Ausgabe 2013 (PDF) - Diakonisches Werk Hamburg
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<strong>Hamburg</strong><br />
Jahresbericht <strong>2013</strong><br />
Landesverband der<br />
Inneren Mission e.V.<br />
Wohnungsnot
2 Jahresbericht <strong>2013</strong> Inhalt<br />
Inhalt<br />
03 Editorial<br />
Leistung neu verstehen<br />
04 Mein Friedenspreis geht an ...<br />
16 Menschen aus <strong>Hamburg</strong> sagen, welches Engagement<br />
sie vorbildlich finden<br />
07 Schwerpunkt: Wohnungsnot<br />
08 „Das Wichtigste ist doch erstmal die Wohnung“<br />
Wohnungsnot hat viele Ursachen – ein Besuch in der<br />
Sozialen Beratungsstelle Harburg<br />
15 Viele Facetten eines Problems<br />
16 Fakten zur Wohnungsnot<br />
18 So hilft die Diakonie<br />
19 Das fordert die Diakonie<br />
20 <strong>Hamburg</strong> violett<br />
Fröhlich, handfest und politisch – Akzente beim<br />
Kirchentag <strong>2013</strong><br />
22 „Weil Menschen mich gesehen haben“<br />
Landespastorin Stoltenberg blickt zum Ende ihrer<br />
Amtszeit auf prägende Begegnungen zurück<br />
25 Chronik 2012/<strong>2013</strong><br />
30 Dirk Ahrens – der neue Landespastor<br />
31 Zahlen und Fakten<br />
38 So erreichen Sie uns<br />
Titelfoto: Viele Menschen in <strong>Hamburg</strong> suchen dringend eine<br />
bezahlbare Wohnung. Wie es Lothar L. erging und wie er mithilfe<br />
der Sozialen Beratungsstelle Harburg eine neue Bleibe fand, lesen<br />
Sie ab Seite 8.
Editorial: Leistung neu verstehen Jahresbericht <strong>2013</strong> 3<br />
Leistung neu verstehen<br />
„Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und<br />
wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr<br />
fordern“, heißt es in der Bibel (Lukas 12, 48). Damit wird uns<br />
gesagt: Du, Mensch, bist begabt und reich beschenkt. Aber<br />
du bist nicht allein auf dieser Welt – du lebst in einer Gemeinschaft.<br />
Wenn du teilst, dann mach dir klar, Mensch: Du gibst<br />
nicht von deinem Besitz ab, du bist kein mildtätiger Gönner,<br />
sondern du teilst aus, was Gott dir anvertraut hat. Du verwaltest<br />
es nur.<br />
Diese Zusage und dieser Anspruch Gottes haben Konsequenzen,<br />
auch für uns in der Diakonie. Dann wandelt sich<br />
das Bild unserer angeblichen Leistungsgesellschaft:<br />
Leistungsträger sind nicht mehr die, die den größten Umsatz<br />
machen oder die kräftigsten Ellenbogen haben. Sondern die<br />
Menschen, die mit Verantwortungsgefühl und einem feinen<br />
Gespür für die Bedürfnisse anderer handeln. Zum Beispiel<br />
Frauen und Männer, die in der Pflege arbeiten; Familien, die<br />
ihre Alten zu Hause pflegen; oder Eltern, die ihre Kinder<br />
großziehen. Unser Ziel muss eine solidarische Leistungsgesellschaft<br />
sein – mit einem anderen Leistungsverständnis.<br />
In der Diakonie geht es uns in der täglichen Arbeit um die<br />
Anerkennung dieser Leistungen, um das, was Menschen für<br />
andere Menschen tun. Dafür ist dieser Jahresbericht wieder<br />
ein eindrückliches Beispiel.<br />
Damit verbunden sind Fragen der Gerechtigkeit und des<br />
sozialen Ausgleichs. So ergeben sich auch konkrete politische<br />
Forderungen: In <strong>Hamburg</strong> ist die Wohnungsnot ein<br />
drängendes Thema, mit dem wir in fast allen unseren<br />
Arbeitsbereichen konfrontiert werden.<br />
Ich hoffe, dass Sie sich von unserem Jahresbericht anregen<br />
lassen, an den öffentlichen Diskussionen zu allen unseren<br />
sozialpolitischen Themen engagiert teilzunehmen.<br />
Deshalb ist die Wohnungsnot das Schwerpunktthema dieses<br />
Jahresberichts. Und deshalb wird die Diakonie an diesem so<br />
existenziellen Thema auch „dranbleiben“ mit ihrer Forderung<br />
nach mehr bezahlbarem Wohnraum für Menschen in schwierigen<br />
Lebenssituationen.<br />
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg
4 Jahresbericht <strong>2013</strong> Mein Friedenspreis geht an ...<br />
Mein Friedenspreis geht an ...<br />
16 Menschen aus <strong>Hamburg</strong> sagen,<br />
welches Engagement sie vorbildlich finden<br />
Es gibt den Friedensnobelpreis, den Friedenspreis des Deutschen<br />
Buchhandels, den Westfälischen Friedenspreis. Und wenn in <strong>Hamburg</strong> ein<br />
Friedenspreis verliehen würde – wer sollte ihn bekommen? Das wollten wir von<br />
ganz unterschiedlichen Menschen wissen. Vielfach genannt werden<br />
die Engagierten um Pastor Sieghard Wilm in der St.-Pauli-Gemeinde, die<br />
afrikanischen Flüchtlingen Unterkunft gewährt – ein Zeichen, wie sehr dieses<br />
Kirchenasyl die Stadt bewegt (siehe auch Seite 29).<br />
Den <strong>Hamburg</strong>er Friedenspreis<br />
soll der ehemalige St.-Pauli-<br />
Profi Benjamin Adrion als<br />
Gründer des Vereins Viva con<br />
Agua erhalten. In Zukunft<br />
erwarten die einen Riesenpro fit,<br />
andere einen gnadenlosen<br />
Krieg, wenn es um klares<br />
Trinkwasser geht. Wer vielen<br />
Menschen vor allem in Afrika,<br />
Asien und Südamerika den<br />
Zugang zu Trinkwasser ermö g<br />
licht, gräbt den Profitgeiern und<br />
Kriegstreibern das Wasser ab<br />
und fördert den Frieden in<br />
höchstem Maße.<br />
Joachim Weretka (62), Radiojournalist<br />
bei NDR 90,3<br />
Die Beraterinnen und Berater<br />
des Medibüros <strong>Hamburg</strong> bieten<br />
Woche für Woche erkrankten<br />
papierlosen Migrantinnen,<br />
Migranten und Flüchtlingen die<br />
Chance, medizinische Versorgung<br />
und ärztliche Hilfe zu<br />
finden. Sie tun das ehrenamtlich,<br />
seit nahezu 20 Jahren. Ihr<br />
Engagement ist beeindruckend!<br />
Iris Jäger (49), Geschäftsführerin<br />
von verikom – Verbund für<br />
interkulturelle Kommunikation<br />
und Bildung e.V.<br />
Die Bürgerinitiative „Glinde<br />
gegen Rechts“ beweist mit<br />
Beharrlichkeit und Ausdauer,<br />
dass man sich im Rahmen des<br />
bürgerschaftlichen Engagements<br />
erfolgreich gegen<br />
radikales Gedankengut zur<br />
Wehr setzen kann. Es müssen<br />
nicht immer große Namen oder<br />
Institutionen sein, die erfolgreich<br />
für eine gerechtere und<br />
eine bunte Gesellschaft<br />
eintreten.<br />
Thomas Illing (53), Leiter des<br />
Fachbereichs Eingliederungshilfe<br />
und Finanzierung im<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>
Mein Friedenspreis geht an ... Jahresbericht <strong>2013</strong> 5<br />
Mein Friedenspreis ginge an<br />
zwei Mädchen, die ich neulich<br />
kennenlernte. Die eine kommt<br />
aus Süd-, die andere aus<br />
Nordkorea. Sie haben sich<br />
während ihrer Berufsausbildung<br />
in <strong>Hamburg</strong> kennengelernt und<br />
sind seitdem eng befreundet.<br />
Stand die Herkunft der anderen<br />
ihrer Freundschaft anfangs im<br />
Weg? Darauf sagten sie: „Die<br />
Herkunft ist egal – wichtig ist<br />
doch, dass man den Menschen<br />
mag.“ Richtig so!<br />
Judith Voß (30), Mitarbeiterin im<br />
Fundraising des Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong>s <strong>Hamburg</strong><br />
Wenn es in <strong>Hamburg</strong> einen<br />
Frie denspreis gäbe: Ich würde<br />
ihn der Musikerin Esther<br />
Bejarano verleihen. Es gibt keine<br />
bedeutendere, in <strong>Hamburg</strong><br />
lebende Friedensbotschafterin<br />
als die 88-jährige Antifaschistin.<br />
Die Auschwitz-Überleben de<br />
klärt Jugendliche unermüdlich<br />
über den Nazi-Terror und die<br />
Nazi-Ideologie auf.<br />
Kersten Artus (49), Journalistin,<br />
Betriebsrätin, Abgeordnete für<br />
DIE LINKE und Vizepräsidentin<br />
der Bürgerschaft<br />
Hans-Jochen Jaschke, Weihbischof<br />
im katholischen<br />
Erzbistum <strong>Hamburg</strong>, steht seit<br />
fast zwei Jahrzehnten für<br />
fruchtbare Ökumene und<br />
Toleranz im interreligiösen<br />
Dialog. Mit seinem Handeln hat<br />
er für ein friedvolles Miteinander<br />
der Religionen in <strong>Hamburg</strong><br />
gesorgt, ohne eigene theologische<br />
Eckpfeiler aufzugeben.<br />
Christoph de Vries (38),<br />
CDU-Bürgerschaftsabgeordneter,<br />
familienpolitischer<br />
Sprecher der Fraktion<br />
Bischöfin Kirsten Fehrs – stellvertretend<br />
für alle, die sich, trotz<br />
fehlender Lösungsansätze auf<br />
europäischer Ebene, für eine<br />
humanitäre Lösung für die<br />
Libyen-Flüchtlinge in <strong>Hamburg</strong><br />
einsetzen. Dabei denke ich nicht<br />
nur an die Mitarbeitenden der<br />
Bischofskanzlei, des Landeskirchenamtes,<br />
der Diakonie,<br />
sondern auch an viele Aktive in<br />
den Kirchengemeinden und<br />
anderen Bereichen der Nordkirche,<br />
die – nicht nur in diesem<br />
Fall – direkt und tatkräftig vor<br />
Ort mithelfen.<br />
Gabi Brasch (50), Vorstandsmitglied<br />
im Diakonischen <strong>Werk</strong><br />
<strong>Hamburg</strong><br />
Esther Bejarano setzt sich<br />
uner müdlich mit ihrem aufrichtigen<br />
Widerstand, mit Musik und<br />
Herzlichkeit bis heute gegen<br />
Ausgrenzung, Rassismus,<br />
Gewalt und Krieg ein. Sie bringt<br />
ihre traumatischen Erfahrungen<br />
jungen Frauen und Männern nah.<br />
Angela Bähr (49), Leiterin des<br />
Fachbereichs Migrations- und<br />
Frauensozialarbeit im Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong><br />
Ich schlage Pastor Sieghard Wilm<br />
aus St. Pauli vor. Er hat der in<br />
<strong>Hamburg</strong> gestrandeten Gruppe<br />
von Lampedusa-Flüchtlingen bei<br />
drohender Abschiebung<br />
Kirchenasyl gewährt. Das ist ein<br />
Zeichen von Menschlichkeit und<br />
Solidarität, gegen die Absurdität<br />
des europäischen Asylrechts.<br />
Jens Kerstan (47), Vorsitzender<br />
der grünen Bürgerschafts fraktion
6 Jahresbericht <strong>2013</strong> Mein Friedenspreis geht an ...<br />
Zu Henry Kirsche, Diakon von<br />
„Metanoite“ (griechisch: denkt<br />
um!) am Nobistor, kommen<br />
Menschen in existenziellen<br />
Krisen, die aus allem herausgefallen<br />
sind, schlechte Erfahrungen<br />
gemacht haben. Henry<br />
Kirsche befriedet sie mit ihren<br />
Mitmenschen und vor allem mit<br />
sich selbst. Wie er das macht?<br />
Mithilfe des großen, guten<br />
göttlichen Friedens. Absolut<br />
friedenspreiswürdig!<br />
Annette Reimers-Avenarius (41),<br />
Pastorin, im Diakonischen <strong>Werk</strong><br />
<strong>Hamburg</strong> für Religionspädagogik<br />
und Theologie in evangelischen<br />
Kindertagesstätten<br />
zuständig<br />
<strong>2013</strong> ist das internationale Jahr<br />
der Wasserkooperation. Wasser<br />
ist nicht nur ein wichtiges<br />
Symbol für uns Christinnen und<br />
Christen, sondern für alle<br />
Menschen so lebenswichtig wie<br />
die Luft zum Atmen. Ich möchte<br />
den Friedenspreis der Initiative<br />
Viva con Agua aus St. Pauli<br />
verleihen, denn sie setzt sich<br />
dafür ein, dass alle Menschen<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
und sanitärer Grundversorgung<br />
haben.<br />
Isa Lübbers (55), Pröpstin im<br />
Kirchenkreis <strong>Hamburg</strong>-Ost<br />
Mein <strong>Hamburg</strong>er Friedenspreis<br />
geht an Pastor Sieghard Wilm,<br />
der von heute auf morgen seine<br />
Kirche für Flüchtlinge geöffnet<br />
hat. Er hat nicht nur die Bewohner<br />
von St. Pauli mitgerissen,<br />
sondern Unterstützung in der<br />
ganzen Stadt organisiert. Aus<br />
dem kleinen Schritt eines Einzelnen<br />
ist eine kleine Bürgerbewegung<br />
geworden, die nicht nur<br />
einmal, sondern über Monate<br />
geholfen hat.<br />
Lara Straatmann (30), Fernsehautorin<br />
beim NDR <strong>Hamburg</strong><br />
Journal<br />
Pastor Sieghard Wilm aus der<br />
St.-Pauli-Gemeinde sorgt mit<br />
seinem Motto „Die Straße in die<br />
Kirche – Die Kirche auf die<br />
Straße“ für sozialen Frieden in<br />
einer der schwierigsten<br />
Gemeinden <strong>Hamburg</strong>s. Die<br />
Aufnahme von 80 obdachlosen<br />
afrikanischen Flüchtlingen in<br />
seine Kirche ist nur ein Beispiel<br />
für sein großes Engagement<br />
Leon Kirch (20), leistet Bundesfreiwilligendienst<br />
bei der<br />
alsterdorf assistenz ost<br />
Frieden sollten alle Menschen in<br />
ihren Herzen tragen. Ich habe<br />
das Gefühl, dass unser Bürgermeister<br />
Scholz diesen Preis<br />
bekommen sollte. Er wirkt auf<br />
mich ehrlich und redlich.<br />
Johanna Woywodt (100),<br />
Bewohnerin aus dem Haus<br />
Begonie des Hospitals zum<br />
Heiligen Geist<br />
Das Straßenmagazin<br />
Hinz&Kunzt hat einen Friedenspreis<br />
verdient. Es leistet seit<br />
Jahren eine wichtige Arbeit und<br />
gibt den Menschen am Rande<br />
der Gesellschaft eine echte<br />
Chance und eine Stimme.<br />
Laura Solowe (27), Altenpflegerin,<br />
gehört zu <strong>Hamburg</strong>s<br />
Ausbildungsbesten in der Pflege<br />
<strong>2013</strong><br />
Meinen persönlichen Friedenspreis<br />
bekommen die engagierten<br />
Gemeindeglieder von St.<br />
Pauli für ihr beispielgebendes<br />
und öffentlichkeitswirksames<br />
„Kirchenasyl“.<br />
Hans-Jürgen Rubarth (62),<br />
Geschäftsführung der Hauspflegestation<br />
Barmbek-Uhlenhorst
Wohnung gesucht<br />
In <strong>Hamburg</strong> sind Wohnungen knapp, vor allem günstige Mietwohnungen.<br />
Der Leerstand ist auf ein Rekordtief gesunken, die Kaltmieten bei Neuverträgen<br />
steigen kräftig. Durch hohe Kosten für das Wohnen geraten Menschen<br />
in Armut. In unserem Schwerpunkt Wohnungsnot: eine Reportage<br />
aus der Sozialen Beratungsstelle Harburg, Statements von Fachleuten<br />
(Seite 15), die wichtigsten Fakten (Seite 16) und die Forderungen der<br />
Diakonie (Seite 19).
