Brüder nach 1951 eine neue Ästhetik des immateriel - Die Deutsche ...
Brüder nach 1951 eine neue Ästhetik des immateriel - Die Deutsche ...
Brüder nach 1951 eine neue Ästhetik des immateriel - Die Deutsche ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
34 u Schwerpunkt<br />
In Bayreuth entwickelte der<br />
ältere der beiden Wagner-<br />
<strong>Brüder</strong> <strong>nach</strong> <strong>1951</strong> <strong>eine</strong> <strong>neue</strong><br />
<strong>Ästhetik</strong> <strong>des</strong> <strong>immateriel</strong>len,<br />
bedeutungstragenden<br />
Bil<strong>des</strong> und schlug damit <strong>eine</strong><br />
Brücke zur im Nachkriegs-<br />
Deutschland nahezu vergessenen<br />
Avantgarde der<br />
Weimarer Republik<br />
Ingrid Kapsamer<br />
<strong>Die</strong> entscheidenden Begegnungen<br />
vollziehen sich auf <strong>eine</strong>m<br />
erhöhten Rund, in <strong>eine</strong>m Bannkreis<br />
aus Licht. [...] Das Zauberschloß<br />
ist <strong>eine</strong> Projektion, ein Nichts, als Bild<br />
ein giftgrünes Netz, versinkt es unter<br />
dem Kreuzeszeichen <strong>des</strong> heiligen<br />
Speeres. Der Gral – ein leuchtend-rotes<br />
Glühen, das die Szene verwandelt.<br />
<strong>Die</strong>sem dunklen, heiligen Glanz ist<br />
alles zugeordnet: <strong>Die</strong> Einkreisung der<br />
zentralen Schilderungen durch das<br />
Licht, die bläulich-roten Farbübergänge,<br />
das Heranschreiten der Gralsritter<br />
aus <strong>eine</strong>r scheinbar unendlichen Tiefe,<br />
das auf der Stelle verharrende Gehen<br />
der beiden Wanderer Gurnemanz und<br />
Parsifal zum Gral [...]. Hier ist kein Wald<br />
und kein Schloß und kein Gebirge,<br />
hier ist nur Licht und Farbe in einzigartiger<br />
malerischer Differenzierung.<br />
[...].“ 1<br />
Zur nahezu klassischen Ikone der <strong>neue</strong>n<br />
Bayreuther Bühnenästhetik wurden<br />
anstelle der romanischen Gralstempel-<br />
<strong>Die</strong> <strong>Deutsche</strong> Bühne 4 I 2012
Schwerpunkt t<br />
35<br />
architektur die vier rot-golden im<br />
dunklen Szenenraum schimmernden<br />
Lichtsäulen, die bis 1973 an die beispiellose<br />
bühnenästhetische Wende<br />
von <strong>1951</strong> erinnerten, welche – trotz der<br />
bereits veralteten Beleuchtungsanlage<br />
2 – als Ausdruck <strong>eine</strong>r geistesgeschichtlichen<br />
Neuorientierung realisiert<br />
werden konnte. In s<strong>eine</strong>r Deutung<br />
von „Parsifal“ als Individuationsprozess<br />
waren die modifizierten Lichtstimmungen<br />
„streng genommen nichts anderes<br />
als Ausdruck der wechselnden<br />
Seelenstimmungen Parsifals [...].“ 3<br />
<strong>Die</strong> Hinwendung zum Mythos der griechischen<br />
Antike und zur modernen Tiefenpsychologie<br />
bildeten wesentliche<br />
Interpretationsinstrumentarien von<br />
Wieland Wagner – stets Regisseur und<br />
Bühnenbildner in Personalunion. Mit<br />
s<strong>eine</strong>r Fokussierung der universellen<br />
Aspekte im Oeuvre Richard Wagners<br />
im Sinne von <strong>des</strong>sen Rehabilitierung<br />
und <strong>des</strong> revolutionär-demokratisch<br />
fundierten Festspielgedankens vermochte<br />
Wieland Wagner die jahrzehntelangen<br />
Fehlinterpretationen<br />
und nationalkonservativen Deutungs-<br />
Foto: Bayreuther Festspiele/Siegfried Lauterasser<br />
1 I<br />
Wieland Wagner<br />
als Lichtkünstler<br />
schemata 4 abzulösen und – im Spiegel<br />
der Hochkonjunktur <strong>des</strong> Abendland-<br />
