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Vorwort - Dialog SoWi

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<strong>Vorwort</strong><br />

„Ist es möglich, mit den Mitteln der modernen Sozialwissenschaften und auf der Basis der<br />

Einsichten der Sozialphilosophie eine Soziologie des guten Lebens zu entwerfen? Deren<br />

Aufgabe bestünde nicht darin, anzugeben, was die Ziele, die Werte oder die Inhalte eines<br />

gelingenden Lebens sind – diese zu bestimmen ist ein Anliegen der Philosophie des guten<br />

Lebens, (…) sondern in der Identifizierung der sozialen Voraussetzungen und Bedingungen<br />

eines solchen Lebens.“ (Hartmut Rosa 2012)<br />

Mit der Frage, wie eine Gesellschaft organisiert sein muss, damit die Menschen in ihr ein<br />

zufriedenes und glückliches Leben führen können, beschäftigt Soziologen, Politologen und<br />

Ökonomen auf der ganzen Welt. Der Deutsche Bundestag hat eine Expertenkommission<br />

beauftragt, "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und<br />

gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft" zu erforschen, um das<br />

Wohlergehen der Bevölkerung in Zukunft nicht nur mit Kategorien des<br />

Wirtschaftswachstums beschreiben zu müssen.<br />

Die Graphik illustriert einen Artikel „The How and Why of Happy“ in der „New York Times“<br />

als Beilage der Süddeutschen Zeitung vom 26. April 2013. Portraitiert wird die<br />

Sozialpsychologin Prof. Dr. Lyubomirsky, eine in Moskau geborene und an der University of<br />

California lehrende Wissenschaftlerin, die zu den führenden Glücksforscherinnen der Welt<br />

zählt. Die Graphik zeigt Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler bei ihrer<br />

Arbeit – sie beobachten, beschreiben, interviewen und vergleichen das soziale Verhalten der<br />

Menschen in ihrem alltäglichen Verhalten. Aus diesen Daten entstehen quantitative<br />

Darstellungen, qualitative Interpretationen, hieraus wiederum werden verallgemeinernde<br />

Modelle entwickelt und dahinterliegende gesellschaftliche, politische und ökonomische<br />

Strukturen beschrieben.<br />

1


Sozialwissenschaften entwickeln ein „… Wissenssystem, das die Ordnung und Organisation<br />

des menschlichen Zusammenlebens analysiert und Wissen zu deren Verständnis und<br />

Gestaltung bereit stellt.“ Sozialwissenschaftliche Bildung an der Schule hat wie das Studium<br />

der Sozialwissenschaften an der Universität die Aufgabe, „… die Handlungsmöglichkeiten<br />

von Studierenden und anderen Menschen, die sich für Sozialwissenschaften interessieren, im<br />

Umgang mit der Sozialwissenschaft zu erweitern, (…) sich sozialwissenschaftliches Wissen<br />

systematisch anzueignen und mit diesem Wissen später oder aktuell beruflich, also<br />

handlungsorientiert, umgehen zu können.“ (Franz Lehner, Sozialwissenschaften, Wiesbaden:<br />

VS 2011, S. 9)<br />

Der nordrhein-westfälische Kernlehrplan für das Fach Sozialwissenschaften bzw.<br />

Sozialwissenschaften/Wirtschaft in der Gymnasialen Oberstufe definiert die Kompetenzen<br />

und Kompetenzbereiche, die in diesem Fach im, Laufe der Oberstufe erreicht werden sollen.<br />

„Zum Leitbild des Faches gehören die sozialwissenschaftlich gebildeten, zur demokratischen<br />

Auseinandersetzung und zur reflektierten Teilhabe fähigen mündigen Bürgerinnen und Bürger<br />