8 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: Wohnungsnot<br />
„Das Wichtigste ist doch erst mal die Wohnung“<br />
Wohnungsnot hat viele Ursachen – ein Besuch in der<br />
Sozialen Beratungsstelle Harburg<br />
Seit 25 Jahren arbeitet in Harburg die Soziale Beratungsstelle,<br />
getragen von Diakonie und Heilsarmee. Sie ist die Anlaufstelle<br />
im Bezirk für Menschen, denen der Verlust der Wohnung<br />
droht oder die sie bereits verloren haben. Die Räume<br />
im Zentrum Harburgs erinnern an eine freundliche Arztpraxis:<br />
Anmeldetresen, Wartezimmer, mehrere Sprechzimmer. Hier<br />
werden keine Krankheiten behandelt, aber es ist doch eine<br />
Art Notfallambulanz für existenzielle Krisen. Viele, die<br />
kommen, haben unerfreuliche Post dabei: Mahnungen,<br />
Sanktionen vom Jobcenter, Abmahnungen des Vermieters –<br />
manche Umschläge noch ungeöffnet. Die Beratung ist<br />
vertraulich, doch mit Einverständnis der Klienten durften wir<br />
einige Gespräche begleiten.<br />
Die Wohnung von Marina P. wurde zwangsgeräumt: „Unsere<br />
Möbel und Kleidung, der Fernseher, der Computer: Das ist<br />
jetzt alles in einem Container. Und wir haben kein Geld, um<br />
ihn länger zu mieten. Sie sagen, sie werfen unsere Sachen<br />
dann weg. Bitte, was können wir tun?“ Marina P. ist an<br />
diesem Montag die Erste in der offenen Sprechstunde. Die<br />
Deutschrussin lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern bei<br />
ihrer Mutter in Neuwiedenthal. Neben ihrem Stuhl hat sie eine<br />
Plastiktüte abgestellt, holt nach und nach Unterlagen daraus<br />
hervor. Sozialpädagoge Helmut Trummel stellt Fragen, macht<br />
sich Notizen und bittet Marina P., am Freitagvormittag wieder<br />
anzurufen. Die Familie ist überschuldet, hatte die Miete nicht<br />
mehr bezahlt. Wäre sie früher in die Beratung gekommen,<br />
hätte man den Mietvertrag vielleicht retten können. Jetzt<br />
brauchen die P.s einen langen Atem.<br />
Bestehende Mietverträge retten, damit Menschen nicht ihre Wohnung<br />
verlieren – oder dafür sorgen, dass sie wieder eine Bleibe finden:<br />
Martina Scholthaus und ihre Kollegen arbeiten für jeden Klienten einen<br />
umfassenden Hilfeplan aus.
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 9<br />
Zuerst analysieren die Berater mit den Klienten die Situation,<br />
stellen Anträge, telefonieren mit Sachbearbeitern, Vermietern<br />
und Gläubigern. Sie erstellen einen ganzheitlichen Hilfeplan,<br />
der etwa auch gesundheitliche und soziale Probleme einbezieht.<br />
Und sie schließen die Beratung ab, wenn die noch<br />
vorhandene Wohnung gesichert ist oder die Klienten eine<br />
neue Wohnung haben und sie auch halten können. Den<br />
Dringlichkeitsschein des Bezirksamtes (siehe Seite 18) haben<br />
hier fast alle Wohnungssuchenden, aber er hilft kaum noch.<br />
Helmut Trummel stellt klar: „Es gibt sehr viele mit Dringlichkeitsschein.<br />
Pro Jahr erreicht uns vielleicht ein Wohnungsangebot<br />
für sie und die Vermieter können sich einen Bewerber<br />
aussuchen. Wer einen negativen Schufa-Eintrag hat, bekommt<br />
schon keine Wohnung mehr.“ Neben dem Dringlichkeitsschein<br />
gibt es noch die Dringlichkeitsbestätigung, mit<br />
der die Vermittlungschancen steigen. Marina P. erhält sie<br />
jedoch nicht, erläutert Trummel: „Die Bestätigung geht nur<br />
an Personen, die obdachlos oder in Wohnunterkünften<br />
untergebracht sind.“<br />
In der Beratungsstelle gibt es eine Warteliste. Wer wie Marina<br />
P. in die offene Sprechstunde kommt, wartet im Schnitt zwei<br />
bis vier Wochen, bis die intensive Beratung mit wöchentlichen<br />
oder 14-tägigen Terminen beginnen kann. 2012 mussten<br />
wie schon in den Vorjahren Anfragende abgewiesen<br />
werden, weil die Beratungsstelle überlastet war.<br />
Die Sozialpädagogen der Beratungsstelle<br />
brauchen Einfühlungsvermögen<br />
und Fachkenntnisse auf dem neuesten Stand.
10 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: WohnungsnotI<br />
Lothar L. nach dem Brand in<br />
seinem Gartenhaus – und in<br />
der Notunterkunft.
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 11<br />
Thomas P. sitzt auf dem einzigen<br />
Stuhl in seiner halbleeren<br />
Wohnung. Sein Mitbewohner ist<br />
ausgezogen. Selbst für Gebraucht-<br />
Möbel reicht das Geld nicht.<br />
Notgedrungen „zu Muttern“ umgezogen<br />
Jetzt erscheint Lothar L. in Trummels Büro. Er hat einen<br />
Termin, kommt schon seit Monaten zur Beratung. Ein hagerer<br />
älterer Mann in einer blauen Arbeits-Latzhose, wettergegerbtes<br />
Gesicht, zerfurchte Stirn. L. redet hastig. Der Schiffbauer<br />
arbeitete und wohnte im Harburger Hafen. Dann kam das<br />
Werften-Sterben, L. verlor den Job und die <strong>Werk</strong>swohnung,<br />
rutschte in Hartz IV, eine neue Bleibe fand er nicht. Er wohnte<br />
fortan in seinem Schrebergarten-Haus in Harburg-Neuland<br />
und putzte es heraus – sein ganzer Stolz. Vergangenen<br />
Herbst steckten Unbekannte das Häuschen in Brand, als<br />
L. nicht da war. Der Schock steckt ihm bis heute in den<br />
Knochen. Notgedrungen zog er „zu Muttern“, wie er erzählt.<br />
Er 59, sie 86. Und in deren Seniorenappartment hing er dann<br />
fest, kein Vermieter wollte ihn. Dabei hat L. keine Schulden.<br />
Seine Mutter fand die Situation mit dem Sohn auf dem Sofa<br />
in der Küche bald unerträglich. So blieb L. nur die Notunterkunft,<br />
ein Bett in einem Doppelzimmer. Aber heute hat<br />
Trummel gute Nachrichten für ihn: ein Wohnungsangebot!<br />
L.s Gesicht bleibt regungslos, aber er sagt leise: „Na, das ist<br />
doch mal eine andere Aussicht.“ Sollte es mit dem Mietvertrag<br />
klappen, will sich L. endlich operieren lassen, er hat<br />
kranke Nieren. „Das Wichtigste ist doch erst mal die Wohnung“,<br />
sagt er kategorisch. „Seien Sie pünktlich und hinterlassen<br />
Sie einen guten Eindruck“, ermahnt ihn Trummel.<br />
Einer wie L. hätte auf dem Wohnungsmarkt vor Jahren<br />
vielleicht selbst eine bescheidene Bleibe gefunden – anders<br />
als die meisten anderen Klienten der Beratungsstelle. Heute<br />
wird es allerdings sogar für die Beratungsstelle immer<br />
schwieriger, ihnen zu einer Wohnung zu verhelfen. Die<br />
Knapp heit an günstigen Wohnungen in <strong>Hamburg</strong> schlägt<br />
auch auf die Arbeit der Beratungsstelle durch und verzögert<br />
oder gefährdet den Beratungserfolg. Einzelne und Familien<br />
rutschen in die Wohnungslosigkeit, müssen in Notunterkünfte<br />
ziehen, weil zeitnah keine Ersatzwohnung organisiert werden<br />
kann. Trummel erklärt: „Damit entstehen neue Probleme für<br />
unsere Klienten. Das ist psychisch sehr belastend und für die<br />
Kinder kann es ein regelrechtes Trauma werden.“<br />
Trummels nächster Klient, Thomas P., hat Ärger mit seinem<br />
Vermieter, der SAGA. Er bezieht Hartz IV, und ein Jobcenter<br />
kürzte in den letzten Monaten mehrmals die Zahlungen, weil<br />
P. sich angeblich nicht korrekt krankgemeldet hatte. Er hat<br />
Mietschulden und für seine Wohnung liegt ein vollstreckbarer<br />
Räumungstitel vor, bei weiteren Mietschulden droht Wohnungsverlust.<br />
Trummel hat mit P. die Finanzen durchgesehen<br />
und mit dessen Berater beim Jobcenter telefoniert. Er wird<br />
für den schwer arthrosekranken Gabelstaplerfahrer Rente<br />
beantragen.
12 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: Wohnungsnotnhalt<br />
Hartz-IV-Empfänger mit schlechten Chancen<br />
Früher hieß es unter Vermietern: „Wir nehmen gern Arbeitslose<br />
oder Sozialhilfeempfänger, das Amt zahlt ja zuverlässig.“<br />
Doch das hat sich mit den Hartz-Reformen geändert.<br />
Sanktionen mit Kürzungen von 10 bis 100 Prozent gefährden<br />
bestehende Mietverhältnisse, denn sie können sich auch auf<br />
die Kosten der Unterkunft erstrecken und machen Hartz-IV-<br />
Bezieher zu eher unbeliebten Wohnungsbewerbern. Helmut<br />
Trummel, der Dienstälteste im Team, kann sich über die<br />
Konstruktionsfehler der Sozialgesetze immer noch aufregen:<br />
„Es ist doch sozialpolitisch widersinnig, wenn Menschen<br />
wegen der Sanktionen ihre Wohnung verlieren. Das widerspricht<br />
auch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Die<br />
Kosten für die Versorgung von Obdachlosen liegen um das<br />
Siebenfache höher als die Kosten der Prävention.“<br />
Zu Trummels Kollegin Martina Scholthaus kommt unterdessen<br />
Virginia V., ihre Familie hat Schulden, auch ihrer Wohnung<br />
droht die Zwangsräumung. Die Mutter von zwei Söhnen<br />
und einer Tochter wirkt angespannt. Wie viele Klienten nutzt<br />
sie die Möglichkeit der Geldverwaltung über die Beratungsstelle:<br />
Das Familieneinkommen wird auf ein Verwahrgeldkonto<br />
der Diakonie überwiesen, von dort geht die Miete an den<br />
Vermieter, und von dem restlichen Geld holt sich V. für ihren<br />
Bedarf Schecks ab. Martina Scholthaus hat mit ihr in den<br />
vergangenen Wochen systematisch alle Einnahmen und<br />
<strong>Ausgabe</strong>n in den Blick genommen, mit dem Vermieter<br />
gesprochen und mit den Gläubigern. Sie hat die Leistungsansprüche<br />
für Virginia V. überprüft, das machen sie in der<br />
Beratung immer. Es lohnt sich, denn die Berater finden oft<br />
Fehler in den Bescheiden. Virginia V. führt jetzt ein Haushaltsbuch.<br />
Wann wird der Stromabschlag fällig? Steht eine<br />
Anschaffung für die Kinder an? Sie sprechen alles genau<br />
durch, damit alle Zahlungstermine bedient werden können,<br />
allen voran die Miete. In angemessenen Portionen müssen<br />
außerdem die Schulden abgetragen werden. Warum geht es<br />
Mucharaff R. hat Arbeit und findet trotzdem keine Wohnung.<br />
in den Beratungen so viel um Schulden? Martina Scholthaus<br />
erläutert: „Weil die Miete als größter <strong>Ausgabe</strong>posten immer<br />
mit in den Strudel gerät, wenn ein Haushalt sich verschuldet.<br />
Und dann ist schnell die Wohnung gefährdet.“ Bei rund zwei<br />
Dritteln der Klienten, die Beratung suchen, besteht noch ein<br />
Mietvertrag.<br />
„Wir sind Zeugen von Verzweiflung und<br />
Resignation“<br />
Bei Familie V. läuft die finanzielle Sanierung gut, es ist sogar<br />
noch Geld vom letzten Monat übrig. Martina Scholthaus freut<br />
sich über jeden Erfolg ihrer Klienten und über jedes gerettete<br />
Mietverhältnis. Die Sozialpädagogin weiß: „Die Menschen<br />
würden nicht zu uns kommen, wenn ihnen das Wasser nicht
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 13<br />
bis zum Hals stünde. Die Scham ist viel zu groß!“ Ihr Ehrgeiz<br />
ist, den Klienten alle Hilfen zukommen zu lassen, die ihnen<br />
zustehen: „Wenn jemand dann wieder Licht am Ende des<br />
Tunnels sieht, ist dies eine sehr schöne Arbeit!“ Die beste<br />
Beratung nützt jedoch wenig, wenn sich am Ende keine<br />
Wohnung findet, unterstreicht Scholthaus: „Seit drei bis vier<br />
Jahren ist es deutlich schwieriger geworden, unsere Klienten<br />
in Wohnungen zu vermitteln. Wir werden hier Zeugen von<br />
Verzweiflung und Resignation. Wer keine Wohnung hat und<br />
keine Hoffnung, in absehbarer Zeit eine zu bekommen, der<br />
ist nicht in der Lage, sich um Arbeit, Gesundheit oder andere<br />
dringende Themen zu kümmern.“ 2012 konnte nur knapp die<br />
Hälfte der Klienten, die eine Wohnung suchten, mit Unterstützung<br />
der Beratungsstelle einen Mietvertrag unterschreiben.<br />
Im Büro von Johanna Wessels, der Jüngsten im Team, lernen<br />
wir Mucharaff R. kennen, einen ehemaligen „Sofaschläfer“.<br />
Das sind Menschen, die bei Freunden und Bekannten<br />
unterschlüpfen und in diesem Provisorium teilweise über<br />
Jahre leben. Oft ohne Postadresse, ohne Meldebestätigung,<br />
ohne Rückzugsmöglichkeit, ohne Sicherheit. Für die Berater<br />
eine schwierige Gruppe, denn diese Menschen erhalten<br />
keine Dringlichkeitsbestätigung.<br />
Der studierte Psychologe Mucharaff R. aus Nigeria arbeitet<br />
seit vier Jahren als Reinigungskraft in <strong>Hamburg</strong>. Unbefristeter<br />
Vertrag, keine Schulden – und findet trotzdem keine<br />
Wohnung. Er zog als inoffizieller Untermieter zu einem<br />
Bekannten auf die Veddel, holte seinen kleinen Sohn und<br />
seine Frau nach. Dann kam eines Morgens kein Wasser mehr<br />
aus dem Hahn. Der Bekannte hatte seine Rechnungen nicht<br />
bezahlt. Nach Anbruch der Dunkelheit zog R. mit zwei<br />
großen Kanistern los, um Wasser für seine Familie von einer<br />
Tankstelle zu holen. Er schämte sich. „In Afrika habe ich nie<br />
ohne fließend Wasser gewohnt“, sagt er mit einer Mischung<br />
aus Bitterkeit und Spott.<br />
Kleine, dezentrale Wohnprojekte – nur ein Traum?<br />
Dann hörte er von der Beratungsstelle. Johanna Wessels und<br />
ihre Kollegen sorgten dafür, dass die Familie in einer Notunterkunft<br />
in Billstedt unterkam. Jetzt hat er vorerst eine<br />
Bleibe, aber schon wieder neuen Ärger. Sein Arbeitgeber hat<br />
ihn freigestellt und zahlt nicht. Ein Rechtsanwalt ist eingeschaltet,<br />
und Johanna Wessels hilft R., einen Antrag beim<br />
Jobcenter zu stellen. Es gibt Probleme mit seiner in Spanien<br />
ausgestellten und EU-weit geltenden Arbeits- und Aufenthalts<br />
erlaubnis. Der zierliche Mann wirkt tapfer, aber er ist mit<br />
seinen Nerven am Ende. Auf dem kleinen runden Besprechungstisch<br />
rutschen Anträge und Briefwechsel durcheinander.<br />
Johanna Wessels atmet tief durch, beruhigt R. und<br />
versucht, den Überblick zu behalten. Sie telefoniert mit dem<br />
Anwalt. R. weist leise darauf hin, dass er nur noch fünf Euro<br />
auf dem Konto hat. Wovon soll er leben, bis in frühestens drei<br />
Wochen das Geld vom Jobcenter kommt? Wessels schreibt<br />
ihm die Adresse einer „Tafel“ auf, die Lebensmittel an<br />
Bedürftige abgibt, und händigt drei HVV-Fahrscheine zur<br />
Erledigung von Behördengängen aus. R. ist dankbar für die<br />
Hilfe und zugleich bedrückt, dass er sie so dringend benötigt.<br />
Dann verabschieden sie sich.<br />
Wessels resümiert: „Wir haben ein Sozialsystem, dessen<br />
Mitarbeiter Ansprüche häufig erst einmal reflexartig abwehren.<br />
Die Anträge sind kompliziert, die Zuständigkeiten<br />
unüber sichtlich, bei Sprachproblemen gibt es keine Hilfe.<br />
Wenn wir unsere Klienten unterstützen, geht plötzlich vieles.“<br />
Mit einem Teil ihrer Stelle ist Wessels für die Straßensozialarbeit<br />
zuständig. Wir begleiten sie auf einem Rundgang.<br />
„Ich spreche nur diejenigen an, die Platte machen“, sagt<br />
Wessels. Einer, den sie kennt, fährt auf einem Fahrrad vorbei,<br />
an dem vollgestopfte Plastiktüten baumeln. In der Fußgängerzone<br />
geht Wessels auf eine Gruppe Roma zu, die einen<br />
Infoflyer nehmen.
