Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Oktober 2011 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Oktober 2011 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Oktober 2011 - Der Fels
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<strong>Der</strong> für uns das schwere Kreuz<br />
getragen hat<br />
Rosenkranzbetrachtung<br />
<strong>Der</strong><br />
Augsburger Barockmaler Johann<br />
Georg Bergmüller konnte biblische<br />
Ereignisse aussagekräftig und erzählfreudig <strong>in</strong><br />
Bilder umsetzen und <strong>die</strong> damaligen Betrachter<br />
verstanden <strong>die</strong>se Bilder auch.<br />
In erster L<strong>in</strong>ie will auch bei <strong>die</strong>sem Rosenkranzgesetz<br />
der Maler Bibelstellen darstellen;<br />
so Joh 19, 17 (Sie übernahmen also Jesus, und<br />
er g<strong>in</strong>g, <strong>in</strong>dem er selbst das Kreuz trug, h<strong>in</strong>aus<br />
zur sog. Schädelstätte.) oder Mk 15,17 und 20<br />
(… Dornenkrone … zogen ihm se<strong>in</strong>e Kleider an<br />
und führten ihn h<strong>in</strong>aus…) oder, schon im Vorgriff<br />
auf <strong>die</strong> Kreuzigung, Mt 27,<br />
41 (… samt den Schriftgelehrten<br />
und Ältesten …). Deshalb<br />
trägt Christus selbst das<br />
Kreuz, e<strong>in</strong>e Dornenkrone,<br />
se<strong>in</strong>e Kleider, und<br />
e<strong>in</strong> Schriftgelehrter<br />
verfolgt das Geschehen<br />
im H<strong>in</strong>tergrund.<br />
Bergmüller<br />
zeigt im<br />
Bild aber auch<br />
legendenhafte<br />
Begebenheiten,<br />
wie sie <strong>in</strong> Kreuzwegstationen<br />
vorkommen,<br />
so <strong>die</strong> Begegnung<br />
von Christus<br />
mit se<strong>in</strong>er Mutter – e<strong>in</strong>er<br />
der sieben Schmerzen<br />
Mariens – und wie ihm Veronika<br />
ihr Schweißtuch reicht.<br />
Schließlich könnte der Maler auch<br />
an <strong>die</strong> Vision der hl. Kreszentia von Kaufbeuren<br />
gedacht haben, als er den Schergen zeichnete,<br />
welcher mit e<strong>in</strong>er Hand das Kreuz auf Christi<br />
Schulter drückt, so dass se<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Schulter<br />
blutet.<br />
Kompositorisch legt der Maler das Bild <strong>in</strong> Leserichtung<br />
von l<strong>in</strong>ks nach rechts an. <strong>Der</strong> Blick<br />
des Betrachters beg<strong>in</strong>nt bei e<strong>in</strong>em schreienden,<br />
römischen Soldaten, welcher e<strong>in</strong>erseits Christus<br />
mit e<strong>in</strong>em Strick zurückzieht, andererseits mit<br />
e<strong>in</strong>er Keule auf ihn e<strong>in</strong>schlägt, um ihn vorwärts<br />
zu treiben. Weiter folgt der Blick des Betrachters<br />
dem Kreuzesbalken und kommt zu Christi Haupt.<br />
Dieses ist von e<strong>in</strong>em schwachen Nimbus umgeben<br />
und liegt genau <strong>in</strong> der Mitte des Bildes. Nun<br />
wird <strong>die</strong> Leserichtung durch e<strong>in</strong>en quer zur Leserichtung<br />
stehenden Schergen blockiert, welcher<br />
gerade <strong>in</strong> entgegengesetzter Richtung wie der<br />
Soldat auf Christus e<strong>in</strong>schlägt. <strong>Der</strong> Maler will,<br />
dass der Blick des Betrachters länger auf Christus<br />
verweilt, bevor er weiter nach rechts wandert und<br />
bei den beiden, im Vordergrund knienden Frauen,<br />
welche entgegen der Lese- bzw. der Kreuzwegrichtung<br />
stehen, endet. Das verschattete<br />
Gesicht Veronikas<br />
blickt h<strong>in</strong>gebungsvoll auf<br />
das beleuchtete, leidende<br />
Gesicht Christi.<br />
Dieser schaut verlangend<br />
nach dem<br />
S c h w e i ß t u c h ,<br />
welches ihm<br />
<strong>die</strong> junge Frau<br />
entgegenhält.<br />
Er versucht<br />
mit se<strong>in</strong>er<br />
rechten Hand<br />
danach zu greifen.<br />
Wie sich hier<br />
zwei Blicke begegnen<br />
und zwei Hände<br />
annähern, ist beste<br />
süddeutsche Barockmalerei.<br />
Um <strong>die</strong> Dramatik<br />
der Begegnung mit den Frauen<br />
und <strong>die</strong> Bildtiefe zu steigern,<br />
setzt Bergmüller <strong>die</strong> beiden Frauen noch <strong>in</strong> den<br />
Vordergrundschatten.<br />
Vielleicht fängt der bewölkte H<strong>in</strong>tergrundhimmel<br />
e<strong>in</strong> wenig <strong>die</strong> Stimmung e<strong>in</strong>, welche <strong>die</strong><br />
1850 geborene, heute vergessene Dichter<strong>in</strong> Anna<br />
Esser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Strophe ihres entsprechenden<br />
Kreuzweggedichtes so beschreibt:<br />
Weh‘n <strong>in</strong> den Lüften nicht Prophetenklagen<br />
Von Israels Verrat, von blut‘gem Lohne,<br />
Vom Gotteslamm: das stumm se<strong>in</strong> Kreuz<br />
getragen. <br />
Alois Epple<br />
294 DER FELS 10/<strong>2011</strong>