />

die tatsächlich in allen Bereichen<br />

verantwortlich handeln, haben ein<br />

riesiges Potenzial, sich und ihre Marken<br />

nicht nur nachhaltig zu profilieren, sondern<br />

deren Wert substanziell zu erhöhen.<br />

Wege zu einer<br />

glaubwürdigen CSR<br />

Unternehmen, die diesen Weg konsequent<br />

und erfolgreich gehen wollen, sollten<br />

sich folgende Fragen stellen:<br />

• Verfolgen wir eine CSR-Strategie, die<br />

sinnvoll, effizient und glaubwürdig ist,<br />

geprägt von einer entsprechenden<br />

Gesinnung?<br />

• Adressieren wir die richtigen Themen?<br />

• Nutzen wir mögliche Synergieeffekte<br />

und das unternehmensinterne Potenzial?<br />

• Kommunizieren wir unsere Aktivitäten<br />

richtig und glaubwürdig?<br />

… und auf ihrem Weg zur gesellschaftlichen<br />

Verantwortung einige einfache<br />

Regeln beachten:<br />

Oben anfangen: <strong>Die</strong> Verantwortung gehört<br />

in die Geschäftsleitung/den Vorstand,<br />

nicht in die Kommunikationsabteilung. Es<br />

geht zunächst um Strategie, nicht um<br />

Marketing.<br />

Leise auftreten: Wie in der Musik gilt<br />

auch hier – nicht die großen Paukenschläge,<br />

es sind die leisen Töne, die im<br />

Ohr bleiben – z.B. Nachhaltigkeitsdaten<br />

in den Geschäftsbericht integrieren. Was<br />

da nicht hineinpasst, interessiert auch<br />

niemanden.<br />

Dranbleiben: Neben Kontinuität sind<br />

Transparenz, Glaubwürdigkeit und Erlebbarkeit<br />

oberstes Gebot.<br />

Lebende Beispiele hierfür gibt es tatsächlich:<br />

Unternehmer wie Claus Hipp,<br />

Ulrich Walter (bekannt für die Lebensbaum<br />

Bioprodukte) oder auch die Familie<br />

Merck, die genau mit einer solchen Gesinnung<br />

die richtigen Wege gehen und Engagements<br />

verfolgen, die etwas bewegen in<br />

unserer Welt und damit für unser aller<br />

Zukunft.<br />

Menschen, die durch ihr Handeln<br />

mehr als nur ein wenig bewirken können<br />

und gemeinsam vielleicht sogar die Kraft<br />

haben, unser Paradies zu retten.<br />

Was zeichnet diese Unternehmer aus?<br />

Es ist vermutlich das Verstehen und<br />

das Wollen, das den großen Unterschied<br />

macht. Das Wollen und vor allem das<br />

daraus abgeleitete Handeln und Helfen,<br />

frei von persönlichen Eitelkeiten. <strong>Die</strong><br />

Bereitschaft, Gegebenheiten nicht hinzunehmen,<br />

sondern nachhaltig zu verändern.<br />

Klaus Fasold ist Gründer<br />

und geschäftsführender<br />

<strong>Stiftung</strong>srat der gemeinnützigen<br />

<strong>Stiftung</strong>sgesellschaft<br />

Keep the World<br />

Foundation. Anliegen der<br />

Organisation ist eine strategische Allianz<br />

mit Unternehmern, die verantwortliches<br />

Handeln tatsächlich als Teil der eigenen<br />

Philosophie verstehen, um gemeinsam<br />

einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung<br />

zu leisten.


Soziale Unternehmer | 9<br />

Mehr als „Gutes tun“<br />

Namhafte Unternehmen und ihre CSR-Strategien Von Christine Bertschi<br />

Foto: DHL<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility<br />

kann mehr als Blue und Green<br />

Washing. BASF, VW, DHL, Danone<br />

oder Hipp sind Beispiele für<br />

Unternehmen, die mit ihrem Engagement<br />

einen glaubwürdigeren Ansatz verfolgen.<br />

<strong>Die</strong> Konzerne setzen ihr Know-how für Umweltschutz<br />

und Nachhaltigkeit ein, investieren<br />

in Bildungsprogramme oder unterstützen<br />

benachteiligte Bevölkerungsgruppen.<br />

Und bleiben dabei stets ihren<br />

Kernkompetenzen treu.<br />

Ein Notfallcamp nach einer Naturkatastrophe:<br />

Ein paar Menschen stehen zwischen<br />

den beigen Zelten, sie scheinen<br />

etwas zu besprechen und zu planen, zeigen<br />

in eine Richtung. Andere laufen durch<br />

eine Lagerhalle, sie beladen einen Gabelstapler<br />

mit Säcken, transportieren sie zu<br />

einem Lastwagen.<br />

<strong>Die</strong>se Menschen sind nicht direkt von<br />

der Katastrophe um sie herum betroffen,<br />

sie sind gekommen um zu helfen. Freiwillig.<br />

Aber professionell, wenn auch außerhalb<br />

ihrer Arbeitszeit. Sie sind eigentlich<br />

bei DHL angestellt, dem nach eigenen<br />

Angaben weltgrößten Logistikspezialisten.<br />

<strong>Die</strong> Szenen aus dem Notfallcamp<br />

stammen aus einem Werbefilm, der auf<br />

der Website von DHL in der Rubrik „Verantwortung“<br />

zu finden ist. Für DHL heißt<br />

das, soziales Engagement<br />

mit den eigenen<br />

Kernkompetenzen<br />

zu verbinden:<br />

„Wir machen das,<br />

was wir am besten<br />

können: Logistik“, erklärt<br />

Christina Müschen,<br />

Pressesprecherin<br />

für den Bereich<br />

Corporate Res­<br />

Christina Müschen<br />

ponsibility.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung, sich in der Katastrophenhilfe<br />

zu betätigen, fiel bei DHL<br />

spontan: im Jahr 2003 nach einem Erdbeben<br />

an der iranisch-pakistanischen Grenze.<br />

„Alle Hilfsorganisationen haben damals<br />

ihre Flugzeuge vollgepackt und den kleinen<br />

Flughafen in der Stadt Bam angesteuert“,<br />

erzählt die Sprecherin. „Dort brach das<br />

Wenn Hilfsgüter am Flughafen ankommen, hilft DHL freiwillig bei der Logistik.<br />

Chaos aus, die Hilfsgüter haben den Flughafen<br />

verstopft und es nicht zu den Empfängern<br />

geschafft.“ Da konnte DHL mit seinem<br />

Know-how eingreifen und hat damit<br />

seine Nische für soziales Engagement<br />

gefunden. „<strong>Die</strong> ersten Tage nach der Katastrophe<br />

sind die entscheidenden, da ist<br />

gute Logistik gefragt“, so Müschen.<br />

Schulungsprogramme für<br />

Katastrophenfälle an Flughäfen<br />

Das Logistikunternehmen baut seine Freiwilligeneinsätze<br />

stetig aus, und in Gebieten,<br />

die anfällig für Naturkatastrophen<br />

sind, wird vorgebeugt: „Get Airports Ready<br />

for Disaster“ heißt das Präventionsprogramm<br />

von DHL und den Vereinten Nationen.<br />

Teilnehmen können Flughafenpersonal<br />

und Mitarbeiter von Katastrophenschutzbehörden,<br />

angeleitet werden sie<br />

von DHL.<br />

Was veranlasst Unternehmen dazu,<br />

ihr soziales Engagement an Stellen anzusetzen,<br />

die öffentlich nicht sehr präsent<br />

sind und nur sehr bedingt den Marketinginteressen<br />

dienen können? „Ich persönlich<br />

finde es faszinierend, wie viel wir Mitarbeiter<br />

von unseren ehrenamtlichen<br />

Einsätzen mitnehmen. Es bereichert die<br />

eigenen Sichtweisen, sein Wissen weiterzugeben<br />

ist immer ein tolles Gefühl“,<br />

schwärmt Müschen. Mitmachen ist keine<br />

Pflicht, genug Freiwillige zu finden sei<br />

aber nie ein Problem. „Doch unsere Visionen<br />

und Projekte erreichen auch die,<br />

die darüber nur im Intranet lesen“, sagt<br />

die Sprecherin.<br />

Ernst gemeinte CSR müsse das ganze<br />

Unternehmen umfassen, ist Bianca Wiedemann<br />

überzeugt: „Ein Kunde von mir<br />

hat zum Beispiel eine Info-Veranstaltung<br />

über Nachhaltigkeit gemacht“, erzählt<br />

die Gründerin und Geschäftsführerin von<br />

fair society, einer Unternehmensberatung<br />

für Nachhaltigkeit und CSR. „Und<br />

prompt kam am nächsten Tag die Putzfrau<br />

zu ihm und fand, die Plastikbecher<br />

im Kaffeeautomaten würden da ja gar<br />

nicht ins Konzept passen.“ Nun habe<br />

jeder Mitarbeiter seine eigene Porzellantasse.


10 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Chemiekonzerne stehen aus guten<br />

Gründen im Zusammenhang mit Umweltschutz<br />

unter medialer Beobachtung – zu<br />

groß sind die Schäden, die ihre Produkte<br />

und Emissionen der Natur zufügen können.<br />

Entsprechend hoch sind die Erwartungen<br />

der Verbraucher an die gesellschaftliche<br />

Verantwortung der Unternehmen.<br />

Und entsprechend stark ist dort der<br />

Druck, etwas zu tun, das zu einem besseren<br />

Image verhilft.<br />

Gutes tun ist Corporate<br />

Philanthropy, nicht CSR<br />

Genau darin liegt aber der Denkfehler, wie<br />

Thorsten Pinkepank, Leiter der Corporate<br />

Sustainability Relations bei BASF, findet:<br />

„CSR wird häufig missverstanden als<br />

das gemeinhin bekannte ,Gutes tun‘. Das<br />

ist aber Corporate Philanthropy“, betont<br />

Pinkepank. „Für uns ist CSR schlichtweg<br />

der Beitrag des Unternehmens zu einer<br />

nachhaltigen Entwicklung durch seine<br />

eigentlichen Kernprozesse: in den Funktionen<br />

und im Geschäft.“<br />

Am Beispiel von<br />

Wasser lässt sich<br />

die CSR-Strategie<br />

des Unternehmens<br />

verdeutlichen. Denn<br />

Wasser braucht BASF<br />

zur Herstellung von<br />

Produkten, als Kühlund<br />

Reinigungsmittel<br />

und als Transportweg.<br />

Konkrete<br />

Thorsten Pinkepank<br />

Ziele und Vorgaben<br />

sind der Website von BASF zu entnehmen:<br />

„Bis 2020 wollen wir die Nutzung<br />

von Trinkwasser in Produktionsprozessen<br />

um die Hälfte im Ver gleich zu 2010<br />

senken.“ Und die Wertschöpfungskette<br />

erreicht auch den Konsumenten: zum<br />

Beispiel mit biologisch abbaubaren Spülmaschinentabs<br />

oder Produkten für die<br />

Trinkwasserherstellung und zur Behandlung<br />

von Abwässern.<br />

Chemieunfällen will BASF nicht nur<br />

im eigenen Unternehmen vorbeugen: Das<br />

eigens entwickelte „Gefahrenabwehr-<br />

Managementsystem“ umfasst neben dem<br />

Konzern und seinen Partnern und Lieferanten<br />

auch Kunden, benachbarte Unternehmen<br />

sowie Städte und Gemeinden im<br />

Umfeld.<br />

Unter anderem in Indien unterstützen die Mitarbeiter von DHL Schulen und organisieren zum Beispiel<br />

Ausflüge.<br />

<strong>Die</strong> Schwerpunkte seines Engagements<br />

passt der Konzern den verschiedenen<br />

Weltregionen an. „In Asien sind die Verfügbarkeit<br />

von sauberem Wasser und die<br />

Müllproblematik wichtige Themen, die die<br />

Stoßrichtung vorgeben. In Südamerika<br />

diskutiert man stark die Biodiversität,<br />

die es zu erhalten gilt“, so Pinkepank.<br />

Neben dem guten Willen brauche es dafür<br />

ebenso Know-how und Professionalität.<br />

„Gutes tun kann man an Weihnachten“,<br />

sagt Wiedemann. „CSR beginnt aber<br />

intern, indem das Unternehmen seine<br />

eigene Wertschöpfungskette und deren<br />

Konsequenzen für Mensch und Umwelt<br />

untersucht.“ <strong>Die</strong> eigenen Missstände aufdecken<br />

und minimieren, das sei gute CSR.<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility<br />

klingt neumodisch, doch in vielen Unternehmen<br />

hat soziales<br />

Engagement Tradition.<br />

Dr. Gerhard<br />

Prätorius, Leiter CSR<br />

und Nachhaltigkeit<br />

bei Volkswagen, betont:<br />

„Immer schon<br />

gab es das Bekenntnis,<br />

sich für sozial<br />

Schwächere oder in<br />

der Katastrophenhilfe<br />

zu<br />

Dr. Gerhard Prätorius<br />

engagieren.“<br />

Im Laufe der Jahre weitete sich das<br />

Engagement auch auf das Geschäftsfeld<br />

aus, wie Prätorius erklärt: „<strong>Die</strong> moderne<br />

Auffassung von Nachhaltigkeit und CSR<br />

ist die des strategischen Elements, das<br />

wesentlich näher an den ökonomischen<br />

Kernprozessen des Unternehmens angesiedelt<br />

ist.“ Was nicht heißen soll, dass<br />

VW dem traditionellen, rein sozialen<br />

Engagement den Rücken zukehre: „In<br />

meinen Augen kann es nur der richtige<br />

Weg sein, die traditionelle Sichtweise mit<br />

der modernen zu verknüpfen. Singulär<br />

betrachtet leiten beide Ansätze fehl“, so<br />

der CSR-Manager.<br />

VW kämpft zum Beispiel gegen AIDS.<br />

Was verbindet die Immunschwächekrankheit<br />

mit dem deutschen Automobilhersteller,<br />

könnte man sich fragen. Ganz<br />

einfach: VW besitzt seit den frühen<br />

1950er Jahren ein Werk in Uitenhage,<br />

Südafrika. Neben den rund 6.000 Arbeitsplätzen<br />

– womit VW einer der größten<br />

Arbeitgeber des Landes ist – will sich das<br />

Unternehmen auch für die Region einsetzen.<br />

Nicht im Sinne von Entwicklungshilfe,<br />

sondern als Verantwortung gegenüber<br />

dem Umfeld seiner Mitarbeiter ist<br />

das Engagement zu verstehen.<br />

In das soziale Engagement wird die<br />

Belegschaft von VW weltweit mit einbe­<br />

Fotos: DHL


Soziale Unternehmer | 11<br />

zogen. So rief vor neun Jahren der Konzernbetriebsrat<br />

alle Mitarbeiter dazu auf,<br />

den Gegenwert eines Stundenlohns zu<br />

spenden. „Eine Stunde für die Zukunft“<br />

soll Straßenkindern zu Obdach, Nahrung<br />

und Bildung verhelfen. Mehr als 10 Mio.<br />

EUR sammelten die Mitarbeiter mit ihrem<br />

Lohnverzicht bis heute.<br />

Auch DHL engagiert sich im Bereich<br />

der Bildungsförderung, zum Beispiel in<br />

Zusammenarbeit mit den SOS-Kinderdörfern.<br />

<strong>Die</strong>se besteht seit zwei Jahren, und<br />

dabei geht es um weit mehr als finanzielle<br />

Unterstützung: Das Unternehmen<br />

bietet den Jugendlichen Praktika und<br />

Tage der offenen Tür an. <strong>Die</strong> Personalabteilungen<br />

beraten bei der Berufswahl<br />

und helfen, Bewerbungen zu schreiben.<br />

Und auch hier verzichtet DHL nicht auf<br />

seinen Kernbereich: Für Ausflüge kümmern<br />

sie sich um den Transport.<br />

Doch zurück nach Südafrika. „1:0 für<br />

Volkswagen“ heißt dort ein Projekt von<br />

VW. Es beschränkte sich nicht nur auf die<br />

Fußball-WM im Sommer 2010, als alle<br />

Augen auf Südafrika gerichtet waren, sondern<br />

existiert schon drei Jahre. <strong>Die</strong> Initiative,<br />

die von der Belegschaft ausging,<br />

dreht sich zwar auch um Sport, aber<br />

nicht nur. Denn neben einem regelmäßigen<br />

Fußballtraining will die Initiative<br />

den Jugendlichen Praktika vermitteln,<br />

Sexualaufklärung anbieten oder den<br />

Umgang mit Konflikten üben.<br />

Auch Danone begeistert sich – neben<br />

Naturprodukten aus der Region, flexibler<br />

Logistik und Abfallmanagement – für<br />

Fußball. Und will damit nicht nur Nachwuchsspieler<br />

aus der ganzen Welt fördern,<br />

sondern vor allem Werte vermitteln:<br />

Fairplay, Teamgeist und Weltoffenheit<br />

zum Beispiel, denn die besten Mannschaften<br />

fahren zum Weltfinale, das jedes<br />

Jahr in einem anderen Land ausgetragen<br />

wird. Pro Jahr nehmen mehr als zwei Millionen<br />

Kinder aus 40 Ländern teil.<br />

„Einmal wie die großen Fußballidole<br />

in einem berühmten internationalen Stadion<br />

spielen, eine jubelnde Zuschauerkulisse,<br />

Teams aus der ganzen Welt – für<br />

jeden Nachwuchskicker ein unvergessliches<br />

Erlebnis!“, heißt es dazu auf der<br />

Website von Danone. Oder geht es hier<br />

vielleicht darum, die zehn- bis zwölfjährigen<br />

Fußballspieler auf den richtigen<br />

Joghurtgeschmack zu bringen? Doch was<br />

könnte dann ein Lebensmittelkonzern –<br />

dessen potenzielle Kundschaft wir alle<br />

sind – überhaupt tun, ohne dass ihm dies<br />

als Marketingstrategie oder bloße Werbeaktion<br />

angekreidet wird?<br />

Sogar für Berater sei es oft schwierig,<br />

Green und Blue Washing, Marketingstrategien<br />

und CSR auf den ersten Blick zu<br />

unterscheiden, meint Bianca Wiedemann<br />

von fair society: „Ein bisschen googeln<br />

hilft meist schon. Und wenn ein Unternehmen<br />

immer nur groß mit dem Scheck<br />

In Nepal bekamen fünf Flughäfen die Katastrophen-Trainings von DHL. Damit kann im Notfall das<br />

ganze Land versorgt werden.<br />

in der Zeitung steht,<br />

ist das kein gutes<br />

Zeichen.“ Wenn auf<br />

der Website hingegen<br />

„wir haben getan“<br />

statt „wir planen<br />

demnächst“ stehe,<br />

wenn Betriebskindergärten<br />

gegründet<br />

und Produktionsprozesse<br />

verbessert<br />

Bianca Wiedemann<br />

werden, dann spreche<br />

dies für ernst gemeinte CSR.<br />

„Das Beste aus der Natur. Das Beste<br />

für die Natur“ ist der Slogan von Hipp.<br />

Seit 1995 veröffentlicht der Babykost-<br />

Hersteller regelmäßig Berichte über die<br />

Ergebnisse seines Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagements<br />

und gilt als eines der<br />

nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands.<br />

<strong>Die</strong> gesellschaftliche Verantwortung<br />

ergibt sich aus der christlichen<br />

Überzeugung, die Geschäftsführer Claus<br />

Hipp als Grundlage seines unternehmerischen<br />

Handelns sieht.<br />

<strong>Die</strong> Werte, die Hipp vertritt, kommen<br />

auch den Angestellten zugute: <strong>Die</strong><br />

Betriebskantine serviert Bio aus der<br />

Region, Eltern können dank eines flexiblen<br />

Arbeitszeitmodells Familie und<br />

Berufsleben vereinbaren, Vorgesetzte<br />

werden regelmäßig durch die Mitarbeiter<br />

beurteilt.<br />

„Nur weil ein Unternehmen nachhaltig<br />

handelt, heißt das nicht, dass es<br />

weniger wirtschaftlich ist“, betont Wiedemann.<br />

„Und CSR ist gar nicht so<br />

schwierig, wie sich manche denken.“<br />

Doch dem Streben nach Nachhaltigkeit<br />

und Verantwortung müsse eine gewisse<br />

Priorität eingeräumt werden, ein Budget<br />

sei nötig und die Strategieentwicklung<br />

dürfe nicht dem Praktikanten überlassen<br />

werden. Denn CSR könne auch nach hinten<br />

losgehen, „wenn man immer wieder<br />

das neueste Pferd sattelt, es dann aber<br />

nicht reitet“.<br />

Auch Gutmenschentum ist in der CSR<br />

nicht gefragt: „Diskutiert ein Unternehmen,<br />

was es Gutes tun kann, dann ist das<br />

der größte Fehler“, meint Gerhard Prätorius<br />

von VW. „Vielmehr müssen Sie sich<br />

fragen, wo Ihr Unternehmen über ein<br />

besonderes Können verfügt. Aus diesem<br />

Können heraus kann dann ein gesellschaftlicher<br />

Gewinn entstehen.“


12 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Konzepte, von denen<br />

Milliarden Menschen<br />

profitieren können<br />

Im Gespräch mit Alexandra van der Ploeg (SAP AG) über<br />

den Wettbewerb „Power of Small“ und seine Folgen für die prämierten Unternehmen<br />

DIE STIFTUNG: Der von SAP und Ashoka initiierte<br />

Wettbewerb „The Power of Small“<br />

kann als Erfolg gewertet werden, oder?<br />

Alexandra van der Ploeg: Auf jeden Fall!<br />

Wir hatten insgesamt 370 Beiträge aus 69<br />

Ländern. Nach einem intensiven Selektionsprozess<br />

hat sich eine Jury mit den<br />

wichtigsten 30 eingehend auseinandergesetzt.<br />

Daraus wurden dann die elf Finalisten<br />

gekürt. Von diesen kommen zwei<br />

aus Brasilien, zwei aus Indien, sechs aus<br />

Afrika und einer aus den USA.<br />

DIE STIFTUNG: Ist das Übergewicht von<br />

Afrika bezeichnend?<br />

van der Ploeg: Absolut, das war auch für<br />

uns anfangs überraschend. Wir hatten<br />

aus Afrika insgesamt 89 Beiträge beziehungsweise<br />

sechs der elf Finalisten. In<br />

Afrika sind viele Menschen derzeit mit<br />

unheimlicher Energie zugange, Dinge zu<br />

verändern beziehungsweise Innovationen<br />

zu schaffen, die das tägliche Leben<br />

verbessern. <strong>Die</strong> sechs Finalisten sind dessen<br />

Ausdruck. Auch der CEO von SAP<br />

Afrika hat die Finalisten bei der Preisver­<br />

leihung getroffen und wird sie auf<br />

Geschäftsreisen in den jeweiligen Ländern<br />

besuchen. Der Impuls kam von den<br />

afrikanischen Beiträgen zu „The Power of<br />

Small“, die einfach beeindruckten.<br />

DIE STIFTUNG: Aber sicherlich kamen nicht<br />

nur aus Afrika beeindruckende Beiträge?<br />

Power of Small<br />

Der Wettbewerb „The Power of Small: Entrepreneurs Strengthening Local Economies“ wurde<br />

im Juni dieses Jahres gemeinsam von SAP und der Organisation Ashoka ins Leben gerufen. Ziel<br />

von „Power of Small“ war es, innovative Strategien und Konzepte zu prämieren, die kleine Unternehmer<br />

in wirtschaftlich benachteiligten Regionen befähigen, nachhaltig zu wachsen. <strong>Die</strong><br />

Auszeichnung war mit 10.000 USD prämiert, einer Technologiespende sowie Erfahrungsaustausch<br />

mit dem SAP Management und Mitarbeitern. <strong>Die</strong> vier Sieger und die sieben weiteren Finalisten<br />

wurden Mitte November der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

<strong>Die</strong> Preisträger:<br />

Adel - Agência Desenvolvimento Econômico Local (Brasilien)<br />

LoftyInc Allied Partners Limited (Nigeria)<br />

DD – Dossier Digital (Brasilien)<br />

TCB – The Clothing Bank in Zusammenarbeit mit<br />

TBPP – The Business Place Philippi (Südafrika)<br />

Alexandra van der Ploeg ist seit zwei Jahren Projektleiterin<br />

für die globalen CSR-Programme bei der SAP AG. In dieser<br />

Rolle verantwortet sie die Entwicklung und Ausführung<br />

des globalen Wettbewerbs „The Power of Small“. Darüber<br />

hinaus ist sie für die „Yunus <strong>Social</strong> Business Haiti“-Initiative<br />

zuständig, die darauf abzielt, die wirtschaftliche Struktur<br />

in den früheren Erdbebenregionen durch Förderung von<br />

Sozialunternehmen gezielt zu verbessern. Alexandra van<br />

der Ploeg hat ihr MBA-Studium an der Henley Business<br />

School in Großbritannien absolviert. Sie lebte zudem in<br />

Russland sowie Brasilien und spricht sechs Sprachen.<br />

van der Ploeg: Nein, absolut nicht, das ist<br />

ja auch das Spannende für uns gewesen.<br />

Das Unternehmertum ist ein globales<br />

Phänomen, und hierdurch können Lösungen<br />

kreiert werden, die das Leben vieler,<br />

die es bislang noch nicht „geschafft“<br />

haben, verbessern. Nehmen Sie Adel aus<br />

Brasilien, einen der Gewinner des Wettbewerbs.<br />

Adel ist eine im Nordosten des<br />

Landes beheimatete Organisation in der<br />

Region Ceará. <strong>Die</strong>se zählt zu den ärmsten<br />

des gesamten Landes, nicht nur weil sie<br />

so weit weg ist von den Metro polen, wo<br />

das wirtschaftliche Leben Brasiliens<br />

stattfindet.<br />

<strong>Die</strong> Region lebt mehr schlecht als<br />

recht von der Landwirtschaft, und hier<br />

setzt Adel an. Es wurde von jungen Leuten<br />

gegründet, die nach ihrem Universitätsabschluss<br />

in die Region zurückgekehrt<br />

sind. Mit Hilfe neuer landwirtschaftlicher<br />

Geschäftsmodelle können<br />

junge Menschen in der Region nun die<br />

Farmen ihrer Eltern besser – im Sinne


Soziale Unternehmer | 13<br />

von nachhaltiger und profitabler – bewirtschaften.<br />

In der Zeit seit Gründung, also<br />

seit fünf Jahren, haben sie schon 35 neue<br />

landwirtschaftliche Betriebe aufgebaut<br />

und mehr als 200 junge Menschen in<br />

Unternehmertum geschult. In den nächsten<br />

Jahren sollen 70 weitere Betriebe<br />

hinzukommen. Landwirtschaft heißt hier<br />

eben auch, eine Ziegenfarm zu errichten<br />

oder Bienen zu züchten, um Honig herstellen<br />

zu können. Hier sind wir also weit<br />

weg von dem klassischen Bild der Großbetriebe,<br />

das von der brasilianischen<br />

Land wirtschaft allseits bekannt ist.<br />

Foto: SAP<br />

DIE STIFTUNG: Also echte Landwirtschaft<br />

eben, und nicht lediglich Monokulturen, bis<br />

der Boden nicht mehr kann.<br />

van der Ploeg: Das Faszinierende bei Adel<br />

ist der Hintergrund der jungen Leute, die<br />

die Organisation gegründet haben. Ihnen<br />

sind die Besonderheiten der Region vertraut<br />

und sie wissen, was es braucht,<br />

damit die jungen Menschen in der Region<br />

bleiben und dort ihre Zukunft aufbauen<br />

wollen. Bei Adel begeistert aber auch,<br />

wie fundiert und strukturiert sie ihre Projekte<br />

weiter vorantreiben. Sie skalieren<br />

ihre Bemühungen und hinterfragen alles,<br />

um letztlich die Jungen mit einer Aufgabe<br />

zu versehen, die sie antreibt, in ihrer Heimat<br />

zu bleiben. Der Preis im Wettbewerb<br />

hat jetzt dazu geführt, dass Adel eine<br />

zweite Spende einer großen Regierungsorganisation<br />

erhalten hat. Adel musste<br />

also praktisch an einem internationalen<br />

Wettbewerb teilnehmen, um landesintern<br />

Beachtung zu finden. Vor allem das hat<br />

die Gründer und alle diejenigen, die bei<br />

Adel involviert sind, zusätzlich in ihrem<br />

Tun bestätigt.<br />

<strong>Die</strong> StiFTUNG: Ein spannender Ansatz. Und<br />

wer konnte noch begeistern?<br />

van der Ploeg: Flash Cast Kenya haben<br />

nicht nur die Jury, sondern auch die<br />

anderen Wettbewerbsteilnehmer mit<br />

ihrem Konzept beeindruckt. Sie bieten in<br />

öffentlichen Bussen Kleinstunternehmern<br />

die Möglichkeit zu werben. Über<br />

dem Fahrer befindet sich dann ein Digital-Display,<br />

das die Werbung des jeweiligen<br />

Gemüsehändlers oder Friseurs<br />

zeigt, wenn der Bus durch die Region<br />

fährt, in der der Betrieb ansässig ist. Werbung<br />

ist für kleine Betriebe oft zu teuer,<br />

aber Flash Cast Kenya bietet den Service<br />

extra kostengünstig an und will sich<br />

„The Power of Small“ verbindet Welten: SAP-Vorstandssprecher Jim Hagemann Snabe (l.) im Gespräch<br />

mit Caine Wanjau von Flash Cast Kenya (r.), einem der elf Finalisten des Wettbewerbs, auf der Preisverleihung.<br />

auch zukünftig nicht für große Betriebe<br />

öffnen, sondern allenfalls für NGOs.<br />

DIE STIFTUNG: Haben Sie noch ein weiteres<br />

spannendes Konzept aus Afrika?<br />

van der Ploeg: Nicht aus Afrika, aber<br />

eines, das gerade nach Kenia expandiert.<br />

„The Power of Texting“ ist ein indisches<br />

Projekt, das Kleinstunternehmern Buchhaltung<br />

per SMS bietet: <strong>Die</strong> Unternehmer<br />

können ihre täglichen Einnahmen und<br />

Ausgaben per SMS in eine Datenbank einspeisen<br />

und bekommen am Tagesende<br />

eine entsprechende Übersicht zurück.<br />

Außerdem werden die Daten gesammelt<br />

und ermöglichen es, eine Kreditwürdigkeit<br />

für die Kleinstunternehmer aufzubauen.<br />

Für die Mikrofinanzinstitute bedeutet<br />

das eine größere Sicherheit, weil sie<br />

auf diese Weise ihre Schuldner beziehungsweise<br />

deren Kreditfähigkeit noch<br />

besser beurteilen können. <strong>Die</strong> Kleinstunternehmer<br />

kommen an Kredite, die vorher<br />

für sie nicht zugänglich waren. Zudem<br />

werden Trainings angeboten, sodass die<br />

Nutzer buchhalterische Kenntnisse erlangen<br />

beziehungsweise verbessern können.<br />

DIE STIFTUNG: <strong>Die</strong> vorgestellten Konzepte<br />

kommen von drei unterschiedlichen Kontinenten.<br />

Kann man generell sagen, dass<br />

solche unternehmerischen Innovationen<br />

die Entwicklung in den Emerging Markets<br />

und Emerging Economies fördern?<br />

van der Ploeg: <strong>Die</strong>se Konzepte bedienen<br />

einen Markt, der sonst kaum bedient<br />

wird. Es gibt Millionen von Menschen, die<br />

von ein bis zehn Dollar täglich leben.<br />

<strong>Die</strong> eingereichten Wettbewerbsbeiträge<br />

sind genau auf diese Zielgruppe ausgelegt,<br />

d.h. auf die lokalen Gegebenheiten<br />

abgestimmt, und müssen auch in der<br />

Umsetzung leicht handhabbar sein.<br />

Wenn die Unternehmer es dann noch<br />

schaffen, ihre Ideen skalierbar zu machen,<br />

ist in jedem Fall ein Mehrwert für<br />

alle gegeben. All das ist auch für SAP interessant.<br />

DIE STIFTUNG: <strong>Social</strong> Businesses müssen ja<br />

viele Grenzen überwinden. Gibt es welche,<br />

die sie nicht überwinden können? Was<br />

hemmt diese Unternehmen?<br />

van der Ploeg: Geld und Sichtbarkeit sind<br />

da wohl die offensichtlichsten Hürden.<br />

Oft werden die Unternehmen nicht wahrgenommen,<br />

und das bedeutet dann<br />

auch kein Geld. Fast noch kritischer ist<br />

allerdings die Fähigkeit der Gründer,<br />

das wachsende Geschäft weiter professionell<br />

aufzubauen beziehungsweise<br />

zu erweitern. Das gilt aber letztlich für<br />

alle Unter nehmen.<br />

DIE STIFTUNG: Da haben Sie recht. Vielen<br />

Dank für diese spannenden Einblicke.<br />

Das Interview führte Tobias M. Karow.