14 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: Wohnungsnot<br />
Seit Jahren hat Mucharaff R. in<br />
<strong>Hamburg</strong> gearbeitet, Steuern und<br />
Sozialabgaben gezahlt. Jetzt gibt es<br />
Probleme mit der Arbeitsgenehmigung.<br />
Auch das ist Thema im Beratungsgespräch.<br />
Wir gehen an Shoppingcenter und Phoenix-Fabrik vorbei und<br />
kommen zu einer alten Lagerhalle. Vineyard <strong>Hamburg</strong>, eine<br />
christliche Gemeinde, lädt dort einmal pro Woche Arme und<br />
Obdachlose zum Abendessen ein. Es sind manche darunter,<br />
denen auch die Beratungsstelle nicht helfen konnte. Die es<br />
vielleicht nie geschafft haben, sich Hilfe zu suchen oder<br />
irgendwann abgesprungen sind. Je länger sie auf der Straße<br />
leben, desto weniger Aussicht haben sie, jemals wieder in<br />
Soziale Beratungsstelle Harburg<br />
Zur Seehafenbrücke 20<br />
21073 <strong>Hamburg</strong><br />
Telefon 040 309536-0<br />
bs-harburg@diakonie-hamburg.de<br />
www.beratungsstelle-harburg.de<br />
Träger sind das Diakonie-Hilfswerk und die Heilsarmee.<br />
Finanziert wird die einzelne Beratung von der Fachstelle<br />
für Wohnungsnotfälle im Bezirk.<br />
eine normale Wohnung zurückzukehren. Über die Straßensozialarbeiterin<br />
versucht die Beratungsstelle trotzdem, mit<br />
ihnen in Kontakt zu bleiben. „Man bräuchte kleine, dezentrale<br />
Wohnprojekte“, meint Johanna Wessels. Aber das sind<br />
Träume. Realität ist: Aktuell ist es in <strong>Hamburg</strong> sogar schwierig,<br />
einen Platz in den überfüllten Notunterkünften zu erhalten.<br />
è<br />
Zwei Monate später: Lothar L. hat mit Unterstützung der<br />
Beratungsstelle tatsächlich eine kleine Hochhauswohnung<br />
gefunden – und feiert dort seinen 60. Geburtstag.<br />
Thomas P. ist krankgeschrieben und lebt in seiner bisherigen<br />
Wohnung; weitere Sanktionen des Jobcenters sind ausgeblieben.<br />
Mucharaff R. kämpft weiter um die Anerkennung seiner<br />
Aufenthaltsgenehmigung; solange zahlen weder sein Arbeitgeber<br />
noch das Jobcenter; und einen Mietvertrag bekommt<br />
er auch nicht.
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 15<br />
Viele Facetten eines Problems<br />
Wohin nach dem Frauenhaus?<br />
„Es ist sehr schwierig: Einige Frauen sprechen wenig<br />
Deutsch, sind lange arbeitslos, haben keine finanziellen<br />
Ressourcen und kein unterstützendes Netzwerk. Sie sind<br />
oft alleinerziehend mit mehreren Kindern, was ebenfalls ein<br />
Nachteil bei der Wohnungssuche sein kann. Bei nicht-deutschen<br />
Frauen kommt die Frage nach dem Aufenthaltstitel<br />
hinzu. Die Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaften sind<br />
kaum über die Frauenhäuser informiert und lehnen Bewerbungen<br />
von Frauen aus unseren Einrichtungen oft ab. Von<br />
August 2012 bis Juni <strong>2013</strong> konnten wir 19 Frauen bei der<br />
Wohnungssuche helfen, zehn davon haben eine Wohnung<br />
gefunden. Die Wohnungsnot führt dazu, dass Frauen und<br />
ihre Kinder länger im Frauenhaus bleiben, als notwendig<br />
wäre. Dadurch blockieren sie die Plätze für andere, die akut<br />
von häuslicher Gewalt betroffen sind.“<br />
Matilde Heredia arbeitet im Frauenhaus der Diakonie.<br />
„Housing First“ – zuerst eine Wohnung<br />
„Seit mehreren Jahren bekommen wir für die von uns<br />
betreuten Obdachlosen nur sehr eingeschränkt Wohnungen.<br />
Deshalb sind einige gezwungen, bis zu sechs Jahre in<br />
unseren Containern zu wohnen, das ist unverantwortlich! Die<br />
Nachfrage steigt stark an, so viele Leute können wir gar nicht<br />
aufnehmen. Die Straßensozialarbeiter stehen mit leeren<br />
Händen da, denn die Notunterkünfte sind voll. Ich arbeite seit<br />
mehr als 20 Jahren in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe<br />
und habe „Neue Wohnung“ mitgegründet. Wir sind zu der<br />
Überzeugung gelangt, dass wir in dieser Situation selbst<br />
bauen müssen. Bauherrin und Vermieterin ist unsere Mitgesellschafterin,<br />
die Benno und Inge Behrens-Stiftung. Sie<br />
errichtete in einer Baulücke an der Stresemannstraße ein<br />
Haus mit 16 Sozialwohnungen, die seit Juli bezogen wurden.<br />
Wir gehören damit zu den ersten, die in <strong>Hamburg</strong> „Housing<br />
First“ anbieten, weil wir glauben, dass obdachlose Menschen<br />
nicht in Massenunterkünften leben sollten. Sie brauchen eine<br />
Wohnung, dann können sie, wenn nötig, Hilfsangebote<br />
annehmen und sich um Gesundheit, Finanzen und Arbeit<br />
kümmern. Wir lassen das Projekt wissenschaftlich begleiten.<br />
Vielleicht folgen weitere Neubauten. Wir hoffen auf Nachahmer,<br />
damit Menschen von der Straße zurück in Wohnungen<br />
kommen! Und es braucht eine Renaissance des sozialen<br />
Wohnungsbaus.“<br />
Michael Struck ist Projektleiter bei der gemeinnützigen<br />
GmbH „Neue Wohnung“.<br />
Behindertenhilfe als Vermieter<br />
wider Willen<br />
„Es ist erklärtes Ziel der Stadt <strong>Hamburg</strong>, dass Menschen mit<br />
Behinderung oder zumindest ein beträchtlicher Teil von ihnen<br />
in Wohnungen und in kleinen Wohngemeinschaften überall<br />
in der Stadt leben. Aber Menschen mit Behinderung werden<br />
von den meisten Vermietern offen oder indirekt als Hauptmieter<br />
einer Wohnung abgelehnt, übrigens auch von der<br />
SAGA GWG. So drängt die Wohnungsnot den Trägern der<br />
Behindertenhilfe eine neue Rolle auf. Sie werden zu Zwischenmietern,<br />
die an ihre Klienten untervermieten. Sie<br />
werden aus der Not heraus zu Immobilienverwaltern. Sie<br />
tragen Aufwand, Verantwortung und finanzielles Risiko<br />
– bisher ohne Möglichkeit der Refinanzierung. Hinzu kommt:<br />
Die Mieten in Neuverträgen sind mittlerweile so hoch, dass<br />
innerhalb der Richtwerte für die Kosten der Unterkunft<br />
selbst für die Träger und selbst in den Randlagen kaum noch<br />
geeigneter Wohnraum zu finden ist.<br />
Unter der Wohnungsnot leiden besonders diejenigen, die<br />
nach einem längeren stationären Krankenhausaufenthalt<br />
eine neue Wohnung brauchen. Längst nicht alle haben<br />
rechtzeitig Kontakt mit einem Träger. Auf sich allein gestellt<br />
sind sie chancenlos. So geraten manche Menschen nach<br />
einer Zeit in der Psychiatrie direkt in Wohnungslosigkeit.“<br />
Rainer Rißmann ist im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong><br />
zuständig für den Bereich Soziale Teilhabe.
16 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: Wohnungsnot<br />
Fakten zur Wohnungsnot<br />
Wachsende Stadt<br />
Von den 1,8 Millionen <strong>Hamburg</strong>ern wohnen 80 % zur Miete<br />
in 645.000 Mietwohnungen (Stand 2010). Bis 2030 soll die<br />
Bevölkerung weiter wachsen. In den vergangenen zehn<br />
Jahren sind mehr als 70.000 Neubürger hinzugekommen.<br />
Steigende Mieten<br />
Bei Neuverträgen sind die Mieten in den vergangenen fünf<br />
bis sieben Jahren, je nach Berechnung, zwischen 19 und<br />
mehr als 30 % gestiegen. Bei aktuellen Angeboten liegen die<br />
Quadratmeterpreise Studien zufolge zwischen 9,30<br />
und 11,59 Euro. Besonders stark steigen die Mieten in<br />
eher ärmeren Stadtteilen wie Hamm, Borgfelde, Barmbek.<br />
Die Bestandsmieten gehen ebenfalls nach oben.<br />
Viele Wohnungsunternehmen und Makler verlangen, dass die<br />
(Warm-)Miete nicht mehr als 25 oder 30 % des Nettoeinkommens<br />
ausmachen soll. Im unteren Einkommensfünftel<br />
zahlen Mieterhaushalte im Durchschnitt jedoch um die<br />
40 % ihres Haushaltseinkommens für Miete und kalte Nebenkosten,<br />
hinzu kommen noch Heizung und Warmwasser.<br />
Weniger Sozialwohnungen<br />
Sozialwohnungen sind mit staatlicher Förderung gebaute<br />
Mietwohnungen, die einer Mietpreisbindung unterliegen.<br />
Voraussetzung für die Anmietung ist der Wohnberechtigungsschein<br />
(§ 5-Schein). Unter den Inhabern dieses<br />
Scheins kann der Vermieter einer Sozialwohnung frei wählen.<br />
Die Hälfte der <strong>Hamburg</strong>erinnen und <strong>Hamburg</strong>er bleibt<br />
unterhalb der Einkommensgrenze für den Wohnberechtigungsschein.<br />
Mitte der 1970er-Jahre gab es in <strong>Hamburg</strong> ca. 400.000<br />
Sozialwohnungen. Doch sie bleiben meist nur 20 bis 30<br />
Jahre in der Preisbindung. Im Jahr 2000 waren es noch<br />
167.000 Sozialwohnungen. Heute liegt die Zahl bei knapp<br />
100.000. Bis zum Jahr 2020 wird sie voraussichtlich weiter<br />
sinken auf knapp 60.000 Sozialwohnungen.<br />
Allein um den Verlust von Sozialwohnungen zu stoppen,<br />
bräuchte <strong>Hamburg</strong> bis 2020 mindestens 4.000 neue<br />
Sozialwohnungen pro Jahr – und nicht nur 2.000, wie<br />
derzeit geplant.<br />
SAGA GWG<br />
Die Gemeinnützige Siedlungs-Aktiengesellschaft Altona<br />
(SAGA) fusionierte 1999 mit der GWG, einem gewerkschaftsnahen<br />
Wohnungsunternehmen. Die SAGA GWG befindet sich<br />
im Eigentum der Stadt, Aufsichtsratsvorsitzende ist qua Amt<br />
die Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt. Der Konzern<br />
SAGA GWG verfügt über rund 130.000 Wohnungen,<br />
davon gut 50.000 mit Mietpreisbindung. 2012 hat die SAGA<br />
GWG einen Gewinn von 175,5 Millionen Euro erwirtschaftet,<br />
27 Millionen mehr als 2011. Die Zahl der Neuvermietungen<br />
bei der SAGA GWG ist 2012 auf 8.901 Wohnungen<br />
zurückgegangen – ein Minus von 9 %.<br />
Von den Neuvermietungen der SAGA GWG ging 2012<br />
weniger als ein Fünftel an Menschen mit Dringlichkeitsschein<br />
oder Dringlichkeitsbestätigung.<br />
Neubau<br />
Mit dem „Bündnis für das Wohnen“ von 2011 haben der<br />
<strong>Hamburg</strong>er Senat und Vertreter der Wohnungswirtschaft<br />
vereinbart, jährlich 6.000 Wohnungen neu zu bauen.<br />
2.000 davon sollen geförderte Wohnungen sein.<br />
Arme und benachteiligte Haushalte profitieren<br />
wenig vom Bau neuer Wohnungen. Die freiwerdenden<br />
Wohnungen werden überwiegend nicht von den Einkommensschwächsten,<br />
sondern von solventeren Mietern übernommen.<br />
Wohnungsneubau ist dennoch unbedingt notwendig, vor<br />
allem der Bau günstiger Miet- und Sozialwohnungen.<br />
Bis 2030, so eine aktuelle Studie, müssen in <strong>Hamburg</strong><br />
90.000 Wohnungen gebaut werden, um den Zuzug und die<br />
steigende Zahl der Haushalte versorgen zu können.<br />
Kosten der Unterkunft<br />
Wer Arbeitslosengeld II oder Hilfe zum Lebensunterhalt
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 17<br />
„Wohn-Horror“: Beim Kirchentag<br />
lockte die Diakonie mit<br />
einer interaktiven „Gruseltour“<br />
auf dem Jungfernstieg viele<br />
Besucher an.<br />
bezieht, für den übernimmt das Jobcenter die Kosten der<br />
Unterkunft, ebenso bei Aufstockern und Rentnern mit<br />
geringer Rente. Je nach Haushaltsgröße gibt es Richtwerte<br />
zur Höhe der Kaltmiete. Diese werden in der Praxis<br />
häufig wie Höchstwerte behandelt. Wohnungssuchende<br />
scheitern häufig am Jobcenter, das seine Einverständnis<br />
verweigert.<br />
Wenn die Miete über dem Richtwert liegt, fordert das<br />
Jobcenter auf, die Wohnkosten zu senken. Das ist meist nur<br />
durch einen Umzug möglich. Die Chancen, eine Wohnung<br />
unterhalb des Richtwertes zu finden, sind jedoch gering.<br />
Schulden<br />
Fast alle Vermieter überprüfen inzwischen, ob Wohnungsinteressenten<br />
einen negativen Schufa-Eintrag haben. In<br />
<strong>Hamburg</strong> hatten laut Schufa-Kreditkompass im vergangenen<br />
Jahr 9,8 % aller in der Datenbank erfassten Haushalte<br />
mindestens ein Negativmerkmal. Damit wird es extrem<br />
schwer, eine Wohnung zu finden.<br />
Bereits zwei nicht gezahlte Monatsmieten können zur<br />
Kündigung des Vertrags durch den Vermieter führen.<br />
4.428 Räumungsklagen und 1.590 Zwangsräumungen von<br />
Mietwohnungen gab es 2012 in <strong>Hamburg</strong>. Wenn sich Betroffene<br />
