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Großgefäßvaskulitiden

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Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin<br />

<strong>Großgefäßvaskulitiden</strong><br />

Federico Tatò<br />

Intensivkurs Angiologie, Dresden 27.11.2010


Kasuistik<br />

• 67 jähriger, bisher gesunder Mann<br />

• Seit 9/2009 Myalgien und Muskelschwäche in Armen<br />

und Beinen, Sturzsenkung, hohes CRP, Anämie<br />

• Mehrere Arztbesuche und stationäre Abklärung ohne<br />

Diagnose<br />

• Seit 2/2010 Angina pectoris und Dyspnoe, es wird die<br />

Indikation zur ACVB Operation gestellt<br />

• Vorstellung in der Gefäßmedizin zum prä-Op Duplex<br />

der hirnversorgenden Arterien


Kasuistik<br />

• Nach erfolgreicher ACVB und Abschluss<br />

der Wundheilung Beginn der Therapie mit<br />

täglich 80 mg Prednisolon.<br />

• Der Patient wurde innerhalb weniger Tage<br />

Beschwerdefrei, und voll arbeitsfähig, die<br />

Laborwerte haben sich normalisiert.<br />

• Die aktuelle Prednisolon-Dosis beträgt<br />

7 mg/d


Einteilung der Vaskulitiden<br />

- anatomisch / histologisch -<br />

Gefäßregion Granulomatös Nicht-granulomatös<br />

Groß<br />

Aorta und große<br />

Arterien<br />

Mittel<br />

Mittlere und kleine<br />

Arterien<br />

Klein<br />

Kleine Arterien,<br />

Arteriolen,<br />

Venolen,<br />

Kapillaren<br />

• Riesenzellarteriitis /<br />

Aretriitis temporalis<br />

• Takayasu Arteriitis<br />

“Aortitis“<br />

Wegnersche Granulomatose<br />

Churg-Strauss-Syndrom<br />

Panarteriitis nodosa<br />

Kawasaki-Syndrom<br />

Mikroskopische Poliangiitis<br />

Purpura Schönlein-Henoch<br />

Leukozytoklastische Vask.<br />

Kryoglobulinämische Vask.


Nicht-okkludierender<br />

Verlauf<br />

okkludierender Verlauf<br />

Weyand MC et al. N Engl J Med 2003;349:160


Takayasu Arteriitis<br />

Riesenzellarteriitis<br />

(Arteriitis temporalis)


Arteriitis temporalis /<br />

Riesenzellarteriitis<br />

• Inzidenz 15 bis 25/100.000<br />

• Alter, Geschlechtsverteilung > 50 Jahre, F/M 2:1<br />

• Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust 50%<br />

• PMR (proximale Muskelschmerzen, Morgensteifigkeit,<br />

Arthralgien) 40%<br />

• (temporaler) Kopfschmerz 65%<br />

• Kauclaudicatio 45%<br />

• Visusverlust 20%<br />

• Neurologische Symptome<br />

(PNP, Mononeuropathien, TIA, Apoplex) 30%<br />

• Husten, Halsschmerzen, Heiserkeit 10%<br />

• Beteiligung der A. subclavia und axillaris 10-15%<br />

• Beteiligung der Aorta und anderer großer Arterien ?<br />

• Laborbefunde:<br />

stark erhöhte BKS und CRP (80 – 90%), Thrombozytose, Anämie,<br />

erhöhte Leberwerte (30%)


Auch die RZA ist eine systemische<br />

Vaskulitis großer Arterien.<br />

• 10 – 15% der Patienten mit RZA haben klinisch manifeste Stenosen<br />

oder Verschlüsse der A. subclavia und/oder axillaris.<br />

• Extremitätengefährdende Durchblutungsstörung der unteren<br />

Extremitäten kommen bei RZA vor.<br />

• Das Risiko von Aortenaneurysmen und Aortendissektionen ist<br />

deutlich erhöht: 17,3-faches Risiko thorakal, 2,4-faches Risiko<br />

abdominell.<br />

• Im Langzeitverlauf entwickeln bis zu 30% der Patienten mit RZA<br />

peripher-vaskuläre Komplikationen.


