Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Februar 2011 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Februar 2011 - Der Fels
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– eben wegen der Verfolgung. Wie<br />
notwendig Hilfe und mediale Aufmerksamkeit<br />
für <strong>die</strong> Christen <strong>in</strong> islamischen<br />
Ländern s<strong>in</strong>d, wird nicht erst<br />
durch <strong>die</strong> Morde und Anschläge der<br />
letzten Monate deutlich. <strong>Der</strong> Bonner<br />
Menschenrechtler und evangelische<br />
Theologe Professor Thomas Schirrmacher<br />
kommt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em „<strong>Jahr</strong>buch<br />
zur Christenverfolgung“ zu dem Ergebnis:<br />
Zwischen 80 und 90 Prozent<br />
aller religiös Verfolgten s<strong>in</strong>d Christen.<br />
Und nirgendwo würden Christen öfter<br />
und stärker verfolgt und diskrim<strong>in</strong>iert<br />
als <strong>in</strong> islamischen Ländern. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
ist <strong>in</strong> der Politik <strong>die</strong>ses Wissen noch<br />
nicht <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> vorgedrungen.<br />
Das zeigte <strong>die</strong> Diskussion im Bundestag<br />
kurz vor Weihnachten. Grüne und<br />
L<strong>in</strong>ke warnten vor Islamfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />
<strong>in</strong> Deutschland und wollen den Islam<br />
mit dem Christentum gleichsetzen.<br />
Das ist beim Grünen-Vorsitzenden<br />
Özdemir noch verständlich, weil er<br />
selber Muslim ist. Aber auch wenn er<br />
e<strong>in</strong>en moderaten Islam vertritt, so ist<br />
das weltweit gesehen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelstimme.<br />
Bei se<strong>in</strong>en Kollegen <strong>in</strong> der Partei<br />
wie zum Beispiel Ströbele und bei der<br />
L<strong>in</strong>ken handelt es sich schlicht um<br />
Christenfe<strong>in</strong>dlichkeit. Toleranz gilt<br />
nur, solange man gleich denkt. Ströbeles<br />
Toleranz zeigt sich daran, dass<br />
er bei e<strong>in</strong>er Rede des Papstes im Bundestag<br />
das Hohe Haus verlassen will.<br />
Se<strong>in</strong>e Gleichschaltung der Religionen<br />
und des Denkens hat totalitäre Züge.<br />
Man wird von <strong>die</strong>sen Leuten und<br />
auch aus den C-Parteien demnächst im<br />
Zuge der Vorbereitungen zum Papst-<br />
Besuch natürlich auch das Argument<br />
hören: Warum lassen wir <strong>die</strong> Muslime<br />
und anderen nicht e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> Ruhe?<br />
Sie haben ihre Wahrheit, wir haben<br />
unsere. Lasst uns <strong>in</strong> Frieden mite<strong>in</strong>ander<br />
leben, und lassen wir e<strong>in</strong>en jeden<br />
so se<strong>in</strong>, wie er ist, damit er <strong>die</strong> eigene<br />
Identität so gut wie möglich verwirklichen<br />
kann. Diese Argumentation ist<br />
der Kirche natürlich nicht fremd. <strong>Der</strong><br />
Papst selbst antwortete darauf während<br />
se<strong>in</strong>es Angola-Besuch im März<br />
2009 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Predigt <strong>in</strong> der Kirche<br />
Sao Paolo <strong>in</strong> Luanda: „Wenn wir überzeugt<br />
s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong> Erfahrung gemacht<br />
haben, dass das Leben ohne Christus<br />
unvollständig ist, dass e<strong>in</strong>e Wirklichkeit<br />
– und zwar <strong>die</strong> grundlegende<br />
Wirklichkeit – fehlt, dann müssen<br />
wir auch davon überzeugt se<strong>in</strong>, dass<br />
wir niemandem Unrecht tun, wenn<br />
wir ihm Christus br<strong>in</strong>gen und ihm <strong>die</strong><br />
Möglichkeit anbieten, auf <strong>die</strong>se Weise<br />
auch se<strong>in</strong>e wahre Identität zu f<strong>in</strong>den,<br />
<strong>die</strong> Freude, das Leben gefunden zu<br />
haben. Ja, wir müssen es sogar tun, es<br />
ist unsere Pflicht, allen <strong>die</strong>se Möglichkeit<br />
anzubieten, das ewige Leben zu<br />
erlangen.“ Genau das tun <strong>die</strong> Christen<br />
<strong>in</strong> Nahost alle<strong>in</strong> durch ihre Präsenz,<br />
ganz ohne Mission. Schon deshalb ist<br />