rechtzeitig beraten lassen, kann die Zwangsräumung<br />
oft verhindert werden.<br />
Wohnungs- und Obdachlosigkeit<br />
Während in vielen deutschen Städten die Wohnungs- und<br />
Obdachlosigkeit abnimmt, stagniert sie in <strong>Hamburg</strong> auf<br />
hohem Niveau. Mehr als 5.600 Menschen sind ohne
18 Jahresbericht <strong>2013</strong> Schwerpunkt: Wohnungsnot<br />
eigene Wohnung (Stand April 2012): 2.818 in städtischen<br />
Unterkünften, 1.583 wohnberechtigte Zuwanderer, etwa 250<br />
in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und 1.026 obdachlos<br />
auf der Straße (Zählung 2009). Nicht mitgerechnet sind<br />
3.656 „nicht wohnberechtigte“ Zuwanderer (Stand April 2012)<br />
in den Unterkünften. Die Zahl der verdeckt und versteckt<br />
Wohnungslosen ist unbekannt.<br />
2011 hatten 6.738 Haushalte einen Dringlichkeitsschein,<br />
weil sie z. B. wegen Krankheit oder aus anderen schwerwiegenden<br />
Gründen nicht in der Lage waren, sich selbst eine<br />
angemessene Wohnung zu suchen. Gut 2.000 Dringlichkeitsschein-Inhaber<br />
erhielten 2011 eine Wohnung. Wer obdachlos<br />
ist oder in einer Notunterkunft lebt, erhält eine Dringlichkeitsbestätigung,<br />
1.767 wurden 2011 ausgestellt. Das<br />
Dokument gilt unbefristet. Die im gleichen Jahr stattgefundenen<br />
knapp 1.355 Vermittlungen reichten nicht, um diese<br />
Notfälle zu versorgen. Hinzu kommen „Altfälle“: Menschen,<br />
die schon länger als ein Jahr mit einer Dringlichkeitsbestätigung<br />
auf eine Wohnung warten.<br />
In einem Kooperationsvertrag mit der Stadt haben sich<br />
2005 die SAGA GWG sowie zehn Wohnungsgenossenschaften<br />
verpflichtet, zusammen jährlich ca. 1.200 Wohnungen für<br />
wohnungslose Haushalte zur Verfügung zu stellen. Bis heute<br />
sind jedoch etwa 4.000 Wohnungen weniger als vereinbart<br />
an wohnungslose Haushalte vermittelt worden.<br />
Antworten auf häufige Fragen und ein Glossar zum Thema<br />
Wohnungsnot finden Sie unter:<br />
www.diakonie-hamburg.de/wohnungsnot<br />
Quellen: <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>; Mieterverein zu<br />
<strong>Hamburg</strong>; Senatsdrucksachen: 20/4588, 20/6842, 20/917;<br />
F+B Wohnindex Deutschland <strong>2013</strong>, Quartalsbericht I-<strong>2013</strong>;<br />
Gymnasium Ohmoor: Wohnungsmarkt HH <strong>2013</strong>; SAGA GWG<br />
Geschäftsbericht 2012; Haspa, Institut für Weltwirtschaft<br />
(Hg.), <strong>2013</strong>: L(i)ebenswertes <strong>Hamburg</strong>. Wohnen heute und in<br />
Zukunft; BASFI, 2012: Gesamtkonzept für die Wohnungslosenhilfe<br />
in <strong>Hamburg</strong>; Bertelsmann-Stiftung, <strong>2013</strong>: Wohnungsangebot<br />
für arme Familien in Großstädten. Eine<br />
bundesweite Analyse am Beispiel der 100 einwohnerstärksten<br />
Städte; Statistisches Amt für <strong>Hamburg</strong> und Schleswig-<br />
Holstein: Wohnsituation 2010.<br />
So hilft die Diakonie<br />
Tagesaufenthaltsstätte und Beratungsstelle, stationäre<br />
Einrichtung und Straßenmagazin – zur Diakonie in<br />
<strong>Hamburg</strong> gehören zahlreiche Hilfsangebote bei<br />
Wohnungslosigkeit. Hier eine Auswahl – die vollständige<br />
Liste: www.diakonie-hamburg.de -> Rat & Hilfe -><br />
Wohnungslos -> Weitere Angebote<br />
Diakonie-Zentrum für Wohnungslose mit Mitternachtsbus,<br />
Hausärztlicher Sprech stunde, Straßensozialarbeit<br />
und Tagesaufenthaltsstätte<br />
www.diakonie-zentrum-wohnungslose.de<br />
Tagesaufenthaltsstätte Herz As<br />
www.herzashamburg.de<br />
Tagesaufenthaltsstätte Mahlzeit, Billrothstr. 79, Altona<br />
Soziale Beratungsstelle <strong>Hamburg</strong>-Mitte<br />
www.wohnungsnotfallhilfe-hamburg.de<br />
Ämterlotsen (Begleitung bei Behördengängen)<br />
www.aemterlotsen.de<br />
Schuldnerberatung<br />
www.schuldnerberatung-hamburg.de<br />
Haus Jona (Übernachtungshaus)<br />
www.stadtmission-hamburg.de -> Unser Angebot -><br />
Haus Jona<br />
Jakob-Junker-Haus (stationäre Einrichtung)<br />
www.heilsarmee.de/jakobjunkerhaus<br />
Bodelschwingh-Haus (stationäre Einrichtung)<br />
www.bodelschwingh-haus-hamburg.de<br />
Integrationshilfen e. V.<br />
www.integrationshilfen-hamburg.de<br />
Straßenmagazin Hinz&Kunzt<br />
www.hinzundkunzt.de
Schwerpunkt: WohnungsnotI Jahresbericht <strong>2013</strong> 19<br />
Das fordert die Diakonie<br />
Die Wohnungsnot in <strong>Hamburg</strong> betrifft besonders Hartz-IV-Empfänger, Menschen mit Behinderungen und<br />
andere Benachteiligte. Wohnungsneubau hilft erst in einigen Jahren, doch schon hier und heute sind in<br />
unserer Stadt mehr als 5.000 Menschen wohnungslos: Sie leben auf der Straße, in Notunterkünften oder<br />
müssen sich jede Nacht eine neue Bleibe bei Freunden und Bekannten suchen. Die Stadt könnte sofort<br />
handeln, um die Wohnungsnot zu verringern. Dies sind die Forderungen der Diakonie:<br />
1. SAGA GWG in die Pflicht nehmen<br />
Jede zweite Neuvermietung der SAGA GWG muss an<br />
vor dringlich Wohnungssuchende erfolgen, also 4.500<br />
Wohnungen im Jahr. Davon sind 2.000 Wohnungen an<br />
wohnungslose Haushalte zu vermieten. SAGA GWG ist nicht<br />
dazu da, den <strong>Hamburg</strong>er Haushalt zu sanieren. Der soziale<br />
Versorgungsauftrag muss erste und oberste Verpflichtung<br />
sein.<br />
2. Verträge sind einzuhalten<br />
Der Senat darf nicht weiter wegschauen, sondern muss<br />
Vertragsverstöße sanktionieren. Zumindest muss vertragswidriges<br />
Verhalten öffentlich gemacht werden. Die Wohnungswirtschaft<br />
inklusive SAGA GWG hat nicht so viele<br />
Wohnungen bereitgestellt, wie 2005 im Kooperationsvertrag<br />
mit der Stadt zugesagt; die Unternehmen stehen mit 4.000<br />
Wohnungen im Verzug. Diese Zahl muss auf alle aktuellen<br />
Vereinbarungen aufgeschlagen werden.<br />
3. Diskriminierende Praktiken einstellen<br />
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss auch auf<br />
dem Wohnungsmarkt durchgesetzt werden. Zumindest dort,<br />
wo es Kooperationsverträge zwischen der Stadt und der<br />
Wohnungswirtschaft gibt, dürfen negative Schufa-Einträge<br />
kein Hinderungsgrund für eine Anmietung sein.<br />
4. Angemessene Richtwerte für die<br />
„Kosten der Unterkunft“<br />
Die Richtwerte müssen so beschaffen sein, dass es gelingen<br />
kann, eine Wohnung zu finden. Nach Berechnungen des<br />
empirica-Instituts müssten sie in <strong>Hamburg</strong> zum Beispiel für<br />
einen Einpersonenhaushalt bei etwa 390 Euro liegen – statt<br />
aktuell bei 327 Euro. Die Richtwerte sind keine „Höchstwerte“.<br />
Abweichungen sind daher keine Ausnahme, die<br />
vorhandenen Ermessensspielräume müssen ausgeschöpft<br />
werden.<br />
Landespastorin Annegrethe<br />
Stoltenberg übergibt dem<br />
Ersten Bürgermeister Olaf<br />
Scholz einen Fotoband mit<br />
fast 2.000 Porträts. Die<br />
Bilder entstanden beim<br />
Kirchentag und dokumentieren<br />
die breite Unterstützung<br />
für die<br />
wohnungs politischen<br />
Forderungen der<br />
Diakonie.
20 Jahresbericht <strong>2013</strong> <strong>Hamburg</strong> violett<br />
<strong>Hamburg</strong> violett<br />
Fröhlich, handfest und politisch – Akzente der<br />
Diakonie beim Kirchentag <strong>2013</strong><br />
Am Jungfernstieg: Gesicht zeigen gegen die Wohnungsnot.<br />
Am Gänsemarkt: Infos aus erster Hand über soziale Berufe.<br />
Und in der HafenCity: Auftakt mit „himmlischen“ Begegnungen.<br />
Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Mai<br />
war die Diakonie im Herzen der Stadt präsent und setzte<br />
viele Akzente in violett. Etwa beim Auftritt von FSJ-lerinnen<br />
und FSJ-lern mit dem Bundesjugendballett. Oder bei der<br />
Renovierung von Kirchenkaten für Obdachlose. Zwischen<br />
den Veranstaltungsorten pendelten die Busse der LilaLinie.<br />
Mehr Infos, mehr Bilder: www.diakonie-hamburg.de/web/<br />
kirchentag/
<strong>Hamburg</strong> violett Jahresbericht <strong>2013</strong> 21
22 Jahresbericht <strong>2013</strong> Interview mit Landespastorin Stoltenbergnhalt<br />
Inhalt<br />
„... weil Menschen mich gesehen haben“<br />
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg blickt<br />
zum Ende ihrer Amtszeit<br />
auf prägende Begegnungen zurück<br />
Was bedeutet es für Sie, bei der Diakonie zu arbeiten? Ich<br />
erzähle dann, dass ich schon mal aus der Kirche ausgetreten<br />
war. Daraus entwickeln sich oft sehr persönliche Gespräche.<br />
Annegrethe Stoltenberg ist in Glaubensdingen ihren eigenen<br />
Weg gegangen. Mit 18 sagt sie dem Pastor, den sie aus der<br />
Jugendarbeit schätzt: „Ich glaube nicht, dass ich glaube“<br />
– und tritt aus der Kirche aus. 14 Jahre später – sie hat<br />
inzwischen ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben und begonnen,<br />
evangelische Theologie zu studieren – besucht sie den<br />
Pastor erneut. Mit den Worten „Ich glaube doch, dass ich<br />
glaube“ tritt sie wieder ein. Der Pastor zeigt Verständnis:<br />
Zwischen 20 und 30 solle man ohnehin die Welt erobern, nicht<br />
die Kirche. Das holt die Theologiestudentin dann bald nach.<br />
Aber blicken wir noch einmal zurück auf prägende Begegnungen<br />
in der Kindheit. Annegrethe Stoltenberg erzählt von<br />
ihrem Vater und von einer Lehrerin am Gymnasium Oberalster.<br />
Wir treffen die Landespastorin in ihrer Wohnung in Ottensen,<br />
wo sie und ihr Mann seit einem halben Jahr leben. Das Thema<br />
Begegnungen ist ihr Wunsch für dieses Interview. Die 63-Jährige<br />
erzählt persönlich, humorvoll und offen. Das fällt in der<br />
privaten Umgebung leicht. Zu leicht? Hinterher hat Annegrethe<br />
Stoltenberg Sorgen, ob die beruflichen Fragen, die<br />
Anliegen der Diakonie zu kurz gekommen sind. Aber der<br />
Themenwunsch passt zu ihr: Sie steht ja im Beruf mit ihrer<br />
ganzen Person ein, und es ist ihre besondere Fähigkeit, neben<br />
den Sachthemen auch die Kommunikations- und Beziehungsebene<br />
zu sehen.<br />
Einmal im Jahr lädt die <strong>Hamburg</strong>er Diakonie zum „Abend der<br />
Begegnung“ ein. Das müsste eigentlich Ihre Erfindung sein ...<br />
Nein, den „Abend der Begegnung“ gab es vorher schon. Aber<br />
die Idee könnte tatsächlich von mir sein ... (lacht).<br />
Sie laden jeden neuen Mitarbeiter, jede neue Mitarbeiterin im<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong> zum Gespräch ein. Warum?<br />
Ich möchte wissen, welche Menschen bei uns im Haus<br />
arbeiten. Und die Mitarbeitenden sollen wissen, welcher<br />
Mensch dieses Haus leitet. Eine Frage stelle ich dabei immer:<br />
Was hat Ihr Vater Ihnen vermittelt?<br />
Mein Vater war Jurist und hatte 1933 seine Ausbildung zum<br />
Richter abgebrochen, weil er überzeugt war, dass man in<br />
einem Unrechtssystem nicht Recht sprechen kann. Mir hat er<br />
vermittelt: Gerechtigkeit ist ein entscheidendes Ziel. Und: Man<br />
muss jederzeit bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und<br />
politisch zu handeln. In meiner Kindheit in den 1950er-Jahren<br />
war die Auseinandersetzung mit dem Faschismus eine<br />
Konstante in unserer Familie. Dass nicht alle Kinder so<br />
aufwachsen wie mein Bruder und ich, stellte ich verwundert<br />
fest, als ich mal bei einer Freundin zu Besuch war: Da erstarrte<br />
das Gespräch beim Abendessen, als es um die NS-Zeit<br />
ging.<br />
Was hat Sie an Ihrer Lehrerin beeindruckt?<br />
Sie unterrichtete uns ab der 8. Klasse in Mathe und Physik<br />
– und plötzlich wurden alle Mädchen besser in diesen Fächern.<br />
Sie brachte uns Programmieren bei und ermunterte<br />
uns zum Engagement, zum Beispiel bei der Schülerzeitung<br />
und Schülermitverwaltung. Und auch sie fand: Man muss an<br />
seinem Platz Verantwortung übernehmen. Inzwischen ist sie<br />
über 80, wir sind immer noch befreundet.
