Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Februar 2011 - Der Fels
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Franz Xaver Nguyen van Thuan, geb. 1928 <strong>in</strong> Hue/Vietnam,<br />
1953 Priester, 1967 Bischof von Nhatrang, 1975<br />
Erzbischof-Koadjutor <strong>in</strong> Saigon; 1975-1988 gefangen <strong>in</strong><br />
kommunistischen Umerziehungslagern, davon neun <strong>Jahr</strong>e<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelhaft; 1988 von Papst Johannes Paul II. nach<br />
Rom berufen; 1998 Präsident des Päpstlichen Rates für<br />
Gerechtigkeit und Frieden, 2001 Kurienkard<strong>in</strong>al; gestorben<br />
am 19.9.2002, 2007 E<strong>in</strong>leitung des Seligsprechungsprozesses.<br />
„Ich b<strong>in</strong> im Gefängnis und warte auf e<strong>in</strong>e Gelegenheit,<br />
um etwas wirklich Großes zu vollbr<strong>in</strong>gen … Ne<strong>in</strong>, ich ergreife<br />
<strong>die</strong> Gelegenheiten, <strong>die</strong> sich mir jeden Tag bieten, um<br />
alltägliche Taten außergewöhnlich zu vollbr<strong>in</strong>gen. Jesus,<br />
ich werde nicht warten, ich lebe <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Augenblick und<br />
werde ihn mit Liebe erfüllen.“ (Hoffnungswege, S. 22)<br />
EU-Kommissar von e<strong>in</strong>er wachsenden<br />
„Christophobie“ <strong>in</strong> Europa. Wäre<br />
Buttiglione Jude gewesen, hätte ihm<br />
niemand jene <strong>in</strong>quisitorischen Fragen<br />
gestellt, deren Beantwortung ihn angeblich<br />
für das Amt disqualifizierte. 5<br />
Auch der frühere britische Premierm<strong>in</strong>ister<br />
Tony Blair warnte vor e<strong>in</strong>em<br />
„aggressiven Säkularismus“. In e<strong>in</strong>em<br />
Interview vom März 2009 sagte<br />
er, er hoffe, dass Berichte über E<strong>in</strong>schränkungen<br />
der Religionsfreiheit<br />
im öffentlichen Dienst nur e<strong>in</strong>zelne<br />
Ausnahmen seien. Blair bezog sich<br />
dabei auf <strong>die</strong> zeitweilige Suspen<strong>die</strong>rung<br />
e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>deschwester, <strong>die</strong><br />
mit Patienten gebetet hatte. Er selbst<br />
bedauere <strong>in</strong>zwischen, während se<strong>in</strong>er<br />
Amtszeit als Premierm<strong>in</strong>ister nicht<br />
mutiger über se<strong>in</strong>en Glauben gesprochen<br />
zu haben, aus Furcht, dass <strong>die</strong><br />
Wähler ihn für „irre“ gehalten hätten.<br />
6<br />
Für Christen stellt sich heute <strong>die</strong><br />
Gewissensfrage, welche materiellen<br />
Nachteile und sozialen Blessuren<br />
sie für ihre Glaubensüberzeugungen<br />
zu erleiden bereit s<strong>in</strong>d. Solche Opfer<br />
können leichter fallen im Blick<br />
auf das Vorbild der verfolgten Christen.<br />
Ihr tapferes Widerstehen speist<br />
sich aus e<strong>in</strong>er geistlichen Kraft, <strong>die</strong><br />
wir heute nötig brauchen. E<strong>in</strong> prom<strong>in</strong>enter<br />
Vertreter der vietnamesischen<br />
Märtyrerkirche mit e<strong>in</strong>em langen persönlichen<br />
Leidensweg, François-Xavier<br />
Nguyen Van Thuan, der im <strong>Jahr</strong><br />
2000 als erster Asiat im Vatikan <strong>die</strong><br />
päpstlichen Exerzitien hielt 7 , brachte<br />
se<strong>in</strong>e Treue zu Christus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz<br />
auf den Punkt, den sich manche hierzulande<br />
h<strong>in</strong>ter den Spiegel stecken<br />
können: „Me<strong>in</strong> Glaube war nicht<br />
käuflich. Um ke<strong>in</strong>en Preis konnte er<br />
abgelegt werden, und sei es auch der<br />
Preis e<strong>in</strong>es glücklichen Lebens“. 8<br />
5.<br />
Säkularisierung: Mehr<br />