es auch e<strong>in</strong>e Pflicht der Christen <strong>in</strong> Europa,<br />
nicht nur <strong>die</strong> Religionsfreiheit für<br />
sie und alle Gläubigen zu unterstützen,<br />
sondern auch <strong>die</strong> Präsenz der Christen<br />
<strong>in</strong> den islamischen Ländern zu fördern.<br />
Diese Präsenz ist für alle Menschen<br />
gut, auch für <strong>die</strong> Muslime. Das<br />
zeigen <strong>die</strong> Schulen und Krankenhäuser<br />
der Christen jeden Tag aufs Neue.<br />
Diese Tatsachen sollten <strong>die</strong> verständnisvollen<br />
Gutmenschen hierzulande<br />
wenigstens daran er<strong>in</strong>nern, <strong>die</strong> Kirche<br />
im Dorf zu lassen – auch im globalen<br />
Dorf, auch <strong>in</strong> Europa. Religionsfreiheit<br />
ja – aber bitte für alle! q<br />
„Ursprüngliche und vollwertige Bürger“<br />
ren Beitrag zu der Gesellschaft<br />
leisten können, deren vollgültige<br />
Mitglieder sie s<strong>in</strong>d. Auch <strong>in</strong> Ägypten,<br />
<strong>in</strong> Alexandrien, hat der Terrorismus<br />
Gläubige beim Gebet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kirche brutal getroffen. Diese<br />
Folge von Angriffen ist e<strong>in</strong> weiteres<br />
Zeichen für <strong>die</strong> dr<strong>in</strong>gende Notwendigkeit,<br />
dass <strong>die</strong> Regierungen<br />
der Region trotz der Schwierigkeiten<br />
und der Drohungen wirksame<br />
Maßnahmen zum Schutz<br />
der religiösen M<strong>in</strong>derheiten ergreifen.<br />
Muss es noch e<strong>in</strong>mal gesagt<br />
werden? „Die Christen“ im<br />
Nahen Osten „s<strong>in</strong>d ursprüngliche<br />
und vollwertige Bürger, <strong>die</strong> loyal<br />
zu ihrer Heimat und zu allen ihren<br />
staatsbürgerlichen Pflichten stehen.<br />
Es versteht sich von selbst,<br />
dass sie alle Rechte der Staatsbürgerschaft,<br />
der Gewissens- und<br />
Religionsfreiheit, der Freiheit im<br />
Erziehungs- und Bildungswesen<br />
sowie beim Gebrauch der sozialen<br />
Kommunikationsmittel <strong>in</strong><br />
Anspruch nehmen können“ (Botschaft<br />
der Sonderversammlung<br />
der Bischofssynode für den Nahen<br />
Osten an das Volk Gottes, Nr.<br />
10). In <strong>die</strong>ser H<strong>in</strong>sicht schätze<br />
ich <strong>die</strong> Aufmerksamkeit für <strong>die</strong><br />
Rechte der Schwächsten und den<br />
politischen Weitblick, den manche<br />
Länder Europas <strong>in</strong> den letzten<br />
Tagen bewiesen haben, <strong>in</strong>dem<br />
sie e<strong>in</strong>e konzertierte Antwort der<br />
Europäischen Union zum Schutz<br />
der Christen im Nahen Osten forderten.<br />
Ich möchte schließlich<br />
daran er<strong>in</strong>nern, dass das Recht<br />
auf Religionsfreiheit dort ke<strong>in</strong>e<br />
volle Anwendung f<strong>in</strong>det, wo nur<br />
<strong>die</strong> Kultusfreiheit, noch dazu mit<br />
E<strong>in</strong>schränkungen, gewährleistet<br />
wird. Ferner lade ich e<strong>in</strong>, <strong>die</strong><br />
umfassende Wahrung der Religionsfreiheit<br />
und der anderen Menschenrechte<br />
durch Programme<br />
zu begleiten, <strong>die</strong> von der Grund-<br />
schule an und im Rahmen des Religionsunterrichts<br />
zum Respekt<br />
gegenüber allen Brüdern und<br />
Schwestern <strong>in</strong> der Menschheit<br />
erziehen. Was <strong>die</strong> Länder auf der<br />
Arabischen Halb<strong>in</strong>sel betrifft, wo<br />
zahlreiche zugewanderte christliche<br />
Arbeiter leben, wünsche ich,<br />
dass <strong>die</strong> katholische Kirche über<br />
geeignete pastorale Strukturen<br />
verfügen kann.<br />
Unter den Normen, <strong>die</strong> das Recht<br />
der Menschen auf Religionsfreiheit<br />
verletzen, muss das Gesetz<br />
gegen Blasphemie <strong>in</strong> Pakistan<br />
besondere Erwähnung f<strong>in</strong>den: Ich<br />
ermutige <strong>die</strong> Verantwortungsträger<br />
<strong>die</strong>ses Landes erneut, <strong>die</strong><br />
nötigen Anstrengungen zu unternehmen,<br />
es aufzuheben, umso<br />
mehr, da es offensichtlich als Vorwand<br />
<strong>die</strong>nt, Ungerechtigkeit und<br />
Gewalt gegen <strong>die</strong> religiösen M<strong>in</strong>derheiten<br />
zu provozieren“.<br />
DER FELS 2/<strong>2011</strong> 41