Interview mit Landespastorin Stoltenberg Jahresbericht <strong>2013</strong> 23<br />
Nach dem Abitur 1969 studiert Annegrethe Stoltenberg<br />
Erziehungswissenschaften, Germanistik und einige Semester<br />
Politologie, um Volks- und Realschullehrerin zu werden. Mit<br />
24 fängt sie an der Gewerbeschule für Kfz-Mechaniker an –<br />
als erste Lehrerin unter 120 männlichen Kollegen. Nach zwei<br />
Jahren vertraut ihr der Senat ein Modellprojekt für junge<br />
erwachsene Arbeitslose an, die ihren Hauptschulabschluss<br />
nachholen sollten. Die Studienrätin schafft auch das, gerät<br />
aber an den Rand ihrer Kraft und ihres Idealismus. Sie lässt<br />
sich beurlauben, reist ein halbes Jahr durch Asien und kündigt<br />
die sichere Stelle als Beamtin: „Wie ich den Mut dazu hatte,<br />
weiß ich heute noch nicht.“<br />
Beruflich wie privat gern mit dem Rad unterwegs:<br />
Diakonie-Chefin Annegrethe Stoltenberg.<br />
An der theologischen Fakultät in <strong>Hamburg</strong> wird die 30-Jährige<br />
mit offenen Armen empfangen. ‚Menschen mit Lebenserfahrung<br />
wie Sie brauchen wir hier’, heißt es. Neben dem Studium<br />
unterzieht sie sich einer Psychoanalyse nach C. G. Jung,<br />
später folgt eine Psychodrama-Ausbildung.<br />
Nach dem Vikariat in <strong>Hamburg</strong>-Langenhorn und einigen<br />
Monaten als Pastorin am Michel wechselt Annegrethe<br />
Stoltenberg 1989 ins Kirchenamt der EKD in Hannover – als<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Studien- und Planungsgruppe.<br />
Doch schon im ersten Jahr steigt sie zur Leiterin der<br />
Bildungsabteilung und Oberkirchenrätin auf. Mit 40 Jahren<br />
wird sie im Kollegium des Kirchenamtes das jüngste Mitglied<br />
überhaupt, außerdem ist sie die erste Frau.<br />
Diesem Karrieresprung war ja eine beunruhigende Begegnung<br />
vorausgegangen ...<br />
Ja, in der wöchentlichen Andacht im Kirchenamt glitt der Redner<br />
plötzlich in eine Psychose ab, seine Ausführungen wurden<br />
immer wirrer und beängstigender. Aber niemand unternahm<br />
etwas, keiner der hochrangigen Theologen und Juristen. Bis<br />
ich aufstand, den Redner unterbrach und ihn um ein Segenswort<br />
bat, das ihn und uns alle beruhigt. Eigentlich undenkbar<br />
für eine Assistenzreferentin! Danach dachten wohl alle, dass<br />
ich leiten kann, weil ich als Einzige gehandelt habe. Aber ich<br />
gehe da nicht mit Absicht vor. Ich spüre in dem Moment: Das<br />
ist richtig.
24 Jahresbericht <strong>2013</strong> Interview mit Landespastorin Stoltenbergnhalt<br />
die Diakonie muss wirtschaftlich erfolgreich sein, aber wir<br />
arbeiten eben nicht für eine hohe Rendite. Gemeinwohlorientierung<br />
ist nach meiner Überzeugung entscheidend für eine<br />
solidarische und plurale Gesellschaft. Solidarität und Subsidiarität<br />
gehören strukturell zusammen. Sonst müsste ja alles im<br />
Bereich der Daseinsvorsorge staatlich werden – und das<br />
passt nicht zu unserer Demokratie und zu unserer pluralen<br />
Gesellschaft. Denken Sie nur an all die Menschen, die wir als<br />
engagierte Ehrenamtliche und Freiwillige gewinnen, eben weil<br />
wir nicht staatlich oder privat sind. Was für ein Schatz für<br />
unsere Gesellschaft!<br />
Eine Gabe, die Sie auf Ihrem gesamten beruflichen Weg<br />
begleitet hat?<br />
Ja, ich habe mich jedenfalls nie als Karrierfrau empfunden. Oft<br />
haben andere etwas in mir gesehen, was mir selbst noch<br />
nicht bewusst war. Das wird mir auch in diesem Rückblick<br />
noch einmal deutlich: Wie beschenkt ich bin, weil Menschen<br />
mich gesehen haben!<br />
Seit 2000 leiten Sie das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>. Die<br />
wichtigsten Begegnungen in diesem Amt?<br />
Vor allem habe ich viele, viele engagierte Diakonie-Mitarbeitende<br />
kennengelernt. Unmöglich, sie hier einzeln aufzuzählen!<br />
Für all diese Begegnungen, die meinen Horizont erweitert<br />
haben, bin ich sehr dankbar. Natürlich ganz besonders für die<br />
vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit mit meinen<br />
wunderbaren Vorstandskollegen!<br />
Beeindruckt hat mich auch die Vielfalt der Lebenswelten,<br />
denen ich in diesem Amt begegnet bin: Nach einem Empfang<br />
im Rathaus oder dem Meeting im Überseeclub treffe ich auf<br />
der Straße einen Hinz&Kunzt-Verkäufer, der mich mit Handschlag<br />
begrüßt – wo gibt es das sonst?<br />
Welches Thema war in dieser Zeit zentral für Sie?<br />
Vor allem habe ich die Gemeinwohlorientierung der Diakonie<br />
und der anderen Wohlfahrtsverbände schätzen gelernt. Auch<br />
Als Herausgeberin des Straßenmagazins Hinz&Kunzt saßen<br />
Sie 2007 auf einem Podium neben dem Dalai Lama. Eine<br />
erfreuliche Begegnung?<br />
Auf jeden Fall! Er saß barfuß mit untergeschlagenen Beinen<br />
da, berührte meinen Arm und fragte, ob ich auch genug zu<br />
trinken habe. Und er lachte viel. Eine entwaffnende Ausstrahlung,<br />
man entspannt sofort.<br />
Wir sprechen dann noch über Humor als Führungskompetenz<br />
(„unabdingbar“), die Kunst, mit freundlichem Getuschel<br />
kirchliche Sitzungen aufzulockern, und über eine Begegnung<br />
im ICE von Frankfurt nach Hannover – mit einem Physiker aus<br />
der Erdgasbranche, den sie vier Jahre später, mit 50, heiratete.<br />
Mit einem augenzwinkernden Griff nach den Sternen<br />
beantwortet Annegrethe Stoltenberg die letzte Frage:<br />
Welche Begegnung wünschen Sie sich noch?<br />
Da der Dalai Lama schon war: Der neue Papst würde mich<br />
interessieren ...<br />
è<br />
Am 29. November wird Annegrethe Stoltenberg in einem<br />
Gottesdienst in St. Katharinen als Landespastorin verabschiedet.<br />
Ihr Nachfolger wird der bisherige Vorstand Hilfswerk, Dirk<br />
Ahrens (siehe Seite 30).
Chronik 2012/<strong>2013</strong> Jahresbericht <strong>2013</strong> 25<br />
Chronik<br />
20. September 2012<br />
Freiwilliges Engagement und Inklusion<br />
Über freiwilliges Engagement von Menschen mit Behinderungen<br />
diskutieren rund 80 Fachleute aus <strong>Hamburg</strong> und dem<br />
gesamten Bundesgebiet. Eingeladen hat das Diakonische<br />
<strong>Werk</strong>, Thema des Fachtags: „Wer hilft hier eigentlich wem?“<br />
Die <strong>Hamburg</strong>er Diakonie unterstützt die ehrenamtliche<br />
Tätigkeit von Menschen mit Behinderungen bereits sei 2010:<br />
Das Projekt „Selbstverständlich Freiwillig“ berät, vermittelt<br />
Einsatzorte und bietet Fortbildungen an.<br />
www.selbstverständlich-freiwillig.de<br />
19. Oktober 2012<br />
„Stadtteilmütter“ für Altona<br />
In Altona haben sich weitere „Stadtteilmütter“ qualifiziert.<br />
Neun Frauen türkischer, arabischer und afrikanischer Abstammung<br />
beraten nun Familien im Stadtteil in der Muttersprache<br />
– zu Kindererziehung, Bildung und Gesundheit. Hinter dem<br />
Integrationsprojekt stehen das Diakonie-Hilfswerk und das<br />
Bezirksamt Altona. Im Jahr zuvor hatte die erste Gruppe der<br />
„Stadtteilmütter“ die sechsmonatige Fortbildung abgeschlossen.<br />
www.stadtteilmuetter-diakonie.de<br />
16. Oktober 2012<br />
Welternährungstag: „Teilt das Brot“<br />
In der Fußgängerzone<br />
im Stadtteil<br />
Ottensen macht<br />
„Brot für die Welt“<br />
auf den Hunger<br />
weltweit aufmerksam.<br />
Prominente<br />
aus Kirche, Wirtschaft<br />
und Politik<br />
„Brot für die Welt“-Projekte helfen in Afrika, verteilen symbolisch<br />
Brot, Anlass<br />
Asien und Lateinamerika.<br />
ist der Welternährungstag.<br />
Propst Dr. Karl-Heinrich Melzer betont: „Die Entscheidung<br />
für gutes, regionales Brot ist eine Entscheidung<br />
für achtsamen Konsum. Mit unserem Konsum können wir<br />
die Lebenssituation von Menschen in anderen Teilen der<br />
Welt verbessern.“<br />
http://hamburg.brot-fuer-die-welt.de<br />
25. Oktober 2012<br />
Beratungsstelle in Harburg feiert Jubiläum<br />
Seit 25 Jahren arbeitet in Harburg die Soziale Beratungsstelle<br />
für Wohnungssicherung und Wohnungslose. Zum Jubiläum<br />
überbringt Sozialsenator Detlef Scheele dem Diakonie-Projekt<br />
die Glückwünsche des Senats. Die Arbeit sei vorbildlich, so<br />
Scheele. Seit Gründung wurden rund 11.600 Menschen in der<br />
offenen Sprechstunde beraten und 5.000 Menschen in der<br />
persönlichen Hilfe begleitet. 1.350 Menschen konnten mithilfe<br />
der Beratungsstelle eine eigene Wohnung beziehen, in 760<br />
Fällen konnte die eigene Wohnung erhalten werden.<br />
www.beratungsstelle-harburg.de<br />
Mehr im Schwerpunkt Wohnungsnot: ab Seite 8<br />
30. Oktober 2012<br />
Stadt soll tarifliche Bezahlung refinanzieren<br />
Der <strong>Hamburg</strong>er Senat soll bei den Vergütungen im Sozialbereich<br />
die aktuellen Tarifsteigerungen berücksichtigen. Das<br />
fordert die Mitgliederversammlung des Diakonischen <strong>Werk</strong>s.<br />
Anderenfalls seien diakonische Einrichtungen in ihrer Existenz<br />
gefährdet. Wörtlich heißt es in der Resolution: „Es darf nicht<br />
sein, dass nur noch nicht-tarifgebundene Unternehmen im<br />
Wettbewerb bestehen können.“<br />
Hintergrund: Die Diakonie in <strong>Hamburg</strong> bezahlt ihre rund<br />
20.000 Beschäftigten tarifgerecht und will das auch weiterhin<br />
tun. Der Senat tritt zwar für tarifliche Bezahlung ein, will aber<br />
die daraus folgenden Lohnsteigerungen nur zum kleinen Teil<br />
refinanzieren.
26 Jahresbericht <strong>2013</strong> Chronik 2012/<strong>2013</strong><br />
1. November 2012<br />
Wohnung statt Notunterkunft!<br />
„Eine Brücke ist<br />
kein Zuhause“:<br />
Mit einem 20<br />
Meter langen<br />
Banner geht das<br />
„<strong>Hamburg</strong>er<br />
Aktionsbündnis<br />
gegen Wohnungsnot“<br />
auf die<br />
Straße. Anlass ist<br />
der Start des städtischen Winternotprogramms für Obdachlose.<br />
„Die Lebensbedingungen in den Notunterkünften sind<br />
für viele Obdachlose unerträglich“, so das Bündnis. Senat,<br />
Verwaltung und Wohnungswirtschaft müssten ihre Anstrengungen<br />
gegen die Wohnungsnot „deutlich verstärken“. Dem<br />
Aktionsbündnis gehören freigemein nützige Träger der Wohnungslosenhilfe<br />
an, darunter das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>.<br />
Siehe auch 27. März <strong>2013</strong><br />
3. November 2012<br />
Kunst-Auktion für Flüchtlingsarbeit<br />
Im Ökumenischen Forum Hafencity beginnt die Ausstellung<br />
„Kunst für Menschenrechte“. Der Schriftsteller Günter Grass,<br />
der Schauspieler Armin Müller-Stahl und andere Künstler<br />
haben Bilder gespendet, die nach der Ausstellung versteigert<br />
werden. Der Erlös kommt der kirchlichen Flüchtlingsarbeit<br />
und dem Verein „borderline-europe“ zugute. „Der amtliche<br />
Umgang mit Schutzsuchenden, ob an den EU-Außengrenzen<br />
oder im Innern der Wohlstandsfestung Europa, stellt einen<br />
andauernden Skandal dar“, erklärt Günter Grass. Schirmherrin<br />
der Ausstellung ist Diakonie-Chefin Annegrethe<br />
Stoltenberg.<br />
20. November 2012<br />
Diakonie begrüßt Urteile zum Streikrecht<br />
Das Bundesarbeitsgericht verkündet zwei Grundsatzurteile<br />
zum Streikrecht in Kirche und Diakonie. Darin wird der<br />
kircheneigene Weg im Arbeitsrecht (sogenannter Zweiter und<br />
Dritter Weg) bestätigt. Kirche und Diakonie dürfen das<br />
Streikrecht in ihren Einrichtungen auch künftig ausschließen,<br />
allerdings legt das Gericht dafür bestimmte Bedingungen fest.<br />
„Aufgrund der Urteile wird sich die Diakonie bundesweit neu<br />
positionieren“, erläutert Stefan Rehm, Vorstand im Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>. „Wir arbeiten mit Hochdruck an den<br />
Details und an der Abstimmung zwischen den Ebenen.“<br />
2. Dezember 2012<br />
„Brot für die Welt“: Gottesdienst im Michel<br />
„Land zum Leben – Grund zur Hoffnung“ – unter diesem<br />
Motto steht die 54. Aktion von „Brot für die Welt“. In <strong>Hamburg</strong><br />
wird sie mit einem Gottesdienst im Michel eröffnet. In zahlreichen<br />
Projekten weltweit unterstützt „Brot für die Welt“<br />
Kleinbauern beim Kampf um ihr Land: Dorfgemeinschaften<br />
werden rechtlich beraten, Land wird vermessen, illegaler<br />
Holzeinschlag wird dokumentiert. Landespastorin Annegrethe<br />
Stoltenberg ruft zu Spenden auf: „Viele Familien in den armen<br />
Ländern der Erde müssen sich von dem ernähren, was sie<br />
selber anbauen. Genug fruchtbares Land zu besitzen, ist<br />
‚Grund zur Hoffnung’.“<br />
http://hamburg.brot-fuer-die-welt.de<br />
4. Dezember 2012<br />
Elfjähriger Jeremie: Zirkus-Konzept tauglich?<br />
Im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss der Bürgerschaft<br />
geht es um den „Fall Jeremie“: Der Elfjährige, der als Pflegekind<br />
bei einem Zirkus untergebracht war, ist seit zwei Wochen<br />
verschwunden. Der Neukirchener Erziehungsverein, der die<br />
Betreuung des Jungen übernommen hatte, ist Mitglied im<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>. Das Konzept der individualpädagogischen<br />
Betreuung – auch in einem Zirkus – sei<br />
grundsätzlich geeignet für Kinder und Jugendliche mit hoch<br />
problematischen Lebensläufen, betont die Diakonie. Die<br />
Kosten seien immer noch günstiger als in der geschlossenen<br />
Unterbringung. Kurz vor Weihnachten taucht Jeremie wieder<br />
auf; er wird nun in einem <strong>Hamburg</strong>er Wohnprojekt betreut.