Topos – zu überblenden: „Wir geben<br />
den Wagner-Gestalten etwa das, was<br />
im griechischen Drama der Kothurn<br />
bedeutet“ 5 , erklärte Wieland Wagner.<br />
Und im August <strong>1951</strong>: „Wir haben den<br />
Bayreuther Stil demontiert. Uns interessieren<br />
k<strong>eine</strong> germanischen Götter<br />
mehr, sondern nur der Mensch.“ 6<br />
<strong>Die</strong> ungewohnte Präsenz der Figuren<br />
in dem von plastischen Dekorationselementen<br />
und Requisiten weitgehend<br />
befreiten szenischen Raum resultierte<br />
auch aus <strong>eine</strong>r Neudefinition von Bühnenbeleuchtung<br />
und Lichtführung:<br />
Mittels <strong>eine</strong>r präzisen Scheinwerferund<br />
Projektionstechnik – ab 1952 mit<br />
modernen Xenon-Geräten 7 (anstelle<br />
der bisherigen Glühlampen-Scheinwerfer)<br />
– konnte das Bühnenlicht als<br />
raumgestalten<strong>des</strong> Element wahrgenommen<br />
werden. So wurde der Szenenraum<br />
aus dem Spiel <strong>des</strong> Lichtes auf<br />
dem Schatten konstituiert. 7<br />
1 I Wieland<br />
Wagner.<br />
2 I S<strong>eine</strong><br />
Inszenierung<br />
„Tristan<br />
und Isolde“<br />
(3. Aufzug)<br />
1962 bei den<br />
Bayreuther<br />
Festspielen.<br />
2 I<br />
Foto: Bayreuther Festspiele<br />
<strong>Die</strong> Projektionen bestanden aus <strong>eine</strong>r<br />
Mischung von vor den Scheinwerfern<br />
angebrachten farbigen Gläsern, jedoch<br />
nie aus r<strong>eine</strong>m, grellem oder weißen<br />
Licht. Eine Strukturprojektion, bestehend<br />
aus Kathedralglasscheiben und<br />
geriffelten Kristallscheiben in der Projektionsebene<br />
<strong>des</strong> Gerätes (mit oder<br />
ohne Farbfilter), bildete die Grundlage<br />
<strong>Die</strong> <strong>Deutsche</strong> Bühne 4 I 2012
36 u Schwerpunkt<br />
der in Scheibenmitte am stärksten erhellten<br />
Spielebene. Der in der Horizontalen<br />
sichtbare Schatten resultierte<br />
aus den Überhöhungen im Glas. 8 <strong>Die</strong><br />
Idee s<strong>eine</strong>r zunächst rein symbolischen<br />
Lichtführung erklärte Wieland Wagner<br />
bereits 1952: „M<strong>eine</strong> Regieabsicht ist es,<br />
ganz deutlich und auffällig immer die<br />
für jede Szene entscheidende Person<br />
hervortreten zu lassen und alles andere<br />
abzublenden. Dadurch schwindet<br />
der Naturalismus und steigt das Sinnbildhafte.“<br />
9 Im Dunkeln blieben meist<br />
auch die sichtbaren Begrenzungen im<br />
Bühnenraum zwischen Scheibe und<br />
Rundhorizont sowie die Rampe. Das<br />
Übereinandersetzen von Scheinwerfern<br />
konnte <strong>eine</strong> Erhöhung der horizontalen<br />
Tiefenwirkung erzielen.<br />
„Durch Veränderung der Schärfe, Begrenzen<br />
<strong>des</strong> Projektionsausschnitts<br />
oder Mehrfachprojektion entstanden<br />
jene überwirklichen Lichtbilder,<br />
die insbesondere die Lichtregie von<br />
Wieland Wagner seit 1952 berühmt<br />
machten.“ 10<br />
<strong>Die</strong> Technik der Mehrfachprojektion<br />
wandte der Beleuchtungsexperte<br />
Paul Eberhardt auch bei<br />
Ingrid Kapsamer, Autorin dieses Beitrags, veröffentlichte<br />
ein wegweisen<strong>des</strong> Buch zur Bühnenästhetik Wieland<br />
Wagners: „Wieland Wagner. Wegbereiter und Weltwirkung“.<br />
Vorwort von Nike Wagner. Styria Premium, Wien<br />
2010. Sie wurde in Linz geboren, absolvierte ein Studium<br />
der Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft, Philosophie<br />