14 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Ein Ökosystem der Innovationen<br />

In Deutschland entwickelt sich eine lebendige Sozialunternehmer-Szene Von Dr. Dominik Domnik<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> ist eigentlich<br />

nichts Neues. Neu ist jedoch<br />

das steigende Interesse an Ausund<br />

Weiterbildung in diesem<br />

Bereich. Auch ist es Sozialunternehmen<br />

inzwischen möglich, in allen Phasen der<br />

Unternehmensentwicklung Finanzierung<br />

zu bekommen. Und die Szene beginnt,<br />

sich zu vernetzen.<br />

Das Thema <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

erfährt in den vergangenen Jahren regen<br />

Zuspruch. Kritiker sehen jedoch in den<br />

Inhalten „alten Wein in neuen Schläuchen“<br />

und führen die Aufmerksamkeit auf<br />

eine Aufregung, einen „Hype“ zurück.<br />

Zugegeben, Friedrich Wilhelm Raiffeisen<br />

und nicht Mohammed Yunus hat den<br />

Mikrokredit erfunden. Philanthropische<br />

Konzepte finden sich auch bereits in der<br />

Antike und bei den Fuggern. Schließlich<br />

stehen Persönlichkeiten wie Florence<br />

Nightingale als Vorbilder für heutige Sozialunternehmer<br />

Pate.<br />

Das Konzept der Verschmelzung von<br />

gesellschaftlicher Verantwortung und<br />

unternehmerischer Tätigkeit ist nicht<br />

neu, aber die Vehemenz, mit welcher dieses<br />

als Lebens- oder gar Gesellschaftsmodell<br />

Sehnsucht und Erwartungen auslöst,<br />

allemal. Wir erleben die Krise des Kapitalismus<br />

alter Ordnung, herkömmliche<br />

monetäre Anreizsysteme in Unternehmen<br />

versagen und gerade die sogenannten<br />

High Potentials suchen mehr und<br />

mehr nach inhaltlicher Bestätigung und<br />

einem Beruf als wahrer Berufung. Gleichzeitig<br />

geht die soziale Schere auf und in<br />

allen Gesellschaften wächst ein soziales<br />

Bewusstsein.<br />

In Anbetracht von Wertediskussionen<br />

stellt sich die Frage nach der Finanzierung<br />

der öffentlichen Lasten und der privaten<br />

Externalisierungen. <strong>Die</strong> notwendigen<br />

Veränderungen werden künftig aus<br />

der Zivilgesellschaft heraus kommen und<br />

nicht von staatlichen Akteuren oder<br />

Unternehmen entwickelt. <strong>Die</strong> Keime dieser<br />

Entwicklung lassen sich in drei Bereichen<br />

feststellen: in der Ausbildung an<br />

Universitäten und Fachhochschulen, an<br />

den Gründungen und der Aktivität in der<br />

Gründerszene.<br />

<strong>Die</strong> deutschen Bildungsinstitutionen<br />

haben bereits seit längerem auf diesen<br />

Trend gesetzt und bauen ihre Angebote<br />

beständig aus. Dennoch verblüfft die<br />

Intensität der Nachfrage die akademische<br />

Welt. So verzeichnet beispielweise<br />

der Studiengang Management Sozialer<br />

Innovationen an der Hochschule München<br />

eine Verdreifachung der Studienzahlen<br />

innerhalb eines Jahres, und auch<br />

das 2011 gestartete Zertifikatsprogramm<br />

„Gesellschaftliche Innovationen“ der<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> Akademie erlebt<br />

derzeit eine Bewerberflut.<br />

Das große Interesse spiegelt sich<br />

auch bei einem Blick auf die deutsche<br />

Hochschullandschaft wider: Überall<br />

Finanzierungs- und Beratungsformen nach Entwicklungsstadien von Sozialunternehmen<br />

Quelle: <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> Akademie<br />

Selektion<br />

tragfähiger<br />

Modelle<br />

Ideenphase:<br />

Finanzierung aus<br />

unmittelbarem Umfeld<br />

Entwicklung der<br />

Marktfähigkeit<br />

Proof of<br />

Concept<br />

Entwicklungs- und<br />

Wachstumsphase:<br />

Finanzierungsformen<br />

& sozialer<br />

Kapitalmarkt


Sozialunternehmer | 15<br />

FOTO: PantherMedia/Scott Griessel<br />

sprießen Institute, Lehrstühle und Forschungsbereiche<br />

aus dem Boden, die sich<br />

den Themen Nachhaltigkeit, gesellschaftliche<br />

Innovation oder <strong>Social</strong> Business<br />

widmen. Private Hochschulen wie die<br />

Zeppelin Universität in Friedrichshafen<br />

oder die EBS in Wiesbaden versuchen<br />

sich mit dem Thema genauso zu profilieren<br />

wie die altehrwürdige Universität<br />

Heidelberg. Interessanterweise weiten<br />

traditionelle Lehrstühle für Unternehmertum,<br />

wie etwa an der FU Berlin oder<br />

an den Hochschulen Münchens, ihre<br />

Aktivitäten auf <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

genauso aus wie einige Organisationen<br />

aus der Soziologie oder dem Wohltätigkeitssektor.<br />

Das Spektrum von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

ist weit und reicht von der Klimaproblematik<br />

über Integrationsfragen<br />

bis zur Altersarmut. Vor allem geht es<br />

den Gründern darum, ihre Wirkung und<br />

nicht allein den unternehmerischen<br />

Gewinn zu optimieren. Insofern verwundert<br />

es nicht, dass sich im ganzen Land<br />

sogenannte Inkubatoren um gesellschaftlich<br />

innovative Jungunternehmer (z.B.<br />

<strong>Social</strong> Lab Köln, <strong>Social</strong> Impact Lab Berlin)<br />

kümmern. Ziel dieser Gründungsförderungseinrichtungen<br />

ist es, Projekte in<br />

ihren frühen Phasen anzuziehen und sie<br />

mit einem Entwicklungskontext zu versorgen,<br />

der von fachlichem Austausch<br />

über Räumlichkeiten bis hin zum Zugang<br />

zu Kapital oder Beteiligungen den gesamten<br />

Gründungsprozess abdeckt. In der<br />

Gründungsförderung der <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Akademie beispielsweise werden<br />

derzeit ca. 60 sozialunternehmerische<br />

Existenzgründungen betreut und<br />

nahezu täglich gibt es neue Anfragen und<br />

Bewerbungen.<br />

Am Anfang eines <strong>Social</strong> Business<br />

steht die Ideenfindung: Zahlreiche Ideenwettbewerbe<br />

versuchen, gute Ideen zu<br />

identifizieren und bürgerschaftliches<br />

Engagement (z.B. GENERATION-D) auszuzeichnen.<br />

Sobald diese Ideen konkreter<br />

und professionalisiert werden, gehen die<br />

Organisationen in den Inkubationsprozess<br />

über. Dort erarbeiten sie einen<br />

Geschäftsplan, entwickeln ein tragfähiges<br />

Geschäftsmodell und entwickeln ihr<br />

Wachstum und die Finanzierung unter<br />

professioneller Anleitung.<br />

Mit dem Nachweis, dass ihre Organisation<br />

selbst tragfähig ist („Proof of Concept“),<br />

was in der Regel fünf bis acht<br />

Jahre dauert, werden die Organisationen<br />

für den sozialen Kapitalmarkt und Unternehmerpreise<br />

interessant. Fonds wie<br />

Bonventure oder der <strong>Social</strong> Venture Fund<br />

haben sich auf die Finanzierungsbedürfnisse<br />

von <strong>Social</strong> Businesses spezialisiert.<br />

Gleichzeitig bieten immer mehr<br />

<strong>Stiftung</strong>en Darlehen oder Spenden als<br />

„Wagniskapital“ für diese Zielgruppe und<br />

versuchen damit auch ihre eigenen Wirkungsbilanzen<br />

zu verbessern. Wer sich<br />

als <strong>Social</strong> Entrepreneur bewährt hat,<br />

wird durch eine Auszeichnung als <strong>Social</strong><br />

Entrepreneur of the Year der Schwab <strong>Stiftung</strong><br />

oder als Ashoka Fellow einer breiten<br />

Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Inzwischen ist auch eine eigene Community<br />

entstanden, die sich dem Thema<br />

gesellschaftliche Innovation zugehörig<br />

fühlt. Man kann diese Aktivität unmittelbar<br />

in den sozialen Netzwerken verfolgen:<br />

Auf der Facebook-Seite der <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Akademie interagieren inzwischen<br />

fast 8.000 Menschen. Sie beteiligen<br />

sich an Wettbewerben, geben einander<br />

Feedback auf neue Geschäftsideen,<br />

finden Mitstreiter für ein neues Projekt<br />

oder empfehlen sich gegenseitig Förderprogramme<br />

und Ausbildungsmodule.<br />

Parallel dazu hat sich ein sozialer<br />

Kapitalmarkt entwickelt, der zunehmend<br />

die Bedürfnisse und Spezifika der <strong>Social</strong>-<br />

<strong>Entrepreneurship</strong>-Landschaft versteht<br />

und je nach Organisationsform, Sektor<br />

und Renditeerwartung (finanziell oder<br />

sozial) maßgeschneiderte Lösungen<br />

anbieten kann. Noch mehr Schub wird<br />

das von der Europäischen Union aufgelegte<br />

7. Forschungsrahmenprogramm auslösen,<br />

das in Abstimmung mit den europäischen<br />

und nationalen Förderprogrammen<br />

diesem Sektor zur Potenzialentwicklung<br />

verhelfen soll.<br />

Laut der 2011 veröffentlichten Ausgabe<br />

des <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> Monitor<br />

(GEM) arbeiteten 2009 in Deutschland<br />

bereits ca. 2% der Erwerbstätigen im<br />

Bereich <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>. Mit Blick<br />

auf das europäische Ausland, wie die<br />

Schweiz oder Skandinavien, die bereits 4<br />

bis 6% erreichen, sehen wir diese Tendenz<br />

steigend.<br />

Gleichwohl wird das junge Feld <strong>Social</strong><br />

<strong>Entrepreneurship</strong> nur dann sein Potenzial<br />

als Ökosystem und die darin gesteckten<br />

Erwartungen voll erfüllen können,<br />

wenn eine aktive Auseinandersetzung<br />

von gut arbeitenden gemeinnützigen<br />

Organisationen, dem Sozialstaat und<br />

gesellschaftlich verantwortungsvoll handelnden<br />

Unternehmen erfolgt. Im Vordergrund<br />

sollte die Maximierung der gesellschaftlichen<br />

Wirkung stehen.<br />

Dr. Dominik Domnik ist<br />

bei der <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Akademie verantwortlich<br />

für den Bereich<br />

Finanzierung und<br />

Förderung. <strong>Die</strong> im Jahr<br />

2010 von den vier Münchner Hochschulen<br />

gegründete Akademie fördert Sozialunternehmertum<br />

durch Bildung, Forschung, Beratung,<br />

Förderung sowie Netzwerkaufbau<br />

(ausführl. DIE STIFTUNG 1/2012, S. 24/25).


16 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Von Planeten und Talenten<br />

Wie wir die nächsten Etappen in der Weiterentwicklung von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> gemeinsam<br />

meistern Von Laura Haverkamp<br />

Mit innovativen Ideen und unternehmerischem<br />

Geist machen<br />

sich <strong>Social</strong> Entrepreneure<br />

für Problemlösungen<br />

in der Gesellschaft mitverantwortlich. <strong>Die</strong><br />

Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt:<br />

Ihre Arbeit wirkt. Aber auch: Viele stoßen<br />

auf immer wieder gleiche Hürden. Zu deren<br />

Abbau können <strong>Stiftung</strong>en viele Beiträge<br />

leisten. Wollen wir die Verbreitung<br />

sozialer Innovationen gezielt fördern,<br />

müssen wir vor allem kreative Finanzierungswege<br />

nutzen und mehr Talente für<br />

den unternehmerischen Sozialsektor begeistern.<br />

Am 6. November ist das internationale<br />

Netzwerk von Ashoka um sechs herausragende<br />

<strong>Social</strong> Entrepreneure reicher<br />

geworden. Sie alle zeichnen sich dadurch<br />

aus, dass sie für ein gesellschaftliches<br />

Problem eine innovative Lösung entwickelt<br />

und diese mit unternehmerischem Geist<br />

umgesetzt haben, und dass sie sich künftig<br />

als <strong>Social</strong> Entrepreneure in Vollzeit der<br />

Weiterentwicklung und Verbreitung ihrer<br />

Ideen widmen möchten. Damit gesellen<br />

sie sich zu mittlerweile 45 Fellows in<br />

Wie <strong>Stiftung</strong>en <strong>Social</strong> Entrepreneure unterstützen können<br />

Quelle: Ashoka<br />

Organisatorische<br />

Nachhaltigkeit<br />

Frühförderung<br />

„Proof of Concept“<br />

<strong>Stiftung</strong>en:<br />

• Modellförderung<br />

• Förderwettbewerbe<br />

Bsp. Startsocial<br />

Wachstumsförderung<br />

Professionalisierung<br />

Wendepunkt<br />

(„tipping point“)<br />

Ashoka:<br />

Stipendium, Capacity Building, Vernetzung<br />

<strong>Stiftung</strong>en und soz. Investoren:<br />

Zinsspenden, Bürgschaften<br />

Langfristinvestition/-förderung<br />

Banken (inkl. KfW) und soz. Investoren:<br />

Wachstumskredite, Eigenkapitalbeteiligungen<br />

Deutschland, fast 400 in Europa und<br />

3.000 in mehr als 80 Ländern weltweit.<br />

<strong>Social</strong> Entrepreneure sind in ganz<br />

unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />

Bereichen aktiv. Sie stärken die klein- und<br />

mittelständische Landwirtschaft durch<br />

außerfamiliäre Hofübergaben und Existenzgründungen<br />

(Christian Vieth, hofgründer.de),<br />

bringen durch Befundübersetzungen<br />

die Kommunikation zwischen<br />

Ärzten und Patienten auf Augenhöhe<br />

(Anja Kersten, Was hab ich?) oder schaffen<br />

in Deutschland durch Aufrunden eine<br />

Kultur des Gebens und ermöglichen wirksamen<br />

sozialen Projekten eine Wachstumsfinanzierung<br />

(Christian Vater,<br />

Deutschland rundet auf).<br />

Definition des Begriffs nicht an<br />

der Finanzierung festmachen<br />

Während der Begriff <strong>Social</strong> Entrepreneur<br />

immer bekannter wird, fehlt oft ein<br />

gemeinsames Verständnis zur Definition<br />

und Abgrenzung. Vier Aspekte lohnt es<br />

sich noch einmal vor Augen zu führen.<br />

<strong>Stiftung</strong>en und soz. Investoren:<br />

Mission Investing (direkt oder über Fonds)<br />

Indirekte Wirkung<br />

Direkte Wirkung<br />

Lebenszyklus<br />

Erstens: Der Begriff des Unternehmers<br />

als risikobereiter, kreativer wie konstruktiver<br />

Zerstörer eingefahrener Strukturen.<br />

Als jemand, der neue Ideen durch<br />

das Zusammendenken von Ressourcen<br />

tatsächlich umsetzen kann – und damit<br />

Innovation befördert.<br />

Zweitens: <strong>Die</strong> Mission. Für den <strong>Social</strong><br />

Entrepreneur steht Problemlösung im<br />

Mittelpunkt und die positive Wirkung seiner<br />

neuen Ideen, nicht Umsatzwachstum.<br />

Ziel ist es, die Ideen zu verbreiten und<br />

ihre Wirkung zu erhöhen. Das kann über<br />

direktes Wachstum einer eigenen Organisation<br />

geschehen. Und es geschieht<br />

häufig noch viel kraftvoller durch indirektes<br />

Wachstum, also zum Beispiel durch<br />

die Verbreitung von Ideen in andere Organisationen<br />

oder Infrastrukturen hinein.<br />

Drittens: Nicht das Finanzierungsmodell<br />

definiert, ob jemand <strong>Social</strong> Entrepreneur<br />

ist oder nicht. Sozialunternehmer<br />

sind oft in schwierigen gesellschaftlichen<br />

Bereichen aktiv, in denen keine klassischen<br />

Märkte aus Angebot und Nachfrage<br />

entstanden sind. Je nach Thematik – denken<br />

Sie beispielsweise an die Reintegration<br />

von straffälligen Jugendlichen – werden<br />

die Modelle von Sozialunternehmern<br />

neben eigenen Einnahmen immer auch<br />

Anteile öffentlicher Fördermittel, von <strong>Stiftung</strong>sgeldern<br />

und Spenden integrieren.<br />

Das ist gut und richtig so.<br />

Es kommt viertens nicht darauf an,<br />

dass sich der <strong>Social</strong> Entrepreneur auch<br />

als solcher bezeichnet. Viele Ashoka Fellows<br />

kannten vor der Aufnahme in das<br />

internationale Netzwerk den Begriff nicht<br />

und wurden erst durch den Kontakt mit<br />

Ashoka damit vertraut. Oft jedoch hat<br />

der Begriff eine identitätsstiftende Funktion:<br />

Auf einmal ist man nicht mehr der<br />

„seltsame Querdenker“ oder der, der<br />

weder „richtiger Unternehmer“ noch „richtig<br />

sozial“ ist.<br />

<strong>Die</strong> eingangs genannte Verteilung<br />

der Ashoka Fellows weltweit ist auch ein<br />

Indikator dafür, dass das Konzept des<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> in vielen europäischen<br />

– oft von starken sozialstaatlichen


Sozialunternehmer | 17<br />

FOTO: Ashoka/Christian Klant<br />

<strong>Die</strong> neuen Ashoka Fellows wurden Anfang November in München vorgestellt. Von links: Thorsten<br />

Kiefer (Wash United), Elisabeth Raith-Paula (MFM-Projekt), Christian Vieth (hofgruender.de), Anja<br />

Kersten (Was hab ich?), Christian Vater (Deutschland rundet auf) und Heinz Frey (DORV-Zentren).<br />

Strukturen geprägten – Ländern erst vergleichsweise<br />

spät Fuß gefasst hat. <strong>Die</strong><br />

vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt:<br />

Auch in einem etablierten Sozialstaat<br />

gibt es für Sozialunternehmer nicht nur<br />

eine Existenzberechtigung, sondern wirklichen<br />

Bedarf.<br />

Strukturen verändern sich<br />

nicht von heute auf morgen<br />

Wir können heute sicherer denn je sagen:<br />

Es gibt Sozialunternehmer; und ihre<br />

Ideen wirken. Das zeigen unter anderem<br />

die Wirkungsprofile, die Ashoka mit den<br />

deutschen Fellows seit einigen Jahren<br />

erarbeitet – basierend auf einem einheitli<br />

chen Reporting-Standard für soziale<br />

Initia tiven. Sie zeigen, was Fellows motiviert<br />

und antreibt, welche Leistungen sie<br />

erbrin gen und welche Veränderungen<br />

durch diese in der Gesellschaft erzielt<br />

werden.<br />

Sie ersparen dem Sozialstaat Ausgaben<br />

– zum Beispiel Judy Korn, die<br />

durch ihr Programm die übliche Re-Inhaf­<br />

tierungsquote jugendlicher Straftäter<br />

von 41,5% auf unter 30% senkt und damit<br />

dem Staat rund 73.000 EUR pro Kopf<br />

spart (Vergleich Inhaftierungskosten<br />

versus Trainingsaufwendungen). Oder<br />

sie vermeiden Folgekosten – zum Beispiel<br />

Meinrad Armbruster, der die Erziehungskompetenz<br />

von Eltern aus sozial<br />

benachteiligten Familien stärkt. Sie<br />

schaffen neue Beschäftigungsfelder und<br />

überwinden Benachteiligungen in der<br />

Gesellschaft.<br />

Ist also alles in bester Ordnung? Optimistisch<br />

in die Zukunft blickend kann<br />

man sagen: Ja, vieles ist auf einem guten<br />

Weg. Das Interesse steigt in Praxis und<br />

Wissenschaft, immer mehr Akteure entdecken<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> für sich<br />

und werden sinnvoll aktiv.<br />

Gleichzeitig verändern sich gelernte<br />

Strukturen nicht von heute auf morgen.<br />

In weiten Teilen der Gesellschaft ist das<br />

Konzept weiterhin unbekannt, und auch<br />

in der Gestaltung von Rahmenbedingungen,<br />

die <strong>Social</strong> Entrepreneure unterstützen,<br />

gibt es noch viel zu tun.<br />

Es sind vor allem<br />

zwei Themen, die für<br />

viele Sozialunternehmer<br />

immer wieder<br />

zur Hürde werden.<br />

Felix Oldenburg,<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

von Ashoka<br />

Deutschland, bringt<br />

diese auf den Punkt: Felix Oldenburg<br />

„Auch die revolutionärsten<br />

Ideen und Geschäftsmodelle<br />

kommen ohne zwei Zutaten nicht aus: Sie<br />

brauchen die richtige Finanzierung und<br />

sie brauchen tolle Mitarbeiter und Mitunternehmer.<br />

Und was uns davon abhält,<br />

mehr von diesen Zutaten zu finden, sind<br />

zwei Schubladen in den Köpfen, die noch<br />

fest geschlossen sind. Erstens: entweder<br />

fördern oder investieren. Und: entweder<br />

engagieren oder Karriere machen.“<br />

Stellen Sie sich kurz folgendes Bild<br />

vor: Zwei Unternehmer gehen in die Bank.<br />

Einer hat ein neues Maschinenteil mit<br />

Weltmarktpotenzial. Der andere verdoppelt<br />

den Bildungserfolg von Kindern mit<br />

Migrationshintergrund. Wer von beiden<br />

bekommt die Wachstumsfinanzierung?<br />

Gerechterweise sollten beide sie erhalten.<br />

<strong>Die</strong> Realität jedoch sieht häufig anders<br />

aus. Wie aber können wir Sozialunternehmern<br />

einen ähnlich guten Zugang zu<br />

bedarfsgerechten Finanzierungen geben<br />

wie Gründern in der Wirtschaft?<br />

Bildlich gesprochen leben Finanziers –<br />

private Spender und Banken, öffentliche<br />

Hand, <strong>Stiftung</strong>en – auf unterschiedlichen<br />

Planeten, auf denen sehr verschiedene<br />

Lebensbedingungen herrschen. Um sein<br />

Wirkungspotenzial auszuschöpfen,<br />

braucht ein <strong>Social</strong> Entrepreneur meist<br />

die Unterstützung verschiedener Finanziers<br />

– beispielsweise Spenden in der<br />

Anfangsphase und niedrigverzinste Darlehen<br />

für einen Wachstumsschritt. Heute<br />

muss er als gut gebildeter Astronaut von<br />

Planet zu Planet reisen und versuchen –<br />

häufig vergebens –, die Lebensbedingungen<br />

der einzelnen Planeten miteinander<br />

in Einklang zu bringen.


18 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Wie <strong>Stiftung</strong>en soziale Innovationen unterstützen können<br />

• Sozialunternehmer finden: Ideen und ihre unternehmerischen Gründer für eine Aufnahme<br />

ins Ashoka Netzwerk nominieren<br />

• Früh ansetzen: Ideen in Wettbewerben identifizieren / Modellförderungen umsetzen<br />

• Aufbau und Professionalisierung unterstützen: wirkungsorientiert spenden, Zweckbindung<br />

reduzieren zugunsten unternehmerischen Spielraums, neue Kombinationen ausprobieren:<br />

(1) Zinsspenden – Eine Bank und eine <strong>Stiftung</strong> können gleichzeitig ein Darlehen geben und<br />

die Zinsen spenden, (2) Bürgschaften – Eine <strong>Stiftung</strong> kann bei einer Bank eine Garantie für<br />

einen <strong>Social</strong> Entrepreneur geben<br />

• Auch das <strong>Stiftung</strong>svermögen für den Zweck einsetzen: Mission Investing – Manche <strong>Social</strong> Entrepreneure<br />

sind investabel. Eine aktuelle Studie des Bundesverbandes Deutscher <strong>Stiftung</strong>en<br />

zeigt, dass <strong>Stiftung</strong>en ohne rechtliches und finanzielles Risiko hier erste Schritte gehen können.<br />