Chronik 2012/<strong>2013</strong> Jahresbericht <strong>2013</strong> 27<br />
21. Dezember 2012<br />
Syrische Flüchtlinge nicht vergessen<br />
Die Diakonie Katastrophenhilfe ruft dazu auf, syrische Flüchtlinge<br />
zu unterstützen. „Viele Familien in den Nachbarländern<br />
haben Flüchtlingen eine Herberge gegeben, obwohl sie selber<br />
nur über das Nötigste verfügen. Es ist eine Frage der Menschlichkeit,<br />
sie dabei nicht allein zu lassen“, so die Präsidentin<br />
der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Seit<br />
Beginn des Konflikts vor 21 Monaten hilft die Diakonie – auch<br />
mit Spenden aus <strong>Hamburg</strong> – syrischen Flüchtlingen in<br />
Jordanien, dem Libanon, der Türkei und dem Irak.<br />
www.diakonie-katastrophenhilfe.de<br />
23. Januar <strong>2013</strong><br />
FSJ 4 YOU startet neu<br />
75 junge Menschen haben seit Sommer 2010 das Programm<br />
FSJ 4 YOU absolviert. Das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong><br />
wandte sich mit dieser besonderen Form des Freiwilligen<br />
Sozialen Jahres (FSJ) an 15- bis 18-Jährige mit und ohne<br />
Hauptschulabschluss. Ziel war, die Chancen beim Übergang<br />
in den Beruf zu verbessern. Künftig steht das FSJ 4 YOU<br />
jungen Menschen in schwierigen Lebenslagen zwischen 15<br />
und 26 Jahren offen. Sie werden bei der beruflichen Orientierung<br />
individuell beraten und intensiv begleitet.<br />
www.freiwillig-diakonie-hamburg.de<br />
Siehe auch 18. April <strong>2013</strong><br />
29. Januar <strong>2013</strong><br />
Austausch St. Petersburg – <strong>Hamburg</strong><br />
Der Mitternachtsbus,<br />
der Obdachlose<br />
in der <strong>Hamburg</strong>er<br />
City versorgt, hat für<br />
einen Abend einen<br />
russischen Kollegen<br />
an Bord. Grigory<br />
Sverdlin, Leiter der<br />
Obdachloseneinrichtung<br />
Nachtasyl (Nochlezhka) in St. Petersburg, informiert<br />
sich über die Arbeit in der Hansestadt.<br />
Bei den russischen Partnern ist ebenfalls ein Nachtbus<br />
unterwegs. Im April wird der Austausch fortgesetzt: Eine<br />
Gruppe mit Ehrenamtlichen besucht das Schwesterprojekt in<br />
St. Petersburg.<br />
www.mitternachtsbus-hamburg.de<br />
14. Februar <strong>2013</strong><br />
Ingo Zamperoni gewinnt für die Diakonie<br />
„Tagesthemen“-Moderator Ingo<br />
Zamperoni spielt, setzt und<br />
spendet: Sein Gewinn aus der<br />
Fernsehshow „Rette die Million“<br />
geht an das Diakonie-Zentrum<br />
für Wohnungslose in <strong>Hamburg</strong><br />
und an die Hilfsorganisation<br />
„Save the children“. Beide<br />
Einrichtungen können sich über<br />
je 87.500 Euro freuen.<br />
Zamperoni hatte sich vorab über die vielseitige Arbeit der<br />
Diakonie für obdachlose Menschen informiert. Diakonie<br />
Vorstand Dirk Ahrens: „Mit diesem Geld können wir in der<br />
Sozialarbeit für wohnungslose Menschen eine Fachkraft mit<br />
osteuropäischen Sprachkenntnissen einstellen.“<br />
www.diakonie-zentrum-wohnungslose.de<br />
22. Februar <strong>2013</strong><br />
Pflege-Angebote online<br />
Für Seniorinnen, Senioren und ihre Angehörigen bietet das<br />
Diakonische <strong>Werk</strong> einen neuen Service: Auf www.pflege-unddiakonie.de<br />
können sie bequem nach freien Heim- und<br />
Kurzzeitpflegeplätzen suchen. Auch ambulante Pflegedienste<br />
in Wohnortnähe sind dort leicht zu finden, ebenso Tagespflege-Einrichtungen<br />
sowie Besuchs- und Betreuungsdienste.<br />
Unter dem Motto „Diakonie pflegt“ haben sich mehr als 80<br />
Einrichtungen im Großraum <strong>Hamburg</strong> zusammengeschlossen.<br />
5. März <strong>2013</strong><br />
„Soziale Probleme müssen auf den Tisch“<br />
Die Diakonie kritisiert den 4. Armuts- und Reichtumsbericht<br />
der Bundesregierung. Im Vorfeld seien kritische Analysen aus<br />
dem Bericht gestrichen worden, die Veröffentlichung habe<br />
sich immer wieder verzögert. Gabi Brasch, Vorstand des<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong>s <strong>Hamburg</strong>: „Ein geschönter Erfolgsbericht<br />
der Bundesregierung nützt nichts. Die sozialen Probleme<br />
gehören auf den Tisch, wirkungsvolle Maßnahmen müssen<br />
folgen“. So ignoriere der Bericht zum Beispiel die zunehmende<br />
Lohnspreizung: „Auch in <strong>Hamburg</strong> müssen immer mehr<br />
Menschen trotz Arbeit aufstockende Hartz-IV-Leistungen<br />
beantragen.“
28 Jahresbericht <strong>2013</strong> Chronik 2012/<strong>2013</strong><br />
13. März <strong>2013</strong><br />
Neue Arztpraxis für Menschen ohne Papiere<br />
Im Schanzenviertel<br />
eröffnet AnDOCken,<br />
eine Arztpraxis mit<br />
sozialer Beratung für<br />
Menschen ohne<br />
Papiere. Mehrere<br />
Tausend Menschen<br />
leben und arbeiten in<br />
<strong>Hamburg</strong> ohne<br />
legalen Aufenthaltsstatus.<br />
Bei AnDO<br />
Von li.: die Ärztinnen Dr. Nina Schmedt<br />
auf der Günne und Dr. Theresa Steinmüller<br />
mit Sozialberaterin Carolina hausärztliche und<br />
Cken finden sie<br />
Martinez und DW-Fachbereichsleiterin gynäkologische<br />
Angela Bähr.<br />
Grundversorgung,<br />
verknüpft mit<br />
Sozial- und Rechtsberatung. Träger ist das Diakonie-Hilfswerk,<br />
das <strong>Hamburg</strong>er Spendenparlament hat die neue Praxis<br />
mit 120.000 Euro gefördert. Dirk Ahrens, Vorstand des<br />
Diakonie-Hilfswerks: „Jeder Mensch hat ein Grundrecht auf<br />
eine medizinische Versorgung. Dafür setzt sich das Diakonie-<br />
Hilfswerk <strong>Hamburg</strong> ein“.<br />
27. März <strong>2013</strong><br />
Winternotprogramm: Bilanz gemischt<br />
Das städtische Winternotprogramm für Obdachlose endet,<br />
die Bilanz der Diakonie fällt gemischt aus. Diakonie-Vorstand<br />
Gabi Brasch: „Auch diesen Winter ist es gelungen, das<br />
Winternotprogramm niedrigschwellig und ohne Zugangsbeschränkungen<br />
aufrechtzuerhalten. Das begrüßen wir.“ Die<br />
Situation in den Unterkünften sei jedoch „hoch problematisch“:<br />
Sie seien überbelegt, viele Menschen müssten auf dem<br />
Fußboden schlafen. Auch die Mitarbeitenden seien häufig<br />
überlastet und überfordert. Damit Plätze in den Notunterkünften<br />
frei werden, fordert die Diakonie zusätzliche<br />
reguläre Wohnungen.<br />
Mehr im Schwerpunkt Wohnungsnot: Seite 7-19<br />
8. April <strong>2013</strong><br />
Pflegeberufe besser bezahlen!<br />
Das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong> unterstützt die Forderung<br />
des DGB nach höheren Löhnen in den Sozialberufen. Diakonie-Vorstand<br />
Stefan Rehm: „Der Mindestlohn von 8,75 Euro<br />
für Pflegehilfskräfte ist deutlich zu niedrig. In den <strong>Hamburg</strong>er<br />
Diakonie-Tarifen erhalten Pflegehilfskräfte bereits 10 Euro.“<br />
Die Kostenträger müssten das über die Pflegesätze refinanzieren.<br />
Auch andere Rahmenbedingungen in der Pflege<br />
müssten verbessert werden. „Nur dann können wir auch in<br />
Zukunft die wachsende Zahl von pflegebedürftigen Menschen<br />
begleiten, unterstützen und pflegen“, so Rehm.<br />
17. April <strong>2013</strong><br />
Altenpflege: Ausbildungskosten neu verteilt<br />
<strong>Hamburg</strong> führt ab Sommer <strong>2013</strong> eine Ausbildungsumlage in<br />
der Altenpflege ein. Die Diakonie begrüßt den entsprechenden<br />
Senatsbeschluss. Diakonie-Vorstand Stefan Rehm: „Die<br />
Umlage ist gut für die Pflege insgesamt und schafft Gerechtigkeit<br />
für die diakonischen Senioren- und Pflegeheime.“<br />
Hintergrund: Bisher wurden Ausbildungsvergütungen über<br />
den jeweiligen Pflegesatz refinanziert. Einrichtungen,die<br />
ausbilden, mussten ihren Pflegesatz höher ansetzen – ein<br />
Wettbewerbsnachteil. Durch die Umlage werden nun alle<br />
Pflegeheime, Tagespflegen und ambulanten Pflegedienste an<br />
den Ausbildungskosten beteiligt.<br />
18. April <strong>2013</strong><br />
Neue Kampagne wirbt für Freiwilligendienst<br />
Freiwillige zeigen Gesicht: Fünf<br />
junge Menschen werben auf<br />
Plakaten in U- und S-Bahnen für<br />
das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ)<br />
und den Bundesfreiwilligendienst<br />
(BFD) in der Diakonie:<br />
vom „Teamplayer“ in der<br />
Wohnungslosenhilfe bis zur<br />
„Abenteurerin“ in der Behindertenhilfe.<br />
Zu sehen sind keine<br />
Models, sondern aktuelle und<br />
ehemalige Teilnehmende. Sabine<br />
Koßmann, Leiterin des Bereichs Freiwilliges Engagement im<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong>: „Ein Orientierungs- und<br />
Bildungsjahr zwischen Schule und Beruf ist ein unschätzbarer<br />
Wert für die eigene Biografie.“<br />
www.freiwillig-diakonie-hamburg.de
Chronik 2012/<strong>2013</strong> Jahresbericht <strong>2013</strong> 29<br />
19. April <strong>2013</strong><br />
Wohnungsnot: Stadt muss handeln<br />
Die Stadt soll benachteiligten Menschen besseren Zugang zu<br />
Wohnraum verschaffen. Das fordert die <strong>Hamburg</strong>er Diakonie<br />
bei einer Pressekonferenz. Vorstandsmitglied Gabi Brasch:<br />
„Der Erste Bürgermeister muss und kann handeln: Mit der<br />
SAGA GWG hat die Stadt ein Steuerungsinstrument, mit dem<br />
sie direkt am Wohnungsmarkt agieren kann.“ Das Wohnungsunternehmen<br />
gehört der Stadt. Nach Ansicht der Diakonie<br />
muss jede zweite Neuvermietung von SAGA GWG an vordringlich<br />
Wohnungssuchende gehen. Das wären 4.500<br />
Wohnungen im Jahr, aktuell sind es rund 1.700.<br />
Gabi Brasch: „SAGA GWG ist nicht dazu da, den <strong>Hamburg</strong>er<br />
Haushalt zu sanieren. Der soziale Versorgungsauftrag muss<br />
erste und oberste Verpflichtung sein.“<br />
Mehr im Schwerpunkt Wohnungsnot: Seite 19<br />
1. Mai <strong>2013</strong><br />
Lila Akzente auf dem Kirchentag<br />
Farbenfroh, frech, handfest und politisch: So präsentiert sich<br />
die Diakonie beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in<br />
<strong>Hamburg</strong>. Landespastorin Annegrethe Stoltenberg: „’Soviel<br />
du brauchst’ ist das Motto des Kirchentages. Wir machen<br />
deutlich: Nicht jeder Mensch hat, soviel er braucht. Die<br />
wachsende Kluft in unserer Gesellschaft und die Wohnungsnot<br />
sind unsere großen Themen.“ Zu den Highlights der<br />
<strong>Hamburg</strong>er Diakonie auf dem Kirchentag zählen der „Wohn-<br />
Horror“, eine politisch-künstlerische Inszenierung auf dem<br />
Jungfernstieg, und das Info-Camp „Soziale Berufe kann nicht<br />
jeder“ auf dem Gänsemarkt. Die Busse der „LilaLinie“ bringen<br />
Besucher zu den wichtigsten Veranstaltungsorten.<br />
Mehr auf Seite 20-21<br />
1. Juni <strong>2013</strong><br />
Libysche Flüchtlinge: Einzelfälle prüfen<br />
Evangelische Kirche und Diakonie drängen auf humanitäre<br />
Hilfe für mehrere Hundert libysche Flüchtlinge in <strong>Hamburg</strong>.<br />
Sie waren über Italien nach Deutschland gelangt, die Stadt<br />
strebt eine Abschiebung an. Diakonie-Chefin Annegrethe<br />
Stoltenberg: „Für uns steht die humanitäre Nothilfe an erster<br />
Stelle: Die Flüchtlinge brauchen Zeit, um sorgfältig ihre<br />
Situation und ihre Perspektiven zu klären. Jeder Einzelfall<br />
muss sorgfältig geprüft werden.“ Bischöfin Kirsten Fehrs:<br />
„Die Flüchtlinge aus Libyen sind zum Spielball einer restriktiven<br />
europäischen Flüchtlingspolitik geworden, der es in<br />
erster Linie um Abwehr, nicht um Schutz geht.“<br />
10. Juni <strong>2013</strong><br />
Spenden für Flutopfer<br />
Das Hochwasser in Deutschland verursacht Schäden in<br />
Milliardenhöhe, vor allem im Süden und Osten des Landes.<br />
Die Diakonie Katastrophenhilfe ist im Einsatz. Landesbischof<br />
Gerhard Ulrich ruft die Menschen im Norden zu Spenden auf:<br />
„Damit unterstützen Sie Evakuierungen, die Einrichtung von<br />
Notunterkünften und den Wiederaufbau, wenn die Wassermassen<br />
abgezogen sind.<br />
www.diakonie-katastrophenhilfe.de<br />
7. August <strong>2013</strong><br />
Pflege – Top-Thema für die Bundespolitik<br />
„An die Pflege<br />
denken“: Auf<br />
Einladung der<br />
Diakonie diskutieren<br />
die <strong>Hamburg</strong>er<br />
Bundestagskandidaten<br />
Frank<br />
Schira (CDU),<br />
Dr. Matthias<br />
Bartke (SPD),<br />
Sebastian Lieb ram (FDP), Kersten Artus (Die Linke) und Anja<br />
Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen). Themen sind der Reformstau<br />
in der Pflege, nachhaltige Finanzierungsmodelle und die<br />
Attraktivität des Pflegeberufs. Beteiligt ist auch Renate Gamp,<br />
Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Verbands für<br />
Altenarbeit und Pflege. Von den zahlreichen Fachkräften im<br />
Publikum kommt der Appell, die Pflege auf Platz 1 der<br />
bundespolitischen Agenda zu setzen.<br />
21. August <strong>2013</strong><br />
Profil-Kampagne für die Kitas<br />
Rund 240 Kita-Leitungen und Mitarbeitende informieren sich<br />
über die neue Image- und Marketing-Kampagne der Evangelischen<br />
Kitas. Sie soll junge Eltern in und um <strong>Hamburg</strong> ab<br />
2014 auf die besonderen Leistungen der evangelischen Kitas<br />
aufmerksam machen. Die Kampagne ist auf zwei Jahre<br />
angelegt, im Zentrum stehen sechs Plakatmotive, die auf<br />
moderne Weise das evangelische Profil herausstellen.<br />
Außerdem wird der Internetauftritt www.eva-kita.de neu<br />
gestaltet.