und deutschen Philologie an der Universität<br />
Wien, wo sie am Institut für Theater-, Film und Medienwissenschaft<br />
an der philologisch-kulturwissenschaftlichen<br />
Fakultät promovierte. Forschungsaufenthalte<br />
führten sie <strong>nach</strong> München und <strong>nach</strong> Bayreuth, wo<br />
sie bereits 2003 als Stipendiatin der Richard-Wagner-<br />
Stipendienstiftung gewesen war. Zur Vertiefung ihrer<br />
theoretischen Arbeit war sie an der Wiener Staatsoper<br />
als Dramaturgieassistentin tätig und im Österreichischen<br />
Theatermuseum im Archiv für Bühnenbild- und<br />
Kostümentwürfe sowie an der Akademie der Wissenschaften<br />
im Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte.<br />
Parallel absolvierte sie <strong>eine</strong> Ausbildung<br />
zur Kulturmanagerin. Seit 2006 widmet sie sich <strong>eine</strong>r<br />
PR-Tätigkeit in verschiedenen Organisationen.<br />
speziellen Ornamentprojektionen an.<br />
Dabei verwendete er „Ornamentglas<br />
unterschiedlichster Strukturen oder<br />
auch in geschwärzte Glasscheiben gekratzte<br />
Ornamente als ‚Bilder‘“ 11 – so<br />
entstanden Strukturprojektionen am<br />
Rundhorizont und / oder Bühnenboden<br />
zum Zweck <strong>eine</strong>r, in Entsprechung<br />
zur modernen bildenden Kunst, zeitgemäßen<br />
Darstellung von Naturszenen<br />
und -stimmungen in abstrahierten<br />
Formen <strong>des</strong> Organischen (z.B. „Parsifal“:<br />
Klingsors Zaubergarten, „Tannhäuser“:<br />
Wartburgtal). Wieland Wagner betonte,<br />
dass er diesbezüglich „lieber <strong>eine</strong><br />
Überstilisierung als <strong>eine</strong>n Rückfall in<br />
den Naturalismus der Vergangenheit<br />
in Kauf“ 12 nehme, und mit s<strong>eine</strong>m konsequenten<br />
Verzicht auf die herkömmliche<br />
Illusionserzeugung schuf er <strong>eine</strong><br />
„Dramaturgie <strong>des</strong> ‚unsichtbaren Theaters‘“<br />
13 , die dem gestaltenden Licht und<br />
der Musik viel Raum ließ und auch den<br />
Reformideen Adolphe Appias zu <strong>neue</strong>r<br />
Aktualität verhalf. Angeregt durch das<br />
Erlebnis der naturalistischen Illusionsbühne<br />
bei den Bayreuther Festspielen<br />
und den technischen Status quo der<br />
(zwar elektrischen, aber noch <strong>nach</strong> dem<br />
starren Schema der Kulissen-Soffiten-<br />
Bühne) erhellenden Bühnenbeleuchtung<br />
in Verbindung mit den Effektprojektionen<br />
zur Imitation von Wellen- und<br />
Wolkenbewegungen entwickelte er<br />
s<strong>eine</strong> zukunftsweisende Theorie der Inszenierung<br />
für Wagners mythische Musikdramen,<br />
basierend auf der Idee <strong>eine</strong>r<br />
systematischen Teilung der gesamten<br />
Bühnenbeleuchtung in „verteilen<strong>des</strong><br />
Licht“ oder „Helligkeit“ sowie in aktives,<br />
„gestalten<strong>des</strong> Licht“ 14 als adäquates<br />
Ausdrucksmedium für die Musik.<br />
Wieland Wagner entwickelte im Bewusstsein<br />
der diversen Ansätze der<br />
Theaterreformbewegung um 1900<br />
und aus der Perspektive <strong>des</strong> die Musik<br />
wissenden, intellektuellen Interpreten<br />
und bildenden Künstlers s<strong>eine</strong><br />
eigene, innovative Visualisierungskonzeption,<br />
die er <strong>eine</strong>r naturalistischen<br />
Unverbindlichkeit entgegensetzte:<br />
„Operntheater bedeutet für mich Fülle,<br />
Abwechslung, Bewegung um jeden<br />
Preis, Asymmetrie. Das andere Theater,<br />
ich möchte es das archetypische Theater<br />