Was aber wäre, wenn die Planeten<br />

selbst lernten, ihre Kompetenzen zu verbinden,<br />

um wirkungsvolle Ideen zu finanzieren?<br />

Spender wie Investoren müssen<br />

zukünftig umdenken, wenn sie ihre<br />

Finanzierungen zum Wohle der sozialen<br />

Organisationen kombinieren und aus<br />

dem Plane ten- ein Ökosystem schaffen<br />

wollen, in dem soziale Innovationen<br />

in ganz Deutschland besser wachsen<br />

können.<br />

Mischfinanzierung aus<br />

Bank- und <strong>Stiftung</strong>skredit<br />

Erste Beispiele neuer Finanzierungspartnerschaften<br />

gibt es bereits: Der<br />

<strong>Social</strong> Entrepreneur Björn Czinczoll bietet<br />

mit der Kinderzentren Kunterbunt<br />

gGmbH Komplettlösungen für betriebliche<br />

Kinderbetreuung an, für deren<br />

Verbrei tung er 400.000 EUR brauchte. <strong>Die</strong><br />

Renditeerwartung von 8% p.a. eines<br />

sozia len Investors konnte er in den ersten<br />

Jahren nicht erfüllen. Durch ein zinslo ses<br />

Darlehen einer <strong>Stiftung</strong> für die Hälfte des<br />

benötigten Kapitals sank die Rückzahlungsverpflichtung<br />

insgesamt auf 4%<br />

(Mittelwert aus 0% Zins und 8% Zins).<br />

Mittlerweile wurden bundesweit 34<br />

(betriebliche) Kinderbetreuungszentren<br />

errichtet.<br />

Wichtig ist hier: Durch das Darlehen<br />

wird die Wirkung der Spende vervielfacht.<br />

Manchmal ist nur durch solche<br />

Kombinationen eine ausreichende<br />

Wachstumsfinanzierung für eine soziale<br />

Innovation überhaupt möglich.<br />

Eine Idee, ein <strong>Social</strong> Entrepreneur und<br />

eine Finanzierung allein bringen jedoch<br />

noch keinen Erfolg: Jeder <strong>Social</strong> Entrepreneur<br />

braucht Mitstreiter, Mitunternehmer,<br />

Mitdenker. <strong>Die</strong>se aber fehlen oft. Warum?<br />

Viele Menschen finden in sozialen<br />

Organisationen zwar Freude im Engagement,<br />

aber kaum Karrierewege. <strong>Die</strong> Ergebnisse<br />

einer repräsentativen Umfrage von<br />

Ashoka und der Unternehmensberatung<br />

McKinsey zeigen: Nur 60% der Befragten<br />

kennen die beruflichen Möglichkeiten im<br />

Sozialsektor – und nur 15% haben bisher<br />

ernsthaftes Interesse an einer Tätigkeit in<br />

Sozialorganisationen. Auf der Liste der<br />

für Arbeitgeber wichtigen Qualifika tionen<br />

ist berufliche Erfahrung im Sozialsektor<br />

auch noch kein Plusfaktor.<br />

In der Kombination führt dies oft<br />

dazu, dass Berufswege im Sozialsektor<br />

für die eigene Entwicklung ausgeschlossen<br />

werden. Gleichzeitig zeigt die Studie:<br />

Sozialunternehmen gewinnen deutlich an<br />

Attraktivität als potenzielle Arbeitgeber,<br />

je mehr die Befragten über ihre Arbeit<br />

erfahren. Was gibt es nun zu tun?<br />

Weitere Informationen:<br />

www.social-reporting-standard.de<br />

www.stiftungen.org/de/publikationen/unsere-publikationen/studien.html<br />

Um Wege in den unternehmerischen<br />

Sozialsektor zu öffnen, entsteht momentan<br />

mit Hilfe von Ashoka die erste spezialisierte<br />

Personalagentur: Das Team von<br />

Talents4Good hilft Sozialunternehmen<br />

bei der Definition ihrer Personalbedarfe<br />

und vermittelt Interessenten, die ihren<br />

bisherigen Karriereweg im Rahmen von<br />

Projekteinsätzen oder auf Dauer verlassen<br />

möchten. Erste erfolgreiche Vermittlungen<br />

zeigen, dass inhaltliche Begleitung<br />

über die reine Vermittlungsleistung<br />

hinaus sehr wichtig ist, um vielfältige<br />

Anforderungen gut in Jobprofile zu gießen<br />

und Karrierewege zu öffnen.<br />

Darüber hinaus können zielgruppenspezifische<br />

Angebote die Durchlässigkeit<br />

in den unternehmerischen Sozialsektor<br />

und aus ihm hinaus fördern, zum Beispiel<br />

für Nachwuchssozialunternehmer, Wiedereinsteiger<br />

oder erfahrene Mitarbeiter<br />

über 60 Jahre. Erste Initiativen sind in<br />

der Vorbereitung.<br />

Fazit<br />

<strong>Die</strong> gute Nachricht: Das Basislager ist<br />

erreicht. <strong>Social</strong> Entrepreneure genießen<br />

in unserer Gesellschaft stärker werdenden<br />

Rückenwind. Es lohnt sich, nun<br />

gemeinsam die nächsten Etappen in<br />

Angriff zu nehmen. <strong>Stiftung</strong>en können<br />

<strong>Social</strong> Entrepreneure und die Verbreitung<br />

ihrer Innovationen aktiv unterstützen –<br />

im Rahmen der Finanzierung genauso<br />

wie in der Ermöglichung von attraktiven<br />

Karrierewegen.<br />

Laura Haverkamp koordiniert<br />

im Team von<br />

Ashoka Deutschland<br />

die Suche nach und<br />

Auswahl von <strong>Social</strong><br />

Entre preneuren für das<br />

internationale Netzwerk. Ashoka ist die<br />

größte Organisation zur Förderung von<br />

<strong>Social</strong> Entrepreneuren weltweit und unterstützt<br />

knapp 3.000 Ashoka Fellows in<br />

80 Ländern.


Sozialunternehmer | 19<br />

Lieber wir als ihr<br />

Deutschland erlebt die Rückkehr der Selbstversorger<br />

Von Anja Steinbuch<br />

FOTO: PantherMedia/Richard Griffin<br />

Immer mehr Menschen in Deutschland<br />

gründen eigene Gemüsehöfe,<br />

Handwerksbetriebe, Obst- und Gemüseläden<br />

sowie Postfilialen oder<br />

kümmern sich um <strong>Die</strong>nstleistungen in<br />

Dörfern und Stadtteilen, die sonst zu Servicewüsten<br />

verkommen würden. Auch<br />

die Versorgung mit Strom und Wärme wird<br />

in einigen Ortschaften mittlerweile in Eigenregie<br />

gestemmt. <strong>Die</strong>se Initiativen geben<br />

ihre Erfahrungen nun an Interessierte im<br />

ganzen Land und sogar weltweit weiter.<br />

Das Prinzip „Lieber wir als ihr“ lässt sich<br />

beliebig multiplizieren und anwenden.<br />

Wie wollen wir<br />

leben? <strong>Die</strong>se Frage<br />

stellten sich eine<br />

Handvoll Bewohner<br />

des 1.400-Seelen-<br />

Dorfes Barmen bei<br />

Jülich, als vor zwölf<br />

Jahren die Sparkassenfiliale<br />

ihre Pforten<br />

für immer<br />

Jürgen Spelthann<br />

schloss. „Le bensmittelgeschäft<br />

und Post hatten schon<br />

Jahre vorher aufgegeben“, erinnert sich<br />

Stadtplaner Jürgen Spelthann. Vor Ort<br />

gab es kei ne <strong>Die</strong>nstleistungen mehr.<br />

„Unser Dorf wirk te ausgestorben“,<br />

berichtet Stadtrat Heinz Frey. Um einen<br />

Arzt aufzusuchen, ein Reisebüro, die KFZ-<br />

Meldestelle, einen Supermarkt, Post und<br />

Banken, mussten die Barmener ins sieben<br />

Kilometer ent fernte Jülich fahren.<br />

Das ärgerte die Dorfbewohner. Doch<br />

was tun? Eigeninitiative war gefragt.<br />

Einige der Alleingelassenen gründeten<br />

kurzerhand ihren eigenen Laden, genannt<br />

DORV-Zentrum. Was sich wie ein Rechtschreibfehler<br />

liest, ist die Abkürzung für<br />

„<strong>Die</strong>nstleistung und Ortsnahe Rundum<br />

Versorgung“. <strong>Die</strong> Renaissance des Tante-<br />

Emma-Ladens. Ähnliches lässt sich inzwischen<br />

aus zehn weiteren Ortschaften in<br />

Deutschland vermelden.<br />

100.000 EUR Startkapital für<br />

modernen Tante-Emma-Laden<br />

Wie die Barmener nehmen inzwischen<br />

überall in Deutschland Bürger ihre<br />

Nahversorgung selbst in die Hand. Den<br />

Grund dafür beschreibt Claudia Neu,<br />

Soziologin an der Hochschule Niederrhein:<br />

„Mit den weggegangenen Händlern ist in<br />

vielen Quartieren der soziale Treffpunkt<br />

verloren gegangen.“ <strong>Die</strong>se fehlende Lebensqualität<br />

wollen viele Bewohner von Dörfern<br />

oder kleineren Städten zurückhaben.<br />

Rund 200 solcher Initiativen gibt es<br />

bereits zwischen Flensburg und dem<br />

Bodensee, schätzen Fachleute.<br />

Nachdem in dem kleinen Ort im Rheinland<br />

in die ehemaligen Sparkassen-Räume<br />

ein Dorfladen, ein Postschalter, eine Mel­<br />

destelle und ein Geldautomat installiert<br />

worden waren und die Bewohner ihr<br />

DORV-Zentrum angenommen hatten, riefen<br />

Interessierte aus ganz Deutschland in<br />

Barmen an: „Wie habt ihr das gemacht?“<br />

Viele waren neugierig geworden.<br />

Der Reihe nach: Zunächst brauchte man<br />

Geld. <strong>Die</strong> Barmener mussten 100.000 EUR<br />

Startkapital für ihren Laden aufbringen.<br />

Viele der Bewohner haben DORV-Anteile<br />

zu je 250 EUR gekauft.<br />

Heinz Frey und<br />

seine Mitstreiter<br />

überzeugten zusätzlich<br />

sieben Barmener<br />

Bürger, dem<br />

DORV-Zentrum verzinste<br />

Kredite zu geben.<br />

Kredite von<br />

Banken gab es keine,<br />

da dort niemand<br />

Heinz Frey<br />

an die Idee glaubte,<br />

erinnert sich Jürgen<br />

Spelthann. <strong>Die</strong> Dorfbewohner gründeten<br />

einen Verein, der wiederum eine GbR und<br />

eine GmbH beauftragt.<br />

Als ehrenamtlicher DORV-Geschäftsführer<br />

hat Heinz Frey mit seinem Team<br />

das Projekt nachträglich strukturiert.<br />

Was klappte besonders gut und was lässt<br />

sich daraus als Prinzip ableiten? Welche


20 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Auf dem Tomatenfest des Kartoffelkombinats<br />

wur den die unterschiedlichsten Sorten verkostet –<br />

für Stadtkinder ist es oft eine Überraschung, dass<br />

es nicht nur eine Sorte gibt.<br />

Bundesumweltminister Peter Altmaier (7. v.r.)<br />

besuchte in diesem Sommer das energie autarke<br />

Dorf Feldheim und bezeichnete es als „gelungenes<br />

Beispiel für ganz Deutschland“.<br />

Mit DORV entstand in Barmen bei Jülich ein<br />

Tante-Emma-Laden des 21. Jahrhunderts.<br />

Kriterien müssen das Dorf, das Quartier,<br />

der Stadtteil und die Bürger erfüllen,<br />

damit DORV funktioniert?<br />

Frey stellte hierfür Jürgen Spelthann als<br />

Projektleiter ein. Seitdem erstellen sie gemeinsam<br />

Bedarfsanalysen für interessierte<br />

Gemeinden. Sie haben täglich Termine mit<br />

Bürgermeistern und Medienvertretern.<br />

<strong>Die</strong> DORV-Machbarkeitsstudie ist inzwischen<br />

eine Beratungsleistung, die<br />

Geld kostet – je nach Aufwand zwischen<br />

3.000 und 6.000 EUR. Mittlerweile sitzt<br />

Frey in einem Expertenrat des Bundesbauministeriums<br />

und ist Fellow von<br />

Ashoka, des internationalen Netzwerks<br />

für Sozialunternehmer.<br />

Kommunikation, <strong>Die</strong>nstleistung, sozialmedizinische<br />

Versorgung, Lebensmittel<br />

und ein Kulturangebot – das sind die fünf<br />

Säulen, auf denen DORV aufbaut. „Jede<br />

von ihnen muss vertreten sein“, erklärt<br />

Projektleiter Spelthann. Nur dann laufe<br />

der Laden.<br />

Menschen sollen sehen,<br />

wo ihr Gemüse wächst<br />

Zu Produzenten anstatt nur Abnehmern<br />

machen die Initiatoren des Kartoffelkombinats<br />

in München ihre Kundschaft.<br />

<strong>Die</strong> Genossenschaft unterstützt regionale<br />

Kartoffelbauern durch Abnahmegarantien<br />

und langfristige Partnerschaften.<br />

Familienbetriebe bekommen so neue<br />

Pers pektiven und können sich gegen die<br />

großen Gemüseproduzenten behaupten.<br />

Das im Frühjahr 2012 gegründete Unternehmen<br />

baut sich derzeit eine eigene<br />

Verteil- und Lieferlogistik auf und nutzt das<br />

Internet, um genossenschaftliche, basisdemokratische<br />

Entschei dungsprozesse zu koordinieren.<br />

„Wir wol len mehr sein als eine<br />

Biokiste“, betont Vorstand und Mitgründer<br />

Daniel Überall. Oberstes Ziel: Unabhängigkeit<br />

von industriellen Agrarstrukturen,<br />

um selbst zu bestimmen, was angebaut<br />

wird und vor allem wie.<br />

„Uns ist die hohe Identifikation mit dem<br />

Betrieb ganz wichtig“, betont der Vorstand.<br />

„Mit regelmäßigen Hoffesten und<br />

Führungen wollen wir erreichen, dass die<br />

Leute sehen, wo ihr Gemüse wächst, und<br />

sich als Teil der Gemeinschaft verstehen.<br />

So verlassen sie auch das typische passive<br />

Konsumentendenken.“<br />

<strong>Die</strong> Absprache<br />

mit ihrem Gärtner<br />

beinhaltet langfristig,<br />

dass der Betrieb in Zukunft<br />

vollständig als<br />

Genossenschaft gepachtet<br />

wird. Überall:<br />

„Man hat als Mitglied<br />

wirklich das<br />

Gefühl: Das ist unsere<br />

Gärtnerei.“<br />

Daniel Überall<br />

Pro Woche melden sich derzeit fünf<br />

neue Interessenten. 135 Haushalte gehören<br />

bereits zu den Genossen. 500 Mitglieder<br />

brauchen die Münchner, um den Hof<br />

komplett autark zu betreiben.<br />

Brandenburger bauen<br />

eigenes Strom- und Wärmenetz<br />

Ein weiterer Trend: Energieautarke Ortschaften.<br />

Das bedeutet Unabhängigkeit<br />

von den großen Energieversorgern und<br />

deren Preisgestaltung.<br />

Ein Beispiel: Treuenbrietzen-Feldheim,<br />

eine kleine Gemeinde südwestlich von<br />

Berlin. <strong>Die</strong> Brandenburger erzeugen nicht<br />

nur Strom und Heizwärme in Eigenregie.<br />

Sie haben auch ihr eigenes Strom- und<br />

Wärmenetz gebaut. Damit sind sie als erste<br />

Kommune Deutschlands unabhängig von<br />

den Energiekonzernen.<br />

Das Rückgrat der Stromversorgung<br />

bilden 43 Windräder, die sich am Ortsrand<br />

drehen. Normalerweise versorgen sie die<br />

drei Betriebe und die knapp 200 Bewohner<br />

Feldheims mit ausreichend Strom. Bei<br />

Windstille wird eine Biogasanlage eines<br />

Bauern dazugeschaltet. Auch eine Holzhackschnitzel-Heizung<br />

steht dem örtlichen<br />

Energiepark zur Verfügung. <strong>Die</strong> springt<br />

an, wenn es besonders kalt ist. Am Ortsrand<br />

steht außerdem ein Solarpark.<br />

Ende der 1990er Jahre errichtete ein<br />

Anwohner die ersten Windräder. Daraus<br />

entstand die Idee, auch ein eigenes Stromnetz<br />

zu kaufen. <strong>Die</strong> Bewohner Feldheims<br />

FOTOS: KARTOFFELKOMBINAT, Neue Energien FORUM Feldheim, DORV


Sozialunternehmer | 21<br />

gründeten eine Gesellschaft, in die jeder<br />

3.000 EUR Einlage zahlte. Ein eigenes<br />

Stromnetz wurde aufgebaut. Für ihre<br />

Investition bekamen die Einwohner einen<br />

neuen billigeren Strom- und Wärmeanschluss.<br />

25% weniger bezahlen sie heute<br />

für ihre Energie.<br />

Und nicht nur das: Das eigens gegründete<br />

Unternehmen „Energiequelle“ errichtete<br />

im Ort auch eine Fabrik für Solaranlagen<br />

und schuf 20 Arbeitsplätze. Mit den<br />

dadurch verbundenen Steuereinnahmen<br />

wurde ein neuer Sportplatz samt Flutlicht<br />

gebaut und die Straßen erneuert.<br />

Michael Raschemann, Geschäftsführer<br />

der „Energiequelle“, ist überzeugt, dass<br />

zahlreiche Gemeinden dem Beispiel Feldheim<br />

nacheifern werden: „Ich bin sicher,<br />

dass wir in naher Zukunft noch viele Feldheims<br />

sehen werden“, so der Firmenchef.<br />

Mehrere Tausend Interessierte besuchen<br />

jährlich den abgelegenen Ort in<br />

Brandenburg. Sie kommen nicht nur aus<br />

Deutschland, sondern beispielsweise auch<br />

aus Chile und Japan. Seit dem Reaktorunglück<br />

von Fukushima gibt es dort ein<br />

großes Interesse an alternativen Energiequellen.<br />

<strong>Die</strong> Bewohner von Treuenbrietzen-Feldheim<br />

haben gezeigt wie es geht –<br />

ohne Hilfe von Politik und Konzernen.<br />

Tatsächlich existieren in Deutschland<br />

bereits mehr als 200 ähnlich energieautarke<br />

Kommunen. Sie erzeugen mit erneuerbaren<br />

Energien so viel Strom und Wärme,<br />

wie sie selbst benötigen. Der Strom wird<br />

allerdings nicht direkt zu den Haushalten<br />

geleitet, sondern ins Stromnetz eingespeist.<br />

Dafür erhalten die Kommunen eine staatlich<br />

festgelegte Einspeisevergütung.<br />

Fazit<br />

Während im Regierungsviertel der Hauptstadt<br />

noch über die Energiewende diskutiert<br />

wird, während Lobbyisten noch versuchen,<br />

die Versorgungskonzerne zu entund<br />

die Verbraucher mit den Kosten zu<br />

belasten, haben anderswo Bürgermeister,<br />

Gemeindevertreter und Initiativen bereits<br />

Nägel mit Köpfen gemacht. Ihre Erfolge<br />

zeigen: <strong>Die</strong> Grundversorgung der Menschen<br />

ist ohne gefährlichen Atomstrom<br />

und ohne Konzerne, die die Preise dafür<br />

diktieren, möglich.<br />

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Ideen und Erfi ndungen umsetzen<br />

Kreativitäts:Labor<br />

Vernetzt denken für nachhaltige Lösungen<br />

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Hans Sauer <strong>Stiftung</strong> • Haus des Stiftens • Landshuter Allee 11 • 80637 München • www.hanssauerstiftung.de • www.facebook.com/hanssauerstiftung


22 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

<strong>Die</strong> Kasse muss stimmen<br />

Wie kostendeckendes Sozialunternehmertum möglich ist Von Dr. Sabine Theadora Ruh<br />

Pläne, die Welt zu verbessern, haben<br />

viele Menschen. <strong>Die</strong> Herausforderung<br />

für Sozialunternehmer<br />

liegt darin, hieraus tragfähige<br />

Geschäftsmodelle zu entwickeln. Denn<br />

sonst würden sich <strong>Social</strong> Businesses<br />

kaum von innovativen spendensammelnden<br />

Organisationen unterscheiden. Beispiele<br />

für Existenzgründer, denen dies<br />

gelungen ist, existieren durchaus. Und<br />

für die Expansionsfinanzierung gibt es<br />

seit Neuestem auch ein spezielles Förderprogramm.<br />

<strong>Die</strong> „Theorie der wirtschaftlichen<br />

Entwick lung“ des Ökonomen Joseph<br />

Schum peter aus dem Jahr 1911 ist keine<br />

ganz leichte Kost. Doch nicht zufällig gehört<br />

sie zu den bekanntesten Werken der<br />

Wirtschaftswissenschaften des 20. Jahrhunderts.<br />

Schon damals, mit 28 Jahren,<br />

formulierte der junge Professor aus Graz<br />

Weltbewegendes.<br />

Für Schumpeter agiert ein Unternehmer<br />

nicht ausschließlich als „homo<br />

oeconomicus“. Er nannte als Handlungsmotiv<br />

nicht nur die Gewinnmaximierung,<br />

sondern auch die privatwirtschaftliche<br />

Lösung sozialer Probleme, von ihm damals<br />

formuliert als „politischer Unternehmer“.<br />

Der Begriff ist mittlerweile veraltet –<br />

Das Angebot der KfW für Sozialunternehmen<br />

stattdessen nutzen wir heute ganz weltgewandt<br />

die Bezeichnung <strong>Social</strong> Entrepreneur.<br />

Doch die eigentliche Idee ist<br />

lebendiger denn je. Zahlreiche Existenzgründer<br />

wollen mit ihren Unternehmen<br />

vor allem einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher<br />

Probleme leisten und haben<br />

hierfür Geschäftsmodelle, die sich auf<br />

dem Markt durchaus bewähren.<br />

„Schöne Dinge kreieren<br />

und Menschen unterstützen“<br />

Beispielsweise die gemeinnützige GmbH<br />

Loony, ein gemeinsames Projekt der Staatlichen<br />

Akademie der Künste Stuttgart –<br />

Studiengang Industrial Design – und des<br />

Diakonischen Werks Baden. <strong>Die</strong> Studieren<br />

den der Akademie entwickeln dabei<br />

exklu siv gestaltete<br />

Gebrauchsgegenstände<br />

als Geschenkprodukte.<br />

Menschen<br />

mit psychi schen Erkrankungen,<br />

die in<br />

Einrichtungen der<br />

Dia konie leben und/<br />

oder arbeiten, stellen<br />

diese her und unterstützen<br />

beim Ver trieb. Stephan Schmidt<br />

Das Programm der KfW zur Förderung von Sozialunternehmen (Programmnummer 091) ermöglicht<br />

eine Expansionsfinanzierung für Kapitalgesellschaften, die mit ihren Produkten oder <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen. Das Geschäftsmodell soll sich<br />

mittel- und langfristig selbst tragen. Nicht gefördert werden u.a. Existenzgründungen oder<br />

Sanie rungsfälle.<br />

<strong>Die</strong> KfW beteiligt sich hierzu gemeinsam mit einem Partnerinvestor an den Unternehmen.<br />

<strong>Die</strong> Form und die Konditionen der Beteiligung orientieren sich an denen des Partnerinvestors.<br />

<strong>Die</strong> KfW wird nicht in der Geschäftsführung tätig. Partnerinvestor kann eine bei der KfW akkreditierte<br />

Beteiligungsgesellschaft, aber auch eine natürliche oder juristische Person sein. Der<br />

Partnerinvestor berät und unterstützt das Sozialunternehmen. Er begleitet die Geschäftsführung<br />

und die Entwicklung des Unternehmens und berichtet an die KfW. Weder die Bank noch<br />

der Investor verlangen hierfür Sicherheiten.<br />

<strong>Die</strong> KfW-Beteiligung kann bis zu 50% des Gesamtbeteiligungsbetrags ausmachen. Der Höchstbetrag<br />

liegt bei 200.000 EUR, der Mindestbetrag in der Regel bei 50.000 EUR.<br />

Sozialunternehmen im Anfangsstadium ist es unbenommen, sich um einen „normalen“ Existenzgründerkredit<br />

zu bemühen – wie z.B. „StartGeld“ (Programmnummer 067).<br />

www.kfw.de<br />

„Schöne Dinge kreieren und Menschen<br />

unterstüt zen, die nicht in der Lage sind,<br />

sich selbst zu helfen“, so beschreibt Geschäftsführer<br />

Stephan Schmidt seine Motivation.<br />

Dabei steht „loony“ aus dem Englischen<br />

kommend für „schräg“. <strong>Die</strong>sem Prinzip<br />

folgen alle Produkte im Sortiment:<br />

vertraute Materialien und Produkte in<br />

einen etwas anderen Kontext gestellt.<br />

Und das mit Erfolg. Neben einigen anderen<br />

Auszeichnungen bekam die Kreativschmiede<br />

den Sonderpreis der Bundeskanzlerin<br />

im Rahmen des „startsocial“<br />

Wettbewerbs. Trendsetter Loony erfährt<br />

zudem als einer der ersten Kunden eine<br />

Finanzspritze durch ein speziell für<br />

Sozial unternehmen konzipiertes Förderprogramm<br />

der KfW Mittelstandsbank. Ein<br />

umfangreicher Beratungsprozess samt<br />

nachhaltiger Unterstützung inklusive.<br />

Loony kann auf eine mittelfristige Perspektive<br />

setzen – der Businessplan sieht<br />

vor, dass eine Kostendeckung nach etwa<br />

fünf Jahren realistisch ist. Mit dem Darlehen<br />

ist es möglich, den Umsatz zu erhöhen<br />

und den Warenbestand aufzustocken.<br />

„Unser Geschäftsmodell umfasst eine<br />

Vorfinanzierung. Wir wollen durch die<br />

nun mögliche Expansion die Marke<br />

weiter aus- und aufbauen und auch das<br />

Sortiment vergrößern – mit einer kleinen<br />

Möbelserie“, erläutert Schmidt.<br />

Und auf der anderen Seite schafft das<br />

Projekt sinnvolle Tätigkeiten, Arbeitsqualität,<br />

Motivation und Identifikation –<br />

positive Erlebnisse also für den Heilungsprozess.<br />

Oder wie es die Designerin<br />

Kathrin-Luise Stumpf formuliert: „Ich habe<br />

es persönlich erfahren: Selbst etwas herzustellen<br />

stärkt das Selbstbewusstsein,<br />

erhöht die Zufriedenheit und beeinflusst<br />

positiv die eigene Lebenseinstellung.“<br />

Als Sozialunternehmerin hat sich Ria<br />

Schmidt (Namensgleichheit reiner Zufall)<br />

bislang noch nie gesehen, obwohl sie<br />

sich engagiert für Kinder mit Defiziten<br />

einsetzt. Sie betreut als Franchise-Unternehmerin<br />

in ihrem Duden-Institut in<br />

Dresden Kinder mit enormen Lese-,<br />

Rechtschreib-, Rechen- und Fremd sprachenschwächen,<br />

die oft ähnliche Erfah ­<br />

FOTO: Loony gGmbH


Sozialunternehmer | 23<br />

rungen mit meist langen und schmerzvollen<br />

Misserfolgsgeschichten bis hin zur<br />

Schulvermeidung und -verweigerung<br />

haben. Dabei arbeitet sie auch zusammen<br />

mit dem Jugendamt vor Ort und einem<br />

Verein für sozial schwache Familien.<br />

„<strong>Die</strong>sen Kindern wieder Selbstbewusstsein<br />

zu vermitteln und sie im<br />

Rahmen der individuellen Möglichkeiten<br />

mit ihren Lernfortschritten zu unterstützen,<br />

ist eine sehr dankbare Aufgabe“,<br />

so Ria Schmidt. Und daneben eine erfüllende<br />

und notwendige Zukunftsherausforderung<br />

– und gewiss auch sozial<br />

orientiert.<br />

Was ist mit der Businessseite? „Als<br />

Einzelunternehmerin werde ich über den<br />

Existenzgründerkredit ,StartGeld‘ der<br />

KfW gefördert. Ein entsprechender Kosten-/Businessplan<br />

sieht eine Kostendeckung<br />

ab dem zweiten<br />

Geschäftsjahr<br />

vor“, berichtet die<br />

Institutsleiterin. Ria<br />

Schmidt hat das<br />

Unternehmen vor<br />

einigen Monaten<br />

übernommen und<br />

Ria Schmidt benötigte für den<br />

Menschen mit psychischen Erkrankungen, die in Einrichtungen der Diakonie leben und/oder arbeiten,<br />

stellen die Loony-Design-Artikel her und unterstützen beim Vertrieb.<br />

Kauf und die Übernahme ein Startkapital.<br />

„Das Institut selbst gibt es hier in Dresden<br />

seit 15 Jahren und es steht damit auf<br />

sicheren Füßen“, zeigt sich die Unternehmerin<br />

optimistisch. Daher ist sie auch<br />

davon überzeugt, dass schon im zweiten<br />

Geschäftsjahr „die Kasse stimmt“.<br />

Gesellschaftlicher Mehrwert<br />

steht im Vordergrund<br />

Ist soziales Unternehmertum also das<br />

Geschäftsmodell der Zukunft? Nicht die<br />

Maximierung des Gewinns steht hier im<br />

Vordergrund, sondern ein als relevant<br />

erachteter gesellschaftlicher Nutzen mit<br />

Mehrwert für die Gesellschaft. Dabei geht<br />

es aber auch darum, kostendeckend zu<br />

agieren, also um die wirtschaftliche Nachhaltigkeit<br />

der unternehmerischen Aktivitäten.<br />

Denn allein Spenden oder staatliche<br />

Transfers machen noch keinen „oeconomicus“.<br />

Und ein bisschen Spende, Sponsoring<br />

hier und etwas Corporate <strong>Social</strong><br />

Responsibility da – das fällt sicher nicht<br />

unter soziales Unternehmertum, auch<br />

wenn es noch keine einheitliche Defi nition<br />

des Begriffes gibt. Das wäre dann eine<br />

lohnende Aufgabe für den Schumpeter<br />

des 21. Jahrhunderts!<br />

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Sie arbeiten täglich mit Menschen,<br />

die Deutschland verbessern.<br />

Wir unterstützen diese Menschen dabei, ihre Ideen nach<br />

einem erfolgreichen Start professionell zu verbreiten.<br />

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– und seit 2005 auch in Deutschland aktiv. Jährlich nehmen<br />

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Probleme in unser Netzwerk auf.<br />

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erhöht, Behinderungen als Wettbewerbsvorteil umgedeutet oder Arbeitslose<br />

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24 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

„Eine Frage der<br />

Lebensphilosophie“<br />

Im Gespräch mit Dr. Horst Wiesent (SeniVita) über die Vor- und Nachteile der Gemeinnützigkeit<br />

für Sozialunternehmen<br />

DIE STIFTUNG: Jede spendensammelnde Organisation<br />

bemüht sich darum, vom Finanzamt<br />

als gemeinnützig anerkannt zu werden.<br />

Sollten auch Sozialunternehmen diesen<br />

Status anstreben?<br />

Dr. Horst Wiesent: Bei Unternehmen mit<br />

karitativen Zwecken, wie Pflegeheimen<br />

oder Behinderteneinrichtungen, ist dieser<br />

Status absolut üblich. Abgesehen von<br />

massiven finanziellen Nachteilen würde<br />

es Verwunderung auslösen, wenn Sie ihn<br />

nicht hätten. Bei kleineren inhabergeführten<br />

Betrieben ist es vor allem eine Frage<br />

der Lebensphilosophie ihrer Gründer.<br />

Wollen Sie primär eine gesellschaftliche<br />

Veränderung bewirken und reicht Ihnen<br />

eine marktübliche Vorstands- oder Geschäfts<br />

führervergütung aus, lohnt es sich,<br />

diesen Status und die damit verbundene<br />

Befreiung von Körperschaft- und Gewerbesteuer<br />

zu beantragen. Legen Sie auch Wert<br />

auf eine Gewinnbeteiligung oder darauf,<br />

das Unternehmen einmal gewinnbringend<br />

zu verkaufen, ist das als gemeinnützige<br />

Organisation nicht möglich. Denn sobald<br />

Sie vom Finanzamt die sogenannte Nichtveranlagungsbescheinigung<br />

erhalten, gehört<br />

Ihr Geld quasi der Allgemeinheit und<br />

muss deshalb im Sozialunternehmen verbleiben.<br />

DIE STIFTUNG: Wie weit erhöht sich dadurch<br />

der Verwaltungsaufwand?<br />

Wiesent: Sie müssen genau darauf achten,<br />

dass alle Vorschriften der Abgabenordnung<br />

für steuerbegünstigte Körperschaften<br />

eingehalten werden. So müssen Sie<br />

z.B. Ihre Mittelverwendung wesentlich<br />

genauer dokumentieren als ein voll steuerpflichtiges<br />

Unternehmen. Andererseits<br />

brauchen Sie auch keine Steuererklärung<br />

abzugeben und eine Steuerprüfung<br />

entfällt ebenfalls. Unterm Strich reduziert<br />

sich damit sogar der Verwaltungsaufwand<br />

für das Management.<br />

Es ist eher das Finanzamt, das<br />

dadurch einen Mehraufwand hat. <strong>Die</strong><br />

Behörde muss nämlich genau prüfen, ob<br />

alle Leistungen den marktüblichen Sätzen<br />

entsprechen. Denn § 55 Absatz 1 Nr. 3 der<br />

Abgabenordung (AO) untersagt überhöhte<br />

Vergütungen.<br />

DIE STIFTUNG: Welchen weiteren Einschränkungen<br />

sind Sie durch den Status der Gemeinnützigkeit<br />

unterworfen?<br />

Wiesent: Sie müssen genau die Satzung<br />

beachten und dürfen insbesondere nur die<br />

dort genannten Zwecke verfolgen. So verbie<br />

tet der Grundsatz der Ausschließlichkeit<br />

nach § 56 AO, dass ein gemeinnütziges<br />

Pflegeheim nebenbei eine Gaststätte<br />

betreibt, was kommerziellen Mitbewerbern<br />

unbenommen ist. Das Gebot der<br />

zeit nahen Mittelverwendung gemäß § 55<br />

Absatz 1 Nr. 5 AO verlangt weiter von<br />

Ihnen, dass alle Gewinne im Unternehmen<br />

bleiben und in gemeinnützige Zwecke<br />

reinvestiert werden müssen. Allerdings<br />

gestattet § 58 AO, verschiedene Rücklagen<br />

zu bilden. So können Sie z.B. das Geld für<br />

den Bau einer neuen Einrichtung bis zu<br />

zehn Jahre lang ansparen. Ohne Ausschüttungspflichten<br />

und Steuerbelastungen<br />

sind Sie aber auch flexibler und es ist<br />

möglich, schnell zu wachsen.<br />

Dr. Horst Wiesent ist Gründer und Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Unternehmensgruppe SeniVita mit Sitz<br />

in Bayreuth. <strong>Die</strong> zum Konzern gehörende SeniVita Sozial<br />

gGmbH ist einer der führenden privaten Anbieter von Einrichtungen<br />

der Alten- und Behindertenhilfe, Kinderkrankenpflege<br />

und Bildung in Bayern. Das Unternehmen begab<br />

im Mai 2011 eine fünfjährige Anleihe und wurde dafür als<br />

bester Emittent einer Mittelstandsanleihe in Deutschland<br />

ausgezeichnet.<br />

DIE STIFTUNG: Wie sieht es speziell mit der<br />

Corporate Governance aus?<br />

Wiesent: Hier ist die Kontrolle des Finanzamtes<br />

wesentlich strenger als bei voll<br />

steuerpflichtigen Unternehmen. <strong>Die</strong> Behörde<br />

prüft das Verbot, Familienangehörige<br />

zu bezuschussen, sehr streng. Auch<br />

ist keine kreative Rechnungslegung möglich.<br />

Ich überlasse es jedem selbst zu entscheiden,<br />

ob das ein Vor- oder Nachteil<br />

ist. In jedem Fall haben Sie auf diese<br />

Weise viel weniger Interessenkonflikte.<br />

Und auch für den Anlegerschutz ist die<br />

Gemeinnützigkeit genial.<br />

DIE STIFTUNG: Viele Sozialunternehmen arbeiten<br />

nun nicht unbedingt in „typischen“<br />

Bereichen des Allgemeinwohls. Welche<br />

Chancen haben sie, überhaupt den Status<br />

der Gemeinnützigkeit zu erhalten?<br />

Wiesent: Wenn Ihre Einrichtung in § 68 AO<br />

aufgeführt ist, wird es kein Problem sein,<br />

als gemeinnützig anerkannt zu werden.<br />

Passt Ihr Geschäftsmodell auf einen der<br />

in den §§ 52, 53 und 54 AO aufgelisteten<br />

Zwecke, können Sie ebenfalls davon ausgehen,<br />

den Status zu erhalten. Falls nicht,<br />

gibt es in § 52 Absatz Satz 2 AO noch eine<br />

Generalklausel für alle Organisationen,


Sozialunternehmer | 25<br />

die ebenfalls der Allgemeinheit dienen.<br />

Das bringt allerdings erheblichen Argumentationsaufwand<br />

gegenüber dem<br />

Finanzamt mit sich und sollte früh verbindlich<br />

abgeklärt werden.<br />

DIE STIFTUNG: Bei welchen Geschäfts- oder<br />

Finanzierungsmodellen würden Sie denn<br />

entschieden davon abraten, den Status der<br />

Gemeinnützigkeit zu beantragen?<br />

Wiesent: Ein Börsengang und der gemeinnützige<br />

Status passen auf keinen Fall zusammen.<br />

Denn Sie können ja niemals eine<br />

Dividende auszahlen und als Anleger auch<br />

keine Kursgewinne realisieren. Auch wenn<br />

Sie das Unternehmen gewinnbringend<br />

verkaufen wollen, bietet sich die Gemeinnützigkeit<br />

nicht an, da das Stammkapital<br />

immer gleich bleiben muss. So könnten<br />

wir für die gesamte SeniVita Sozial gGmbH<br />

nicht mehr als die ursprüngliche Einlage,<br />

also 311.000 EUR, verlangen. Wenn man<br />

andererseits bedenkt, dass wir zum 30.<br />

September 2012 bereits einen Jahresumsatz<br />

von 19,8 Mio. EUR erzielt haben,<br />

dürfte der Marktwert des Unternehmens<br />

durchaus bei 20 bis 30 Mio. EUR liegen.<br />

Allerdings können Sie unbegrenzt Fremdkapital<br />

aufnehmen und zu Ihrer Finanzierung<br />

z.B. eine Anleihe begeben. Das hat<br />

die SeniVita Sozial gGmbH als erstes deutsches<br />

Sozial unternehmen auch getan.<br />

Das Interview führte Gregor Jungheim.<br />

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jemand Ihrem Beispiel folgen wird. Herr<br />

