Oktober - Der Fels
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„Uns immerfort<br />
beispielhaft voraus“<br />
Die Barmherzigen Brüder des heiligen<br />
Johannes von Gott legen außer<br />
den Gelübden der Armut, der ehelosen<br />
Keuschheit und des Gehorsams<br />
ein viertes ab: das der „Hospitalität“,<br />
das Versprechen christlichen<br />
Dienstes an den Kranken. Was Frater<br />
Matthias Heidenreich, von 1980<br />
bis 1992 Provinzial der Bayerischen<br />
Provinz der Barmherzigen Brüder,<br />
über den Geist der Hospitalität<br />
schreibt 1 , gilt gewiss nicht nur für die<br />
Mitglieder seines Ordens:<br />
Über Fr. Eustachius haben Sie ja<br />
alle schon einmal etwas gehört oder<br />
gelesen, wenig stens über die markantesten<br />
Stationen seines Lebens wie:<br />
Geburt, Schulbesuch, Schlos serlehre<br />
in München, Sturz vom Baugerüst, Ordenseintritt<br />
in Reichenbach, Noviziat,<br />
Profess, die Wahl zum Prior und Provinzial,<br />
Bau des Regensburger Krankenhauses,<br />
Gestapo-Verhöre, sein<br />
heiligmäßiges Sterben, seine bis heute<br />
andauernde öffentliche Verehrung,<br />
sein Seligsprechungsprozess usw. Das<br />
sind zwar wichtige Marksteine auf<br />
seinem Lebensweg, aber sie spiegeln<br />
nicht den ganzen Ordensmann Eustachius<br />
Kugler wider. Denken wir nur<br />
an seine „geistlichen Vorsätze“. Das<br />
sind zwar nur einige wenige Blätter,<br />
jedoch von großer Aussagekraft. Sie<br />
gewähren einen tiefen Einblick in das<br />
Ringen eines Mannes auf dem Weg<br />
der Nachfolge Christi und zeugen<br />
von einem unaufhörlichen gei stigen<br />
Kampf von 1893 bis 1946. Fr. Eustachius<br />
ist nicht der Mann großer Worte.<br />
Er spricht nicht viel. Frater Eustachius<br />
meidet jede geschwätzige und oberflächliche<br />
Öf fentlichkeit, die sich in<br />
ihrer Prahlsucht wohl fühlt. Musste es<br />
dennoch sein, dann bleibt er bescheiden<br />
im Hintergrund.<br />
Fr. Eustachius sucht die Stille, die<br />
Gemeinschaft mit Gott im Gebet.<br />
Und gerade das ist die Quelle, aus der<br />
er sein Leben lang schöpft. Das Gebet<br />
bezeichnet er als „die Seele des<br />
Ordensmannes“ (1940). Wir tun uns<br />
heute schwer, das beharrliche Gebet<br />
eines Eustachius Kuglers in rechter<br />
Weise zu verstehen. Gebet verlangt<br />
Stille. Christus geht in die Einsamkeit,<br />
um zu beten (Lk 5,16). Frater Eustachius<br />
weiß um seine Schwachheit und<br />
Bruder Eustachius Kugler (1867-<br />
1946) – „Ich muss Christus in<br />
jedem Menschen und in jedem<br />
Kranken vor Augen haben“ (1895)<br />
– „<strong>Der</strong> schnellste und sicherste Weg<br />
zur Vollkommenheit ist der Weg der<br />
Liebe. Alles aus Liebe zu Gott“<br />
(1897).<br />
sein Unvermögen, darum betet er vertrauensvoll<br />
zu Gott. Er bittet nicht um<br />
Klein liches oder gar Überflüssiges, er<br />
bittet demütig für seine Kranken und<br />
für seine Mitbrü der. Das Wort Christi:<br />
„Ohne mich könnt ihr nichts tun“<br />
(vgl. Joh. 15,6), nimmt er ganz wörtlich.<br />
Wissend um seine Abhängigkeit<br />
lobt er Gott und empfängt von Gott.<br />
Von Jugend an weiß er: „An Gottes<br />
Segen ist alles gelegen!“.<br />
Den Kranken und Behinderten<br />
gegenüber schiebt er jeden Unterschied<br />
von Herkunft und Religion<br />
beiseite. Für ihn sind sie alle Kinder<br />
Gottes, denen er nahe sein will. Ihre<br />
Krankheit oder Behinderung sieht er<br />
nicht als rein medizinischen „Fall“,<br />
sondern seine Sorge gilt dem ganzen<br />
Menschen mit Leib und Seele.<br />
Nicht in perfekter Organisation und<br />
reibungslosem Ablauf der Krankenpflege<br />
kann er die Hospitalität des<br />
Ordens er blicken, vielmehr fördert er<br />
Ein Blick in die Eustachius-<br />
Kugler-Gedächtnisstätte<br />
in der St. Pius-Kirche des<br />
Krankenhauses der Barmherzigen<br />
Brüder in Regensburg.<br />
in den Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen<br />
die alte Caritas<br />
mit neuen und modernen Mitteln.<br />
Herzstück der Hospitalität müssen<br />
Güte, erbarmende Liebe und Zuwendung<br />
zum kranken und behinderten<br />
Menschen sein, was natürlich genaue<br />
Diagnostik und eine sachgerechte<br />
Pflege einschließt. Unsere Zeitverhältnisse<br />
... verlangen nicht minder<br />
das Gebet, damit weiter bestehe, was<br />
1622 in Neuburg beginnt 2 und in allen<br />
Wechselfällen der Zeiten standhält.<br />
Das kann aber nicht das Werk<br />
von Menschen sein. Die Menschen<br />
– in diesem Fall un sere Vorfahren im<br />
Orden – sind dabei die Werkzeuge.<br />
Ein Werkzeug von erlesener Art hat<br />
Gott in seinem Diener, Fr. Eustachius<br />
Kugler, sichtbar gemacht. Für uns,<br />
die Barmherzigen Brüder, gehört Fr.<br />
Eustachius nicht der Vergangenheit<br />
an; er ist uns immerfort beispielhaft<br />
voraus.<br />
DER FELS 10/2009 283