nennen, bedeutet für mich leerer<br />
Raum, Farbe, Stimmung, strenge<br />
choreographische Führung [...].“ 15 „Ich<br />
brachte Ihnen als Novum den leeren<br />
Raum, während Sie bisher, bis zu den<br />
letzten Festspielen im Krieg, Dekorationen<br />
ausgeleuchtet hatten, die durch<br />
Form, Volumen und Farbe von sich aus<br />
die Bühne füllten. M<strong>eine</strong> Bühnenräume<br />
konnten aber erst durch Ihr Licht –<br />
und durch den Wechsel dieses Lichtes!<br />
– zum musikalischen Raum, wie ich ihn<br />
mir für die Musik <strong>des</strong> Wagnerschen<br />
Werkes erträumte, werden.“ 16 , betonte<br />
er in <strong>eine</strong>m offenen Brief an den<br />
von ihm hoch geschätzten beleuchtungstechnischen<br />
Mitarbeiter Paul<br />
Eberhardt 17 , mit dem er stets bestrebt<br />
war, <strong>neue</strong> Lösungen zu finden, „über<br />
die Nuancen <strong>eine</strong>s Grün oder Blau,<br />
<strong>eine</strong>r Filtermischung oder die exakte<br />
musikalische Einteilung <strong>eine</strong>s Beleuchtungsübergangs<br />
für das Stellwerk zu<br />
diskutieren, und zu versuchen – immer<br />
wieder zu versuchen.“ 18<br />
Farbgebung und Modifikationen der<br />
Lichtführung standen in Relation<br />
zum Tempo der Musik, zu den Tonarten<br />
und zum eventuell wechselnden<br />
Stimmungscharakter <strong>eine</strong>r musikalischen<br />
bzw. dramatischen Situation.<br />
Basierend auf s<strong>eine</strong>r genauen Kenntnis<br />
der Musik, den klangsymbolischen<br />
Bedeutungen, Tonarten und Leitmotiven<br />
aller Partituren 19 integrierte er<br />
die „Lichtgestaltung, die ohne jeden<br />
Zweifel das Primat aller Dekorationskünste<br />
darstellt“ 20 , bereits in den gesamten<br />
Prozess der Erarbeitung <strong>eine</strong>r<br />
<strong>neue</strong>n Inszenierungskonzeption: „Er<br />
ging vom musikalischen Hören sofort<br />
an den Modellbau, saß nächtelang im<br />
Atelier davor, rückte s<strong>eine</strong> Figuren im<br />
gebauten Raum oder experimentierte<br />
mit Stoffproben unter wechselnden<br />
Beleuchtungen“ 21 – im Bewusstsein<br />
der modernen Raumkunst: Es war der<br />
legendäre Wiener Bühnenreformer Alfred<br />
Roller, der ihm, ausgehend von der<br />
<strong>Die</strong> <strong>Deutsche</strong> Bühne 5 I 2012
Schwerpunkt t 37<br />
Bedeutung der Arbeit am dreidimensionalen<br />
Bühnenmodell, wesentliche<br />
Anregungen vermittelt hatte. 22<br />
So zählte auch das Auskleiden der Bühne<br />
mit schwarzem oder dunkelblauem<br />
Samt zu den vielen ausstattungstechnischen<br />
Details, etwa in Wieland Wagners<br />
„Ring“-Szene der fünfziger Jahre,<br />
als auch die optische Neuerung (ab<br />
1956) – die Beleuchtung erfolgte ausschließlich<br />
von der Seite mit scharf begrenzten<br />
Lichtkegeln – die Plastizität<br />
der Figuren im „mythischen“, dunklen<br />
Raum noch stärker zu akzentuieren<br />
vermochte. 23<br />
Als exemplarisches Beispiel für die<br />
symbolische Lichtführung ist u.a. der<br />
3. Aufzug aus „Siegfried“ anzuführen:<br />
In der Erweckungsszene „liegt die Liebende<br />
im Bannkreis <strong>des</strong> Lichtes, das<br />
die ganze Plattform überflutet hat. Das<br />
Dreiviertelrund <strong>eine</strong>s Sonnenwolken-<br />
Kranzes, das <strong>eine</strong>n zärtlich blauen Himmel<br />
auf dem Rundhorizont umschließt,<br />
schwingt wie ein umgekehrter Regenbogen<br />
der Rundung <strong>des</strong> Plateaus entgegen,<br />
die Vereinigung der Liebenden in<br />