Implosion als Erosion<br />
des Christentums<br />
Zwar besteht generell <strong>in</strong> unserer<br />
Gesellschaft noch ke<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>dseliges,<br />
sondern e<strong>in</strong> ambivalentes Verhältnis<br />
zu Glaube und Kirche. Beiträge der<br />
Kirchen zur Sozialarbeit, Krankenfürsorge,<br />
Entwicklungshilfe und <strong>in</strong>ternationalen<br />
Verständigung f<strong>in</strong>den<br />
breite Anerkennung. <strong>Der</strong> Pfarrer lag<br />
noch 2008 unter den am meisten geschätzten<br />
Berufen auf Platz zwei h<strong>in</strong>ter<br />
dem Arzt; <strong>die</strong> nächste Allensbach-<br />
Umfrage kann man mit Spannung<br />
erwarten. 9 Die Hälfte der Deutschen<br />
me<strong>in</strong>t, „dass der christliche Glaube <strong>in</strong><br />
unserer <strong>Zeit</strong> noch wichtig ist“, kaum<br />
e<strong>in</strong> Drittel (30%) hält ihn für „zu wenig<br />
zeitgemäß und überholt“. 10 40<br />
Prozent me<strong>in</strong>en, man werde „durch<br />
den Glauben, wenn man ihn ernst<br />
nimmt, e<strong>in</strong> besserer Mensch“. 11 46<br />
Prozent bezeichnen sich selbst als<br />
„religiöser Mensch“. 12 E<strong>in</strong>e Mehrheit<br />
ist das schon nicht mehr. Anzeichen<br />
für e<strong>in</strong>e Renaissance von Religiosität<br />
sieht der Allensbacher „Trendmonitor<br />
Religiöse Kommunikation 2010“<br />
nicht.<br />
Blickt man auf den Langzeittrend<br />
und auf zukunftsrelevante Daten,<br />
dann zeigt sich <strong>die</strong> Säkularisierung<br />
Deutschlands dramatischer, als viele<br />
sich das bisher bewusst machen. Seit<br />
1950 hat sich <strong>die</strong> Zahl der deutschen<br />
Protestanten fast halbiert, <strong>die</strong> katholische<br />
Gottes<strong>die</strong>nst-Teilnehmerquote<br />
fiel von 50 auf 12 Prozent. Im historischen<br />
Maßstab ist <strong>die</strong>se Entchristlichung<br />
eher Implosion als Erosion.<br />
<strong>Der</strong> nom<strong>in</strong>ell christliche Bevölkerungsanteil<br />
<strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />
sank seit 1970 von 93 auf 63 Prozent,<br />
wobei auf das Konto der Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />
nur e<strong>in</strong> Drittel des<br />
Rückgangs geht. Unter den verbleibenden<br />
Kirchenmitgliedern s<strong>in</strong>d jede<br />
Menge „getaufte Heiden“, <strong>die</strong> kaum<br />
noch Ahnung vom christlichen Glauben<br />
haben und unfähig s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong>sen<br />
weiterzugeben. Von den 16-29jährigen,<br />
also den Erziehern der kommenden<br />
Generation, betrachten nur noch<br />
15 Prozent e<strong>in</strong>e religiöse Erziehung<br />
als „wichtig für K<strong>in</strong>der“. 13 Man kann<br />
sich also ausrechnen, wie viele Gläubige<br />
aus der „Hauskirche Familie“ <strong>in</strong><br />
Zukunft noch hervorgehen werden.<br />
Auf Ressentiments stößt <strong>in</strong> der<br />
deutschen Gesellschaft vor allem <strong>die</strong><br />
katholische Kirche, obwohl sie viel<br />
weniger Austritte zu verzeichnen hat.<br />
Etwa doppelt so viele Deutsche misstrauen<br />
der katholischen Kirche wie<br />
der evangelischen. Unzufriedenheit<br />
mit ihrer Kirche äußern Katholiken<br />
vor allem bei den Themen Empfängnisverhütung<br />
(85%), Zölibat (81%),<br />
Haltung zur Sexualität (79%) und<br />
Rolle der Frau <strong>in</strong> der Kirche (73%).<br />
Mehr als zwei Drittel der Katholiken<br />
missbilligen den kirchlichen Umgang<br />
mit Kritikern (69%) und mit Homosexuellen<br />
(68%). 14 Nur bei zwei Themen<br />
ist <strong>die</strong> Unzufriedenheit seit 2002<br />
ger<strong>in</strong>ger geworden: beim kirchlichen<br />
DER FELS 2/<strong>2011</strong> 45