30 Jahresbericht <strong>2013</strong> Chronik 2012/<strong>2013</strong><br />
23. August <strong>2013</strong><br />
ZAA: Ratsuchende aus 118 Ländern<br />
Gilt ein Bildungsabschluss, der im Ausland erworben wurde,<br />
auch in Deutschland? Bei der Klärung dieser Frage hilft die<br />
Zentrale Anlaufstelle Anerkennung (ZAA) der Diakonie. Bilanz<br />
nach knapp drei Jahren: 3.000 Menschen aus 118 Herkunftsländern<br />
wurden beraten, die meisten aus Russland, gefolgt<br />
von Polen, dem Iran und der Türkei. Auch zahlreiche Deutsche,<br />
die Ausbildung oder Studium im Ausland absolviert<br />
haben, nutzen die Beratung. Finanziert wird die Arbeit vom<br />
Europäischen Sozialfonds und von der Stadt <strong>Hamburg</strong>.<br />
www.anlaufstelle-anerkennung.de<br />
5. September <strong>2013</strong><br />
Stoltenberg: „Am Gemeinwohl orientieren“<br />
Rund 400 Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft folgen<br />
der Einladung der Diakonie zum Abend der Begegnung im<br />
Gebäude der HanseMerkur-Versicherung. Letztmals begrüßt<br />
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg die Gäste; sie geht<br />
zum Jahresende in den Ruhestand. In ihrer persönlich ge <br />
prägten Ansprache geht sie auch auf politische Grundfragen<br />
ein. Die Orientierung am Gemeinwohl sei „Daueraufgabe“<br />
einer solidarischen Gesellschaft, so Stoltenberg.<br />
Siehe auch Seite 22.<br />
11. September <strong>2013</strong><br />
Neuer Hilfswerk-Leiter: Dr. Tobias Woydack<br />
Pastor Dr. Tobias Woydack wird<br />
neuer Leiter des Diakonie-Hilfswerks<br />
<strong>Hamburg</strong> Er folgt Anfang<br />
2014 Dirk Ahrens nach, der das<br />
Amt des Landespastors übernimmt<br />
(siehe rechts). Als Hilfswerk-Leiter<br />
gehört Woydack<br />
zugleich zum vierköpfigen<br />
DW-Vorstand. Der 39-Jährige ist<br />
derzeit noch Pastor im <strong>Hamburg</strong>er Stadtteil Osdorfer Born –<br />
in der Maria-Magdalena-Gemeinde, die ein ausgeprägtes<br />
stadtteildiakonisches Profil hat.<br />
Der neue Landespastor:<br />
Dirk Ahrens<br />
Dirk Ahrens, bisher Vorstand<br />
Hilfswerk im Diakonischen <strong>Werk</strong><br />
<strong>Hamburg</strong>, wird neuer Landespastor<br />
und Diakonie-Chef. Er<br />
tritt das Amt im Januar 2014 an<br />
– als Nach folger von Annegrethe<br />
Stoltenberg, die in den Ruhestand<br />
geht.<br />
Der Aufsichtsrat des Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong>s hatte Ahrens<br />
bereits im Januar <strong>2013</strong> gewählt. Doch dann hieß es: stillhalten<br />
und warten. Denn die Berufung durch die neue Kirchenleitung<br />
der Nord kirche war erst drei Monate später möglich – das<br />
Gremium musste selbst erst gewählt werden.<br />
Pastor Dirk Ahrens (Jahrgang 1963) studierte Theologie in<br />
Hermannsburg und Wien. Nach dem Vikariat in Greifswald<br />
und Kiel unterrichtete er an der Universität Greifswald, bildete<br />
für die Pommersche Kirche Religionslehrerinnen und -lehrer<br />
aus und leitete das Theologisch-Pädagogische Institut in<br />
Greifswald. 2001 wechselte er als Gemeindepastor an die<br />
Kreuzkirche in <strong>Hamburg</strong>-Wandsbek. Seit 2009 leitet er als<br />
DW-Vorstandsmitglied das Diakonie-Hilfswerk.<br />
Sein besonderes Engagement gilt der interkulturellen Öffnung<br />
der diakonischen Arbeit und der Stärkung des diakonischen<br />
Profils. Dirk Ahrens: „Ich bin davon überzeugt, dass unser<br />
höchstes Gut unsere Glaubwürdigkeit ist. Deshalb wollen wir<br />
stärker werden, wo es um das besondere diakonische Profil<br />
geht. Es braucht uns als professionelle Player am Sozialmarkt,<br />
aber auch als Kritiker der Ökonomisierung.“ Die Diakonie<br />
müsse sich gerade jener Menschen annehmen, „mit denen<br />
sich kein Geld verdienen lässt, die eine schlechte Prognose<br />
haben und die durch die Maschen des sozialen Netzes fallen“.<br />
Als Hilfswerk-Leiter stärkte Ahrens das Fundraising und<br />
profilierte das Hilfswerk als wichtigen Träger für Freiwilligenarbeit.<br />
Unter seiner Leitung wurden die Stadtteilmütter Altona-<br />
Altstadt, die Erziehungsberatungsstelle Altona-West und<br />
AnDOCken, die ärztliche und soziale Praxis für Menschen<br />
ohne Papiere, gegründet.<br />
Dirk Ahrens lebt seit 2002 in eingetragener Partnerschaft und<br />
hat einen Sohn.
Zahlen und Fakten Jahresbericht <strong>2013</strong> 31<br />
Diakonie <strong>Hamburg</strong> – wer wir sind<br />
Die Diakonie ist die soziale<br />
Arbeit der evangelischen<br />
Kirchen. Denn der Glaube an<br />
Jesus Christus und praktizierte<br />
Nächstenliebe gehören<br />
zusammen.<br />
Das Diakonische <strong>Werk</strong><br />
<strong>Hamburg</strong> ist zum einen<br />
Spitzenverband der freien<br />
Wohlfahrtspflege, zum<br />
anderen unterhalten wir<br />
selbst Hilfsangebote.<br />
Als Hilfswerk unterhalten<br />
wir selbst mehr als 20<br />
Angebote für die Menschen<br />
in der Großstadt. Dazu<br />
gehören etwa die Telefon<br />
Seelsorge, die Schuldnerberatung,<br />
das Diakonie-<br />
Zentrum für Wohnungslose,<br />
die Erziehungs-, Ehe-,<br />
Partnerschafts- und Lebensberatung<br />
oder das Frauenhaus.<br />
Im Hilfswerk arbeiten 120<br />
Hauptamtliche (2012).<br />
Weil unsere Hilfe Menschen<br />
weltweit gilt, beteiligen<br />
wir uns an der bundesweiten<br />
Aktion „Brot für die Welt“,<br />
unterstützen die<br />
Diakonie Katastrophenhilfe<br />
und fördern Projekte in<br />
<strong>Hamburg</strong>s Partnerstadt<br />
St. Petersburg.<br />
In <strong>Hamburg</strong> initiiert das<br />
Diakonische <strong>Werk</strong> innovative<br />
Projekte wie das Straßenmagazin<br />
Hinz&Kunzt oder<br />
die Passage gGmbH, die<br />
auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten<br />
Menschen eine<br />
berufliche Perspektive<br />
verschafft.<br />
Als Spitzenverband<br />
vertreten wir die Interessen<br />
von 334 Trägern, die bei uns<br />
Mitglied sind (2012). Das<br />
Spektrum reicht von der Kita<br />
einer Kirchengemeinde bis<br />
zu großen Trägern wie der<br />
Evangelischen Stiftung<br />
Alsterdorf oder dem<br />
Rauhen Haus. Alle<br />
Einrich tungen finden Sie<br />
unter www.diakonie-hamburg.de/web/ueber-uns/<br />
mitglieder/index.html. Wir<br />
vertreten unsere Mitglieder<br />
in Verhandlungen mit Staat<br />
und Kostenträgern, beraten<br />
sie in rechtlichen, wirtschaftlichen<br />
und konzeptionellen<br />
Fragen und<br />
bieten Fortbildungen<br />
an. 127 Mitarbeitende<br />
leisten diese Verbandsarbeit<br />
(2012).<br />
75 Angebote der<br />
ambulanten Altenpflege<br />
160 Kindertagesstätten<br />
28 Kooperationen an GBS/<br />
GTS-Schulstandorten<br />
332 Angebote in der<br />
Jugendhilfe<br />
48 Angebote für<br />
Gesundheitsdienstleistungen<br />
161 Angebote der<br />
stationären und teilstationären<br />
Altenpflege<br />
398 Angebote in<br />
der Behindertenhilfe<br />
178 Angebote in besonderen<br />
Lebenslagen<br />
1.644 Angebote<br />
der Diakonie in <strong>Hamburg</strong><br />
Stand 23.07.<strong>2013</strong><br />
95 Angebote<br />
in der Familienhilfe<br />
169 sonstige Angebote<br />
Größere Abweichungen gegenüber<br />
dem Vorjahr sind zum Teil durch<br />
Veränderungen in der Systematik begründet.
32 Jahresbericht <strong>2013</strong> Zahlen und Fakten<br />
So halfen Ihre Spenden 2012<br />
87.644 €<br />
für Mädchen und Frauen in der<br />
Prostitution / Ausstiegsbegleitung<br />
56.332 €<br />
für die Arztpraxis für<br />
Menschen ohne Papiere<br />
4,9%<br />
3,1%<br />
38.766 €<br />
für Hilfe und Unterstützung<br />
für alte Menschen<br />
2,2%<br />
34.346 €<br />
für Hilfe für Migranten<br />
und Flüchtlinge<br />
1,9%<br />
0,6%<br />
10.827 €<br />
für Partnerprojekte<br />
in St. Petersburg<br />
5,6%<br />
101.189 €<br />
für Familien, Frauen und Kinder<br />
(Frauenhaus, Stadtteilmütter,<br />
Spieltherapie)<br />
8,2%<br />
147.674 €<br />
für Beratung, Begleitung und<br />
Seelsorge, davon:<br />
• 72% Schuldnerberatung<br />
• 20% Lebensberatung<br />
und Telefonseelsorge<br />
• 8% Suchtberatung<br />
und Suchtselbsthilfe<br />
29,0%<br />
521.668 €<br />
für Hilfe für obdachlose<br />
Menschen, davon<br />
• 52% Diakonie-Zentrum<br />
für Wohnungslose<br />
• 48% Mitternachtsbus<br />
2,1%<br />
37.480 €
Zahlen und Fakten Jahresbericht <strong>2013</strong> 33<br />
Sehr gutes Spendenergebnis für 2012!<br />
0,6%<br />
0,6%<br />
10.774 €<br />
für Freiwilligenkoordination<br />
9.922 €<br />
für sonstige Hilfsangebote<br />
Auch für das Jahr 2012 verzeichnet die <strong>Hamburg</strong>er Diakonie wieder ein sehr<br />
erfreuliches Spendenergebnis: 1.795.792 €. Gegenüber dem Vorjahr<br />
(2.013.228 €) ist allerdings ein Rückgang festzustellen. Besonders für die<br />
Diakonie Katastrophenhilfe gingen weniger Spenden ein, denn es gab keine<br />
„medienwirksamen“ Katastrophen, die erfahrungsgemäß zu einer großen<br />
Spendenbereitschaft führen.<br />
So teilen sich die Spenden auf:<br />
Das Diakonische <strong>Werk</strong> erhielt 1.019.142 € (Vj. 1.145.658 €). Dieses Ergebnis<br />
ist auch durch einige Großspenden möglich geworden. So unterstützte<br />
eine <strong>Hamburg</strong>er Stiftung die Rechtsberatung für Migranten, ein<br />
Kooperationsprojekt mit der Bucerius Law School, mit 20.000 €. Die Zuwendung<br />
einer privaten Stiftung ermöglichte unsere Arbeit in der Arztpraxis für<br />
Menschen ohne Papiere (AnDOCken) und weitere Angebote in der Obdachlosenhilfe.<br />
Auch Projekte wie die Spieltherapie und die ELAS-Suchtselbsthilfe<br />
sind mit Zuwendungen aus Stiftungsgeldern bedacht worden.<br />
Für die hohen Spendeneinnahmen waren selbstverständlich auch die vielen<br />
Einzelspenden verantwortlich. Spenderinnen und Spendern, die seit Jahren<br />
unsere Arbeit verlässlich unterstützen, sind wir besonders verbunden. Ein<br />
hohes Maß an Engagement und Kreativität haben wir wieder durch evangelische<br />
Kirchengemeinden und Unternehmen erfahren. Viele Menschen haben<br />
durch besondere Spendenaktionen Gelder für Diakonie-Projekte gesammelt.<br />
Beispiele sind die Haus- und Straßensammlung Duvenstedt oder das<br />
Benefiz-Konzert „Fetter Effekt“. Auch junge Menschen in Schulen begeisterten<br />
sich für Projekte der Diakonie, wie den „Mitternachtsbus“ oder das<br />
„Sperrgebiet“, und organisierten Flohmärkte oder Benefizveranstaltungen.<br />
41,2%<br />
739.170 €<br />
Für „Brot für die Welt“ haben wir insgesamt 739.170 € (Vj. 765.570 €) an<br />
Spenden erhalten. Hier gilt unser Dank einmal mehr den evangelischen<br />
Kirchengemeinden, die in den Advents- und Heiligenabend-Gottesdiensten<br />
für „Brot für die Welt“ gesammelt haben. Nur so konnten wir das hohe<br />
Spendenniveau halten.<br />
37.480 € (Vj. 102.000 €) gingen für die Diakonie Katastrophenhilfe bei<br />
uns ein, insbesondere für Hilfen in der Sahelzone und in Syrien. In Afrika,<br />
Asien und Lateinamerika unterstützen „Brot für die Welt“ und die Diakonie<br />
Katastrophenhilfe Menschen in Not in über 1.000 Projekten.<br />
Spendenkonten:<br />
Diakonie <strong>Hamburg</strong> Brot für die Welt Diakonie Katastrophenhilfe<br />
Kto.-Nr. 21 016 Kto.-Nr. 23 000 Kto.-Nr. 88 88 00<br />
Alle bei:<br />
Darlehnsgenossenschaft Kiel, BLZ 210 602 37
34 Jahresbericht <strong>2013</strong> Zahlen und Fakten<br />
Kurz & bündig aus dem Diakonie-Hilfswerk<br />
Fast 1.800 Menschen<br />
suchten im vergangenen Jahr<br />
die Evangelische Beratungsstelle<br />
für Erziehungs-, Ehe-,<br />
Partnerschafts- und Lebensfragen<br />
auf. In der Erziehungsberatung<br />
wurden 6.923<br />
Sitzungen gezählt, in der<br />
Ehe-, Familien- und Lebensberatung<br />
2.052 Sitzungen.<br />
85 Schulklassen und<br />
Gruppen mit mehr als 1.500<br />
Jugendlichen erreichte die<br />
Schuldnerberatung mit ihrem<br />
Präventionsprojekt „SOS –<br />
SchülerOhneSchulden“.<br />
Mehr als 70 Suchtselbsthilfegruppen<br />
gehören zur<br />
Diakonie in <strong>Hamburg</strong>. Über<br />
120 Ehrenamtliche mit<br />
Ausbildung sind dort aktiv.<br />
1.382 Beratungs- und<br />
Kontaktgespräche mit<br />
Obdachlosen führte die<br />
Straßensozialarbeit in der<br />
<strong>Hamburg</strong>er City im vergangenen<br />
Jahr. 58 Menschen<br />
wurden in unterschiedliche<br />
Wohnformen vermittelt.<br />
1.748 Frauen kamen in die<br />
Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung,<br />
die die Diakonie in Altona<br />
und Barmbek anbietet. Gut<br />
die Hälfte der Klientinnen ist<br />
zwischen 19 und 29 Jahren<br />
alt.<br />
40.688 Mahlzeiten gab<br />
die Tagesaufenthaltsstätte<br />
für wohnungslose Menschen<br />
2012 aus, das sind im<br />
Schnitt 161 Mahlzeiten an<br />
jedem Öffnungstag.<br />
Mehr als 18.000 Betreuungsstunden<br />
wurden 2012<br />
bei SeniorPartner Diakonie<br />
gezählt – rund 3.700 mehr als<br />
im Vorjahr. Das Projekt bringt<br />
an fünf Standorten Freiwillige<br />
mit alten Menschen zusammen,<br />
die zu Hause Unterstützung<br />
brauchen.<br />
711 Menschen kamen in<br />
die Migrationsberatung für<br />
erwachsene Zuwanderer.<br />
Unter den Herkunftsländern<br />
steht Polen an der Spitze<br />
(29 Prozent).<br />
Mehr als 1.500 Menschen<br />
klickten im Dezember<br />
2012 die neue Website www.<br />
sperrgebiet-hamburg.de an<br />
– mit Rat und Infos für<br />
Mädchen und junge Frauen<br />
in der Prostitution.<br />
Sechs Prozent mehr<br />
Kontakte als im Vorjahr,<br />
insgesamt 5.347, verzeichnete<br />
die Kaffeeklappe, die<br />
Anlauf- und Beratungsstelle<br />
für Sexarbeiterinnen und<br />
Ausstiegswillige auf St. Pauli.<br />
Außerdem ergaben sich rund<br />
2.275 Kontakte über die<br />
Straßensozialarbeit.<br />
700 Gäste feierten mit bei<br />
einem Lateinamerikanischen<br />
Familienfest, organisiert vom<br />
Integrationszentrum<br />
<strong>Hamburg</strong>-Nord.<br />
24 Stunden täglich, an<br />
sieben Tagen in der Woche<br />
ist die Aufnahme in das<br />
Frauenhaus der Diakonie<br />
möglich.