Dr. Wiesent, vielen Dank für dieses Gespräch.<br />

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26 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Geld oder Wirkung?<br />

Eine Orientierungshilfe für die Welt der sozialen Investitionen Von Oliver Oehri<br />

Das Verständnis des eigenen<br />

Engagements als Investition<br />

hat Einzug in die Philanthropie<br />

gehalten; der Wunsch, mit<br />

dem Geld auch eine soziale Rendite zu<br />

gene rieren, Einzug in den Finanzsektor.<br />

Entsprechend stehen einem sozialen<br />

Anle ger mittlerweile unterschiedliche Investmentstile,<br />

spezifische Themen und<br />

verschiedene Wirkungsgrade zur Auswahl.<br />

Eine erste Orientierung im Angebot<br />

sozia ler Investitionen bieten die Begriffe<br />

„Impact First“ und „Finance First“.<br />

Das traditionelle Verständnis der Phi ­<br />

lanthropie verändert sich, vermehrt finden<br />

betriebswirtschaftlich geprägte Konzepte<br />

ihren Weg in den gemeinnützigen<br />

Sektor. Ein neues und erweitertes Verständnis<br />

etabliert sich. Getreu dem Grundsatz<br />

„Give money and step in“ werden<br />

Theorie und Praxis des langfristigen und<br />

verantwortungsvollen Investierens sowie<br />

Venture-Capital-Ansätze auf den gemeinnützigen<br />

Sektor übertragen.<br />

In der Folge vermischen sich zusehends<br />

die traditionellen Grenzen der rendite<br />

bringenden Veranlagung einerseits<br />

mit der Mittelverwendung und Zweckerreichung<br />

andererseits. Immer öfter<br />

wird daher die Frage nach der Art und<br />

Wirkung der Kapitalanlage gestellt.<br />

Formen sozialer Investitionen im Überblick<br />

Quelle: CSSP<br />

Traditionelle<br />

Investitionen<br />

„Finance Only“<br />

Ausschluss-<br />

Kriterien<br />

Soziale Investitionen<br />

<strong>Social</strong>ly Responsible Investing (SRI) &<br />

Venture Philanthropy<br />

„Finance First“<br />

Positiv-<br />

Kriterien<br />

Ziel: marktadäquate finanzielle Rendite<br />

Neues Paradigma<br />

Was verbirgt sich nun aber hinter<br />

dem Begriff „soziale Investitionen“ und<br />

welche Wirkung kann dabei erzielt werden?<br />

Auffällig ist zunächst die Vielfalt der<br />

Investitionsmöglichkeiten: So fallen unter<br />

dieses „Dach“ unterschiedlichste Anlagestile<br />

und Anlageprodukte, wie beispielsweise<br />

Ethikfonds, ethisch-ökologische<br />

Aktien, Fair Trade- oder Mikrofinanzfonds,<br />

um nur einige zu nennen.<br />

Im Kern dieser Begriffsvielfalt stehen<br />

jedoch stets Anlagen, die neben Ertrag,<br />

Handelbarkeit und Sicherheit zusätzliche<br />

Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Gesellschaft<br />

und Governance berücksichtigen.<br />

Eurosif – der europäische Verband<br />

für Nachhaltige Geldanlagen – hilft und<br />

ermöglicht eine internationale Verständigung<br />

mittels nur drei Buchstaben: SRI.<br />

Für diese „<strong>Social</strong>ly Responsible Investments“<br />

oder im Deutschen „Nachhaltige<br />

Geldanlagen“ besteht längst keine Einschränkung<br />

mehr in der Auswahl der<br />

Anlageklassen – die Palette reicht von Aktien<br />

über Anleihen und Immobilien bis hin<br />

zu Private Equity. Zudem fordern viele<br />

Anleger vermehrt eine sichtbare Wirkung<br />

ihrer Anlageentscheidung. Themen wie<br />

Mikrofinanz, Erneuerbare Energien oder<br />

Wasser erfreuen sich immer größerer<br />

Beliebt heit.<br />

Nachhaltigkeits- und<br />

Impact-Themen<br />

„Impact First“<br />

Sozialunternehmen<br />

Philanthropie<br />

„Impact Only“<br />

Ziel: unmittelbar positive & messbare Wirkung<br />

So überrascht es nicht, dass die SRI-<br />

Industrie seit Jahren ein starkes Marktwachstum<br />

verzeichnet. Laut Eurosif<br />

waren Ende 2011 rund 6,7 Billionen EUR<br />

in Europa bereits veranlagt. Auch der<br />

deutschsprachige Markt (Deutschland,<br />

Liechtenstein, Österreich und die Schweiz)<br />

ist in den vergangenen Jahren zum Leben<br />

erwacht. Laut dem Forum für Nachhaltige<br />

Geldanlagen können seit 2005 durchschnittliche<br />

jährliche Wachstumsraten<br />

von rund 30% verzeichnet werden. Ende<br />

2011 betrug der deutschsprachige Markt<br />

rund 103 Mrd. EUR.<br />

Was kommt nun aber für den Anleger<br />

an erster Stelle – eine marktadäquate<br />

finan zielle Rendite oder die unmittelbar<br />

positive und messbare Wirkung seiner<br />

Inves tition? Je nachdem für welche Zielsetzung<br />

sich der Anleger entscheidet,<br />

können heute grundsätzlich zwei Konzeptansätze<br />

unterschieden werden: „Im pact<br />

First“ sowie „Finance First“. Hierbei sei<br />

aber darauf hingewiesen, dass in der Praxis<br />

nicht alle sozialen Investitionsformen<br />

eindeutig den jeweiligen Ansätzen zugeordnet<br />

werden können.<br />

Impact First<br />

Der „Impact First“-Ansatz beschreibt in<br />

der Regel Investitionen, die unmittelbar<br />

und sehr eng mit der gewünschten<br />

Zweck erreichung respektive der gewünschten<br />

Wirkung verbunden sind und<br />

diese durch die Art der Kapitalveranlagung<br />

zu fördern versuchen. Hierbei steht<br />

die Erzielung einer sozialen und ökologischen<br />

Verän derung im Vordergrund, während<br />

ein finanz ieller Überschuss oft als<br />

zweitrangig er achtet wird.<br />

Bei dieser Art des Investierens<br />

werden damit auch Renditen unterhalb<br />

der Marktrendite bewusst akzeptiert,<br />

um gezielt einen sozialen Wandel herbeizuführen.<br />

<strong>Die</strong>se Investitionen erfolgen<br />

entweder direkt durch die Vergabe<br />

von Krediten, Garantien und Beteiligungen<br />

oder indirekt über spezielle<br />

Fonds oder Ein lagen bei nachhaltigen<br />

Banken.


Soziale Investoren | 27<br />

Auf zwei Beispiele möchte ich hierbei<br />

einge hen:<br />

<strong>Social</strong> Business Investments – Wo zahlreiche<br />

soziale und ökologische Probleme<br />

durch die öffentliche Hand nicht mehr<br />

oder nicht effektiv gelöst werden können,<br />

treten immer häufiger Sozialunternehmen<br />

in Aktion. Sie versuchen, diesen Problemen<br />

mit einem unternehmerischen<br />

Konzept zu begegnen. Dabei reichen<br />

Sozial unternehmen von Organisationen,<br />

die sich für Bildung oder Aufbau von Existenzgrundlagen,<br />

Linderung der Not von<br />

Hilfsbedürftigen oder Gleichstellung von<br />

Geschlechtern engagieren, bis hin zu<br />

Institu tionen, die sich für Ernährung einsetzen.<br />

Ziel ist es, diese meist gemischt<br />

finanzierten Organisationsformen mehr<br />

und mehr von Spenden unabhängig zu<br />

machen, so dass sie sich langfristig selbst<br />

tragen können.<br />

<strong>Social</strong> Business Investments oder auch<br />

<strong>Social</strong> Venture Funds versuchen, genau<br />

diesen Übergang zu fördern, respektive<br />

diese Finanzierungslücke zu schließen.<br />

Im Gegensatz zum Konzept der Vergabe<br />

eines Wagniskapitals (Venture Capital),<br />

liegt das Ziel nicht in der Erreichung<br />

einer möglichst hohen finanziellen Rendite<br />

– vielmehr ist hier der Anleger<br />

bestrebt, den sozialen Wandel so weit<br />

wie möglich voranzutreiben.<br />

„Grüne“ Sparkonten – Immer häufiger<br />

haben Anleger die Möglichkeit, ein Sparkonto<br />

mit sozialer Zweckbestimmung einzurichten.<br />

Hier kann sodann festgelegt<br />

werden, in welchem Bereich oder in welcher<br />

Branche das angelegte Geld vom<br />

Finanzinstitut vorzugsweise als Kredit<br />

vergeben werden soll. <strong>Die</strong> jeweiligen<br />

Finanzinstitute bieten hier bereits eine<br />

Fülle von Bereichen an – von<br />

Behindertenein richtungen, Leben im<br />

Alter, erneuerbaren Energien, Wohnprojekten<br />

bis hin zu Kultur.<br />

Finance First<br />

Beim „Finance First“-Ansatz hingegen<br />

steht die Erzielung einer marktüblichen<br />

Rendite mit der gleichzeitigen Generierung<br />

einer positiven Veränderung im<br />

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Nachhaltig<br />

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Mit unseren Sustainable-Fonds ist<br />

das keine Frage. <strong>Die</strong> Auszeichnung als<br />

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28 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

FOTO: Panthermedia/Filip Fuxa<br />

Mit einer Mindestpreisgarantie und einer zusätzlichen Prämie versucht Fair Trade, die Situation der<br />

Landbevölkerung in der Dritten Welt zu verbessern.<br />

Fokus. Auch hier gibt es eine Vielzahl von<br />

Beispielen mit unterschiedlichen Wirkungsgraden<br />

– vom breiten Spektrum<br />

Nachhaltiger Geldanlagen bis zu spezifischen<br />

Impact-Themen wie Mikrofinanz<br />

oder Fair Trade.<br />

Nachhaltige Geldanlagen – Von den ersten<br />

frühen Ansätzen bis zur Gegenwart<br />

haben sich nachhaltige Geldanlagen laufend<br />

fortentwickelt und ausdifferenziert.<br />

<strong>Die</strong> Begriffe „Negative Screening“, „Positive<br />

Screening“ sowie „Sustainable Themes“<br />

helfen, sich in diesem Angebot<br />

zurechtzufinden. Unter Negative Screening<br />

wird allgemein der Ausschluss von<br />

Unternehmen, Branchen, aber auch ganzer<br />

Länder aus dem möglichen Anlage universum<br />

verstanden, deren Geschäftsfelder<br />

beziehungsweise Geschäftspraktiken<br />

gegen ökologische, soziale oder ethische<br />

Kri terien verstoßen. Das Ziel von Positive<br />

Screening ist hingegen, Unternehmen zu<br />

eruieren, die einen positiven Beitrag zu<br />

einer nachhaltigen Entwicklung leisten.<br />

Zur Identifikation werden hierfür Informationen<br />

aus den Bereichen Umwelt,<br />

Soziales sowie Governance in Kriterien<br />

gegliedert und anschließend analysiert<br />

sowie bewertet.<br />

Eine weitere Ausprägungsform des<br />

Positive Screening ist der sogenannte<br />

Themenansatz. Hier werden spezifische<br />

Unternehmen und Sektoren identifiziert,<br />

die mittels innovativer Produkte und<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen Lösungen zu bedeutenden<br />

ökologischen und sozialen Herausforderungen<br />

unserer Zeit, wie etwa dem<br />

Klimawandel oder der steigenden Wasserknappheit,<br />

anbieten. Im Vordergrund<br />

steht deshalb das jeweilige Anlagethema<br />

und damit ein positiver Beitrag zur<br />

Minimierung sozialer und ökologischer<br />

Probleme. Zu den bekanntesten Nachhaltigkeitsthemen<br />

gehören Wasser, erneuerbare<br />

Energien, nachhaltiges Bauen oder<br />

grüne Mobilität.<br />

Mikrofinanz – Ein großer Teil der Weltbevölkerung<br />

besitzt nur sehr wenig Einkommen<br />

oder Eigentum und wird von<br />

den traditionellen Banken oft nicht als<br />

Kunde wahrgenommen. Ohne Zugang zu<br />

Finanzdienstleistungen können sich diese<br />

Menschen kaum aus eigener Kraft aus der<br />

Armutsfalle befreien. Sie haben oft nur<br />

ihre Arbeitskraft und gute Ideen, aber es<br />

fehlt an Geld und Wissen, um diese umzusetzen<br />

und unternehmerisch tätig zu<br />

werden. Mikrofinanz versucht insbesondere<br />

mit der Vergabe von Mikrokrediten,<br />

genau diese Lücke zu schließen, und bietet<br />

damit zusätzlich für sozial motivierte<br />

Anleger eine Form des Impact Investings.<br />

Mikrofinanz ermöglicht auf diese Weise<br />

armen, aber aktiven Menschen ihr wirtschaftliches<br />

Potenzial zu entwickeln, und<br />

verbessert ihre Möglichkeit, sich selbst<br />

zu helfen.<br />

Fair Trade – <strong>Die</strong> arme Weltbevölkerung<br />

lebt oft in ländlichen Gebieten und verdient<br />

ihren Lebensunterhalt als Kleinbauern.<br />

So nehmen die Landwirtschaft<br />

und kleinbäuerliche Strukturen in Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern eine<br />

zentrale Rolle ein. Gleichzeitig stehen<br />

Kleinbauern im Zentrum einer Vielzahl<br />

von Herausforderungen: fehlender Marktzu<br />

gang, wenig Verhandlungsmacht,<br />

Handels hemmnisse, schwindende Nahrungsmittelsicherheit,<br />

um nur einige zu<br />

nennen.<br />

Fair Trade versucht insbesondere mit<br />

der Einführung einer Mindestpreisgarantie<br />

für die Erzeugnisse und einer sogenannten<br />

Fair-Trade-Prämie, diesen Herausforderungen<br />

aktiv zu begegnen. Bei der<br />

Fair-Trade-Prämie handelt es sich um<br />

eine Art Finanzierungsbeitrag für gesellschaftliche<br />

Entwicklungsprojekte, über<br />

deren Verwendung die Kleinbauern<br />

gemeinsam entscheiden. Mittlerweile<br />

erfreuen sich Fair-Trade-Produkte, wie<br />

beispielsweise Kaffee von peruanischen<br />

Kooperativen oder Bananen aus Costa<br />

Rica, steigender Beliebtheit.<br />

Fazit<br />

Im deutschsprachigen Raum gibt es<br />

heute eine Vielzahl von „sozialen“ Investitionsmöglichkeiten,<br />

entsprechend stellt<br />

sich dem Anleger eine neue Herausforderung:<br />

sich zurechtfinden. Kompetente<br />

Navigatoren sind daher wichtiger denn<br />

je. So finden sich Orientierungsmöglichkeiten<br />

auf spezialisierten Datenbanken<br />

oder bei beratenden Organisationen, die<br />

durch die unterschiedlichen Investmentstile,<br />

spezifische Impact-Themen und<br />

Wirkungsgrade führen.<br />

Oliver Oehri ist Gründungspartner<br />

der CSSP –<br />

Center for <strong>Social</strong> and<br />

Sustainable Products AG<br />

in Liechtenstein sowie<br />

von yourSRI.com – einer<br />

der führenden globalen Datenbanken<br />

rund um Nachhaltige Geldanlagen. Weiter<br />

ist er Buchautor und Referent zu Impact<br />

Investing sowie international beratend<br />

zu diesem Thema tätig.


Mit einem<br />

in die <strong>Stiftung</strong>sszene<br />

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30 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

„Reißt die Mauern ein“<br />

Eindrücke von der 8. Jahreskonferenz der European Venture Philanthropy Association in Dublin<br />

von Thomas Schiffelmann<br />

Am 13. und 14. November trafen<br />

sich führende Akteure aus dem<br />

Venture-Philanthropy- und<br />

<strong>Social</strong>-Investment-Sektor zur<br />

EVPA-Jahreskonferenz unter dem Motto<br />

„Backing the change-makers in a time of<br />

uncertainty: Can we do more?“ (frei übersetzt:<br />

Veränderern in einer Zeit der Unsicherheit<br />

den Rücken stärken. Können wir<br />

noch mehr tun?). Konsens herrschte,<br />

dass Investitionen in gesellschaftliche<br />

Veränderungen das Zusammenspiel verschiedener<br />

Akteure aus unterschiedlichen<br />

Sektoren benötigen. Hierzu bedarf<br />

es jedoch eines wesentlich intensiveren<br />

Austausches.<br />

In der Geschichte von Irland sind<br />

schon viele Mauern eingerissen worden.<br />

Das Land ist reich an Wissenschaftlern,<br />

die am ehrwürdigen Trinity College<br />

forschten, und Erfindern, die mit Nobelpreisen<br />

ausgezeichnet wurden. Ein idealer<br />

Austragungsort für die 8. Jahreskonferenz<br />

der European Venture Philanthropy<br />

Association (EVPA) im Croke Park Conference<br />

Center in Dublin.<br />

„Es ist großartig zu sehen, wie sich<br />

unsere Mitglieder als Katalysatoren für<br />

den sozialen Wandel verstehen. Sie treiben<br />

soziale Innovationen voran und<br />

suchen kontinuierlich nach neuen Wegen,<br />

um <strong>Social</strong> Entrepreneure zu unterstützen“,<br />

so Serge Raicher, Vorstandsvorsitzender<br />

der EVPA, die mittlerweile 160<br />

Mitglieder in 22 Ländern zählt. Da verwundert<br />

es nicht, dass mehr als 400 Führungskräfte<br />

und Praktiker aus verschiedenen<br />

Sektoren, wie führende <strong>Social</strong><br />

Investors, <strong>Stiftung</strong>en, Beratungsunternehmen,<br />

Private Equity, Impact Investment<br />

Funds, Finanzinstitute und Akademiker,<br />

sich die Gelegenheit nicht entgehen<br />

ließen, mehr als 70 Vorträge von Top-<br />

Experten zu hören und sich mit Teilnehmern<br />

aus über 30 Ländern auszutauschen.<br />

Auf dem German Country Group Meeting<br />

Mitte September 2012 in München<br />

hatte Kurt Peleman, Geschäftsführer der<br />

EVPA, bereits die Teilnehmer aufgefordert,<br />

den sozialen Wandel aktiv mitzugestalten.<br />

<strong>Die</strong> einzelnen Akteure bleiben allerdings<br />

vornehmlich in ihren Sektoren, so dass<br />

es noch hohe Mauern zu überwinden<br />

gebe, bedauerte Lisa Hehenberger, Leiterin<br />

des Knowledge Centers der EVPA.<br />

Daher rief sie die verschiedenen Akteure<br />

zum stärkeren Austausch auf: „Reißt die<br />

Mauern ein.“<br />

Jan Lübbering von streetfootballworld<br />

bekräftigte als Vertreter eines <strong>Social</strong> Entrepreneurs<br />

den Aufruf: „Kern unserer Mission<br />

ist, die Mauern einzureißen. Mit Fußball<br />

bauen wir Brücken, um Lebensbedingungen<br />

zu verbessern. Als Teamsportart<br />

sollten die verschiedenen Akteure, wie<br />

Staat, Unternehmen, Sozialunternehmer,<br />

<strong>Stiftung</strong>en und Venture Philanthropen,<br />

eng zusammenarbeiten.“<br />

„Es sind gar nicht so hohe Mauern<br />

zwischen den Sektoren. Es werden oftmals<br />

dieselben Ziele verfolgt, nur sprechen<br />

wir unterschiedliche Sprachen“,<br />

erwiderte Dorothee Vogt, Investment<br />

Managerin bei BonVenture, einem Venture-Capital-Fonds<br />

für Sozialunternehmen.<br />

„<strong>Die</strong> EVPA-Konferenzen sind daher<br />

FOTOS: EVPA<br />

Premierminister Enda Kenny empfing die Konferenzteilnehmer in der Dining Hall des ehrwürdigen<br />

Trinity College.<br />

Viel Diskussionsbedarf gab es bei der Vorstellung der EU <strong>Social</strong> Business Initiative.<br />

<strong>Die</strong> Jahreskonferenz der EVPA fand in diesem Jahr im Dubliner Croke Park Center statt.


Soziale Investoren | 31<br />

Inspiring Personalities.<br />

Der Verband<br />

<strong>Die</strong> 2004 gegründete European Venture<br />

Philanthropy Association (EVPA) besteht<br />

aus 160 Mitgliedern aus insgesamt 22 Ländern,<br />

die Venture Philanthropy praktizieren<br />

oder hieran interessiert sind. Zu den Mitgliedern<br />

gehören Fonds, Förderstiftungen,<br />

Private-Equity-Unternehmen, Beratungsund<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen sowie<br />

Hochschulen.<br />

www.evpa.eu.com<br />

immer wieder gute Gelegenheiten, ins<br />

Gespräch mit den anderen Sektoren zu<br />

kommen. Somit werden die Sprachbarrieren<br />

überwunden.“<br />

Zwei Tage wurde über neue und innovative<br />

Lösungen diskutiert, um die kontinuierliche<br />

Entwicklung der wachsenden<br />

Venture-Philanthropy-Szene zu unterstützen.<br />

Das dies nicht immer einfach ist,<br />

betonte Dr. Felicitas von Peter, geschäftsführende<br />

Gesellschafterin vom Forum for<br />

Active Philanthropy, einer Plattform für<br />

aktives Stiften und Spenden: „Wir sollten<br />

uns auf die Ziele fokussieren, da wir alle<br />

gemeinsam dieselbe Vision teilen. Wenn<br />

es um neue Ideen geht, müssen alle ganz<br />

am Anfang an einen Tisch; nicht erst,<br />

wenn das Modell fertig ist.“ Dazu soll<br />

auch die kürzlich gestartete EU <strong>Social</strong><br />

Business Initiative beitragen, die im Mittelpunkt<br />

einer Plenumsdiskussion stand.<br />

In mehr als 20 parallel stattfindenden<br />

Workshops wurde etliche Male die Fragestellung<br />

vertieft, wie Partnerschaften<br />

zwischen <strong>Social</strong> Investoren und <strong>Social</strong><br />

Entrepreneuren erfolgreich sein können<br />

und ob sich soziale und finanzielle Ziele<br />

ausschließen. „<strong>Social</strong> und Finance gehen<br />

Hand in Hand. Denn um die großen Probleme<br />

der Welt zu lösen, benötigt man viel<br />

Geld. Und dazu brauchen die <strong>Social</strong><br />

Entrepreneure den Finanzmarkt“, lautete<br />

die Antwort von Andreas Nilsson vom<br />

Investor Sonanz, der im Jahr 2013 sogar<br />

einen Dachfonds für Impact Investing aufbauen<br />

wird.<br />

Parallel zu den Sessions konnte eine<br />

Vielzahl der Delegierten einige in Dublin<br />

ansässigen <strong>Social</strong> Entrepreneure und<br />

deren Projekte besuchen, um Venture<br />

Philanthropy in der Praxis zu erleben.<br />

Am Abend hatte zudem Premierminister<br />

Enda Kenny die Konferenzteilnehmer in<br />

die Dining Hall des ehrwürdigen Trinity<br />

College eingeladen.<br />

„Der Trend, der sich zeigt, ist, dass<br />

Venture Philanthropy immer weniger um<br />

sich selbst kreist“, so das optimistische<br />

Fazit von Dr. Christian Meyn, Geschäftsführer<br />

des Sozialinvestors Auridis. „Das<br />

Verständnis für die anderen Sektoren,<br />

wie den Staat oder die <strong>Stiftung</strong>swelt, wird<br />

immer größer und damit verbunden das<br />

Bewusstsein, dass man mit den anderen<br />

Playern enger zusammenarbeiten muss.“<br />

Der Sektor werde immer reifer, Beziehungen<br />

im Netzwerk stabilisierten sich und<br />

würden tragfähiger. Es gebe keine Selbstzufriedenheit,<br />

sondern eine positive und<br />

optimistische Atmosphäre. „Wir können<br />

was tun. Es lohnt sich“, lautete Meyns abschließender<br />

Appell an die Teilnehmer.<br />

<strong>Die</strong> nächste EVPA-Jahreskonferenz<br />

wird am 26. und 27. November 2013 in<br />

Genf stattfinden.<br />

Thomas Schiffelmann<br />

ist Leiter Marketing der<br />

humanitären Hilfsorganisation<br />

Handicap International<br />

in Deutschland<br />

mit Sitz in München. <strong>Die</strong><br />

Organisation setzt sich<br />

weltweit in über 60 Ländern mit mehr als<br />

300 Projekten für Menschen mit Behinderung<br />

ein. Handicap International ist der<br />

weltweit anerkannte Experte, um Menschen<br />

mit Behinderung wieder ins Berufsleben<br />

zu integrieren. Mikrofinanz,<br />

<strong>Social</strong> Business und <strong>Social</strong> Enterpreneurship<br />

fördern deren Autonomie und echte<br />

Integration in die Gesellschaft für ein aufrechtes<br />

Leben.<br />

Intensivstudium<br />

<strong>Stiftung</strong>smanagement<br />

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32 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Nebenbei die Welt retten?<br />

Impact Investing bringt Wirtschaft und Philanthropie näher zusammen Von Martina Erlwein<br />