24 konsekutive Patienten mit neu<br />

diagnostizierter RZA<br />

cranial GCA (n = 11)<br />

positive / studied (%)<br />

extracranial GCA (n = 8)<br />

positive / studied (%)<br />

FUO (n = 5)<br />

positive / studied (%)<br />

TA involvement by biopsy and/or<br />

duplex<br />

10 / 11 (91%) 2 / 8 (25%) 1 / 5 (20%)<br />

UE clinical involvement 2 / 11 (18%) 6 / 8 (75%) 0 / 5<br />

UE sonographic involvement 2 / 11 (18%) 7 / 8 (88%) 4 / 5 (80%)<br />

UE FDG-PET positve 3 / 11 (27%) 6 / 8 (75%) 4 / 5 (80%)<br />

LE clinical involvement 0 / 11 6 / 8 (75%) 0 / 5<br />

LE sonographic involvement 4 / 11 (36%) 6 / 8 (75%) 2 / 5 (40%)<br />

LE FDG-PET positve 9 / 11 (82%) 8 / 8 (100%) 5 / 5 (100%)<br />

Aorta FDG-PET positive 3 / 11 (27%) 6 / 8 (75%) 4 / 5 (80%)<br />

Gefäßzentrum der LMU München


Takayasu Arteriitis<br />

• Inzidenz 1 bis 3/1000.000<br />

• Alter, Geschlechtsverteilung 10 - 40 Jahre, 80 – 90% Frauen<br />

• Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust 43%<br />

• Arthralgien, Myalgie 53%<br />

• Erythema nodosum 8%<br />

• Armclaudicatio 62%<br />

• Beinclaudicatio 32%<br />

• Carotidodynie 32%<br />

• Schwindel, TIA, Apoplex, Amaurosis fugax 57%<br />

• Kardiale Symptome (20% Aorteinsuffizienz) 38%<br />

• Arterielle Hypertonie (85% wegen NAST) 33%<br />

• Laborbefunde:<br />

stark erhöhte BKS und CRP (70 - 80%), Thrombozytose, Anämie<br />

nach: Kerr GS et al. Ann Intern Med 1994;120:919


Ziele der vaskulären Diagnostik bei<br />

Großgefäßvaskulitis<br />

• Sicherung der Diagnose<br />

• Beurteilung der Ausdehnung des vaskulären Befalls<br />

• Beurteilung des Schweregrades einer evtl. Ischämie<br />

• Beurteilung des Verlaufes unter Therapie


Klinische Gefäßuntersuchung bei<br />

V.a. Großgefäßvaskulitis<br />

• Kompletter Pulsstatus<br />

• Exakte Auskultation der gesamten<br />

arteriellen Strombahn (A. axillaris!)<br />

• Inspektion und Palpation der A. temporalis<br />

• Dopplerdruckmessung an beiden Armen<br />

und an den Knöchelarterien<br />

• Segmentale Oszillographie der oberen<br />

und/oder unteren Extremität<br />

Arterielle Strömungsgeräusche in<br />

der Axilla sind ein häufiger und<br />

sehr typischer Gefäßbefund<br />

bei extrakranieller RZA und TA.


Duplexsonographie der<br />

Temporalarterien


Duplexsonographie der<br />

Temporalarterien bei RZA<br />

• Bei geeigneter technischer Ausstattung (10 – 15 MHz-<br />

Schallkopf) und erfahrenem Untersucher ist eine<br />

Sensitivität bis über 75% und eine Spezifität bis über<br />

95% möglich.<br />

• Die Duplexsonographie ist eindeutig sensitiver als die<br />

klinische Untersuchung.<br />

• Die Duplexsonographie ist besonders hilfreich bei<br />

klinisch wenig auffälligen Temporalarterien und/oder<br />

atypischer Klinik.


Sonomorphologie der Großgefäßvaskulitis<br />

der Schulter- und Halsarterien


Sonomorphologie der femoropoplitealen<br />

Großgefäßvaskulitis


DSA bei Großgefäßvaskulitis


73-jähriger Mann mit histologisch gesicherter<br />

Arteriitis temporalis und rasch progredienter pAVK.<br />

Tatò F. J Vasc Surg 2006


75-jähriger Mann mit kritischer Ischämie<br />

beider Beine.<br />

Histologisch gesicherte RZA der femoropoplitealen<br />

Strombahn.


68-jährige Frau mit kritischer Ischämie<br />

beider Beine und beider Arme.<br />

Histologisch gesicherte RZA der femoropoplitealen<br />

Strombahn.


CT und MRT bei Großgefäßvaskulitis


CT bei thorakaler Aortitis


MRT bei Takayasu Arteriitis<br />

Choe YH et al. AJR 2000;175:505


MRA bei Großgefäßvaskulitis<br />

Tatò F. et al. Int Angiol 2005<br />

40-jährige Patientin mit Takayasu Arteriitis.<br />

Vorstellung mit Drop-Attacks, Gewichtsabnahme,<br />

allgemeinem Krankheitsgefühl.


18<br />

F-FDG-PET bei Großgefäßvaskulitis


18<br />

F-FDG PET in der<br />

Vaskulitisdiagnostik<br />

•<br />

18<br />

Fuorodesoxyglukose wird proportional zum<br />

Glukosestoffwechsel im Gewebe angereichert.<br />

• Bei entzündlicher Aktivität in der Gefäßwand kommt es<br />

zu einer Mehranreicherung im Gefäßverlauf.<br />

• Bei Takayasu Arteriitis Sensitivität 92%, Spezifität 100%<br />

(Webb M et al. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2004; 31:627).