Zahlen und Fakten Jahresbericht <strong>2013</strong> 35<br />
So ist das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong> aufgebaut<br />
Aufsichtsrat<br />
Hilfswerksausschuss<br />
Vorstand<br />
Stabsstelle<br />
Information und<br />
Öffentlichkeitsarbeit /<br />
Fundraising<br />
Landespastorin<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 1<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 2<br />
Diakonie-Hilfswerk<br />
<strong>Hamburg</strong><br />
Fachbereich Stabsstelle Fachbereich Stabsstelle Fachbereich Stabsstelle<br />
Migration und<br />
Existenzsicherung<br />
Mitgliederbetreuung/<br />
Statistik<br />
Eingliederungshilfe<br />
und<br />
Finanzierung<br />
Innenrevision<br />
Migrations- und<br />
Frauensozialarbeit<br />
Qualitätsmanagement<br />
Freiwilliges<br />
Engagement<br />
Pflege und<br />
Senioren<br />
Beratung und<br />
Seelsorge<br />
Datenschutzbeauftragte<br />
Projektentwicklung<br />
Hilfswerk<br />
Kinder- und<br />
Jugendhilfe<br />
• betriebswirtschaftliche<br />
Beratung<br />
Finanz- und<br />
Rechnungswesen/<br />
IT<br />
Existenzsicherung<br />
SeniorPartner<br />
Kinder- und<br />
Jugendhilfe<br />
• konzeptionelle<br />
Beratung<br />
Personal/<br />
Arbeitsrechtliche<br />
Beratung<br />
Weltweite<br />
Diakonie<br />
Zentrale Dienste:<br />
Dorothee-Sölle-<br />
Haus
36 Jahresbericht <strong>2013</strong> Zahlen und Fakten<br />
Der Vorstand des Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong>s <strong>Hamburg</strong><br />
Der Aufsichtsrat des Diakonischen<br />
<strong>Werk</strong>s <strong>Hamburg</strong> Landesverband<br />
Landespastorin<br />
Annegrethe Stoltenberg<br />
Gabi Brasch<br />
Stefan Rehm<br />
Vorstandsvorsitzende<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 1<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 2<br />
Pastor Dr. Torsten Schweda<br />
Ev.-Luth. Diakonissenanstalt<br />
Alten Eichen<br />
Pastor Dr. Stefan Stiegler<br />
Albertinen-Diakoniewerk<br />
N.N.<br />
Vorsitzender<br />
stellvertr. Vorsitzender<br />
stellvertr. Vorsitzender<br />
Pastor<br />
Dirk Ahrens<br />
Diakonie-Hilfswerk <strong>Hamburg</strong><br />
Staatsrat a. D.<br />
Hans-Peter Strenge<br />
Mitglied<br />
Der Hilfswerksausschuss des<br />
Diakonie-Hilfswerks <strong>Hamburg</strong><br />
Katharina Seiler<br />
Ev. Stiftung Alsterdorf<br />
Birgit Schulz<br />
Ev. Stiftung Alsterdorf<br />
stellvertr. Mitglied<br />
Mitglied<br />
Propst Dr. Karl-Heinz Melzer<br />
Kirchenkreis <strong>Hamburg</strong>-West<br />
Pastor Dirk Ahrens<br />
Vorsitzender<br />
Geschäftsführer<br />
Hanns-Joachim Lukas-Kock<br />
Diakoniestiftung Alt-<strong>Hamburg</strong><br />
Wilfried Hans<br />
Großstadt-Mission<br />
<strong>Hamburg</strong>-Altona e.V.<br />
stellvertr. Mitglied<br />
Mitglied<br />
Pröpstin Isa Lübbers<br />
Kirchenkreis <strong>Hamburg</strong>-Ost<br />
Mitglied<br />
Pastor Dr. Friedemann Green<br />
Rauhes Haus<br />
stellvertr. Mitglied<br />
Theo Christiansen<br />
Kirchenkreis <strong>Hamburg</strong>-Ost<br />
Mitglied<br />
Bischöfin<br />
Kirsten Fehrs<br />
ber. Mitglied der<br />
Kirchenleitung<br />
Oberkirchenrat<br />
Wolfgang Vogelmann<br />
Landeskirchenamt<br />
Martin Blöcher<br />
Kirchenleitung<br />
Mitglied<br />
Mitglied<br />
Martin Blöcher<br />
Landespastorin<br />
Annegrethe Stoltenberg<br />
Pastor Dirk Ahrens<br />
stellvertr. ber. Mitglied<br />
beratend<br />
beratend<br />
Bernhard Schick<br />
Kirchenkreis <strong>Hamburg</strong>-West<br />
Mitglied<br />
Gabi Brasch<br />
beratend<br />
Professorin Barbara Rose<br />
Mitglied<br />
Stefan Rehm<br />
beratend<br />
Landespastorin<br />
Annegrethe Stoltenberg<br />
Gabi Brasch<br />
beratend<br />
beratend<br />
Landespastorin<br />
Petra Thobaben<br />
<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong><br />
Schleswig-Holstein<br />
ständiger Gast<br />
Stefan Rehm<br />
Steffen Becker<br />
beratend<br />
beratend<br />
Oberkirchenrat<br />
Wolfgang Vogelmann<br />
Landeskirchenamt<br />
ständiger Gast
Zahlen und Fakten Jahresbericht <strong>2013</strong> 37<br />
Gewinn- und Verlustrechnung 2012<br />
Erlöse<br />
Kirchliche<br />
Zuwendungen<br />
Öffentliche Mittel<br />
Spenden · Kollekten<br />
Mitgliedsbeiträge<br />
Erträge<br />
aus Dienstleistungen<br />
Zinsen<br />
Landesverband 9.251.600 €<br />
2012 4.000.300 € 43,2%<br />
2011 3.426.500 € 42,6%<br />
1.711.800 € 18,5%<br />
1.172.000 € 14,6%<br />
76.500 € 0,8%<br />
93.200 € 1,2%<br />
1.089.300 € 11,8%<br />
1.070.500 € 13,3%<br />
2.227.800 € 24,1%<br />
2.122.400 € 26,4%<br />
145.900 € 1,6%<br />
150.500 € 1,9%<br />
Diakonie−Hilfswerk 8.224.500 €<br />
2012 2.001.500 € 24,3%<br />
2011 2.264.900 € 26,8%<br />
4.216.300 € 51,3%<br />
4.053.900 € 48,1%<br />
884.300 € 10,8%<br />
973.500 € 11,6%<br />
1.019.800 € 12,4%<br />
1.025.200 € 12,2%<br />
102.600 € 1,2%<br />
107.500 € 1,3%<br />
Kosten<br />
Landesverband 8.883.100 €<br />
Diakonie−Hilfswerk 8.122.500 €<br />
Personalkosten<br />
diakonischer Aufwand ·<br />
Finanzhilfen<br />
Sachkosten<br />
Miete<br />
Abschreibung<br />
2012 5.161.500 € 58,1%<br />
2011 4.661.500 € 57,5%<br />
1.210.700 € 13,6%<br />
1.181.100 € 14,6%<br />
1.633.600 € 18,4%<br />
1.420.000 € 17,5%<br />
731.800 € 8,2%<br />
714.100 € 8,8%<br />
145.500 € 1,7%<br />
132.600 € 1,6%<br />
2012 4.025.700 € 49,6%<br />
2011 4.007.300 € 50,9%<br />
1.820.500 € 22,4%<br />
1.694.200 € 21,5%<br />
1.397.000 € 17,2%<br />
1.298.000 € 16,5%<br />
775.400 € 9,5%<br />
764.500 € 9,7%<br />
103.900 € 1,3%<br />
103.800 € 1,4%<br />
Jahresergebnis<br />
2012 368.500 €<br />
2011 -74.200 €<br />
2012 102.000 €<br />
2011 557.200 €<br />
Auflösung Rücklage<br />
Zuführung Rücklage<br />
2012 371.800 €<br />
2011 330.700 €<br />
2012 740.300 €<br />
2011 256.500 €<br />
2012 222.300 €<br />
2011 430.600 €<br />
2012 324.300 €<br />
2011 987.800 €
38 Jahresbericht <strong>2013</strong> So erreichen Sie uns<br />
So erreichen Sie uns<br />
Unsere Telefonzentrale<br />
vermittelt Ihnen gern die<br />
gewünschten Ansprechpartner:<br />
040 / 30 62 0 - 0<br />
Landespastorin:<br />
Annegrethe Stoltenberg<br />
- 238/239<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 1:<br />
Gabi Brasch - 265/266<br />
Migration und Existenzsicherung:<br />
Dr. Dirk Hauer - 367<br />
Freiwilliges Engagement:<br />
Sabine Koßmann - 286<br />
Landesverband<br />
Vorstandsbereich 2:<br />
Stefan Rehm - 212/213<br />
Eingliederungshilfe und<br />
Finanzierung:<br />
Thomas Illing - 275<br />
Pflege und Senioren:<br />
Katrin Kell - 299<br />
Diakonie-Hilfswerk<br />
<strong>Hamburg</strong>:<br />
Dirk Ahrens - 229/230<br />
Beratung und Seelsorge:<br />
Andreas Hänßgen - 260<br />
Migrations- und Frauensozialarbeit:<br />
Angela Bähr - 219<br />
Information- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit/<br />
Fundraising:<br />
Steffen Becker - 233<br />
Weltweite Diakonie:<br />
Susanne Hesemann - 232<br />
Kinder- und Jugendhilfe<br />
(betriebswirtschaftliche<br />
Beratung):<br />
Uwe Mühling - 234<br />
Kinder- und Jugendhilfe<br />
(konzeptionelle Beratung):<br />
Gerlinde Gehl - 294<br />
Mitgliederbetreuung/Statistik:<br />
Dorothee Hoppe - 302<br />
Finanz- und Rechnungswesen:<br />
Jürgen Seeba - 283<br />
Personal:<br />
Kirsten Lehne - 236<br />
Zentrale Dienste:<br />
Hans-Jörg Wulf - 270<br />
Innenrevision:<br />
Anja Zimpel - 279<br />
Datenschutzbeauftragte:<br />
Katharina Sieckmann - 277<br />
Existenzsicherung:<br />
Peter Ogon - 309<br />
Projektentwicklung Hilfswerk:<br />
Peter Schröder-Reineke<br />
- 289<br />
Qualitätsmanagementbeauftragte:<br />
Christiane Burkhardt - 203<br />
SeniorPartner:<br />
Kirsten Prehm - 253
Impressum Jahresbericht <strong>2013</strong> 39<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>Hamburg</strong><br />
- Landesverband der Inneren<br />
Mission e.V.<br />
Königstraße 54<br />
22767 <strong>Hamburg</strong><br />
Telefon 040 / 30 62 0 - 231<br />
Fax 040 / 30 62 0 - 315<br />
info@diakonie-hamburg.de<br />
www.diakonie-hamburg.de<br />
Verantwortlich und<br />
Konzeption<br />
Steffen Becker<br />
Text<br />
Anke Pieper (Schwerpunktthema),<br />
Detlev Brockes<br />
(Interview Stoltenberg,<br />
Chronik)<br />
Zahlen und Fakten<br />
Bianca Carstensen<br />
Gestaltung / Grafik<br />
Elisabeth Steuernagel<br />
Druck<br />
Druckerei Zollenspieker,<br />
<strong>Hamburg</strong><br />
Papier<br />
Umschlag:<br />
Vivus matt 170g/qm<br />
Innen:<br />
Vivus matt 130g/qm<br />
(60% Recycling-Anteil)<br />
Schrift<br />
Helvetica Neue 55 Roman,<br />
65 Medium, 95 Black<br />
Auflage<br />
1.700<br />
Stand<br />
September <strong>2013</strong><br />
Fotos<br />
Markus Scholz (Titel,<br />
Rückseite, Schwerpunktthema,<br />
Kirchentag, Stoltenberg)
<strong>Hamburg</strong><br />
Jahresbericht <strong>2013</strong><br />
Landesverband der<br />
Inneren Mission e.V.<br />
Jocelyne A.<br />
sucht seit fast zwei Jahren<br />
eine Wohnung in <strong>Hamburg</strong>:<br />
„Mein Sohn Ezechiel kennt<br />
nur diese Notunterkunft, ich<br />
bin hier angekommen, als ich<br />
hochschwanger war. Im<br />
November wird er zwei Jahre<br />
alt, er hat einen deutschen<br />
Vater und einen deutschen<br />
Pass. Ich habe einen sicheren<br />
Aufenthaltstitel, keine<br />
Schulden, lerne Deutsch und<br />
möchte eine Ausbildung<br />
machen. Ich habe eine<br />
Dringlichkeitsbestätigung und<br />
bekomme manchmal Angebote<br />
von der SAGA, aber die<br />
Wohnung erhalten am Ende<br />
immer andere. Ich bete und<br />
suche weiter, aber es ist sehr<br />
schwer.“<br />
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