Immer mehr Privatinvestoren, <strong>Stiftung</strong>en<br />

und Unternehmer wollen<br />

mit ihren Kapitalanlagen neben der<br />

Aussicht auf eine finanzielle Rendite<br />

einen direkten positiven gesellschaftlichen<br />

oder ökologischen Nutzen erzielen.<br />

<strong>Die</strong>se Entwicklung geht über nachhaltiges<br />

Investieren hinaus; der neue Trend<br />

des Impact Investings vereint die Sphären<br />

von Mäzen und Manager.<br />

Um die Chancen vor dem Jüngsten<br />

Gericht positiv zu beeinflussen, wurden<br />

bereits im Mittelalter Vermögen einem<br />

guten, oft kirchlichen Zweck gewidmet.<br />

<strong>Die</strong>s geschah meist durch die Errichtung<br />

von <strong>Stiftung</strong>en. Zur gleichen Zeit gab es<br />

Kaufleute, die seit vielen Jahren oder<br />

sogar seit Generationen unternehmerisch<br />

tätig waren. Im ersten Fall zielte<br />

man auf einen gnädigen Schöpfer, im<br />

zweiten Fall war der Wunsch nach wirtschaftlicher<br />

Rendite maßgebend.<br />

Über die Jahrhunderte passten sich<br />

die Formen des Gebens und Wirtschaftens<br />

neuen Entwicklungen an. In den vergangenen<br />

Jahren wurden – befeuert<br />

durch die Gemeinnützigkeitsreform von<br />

2007 – sogar Rekorde bei der Gründung<br />

von gemeinnützigen <strong>Stiftung</strong>en erzielt.<br />

Ein neuer Trend in diesem Umfeld ist<br />

das sogenannte Impact Investing, das die<br />

<strong>Die</strong>ses Kleinkraftwerk im ländlichen Indien erzeugt<br />

Energie durch die Gasifizierung von Reishüllen.<br />

Derartige Projekte können mittels Impact<br />

Investing finanziert werden.<br />

beiden Sphären verbindet, also eine Art<br />

Brücke zwischen Spenden und Stiften auf<br />

der einen und gewinnmaximierendem<br />

Unternehmertum auf der anderen Seite<br />

darstellt. Anders als bei der Zweckverwirklichung<br />

von <strong>Stiftung</strong>en oder beim<br />

Spenden wird das zur Verfügung gestellte<br />

Kapital beim Impact Investing nicht für<br />

den guten Zweck verbraucht, sondern in<br />

soziale oder ökologische Projekte investiert.<br />

Während einer bestimmten Laufzeit<br />

wird das Investment verzinst oder mit<br />

einer anderen Form von Rendite wie z.B.<br />

einer Dividende versehen und anschließend<br />

zurückgezahlt.<br />

Für Investoren stehen nicht nur die<br />

finanziellen Interessen im Vordergrund,<br />

sondern der Beitrag zur Lösung von sozialen<br />

oder ökologischen Problemen ist<br />

meist mindestens gleichbedeutend.<br />

Impact Investments werden oft in Entwicklungsländern<br />

getätigt. Sie widmen<br />

sich dort den Ärmsten der Armen, die im<br />

untersten Teil der sogenannten ökonomischen<br />

Pyramide stehen (s. Grafik rechts).<br />

Vielleicht der nächste<br />

Billionen-Dollar-Markt<br />

Aber auch in westlichen Industrieländern<br />

kann mit Impact, also mit Wirkung, zum<br />

Beispiel in Bildung oder in die Vermeidung<br />

von Umweltschäden, investiert werden.<br />

<strong>Die</strong> Geschäftsmodelle müssen nach ihrer<br />

Entwicklung und Reife skalierbar und vor<br />

allem langfristig tragfähig sein, um die<br />

Investitionen zurückzahlen zu können.<br />

Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft<br />

Monitor Institute aus dem Jahr<br />

2009 wird der Impact-Investing-Markt<br />

von aktuell 50 Mrd. USD in den nächsten<br />

zehn Jahren auf ein Volumen von mehr<br />

als 500 Mrd. USD anwachsen. Andere<br />

Studien sprechen sogar vom nächsten<br />

Billionen-Dollar-Markt.<br />

Impact Investments gibt es als Eigenkapital<br />

in Form von Aktien oder ähnlichen<br />

Beteiligungen, Fremdkapital z.B. in<br />

Form von Anleihen oder Darlehen, Mezzanine-Finanzierungen<br />

und Bürgschaften.<br />

Viele Impact-Investoren engagieren sich<br />

zusätzlich mit Beratungsleistungen oder<br />

unterstützen die Unternehmen z.B. durch<br />

zeitweise Mitarbeit oder die Übernahme<br />

von Management- und Beiratstätigkeiten.<br />

Bei aller Euphorie dürfen die<br />

Risiken nicht übersehen werden<br />

Um die drängenden Probleme unserer<br />

Zeit zu lösen, steht nicht genug philanthropisches<br />

Kapital, wie Spenden und Mittel<br />

von <strong>Stiftung</strong>en oder von Regierungen,<br />

zur Verfügung. Dazu wird auch wirtschaftlich<br />

orientiertes Kapital nötig sein. Ist<br />

also mit Impact Investments der Stein der<br />

Weisen gefunden? <strong>Die</strong>s mag auf den ersten<br />

Blick so scheinen. Dennoch dürfen<br />

bei aller berechtigten Euphorie, mittels<br />

wirtschaftlich tragfähiger Konzepte viele<br />

Probleme bekämpfen zu können, die<br />

damit einhergehenden Risiken nicht<br />

übersehen werden.<br />

Impact Investments werden häufig in<br />

Unternehmen getätigt, die am Anfang<br />

ihrer Entwicklung stehen. Oft handelt es<br />

sich um noch wenig etablierte Produkte<br />

oder <strong>Die</strong>nstleistungen, wie z.B. einfache<br />

Bewässerungssysteme mittels dünner, in<br />

regelmäßigen Abständen mit Löchern<br />

versehener Plastikschläuche für pakistanische<br />

Kleinbauern oder die Energiegewinnung<br />

durch die Gasifizierung von<br />

Reishüllen in Kleinkraftwerken für abgelegene<br />

Dörfer im ländlichen Indien. <strong>Die</strong><br />

Rückzahlung dieser Investition ist immer<br />

dann in Gefahr, wenn sich die Geschäftsmodelle<br />

als nicht tragfähig erweisen, ein<br />

Mitbewerber die Technologie kopiert<br />

und günstiger anbietet oder für die Zielgruppe<br />

der Nutzen, z.B. aus kulturellen<br />

oder traditionellen Gründen, nicht offensichtlich<br />

ist.<br />

Zur Überwindung dieser sogenannten<br />

„Pioneer Gap“ ist eine Entwicklung der<br />

Märkte notwendig, z.B. durch Studien<br />

über das Produkt oder die <strong>Die</strong>nstleistung,<br />

die Entwicklung des Angebots zur<br />

Marktreife, die Aufklärung der Zielgruppe<br />

und die Weiterentwicklung regulatorischer<br />

Bedingungen. Das Engagement von<br />

<strong>Stiftung</strong>en und anderes philanthro­<br />

Foto: Husk Power Systems


Soziale Investoren | 33<br />

Ökonomische Weltpyramide<br />

Quelle: World Resources Institute<br />

7%<br />

30%<br />

63%<br />

Jahreseinkommen<br />

> 20.000 USD<br />

3.260 USD bis<br />

20.000 USD<br />

< 3.260 USD<br />

Dem sogenannten „bottom of the pyramid“<br />

gilt das Interesse des Impact Investing.<br />

pisches Kapital könnten hierbei eine entscheidende<br />

Rolle spielen. Garantien und<br />

Bürgschaften von Regierungen und<br />

staatsnahen Institutionen könnten Investitionshemmnisse<br />

ebenfalls verringern.<br />

Sozialunternehmen wollen vernachlässigte<br />

Grundbedürfnisse befriedigen,<br />

vornehmlich ohne von staatlichen Hilfen<br />

oder Spenden abhängig zu sein. Wo die<br />

klassische Entwicklungshilfe nicht ausreicht,<br />

könnten die Kräfte des Marktes<br />

mehr erreichen. Dann könnten sich<br />

Unternehmer zu wahren „social entrepreneurs“<br />

entwickeln.<br />

Neben der Versorgung der ländlichen<br />

Bevölkerung mit bezahlbarem Strom werden<br />

beim obigen Beispiel durch das Ablösen<br />

der bis dato gebräuchlichen Kerosinlampen<br />

CO 2<br />

-Einsparungen erreicht und<br />

dadurch weniger schädliche Gase in den<br />

Hütten freigesetzt, was die Gesundheit<br />

der Bewohner fördert. Darüber hinaus<br />

umfasst die Wertschöpfungskette des<br />

beschriebenen Unternehmens sogar eine<br />

Fortbildungsakademie für Mitarbeiter, die<br />

Möglichkeit der Fertigung von Räucherstäbchen<br />

aus den verkohlten Reishüllen<br />

in Heimarbeit zur weiteren Einkommenserzielung<br />

sowie die Finanzierung einer<br />

Krankenversicherung für Mitarbeiter und<br />

Schulstipendien für deren Kinder.<br />

Weitere Risiken bei Impact Investments,<br />

wie sie auch bei anderen Investitionen<br />

in ausländischen Märkten existieren,<br />

sind Währungsschwankungen, Inflation,<br />

politische und regulatorische Unwägbarkeiten.<br />

Aber auch die besagte Euphorie<br />

für Impact Investing selbst kann ein<br />

Risiko darstellen: Impact-Investoren wünschen<br />

sich bereits heute mehr qualitativ<br />

gute Projekte und Unternehmen, in die sie<br />

investieren können. Wächst die Begeisterung<br />

der Investoren weiter, trifft zu viel<br />

Kapital auf zu wenige gute Investitionsmöglichkeiten<br />

und es werden weniger<br />

gute Investments zum Zuge kommen. Wie<br />

gefährlich eine solche Entwicklung sein<br />

kann, zeigte sich z.B. an der Überschuldung<br />

von Mikrokreditnehmern vor allem<br />

im Jahr 2010 oder auch an der Immobilienkrise<br />

in den USA ab Ende 2007.<br />

Impact-Investoren müssen sich darüber<br />

im Klaren sein, dass sie in einem<br />

völlig neuen Umfeld investieren und die<br />

Risiken nur schwer einzuschätzen sind.<br />

Es wird sowohl von der Entwicklung der<br />

Märkte als auch von der Verbesserung<br />

der Information und der Risikoaufklärung<br />

aller Investoren abhängen, wie sich Impact<br />

Investing weiter entwickelt.<br />

Daher dürfte die Mehrheit der deutschen<br />

<strong>Stiftung</strong>en nicht als Impact-Investoren<br />

der ersten Stunde fungieren. Aber<br />

ihre Rolle bei der Überwindung der<br />

beschriebenen Pioneer Gap könnte für<br />

den Erfolg mitentscheidend sein. Dann<br />

können <strong>Stiftung</strong>en und engagierte Investoren<br />

gemeinsam dazu beitragen, die<br />

Welt zu retten, indem die Welten von<br />

Mäzenen und Managern näher zusammengebracht<br />

werden.<br />

Martina Erlwein ist<br />

Diplom-Kauffrau und<br />

zertifizierte <strong>Stiftung</strong>sberaterin<br />

(DSA) und verantwortet<br />

als Abteilungsdirektorin<br />

das <strong>Stiftung</strong>s-<br />

Office der Berenberg Bank. In dieser Funktion<br />

berät sie <strong>Stiftung</strong>en und andere gemeinnützige<br />

Organisationen ebenso wie<br />

Stifter und Investoren bei ihrem philanthropischen<br />

Engagement. Weiter ist sie<br />

Vorstandsmitglied unter anderem der<br />

Berenberg Kids <strong>Stiftung</strong>.<br />

Mithelfen!<br />

Straßenkinder<br />

in Deutschland<br />

2000-mal erfolgreich<br />

geholfen seit 1994!<br />

<strong>Die</strong> Off Road Kids <strong>Stiftung</strong> ist die einzige<br />

bundesweit tätige Hilfsorganisation für<br />

Straßenkinder und junge Obdachlose in<br />

Deutschland. Wir betreiben Streetwork-<br />

Stationen in Berlin, Dortmund, Hamburg<br />

und Köln – völlig ohne staatliche Gelder.<br />

Wir müssen unsere Straßensozialarbeit<br />

weiter stärken, doch dazu benötigen wir<br />

weitere engagierte Förderer.<br />

Ihre Mithilfe ist willkommen!<br />

07726 / 37878-260 . info@offroadkids.de<br />

Schabelweg 4 - 6 . 78073 Bad Dürrheim<br />

Sprecher des Vorstands: Markus Seidel<br />

www.offroadkids.de


34 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Der Staat zahlt nur,<br />

wenn die Gesellschaft profitiert<br />

<strong>Social</strong> Impact Bonds – ein Modell für Deutschland? Von Christoph Glaser<br />

<strong>Social</strong> Impact Bonds sind die konsequente<br />

Übersetzung der Forderung<br />

nach mehr Wirksamkeit<br />

im Dritten Sektor in die Realität<br />

des gemeinnützigen Handelns. Durch<br />

<strong>Social</strong> Impact Bonds werden Projektstrukturen<br />

geschaffen, in der Philanthropen<br />

ihre Zuwendung mehrfach statt einmalig<br />

einsetzen, NGOs sich auf ihre<br />

Arbeit statt auf Fundraising konzentrieren<br />

und die öffentliche Hand nur dann<br />

Mittel bereitstellt, wenn der Erfolg der<br />

durchgeführten Maßnahme nachgewiesen<br />

und hierdurch generierte Kosteneinsparungen<br />

belegt sind.<br />

Bereits seit Jahrzehnten ist allen<br />

Beteiligten im Dritten Sektor bewusst,<br />

dass NGOs einen kaum zu rechtfertigenden<br />

Anteil ihrer Ressourcen darauf verwenden<br />

müssen, die Mittel einzuwerben,<br />

die sie benötigen, um ihrer eigentlichen<br />

Arbeit nachzukommen. Daneben sind<br />

<strong>Stiftung</strong>en zunehmend daran interessiert,<br />

Mittel nur dann bereitzustellen, wenn die<br />

Zuwendungsempfänger mit ihrer Arbeit<br />

nachweisbare Wirkungen erzielen. Seit<br />

wenigen Jahren beginnt sich im <strong>Stiftung</strong>sumfeld<br />

zudem die Erkenntnis durchzusetzen,<br />

dass nachhaltige Wirkungen nur<br />

zu erzielen sind, wenn die in dem jeweiligen<br />

Feld agierenden NGOs gemeinsam<br />

und aufeinander abgestimmt arbeiten.<br />

Daher sind <strong>Social</strong> Impact Bonds derzeit<br />

in aller Munde. Denn sie stellen in<br />

Aussicht, die aus jenen Befunden abzuleitenden<br />

Forderungen nach besserer Koordination<br />

und höherer Wirksamkeit<br />

gemeinnütziger Maßnahmen einlösen zu<br />

können – bei gleichzeitig verlässlichem<br />

Mittelzufluss.<br />

Was ist ein <strong>Social</strong> Impact Bond?<br />

Vorfinanzierer stellen einer Gruppe von<br />

NGOs Mittel für die fokussierte Bearbeitung<br />

eines gesellschaftlichen Problemfel­<br />

des zur Verfügung. Bestätigt ein externer<br />

Evaluator den Erfolg der durch die NGOs<br />

durchgeführten Maßnahmen, erstattet<br />

die öffentliche Hand besagten Vorfinanzierern<br />

die Finanzierung zuzüglich einer<br />

Verzinsung zurück.<br />

Orchestriert werden die Maßnahmen<br />

durch den Koordinator, der eine Reihe<br />

von Aufgaben wahrnehmen muss: Er legt<br />

der öffentlichen Hand dar, dass die Finanzierung<br />

der geplanten Maßnahmen eine<br />

erhebliche Kostenersparnis bedeutet<br />

gegenüber der Entscheidung, dies nicht<br />

zu tun. Der Koordinator schließt einen<br />

Vertrag mit der öffentlichen Hand, in dem<br />

die Kriterien für den Erfolg niedergelegt<br />

sind, die die Erstattung der Vorfinanzierung<br />

durch den Staat auslösen. Er wählt<br />

die NGOs aus, die in der Bearbeitung des<br />

ausgewählten Problemfeldes bereits die<br />

größtmögliche Wirksamkeit nachgewiesen<br />

haben. Der Koordinator bestimmt in<br />

Abstimmung mit der öffentlichen Hand den<br />

externen Evaluator und sorgt schließlich<br />

dafür, dass die Finanzierung des Gesamtprojektes<br />

durch Vorfinanzierer von<br />

Beginn an vollständig gesichert ist.<br />

Wer profitiert von einem<br />

<strong>Social</strong> Impact Bond?<br />

<strong>Die</strong> öffentliche Hand, denn sie zahlt nur<br />

bei Erfolg der Maßnahme und selbst<br />

dann nur einen Anteil der Kosten, die<br />

angefallen wären, wenn jene Maßnahme<br />

nicht durchgeführt worden wäre.<br />

<strong>Die</strong> Vorfinanzierer, denn ihre Gelder, die<br />

bislang „verlorene Zuschüsse“ für die<br />

gute Sache waren, fließen nun in soziale<br />

Projekte mit klaren Zielvereinbarungen.<br />

Werden diese erreicht, gehen ihre Gelder<br />

verzinst an sie zurück und stehen ihnen<br />

für Investitionen in weitere soziale Projekte<br />

zur Verfügung. Gemeinnützige Organisationen<br />

wie <strong>Stiftung</strong>en, die Interesse<br />

haben, sich an einem <strong>Social</strong> Impact Bond<br />

zu beteiligen, können dies über den Weg<br />

ihrer Vermögensanlage tun.<br />

<strong>Die</strong> beteiligten NGOs, denn sie können<br />

ihre Energie statt auf Fundraising auf ihre<br />

eigentliche Arbeit konzentrieren.<br />

Das Gemeinwohl, da aufeinander abgestimmte,<br />

nachweislich wirksame Maßnahmen<br />

der konkreten Lösung von klar<br />

definierten Problemen dienen werden –<br />

statt dem Selbsterhalt von gemeinnützigen<br />

Institutionen.<br />

Woher kommt die Idee<br />

des <strong>Social</strong> Impact Bond?<br />

Der erste <strong>Social</strong> Impact Bond wurde im<br />

September 2010 in Peterborough (UK) ins<br />

Leben gerufen. Mehrere NGOs wirken<br />

hier zusammen, um die Reduzierung der<br />

Rückfallquote von entlassenen Straftätern<br />

zu erreichen. Für das auf sieben<br />

Jahre angelegte Programm wurden durch<br />

Vorfinanzierer 5 Mio. GBP bereitgestellt.<br />

<strong>Die</strong> öffentliche Hand verpflichtet sich,<br />

diesen Betrag verzinst an die Vorinvestoren<br />

zurückzuführen, wenn die Wiederverurteilungsrate<br />

der betreuten ehemaligen<br />

Straftäter um mindestens 7,5% niedriger<br />

ist als in einer Vergleichsgruppe ohne<br />

Betreuung.<br />

Mittlerweile ist weltweit eine Reihe<br />

weiterer <strong>Social</strong> Impact Bonds gestartet,<br />

unter anderem in New York. Auch hier<br />

geht es um die erfolgreiche Resozialisierung<br />

von – in diesem Fall jugendlichen –<br />

Strafgefangenen des Gefängnisses Rikers<br />

Island. Das hierfür eingesetzte und von<br />

der öffentlichen Hand zur Erstattung vorgesehene<br />

Volumen beträgt knapp 10 Mio.<br />

USD.<br />

Chancen für eine Umsetzung<br />

in Deutschland<br />

In der <strong>Stiftung</strong>slandschaft Deutschlands<br />

ist das Thema <strong>Social</strong> Impact Bond seit


Soziale Investoren | 35<br />

einigen Monaten „Stadtgespräch“, nicht<br />

zuletzt durch ein Frühstücksseminar auf<br />

dem Deutschen <strong>Stiftung</strong>stag im Juni dieses<br />

Jahres und eine Reihe von publizistischen<br />

Beiträgen. Diskutiert wird hier<br />

auch, welches Thema sich in Deutschland<br />

für einen <strong>Social</strong> Impact Bond besonders<br />

eignen könnte.<br />

Wir sind der Auffassung, dass sich in<br />

Deutschland Projekte zum Thema Bildung,<br />

konkret Bildungsabbrüchen, für das Aufsetzen<br />

eines <strong>Social</strong> Impact Bond eignen.<br />

Hierfür spricht eine Reihe von Gründen:<br />

• Bildungsabbrüche durch sogenannte<br />

Schul- oder Leistungsverweigerer sind<br />

deutschlandweit ein erhebliches Problem.<br />

Etwa 8 bis 10% eines Jahrgangs<br />

verlassen ihre Schule ohne Abschluss.<br />

• Bildungsabbrüche lassen sich „messen“,<br />

dies insbesondere auch in ihren<br />

Vorstufen, also der gelegentlichen und<br />

dann kontinuierlichen Schulverweigerung.<br />

• Drohende Bildungsabbrüche lassen<br />

sich durch präventive Maßnahmen<br />

nachhaltig verhindern.<br />

• Der nachhaltige Erfolg von Re-Integrationsmaßnahmen<br />

ist messbar.<br />

• <strong>Die</strong> für die Abwendung und Heilung<br />

von Bildungsabbrüchen zu veranschlagenden<br />

Kosten betragen nach<br />

ersten Überschlagsrechnungen etwa<br />

ein Zehntel der durch drohende<br />

Arbeitslosigkeit entstehenden Belastungen<br />

der öffentlichen Hand.<br />

Entscheidend für das Aufsetzen des ersten<br />

deutschen <strong>Social</strong> Impact Bonds ist<br />

letztlich die Frage: Wird es gelingen, Instanzen<br />

der öffentlichen Hand davon zu<br />

überzeugen, aus der traditionellen Logik<br />

der Bestandsfinanzierung von gemeinnützigen<br />

Institutionen auszubrechen und<br />

stattdessen die Rolle des Auftraggebers<br />

von „pay for success“-Projekten anzunehmen,<br />

in denen statt gutem Willen die gute<br />

Tat finanziert wird?<br />

Aufbau eines <strong>Social</strong> Impact Bonds<br />

Quelle: Benckiser <strong>Stiftung</strong><br />

koordiniert und finanziert<br />

die Aktivitäten<br />

NGOs<br />

führen Maßnahmen durch<br />

gibt ein Darlehen<br />

Vorfinanzierer<br />

erstattet Darlehen plus<br />

Verzinsung zurück<br />

Koordinator<br />

evaluiert Projekterfolg<br />

Evaluator<br />

Nicht nur vor dem Hintergrund knapper<br />

Mittel, sondern auch angesichts der<br />

Tatsache, dass öffentliche Mittel unser<br />

aller Mittel sind, sollten wir als Steuern<br />

zahlende Bürger dafür Sorge tragen, dass<br />

unsere Zahlungen nur in Maßnahmen<br />

fließen, deren Wirksamkeit nachgewiesen<br />

ist. <strong>Die</strong> öffentliche Hand dagegen<br />

steht in der Verantwortung, alles zu<br />

unternehmen, um die Wirksamkeit der<br />

von den Bürgern zur Verfügung gestellten<br />

erstattet bei Projekterfolg einen<br />

vorher vereinbarten Betrag zurück<br />

Öffentliche Hand<br />

meldet Ergebnisse<br />

Mittel zu erhöhen. Das Werkzeug hierfür<br />

ist der <strong>Social</strong> Impact Bond.<br />

Christoph Glaser ist Vorstandsvorsitzender<br />

der<br />

Benckiser <strong>Stiftung</strong> in Ludwigshafen.<br />

<strong>Die</strong> Organisation<br />

plant die Initiierung<br />

und Begleitung von <strong>Social</strong><br />

Impact Bonds in Deutschland.


36 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

„Wir sehen große<br />

Chancen darin, die<br />

Wirkung zu hebeln“<br />

Im Gespräch mit Dr. Ralph Boch (Hans Sauer <strong>Stiftung</strong>) über die Förderung sozialunternehmerischer<br />

Projekte und die Verankerung von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> in der <strong>Stiftung</strong>sszene<br />

DIE STIFTUNG: Wie viele Sozialunternehmen<br />

verdanken ihr Entstehen der Hans<br />

Sauer <strong>Stiftung</strong>?<br />

Dr. Ralph Boch: Das ist schwer zu sagen.<br />

Unsere Kernaufgabe ist ja, Unternehmen<br />

in den Bereichen Umwelt und Medizintechnologie<br />

zu unterstützen, die eine<br />

sozialunternehmerische Anwendungsund<br />

Verwertungsperspektive haben. Das,<br />

was hier entwickelt wird, soll auch gesellschaftliche<br />

Wirkung entfalten. Insofern<br />

haben wir bislang nur in ein oder zwei<br />

Fällen klassische Sozialunternehmen<br />

finanziert. Wir fördern vor allem Firmen,<br />

bei denen die soziale und ökologische<br />

Motivation eine große Rolle spielt. Daher<br />

kann ich Ihre Frage nicht mit einer Zahl<br />

beantworten. Außerdem arbeiten wir bei<br />

Projekten im Bereich Bildung für Nachhaltigkeit<br />

mit zwei Sozialunternehmen<br />

zusammen, die Projektpartner in operativen<br />

<strong>Stiftung</strong>sprojekten sind, und wir profitieren<br />

dann von deren Expertise.<br />

DIE STIFTUNG: Wie sieht nun Ihre Förderstrategie<br />

konkret aus?<br />

Boch: Unsere beiden Förderbereiche haben<br />

wir Erfinder:Werkstatt und Kreativitäts:<br />

Labor genannt. Mit der Werkstatt fördern<br />

wir Erfindungen und Innovationen in<br />

den von uns fokussierten Bereichen. Hier<br />

finanzieren wir zum Beispiel Forschungsund<br />

Entwicklungsarbeiten, vermitteln wissenschaftliche<br />

Partner und helfen, die<br />

Ideen und Konzepte der Antragsteller auf<br />

ihre Praxistauglichkeit hin zu prüfen. Wir<br />

tun dies stets in einem frühen Stadium<br />

der Arbeiten. Bewegen sich die Projekte<br />

in Richtung einer Gründung, versuchen<br />

wir über Darlehen weiterzuhelfen oder<br />

über Partner, etwa die Gründungszentren<br />

von Universitäten. Was nicht geht, ist die<br />

Bereitstellung von Eigenkapital zur Unternehmensgründung.<br />

Das ist rechtlich<br />

schwierig, aber es ist auch ein Ressourcenproblem.<br />

Ein solcher Schritt würde nämlich<br />

erfordern, dass wir eine oder mehrere<br />

technologiebasierte Gründungen begleiten,<br />

und das können wir nicht leisten.<br />

Mit dem Kreativitäts:Labor zielen wir darü<br />

ber hinaus auf Bildungsprojekte ab, die<br />

eine Sensibilisierung rund um Nachhaltigkeitsthemen<br />

zum Inhalt haben.<br />

DIE STIFTUNG: Welche Merkmale müssen<br />

denn Projekte haben, um in den Genuss<br />

einer Förderung zu kommen?<br />

Boch: Nach der Antragstellung folgt die<br />

Prüfung der technischen Machbarkeit<br />

und wissenschaftlichen Richtigkeit der<br />

niedergelegten Fakten. Gleichzeitig wollen<br />

wir von den Antragstellern etwas<br />

dazu hören, wie sie sich die Verwertung<br />

ihrer Ergebnisse vorstellen. Das kann<br />

zum Beispiel bedeuten, dass eine Technologie<br />

an ein Unternehmen lizenziert wird.<br />

Dr. Ralph Boch ist Vorstand der Hans Sauer <strong>Stiftung</strong> mit<br />

Sitz in München. <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> ist fördernd und operativ<br />

im Bereich Wissenschaft und Forschung sowie der Wissensvernetzung<br />

tätig. Daneben verleiht sie alle zwei Jahre den<br />

Hans Sauer Preis, in diesem Jahr unter dem Titel „alterfinden<br />

– Neue Technik für ein selbstbestimmtes Leben im<br />

Alter“. Für die laufende Ausschreibung sind noch bis zum<br />

31. Dezember 2012 Bewerbungen möglich.<br />

Steht die Gründung eines Unternehmens<br />

im Raum, dann prüfen wir beim Antragsteller<br />

dessen Kompetenz als Gründer<br />

und Geschäftsführer ab. Da gehören ja<br />

neben Wissen auch ein Team sowie Kapital<br />

und entsprechende Partner mit dazu.<br />

Kann er das nicht nachweisen, versuchen<br />

wir, mit Coachings oder Kontakten weiterzuhelfen.<br />

DIE STIFTUNG: Gibt es eigentlich eine Förderung<br />

nach der Frühphasenförderung?<br />

Boch: Eine Chance darauf gibt es schon.<br />

Unser Ehrgeiz geht dahin, Projekte so weit<br />

mitzuentwickeln, dass sie für öffentliche<br />

Anschlussförderungen interessant beziehungsweise<br />

passend sind. Dazu müssen<br />

beispielsweise Prototypen und belastbare<br />

Unterlagen vorhanden sein, um einen<br />

potenziellen Geldgeber zu überzeugen.<br />

Und wenn nun ein Venture-Capital-Investor<br />

verlangt, dass alle Positionen in einem<br />

Unternehmen für dessen weiteren Fortbestand<br />

stimmig besetzt sein sollen, dann


Soziale Investoren | 37<br />

sind wir zudem bereit, hier auch Input<br />

über unser Netzwerk zu liefern, um<br />

vakante Stellen in so einem jungen Team<br />

füllen zu können.<br />

Hans Sauer und die Hans Sauer <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Die</strong> Organisation beschreibt Hans Sauer (1923–1996)<br />

nicht als <strong>Social</strong> Entrepreneur, wohl aber als Erfinder-Unternehmer,<br />

der mit der SDS-Relais AG ein<br />

Unternehmen im Bereich der Relais-Technologie<br />

aufgebaut hat. Einen Teil des Verkaufserlöses seiner<br />

Firma brachte er im Jahr 1989 in die nach ihm<br />

benannte <strong>Stiftung</strong> ein. Der Stifter machte sich ab<br />

den 1970er Jahren Gedanken darüber, wie Kreativität und Innovationen überhaupt funktionieren<br />

und entstehen. Für ihn stand fest, dass eine ökologische und soziale Motivation beim Erfinden<br />

und Schaffen von Innovationen Kreativität fördern kann, die Innovationen zudem besser<br />

und damit zukunftsfähiger macht. <strong>Die</strong>s zu fördern, bewegte ihn dazu, die <strong>Stiftung</strong> zu gründen.<br />

www.hanssauerstiftung.de<br />

DIE STIFTUNG: <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> bedarf<br />

ja nun mehr als nur der Förderung von<br />

Konzepten und Kooperationen. Was tun Sie<br />

darüber hinaus?<br />

Boch: Nun ja, wir versuchen uns auch am<br />

Capacity Building, sind also beispielsweise<br />

mit der <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Akademie (Anm. d. Red.: siehe hierzu auch<br />

S. 14/15) eine strategische Kooperation<br />

eingegangen. Wir wollen in einem akademischen<br />

Kontext Ressourcen aufbauen,<br />

mit einem hohen Maß an Praxisrelevanz.<br />

In der Forschung haben wir einen<br />

Preis rund um die Themen <strong>Social</strong> und<br />

Sustainable <strong>Entrepreneurship</strong> ausgeschrieben.<br />

<strong>Die</strong>ser Preis wird einmal im Jahr<br />

gemeinsam mit der <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Akademie vergeben. Mit der Ideengarage<br />

schließlich haben wir eine Plattform<br />

für soziale und nachhaltigkeitsorientierte<br />

Ideen geschaffen, die wir als Netzwerk<br />

begreifen. Auf dieser Plattform können<br />

sich <strong>Social</strong> Start-ups vorstellen, nach<br />

Investoren suchen oder auch Personal<br />

akquirieren. Über die Plattform haben<br />

Unternehmen eine gewisse Reichweite in<br />

der Gewinnung neuer Kontakte. Was mir<br />

beim Themenkreis des <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

noch wichtig wäre, ist eine tiefere<br />

Verankerung in der <strong>Stiftung</strong>sszene.<br />

Wir sehen große Chancen darin, Projekte<br />

von <strong>Stiftung</strong>en mit sozialunternehmerischen<br />

Ansätzen zu kombinieren und<br />

damit die Wirkung zu hebeln, den Impact,<br />

wie es heute so schön heißt, zu erhöhen.<br />

Allerdings bedarf es dazu einiger Anpassungen<br />

im Gemeinnützigkeitsrecht, die<br />

ich aktuell nicht sehe. Leider.<br />

DIE STIFTUNG: Wie ist es Ihnen nun möglich,<br />

mit diesem Profil einen gemeinnützigen<br />

Status zu bewahren?<br />

Boch: Eine gute Frage. <strong>Die</strong> Gemeinnützigkeit<br />

ist ein hohes Gut, wir sind uns dessen<br />

bewusst und beschränken unsere Fördertätigkeit<br />

aus diesem Grund auf den Frühphasenbereich.<br />

So betreibt die <strong>Stiftung</strong><br />

Wissenschafts- und Forschungsförderung,<br />

was ja ein anerkannter gemeinnütziger<br />

Zweck ist. Wird die Umsetzung unternehmerisch,<br />

dann müssen die Förderinstrumente<br />

angepasst werden. Es ist<br />

auch schon der Fall gewesen, dass wir<br />

uns für eine Förderung vor dem Finanzamt<br />

erklären mussten. Bei der Finanzierung<br />

z.B. von Patentierungen ist die<br />

Behörde skeptisch. Hier geht es ja nicht<br />

um die Produktion neuen, sondern um<br />

den Schutz bekannten Wissens. Eine ganz<br />

kritische Schnittstelle.<br />

DIE STIFTUNG: Würde es sich für Ihre <strong>Stiftung</strong><br />

denn anbieten, die Förderung von<br />

Sozial unternehmen auch in der Vermögensanlage<br />

weiter zu verfolgen?<br />

Boch: Ertragssicherheit und Renditenotwendigkeit<br />

sind die beiden Eckpfeiler<br />

einer jeden Vermögensverwaltung einer<br />

<strong>Stiftung</strong>. Auch für uns, die wir unser Geld<br />

konservativ veranlagen. Ein Investment<br />

in ein Sozialunternehmen gehorcht einem<br />

anderen Zeithorizont und bedarf einer<br />

größeren Geduld, bis hier ein stetiger<br />

Ertrag fließt. Doch diesen benötigen wir<br />

für unsere Fördertätigkeit. Daher ist das<br />

Modell einer Investition in Sozialunternehmen<br />

in der Vermögensverwaltung für<br />

uns eher noch nicht umzusetzen, wenngleich<br />

sich hier eine wirklich interessante<br />

Förderkette ergeben könnte. Für uns<br />

steht Mission Investing aber schon auf<br />

der Agenda, nur wollen wir eher in Richtung<br />

Erneuerbare Energien gehen, denn das<br />

ist ganz nah am <strong>Stiftung</strong>szweck und damit<br />

ein absolut nachvollziehbarer Einstieg in<br />

das Thema Mission Related Investing.<br />

FOTOS: Hans Sauer <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Die</strong> Hans Sauer <strong>Stiftung</strong> unterstützt Erfindungen und Innovationen im Bereich Umwelt und Medizintechnologie<br />

in der frühen Phase. Entsprechend gilt das Engagement der Organisation als Förderung<br />

von Wissenschaft und Forschung.<br />

<strong>Die</strong> StiFTUNG: Ein interessanter Weg,<br />

den viele <strong>Stiftung</strong>en ebenfalls gehen<br />

könnten. Haben Sie vielen Dank für das<br />

Gespräch.<br />

Das Interview führten<br />

Gregor Jungheim und Tobias M. Karow.