18<br />

F-FDG PET bei Takayasu Arteriitis


18<br />

F-FDG PET bei Takayasu Arteriitis vor und nach Therapie<br />

Kissin EY et al. Curr Opin Rheumatol 2004;16:31


18<br />

F-FDG PET bei Riesenzellarteriitis<br />

Blockmans et al. Arthritis Rheum 2006


Zunahme der arteriellen 18 F-FDG<br />

Aufnahme im Alter


Arterielle Speicherung bei älteren<br />

Patienten ohne Vaskulitis


75-jährige Patientin mit Armclaudicatio<br />

und B-Symptomatik.<br />

Histologisch gesicherte Arteriitis temporalis.<br />

Klinisch keine Stenosen der Beinarterien.<br />

A. axillaris A. femoralis superficialis


56-jährige Frau mit FUO, Sturzsenkung,<br />

Anämie und Thrombozytose seit 3 Monaten.<br />

Klinisch unauffällige Gefäßuntersuchung.


68-jähriger Patient mit Arteriitis temporalis:<br />

Vaskulitis oder Arteriosklerose?


Die Therapie der Großgefäßvaskultis<br />

- Gibt es was Neues? -


Übliche Therapie der<br />

Großgefäßvaskulitis<br />

• Prednison Initialdosis 40 – 60 mg/d (1 mg/kg)<br />

• Nach 2 bis 4 Wochen Dosisreduktion um etwa 10% alle<br />

2 Wochen bis zu einer möglichst niedrigen<br />

Erhaltungsdosis.<br />

• Erster Auslassversuch nach 2 Jahren


• Prednison ist sehr gut wirksam.<br />

• Vaskuläre Komplikationen sind unter<br />

suffizienter Prednison-Therapie selten.<br />

Aber<br />

• Rezidive während der Dosisreduktion<br />

sind häufig.<br />

• Viele Patienten brauchen über längere<br />

Zeit hohe Prednison-Dosen.<br />

• 80% der Patienten erleben mindestens<br />

eine schwere Cortison-Nebenwirkung


Initiale Pulstherapie mit 1,0 g<br />

Methylprednisolon i.v. über drei Tage


ASS und ischämische Ereignisse bei<br />

RZA (Retrospektive Studie an 146 Patienten)


Steroideinsparung durch<br />

Immunsuppressiva?<br />

• MTX (7,5 bis 15 mg/Woche)<br />

3 RCT mit unterschiedlichen Ergebnissen<br />

Metaanalyse: Risikoreduktion des 1. Rezidivs um 35%<br />

und des 2. Rezidivs um 51%.<br />

(Mahr AD et al. Arthritis Rheum 2007)<br />

• Azathioprin (100 bis 150 mg/d)<br />

1 kleine RCT bei RZA und PMR: statistisch nicht<br />

signifikante Reduktion der Steroiddosis nach 52<br />

Wochen. (De Silva M et al. Ann Rheum Dis 1986)


TNF-α-Blocker bei der<br />

Großgefäßvaskultis?<br />

• 1 Positive, nicht-radomisierte Studie über Infliximab oder Etanercept<br />

bei 15 Patienten mit therapierefraktärer Takayasu Arteriitis. (Hoffman<br />

GS et al., Arthritis Rheumatism 2004)<br />

• 1 Abgebrochene RCT zu Infliximab bei der Initialtherapie der RZA.<br />

(Hoffman GS et al., Ann Intern Med 2007)<br />

• 1 Abgebrochene RCT zu Infliximab bei der Initialtherapie der PMR.<br />

(Salvarani C et al. Ann Intern Med 2007)<br />

• 1 Positive RCT zu Etanercept bei Patienten mit schwer<br />

behandelbarer RZA und Steroid-Nebenwirkungen. (Martinez-Taboada VM<br />

et al. Ann Rheum Dis 2008)


Invasive Gefäßeingriffe<br />

bei Großgefäßvaskulitis<br />

• An erster Stelle sollte immer<br />

die konservative Therapie<br />

stehen.<br />

• Die Ischämie-Symptome<br />

bessern sich oft erheblich nach<br />

Einleitung der immunsuppressiven<br />

Therapie.<br />

• Besonders Obstruktionen der<br />

Schulterarterien werden in der<br />

Regel sehr gut kollateralisiert.


Invasive Gefäßeingriffe<br />

bei Großgefäßvaskulitis<br />

• Bei nicht mehr aktiver Vaskulitis sind<br />

sowohl perkutane Rekanalisationen als<br />

auch gefäßchirurgische<br />

Rekonstruktionen technisch möglich.<br />

• Die Langzeitergebnisse perkutaner<br />

Eingriffe scheinen im Vergleich zur<br />

Arteriosklerose schlechter zu sein.<br />

• In den publizierten Daten zur<br />

Gefäßrekonstruktion bei Takayasu<br />

Arteriitis schneidet die Chirurgie besser<br />

ab als die PTA.<br />

• Zu Gefäßinterventionen bei<br />

extrakranieller RZA gibt kaum Literatur.

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