- als mündige Staatsbürgerinnen und -bürger, als mündige Wirtschaftsbürgerinnen und -<br />

bürger sowie als mündige Mitglieder vielfältiger gesellschaftlicher Gruppierungen, die eine<br />

umfassende sozialwissenschaftliche Kompetenz entwickeln.“ (Lehrplan S. 10) Diese<br />

sozialwissenschaftliche Kompetenz besteht aus Sach-, Methoden-, Urteils- und<br />

Handlungskompetenzen.<br />

Um die Entwicklung dieser Kompetenzen geht es in diesem Buch. Die Suche nach Antworten<br />

auf die dringenden gesellschaftlichen Fragen – schon das Stellen der richtigen Fragen –<br />

erfordert den <strong>Dialog</strong>. Oft genug werden erst im Gespräch, in der Auseinandersetzung mit<br />

anderen die eigentlichen Probleme und Kontroversen sichtbar. <strong>Dialog</strong>e brauchen allerdings<br />

methodische Unterstützung. Fragestellungen werden nicht selten erst durch ein Erproben von<br />

Situationen, Verfahren, Argumentationen nachvollziehbar und bearbeitbar. Dieses Buch legt<br />

daher großen Wert auf die methodische Ebene, auf die inhaltsbezogene Einübung von<br />

Methoden aus unterschiedlichen Bereichen.<br />

Politisch, wirtschaftlich und im Zusammenleben im Alltag ist vieles weniger<br />

selbstverständlich und auch viel änderbarer, als oftmals wahrgenommen wird. Die<br />

Veränderungen der letzten Jahrzehnte sprechen eine deutliche Sprache: Die europäische<br />

Wirtschafts- und Finanzkrise, die digitale Revolutionierung aller Lebensbereiche, die<br />

Herausforderungen durch Globalisierung, demographischen Wandel und weltweite Migration,<br />

all diese fundamentalen Veränderungsprozesse erfordern sozialwissenschaftliches Wissen, um<br />

diese Prozesse verstehen und mit beeinflussen zu können. Neben der Frage: „Was wissen<br />

wir?“ muss – gerade in den Sozialwissenschaften – also gleichzeitig die Frage gestellt<br />

werden: „Wie erkennen wir, was wir – und andere – zu wissen glauben?“. <strong>Dialog</strong>e müssen<br />

also auf vielen Ebenen und mit unterschiedlichen Methoden aktiv geführt werden. Auch die<br />

biografische Dimension spielt (insbesondere im ersten Band) eine große Rolle. Politische<br />

Urteile werden schließlich individuell durch eigene („subjektive“) Erfahrungen beeinflusst,<br />

und Lerninhalte entstehen erst vor diesem Hintergrund.<br />

Gesellschaftliche Erkenntnisse und die Wahrnehmung von politischen und wirtschaftlichen<br />

Rechten brauchen reflektiertes Wissen, das auch die Ebene der persönlichen Einstellungen<br />

erreicht und in die subjektive politische Weltsicht integriert werden kann.<br />

Der Wissensdimension kommt in der gymnasialen Oberstufe und auch in diesem Schulbuch<br />

im Hinblick auf Erklärungen, Deutungen und auch Prognosen für weitere Entwicklungen ein<br />

zentraler Stellenwert zu; dennoch orientiert sich dieses Buch wie die Lehrpläne und<br />

Richtlinien für das Fach Sozialwissenschaften gleichzeitig an weiteren Prinzipien.<br />

2


Mit der Konzeption dieses Buches werden besonders …<br />

• die Beteiligung der Lerngruppe an der Planung des Unterrichtsgeschehens und die<br />

Weiterentwicklung methodischer und kommunikativer Kompetenzen (auch innerhalb<br />

der Kursgruppe) systematisch gefördert;<br />

• Perspektiven, Erkenntnisse und Verfahren aller drei Leitdisziplinen der<br />

Sozialwissenschaften bzw. des Faches Politik (Ökonomie, Politikwissenschaft,<br />

Soziologie) gleichberechtigt und zunehmend integriert einbezogen (vgl. dazu das<br />