38 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

In der Normalität angekommen<br />

Ein Blick auf die Mikrofinanz aus der Sicht eines Investors von Michael P. Sommer<br />

<strong>Social</strong> Investment wird manchmal<br />

unter dem Ansatz der Nächstenliebe<br />

und Caritas als philanthropisches<br />

Handeln verstanden.<br />

Unter einem unternehmerischen Ansatz<br />

ist es aber ein Instrument, welches<br />

Gemeinwohl im besten Sinne schafft,<br />

indem es Ethik und Rendite miteinander<br />

verbindet. Im Bereich der Entwicklungsfinanzierung<br />

sind damit sichtbar Erfolge zu<br />

erzielen. <strong>Die</strong>s gilt gleichermaßen für<br />

Investments in Bereichen wie Erneuerbare<br />

Energien, Ökotourismus, Wiederaufforstung,<br />

Fair Trade, Bildungs- und<br />

Gesundheitsfinanzierung – und der Mikrofinanzierung,<br />

die inzwischen in der Normalität<br />

einer sinnvollen Geldanlage angekommen<br />

ist.<br />

Eine Telefonkonferenz mit Teilnehmern<br />

aus New York, Antwerpen, Genf,<br />

London und Essen. Es geht um die Bewertung<br />

von Risiken in Nicaragua, wo alle<br />

Teilnehmer investiert sind. Wie verhalten<br />

wir uns mit unseren Investments, was für<br />

Auswirkungen hat das betriebswirtschaftlich<br />

wie auch sozial auf unseren<br />

Kunden, eine der größeren Mikrofinanzinstitutionen<br />

in dem zentralamerikanischen<br />

Land?<br />

Der Austausch von Information, die<br />

Abstimmung untereinander ist wichtig für<br />

das Geschäft wie auch für unseren Kunden<br />

mit seinen Tausenden von Kleinkreditnehmern.<br />

Dazu ist es notwendig, den Kun den<br />

„Wenn wir aufhören, die Armen unserer Welt<br />

als Opfer oder gar als Last zu betrachten,<br />

und sie stattdessen als unverwüstliche und<br />

ideenreiche Unternehmer anerkennen,<br />

wird sich eine neue Welt von Möglichkeiten<br />

eröffnen.“<br />

eng zu begleiten und ihm Hilfestellung zu<br />

geben. Konkrete Einzelmaßnahmen des<br />

Risikomanagements werden abgesprochen,<br />

die es den Anlegern ermöglichen<br />

sollen, ihr Geld nicht abzuziehen.<br />

Auftritt vor einer<br />

Frauengenossenschaft<br />

Besuch vor Ort in Managua, der Hauptstadt<br />

Nicaraguas: Ist die eigene Einschätzung<br />

richtig? Was kann getan werden, um<br />

die Rahmenbedingungen zu verbessern?<br />

Kundengespräche, Pressekonferenz, Analysegespräche<br />

mit den Finanzexperten<br />

des Kunden vor Ort.<br />

Er hatte in der Krise eine schwierige<br />

Zeit, befindet sich aber in der Erholung.<br />

Richtschnur seines Handelns ist das wirtschaftliche<br />

Überleben durch die Fokussierung<br />

seines Geschäftsmodells auf den<br />

Menschen, dessen Fähigkeit zur Selbsthilfe,<br />

ohne auf Subventionen angewiesen<br />

zu sein. Das hört sich nicht nur so an,<br />

sondern ist es auch: gelebte christliche<br />

Gesellschaftslehre.<br />

Zwei Tage später: Besuch bei der<br />

Generalversammlung von COMIXMUL,<br />

der größten Frauengenossenschaft in Honduras.<br />

Nicht alle Tage rede ich vor <strong>2.</strong>100<br />

Genossinnen – Frauen, die ihr Schicksal<br />

in die Hand genommen und sich mit Hilfe<br />

der Genossenschaft eigene Existenzen<br />

aufgebaut haben.<br />

C. K. Prahalad,<br />

indischer Wirtschaftswissenschaftler<br />

Beeindruckend die logistische Organisation<br />

dieser Generalversammlung, zu<br />

der die Frauen aus allen Regionen des<br />

Landes zum Teil in langen Busfahrten angereist<br />

sind. Beeindruckend auch die lebendige<br />

Ernsthaftigkeit, mit der Geschäftsentwicklung,<br />

Aufsichtsratswahlen sowie<br />

neue Produkte und Sozialprogramme diskutiert<br />

und abgearbeitet werden. <strong>Die</strong> Genossenschaft<br />

bietet nicht nur Kredit- und<br />

Sparprogramme an, sondern auch Ausund<br />

Fortbildung, Gesundheitsprävention<br />

und Angebote für weitere, für das tägliche<br />

Leben der Frauen wichtige Fragestellungen.<br />

Es ist offensichtlich: <strong>Die</strong> Kredite unserer<br />

Bank für diese Genossenschaft bringen<br />

uns Rendite, aber sind direkt in die Entwicklungsfähigkeit<br />

der Menschen vor Ort<br />

investiert, generieren dort neben einem<br />

finanziellen auch sozialen Ertrag.<br />

Zu etabliert, um noch<br />

eine Innovation zu sein<br />

Von der Praxis zur theoretischen Diskussion:<br />

Mikrofinanzierung treibt in Armut<br />

und Abhängigkeit? Profit auf Kosten der<br />

Armen? Es ist abenteuerlich, was derzeit<br />

an Negativberichterstattung zu lesen ist.<br />

Dabei wird völlig vergessen, dass eine<br />

fachlich und sozial gut aufgestellte Mikrofinanzinstitution<br />

Teil der Lösung und<br />

nicht Teil des Problems ist.<br />

Oft schwingt in der Diskussion vor allem<br />

die Angst vor dem Neuen, dem Ungewöhnlichen<br />

– hier: einer ethisch sinnvollen<br />

Geldanlage in Entwicklungsländern –<br />

mit. Es ist fatal: Einerseits bringt uns nur<br />

Neues oder die Vertiefung von Vorhandenem<br />

wirklich weiter, andererseits hat der<br />

Mensch an sich Angst vor Veränderung<br />

und damit vor Innovation. Da hilft dann<br />

manchmal die Erkenntnis, dass hin und<br />

wieder „Innovationen“ gar keine sind, sondern<br />

auf uralten Erfahrungen beruhen. So<br />

geht es auch der Mikrofinanzierung.<br />

Jahrelang wurde oft undifferenziert<br />

und idealisierend das scheinbar neuartige<br />

Erfolgsmodell der Armutsbekämpfung<br />

begrüßt und gefeiert. <strong>Die</strong> UN erklärte das<br />

FOTOS: Bank im Bistum Essen


Soziale Investoren | 39<br />

Auch das ist Mikrofinanz: Geschäftsführerin<br />

Magda Edy Lopez (l.) eröffnet die Generalversammlung<br />

von COMIXMUL, der größten Frauengenossenschaft<br />

in Honduras.<br />

Obststand einer Mikrofinanzkundin aus<br />

Ecuador. Ein solches Investment ist längst kein<br />

innovatives Abenteuer mehr.<br />

Jahr 2005 zum Jahr der Kleinkredite, und<br />

2006 erhielten Muhammad Yunus und die<br />

Grameen-Bank aus Bangladesch den Friedensnobelpreis.<br />

Jetzt stellt die Welt fest, dass es solche<br />

Ansätze bereits seit Jahrhunderten in<br />

vielen Kulturen und Ländern der Welt<br />

gibt. Gemeinsame Merkmale sind eine auf<br />

die Selbstverantwortung des Menschen<br />

gestützte Kredittechnologie und die Absicht,<br />

ökonomisch armen Menschen die<br />

Inanspruchnahme gewöhnlicher Finanzdienstleistungen<br />

zu gewähren. Erinnert<br />

sei hier nur an die Genossenschafts- und<br />

Sparkassenbewegung im Deutschland<br />

des 19. Jahrhunderts oder die Gründung<br />

der „Montes Pietatis“ der Franziskaner<br />

im Italien der Renaissance. Solidarität ist<br />

eine kulturelle Errungenschaft mit langer<br />

Tradition. Auch daran ist 2012, im UN-Jahr<br />

der Genossenschaften, erinnert worden.<br />

Mikrofinanz ist nichts anderes als die<br />

Wiederentdeckung des an die Realwirtschaft<br />

gekoppelten klassischen Bankgeschäfts:<br />

Spareinlagen verantwortungsbewusst<br />

verwalten und als Kredite an die<br />

Kunden zur Förderung ihrer wirtschaftlichen<br />

Tätigkeit verauslagen. Also nichts<br />

wirklich „Innovatives“!<br />

Ebenso wenig sind die Akteure in den<br />

Mikrofinanzmärkten Heilige oder Philanthropen.<br />

Sie agieren professionell (oder<br />

auch nicht) und charakterlich fest (manchmal<br />

auch nicht) als „normale“ Berufstätige<br />

in einer für die Entwicklung des<br />

jeweiligen Landes wichtigen und notwendigen<br />

Branche, der Finanzwirtschaft.<br />

Es sollte eine Geldanlage im Segment<br />

Mikrofinanz erleichtern, wenn dieser verunsichernde<br />

Eindruck des „Innovativen“<br />

erst einmal abgestreift ist, wenn man als<br />

Anleger sieht, dass auch ein Mikrofinanzfonds<br />

ein Investmentfonds und keine<br />

Spareinlage ist und auch dieses Geschäftsmodell<br />

im Mikrobereich nicht immer funktionieren<br />

muss.<br />

Es ist halt so: <strong>Die</strong> Erreichung gemeinwohlorientierter<br />

Ziele und das unterneh­<br />

merisch angelegte <strong>Social</strong> Investment<br />

erfordern die auch sonst übliche Professionalität<br />

und kritisches Hinterfragen, im Produktmanagement<br />

ebenso wie als Anleger<br />

in der Produktauswahl. Dann ist es plötzlich<br />

auch kein „innovatives“ Abenteuer<br />

mehr, sein Geld (zum Teil!) in Uganda,<br />

Aserbaidschan oder Guatemala anzulegen.<br />

Denn schließlich ist eine Innovation<br />

kurzlebig und dann keine mehr, wenn sie<br />

von vielen genutzt, nachgemacht oder<br />

verbessert wird – und Mikrofinanzierung<br />

hat sich im Segment der ethisch-nachhaltigen<br />

Investments längst durchgesetzt.<br />

Krise eingeschlossen.<br />

Rechtsanwalt Michael P.<br />

Sommer ist Direktor<br />

Ausland & Nachhaltigkeit<br />

bei der Bank im Bistum<br />

Essen eG und für die Investments<br />

im Bereich der<br />

Entwicklungsfinanzierung verantwortlich.<br />

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Aktuelle Ratings:<br />

STIFTUNGSFONDS DES JAHRES *<br />

*Quelle: Renditewerk<br />

160 %<br />

140 %<br />

120 %<br />

100 %<br />

80 %<br />

60 %<br />

40 %<br />

2008 2009 2010 2011 2012<br />

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40 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

„Allein mit Spenden<br />

sind die Probleme nicht<br />

zu beheben“<br />

Im Gespräch mit Matthias Lehnert (Oikocredit Deutschland) über die Finanzierung von<br />

Sozialunternehmen in der Dritten Welt<br />

DIE STIFTUNG: Was sind für Sie die interessantesten<br />

Sozialunternehmen in den Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern?<br />

Matthias Lehnert: Im Wesentlichen<br />

beobach ten wir drei Formen von Sozialunternehmen:<br />

NGOs, wie beispielsweise<br />

Adhikar in Indien, Genossenschaften wie<br />

Cocovico an der Elfenbeinküste und soziale<br />

Familienunternehmen wie SEKEM in Ägypten.<br />

Adhikar bringt sich im Bereich Bildung,<br />

Wohnungsbau und Finanzdienstleistungen<br />

ein, es bietet zum Beispiel<br />

Altersvorsorgeprogramme. Bekannt ist<br />

Adhikar auch für seine sogenannten Barfußanwälte,<br />

die speziell Opfern häuslicher<br />

Gewalt Rechtsberatung und Prozesskostenhilfe<br />

bieten, die sie sich sonst nicht<br />

leisten könnten. Cocovico ist, genau wie<br />

wir, genossenschaftlich organisiert. Hier<br />

haben sich Marktfrauen zusammengeschlossen,<br />

einen Markt gegründet und<br />

dann den Bau einer Markthalle organisiert.<br />

Mittlerweile können dort rund 5.000<br />

Händlerinnen arbeiten, und während der<br />

Unruhen im Frühjahr 2011 fanden obdachlos<br />

gewordene Familien dort eine Notunterkunft.<br />

SEKEM ist im Prinzip ein Familienunternehmen,<br />

das durch Renaturierung<br />

von Wüstenland und ökologische Landwirtschaft<br />

sein Geld verdient – und die<br />

Produkte auch in Deutschland z.B. über<br />

Alnatura verkauft. Das Geld kommt aber<br />

auch der örtlichen Bevölkerung zugute.<br />

So wurde erst dieses Jahr damit eine Universitätsgründung<br />

finanziert.<br />

DIE STIFTUNG: Wie verbreitet ist denn in<br />

Ländern, die zum Teil noch Selbstversorger-<br />

Gesellschaften sind, überhaupt die sozialunternehmerische<br />

Idee?<br />

Lehnert: Gerade die genossenschaftliche<br />

Idee ist weltweit sehr verbreitet. Überall in<br />

den Schwellen- und Entwicklungs ländern<br />

gibt es sogenannte Kooperativen. <strong>Die</strong><br />

Akzep tanz ist dagegen ganz unterschiedlich.<br />

So kamen genossenschaftliche Ideen<br />

in osteuropäischen Ländern nach dem<br />

Ende des Kalten Krieges nicht besonders<br />

gut an, da diese Erinnerungen an den<br />

Sozialismus wachriefen.<br />

Auch ohne wissenschaftlich fundierte<br />

Zahlen ist eine klare Tendenz zu erkennen,<br />

gesellschaftliche Veränderungen mit un ternehmerischen<br />

Mitteln anzustreben. <strong>Die</strong>s<br />

beobachten wir bei Genossenschaften<br />

ebenso wie bei NGOs und <strong>Stiftung</strong>en. Es<br />

hat sich einfach die Erkenntnis durchgesetzt,<br />

dass allein mit Spenden die gesellschaftlichen<br />

Probleme nicht zu beheben<br />

sind. Allerdings ist der Begriff „Sozialunternehmen“<br />

in vielen Ländern der Welt<br />

noch unbekannt.<br />

DIE STIFTUNG: Was sind – abgesehen vom<br />

Bekanntheitsgrad – die besonderen Herausforderungen,<br />

vor denen Sozialunternehmer<br />

stehen?<br />

Matthias Lehnert leitet die Geschäftsstelle von Oikocredit<br />

Deutschland in Mainz. <strong>Die</strong> ökumenische Genossenschaft mit<br />

Hauptsitz im niederländischen Amersfoort betreibt Entwicklungsförderung<br />

durch Kreditvergabe an Mikrofinanzinstitutionen,<br />

Genossenschaften und andere Sozialunternehmen<br />

in Entwicklungs- und Schwellenländern. Weiter ist Lehnert<br />

Vorstandsmitglied des Entwicklungspolitischen Netzwerks<br />

Hessen.<br />

Lehnert: Häufig ist vor allem die Finanzierung<br />

schwierig. Für viele dieser Unternehmen<br />

ist ein Kredit nicht in Hartwährung,<br />

sondern in Lokalwährung wichtig.<br />

Damit übernehmen die Investoren das<br />

Risiko von Währungsschwankungen.<br />

Aber auch die Politik kann durchaus ein<br />

Risiko sein. In unsere Verhandlungen mit<br />

SEKEM fiel beispielweise der Arabische<br />

Frühling. Viele Finanziers wollen solche<br />

Risiken einfach nicht tragen.<br />

DIE STIFTUNG: Was bleibt Sozialunternehmen<br />

außer den klassischen Bankkrediten<br />

als Finanzierungsmöglichkeit?<br />

Lehnert: Das ist stark abhängig von den<br />

jeweiligen Ländern. Zum Teil haben diese<br />

eigene Programme zur Finanzierung von<br />

unternehmerischen Tätigkeiten. Häufig<br />

gibt es die erste Finanzierung einer sozialunternehmerischen<br />

Idee durch Organisationen<br />

aus der Entwicklungshilfe oder<br />

Ent wicklungszusammenarbeit. Teils<br />

bekommen die Sozialunternehmen dann


Soziale Investoren | 41<br />

Spenden, teils vergünstigte Kredite. Arbeiten<br />

sie kostendeckend, kommt auch die<br />

erste Finanzierung zu Marktkonditionen<br />

in Betracht. An dieser Stelle steigen wir<br />

meistens ein. Denn bei sozialen Ideen<br />

sind lokale Banken mangels Sicherheiten<br />

oft vorsichtig bei der Darlehensvergabe.<br />

DIE STIFTUNG: Welchen Kriterien müssen<br />

die Unternehmen dann gerecht werden?<br />

Lehnert: In unseren Partnerländern arbeiten<br />

wir bei der Kreditvergabe mit einem<br />

Bewertungsleitfaden unserer örtlichen<br />

Mitarbeiter, der sogenannten ESG-Scorecard.<br />

Dabei werden Umwelt- (Environment)<br />

und Sozialaspekte (<strong>Social</strong>) sowie die Unternehmensführung<br />

(Governance) einbezogen<br />

und auch eine wirtschaftliche Prüfung<br />

durchgeführt. Wichtig ist, dass sich die<br />

Mitarbeiter der lokalen Geschäftsstellen<br />

die Projekte tatsächlich ansehen. Besonders<br />

gerne fördern wir Genossenschaften,<br />

da die Finanzierung dann einer großen<br />

Gemeinschaft zugute kommt.<br />

<strong>Die</strong> StiFTUNG: Welche Sensibilität verlangt<br />

dieses Geschäft von Ihnen als ausländischer<br />

Investor?<br />

Lehnert: <strong>Die</strong> unterschiedlichen Kulturen<br />

spielen eine große Rolle. Deshalb ist es<br />

wichtig, dass wir mit lokalen Mitarbeitern<br />

arbeiten, die genau einschätzen können,<br />

was vonnöten ist. Ein besonders sensibles<br />

Thema ist die Rolle der Frau in den jeweiligen<br />

Ländern. Einerseits verhilft ein Kredit<br />

einer Frau zu beruflicher Selbstständigkeit.<br />

Andererseits gibt es immer noch<br />

Gegen den, in denen eine Ehefrau und<br />

Mutter, die einer Erwerbsarbeit nachgeht,<br />

starke Irritationen auslöst. Wir sehen die<br />

Geschlechtergerechtigkeit natürlich als<br />

unsere Aufgabe, müssen dabei aber manchmal<br />

kleinschrittig vorgehen, um keinen<br />

Kulturschock auszulösen.<br />

DIE STIFTUNG: Gab es denn auch Fälle, in<br />

denen sich eine große Idee als tragische<br />

Fehlinvestition entpuppt hat?<br />

Lehnert: Auch im Sozialunternehmertum<br />

gibt es natürlich immer wieder Rückschläge,<br />

insbesondere da die Risiken<br />

groß sind. Wie alle anderen Investoren<br />

müssen wir jedes Jahr den einen oder<br />

anderen Kredit abschreiben. Manchmal<br />

braucht man aber auch einfach nur einen<br />

langen Atem. So musste zum Beispiel<br />

die eingangs genannte Genossenschaft<br />

Cocovico einige Rückschläge hinnehmen,<br />

bis sie die Markthalle bauen konnte. Wir<br />

sind zwar davon überzeugt, dass das<br />

Geschäftsmodell langfristig tragfähig sein<br />

wird, der Kredit bleibt aber – nicht zuletzt<br />

wegen der politischen Situation des Landes<br />

– eine risikoreiche Inves tition.<br />

Das Interview führten<br />

Gregor Jungheim und Jennifer E. Muhr.<br />

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42 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Wie weiter nach dem Kapitalismus?<br />

Was Konzepte für Wohlstand ohne Wachstum bewirken können Von Theresa Brehm<br />

Zeitgleich mit der jüngsten Wirtschaftskrise<br />

entstanden auch<br />

neue bürgerschaftliche Bewegungen,<br />

die einen Systemwandel<br />

forderten. Sie richteten sich gegen die<br />

Finanzspekulation und einen Kapitalismus,<br />

der nicht mehr den „Wohlstand für<br />

alle“ mit sich brachte, sondern Blasen produzierte.<br />

<strong>Die</strong> „Occupy“-Bewegung brachte<br />

den Zorn schließlich global zur Sprache.<br />

Weniger zornig, dafür mit großer Weitsicht<br />

entwickeln <strong>Stiftung</strong>en, Wissenschaftler,<br />

Berater und Aussteiger derweil Konzepte<br />

für eine gerechtere Ökonomie.<br />

<strong>Die</strong> Bürger scheinen nicht nur an<br />

ihrer Regierung und den Unternehmen,<br />

sondern am Kapitalismus selbst zu zweifeln.<br />

Das ist das Ergebnis einer Studie im<br />

Auftrag der Bertelsmann-<strong>Stiftung</strong> vom<br />

August 2012 1 : Fast 90% der Deutschen<br />

wünschen sich eine neue Wirtschaftsordnung.<br />

61% verneinen, dass immer mehr<br />

Wirtschaftswachstum zu mehr Lebensqualität<br />

führt.<br />

Gleichzeitig formulieren die Befragten<br />

Wünsche, die auf gesellschaftlichen Gestaltungswillen<br />

schließen lassen: Drei<br />

1<br />

TNS EMNID befragte dafür vom 10. bis 23. Juli<br />

2012 1.003 beziehungsweise 500 Menschen in<br />

Deutschland und Österreich.<br />

Viertel der Bürger akzeptieren weniger<br />

Wohlstand, wenn dadurch die Umwelt erhalten<br />

wird. Soziales Engagement halten<br />

58% und damit rund fünfmal so viele für<br />

wichtiger als Geld und Besitz zu mehren.<br />

Trotzdem stimmt die Tatsache düster,<br />

dass 40 Jahre nach Erscheinen der „Grenzen<br />

des Wachstums“ des Club of Rome<br />

und 20 Jahre nach dem Klimagipfel von<br />

Rio Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit<br />

global nicht zugenommen<br />

haben. Hat der Kapitalismus ausgedient?<br />

Welche sozialen Visionen gibt es 2012 auf<br />

Seiten von Unternehmen, Wissenschaftlern<br />

und <strong>Stiftung</strong>en?<br />

„Als Antwort auf die Finanzkrise und<br />

Verarmung wird nach wie vor das Cre do<br />

des Wachstums gesungen“, beklagt Barbara<br />

Unmüßig, Vorstandsvorsitzende der<br />

grün-nahen Heinrich-Böll-<strong>Stiftung</strong>: „Dagegen<br />

setzen wir auf<br />

eine Mehrebenenpolitik:<br />

Wir unterstützen<br />

lokal Gemeingüterinitiativen<br />

und intervenieren<br />

internatio nal bei<br />

den Klimaverhandlungen<br />

oder den G20,<br />

etwa für eine andere<br />

Bar bara Unmüßig Agrarpolitik.“<br />

Wie Wohlstand ohne Wachstum aussehen<br />

könne, sei die große theoretische<br />

und gesellschaftliche Herausforderung,<br />

betont die Politikwissenschaftlerin. Sie<br />

plädiert für eine Transformation durch<br />

demokratische Partizipationsprozesse<br />

statt einen Bruch. Denn Systembrüche<br />

seien auch mit Rückschlägen auf sozialer<br />

Ebene verbunden, warnt Unmüßig.<br />

Rechtspopulistische Kräfte würden dann<br />

häufig zu Wortführern.<br />

„Der Kapitalismus<br />

kann reformiert<br />

werden und<br />

eine Umverteilung<br />

zugunsten aller erwirken“,<br />

ist sich dagegen<br />

Dr. Maximilian<br />

Martin sicher.<br />

Der Anthropologe<br />

und Volkswirt hat<br />

Dr. Maximilian Martin<br />

im konservativen Finanzsektor<br />

den Philanthropie-Bereich<br />

der UBS Bank aufgebaut<br />

und die Schwei zer Beratungs- und<br />

Investmentfirma „Im pact Economy“ gegründet.<br />

Als Problem auf Unternehmensseite<br />

identifiziert Martin ein auf kurzfristigen<br />

Erfolg orientiertes Quartalsdenken.<br />

Hier müsse strukturell umgedacht<br />

werden.<br />

FOTOS: Panthermedia/Sergey Nivens, Bettina Keller, Thierry Parel, Marcus Sümnick/Wikipedia (Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported)


Soziale Visionäre | 43<br />

Martin argumentiert mittels einer Kosten-Nutzen-Logik:<br />

„Belässt man alles beim<br />

Status quo, wird eine fundamentale Krise<br />

eintreten, die unermessliches Leid verursachen<br />

und sehr teuer sein wird.“ Rund<br />

vier Milliarden Menschen fehlten elementare<br />

Konsumgüter und <strong>Die</strong>nstleistungen.<br />

Aus dieser enormen Nachfrage ergebe<br />

sich aber die Chance, nachhaltigen<br />

Lösungen durch Innovationen zur kritischen<br />

Masse zu verhelfen: „Investoren<br />

suchen zunehmend nach Alternativen zu<br />

klassischen Investments und wollen an<br />

Wachstumsthemen der Zukunft teilhaben“,<br />

erzählt der Berater. <strong>Die</strong>s zeige sich<br />

etwa schon jetzt an der steigenden Konsumentengruppe<br />

der LOHAS („Lifestyle<br />

of Health and Sustainability“). <strong>Die</strong>ser<br />

Markt betrage in den USA 300 Mrd. USD<br />

und könne Unternehmen und Politik<br />

beeinflussen.<br />

„Auswechseln von<br />

Konsumlösungen reicht nicht“<br />

Mit dem konsum freudigen Lebensstil der<br />

LOHAS hat Dr. Niko Paech Probleme:<br />

„Das Auswechseln bisheriger Konsumlösungen<br />

gegen vermeintlich<br />

nachhal tigere<br />

Varianten reicht<br />

nicht im Entferntesten“,<br />

betont der Professor<br />

am Lehr stuhl<br />

für Produktion und<br />

Umwelt an der Universität<br />

Oldenburg.<br />

„Wer un ter einer<br />

Lawine von Selbst­<br />

Dr. Niko Paech<br />

verwirklichungsan­<br />

geboten zu ersticken<br />

droht, der verzichtet nicht, sondern<br />

befreit sich von Überflüssigem.“<br />

Paech ist überzeugt, dass Wachstum<br />

in Entwicklungsländern Verteilungsdisparitäten<br />

nicht tilge. Seine Ent gegnung auf<br />

die Kon sumschlinge heißt „Post wachstumsöko<br />

nomie“. In Paechs wütenden<br />

Thesen gibt es sie noch, die große soziale<br />

Vision. Auf die Frage nach fünf Schritten<br />

zu einer besseren Welt listet der Volkswirt<br />

konkrete Schritte auf: 1. Entschleunigung<br />

und Entrümpelung von Konsum- und<br />

Komfortkrücken, <strong>2.</strong> Balance zwischen<br />

Selbst- und Fremdversorgung mit Gemeinschaftsnutzung,<br />

3. Regionalökonomie auf<br />

Basis von Komplementärwährungen, 4.<br />

sogenannte stoffliche Nullsummenspiele,<br />

bei denen gebrauchte Gegenstände länger<br />

genutzt oder ihr Material verwertet<br />

wird und 5. institu tionelle Innovationen:<br />

Es bedarf unter anderem einer Bodenund<br />

Geldreform. Zudem sind individuelle<br />

CO 2<br />

-Bilanzen, Arbeitszeitverkürzungen<br />

und ein Baustopp dringend nötig.<br />

Im konservativen Süden<br />

boomen die Kommunen<br />

Eine Vision, die nicht umsetzbar ist?<br />

Zumindest hierzulande sind Ansätze<br />

einer Postwachstumsökonomie schon<br />

mehr als schöne Wünsche. Menschen initiieren<br />

Projekte mit Gemeingüternutzung<br />

und regionalem Austausch.<br />

Im einst so konservativen Süden<br />

Deutschlands boomen die Kommunen: In<br />

Baden­ Württemberg haben 18 gutsituierte<br />

Menschen aus München und<br />

Umgebung das Dorf Tempelhof gegründet.<br />

Ihr Ziel ist ein Ort, an dem Jung und<br />

Alt sozial gerecht, sinnerfüllt, ökologisch<br />

nachhaltig und selbstorganisiert zusammen<br />

leben können.<br />

Das links orientierte Niederkaufungen<br />

in Hessen erwirtschaftet mit einem Bau­<br />

betrieb und landwirtschaftlichen Werkstätten<br />

großen Wohlstand ökologisch.<br />

Einkommen ist solidarisiert, wer etwas<br />

braucht, nimmt sich den Betrag aus der<br />

Gemeinschaftskasse.<br />

Wunsch nach Partizipation kann<br />

überraschende Folgen haben<br />

Vielerorts planen Bürger und Kommunen,<br />

Stromnetze zurückzukaufen, die in den<br />

1990er Jahren privatisiert wurden. Der<br />

Kampf von David gegen Goliath hat sich<br />

in der Schwarzwaldgemeinde Schönau<br />

bereits entschieden, die nach dem Rückkauf<br />

der Netze 1997 mit ihrem Unternehmen<br />

einen der vier konzernunabhängigen<br />

Öko-Stromanbieter in Deutschland<br />

geschaffen hat. In Berlin will eine Genossenschaft<br />

das Netz kaufen, das bis jetzt<br />

der schwedische Konzern Vattenfall<br />

besitzt, um die Gewinne wieder in die<br />

Region fließen zu lassen.<br />

Denkt man an die Einkommensschere<br />

und die wohl unaufhaltsame Klimakatastrophe,<br />

erscheinen Einzelprojekte nur<br />

Tropfen auf dem heißen Stein. Aber: Zeigen<br />

die Initiativen und Massenproteste<br />

nicht auch, dass Menschen Alternativen<br />

sehen und sie zunehmend ergreifen?<br />

Bürger wollen an politischen Prozessen<br />

partizipieren, das hat Stuttgart 21 nur<br />

allzu deutlich gemacht.<br />

Hier ist etwas in Bewegung, das sich<br />

zwar nicht mehr als eine soziale Vision<br />

eindeutig benennen lässt, sich aber als<br />

solche durchaus gestaltet und auch auf<br />

politischer Ebene überraschende Ergebnisse<br />

bewirkt. Denn wer hätte vor<br />

fünf Jahren gedacht, dass die vermeintlich<br />

nur wohlstandsorientierten Schwaben<br />

2011 für eine grüne Regierung<br />

stimmen?