den sich berührenden und wieder divergierenden<br />
Kreisen symbolisierend.“ 24<br />
Unterschiedliche Ausdrucksformen<br />
und Interpretationsvarianten prägten<br />
sein progressives „archetypisches Theater“<br />
und sein Bestreben, im Medium<br />
szenischer Entsprechungen für das<br />
Archetypische, Einsichten in das kollektive<br />
Unbewusste in die Helle <strong>des</strong><br />
Bewusstseins zu heben. Von zunächst<br />
diffuser Ausleuchtung <strong>des</strong> leeren Raumes<br />
bis hin zu „abstrakten, plastischen<br />
Formen und ,moderner‘ Farbigkeit“<br />
im Sinne <strong>eine</strong>r Verbindung der r<strong>eine</strong>n<br />
Symbolik mit der „Topik <strong>des</strong> jeweiligen<br />
Ortes.“ 25 <strong>Die</strong>se Modifikation wurde in<br />
den sechziger Jahren besonders evident<br />
in den „Tristan-“ und „Ring“-Inszenierungen,<br />
aber auch in „Tannhäuser“<br />
1961 in der Projektion <strong>eine</strong>r rot-braunen<br />
Struktur im Hintergrund der als<br />
archetypische magna mater konzipierten<br />
Venus-Figur.<br />
<strong>Die</strong> spezifische Lichtkunst hatte im<br />
Theater Wieland Wagners weder abstrakt-virtuose<br />
noch rein performative,<br />
sondern dramaturgische Funktion im<br />
Sinne s<strong>eine</strong>r Absicht, Musik und Szene<br />
spannungsvoll neu zu definieren. Indem<br />
er in s<strong>eine</strong>r <strong>Ästhetik</strong> die essentiellen<br />
Elemente <strong>des</strong> Theaters fokussierte,<br />
sah sich Wieland Wagner im Einklang<br />
mit Protagonisten der europäischen<br />
„Neo-Avantgarde“ wie Peter<br />
Brook und Maurice Béjart. 26<br />
Anmerkungen<br />
01 Claus-Henning Bachmann, Zit. aus: „Bayreuther<br />
Inszenierungen. Wanderer, kommst<br />
du <strong>nach</strong> Bayreuth...“, in: Bayreuth 1956,<br />
Richard-Wagner-Festspiele. Hrsg. von der<br />
Festspielleitung.<br />
02 <strong>Die</strong> Anlage hat schon seit 25 Jahren den Sicherheitsstandards<br />
nicht mehr entsprochen,<br />
bot aber seit der Modernisierung von 1927,<br />
im Zuge der Anschaffung vollautomatischer<br />
Projektionsapparate in Verbindung mit <strong>eine</strong>m<br />
Rundhorizont immerhin „die Voraussetzungen<br />
für <strong>eine</strong> Lichtregie in ihren Anfängen“,<br />
während bislang die Lichtquellen ausschließlich<br />
im Bühnenraum positioniert gewesen<br />
waren. Vgl. Carl-Friedrich Baumann: Bühnentechnik<br />
im Festspielhaus Bayreuth, München<br />
1980, S. 216ff.<br />
03 Wieland Wagner: Brief an Hans Knappertsbusch<br />
(4. 5. <strong>1951</strong>). Bayerische Staatsbibliothek<br />
München, Sign.: Ana 505.<br />
04 Vgl. Udo Bermbach: Richard Wagner in<br />
Deutschland. Rezeption – Verfälschungen.<br />
Stuttgart/Weimar 2011.<br />
05 Zit. aus: „Bayreuth – Beginn <strong>eine</strong>r Weltdiskussion“.<br />
Fränkische Abendzeitung. 24. 7. <strong>1951</strong>.<br />
06 Zit. aus: Nordbayrische Zeitung, 18. 8. <strong>1951</strong>.<br />
07 Vgl. Claude Lust: Wieland Wagner et la survie<br />
du théâtre lyrique. Lausanne 1969, S. 114f.<br />
08 Vgl. Fritzdieter Gerhards: Sprache <strong>des</strong> Lichts.<br />
Ihr Wandel von der Antike bis zur Gegenwart.<br />
Wien, Diss. 1906, S. 147. Baumann, a.a.O., S.<br />
222.<br />
09 Wieland Wagner/Heinrich Neumayer, Interview,<br />
Neue Wiener Tageszeitung, 31. Juli 1952.<br />
10 Baumann, a.a.O., S. 222.<br />
11 Baumann, a.a.O., S. 83.<br />
12 Wieland Wagner in <strong>eine</strong>m Brief an den Vicomte<br />
