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Dezember 2003 - Der Fels

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<strong>Der</strong> Messias ist unser Heil<br />

Edith Stein und die Botschaft des Alten Testamentes<br />

Von Irmgard Schmidt-Sommer<br />

Das Geheimnis der Erwählung<br />

„Sie können nicht nachfühlen,<br />

was es für mich bedeutet, dass die<br />

Mutter Jesu Jüdin war.“ Dieser Ausspruch<br />

Edith Steins lässt etwas von<br />

dem Geheimnis erahnen, was es<br />

bedeutet, zum Volk Israel, dem auserwählten<br />

Volk Gottes, zu gehören.<br />

Dieser Erwählung sind sich die<br />

meisten Konvertiten bewusst, die<br />

aus dem Judentum kommen und<br />

sich haben taufen lassen. Uns begegnet<br />

hier das Geheimnis der<br />

Erwählung eines ganzen Volkes,<br />

aus dem der Messias für dieses Volk<br />

und für die Welt hervorgegangen<br />

ist. Verfolgt man die Geschichte dieses<br />

Volkes mit Gott, so zeigt sich,<br />

dass es sich einerseits nach seinen<br />

Weisungen gerichtet und an ihn<br />

geglaubt hat, dass es andererseits<br />

jedoch oft von Gott abgefallen ist<br />

und ihn erzürnt hat. Und doch steht<br />

Gott ihm zur Seite, hilft ihm und errettet<br />

es immer wieder aus tiefer Not.<br />

Es scheint aber auch das Geheimnis<br />

der Erwählung jedes einzelnen<br />

auf, besonders die Erwählung und<br />

Berufung derer, die als Angehörige<br />

des Volkes Israel den Messias gefunden<br />

haben.<br />

Die Kinder gläubiger jüdischer<br />

Familien sind wie Edith Stein in dem<br />

Glauben aufgewachsen, dass der<br />

Messias noch zu erwarten sei. Deshalb<br />

bedeutet für jüdische Familien<br />

die Konversion eines Familienmitgliedes<br />

zur katholischen Kirche –<br />

eher toleriert man die zum Protestantismus<br />

– einen Bruch mit dem<br />

Glauben der Väter. Eine Schwester<br />

von Edith Stein hatte die Vorstellung,<br />

die katholische Kirche sei eine<br />

Art „mystische Sekte“; deshalb<br />

konnte sie nicht verstehen, dass ihre<br />

kluge Schwester auf so etwas her-<br />

einfallen konnte. Und ihre Mutter<br />

war sehr erstaunt, dass in der Kirche<br />

die Psalmen gebetet werden. Sie<br />

hat als gläubige Jüdin den Weg ihrer<br />

Tochter nie akzeptieren können.<br />

Altes und Neues Testament<br />

– neu erfahren<br />

Edith Stein erschloss sich durch<br />

ihre Konversion der Reichtum der<br />

jüdischen Religion neu, und zwar<br />

durch den Messias und Gottmenschen<br />

Jesus, der in diesem Volk und<br />

seinen Traditionen gelebt, die Propheten<br />

ausgelegt und<br />

das Gebet des auserwählten<br />

Volkes gepflegt<br />

hat. Er fügte<br />

sich völlig ein in die<br />

Religion seines Volkes,<br />

feierte die Feste<br />

mit und begab sich –<br />

wissend um seinen<br />

Tod – auf die Wallfahrt<br />

nach Jerusalem. Er<br />

war als Mensch ganz<br />

eingebunden in das<br />

jüdische Volk. Edith<br />

Stein war der Überzeugung,<br />

dass der<br />

menschgewordene<br />

Gottessohn in einem<br />

Volk beheimatet sein<br />

musste, um ganz<br />

Die Gottsucherin<br />

Edith Stein als junge<br />

Wissenschaftlerin.<br />

„Unruhig ist unser<br />

Herz, bis es Ruhe findet<br />

in dir, oh Gott.“<br />

(Augustinus)<br />

Mensch sein zu können... In der Abhandlung<br />

„<strong>Der</strong> Aufbau der menschlichen<br />

Person“ (1932/33) schreibt<br />

sie:<br />

„Wenn es einen Menschen gibt,<br />

dessen Sein von Bedeutung für die<br />

ganze Menschheit und für jeden einzelnen<br />

Menschen ist, so müßte man<br />

erwarten, dass dieser Mensch – wenn<br />

überhaupt einer – frei von Bindung<br />

an ein einzelnes Volkstum sein müsse.<br />

Und doch ist dieser einzigartige<br />

Mensch, das Haupt der ganzen<br />

Menschheit, aus einem Volk und in<br />

einem Volk geboren, hat in diesem<br />

Volk gelebt und es als Werkzeug der<br />

DER FELS 12/<strong>2003</strong> 341

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