Einführungskapitel);<br />

• die Themen so entwickelt, dass sie einen Zusammenhang zwischen der<br />

Erfahrungswelt der Lernenden und der politischen, wirtschaftlichen und sozialen<br />

Bedeutsamkeit herstellen;<br />

• offene Fragen und Probleme, unentschiedene Konflikte und kontrovers beurteilte<br />

Sachverhalte aus Politik und Gesellschaft als solche ausgewiesen und keine<br />

Scheinlösungen vorgetäuscht. Es werden allerdings die Informationen, Methoden und<br />

Lernwege vorgeschlagen, die nötig sind, um zu eigenständigen politischen Urteilen zu<br />

gelangen;<br />

• Auswahl und Gestaltung von Ausgangsfragestellungen und Gegenständen an aktuellen<br />

und zukunftsrelevanten Aspekten ausgerichtet;<br />

• Medienorientierung (selbstverständlich auch die Arbeit mit dem Internet) und<br />

handlungsorientierte Konzepte für einen abwechslungsreichen und lebendigen<br />

Unterricht sorgen, der Spaß macht!<br />

Um diesen Prinzipien verstärkt Rechnung zu tragen sind die einzelnen Kapitel<br />

folgendermaßen aufgebaut:<br />

Jedes Kapitel beginnt mit einer „Aufmacherseite“ und einem „Überblick“. Zunächst wird<br />

quasi als Sinnstiftung dargelegt, warum die Themen des Kapitels ausgewählt wurden. Im<br />

Anschluss werden die Kompetenzen, die in diesem Kontext erworben werden können,<br />

aufgelistet. Die Kompetenzformulierungen orientieren sich eng am Kernlehrplan, werden<br />

zusammengefasst und fokussiert sowie um personale und soziale Kompetenzdimensionen<br />

ergänzt.<br />

Dann erfolgt die Annäherung und Planung mit Materialien, mit denen sich Einblicke<br />

in die Vielschichtigkeit der Thematik erschließen und die Auseinandersetzung mit den<br />

Einschätzungen anderer, aber auch mit eigenen Wahrnehmungen im Kurs unterstützt wird.<br />

Unterschiedliche handlungsorientierte Methoden werden eingeführt, sie unterstützen den<br />

Annäherungs- und Planungsprozess.<br />

Im Grundlagenteil geht es um grundlegende Informationen und die Auseinandersetzung<br />

mit den Hintergründen der Thematik. Die Vertiefung greift dann meist komplexere<br />

Fragestellungen und Debatten auf, die auf<br />

Kenntnissen und Kompetenzen, die aus dem Grundlagenteil hervorgehen, aufbauen und<br />

diese vertiefen (diese Abschnitte bieten sich z. T. auch zur Leistungskurs/Grundkurs-<br />

Differenzierung an).<br />

Der Abschnitt Kontroverse (und Positionsbestimmung) fokussiert aktuelle politische,<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Diskussionen, um auf diese Weise zur individuellen<br />

politischen Urteilsbildung und auch Sachkenntnis beizutragen.<br />

Der Abschnitt Aktion schließlich nimmt Angebote für handlungsorientierte Lernformen vor,<br />

die teilweise über den Unterricht oder zumindest die Grenzen des Faches<br />

Sozialwissenschaften hinausgehen. Es geht z. B. um eigenes Erkunden und systematisches<br />

Recherchieren, um die Simulation sozialer Prozesse und die Gestaltung und Präsentation von<br />

Lernergebnissen, um Facharbeiten und Referate.<br />

Zu den drei Leitwissenschaften, mit deren Bedeutung sich das anschließende<br />

Einführungskapitel auseinandersetzt, gibt es im ersten Band jeweils zwei Kapitel, um<br />

3


Schwerpunktsetzungen zu erleichtern und Wahlmöglichkeiten zu bieten. Die Kapitel<br />

orientieren sich an politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit<br />