44 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

„Kooperation motiviert<br />

Menschen stärker als<br />

Wettbewerb“<br />

Im Gespräch mit dem Publizisten Christian Felber über die Gemeinwohl-Ökonomie<br />

als neue Wirtschaftsordnung<br />

DIE STIFTUNG: Warum wünschen sich laut<br />

einer Umfrage der Bertelsmann <strong>Stiftung</strong><br />

88% der Deutschen und 90% der Österreicher<br />

eine neue Wirtschaftsordnung?<br />

Christian Felber: Weil sie die Zusammenhänge<br />

der vielen Krisen als eine umfassende<br />

Systemkrise der kapitalistischen<br />

Wirtschaftsweise begreifen. Wir befinden<br />

uns nicht nur in einer Banken-, Schuldenund<br />

Währungskrise; nicht nur in einer<br />

Verteilungs-, Arbeitslosigkeits- und Ausgrenzungskrise;<br />

nicht nur in einer Klima-,<br />

Umwelt-, Ressourcen- und Energiekrise –<br />

sondern auch in einer tiefen Sinn- und<br />

Wertekrise und obendrein Demokratiekrise.<br />

So kauft sich in Österreich der Milliardär<br />

Frank Stronach gerade eine nach<br />

ihm benannte Partei mitsamt Parlamentsklub.<br />

Immer mehr Menschen erkennen,<br />

dass diese Probleme zusammenhängen,<br />

und kommen zum Schluss, dass es einen<br />

umfassenden Systemwandel braucht.<br />

DIE STIFTUNG: Was für eine Alternative<br />

haben wir denn?<br />

Felber: In einer Demokratie gibt es immer<br />

Alternativen. Zunächst gilt es, die großen<br />

Leitlinien zu erkennen: Viele Menschen<br />

wünschen sich eine sozialere, ökologischere,<br />

solidarischere, regionalere, demokratischere<br />

und humanere Wirtschaft –<br />

das entspricht den wichtigsten Verfassungswerten<br />

demokratischer Staaten,<br />

die den Ausgangspunkt der Gemeinwohl-<br />

Ökonomie bilden. Ziel ist, den doppelten<br />

Wertwiderspruch zwischen den heute auf<br />

den Märkten gelebten Werten und unseren<br />

Beziehungs- und Verfassungswerten<br />

aufzulösen.<br />

Egal, wo auf der Welt Sie Menschen<br />

befragen, welche Werte Beziehungen<br />

gelingen lassen, stets werden Begriffe wie<br />

Ehrlichkeit, Vertrauensbildung, Empathie,<br />

Kooperation, Solidarität und Teilen<br />

genannt. Doch diese Werte werden heute<br />

in der Wirtschaft nicht belohnt, sie führen<br />

nicht zum Erfolg. Das wollen wir<br />

durch die „Umpolung“ der rechtlichen<br />

Anreizstruktur von „Gewinnstreben“ und<br />

Konkurrenz auf „Gemeinwohlstreben“<br />

und Kooperation ändern.<br />

DIE STIFTUNG: Was sind in dieser Welt die<br />

Indikatoren für den Erfolg von Unternehmen<br />

oder einer Volkswirtschaft?<br />

Felber: Heute messen wir wirtschaft lichen<br />

und unternehmerischen Erfolg nicht am<br />

Ziel, sondern am Mittel des Wirtschaftens!<br />

<strong>Die</strong> Maßeinheit der Bilanz eines Unternehmens<br />

und des Bruttoinlandsproduktes<br />

ist Geld. <strong>Die</strong>ses ist aber nur das Mittel<br />

des Wirtschaftens, und der Erfolg eines<br />

Projekts muss immer am Ziel gemessen<br />

werden. Laut Verfassungen und Lehrbüchern<br />

ist das Ziel des Wirtschaftens die<br />

Befriedigung von Bedürfnissen und –<br />

daraus resultierend – der berühmte<br />

„Wohlstand für alle“ oder eben das<br />

Gemeinwohl.<br />

Wenn wir also methodisch korrekt<br />

vorgehen wollen, müssen wir die Zielerreichung<br />

messen: mit dem Gemeinwohl-Produkt<br />

und der Gemeinwohl-<br />

Bilanz. Das Gemeinwohl-Produkt würde<br />

sich aus den 20 wichtigsten Lebens qualitäts<br />

faktoren zusammensetzen, die in<br />

den „Gemeinwohl-Gemeinden“ von den<br />

Bürgern demo kratisch ermittelt werden.<br />

<strong>Die</strong> Gemeinwohl-Bilanz wiederum misst,<br />

wie sehr ein Unternehmen die Verfassungswerte<br />

Menschenwürde, Solidarität,<br />

Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Demokratie<br />

lebt, also „Verfassungstreue“, wenn<br />

Sie so wollen.<br />

Christian Felber ist freier Publizist und Tänzer.<br />

Er hat zwölf Bücher, darunter mehrere<br />

Bestseller, veröffentlicht, unterrichtet an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien und hat die Projekte<br />

Demokratische Bank und Gemeinwohl-<br />

Ökonomie initiiert. Felber ist heute Obmann<br />

der jeweiligen Fördervereine. Er wurde darüber<br />

hinaus im Jahr 2010 auf Initiative der<br />

Zeitschrift „Lebensart“ zum „Nachhaltigen<br />

Gestalter der Zivilgesellschaft“ gewählt.<br />

DIE STIFUNG: Was bringt denn eine gute<br />

Gemein wohl-Bilanz?<br />

Felber: Jedes Unternehmen kann maximal<br />

1.000 Gemeinwohl-Punkte erreichen. <strong>Die</strong><br />

Punktzahl könnte in fünf Farbstufen auf<br />

jedem Produkt und jeder <strong>Die</strong>nstleistung<br />

neben dem Strichcode kenntlich gemacht<br />

werden, wodurch die Konsumenten auf<br />

einen Blick eine grobe Einschätzung des<br />

Unternehmens hätten. Wer es genauer<br />

wissen will, fährt mit dem Handy über<br />

den Strichcode und hat die gesamte<br />

Gemeinwohl-Bilanz online.


Soziale Visionäre | 45<br />

<strong>Die</strong> Marktwirtschaft sagt über sich<br />

selbst, dass sie rational und effizient sei,<br />

weil allen Marktteilnehmern alle Infor mationen<br />

zur Verfügung stehen – doch heute<br />

ist das nicht der Fall. <strong>Die</strong> Gemeinwohl-<br />

Bilanz würde die Rationalität und Effizienz<br />

der Marktwirtschaft erst ermöglichen.<br />

Ein zweites Defizit würde ebenfalls<br />

behoben – mit der Koppelung des<br />

Gemeinwohl-Bilanz-Ergebnisses an unterschiedliche<br />

Anreize: Je besser die Bilanz,<br />

desto geringer die Mehrwertsteuersätze,<br />

Zolltarife, Kreditkonditionen und desto<br />

klarer der Vorrang im öffentlichen Einkauf.<br />

Dadurch würden die ethischen Produkte<br />

preisgünstiger als die unethischen,<br />

und die verantwortlichsten Unternehmen<br />

würden im Markt verbleiben, während<br />

die verfassungsuntreuesten in Konkurs<br />

gingen. Endlich würden die Marktgesetze<br />

mit den Werten der Gesellschaft<br />

übereinstimmen.<br />

DIE STIFTUNG: Eines der Kernanliegen Ihres<br />

Konzeptes ist die Abschaffung des Wettbewerbs<br />

zugunsten von Kooperationen. Was<br />

soll uns dann motivieren, z.B. schneller<br />

wirken de Kopfschmerzmittel, energieeffizientere<br />

Autos oder einen besseren<br />

Kunden dienst anzubieten?<br />

Felber: Zuerst zum Grundsätzlichen: Entgegen<br />

weit verbreiteter Glaubenssätze<br />

wissen wir aus der Forschung, dass Kooperation<br />

Menschen stärker motiviert als<br />

Wett bewerb. Das liegt an der unterschiedlichen<br />

Motivationswirkung: Kooperation<br />

ist definiert durch gemeinsame Zielerreichung<br />

und gemeinsamen Erfolg, das<br />

macht das Gelingen von Beziehungen<br />

wahrscheinlicher als in der Konkurrenz.<br />

Dort schließen dein und mein Erfolg einander<br />

aus, der stärkste Motivationsfaktor<br />

<strong>Die</strong> Initiative<br />

<strong>Die</strong> Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung startete am 6. Oktober 2010<br />

durch den Impuls von rund 15 Pionier-Unternehmen aus Österreich,<br />

welche die politische Arbeit von Christian Felber verfolgt<br />

und unterstützt haben. Seither haben sich 900 Unternehmen aus<br />

15 Staaten angeschlossen. Energiefelder breiten sich in ganz Euro pa<br />

aus, bis nach Nord- und Südamerika. Auch Gemeinden, Universitäten<br />

und andere öffentliche Einrichtungen machen mit. Das Buch<br />

„<strong>Die</strong> Gemeinwohl-Ökonomie“ (Deuticke Verlag, Neuausgabe 2012,<br />

208 Seiten, 17,90 EUR) liegt in vier Sprachen vor und wurde bisher<br />

50.000 mal verkauft.<br />

www.gemeinwohl-oekonomie.org<br />

www.christian-felber.at<br />

in dieser Win-lose-Anordnung ist die<br />

Angst. Konkurrenz führt somit nicht nur<br />

zu schlechteren Ergebnissen, sondern<br />

auch zu inhumaneren Beziehungen – der<br />

Vergleich spricht also deutlich für die<br />

Kooperation.<br />

In der Gemeinwohl-Ökonomie würde<br />

die Konkurrenz jedoch nicht „abgeschafft“,<br />

sondern entschärft: Alle Unternehmen<br />

dürfen zu gleichen Bedingungen in den<br />

Markt eintreten und aus diesem ausscheiden,<br />

das ist sogar eine liberalere<br />

Marktwirtschaft als die gegenwärtige mit<br />

Oligopolen und systemrelevanten Banken.<br />

Im Markt werden dann aber spitze<br />

Ellenbögen, Dumping und aggressives<br />

Gegeneinander mit schlechten Gemeinwohl-Bilanzen<br />

bestraft, kooperatives und<br />

solidarisches Verhalten zwischen Unternehmen<br />

dagegen belohnt.<br />

Innovation wiederum hat schon gar<br />

nichts mit Konkurrenz zu tun, sondern<br />

mit Kreativität. Und die besten Bedingungen<br />

für Kreativität sind nicht Druck und<br />

Stress, sondern Freiheit, gegenseitige Inspi<br />

ration und Kooperation.<br />

DIE STIFTUNG: Weitere Pluspunkte sieht die<br />

Gemeinwohl-Bilanz vor, wenn nicht mitarbeitende<br />

Eigentümer maximal einen Inflationsausgleich<br />

ihrer Geldanlage bekommen. Wie<br />

soll da noch der Kapitalmarkt funktionieren?<br />

Felber: Zum einen wären da die „Demokratischen<br />

Banken“, die Kredite nach Gemeinwohlkriterien<br />

vergeben. <strong>Die</strong>se dienen den<br />

Unternehmen, weshalb die große Mehrheit<br />

von ihnen gar nicht auf zusätzliches<br />

(Eigen-)Kapital angewiesen wäre. Auch<br />

der Kapitalmarkt würde unter anderen<br />

Vorzeichen funktionieren als heute.<br />

Gegenwärtig bestimmt die Finanzrendite<br />

auf das Kapital dessen Allokation. Das ist<br />

zutiefst ineffektiv, weil die Anleger weder<br />

nach dem Nutzen noch nach Werten oder<br />

Sinn fragen müssen, sie können ihr Geld<br />

„gewissenlos“ vermehren. Der neue Allokationsfaktor<br />

wäre sinnvoll: Wenn es nirgendwo<br />

mehr Kapitalrenditen gibt – dafür<br />

sprechen sowohl Verteilungsgründe als<br />

auch ökologische und mathematische –,<br />

dann werden Vermögensinhaber nur noch<br />

in solche Unternehmen investieren, in<br />

denen sie tiefen Sinn erkennen und die


46 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

ihnen Nutzen bringen: Trinkwasser,<br />

saubere Energie, ethische Banken, Saatgut-Banken,<br />

Freie Software-Schmieden<br />

etc.<br />

FOTO: Panthermedia/Eric Scherrer<br />

DIE STIFTUNG: Ohne Rendite könnte ich mein<br />

Geld auch gleich auf der Bank lassen. Und wie<br />

sollen wir dann unser Vermögen mehren?<br />

Felber: Geld auf der Bank wäre erstens<br />

vorteilhaft: <strong>Die</strong>se würde das Geld günstig<br />

an Unternehmen als Kredite weiterreichen.<br />

Damit werden die Kapitalbedürfnisse der<br />

meisten Unternehmen gedeckt. Unterneh<br />

men kommen nur dann zum noch<br />

günstigeren Eigenkapital, wenn sie sehr<br />

hohen Sinn produzieren – und eine vorbildliche<br />

Gemeinwohl-Bilanz vorweisen<br />

können. Und warum sollte Ihr Vermögen<br />

mehr werden, ohne dass Sie arbeiten?<br />

Das ist eine unreflektierte Gewohnheit<br />

im Kapi talismus, die wir überdenken und<br />

verab schie den sollten, aus drei Gründen:<br />

Vermö genseinkommen, egal in welcher<br />

Höhe, machen die Gesellschaft ungleicher,<br />

weil eine kleine Minderheit die<br />

Mehrheit des Vermögens besitzt und die<br />

darauf erzielten Erträge konzentriert.<br />

Daneben lösen sie unnachhaltigen<br />

Wachstumszwang aus, weil stets mehr<br />

Kapital zurückgezahlt werden muss als<br />

geliehen oder investiert wird. Es ist drittens<br />

mathematisch gar nicht möglich,<br />

dass ein in Relation zur Wirt schaftsleistung<br />

immer größeres Finanzvermögen ewig<br />

vermehrt wird: Ab einem bestimmten<br />

Vielfachen des Brutto-Inlands produktes<br />

kann das Finanzvermögen weder real<br />

investiert noch nennenswert verzinst<br />

werden, also lieber gleich diese Gewohnheit<br />

abstreifen und dem Leben einen<br />

anderen Sinn geben als „Aus-Geld-mehr-<br />

Geld-Machen“.<br />

DIE STIFTUNG: Wer ist eigentlich bereit,<br />

bei so etwas mitzumachen?<br />

Felber: Nur zwei Jahre nach dem Start<br />

sind 900 Unternehmen aus mehr als zehn<br />

Staaten an Bord. Jedes dritte wird die<br />

Gemeinwohl-Bilanz 2012 und 2013 erstmals<br />

freiwillig erstellen. In 80 Städten<br />

und Regionen haben sich „Energiefelder“<br />

gegründet, welche die Unternehmen<br />

begleiten und den Kontakt zur Politik herstellen.<br />

Rund 50 Kommunen wollen eine<br />

„Gemeinwohl-Gemeinde“ werden oder<br />

sich gleich zu Gemeinwohl-Regionen<br />

zusammenschließen.<br />

Auch die ersten zehn Universitäten,<br />

von Witten-Herdecke über die Business<br />

School Lausanne bis zur Uni Barcelona,<br />

wollen die Gemeinwohl-Bilanz erstellen<br />

und die Ideen und Inhalte in Forschung<br />

und Lehre integrieren. Mehr als 500<br />

Perso nen arbeiten aktiv mit in den Energiefeldern<br />

und in unterschiedlichen Rollen,<br />

z.B. als Redakteure, Referenten, Berater,<br />

Auditoren und Botschafter. Wir gründen<br />

bereits einen internationalen Verband<br />

der Vereine zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie<br />

– der übrigens dringend<br />

Finanzierung sucht.<br />

<strong>Die</strong> StiFTUNG: Ihr Plan sieht vor, dass die<br />

Eckpunkte der Gemeinwohl-Ökonomie<br />

durch einen Volksentscheid beschlossen<br />

werden sollen. Wie schätzen Sie die Bereitschaft<br />

der Regierungen von Deutschland<br />

und Österreich ein, so etwas zuzulassen?<br />

Felber: Das Bewusstsein für die Ergänzung<br />

der rein indirekten Demokratie um<br />

Elemente direkter und partizipativer Demokratie<br />

wächst stark. Volksabstimmungen<br />

sind nur eines von vielen Instrumenten<br />

der Beteiligung des Souveräns. Wir haben<br />

das Instrument der „Wirtschaftskonvente“<br />

entwickelt, über welche die neue Wirtschaftsordnung<br />

in die Verfassungen<br />

gebracht werden soll.<br />

Den ersten Durchgang machen wir<br />

auf kommunaler Ebene in den Gemeinwohl-Gemeinden.<br />

Wenn dort Hunderte<br />

oder sogar Tausende Konvente stattgefunden<br />

haben, wird sich auch die hohe Politik<br />

dieser Realität und Forderung nach<br />

mehr Mitbestimmung oder sogar Selbstbestimmung<br />

des Souveräns öffnen: Sie ist<br />

ja nur dazu da, den Willen des Souveräns<br />

zu erhören und umzusetzen. Ein historisch<br />

würdiges Datum für entsprechende<br />

Überarbeitungen der Verfassungen wäre<br />

der 100. Geburtstag des Endes der Monar<br />

chie in Österreich und Deutschland,<br />

also 2018.<br />

DIE STIFTUNG: Wir werden gespannt verfolgen,<br />

ob es dazu kommen wird. Herr Felber,<br />

vielen Dank für diese Einblicke.<br />

Das Interview führte Gregor Jungheim.


Soziale Visionäre | 47<br />

„Eine Alternative<br />

zu unreguliertem<br />

Kapitalismus“<br />

Im Gespräch mit Prof. Dr. Franz Josef Radermacher (Global Marshall Plan Initiative) über die<br />

Ökosoziale Marktwirtschaft als Weg zu einer gerechteren Globalisierung<br />

DIE STIFTUNG: Wie vielen Menschen auf diesem<br />

Planeten hat die Globalisierung bislang<br />

vor allem Nachteile gebracht?<br />

Prof. Dr. Franz Josef Radermacher: Das ist<br />

schwer zu sagen, weil die Globalisierung<br />

Vorteile und Nachteile bringt und die<br />

Abwägung der Effekte stark von der individuellen<br />

Orientierung abhängt. Aus meiner<br />

Sicht sind es aber mindestens eine<br />

Milliarde Menschen – das ist der Teil, der<br />

mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen<br />

muss und regelmäßig Hunger<br />

leidet. Das sind insgesamt deutlich mehr<br />

Menschen als im 17. Jahrhundert überhaupt<br />

auf der ganzen Erde gelebt haben.<br />

Damals war zwar der Anteil der Hungernden<br />

noch deutlich höher als heute, aber<br />

die absolute Zahl der betroffenen Menschen<br />

ist heute so hoch wie nie zuvor.<br />

Und das individuelle Leiden einzelner<br />

Menschen ist ein Thema der absoluten<br />

Zahl und nicht des Anteils, auch wenn<br />

viele das gerne verdrängen.<br />

DIE STIFTUNG: Wie konnte es überhaupt<br />

dazu kommen?<br />

Radermacher: Globalisierung ist wesentlich<br />

eine Folge moderner Wissenschaft,<br />

Technik, Landwirtschaft, Logistik, Medizin<br />

und ganz besonders der Informationstechnik.<br />

All dies ist der Grund dafür, dass<br />

die Zahl der Menschen in ganz kurzer Zeit<br />

explosionsartig angewachsen ist. <strong>Die</strong> Globalisierung<br />

findet aber weitgehend ohne<br />

eine entsprechende Flankierung der<br />

Governance und Ordnungssysteme statt.<br />

Soziale Fragen und Umweltschutz bleiben<br />

damit primär in der Sphäre der Nationalstaaten.<br />

Ein globaler Schutz der Umwelt<br />

und ein gesetzlich abgesichertes Minimum<br />

an Kaufkraft für alle Menschen weltweit<br />

werden nicht durchgesetzt. In der<br />

Folge hungert eine Milliarde Menschen,<br />

obwohl genügend Nahrung erzeugt wird,<br />

um 13 Mrd. Menschen vegetarisch ernähren<br />

zu können.<br />

DIE STIFTUNG: Was kann nun die Global<br />

Marshall Plan Initiative daran ändern?<br />

Radermacher: <strong>Die</strong> Global Marshall Plan<br />

Initiative knüpft an den höchst wirkungsvollen<br />

Marshall Plan zum Wiederaufbau<br />

Europas nach dem <strong>2.</strong> Weltkrieg an und<br />

folgt Überlegungen des früheren US-Vizepräsidenten<br />

Al Gore. Ziel ist der Schutz<br />

des Klimas bei gleichzeitiger Überwindung<br />

der Armut. Es bestehen enge gedankliche<br />

Verknüpfungen zum Konzept<br />

einer Weltinnenpolitik, wie es der Physiker<br />

und Philosoph Carl-Friedrich von<br />

Weizsäcker entwickelt hat, und auch zur<br />

Idee eines Weltethos, wie es der Theologe<br />

Hans Küng thematisiert.<br />

Dr. Franz Josef Radermacher ist Professor für Informatik<br />

an der Universität Ulm und Leiter des Forschungsinstituts<br />

für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung. Für die<br />

Global Marshall Plan Initiative, die 2003 in Frankfurt ins<br />

Leben gerufen wurde, übernahm er die inhaltliche Koordination<br />

und unterstützt die Initiative bis heute. Weiter ist<br />

Radermacher Autor von mehr als 300 wissenschaftlichen<br />

Arbeiten, die sich u.a. mit Globa lisierungs ge staltung, Technologiefolgen,<br />

umweltverträglicher Mobilität, nachhaltiger<br />

Entwicklung und Überbevölkerung beschäftigen.<br />

DIE STIFTUNG: Kern des Anliegens ist die<br />

Schaffung einer weltweiten Ökosozialen<br />

Marktwirtschaft. Wie soll diese aussehen?<br />

Radermacher: <strong>Die</strong> Ökosoziale Marktwirtschaft<br />

ist die Anreicherung der in Europa<br />

dominierenden sozialen Marktwirtschaft<br />

um konsequenten Umwelt- und Ressourcenschutz.<br />

Sie ist eine ordoliberale Markt- und<br />

Governancestruktur und beispielsweise<br />

im Wiedervereinigungsvertrag für Deutschland<br />

und im Lissabon-Vertrag der EU<br />

pragmatisch verankert. <strong>Die</strong> unter anderem<br />

von Seiten der Global Marshall Plan<br />

Initiative, des Ökosozialen Forums Europa,<br />

des Senats der Wirtschaft e.V. und des<br />

Club of Rome geforderte Ausdehnung<br />

einer derartigen Governancestruktur auf<br />

die ganze Welt stellt heute die eigentliche<br />

Herausforderung der Weltpolitik dar. Ökosoziale<br />

Marktwirtschaft ist äquiva lent zu<br />

Marktwirtschaft und gleichzeitiger


48 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Nachhaltigkeit. <strong>Die</strong> Nachhaltigkeit wird<br />

dabei durch konsequente Beachtung ökologischer<br />

und sozialer Anliegen auf weltweiter<br />

Ebene durchgesetzt. Querfinanzierungsmaßnahmen<br />

zwischen Staaten in<br />

Anlehnung an den Länderfinanzausgleich<br />

in Deutschland spielen dafür eine wichtige<br />

Rolle, ebenso das Ausmerzen von<br />

Korruption und Trittbrettfahrerei. Zentral<br />

ist auch das Aufbrechen von Steuerparadiesen<br />

und eine konsequente Regulierung<br />

des Weltfinanzsektors.<br />

DIE STIFTUNG: Wie sollen die Ziele finanziert<br />

werden?<br />

Radermacher: Grundsätzlich gibt es dafür<br />

viele Ansatzpunkte, und die Verhältnisse<br />

in Deutschland wie die Debatten über die<br />

Finanzierung der Europäischen Union<br />

geben einen Hinweis darauf, welche Optionen<br />

bestehen. Sieht man das Thema<br />

unter Praktikabilitäts- und Gerechtigkeitsaspekten,<br />

so würde man zur Finanzierung<br />

von Nachhaltigkeitsanliegen auf globaler<br />

Ebene eine Besteuerung globaler Prozesse<br />

nutzen. Da, wo die großen Gewinne<br />

der Globalisierung anfallen, sollten auch<br />

die Finanzmittel zur Finanzierung von<br />

Nachhaltigkeit in diesem Kontext gewonnen<br />

werden.<br />

Das betrifft beispielsweise die globalen<br />

Finanztransaktionen, die ja neben<br />

vielen positiven Potenzialen für die Welt<br />

auch sehr große Risiken für die Allgemeinheit<br />

beinhalten, wie die jüngste Weltfinanzkrise<br />

für jeden deutlich gemacht<br />

hat. Und natürlich bietet die Nutzung globaler<br />

Gemeingüter von der Atmosphäre<br />

über die Meere bis zum Weltraum jeweils<br />

spezifische Ansatzmöglichkeiten, globale<br />

Abgaben zur Finanzierung globaler Anliegen<br />

zu organisieren und dabei gleichzeitig<br />

die entsprechenden globalen Ressourcen<br />

durch Begrenzung der Nutzungsrechte<br />

zu schützen. Genau an diesen<br />

Stellen hapert es heute.<br />

DIE STIFTUNG: Welchen Zeitrahmen sehen<br />

Sie für die Umsetzung des Plans und was<br />

könnten die ersten Schritte sein?<br />

Radermacher: <strong>Die</strong> Global Marshall Plan<br />

Initiative hat sich bei ihrer Gründung im<br />

Jahr 2003 als Zwischenziel das Jahr 2015<br />

vorgenommen. Im Jahr 2000 hatten 193<br />

Staatschefs, wenn auch recht unverbindlich,<br />

in der Millenniumserklärung der<br />

Vereinten Nationen einstimmig sehr weitgehende<br />

Ziele bis 2015 vereinbart. <strong>Die</strong><br />

großartigen acht Ziele beinhalten unter<br />

anderem Primärschulbildung für alle Kinder<br />

auf dem Globus, Jungen wie Mädchen.<br />

<strong>Die</strong> Global Marshall Plan Initiative<br />

hat sich auf die Thematisierung dieser<br />

Ziele, die allesamt gut mit einer weltweiten<br />

Ökosozialen Marktwirtschaft harmonieren,<br />

konzentriert.<br />

Leider hat die Weltgemeinschaft ein<br />

wei teres Mal viel angekündigt, aber wenig<br />

geliefert. Was an Fortschritten erreicht<br />

wurde, ging zudem teils in der jüngsten<br />

Weltfinanzkrise wieder verloren. Positiv<br />

an dieser Krise ist der Zuwachs an Erkenntnis<br />

vieler Menschen hinsichtlich der<br />

Inad äquatheit reiner Freimarktlösungen für<br />

Glo balisierungsprozesse. Punktuell wird<br />

jetzt auch massiv gegen Steuerparadiese<br />

vorgegangen. Leider übersetzt sich dies<br />

alles nicht in brauchbare Finan zie rungsinstrumente<br />

für globale Entwicklung, unter<br />

an derem aufgrund der verschärften<br />

Schuldensituation der Staaten, die wiederum<br />

aus der unvermeidlichen Bekämpfung<br />

der Weltfinanzkrise resultiert.<br />

Von der Sache her könnte ein Umsteuern<br />

in Richtung einer weltweiten<br />

Ökosozialen Marktwirtschaft dennoch<br />

inner halb weniger Jahre erfolgen. Dem<br />

stehen allerdings große Interessenunterschiede<br />

zwischen den Staaten und ihren<br />

Eliten entgegen. <strong>Die</strong> Global Marshall<br />

Plan Initiative bleibt aber auch an dieser<br />

Stelle aktiv und thematisiert erforderliche<br />

Schritte, die von der Sache her<br />

inner halb weniger Jahre umgesetzt werden<br />

könnten, wenn denn nur der Wille<br />

bestünde und die erforderlichen Einsichten<br />

breiter vorhanden wären.<br />

DIE STIFTUNG: <strong>Die</strong> österreichische Arbeitsgemeinschaft<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

und attac Österreich kritisieren an dem<br />

Plan, dass er keine Alternativen zum Kapitalismus<br />

diskutiert, weiter auf ungebremstes<br />

Wirtschaftswachstum setzt und einen<br />

Schuldenerlass der ärmsten Länder nicht in<br />

Erwägung zieht. Wie gehen Sie damit um?<br />

Radermacher: <strong>Die</strong> genannten Organisationen<br />

haben in Wechselwirkung mit der<br />

Global Marshall Plan Initiative schon vor<br />

einigen Jahren eine Annäherung der Standpunkte<br />

erreicht. <strong>Die</strong> weltweite Ökosoziale<br />

Marktwirtschaft ist unbestritten eine Alternative<br />

zu einem unregulierten Kapitalismus.<br />

Sie ist sogar in einem mathematischabstrakten<br />

Sinne identisch mit der Kombination<br />

von Markt und Nachhaltigkeit.<br />

<strong>Die</strong>s beinhaltet, dass die Global Marshall<br />

Plan Initiative und die Vertreter einer<br />

weltweiten Ökosozialen Marktwirtschaft<br />

gerade nicht auf ein ungebremstes Wachstum<br />

setzen. Sie setzen vielmehr auf Wachstum<br />

nur insoweit, als dies mit Nachhaltigkeit<br />

uneingeschränkt kompatibel ist. Das<br />

heißt, die ökologischen und sozialen Anliegen<br />

gehen vor. Sie sind durch globale<br />

Regulierung beziehungsweise andere<br />

Mecha nismen, gerade auch im grenzüberschreitenden<br />

Bereich, durchzusetzen. Das<br />

ist genau das Ökosoziale an einer weltweiten<br />

Ökosozialen Marktwirtschaft.<br />

Und natürlich wollen wir, dass in diesem<br />

Prozess die ärmeren Länder auf<br />

unser Wohlstandsniveau kommen. Aber<br />

das erreicht man nicht durch Schuldenerlass,<br />

sondern durch balancierte Entwicklungsprozesse,<br />

die adäquate Besteuerung<br />

ökonomischer Prozesse und das Austrocknen<br />

von Steuerparadiesen. Erlässt<br />

man unter den heutigen Governancebedingungen<br />

die Schulden armer Länder, wan­<br />

FOTO: Panthermedia/bloodmars


Soziale Visionäre | 49<br />

dert ein Teil der Nachlässe sofort in die<br />

Taschen von Eliten und in Steuerparadiese<br />

im Kontext der dann möglichen<br />

Aufnahme neuer Schulden, die wieder<br />

mit Entwicklungsanliegen begründet,<br />

aber erneut ganz anderen Zwecken dienen<br />

würden.<br />

DIE STIFTUNG: Und wie passt es zu Ihrem<br />

Engagement für eine ökosoziale Marktwirtschaft,<br />

dass Sie sich nach der Katastrophe<br />

von Fukushima im März 2011 dafür ausgesprochen<br />

haben, die Laufzeitverlängerung<br />

der deutschen Atomkraftwerke beizubehalten?<br />

Radermacher: <strong>Die</strong> von mir vertretene<br />

Position im Kontext von Fukushima<br />

wurde noch vor der Katastrophe vom<br />

Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg<br />

entwickelt. Sie beinhaltet als klares<br />

Ziel kompromisslos den Ausstieg aus der<br />

Atomenergie in Deutschland, aber erst<br />

nach einigen Jahrzehnten. <strong>Die</strong> bestehenden<br />

Kernkraftwerke, soweit alle Sicherheitsanforderungen<br />

erfüllt worden wären,<br />

sollten bis dahin als „Cashcow“ genutzt<br />

werden, um einen wohlstandsfördernden,<br />

mit Klimaschutzzielen verträglichen energetischen<br />

Umbau unserer Gesellschaft zu<br />

finanzieren. <strong>Die</strong> Politik hat sich nach der<br />

Katastrophe von Fukushima kurzfristig<br />

anders entschieden. <strong>Die</strong> finanziellen Folgen<br />

dieser Entscheidung wie die klimapolitischen<br />

Auswirkungen sind heute nicht<br />

abschließend absehbar. Das Ziel muss es<br />

jetzt sein, diese Wende trotz aller offensichtlichen<br />

Schwierigkeiten zu einem<br />

Erfolg zu machen.<br />

DIE STIFTUNG: Hiervon wird in der Tat eine<br />

Menge abhängen. Herr Prof. Dr. Radermacher,<br />

vielen Dank für dieses Interview.<br />

Das Gespräch führte Gregor Jungheim.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.globalmarshallplan.org<br />

www.faw-neu-ulm.de<br />

www.senat-der-wirtschaft.de<br />

Anzeige


50 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Partner des Specials im Portrait<br />