de Couray, 2. Oktober 1964. Zit. aus:<br />
WWSD, S. 120.<br />
13 Wie der mit Wieland Wagner befreundete<br />
Germanist Hans Mayer in Anlehnung an<br />
Richard Wagners 1882 formulierten paradoxen<br />
Wunsch sie bezeichnete. Hans Mayer<br />
(1998): Richard Wagner. Im Gedenken an Ernst<br />
Bloch und Wieland Wagner. Frankfurt/M.,<br />
S. 383.<br />
14 Adolphe Appia (1899): <strong>Die</strong> Musik und die Inszenierung<br />
[La musique et la mise en scène,<br />
1897]. München 1899, S. 84.<br />
15 Wieland Wagner/Egloff Schwaiger (1963), Interview,<br />
a.a.O., S. 78.<br />
16 Wieland Wagner: Brief an Paul Eberhardt,<br />
erschienen im Programmheft Rheingold der<br />
Bayreuther Festspiele 1966, zit. aus WWSD, S.<br />
56f, hier S. 56.<br />
17 Paul Eberhardt, geboren 1897 in Elberfeld /<br />
Wuppertal im Rheinland, begann bereits 1913<br />
als Techniker an der Komischen Oper in Berlin<br />
und war, <strong>nach</strong> einigen Stationen andernorts,<br />
ab 1933 bei den Bayreuther Festspielen tätig,<br />
zunächst als Beleuchter, bevor ihm 1936 die<br />
technische Gesamtleitung übertragen wurde,<br />
die er bis 1944 und <strong>1951</strong>, 1954-1960 und<br />
von 1962-66 inne hatte.<br />
18 Wieland Wagner an Paul Eberhardt (1966),<br />
a.a.O.<br />
19 Während <strong>des</strong> zehnjährigen Privatstudiums<br />
(1940-1950) bei dem Dirigenten und Komponisten<br />
Kurt Overhoff konnte Wieland Wagner<br />
kompetenten Boden für s<strong>eine</strong> Arbeit als Er<strong>neue</strong>rer<br />
der Wagner-Szene als <strong>1951</strong>gewinnen.<br />
Basierend auf <strong>eine</strong>r ersten, profunden theoretische<br />
Grundlage widmete er sich 1943/44 am<br />
Lan<strong>des</strong>theater Altenburg im Zuge der ersten<br />
eigenen (Ring-) Inszenierung unter Overhoffs<br />
musikalischer Leitung ausführlich den<br />
beleuchtungstechnischen Möglichkeiten zur<br />
szenischen Visualisierung der musikalischen<br />
Vorgänge.<br />
20 Wieland Wagner (<strong>1951</strong>): Überlieferung und<br />
Neugestaltung. Erschienen in: Das Bayreuther<br />
Festspielbuch <strong>1951</strong>: Hrsg. von der Festspielleitung.<br />
Zit. aus: WWSD, S. 19-23, hier S. 22.<br />
21 Nike Wagner: Zeitläufe. [Vorworttext]. In: Ingrid<br />
Kapsamer: Wieland Wagner. Wegbereiter<br />
und Weltwirkung. Wien 2010, S. 7-11, hier S. 10.<br />
22 Vgl. „Der <strong>neue</strong> Bayreuther Stil und die Raumkunst<br />
der Moderne“. In: ebda., Kapitel 3, S.<br />
99ff.<br />
23 Vgl. Ingvelde Müller: Der Ring <strong>des</strong> Nibelungen<br />
in Bayreuth. Wandlungen der Szene von <strong>1951</strong>-<br />
1957. Bühnentechnische Rundschau 1957/6,<br />
S. 14-19, hier S. 15.<br />
24 Ebda., Zitat S. 18.<br />
25 Zit. aus Antoine Goléa: Gespräche mit Wieland<br />
Wagner. [1966] Salzburg 1968, S. 34.<br />
26 „[...] aber diese Tendenz ist ja nicht nur <strong>eine</strong><br />
Bayreuther Tendenz, sondern ob man nun<br />
<strong>nach</strong> Frankreich sieht oder <strong>nach</strong> England zu<br />
dem jungen Regisseur Peter Brook z.B. oder zu<br />
dem genialen Béjart. Es ist ja <strong>eine</strong> Grundtendenz.<br />
Das ist <strong>eine</strong> graphische Tendenz unserer<br />
Zeit, die knapp, klar, präzise ist im Gegensatz zu<br />
dem unverbindlichen Operntheater der früheren<br />
Zeit.“ Wieland Wagner / Egloff Schwaiger,<br />
Interview, a.a.O., hier S. 78f.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Deutsche</strong> Bühne 5 I 2012