Zukunftsbedeutung; es sind aktuelle Fragestellungen, von denen erwartet werden kann, dass<br />

sie zunehmend bedeutsam werden und auf längere Sicht auch bleiben. Auswahl und Aufbau<br />

orientieren sich an den oben genannten Prinzipien. Alle Kapitel haben die analoge, oben<br />

beschriebene Grundstruktur; dadurch werden arbeitsteilige Lernwege mit individuellem<br />

Zuschnitt erleichtert. Auch die Vernetzung der Kapitel kann zur besseren Planbarkeit der<br />

Lernprozesse und zur Lebendigkeit des Unterrichts beitragen.<br />

Der Grundansatz des Buches wird im Titel deutlich: Es geht um den <strong>Dialog</strong>, um die<br />

kommunikative Auseinandersetzung mit Positionen und Voreinstellungen; es geht um<br />

Argumente, aber auch um die Unterstützung des Argumentieren-Könnens und das kompetente<br />

Umgehen mit Medien und Methoden, um das Training von <strong>Dialog</strong>fähigkeiten, die in Studium<br />

wie Beruf häufig erwartet werden.<br />

Damit Sie selbst Ihre eigene Kompetenzentwicklung in den Blick nehmen können, um daraus<br />

auch Konsequenzen für Ihr Lernverhalten ziehen zu können, formulieren wir die<br />

Kompetenzvorgaben des Kernlehrplans bewusst in der Ich-kann-Form und bieten Ihnen auch<br />

Abstufungshinweise zur Selbsteinschätzung an.<br />

Da wir der festen Überzeugung sind, dass Sie auch für Ihre Persönlichkeit und Ihr<br />

Sozialverhalten wichtige Kompetenzen erwerben, bieten wir Ihnen auch für diesen Bereich<br />

Kompetenzbeschreibungen an.<br />

Auf www.dialog-sowi.de können Sie sich das Portfolio <strong>Dialog</strong> <strong>SoWi</strong> herunterladen. Es<br />

enthält einen<br />

• „Kreativsektor“ für Ihre individuellen Aufzeichnungen,<br />

• einen „Sprachsektor“ für die Weiterentwicklung Ihrer fachsprachlichen Kompetenz,<br />

• einen „Kompetenzsektor“ mit den Kompetenzeinschätzungsbögen zu jedem Kapitel<br />

sowie<br />

• einen „Privatsektor“ für Ihre biografischen Reflexionen.<br />

Alle Kapitel dieses Buches sind in intensiver Teamarbeit entstanden. Da ein gutes Team<br />

immer die fachlichen Spezialisierungen der Mitglieder nutzt, können Sie Anregungen, Kritik<br />

und Fragen auch direkt an die hauptverantwortlichen Ansprechpartner richten. Dies sind<br />

bezogen auf die einzelnen Kapitel:<br />

Kapitel 1: C. Schrieverhoff (C.J.Schrieverhoff@t-online.de)<br />

und E. Stiller (Buchmann.Stiller@t-online.de)<br />

Kapitel 2: C. Schrieverhoff (s. o.)<br />

Kapitel 3: F.-J. Bölting (franz-josef.boelting@t-online.de)<br />

Kapitel 4: E. Stiller (s. o.)<br />

Kapitel 5: F.-J. Bölting (s. o.) und C. Schrieverhoff (s. o.)<br />

Kapitel 6: W. Völlering (WVoellering@t-online.de)<br />

Das Schulbuchteam bietet im Internet ebenfalls einen <strong>Dialog</strong> mit Ihnen an; die Adresse lautet:<br />

www.dialog-sowi.de. In diesem Forum finden Sie weitere Tipps und Materialien,<br />

Kommentare, Links zu wichtigen Ansprechpartnern, Vorschläge für Klausuren usw. Wir<br />

freuen uns über Ihre und eure Rückmeldungen.<br />

Franz-Josef Bölting<br />

Christel Schrieverhoff<br />

Edwin Stiller<br />

Werner Völlering<br />

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