<strong>Die</strong> Hans Sauer <strong>Stiftung</strong> unterstützt Erfindungen auf ihrem Weg<br />

von der Idee zur Realisierung und Umsetzung. <strong>Die</strong> Förderung<br />

der <strong>Stiftung</strong> konzentriert sich auf frühe Entwicklungsphasen<br />

zwischen Labor und Markt, in denen es sich schwierig gestaltet,<br />

öffentliche oder private Finanzierungen zu bekommen. <strong>Die</strong> Organisation<br />

fühlt sich dabei einer an Nachhaltigkeit orientierten<br />

Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft verpflichtet:<br />

Sie fördert Kreativität und Innovationen, die auf einem kritischen<br />

Umweltbewusstsein und einem verantwortungsbewussten<br />

Denken und Handeln basieren. Entsprechend werden Erfindungen<br />

und Projekte unterstützt, die erkennbare Verbesserungen für die<br />

natürliche Umwelt und die menschliche Gesundheit versprechen.<br />

Daneben engagiert sich die <strong>Stiftung</strong> für eine kreativitätsfördernde,<br />

interdisziplinäre Wissensvernetzung.<br />

<strong>Die</strong> Organisation wurde 1989 von dem Erfinder und Unternehmer<br />

Hans Sauer gegründet.<br />

www.hanssauerstiftung.de<br />

Als öffentliches Förderinstitut unterstützt die KfW Bankengruppe<br />

Bemühungen zur nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen,<br />

sozialen und ökologischen Lebensbedingungen.<br />

Das Kerngeschäft der KfW besteht dabei in der Förderung von<br />

Mittelstand und Existenzgründern, der Finanzierung von privaten<br />

und öffentlichen Infrastrukturvorhaben sowie des energieeffizienten<br />

Neubaus beziehungsweise der Sanierung von Wohnbauten.<br />

Ein weiteres Betätigungsfeld im Inland ist die Bildungsfinanzierung.<br />

Im Ausland sind Projektfinanzierungen sowie die<br />

Entwicklungszusammenarbeit mit privaten und öffentlichen<br />

Partnern wichtige Geschäftsfelder. Vor kurzem hat die KfW ein<br />

neues Förderprogramm speziell für Sozialunternehmen gestartet<br />

(Programmnummer 091). <strong>Die</strong> KfW beteiligt sich dabei<br />

gemeinsam mit einem Partnerinvestor an Unternehmen, die<br />

innovative soziale <strong>Die</strong>nstleistungen oder Produkte anbieten, die<br />

der Lösung von gesellschaftlichen Problemen dienen.<br />

www.kfw.de<br />

Oikocredit ist eine internationale Genossenschaft, die zu den<br />

Pionieren der nachhaltigen Geldanlage gehört. Ihr Ziel ist eine<br />

gerechte, partizipatorische und zukunftsfähige Gesellschaft.<br />

Oikocredit vergibt Kredite und Kapitalbeteiligungen an Mikrofinanzinstitutionen,<br />

Genossenschaften sowie kleine und mittlere<br />

Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. <strong>Die</strong>se<br />

Partnerorganisationen teilen die sozialen und wirtschaftlichen<br />

Ziele von Oikocredit: Sie schaffen Arbeitsplätze, fördern ländliche<br />

Entwicklung und unterstützen Menschen auf ihrem Weg in<br />

die wirtschaftliche Eigenständigkeit. Das Kapital geben Anleger,<br />

die ihr Geld sozial verantwortlich investieren möchten – Privatpersonen,<br />

Kommunen, <strong>Stiftung</strong>en, kirchliche und andere<br />

Organisationen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1975 ist Oikocredit<br />

mit diesem Konzept zu einem der weltweit führenden Entwicklungsfinanzierer<br />

geworden.<br />

www.oikocredit.org


Service | 51<br />

<strong>Die</strong> SeniVita Sozial gGmbH ist Teil der SeniVita-Gruppe, einem<br />

der führenden privaten Anbieter von Einrichtungen der Altenund<br />

Behindertenhilfe, Kinderkrankenpflege und Bildung in Bayern.<br />

<strong>Die</strong> 2009 gegründete Gesellschaft mit Sitz in Bayreuth ist in<br />

den Bereichen Altenpflege, Behindertenhilfe und Kinderkrankenpflege<br />

tätig. Konkret betreibt sie in mehreren Städten Pflegeeinrichtungen<br />

mit den Angeboten vollstationäre Pflege, ambulante<br />

Pflege, Tagespflege und betreutes Wohnen für Pflegebedürftige.<br />

Der Luisenhof St. Benedikt hat sich auf die Versorgung<br />

von Menschen mit dem Prader-Willi-Syndrom spezialisiert, während<br />

in der Kinderarche St. Christophorus schwerstpflegebedürftige<br />

Kinder rund um die Uhr betreut werden.<br />

<strong>Die</strong> SeniVita Sozial gGmbH platzierte als erstes deutsches<br />

Sozialunternehmen im Mai 2011 eine in Höhe von 6,5% verzinste<br />

Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit (WKN: A1K-Q3C). Hierfür<br />

wurde sie als bester Emittent einer Mittelstandsanleihe in<br />

Deutschland ausgezeichnet.<br />

www.senivita.de<br />

Impressum<br />

Verlag<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong>“ Media GmbH<br />

Hofmannstraße 7a, 81379 München<br />

Tel.: +49 (0) 89-2000 339-0, Fax: -39<br />

info@die-stiftung.de<br />

www.die-stiftung.de<br />

www.facebook.com/Magazin.<strong>Die</strong><strong>Stiftung</strong><br />

– Ein Unternehmen der GoingPublic Media AG –<br />

Geschäftsführer<br />

Markus Rieger<br />

E-Mail rieger@die-stiftung.de<br />

Verlagsleiter<br />

Tobias M. Karow<br />

Telefon +49 (0) 89-2000 339-86<br />

E-Mail karow@die-stiftung.de<br />

Redaktion<br />

Gregor Jungheim (Redaktionsleiter)<br />

Telefon +49 (0) 89-2000 339-47<br />

E-Mail jungheim@die-stiftung.de<br />

Jennifer E. Muhr<br />

Telefon +49 (0)89-2000 339-24<br />

E-Mail muhr@die-stiftung.de<br />

Redaktionelle Mitarbeit<br />

Christine Bertschi, Theresa Brehm, Dr. Dominik Domnik, Martina Erlwein, Klaus Fasold,<br />

Christoph Glaser, Laura Haverkamp, Montana Nick, Oliver Oehri, Dr. Sabine Theodora Ruh,<br />

Thomas Schiffelmann, Michael P. Sommer, Anja Steinbuch<br />

Lektorat<br />

Magdalena Lammel<br />

Erscheinungstermine 2013<br />

23.1. (1/13), 13.<strong>2.</strong> (Sonderausgabe „<strong>Stiftung</strong>smarkt Schweiz“), 13.3. (2/13), 15.5. (3/13), 1<strong>2.</strong>6.<br />

(Sonderausgabe „Fami lien unternehmen & <strong>Stiftung</strong>“), 24.7. (4/13), 18.9. (5/13), 27.11.<br />

(6/13), 11.1<strong>2.</strong> (Special „<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>“)<br />

Abonnement­verwaltung<br />

Tina Rücker<br />

Telefon +49 (0) 89-2000 339-40<br />

E-Mail abo@die-stiftung.de<br />

Gestaltung<br />

Holger Aderhold<br />

Bilder<br />

Fotolia, Panthermedia, Pixelio<br />

Titelbild: © Fotolia/luigi giordano<br />

Druck<br />

Kastner & Callwey Medien GmbH, Forstinning<br />

Haftung und Hinweise<br />

Artikeln, Empfehlun gen und Tabellen liegen Quellen zugrunde, welche die Redaktion für<br />

verlässlich hält. Eine Garantie für die Richtigkeit der Angaben kann allerdings nicht<br />

über nommen werden.<br />

Nachdruck<br />

© 2012 „<strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong>“ Media GmbH, München. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung<br />

in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung der „<strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong>“<br />

Media GmbH ist es nicht ge stattet, diese Zeit schrift oder Teile daraus auf photo mecha nischem<br />

Wege (Photokopie, Mikro kopie) zu ver vielfältigen. Unter dieses Verbot fallen auch<br />

die Aufnahme in elektronische Datenban ken, Internet und die Vervielfältigung auf CD-ROM.<br />

ISSN 1864-4309, ZKZ 73540<br />

Mediaberatung/Eventmanagement<br />

Alexandra Rößer<br />

Telefon +49 (0) 89-2000 339-55<br />

E-Mail roesser@die-stiftung.de<br />

Preise<br />

Einzelpreis Sonderausgabe 14,80 EUR<br />

Einzelpreis reguläre Ausgabe 9,90 EUR<br />

Jahresabonnement 48,00 EUR<br />

(Öster reich, Schweiz, europ. Ausland 60,00 EUR)<br />

Online-Abonnement 38,00 EUR<br />

(für gemeinnützige Organisationen 28,00 EUR)


52 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

Adressen zum Thema<br />

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />

Absolute Portfolio Management GmbH<br />

Wallnerstraße 3/17 , 1010 Wien, Österreich<br />

www.absolutepm.at<br />

Ashoka Deutschland gGmbH<br />

Prinzregentenplatz 10, 81675 München<br />

http://germany.ashoka.org<br />

Auridis gGmbH<br />

Grünstraße 18, 41460 Neuss<br />

www.auridis.de (im Aufbau)<br />

Bank im Bistum Essen eG<br />

Gildehofstraße 2, 45127 Essen<br />

www.bibessen.de<br />

BMW <strong>Stiftung</strong> Herbert Quandt<br />

Reinhardtstraße 58, 10117 Berlin<br />

www.bmw-stiftung.de<br />

Canopus Foundation<br />

Günterstalstraße 9A, 79102 Freiburg<br />

www.canopusfund.org<br />

Centrum für Soziale Investitionen<br />

und Innovationen (CSI)<br />

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,<br />

Adenauerplatz 1, 69115 Heidelberg<br />

www.csi.uni-heidelberg.de<br />

Literatur<br />

CSSP – Center for <strong>Social</strong> and<br />

Sustainable Products AG<br />

Herrengasse 11, 9490 Vaduz, Liechtenstein<br />

www.cssp-ag.com<br />

Deutschland rundet auf<br />

Gemeinnützige <strong>Stiftung</strong>s-GmbH<br />

Friedrichstraße 60, 10117 Berlin<br />

www.deutschland-rundet-auf.de<br />

DORV – Zentrum GmbH<br />

Kirchstraße 29, 52428 Jülich<br />

www.dorv.de<br />

Duden Institut für Lerntherapie Dresden<br />

Elisenstraße 35, 01307 Dresden<br />

www.duden-institute.de/dresden<br />

Enorm – Wirtschaft für den Menschen<br />

<strong>Social</strong> Publish Verlag 2010 GmbH,<br />

Planckstraße 13, 22765 Hamburg<br />

www.enorm-magazin.de<br />

Essl Foundation<br />

Aufeldstraße 17–23, 3400 Klosterneuburg,<br />

Österreich<br />

www.esslsozialpreis.at<br />

European Venture Philanthropy Association<br />

78 Avenue de la Toison d’Or, 1060 Brüssel,<br />

Belgien<br />

www.evpa.eu.com<br />

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />

fair society<br />

Erika-Mann-Straße 62, 80636 München<br />

www.fairsociety.de<br />

Forum for Active Philanthropy<br />

Monbijouplatz 2, 10178 Berlin<br />

www.activephilanthrophy.org<br />

Forum nachhaltig wirtschaften<br />

ALTOP Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH,<br />

Gotzingerstraße 48, 81371 München<br />

www.nachhaltigwirtschaften.net<br />

Generali Zukunftsfonds<br />

c/o Generali Deutschland Holding AG,<br />

Tunisstraße 19-23, 50667 Köln<br />

www.zukunftsfonds.generali-deutschland.de<br />

Genisis Institute for <strong>Social</strong> Business<br />

and Impact Strategies gGmbH<br />

Palais am Festungsgraben,<br />

Am Festungsgraben 1, 10117 Berlin-Mitte<br />

www.genisis-institute.org<br />

Global Marshall Plan Foundation<br />

Ferdinandstraße 28-30, 20095 Hamburg<br />

www.globalmarshallplan.org<br />

Good Growth Institut für<br />

globale Vermögensentwicklung<br />

Im Auel 13, 53773 Hennef<br />

www.gginstitut.de<br />

Adam, Stefan M.<br />

<strong>Die</strong> Sozialfirma – wirtschaftlich arbeiten und<br />

sozial handeln. Beiträge zu einer sozialwirtschaftlichen<br />

Innovation<br />

Bern <strong>2.</strong> Auflage 2012<br />

Anheier, Helmut K.<br />

Soziale Investitionen.<br />

Interdisziplinäre Pers pektiven<br />

Wiesbaden 2011<br />

Burgy, Catherine<br />

NGOs als Kapitalmarktakteure. Shareholder<br />

Engagement als Möglichkeit zur Einflussnahme<br />

auf Corporate <strong>Social</strong> Responsibility (German<br />

Edition)<br />

Wiesbaden 2012<br />

Corsten, Hans (Hrsg.)<br />

Nachhaltigkeit. Unternehmerisches Handeln<br />

in globaler Verantwortung (German Edition)<br />

Wiesbaden 2012<br />

Felber, Christian<br />

Gemeinwohl-Ökonomie<br />

Wien, <strong>2.</strong> Auflage 2012<br />

Gottwald, Franz-Theo/Sprinkart von Herbig,<br />

Peter<br />

<strong>Social</strong> Business für ein neues Miteinander.<br />

Der Anfang einer Welt wie wir sie uns wünschen<br />

München 2011<br />

Günther, Edeltraud/Ruter, Rudolf X.<br />

Grundsätze nachhaltiger Unternehmensführung.<br />

Erfolg durch verantwortungsvolles<br />

Management<br />

Berlin 2012<br />

Hackenberg, Helga/Empter, Stefan<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> – <strong>Social</strong> Business.<br />

Für die Gesellschaft unternehmen<br />

Wiesbaden 2011<br />

Hafenmayer, Joanna/Hafenmayer, Wolfgang<br />

<strong>Die</strong> Zukunftsmacher. Eine Reise zu Menschen,<br />

die die Welt verändern – und was Sie von ihnen<br />

lernen können<br />

München 2011<br />

Harbrecht, Armin<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> – Gewinn ist Mittel,<br />

nicht Zweck. Eine Untersuchung über Entstehung,<br />

Erscheinungsweisen und Umsetzung<br />

Karlsruhe 2010<br />

Heister, Peter<br />

Finanzierung von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

durch Venture Philanthropy und <strong>Social</strong> Venture<br />

Capital. Auswahlprozess und -kriterien<br />

der Finanzintermediäre (Entrepreneurial<br />

and Financial Studies)<br />

Wiesbaden 2010<br />

Hoelscher, Philipp<br />

Venture Philanthropy in Theorie und Praxis<br />

Stuttgart 2010<br />

Humberg, Kerstin Maria<br />

Poverty Reduction through <strong>Social</strong> Business?<br />

Lessons Learnt from Grameen Joint Ventures<br />

in Bangladesh<br />

München 2011<br />

Jackson, Tim<br />

Wohlstand ohne Wachstum. Leben und<br />

Wirtschaften in einer endlichen Welt<br />

München 2011<br />

Köppl, Peter/Engert, Peter<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibllity<br />

und Nachhaltigkeit<br />

Wien 2012


Service | 53<br />

Hofgruender.de<br />

c/o Zukunftsstiftung Landwirtschaft in der GLS<br />

Treuhand e.V., Christstraße 9, 44789 Bochum<br />

www.hofgruender.de<br />

Institute for <strong>Social</strong> Banking e.V.<br />

Alfred-Herrhausen-Straße 44, 58455 Witten<br />

www.social-banking.org<br />

Iq consult GmbH<br />

Muskauer Straße 24, 10997 Berlin<br />

www.iq-consult.com<br />

Kartoffelkombinat eG<br />

Durasweg 3, 81247 München<br />

www.kartoffelkombinat.de<br />

Keep the World Foundation<br />

Palmengartenstraße 14, 60325 Frankfurt/M.<br />

www.keeptheworld.com<br />

Loony gemeinnützige GmbH SD<br />

Büro Stuttgart: Böblinger Straße 36,<br />

70178 Stuttgart<br />

www.loony-design.de<br />

www.loony.de<br />

MFM-Projekt<br />

Rotwandstraße 14, 82178 Puchheim<br />

www.mfm-projekt.de<br />

MyMicroCredit Deutschland e.V.<br />

Augustenstraße 10, 80333 München<br />

www.mymicrocredit.org<br />

Phineo gAG<br />

Anna-Louisa-Karsch-Straße 2, 10178 Berlin<br />

www.phineo.org<br />

Schöne neue Welt delüx! GbR<br />

Auenweg 173, 51063 Köln<br />

www.snw-deluex.de<br />

Schwab Foundation for<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

91-93 route de la Capite, 1223 Cologny/Geneva,<br />

Schweiz<br />

www.schwabfound.org<br />

Siemens <strong>Stiftung</strong><br />

Kaiserstraße 16, 80801 München<br />

www.siemens-stiftung.org<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> Akademie<br />

Heßstraße 89, 80797 München<br />

www.seakademie.de<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

Initiative & Foundation<br />

Giessereistrasse 5, 8005 Zürich, Schweiz<br />

www.seif.org<br />

Sonanz GmbH<br />

www.sonanz.org<br />

Sosense<br />

c/o Socential AG, Josefstrasse 59, 8005 Zürich,<br />

Schweiz<br />

www.sosense.org<br />

Startsocial e.V.<br />

Am Sandtorkai 77, 20457 Hamburg<br />

www.startsocial.de<br />

Strascheg Center for <strong>Entrepreneurship</strong><br />

gGmbH<br />

Heßstraße 89, 80797 München<br />

www.sce-web.de<br />

Verein zur Förderung der<br />

Gemeinwohl-Ökonomie<br />

Laudongasse 56/18, 1080 Wien, Österreich<br />

www.gemeinwohl-oekonomie.org<br />

Vodafone <strong>Stiftung</strong> Deutschland<br />

gemeinnützige GmbH<br />

Am Seestern 1, 40547 Düsseldorf<br />

www.vodafone-stiftung.de<br />

Wash United gGmbh<br />

Blücherstr. 22, 10961 Berlin<br />

www.wash-united.org<br />

Was hab ich?<br />

c/o Netzmanufaktur GmbH,<br />

Bertolt-Brecht-Allee 24, 01309 Dresden<br />

www.washabich.de<br />

Youth <strong>Social</strong> Enterprise Network<br />

www.ysen.org<br />

Lotter, Dennis/Braun, Jerome<br />

Der CSR-Manager –<br />

Unternehmensverantwortung in der Praxis<br />

München 2010<br />

May, Christopher Robert<br />

<strong>Social</strong> Business und <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>.<br />

Aufbau- und Finanzierungsmöglichkeiten von<br />

sozialen Unternehmungen<br />

Saarbrücken 2010<br />

Miegel, Meinhard<br />

Exit. Wohlstand ohne Wachstum<br />

Berlin 2011<br />

Moessner, Ulrich<br />

Am Ende der Gier. Nachhaltige<br />

Marktwirtschaft statt Turbo-Kapitalismus<br />

München 2011<br />

Paech, Niko<br />

Befreiung vom Überfluss –<br />

Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie<br />

München 2012<br />

Praszkier, Ryszard<br />

<strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>. theory and practice<br />

Cambridge 2011<br />

Radermacher, Franz Josef<br />

Welt mit Zukunft. <strong>Die</strong> ökosoziale Perspektive<br />

Hamburg 2011<br />

Roder, Barbara<br />

Reporting im <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong>.<br />

Konzeption einer externen Unternehmensberichterstattung<br />

für soziale Unternehmer<br />

(Entrepreneurial and Financial Studies)<br />

Wiesbaden 2010<br />

Rummel, Miriam<br />

Wer sind <strong>Social</strong> Entrepreneurs in Deutschland?<br />

Soziologischer Versuch einer Profilschärfung<br />

Wiesbaden 2011<br />

Schaltegger, Stefan/Müller, Martin<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility.<br />

Trend oder Modeerscheinung?<br />

München 2007<br />

Schaltegger, Stefan/Rogall, Holger/Schönecker,<br />

<strong>Die</strong>ter/Schmidpeter, René/Göll, Edgar/Lenzen,<br />

Elmer<br />

Berufsbild CSR-Manager<br />

Münster 2010<br />

Schneider, Andreas/Schmidpeter, René (Hrsg.)<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility. Verantwortungsvolle<br />

Unternehmensführung in Theorie<br />

und Praxis<br />

Wiesbaden 2012<br />

Spiegel, Peter<br />

Muhammad Yunus.<br />

Banker der Armen, Gestalter der Zukunft<br />

Freiburg i. Br. 2012<br />

Ulsh, Gotlind B./Bonnet, Gesine<br />

Corporate <strong>Social</strong> Responsibility auf dem<br />

Finanzmarkt. Nachhaltiges Investment –<br />

politische Strategien – ethische Grundlagen<br />

(German Edition)<br />

Wiesbaden 2012<br />

Winistörfer, Herbert/Perrin, Irene/Teuscher,<br />

Peter/Forel, Alice<br />

Management der sozialen Verantwortung in<br />

Unternehmen. Leitfaden zur Umsetzung<br />

München 2012<br />

Yunus, Muhammad<br />

<strong>Social</strong> Business. Von der Vision zur Tat<br />

München 2010


54 | <strong>Die</strong> <strong>Stiftung</strong> Special<br />

<strong>Social</strong> Impact fürs Depot – so könnte es gehen<br />

Im Umfeld von <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> zu<br />

investieren, ist kein einfaches Unterfangen.<br />

<strong>Die</strong> ersten <strong>Social</strong> Impact Bonds, die<br />

zur privaten (nicht staatlichen) Finanzierung<br />

von Sozialprogrammen lanciert wurden,<br />

waren richtige Erfolgsmodelle und<br />

bei <strong>Stiftung</strong>en als Investoren gesucht.<br />

Allerdings sind <strong>Social</strong> Impact Bonds nur<br />

ein Weg von vielen, <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong><br />

„investierbar“ zu machen.<br />

Ein weiterer Weg ist Venture Philanthrophy.<br />

Hier existiert neben den Vehikeln<br />

von Bonventure und dem <strong>Social</strong><br />

Venture Fund mit Impact Ventures Global<br />

ebenfalls ein Investment-Vehikel mit<br />

einem global ausgerichteten Investitionsziel.<br />

Hinter Impact Ventures Global<br />

steckt die liechtensteinische LGT beziehungsweise<br />

LGT Venture Philanthrophy,<br />

der Impact-Investing-Arm der liechtensteinischen<br />

Fürstenfamilie. Neben einer<br />

Globalstrategie ist parallel auch eine für<br />

Investments in Großbritannien verfügbar.<br />

Ab 100.000 USD ist zudem ein eigener<br />

Managed Account einzurichten, der nach<br />

den Vorgaben des Investors geführt und<br />

in sozialen oder mit der Mission beispielsweise<br />

einer <strong>Stiftung</strong> in Einklang<br />

stehenden Investments angelegt wird.<br />

<strong>Die</strong>ser Weg ist mit einem hohen Eigenaufwand<br />

verbunden, denn ohne professionelle<br />

Investmentprämissen kann dieses<br />

Werkzeug nicht sachgerecht eingesetzt<br />

werden.<br />

Wie es andere <strong>Stiftung</strong>en machen, zeigen<br />

unter anderem die AVINA <strong>Stiftung</strong>,<br />

die Hans Lindner <strong>Stiftung</strong> oder die Canopus<br />

Foundation. Womit noch die konkreten<br />

Möglichkeiten der Sozialinvestments<br />

und Mikrofinanzfonds bleiben. Insbesondere<br />

Letztere sind für <strong>Stiftung</strong>en ein einfacher<br />

Weg, den Einstieg ins Mission<br />

Related oder übergeordnet Impact Investing<br />

zu finden. Entsprechend sind in der<br />

Übersicht die in Deutschland erhältlichen<br />

Fonds für Mikrofinanzinvestments<br />

aufgeführt, mit Invest in Visions auch der<br />

erste in Deutschland zum Vertrieb zugelassene<br />

Mikrofinanzfonds. Das Produkt<br />

ermöglicht es Mikrofinanzinstituten in<br />

der ganzen Welt, Kleinstkredite an Menschen<br />

in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

zu vergeben. Das Universum ist<br />

immer noch extrem klein, und es bleibt<br />

auch fraglich, ob Mikrofinanz oder<br />

andere Bereiche, die für einen Einstieg<br />

ins Mission Related Investing taugen,<br />

überhaupt einem breiten Publikum<br />

zugänglich gemacht werden sollen.<br />

Obwohl gerade das danach dürstet.<br />

Investitionsmöglichkeiten in <strong>Social</strong> <strong>Entrepreneurship</strong> im Überblick<br />

Mikrofinanzfonds WKN Auflage/<br />

Emission<br />

BN & P Good Growth Fund HAF X2F Mai 2008 Mischfonds u.a.<br />

Mikrofinanz<br />

Typ Mindestanlage Besonderheiten<br />

500 EUR flexibel in verschiedenen Assetklassen<br />

allokierend; äußerst informativer<br />

Newsletter<br />

Dexia Micro-Credit Fund A0D 8J8 Sep 1998 Mikrofinanzfonds 10.000 EUR keine Ausschüttung - Erträge werden<br />

reinvestiert<br />

Mikrofinanzfonds Invest in Visions A1H 44T Okt 2011 Offener<br />

Investmentfonds<br />

responseAbility Global Microfinance Fund A0E TP3 Nov 2003 Mischfond u.a.<br />

Mikrofinanz<br />

Dual Return Vision Microfinance Fund A0J KEA Apr 2006 Rentenfonds<br />

Mikrofinanz<br />

Mikrofinanzzertifikate<br />

AIV Zertifikat VMF A1H XW3 Dez 10 Zertifikat auf den<br />

DRF**<br />

Sozialinvestments<br />

BFS Mezzanine Fonds II k. WKN Apr 2010 Kommanditbeteiligung<br />

Bioniq Fonds Greifswald k. WKN Dez 2012 Studentenwohnheimfonds<br />

Villa Vitalia Biohospiz k. WKN Sep 2009 Kommanditbeteiligung<br />

100 EUR erster in Deutschland aufgelegter Mikrofinanzfonds;<br />

Volumen gut 18 Mio. EUR<br />

1.000 EUR Verwaltungsgebühr (2,6%),<br />

keine Ausschüttung<br />

1.000 EUR Anteilsrückgabe monatlich (zum<br />

jeweils 10.); sehr guter Hintergrund<br />

auf der Website<br />

1.000 EUR investiert in den Dual Return Fund,<br />

bildet dessen Wertentwicklung ab<br />

200.000 EUR keine Verwaltungsgebühr, Agio 3%<br />

360.000 EUR GmbH & CO. KG, max. zehn Kommanditisten,<br />

für <strong>Stiftung</strong>en mit Fokus auf<br />

Bildungszwecke<br />

1.000 EUR keine Verwaltungsgebühr, Agio 3%<br />

SeniVita A1K Q3C Mai 2011 Anleihe 1.000 EUR Creditreform Rating BBB+,<br />

Coupon 6,5%, Laufzeit bis Mai 2016<br />

Venture Philanthropy<br />

Bonventure I* & II k. WKN I: Aug 2003/<br />

II: Nov 2008<br />

Soziales Risikokapital 250.000 EUR Verwaltungskosten 2,5% bis 4%<br />

volumenabhängig<br />

Impact Ventures Global k. WKN Venture Philanthropy >100.000 USD Vehikel des Philanthropie-Arms von<br />

LGT, ggf. hoher Grad an Individualität<br />

<strong>Social</strong> Venture* k. WKN Mai 2010 Soziales Risikokapital 250.000 EUR Expansionsfinanzierung<br />

*) mittlerweile geschlossen, STIFTUNGEN KÖNNEN HIER ALSO NICHT MEHR INVESTIEREN; **) Dual Return (Vision Microfinance) Fund<br />

Quelle: FACTSHEETS DER Emittenten, eigene Recherchen


„ Mit Werten<br />

Hoffnung<br />

gestalten.“<br />

Michael Stich, Unternehmer und<br />

Gründer der Michael Stich <strong>Stiftung</strong><br />

Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.<br />

Wir machen den Weg frei.<br />

Michael Stich setzt sich mit seiner <strong>Stiftung</strong> seit 1994 für<br />

HIV-infizierte und von HIV betroffene Kinder ein, um ihnen<br />

Mut, Lebensfreude und Hoffnung zu schenken.<br />

VR-PrivateBanking ist für Menschen wie Michael Stich, die<br />

mehr aus ihrem Geld machen wollen, um mit Werten zu<br />

gestalten. Es kombiniert genossenschaftliche Sicherheit mit<br />

den Leistungen einer Privatbank.<br />

Mehr Informationen erhalten Sie bei den Volksbanken<br />

Raiffeisenbanken oder unter www.vr-privatebanking.de


Elite Report 2004–2013<br />

Bester Vermögensverwalter<br />

Ausgezeichnet durch das<br />

Handelsblatt bzw. DIE WELT<br />

<br />

Punktzahl ausgezeichnet als „Bester Vermögensverwalter“.<br />

<br />

Meine Bank heißt Haspa.<br />

privatebanking.haspa.de

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